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Vorwort

Alle Rechte vorbehalten!

 

 

Auszüge, auch auszugsweise sind nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin erlaubt!

Alle Personen und Handlungen sind frei erfunden, etwaige Ähnlichkeiten mit real existierenden Menschen sind zufällig und nicht beabsichtigt.

 

Viel Spaß beim Lesen!

 

Ich freue mich über Feedbak!

Kapitel 1 - Jubiläum

Wie schnell die Zeit vergeht, erkennt man oft leider erst wenn es zu spät ist, einschneidende Ereignisse geschehen sind oder ein Jubiläum jeglicher Art ansteht. Vor 10 Jahren ist Abbys Kindheitsfreund Jayson weggezogen. Glücklicherweise hatte sie kurz darauf ihre, jetzt beste Freundin, Clara kennengelernt und so ist ihre Kindheit dennoch wie im Fluge vergangen. Ihr älterer Bruder Glenn hatte es da doch ein wenig schwerer. Nachdem 5 Jahre später auch ihr Vater gestorben war, hatte Glenn weder ein Vorbild, noch einen Freund. Auch war seine unbeschwerte Kindheit mit einem Schlag vorbei, da er sich um die Geschäfte seines Vaters kümmern musste. Einzig und allein Dan/Daniel, die Nervensäge versuchte verzweifelt sich mit Glenn anzufreunden, doch Glenn hatte schnell gelernt, dass man Dan nicht wirklich trauen kann. Allerdings konnte keiner ahnen, dass sich in Kürze einiges ändern würde.

 

Wie so oft stand Abby tief in ihren Gedanken versunken am Fenster und hatte gar nicht mitbekommen das ihr Bruder an der Tür geklopft und ihr Zimmer betreten hatte. „Mutter schickt mich, du sollst endlich zum Frühstück kommen.“, begrüßte Glenn seine Schwester und tippte ihr auf die Schulter, woraufhin Abby erschrak. „Wer oder was war denn wieder so interessant, dass du so sehr in Gedanken gefangen warst?“, fragte Glenn neugierig. „Wusstest du, dass heute ein wichtiger Tag ist?“, entgegnete Abby statt einer Antwort. „Was ist denn heute schon großartiges passiert? Der Tag hat doch erst begonnen.“, wunderte sich Glenn. Abby seufzte. „Heute vor genau 10 Jahren ist Jayson weggezogen, ist das dir denn egal?“ „Natürlich nicht, aber seit wann macht das dir denn so zu schaffen?“, wunderte sich Glenn, denn bis zu diesem Tag hatten sie nie über dieses Ereignis gesprochen. „Du weist so einiges nicht über mich Bruderherz. Wie sagst du doch immer, ich sei für dich ein Buch mit sieben Siegeln.“, erwiderte sie scherzhaft und hoffte damit das Thema wechseln zu können. Glenn, dem es ebenfalls unangenehm war, ging darauf ein und erinnerte sie daran, dass sie zum Frühstück erwartet wurde. Nachdem er ihr Zimmer verlassen hatte, machte sie sich kurz noch einmal frisch, damit niemand ihr ihre Trauer ansehen konnte. Niemand, nicht einmal Clara wusste, dass Jayson nicht nur ihr bester Freund war, sondern so etwas wie ihr Seelenverwandter. Als er ging, zerbrach etwas in ihr.

 

„Meine Lieben.“, verkündete ihre Mutter Ashley O’Connor freudig. „Ich habe gute Neuigkeiten! Stellt euch vor: Der Maharadscha , Mr. Chadwieck, gibt die nächsten Tage einen Ball um eine junge Braut für sich auszusuchen! Und jede Heiratsfähige Frau mitsamt Familie hier in Halifax ist eingeladen!“ Nach einer kurzen Stille im Raum meldete sich ihr Bruder, der zurzeit selber nichts als Frauen im Kopf hatte, schwärmerisch: „He, das ist doch toll! Da kann ich mir doch glatt auch eine Braut aussuchen!“ Ashley klatschte erfreut in die Hände. „Das ist eine wunderbare Idee und unsere süße Abby könnte eine sehr gute Chance bei Mr. Chadwieck haben. Schließlich ist sie ja bei weitem die schönste hier!“ „Ich weiß nicht so recht. Sicherlich bin ich zu jung für ihn. Außerdem kenne ich ihn ja gar nicht.“, zögerte Abby. „Ach was. Alter spielt in der Liebe keine Rolle!“, entgegnete ihre Mutter knapp. „Und wann soll dieser prächtige Ball beginnen?“, schaltete sich Glenn wieder in die Unterhaltung ein. „Heute Abend und ihr beiden dürft jeder einen Freund mitnehmen. Ich selber werde Ms. Fortin bitten mich zu begleiten.“ Dies ließ sich Abby nicht zweimal sagen. Gleich nach dem Frühstück eilte sie zu ihrer besten Freundin Clara.

 

„Ach Abby, du bist das! Schön dich zu sehen. Hast du schon das neueste gehört?“, überhäufte Clara ihre Freundin mit Fragen. „Nein, was gibt es denn neues?“, erwiderte Abby schmunzelnd. „Der Maharadscha, Mr. Chadwieck veranstaltet die nächsten Tage einen Ball um sich eine Braut auszusuchen!“, klärte Clara Abby mit größter Freude auf. Abby lachte. „Genau deshalb bin ich ja gekommen, Clara. Meine Mutter hat mir erlaubt dich und deine Mutter zu uns einzuladen.“ „Und so wie ich deine Mutter kenne, duldet sie keine Wiederrede und wir sollen gleich mitkommen.“, schlussfolgerte Clara, woraufhin Abby nickte. „Ok, gib mir zwei Minuten, ich hole meine Mutter und wir können los.“ Ohne ein weiteres Wort, lies Clara ihre Freundin stehen und rannte die Treppen hinauf um ihre Mutter zu holen.

 

„Oh, das wird so schön werden. Wir machen uns extra schick, lachen über Jungs, die vergebens versuchen Mädchen anzumachen und quatschen über alles und jeden.“, sprudelte aus Clara heraus, nachdem sie in Abbys Zimmer angekommen und die Tür hinter sich geschlossen hatten. Ohne wirklich zuzuhören, saß Abby auf ihrem Bett und beobachtete wie Clara, als wäre es das selbstverständlichste auf der Welt, ein Kleid nach dem anderen aus Abbys Schrank nahm, sich im Spiegel damit betrachtete und es naserümpfend zurück in den Schrank hängte. Dabei dachte sie wieder einmal über ihre unterschiedlichen Charaktere  nach. Clara war das genaue Gegenstück von ihr, doch ziehen sich Gegensätze ja bekanntlich an. Clara hatte wunderschönes, hüftlanges, braunes Haar und braune Augen. Auch war sie ein wenig größer als Abby. Abby hingegen hatte blondes, hüftlanges Haar und smaragdgrüne Augen. Währen Clara eher die aufgeweckte und gesprächige der beiden war, war Abby die ruhige und romantisch veranlagte der beiden. Außerdem war sie auch die Vernünftigere der beiden. „Ich hab’s!“, rief Clara freudig und riss ihre Freundin damit abrupt aus ihren Gedanken. Triumphierend hielt sie ihrer Freundin ein blaues, schulterfreies Kleid vor die Nase. „Dazu werde ich eine Hochsteckfrisur mit Perlenspangen tragen.“, lächelte sie zufrieden. „Damit wirst du sicherlich heute Abend so einigen Jungs den Kopf verdrehen.“, gab Abby ihre Zustimmung, woraufhin Clara rot anlief und schnell im Bad verschwand. Ihre eigene Wahl fiel auf ein schlichtes grünes Kleid, das ihre Figur gut betonte. Auf eine Frisur hatte sie heute keine Lust. Ihrer Meinung nach war es immer noch am besten die Haare offen zu tragen. Mit der Gewissheit, dass sich ihre Mutter über diese Wahl freuen würde machte sie sich ebenfalls fertig.

 

Später am Abend, nachdem alle ankommenden Gäste im Ballsaal des Maharadschas eingefunden und bekannt gemacht worden waren, hatten sich die beiden Freundinnen an einen der Stehtischen, die im Raum verteilt waren, hingestellt und beobachteten Glenn, wie er vergeblich ein paar Damen ansprach. „Haha, dein Bruder ist doch zu amüsant! Schau doch nur wie er das macht: „Hallo mein Name ist Glenn, willst du mit mir gehen? Ich habe gerade gelernt Dreirad zu fahren.““, äffte Clara ihn nach und Abby verschluckte sich vor Lachen an einem Schluck Wasser. „Schön dass sich die Damen so prächtig amüsieren.“, begrüßte Mr. Chadwick die beiden. „Wie bitte?“, fragte Clara erschrocken, während Abby versuchte ihren Hustenanfall unter Kontrolle zu bringen. Dummerweise hatte keine der beiden mitbekommen, dass der Maharadscha sich zu ihnen gesellt hatte. „Oh, ich bitte um Verzeihung. Ich wollte die Damen nicht erschrecken.“ „Das haben sie ganz und gar nicht.“, antwortete Abby schnell, ein weiteres Husten unterdrückend. „Würden Sie Miss O’Conner mir die Ehre zu einem Tänzchen erweisen?“ „Aber gerne doch.“, erwiderte Abby und war froh ihren Hustenanfall nicht erklären zu müssen.

 

„Und wie tanzt er?“, fragte Clara neugierig nachdem Abby wieder zurück war. „Ganz gut.“, erwiderte sie. „Und?“ „Nun ja. Er fragte wie es mir hier gefällt und ob wir Lust hätten ihn näher kennenzulernen und ab morgen nach dem Ball, mit ein paar anderen Gästen einige Tage bei ihm verbringen wollen.“ „Aber?“, hakte Clara nach. „Ich kann ihn einfach nicht einschätzen. Außerdem ist er viel älter als ich!“ „Das wirst du ihm hoffentlich nicht direkt ins Gesicht sagen!“, schimpfte ihre Mutter, die sich mit Claras Mutter zu den Töchtern gesellt hatte. „Nun kommt, es ist schon spät und ihr braucht noch euren Schönheitsschlaf! Wenn Ms. Fortin nichts dagegen hat, kann Clara heute gerne bei uns übernachten.“, beschloss Ashley, in der Hoffnung das Clara ihre Tochter zur Vernunft bringen würde und sie letztendlich doch noch den Maharadscha heiraten würde.

 

„Endlich ins Bett!“, seufzte Clara und löste ihre Frisur. „Es hat heute schon förmlich nach mir geschrien!“, schimpfte sie weiter und lies sich aufs Bett fallen. „Siehst du. Noch ein Grund warum ich den Maharadscha nicht heiraten will. Ständig diese Bälle, da wird man doch müde! Außerdem kann man sich dann keine Fehler erlauben und man hat sicher nur Freunde, die nur auf das Geld aus sind.“, schimpfte Abby. „Jetzt sag doch auch mal was Clara!“, forderte sie. „Chrrrr“, war das einzige was sie noch von Clara zur Antwort bekam. Das war wieder Typisch, sie redete sich gerade in Rage und Clara fiel einfach ins Bett und landete sogleich im Land der Träume. Darüber schmunzelnd, deckte sie ihre Freundin zu und machte sich ebenfalls fertig um ins Bett zu gehen. Kaum hatte sie sich neben ihre Freundin gekuschelt, fiel auch sie in einen tiefen, traumlosen Schlaf. 

Kapitel 2 - Freudiges Wiedersehen?

„Guten Morgen ihr Schlafmützen!“ Mit guter Laune riss Mrs. O’Conner die Gardienen auf. „In einer halben Stunde gibt es Frühstück, bitte seid pünktlich.“ Abby rieb sich verschlafen die Augen. „Guten Morgen Ma. Darf ich nach dem Frühstück eine Runde mit Wanja drehen?“, bat sie ihre Mutter. „OK, mach das. Aber vergiss bitte nicht Clara mitzunehmen, oder ihr zumindest Bescheid zu geben.“ Nachdem Ashley die Tür hinter sich geschlossen hatte, fragte Clara verschwörerisch: „Wo willst du denn hin? Gibt es da jemand besonderen?“ Ihre Augen leuchteten nur so vor Neugierde. „Nein Clara. Ich mache nur meine übliche Runde. Ein Spaziergang hinunter zum Teich und zur Koppel. Dort sattle ich Wanja, reite durch den Wald und wieder zurück zur Koppel. Dann sattle ich ab, belohne Wanja und spaziere zurück nach Hause.“ „Darf ich dich begleiten?“, bat Clara sichtlich enttäuscht und stand auf. „Gern. Aber beklag dich nicht wenn ich kaum oder gar nicht rede. Du weißt ja ich nutze diese Zeit gerne zum Nachdenken.“ „Kein Problem. Ich werde mich nicht beklagen. Aber jetzt komm endlich ich hab einen Mordshunger!“, quengelte Clara und riss die Zimmertür auf. Im Esszimmer angekommen, fragte Abby sofort ihren Bruder ob sie sich sein Pferd ausleihen könne um mit Clara durch den Wald zu reiten, da sie kein eigenes Pferd mehr besaß. Claras Pferd war vor ein paar Jahren verstorben und da sie es sehr geliebt hatte, hatte sie sich bis heute noch kein eigenes mehr zugelegt. Mit Glenns Zustimmung machten sie sich nach dem Frühstück gleich auf den Weg. Zuerst gingen sie zum Teich, vorbei an bunten Wiesen und Feldern. Zwar war es noch früh am Morgen, aber durch die vermehrten Gäste wegen des Balls, waren doch einige Leute unterwegs. Dies führte zu Abbys Leid dazu, dass sie mehrfach anhalten und sich unterhalten mussten. Als sie eine Stunde später endlich am Teich angekommen waren, gönnten sie sich eine kurze Verschnaufpause. „Du Abby.“, säuselte Clara. „Können wir die heutige Runde nicht abkürzen? Ich kann nicht mehr. Außerdem muss ich mir noch überlegen welches Kostüm ich heute tragen will.“, flehte sie. „Du kannst schon mal zurückgehen. Ich werde meine Runde beenden, schließlich muss ich Wanja auch ein wenig Bewegung gönnen.“, erwiderte Abby grinsend. „Ok. Wir sehen uns später.“ Clara war sichtlich enttäuscht darüber, dass Abby sie nicht zurück begleitete. Doch sie kannte ihre Freundin nur zu gut. Wenn Abby sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, war daran nichts mehr zu rütteln.

 

Schnell wie der Wind, ein Sprung, perfekt. Er hatte es immer noch drauf. Wenn es sein musste, konnte er jedes Hindernis überwinden. Wirklich jedes Hindernis? Seine Gedanken schweiften, wie so oft in den letzten Tagen, wieder zurück in die Vergangenheit. Als er von dem plötzlichen Umzug vor 10 Jahren erfuhr, war er erschüttert. Doch jetzt war er endlich wieder daheim! Endlich würde er seine besten Freunde wiedersehen können, wieder gemeinsam mit ihnen das Leben und seine Probleme meistern. In Gedanken versunken gab er seinem Pferd ´Black Star´ Zügelfreiheit, was dieser auch gleich ausnutzte. Voller Freude stellte er sich dem entgegenkommenden Pferd in den Weg und begrüßte es wie einen alten Gefährten sehr herzlich. Durch diesen abrupten Stillstand kam Jayson wieder zu sich. „Was fällt Ihnen ein? Sind Sie lebensmüde? Was gibt Ihnen das Recht mich aufzuhalten und mein Pferd verrückt zu machen?“, machte Abby ihrem Ärger Luft. Sie war außer sich vor Wut, denn während sich das andere Pferd ihr in den Weg gestellt hatte, musste sie bremsen und wäre fast aus dem Sattel geflogen. „Es tut mir sehr leid, ich war in Gedanken versunken. Wissen Sie nach sehr langer Zeit werde ich bald meinen besten Freund wieder sehen. Es tut mir wirklich sehr leid.“, entschuldigte sich Jayson. „Wie rührend. Aber das gibt Ihnen noch lange nicht das Recht mein Leben zu gefährden! Einen schönen Tag noch!“, zischte Abby und machte kehrt um zurück nach Hause zu reiten. Damit war ihr Tag endgültig verdorben!

 

Als Jayson wieder zu sich kam, war ihm gegenüber eine wunderschöne Frau. Sie war sehr wütend, doch das störte Jayson keineswegs. Er sah nur ihre vor Wut funkelnden, smaragdgrünen Augen und ihre wilden Gesten. Also entschuldigte er sich und das seltsame Wesen ritt weiter. Erst wollte er ihr hinterher reiten, denn sie hatte etwas an sich, was ihn einerseits in den Bann zog, aber anderseits so vertraut vorkam. Doch ihm fiel wieder ein, dass er seinen besten Freund besuchen wollte. Schließlich sind es 10 viel zu lange Jahre her, seit er seinen besten Freund Glenn gesehen hatte. Also ritt er die Abkürzung die er damals auch immer genommen hatte. Sein Herz pochte wie wild, als er das Anwesen der O’Conners erreichte. Nervös sprang er von seinem Pferd und drückte einem Stallburschen die Zügel in die Hand. „Gib ihm Wasser!“, befahl er und eilte ins Haus. „Kann ich Ihnen helfen?“, begrüßte ihn Glenn, der ihm in der Empfangshalle entgegen kam. „Genau dich habe ich gesucht.“, erwiderte Jayson grinsend. Es dauerte einen kurzen Moment bis Glenn begriff wer ihm gegenüber stand. „Jayson? Jayson Barkley? Bist du es wirklich?“, fragte er ungläubig. „Ja, ich bin’s Glenn.“, erwiderte er und umarmte seinen Freund. „Du hast dich aber sehr verändert!“, stellte Glenn erstaunt fest . „Du hast dich aber auch zu einem stattlichen jungen Mann entwickelt.“, entgegnete Jayson und boxte seien Freund grinsend in die Seite. „Mann wird sich Abby freuen dich zu sehen! Aber solange sie noch nicht da ist, kannst du mir ja erzählen was dich hierher verschlägt und wie deine Reise war.“ erwiderte Glenn aufgeregt, brachte Jayson ins Wohnzimmer und lauschte seinem Bericht.

 

„Du hättest echt dabei sein sollen! Er war so unhöflich und hatte dann auch noch nicht einmal den Mumm sich bei mir Vorzustellen.“ Abby war gerade nach Hause gekommen und musste sich erstmal bei der armen Clara ausschimpfen. „Glaub mir, wenn ich nicht in Eile gewesen wäre, hätte ich ihm gehörig den Kopf gewaschen!“ Sie waren auf dem Weg ins Wohnzimmer, als Abby abrupt verstummte. „Schau mal Abby wer endlich wieder da ist!“, begrüßte Glenn seine Schwester, doch weiter kam er nicht. „Sie!“, rief Abby empört und warf ihrem Bruder einen vorwurfsvollen Blick zu. „Glenn wie kannst du nur? Gerade den, der deine Schwester fast umbringt, denjenigen lädst du in unser Haus ein?“ „Jetzt mach mal halb lang! Erstens kenne ich ihn schon seit Ewigkeiten und zweitens woher sollte ich das denn wissen? Also stell dich nicht so an, er wird die nächsten Tage bei uns verbringen.“, erwiderte Glenn verwundert. Das war zu viel für Abby. Ohne ein weiteres Wort rannte sie wütend aus dem Wohnzimmer in ihr Zimmer und knallte die Zimmertür zu. „Warum muss so etwas auch immer mir passieren?“, seufzte sie und lies sich auf ihr Bett fallen. Kurz darauf ertönte ein schüchternes Klopfen. „Darf ich reinkommen?“, fragte Clara ganz verstört durch die Tür, da sie Abby noch nie so wütend erlebt hatte.

 

Auch Glenn war entsetzt. „War das wirklich alles was vorgefallen war?“ „Ja, warum?“, fragte Jayson verwirrt. „Normalerweise hat sie sich ziemlich gut unter Kontrolle. Ich habe sie nicht mehr so wütend gesehen, seit du damals fortgegangen bist.“ „Da siehst du wie sehr sie mich in ihrem Unterbewusstsein vermisst hat.“, schlussfolgerte Jayson grinsend. „Mag sein, aber hätte sie dich wirklich erkannt, wäre sie dir eher um den Hals gefallen, anstatt dir den Hals umdrehen zu wollen.“, zweifelte Glenn. „Wie dem auch sei. Du bist die nächsten Tage mein Gast und begleitest mich zum Maskenball. Jetzt wird dieser wenigstens interessant.“ „Aber…“ „Keine Wiederrede. Du begleitest mich. Lass uns doch mal sehen, wie lange meine Schwester braucht bis sie dich erkennt.“, entgegnete Glenn verschwörerisch grinsend.

 

Später am Abend drehte Clara ein paar Zimmer weiter fast durch. „Abby ich weiß nicht was ich anziehen soll! Was ziehst du denn an ?“ „Beruhige dich Clara.“, erwiderte Abby und drückte ihre Freundin sanft auf einen Stuhl. „Du könntest doch…“, überlegte Abby und ging zum Schrank. „… mein Cinderellakostüm anziehen. Damit eroberst du sicherlich ein paar Männerherzen! Ich werde mich heute einfach als Indianerin verkleiden.“, scherzte Abby und drückte ihrer Freundin das Kleid in die Hand. „Und jetzt beeil dich, Mutter wartet sicher schon.“, drängte Abby und schob ihre Freundin sanft Richtung Paravent.

 

Der Weg zum Ballsaal kam ihr diesmal unendlich lang vor, da erst einmal alle schwiegen. Ashley war sauer, da ihre Tochter das ihr meistverhasste Kostüm angezogen hatte. Clara war zu glücklich um zu reden und träumte vor sich hin. Und Abby war sauer, da Glenn den unbekannten Besucher einfach mitgenommen hatte. Während sie versuchte ihr Gegenüber zu ignorieren, konnte sie ihrem Bruder an der Nasenspitze ansehen, dass die beiden etwas ausgeheckt hatten. „Na Glenn. Was hast du vor? Willst du dich heute Abend mit deinem neuen Freund zum Dorfdeppen machen?“, stichelte sie als die Kutsche endlich die Auffahrt des Anwesens hinauf fuhr. „Nein verehrtes Schwesterlein, im Gegensatz zu dir wollen wir nur ein wenig Spaß haben und nicht auf Biegen und Brechen den Partner fürs Leben finden.“, konterte Glenn. Auch wenn Abby es nicht zugeben wollte, das hatte gesessen. „Na dann viel Spaß beim auffangen ohnmächtiger Weiber!“, erwiderte sie schnippisch. „Benehmt euch!“, mischte sich nun Ashley genervt ein. „Ich möchte keine peinlichen Situationen miterleben, auch nicht vor unseren Gästen.“ Sie warf ihren Kindern einen strengen Blick zu und öffnete die Kutschentür um auszusteigen.

 

Abby traute ihren Augen nicht. Alles war so festlich und prachtvoll eingerichtet, ganz anders als am Tag zuvor. Während gestern alles eher schlicht dekoriert war, war heute alles bunt und prächtig. Der Ballsaal schien größer zu sein, obwohl Abby sich sicher war, dass dies derselbe Ballsaal vom Vortag war. Sogar die Gäste waren nicht wiederzuerkennen. „Guten Abend die Damen, schön Sie wiederzusehen.“, begrüßte Mr. Chadwieck seine Gäste. „Miss Fortin, ihr Kleid ist bezaubernd, sie sind eine wunderschöne Prinzessin. Die Farbe Blau steht Ihnen hervorragend!“, lobte er. Sein Blick wanderte zu Abby. „Miss O‘Conner. Was, wenn ich fragen darf, stellen Sie denn heute dar?“, fragte er mit lauter Fragezeichen im Gesicht. „Ich bin eine Indianerin. Als Kind habe ich viel von ihnen gelesen und gehört und da dachte ich mir ich nutze heute meine Chance um auch eine sein zu können.“, erwiderte Abby schmunzelnd. „Ich hoffe Sie werden sich heute Abend prächtig amüsieren. Bitte entschuldigen Sie mich, ich muss mich noch um die anderen Gäste kümmern.“, verabschiedete sich Mr. Chadwieck. Abby und Clara gingen hinüber zum Buffet und bestaunten die riesige Auswahl an Köstlichkeiten. „Sag mal wo ist denn dieser Mysteriöse Freund von deinem Bruder?“, wollte Clara plötzlich wissen. Abby rollte genervt mit den Augen, da sie heute eigentlich nicht mehr an ihn und den Vorfall von heute Morgen denken wollte. „Keine Ahnung, ich habe ihn den ganzen Abend nicht gesehen. Außerdem kann er bleiben wo der Pfeffer wächst.“, erwiderte sie schnippisch. „Jetzt sag du mir aber wer denn dir heute Abend den Kopf verdreht hat.“ „Wie kommst du denn auf diese absurde Idee?“, fragte Clara erschrocken. „Ganz einfach. Du bist sehr schweigsam und strahlst pure Verliebtheit aus.“, spottete Abby. „Guten Abend die Damen. Amüsiert ihr euch gut? Ich hoffe ich habe euch nicht bei etwas Wichtigem unterbrochen.“, begrüßte sie Jayson. „Im Gegenteil. Jetzt wird es gerade ein wenig interessanter.“, erwiderte Clara. „Wie lange wollen Sie eigentlich bei meinem Bruder bleiben?“, wollte nun Abby wissen. „Da wir uns sehr lange nicht mehr gesehen haben, steht es noch nicht fest. Es könnten Tage oder auch Wochen werden.“, Jayson grinste Abby herausfordernd an. „Wer weiß vielleicht gehe ich dir auch ein paar Monate auf die Nerven.“ Abby musste sich stark zusammenreißen, schwieg aber. „Vielleicht können du und ich ja doch noch eine schöne Zeit verbringen.“, stichelte er weiter. „Wer gibt Ihnen überhaupt das Recht mich zu duzten? Soweit ich mich erinnern kann haben Sie ja noch nicht einmal den Mumm gehabt sich vorzustellen.“, zischte Abby. „Du hast es immer noch nicht begriffen!“, lachte Jayson. So langsam wurde es Abby zu viel. Da sie nicht unter all den Gästen eine Szene machen wollte, eilte sie aus dem Ballsaal, hinaus auf die Terrasse. Dort angekommen, lehnte sie sich gegen eine kühle Marmorsäule und atmete die frische Luft ein. Warum hatte sie sich neuerdings nicht mehr unter Kontrolle? Was hatte dieser Fremde an sich, dass sie so durcheinander war und er sie so leicht zur Weißglut bringen konnte? Sie schloss ihre Augen und atmete tief durch. Erst jetzt bemerkte sie wie stark ihr Herz pochte. „Das war jetzt aber nicht gerade sehr nett von dir.“, machte sich Jayson, der ihr kurz darauf gefolgt war, bemerkbar. Abby hielt die Augen geschlossen und versuchte Jayson so gut es ging zu ignorieren. „Das heute Morgen tut mir echt leid.“, entschuldigte er sich, da Abby nicht antwortete. „Lassen Sie es gut sein.“, erwiderte Abby und sah ihrem gegenüber nun fest in die Augen. „Typen wie Sie kenne ich zu genüge. Alle sind sie gleich. Aber ich warne Sie. Wenn Sie meinem Bruder etwas antun oder ihm irgendwelche Flausen in den Kopf setzen, dann lernen Sie mich kennen!“, drohte sie. Jayson lachte auf. „Glaub mir, das hab ich nicht vor. Dazu sind du und dein Bruder mir viel zu wichtig.“, erwiderte er und trat einen Schritt auf sie zu. Jetzt war Abby endgültig verwirrt. Krampfhaft versuchte sie zu überlegen wer er sein konnte. Instinktiv drückte sie sich fester an die Marmorsäule um den Abstand zu wahren. „Wer bist du?“, fragte sie letztendlich mit zittriger Stimme. „Du hast mich immer noch nicht erkannt?“, entgegnete Jayson lächelnd und trat noch einen Schritt näher. „Ich denke, tief in deinem Inneren weist du wer ich bin.“ „Das kann nicht sein. Er ist weggezogen! Weit weg! Sein Vater drohte mir wir würden ihn nie wieder sehen!“, keuchte Abby und ihre Stimme versagte beim letzten Satz. Plötzlich wurde es ihr zu viel. Ihr Atem wurde schneller und sie zitterte am ganzen Körper. „Was wenn es doch möglich ist?“, wollte Jayson wissen, doch Abby schüttelte als Antwort nur mit dem Kopf. Plötzlich wurde ihr unheimlich schwindelig und sie suchte Halt an der Säule. „Abby. Freust du dich denn gar nicht dass dein Bruder seinen besten Freund wieder hat?“ „Jayson!“, keuchte Abby ungläubig, bevor alles schwarz um sie wurde.

 

Gerade noch rechtzeitig konnte Jayson sie auffangen. „Abby, wach auf!“, flehte er, mit ihr in den Armen am Boden kniend und rüttelte sie an den Schultern. Doch Abby zeigte keine Reaktion. Clara die nach dem Rechten schauen wollte schrie auf. „Was hast du mit ihr gemacht?“, schrie sie und rannte zu Abby. „Abby, bitte wach auf.“, flehte sie und tätschelte ihre Wangen. „Es tut mir so leid. Ich glaube sie hat es nicht ganz verkraftet als ich ihr offenbart hatte, das ich ihr Kindheitsfreund Jayson bin.“, entschuldigte er sich. Clara wurde hellhörig. „DU bist Jayson?“, fragte sie ungläubig woraufhin Jayson nickte. Tausend Fragen schossen Clara durch den Kopf, aber diese mussten wohl oder übel erst einmal warten. „Warte kurz. Ich werde den Maharadscha fragen ob unsere Zimmer schon hergerichtet sind, damit wir sie dorthin bringen können.“, entschied Clara und eilte zurück in den Ballsaal. Kaum war Clara gegangen kam Abby wieder zu sich. Es dauerte einen kurzen Moment bis sie realisierte wo sie war und Jayson erkannte. Erschrocken fuhr sie hoch. „Fass mich nicht an!“, zischte sie und hielt sich den Kopf, da ihr wieder Schwindelig wurde. „Abby es tut mir leid. Ich wollte dich nicht so erschrecken.“ Trotzig versuchte sie aufzustehen und einen gewissen Abstand zwischen sich und Jayson zu bringen. „Wenn das nur ein Scherz sein soll, dann ist dies ein sehr schlechter!“, begann sie, wurde aber gleich wieder von Jayson unterbrochen. „Das ist es nicht! Du kannst es ruhig glauben. Ich BIN Jayson.“, beteuerte er, doch Abby hatte das schon nicht mehr gehört, da sie wieder zusammengesackt war. Auch diesmal konnte Jayson sie gerade noch auffangen. Er hob sie auf seine Arme und trug sie erst einmal zur nahegelegenen Bank. Es schmerzte ihn sie so zu sehen. Glücklicherweise dauerte es nicht lange bis Clara, mit dem Maharadscha im Schlepptau, wiederkam. „Was ist passiert?“, fragte Mr. Chadwieck ohne Umschweife. Doch er erwartete keine Antwort. „Ihre Zimmer sind schon hergerichtet. Sie können Miss O’Conner gleich nach oben bringen. Ich werde einen Arzt kommen lassen. Jamal wird ihnen den Weg zeigen.“, wies er an und deutete ihnen dem Diener zu folgen. Dieser führte sie durch einen Nebenraum, damit sie nicht durch den fast überfüllten Ballsaal mussten. Gehorsam nahm Jayson Abby auf seine Arme und trug sie in das hergerichtete Zimmer. Nachdem er sie vorsichtig im Bett abgelegt hatte kam auch schon Dr. Singh. Voller Sorge um Abby und Wut auf sich selbst, beobachtete Jayson wie der Dr. Abby sorgfältig untersuchte. Er überprüfte ihre Atmung, fühlte Ihren Puls am Handgelenk, und leuchtete ihr kurz in die Augen um die Pupillenreaktion zu testen. Danach kramte er in seinem Koffer, holte ein kleines Fläschchen mit einer bräunlichen Flüssigkeit heraus und tröpfelte ein wenig in ihren Mund. „Miss O’Conner geht es gut. Sie braucht jetzt lediglich ein wenig Ruhe. Ich habe ihr etwas gegeben, damit sie diese Nacht gleich durchschlafen kann. Es sollte allerdings jemand bei ihr bleiben falls noch etwas sein sollte. Sollten sie mich brauchen, ich bin die nächsten Tage in dem Zimmer am Ende des Ganges.“, erklärte Dr. Singh, packte seine Instrumente wieder in seinen Koffer und verabschiedete sich. „Ich würde gern ebenfalls hier bleiben, wenn du erlaubst.“, bat Jayson Clara nachdem der Dr. das Zimmer verlassen hatte. „Na gut.“, gab Clara nach kurzer Überlegung nach. „Ich werde kurz Mrs. O’Conner und Glenn Bescheid geben. Ich hoffe für dich, dass es ihr wenn ich wieder komme nicht schlechter geht.“, drohte sie und verließ das Zimmer. Das Zimmer war groß und geräumig. Die Fenster, könnte man eher als Türen bezeichnen, so groß wie sie waren. Diese wurden aber jetzt von den weinroten Vorhängen verdeckt um jegliches Licht draußen zu halten. Neben den Fenstern standen ein kleines Leseregal und zwei Lesesessel. Dem gegenüber waren ein Schrank, ein Paravent und eine Schminkkommode. Relativ mittig standen zwei Himmelbetten. Auch ein kleines angrenzendes Bad gehörte zu dem Zimmer. Alle Zimmer in der Villa des Maharadschas waren gleich eingerichtet. Jayson ließ sich in einem der Lesesessel nieder und beobachtete Abby gedankenverloren. Seine Gedanken schweiften zurück zu dem Tag, an dem er sie für immer verloren geglaubt hatte. Als wäre es gestern sah er die kleine Abby vor sich. Tränen kullerten unaufhörlich über ihre Wangen. In ihrem Blick waren verschiedene Emotionen zu erkennen. Wut, Angst und Trauer wechselten sich ab während sie ihn stumm und flehend ansah. Damals konnte er es sich nicht erklären, warum sie damals plötzlich so zurückhaltend war, doch später wurde ihm so einiges bewusst.

 

Währenddessen hatte Abby einen schrecklichen Alptraum. In ihrem Traum war sie wieder ein kleines Mädchen. „Habe ich dir nicht gesagt du sollst dich von ihm fern halten?“, wurde sie von Mr. Barkley, Jaysons Vater, angeschrien. „Du wirst ihn nie wieder sehen! Das hast du nun davon! Hättest du dich an unsere Abmachung gehalten, wäre ich nicht dazu gezwungen euch mit Gewalt zu trennen!“, schrie er und packte Abbys Handgelenk. „Tun sie das nicht! Er kann doch nichts dafür.“, rief sie und versuchte sich aus seinem Griff zu befreien. „Abby!“, hörte sie Jayson hinter sich rufen und drehte sich zu ihm. Mr. Barkleys Griff wurde fester und er zerrte sie hinter sich her, weg von Jayson. „Vater, lass sie los. Sie hat nichts getan.“, flehte er und fing sich eine Ohrfeige. Diese war so unverhofft und heftig das er zu Boden ging. „Nicht!“, rief Abby. „Ich werde tun was Sie von mir verlangen!“, gab sie nach. Jaysons Vater grinste sie siegessicher an. „Das will ich hoffen. Solltest du ihn je wieder aufsuchen…. Naja du weißt ja jetzt wozu ich in der Lage bin.“, lachte er und schleifte Abby vom Grundstück. Am Tor schleuderte er sie zu Boden und ließ sie ohne ein weiteres Wort zurück. Tränen liefen ihr unaufhörlich übers Gesicht. Seit Jaysons Vater herausgefunden hatte, dass Jayson nicht nur mit ihrem Bruder Glenn befreundet war, hatte er alles getan um dies zu unterbinden. Er war fest der Überzeugung, dass eine Freundschaft zwischen Jungen und Mädchen verboten gehörte, denn sie würde den heranwachsenden Mann nur schwächen. Eines Tages ließ er sie zu sich rufen und machte ihr nur allzu deutlich klar, dass sie ihm ein Dorn im Auge war. „Abby!“, rief Jayson und holte sie zurück in die Gegenwart. Schnell wischte sie sich ihre Tränen von den Wangen und stand auf. „Egal was es ist, ich werde mit Vater alles klären.“, versicherte er ihr, wischte ihr eine Träne aus dem Gesicht und nahm sie in den Arm. Gerade wollte sie etwas erwidern, da wurde alles um sie herum schwarz.

 

Von Abbys unruhigen Bewegungen und ihrem plötzlichen Aufschrei wurden Clara und Jayson aus ihrer, sagen wir anregenden, Unterhaltung gerissen. Sofort eilte Clara zu ihrer besten Freundin und hielt sie fest. „Jetzt macht doch so einiges Sinn.“, schlussfolgerte sie und strich ihrer Freundin tröstend durchs Haar. Jayson sah sie verständnislos an. „Abby hatte mir nicht viel von euch und eurer Freundschaft erzählt.“, erklärte sie und lachte auf. „Jetzt wo ich darüber nachdenke, fällt mir ein, dass sie dann immer das Thema gewechselt hatte.“ Nun wurden auch Abbys Bewegungen langsam ruhiger. Clara ließ sie vorsichtig los und setzte sich wieder in den Lesesessel, Jayson gegenüber. „Nach meinem Umzug nach Springhill war mein einzigster Wunsch Glenn und Abby sobald wie möglich wiederzusehen. Jetzt wo mein…“ Jayson hielt kurz inne und räusperte sich. „Jetzt wo sich mir die Gelegenheit endlich geboten hat, musste ich sie nutzen.“, schloss er mit seiner Erklärung. Clara blieb dennoch skeptisch. „Nun gut. Aber ich warne dich! Solltest du schlechte Absichten haben oder einem von beiden wehtun, dann lernst du MICH kennen.“, drohte sie erneut, doch im nächsten Moment lächelte sie versöhnlich. „Jetzt wo das geklärt ist. Freut mich dich endlich kennenzulernen Jayson.“, ergänzte sie und reichte ihm freundschaftlich die Hand. „Die Freude ist ganz meinerseits.“, erwiderte Jayson und nahm die ihm entgegengestreckte Hand entgegen.

Kapitel 3 - Neuanfang?

 

Als Abby am nächsten Morgen aufwachte, dauerte es einen kleinen Moment bis sie realisierte wo sie war und was am Vorabend passiert war. So unauffällig wie möglich sah sie sich um. Im Bett rechts von ihr schlief Clara. Ihr Blick wanderte weiter durch das Zimmer und blieb an den beiden Lesesesseln haften. In dem einen saß ihr Bruder Glenn und schlief mit offenem Mund. „Typisch Glenn.“, dachte sich Abby schmunzelnd. Doch als sie den zweiten Lesesessel betrachtete wurde ihr anders. Dort saß wahrhaftig Jayson! Im ersten Moment freute sie sich, schließlich hatte sie sich den gestrigen Abend doch nicht eingebildet. Doch im nächsten Augenblick wurde sie tief traurig. Zwar war sie glücklich darüber Jayson wieder zu sehen, doch machte sie sich auch Sorgen. Was wenn Mr. Barkley davon erfahren würde? Was, wenn er glaubte sie hätte sich nicht an die Abmachung gehalten? So sehr es sie schmerzte, sie musste Jayson von sich fern halten. Wenn nötig musste sie ihn dazu bringen sie zu hassen! Bei diesem Gedanken stiegen ihr Tränen in die Augen, denn eins war klar: Solange Jaysons Vater dagegen war, gab es keine Zukunft für sie beide! „Wie geht es dir?“, wurde sie von Jayson, der jetzt ebenfalls wach geworden war, aus ihren Gedanken gerissen. „Besser, danke der Nachfrage.“, erwiderte Abby kurz angebunden und wischte sich verstohlen die Tränen weg. Sie wusste nicht wie sie sich verhalten sollte und wandte unsicher ihren Blick ab. „Ich denke es ist besser, wenn du Glenn weckst und das Zimmer verlässt.“, sagte sie ohne ihn weiter anzusehen. Jayson bemühte sich das ganze gelassen zu sehen. „ Der gestrige Tag war sicher recht viel für dich. Du solltest dich einfach ausruhen. Wir sehen uns später.“, entgegnete er und machte sich daran Glenn zu wecken.

 

Das Frühstück verlief ohne nennenswerte Ereignisse. Da Abby und Clara zusammen einen Spaziergang machten, waren nur noch Mr. Chadwieck, Glenn und Jayson im Frühstückszimmer. Glenn und Jayson hatten ein wenig aus ihrer gemeinsamen Vergangenheit und wie es zu deren Freundschaft kam erzählt. „Soso. Dann kennen Sie sich alle quasi schon von Beginn an.“, schlussfolgerte Mr. Chadwieck, woraufhin beide nickten. „Meinen Sie es geht Ihrer Schwester soweit gut, dass sie an dem heutigen Ballabend teilnehmen kann?“, wandte er sich dann an Glenn. „Ich glaube nicht das etwas dagegen spricht.“, erwiderte er und zögerte kurz. „Gestatten Sie mir eine Gegenfrage?“ Mr. Chadwieck nickte. „Haben Sie Ihre Wahl über ihre zukünftige Braut schon getroffen ?“ „Fast. Es gibt viele Kandidatinnen doch Ihre Schwester und Miss Fortin sind in der engeren Auswahl. Deshalb sind Sie auch hier, damit ich sie besser kennenlernen kann.“ Damit hatten weder Glenn noch Jayson gerechnet. Mr. Chadwieck, der den Schock in den Gesichtern deutlich sehen konnte, lächelte zufrieden. „Doch mit dieser Entscheidung muss ich selbst zurechtkommen. Wenn mich die Herren entschuldigen, ich muss noch Vorbereitungen für den heutigen Abend treffen. Es werden in Ihrem Zimmer verschiedene Kurtas (indische Hosenanzüge) zur Auswahl bereitgelegt. Bis später.“ Mit diesen Worten hinterließ er zwei zerstreute Herren, die ihre Gedanken erst einmal sortieren mussten. „Hoffentlich werden die sich bald über ihre wahren Gefühle im klaren.“ , dachte sich Raj im gehen.

 

Glenns Gedanken: Clara!? Warum war mir als hätte mein Herz für einen kurzen Moment ausgesetzt, als er ihren Namen erwähnte? Sie ist die beste Freundin meiner Schwester. Zugegeben hübsch ist sie auch, aber was ist sie für MICH? Mein Kopf sagt sie ist nur eine gute Freundin, doch mein Herz behauptet da sei mehr.

 

Jaysons Gedanken: Nicht Abby! Nicht Abby! Bitte nicht Abby! - Abby- Er hat Abby gesagt. Warum wird meine Liebe zu ihr nur so sehr geprüft? Schon damals war ich heimlich in sie verliebt und habe seitdem auch keine andere angesehen. Ich wollte immer nur Abby! Doch wenn sie nichts für mich fühlt und sich führ ihn entscheidet, dann bin ich verloren. Schließlich kann er ihr all das bieten, was ich nicht habe. Ich muss um sie kämpfen und sie von meiner Liebe überzeugen! Das ist meine einzige Chance!

 

Während die Vorbereitungen in vollem Gange waren, machten sich Abby und Clara über die farbenfrohen Stoffe her. „Ich nehme den blauen Sari!“, beschloss Clara begeistert, denn sie hatte sich sofort Hals über Kopf in diesen Sari verliebt. Der Stoff war so blau wie das Meer mit einem Traumhaften Blumenmuster. Das Top war ebenfalls blau und mit Perlen verziert. Abby hatte sich für einen türkiesen Sari, mit Pailletten entschieden. „Du bist heute schon den ganzen Tag so still und in Gedanken versunken. Was ist denn mit dir los?“, wunderte sich Clara nach einer Weile. Abby seufzte. „Ach ich weiß auch nicht was mit mir los ist.“, log sie um ihre Freundin nicht zu beunruhigen. Glücklicherweise kam just in diesem Moment Sanjana, Jamals Frau, um ihnen mit dem ankleiden zu helfen. Zuerst half sie Abby. Clara musste sich wahrlich das Lachen verkneifen, denn das ganze Prozedere war lustig anzusehen. Sanjana legte den ellenlangen Stoff rechts neben Abby auf den Boden, stopfte das eine Ende in den Unterrock, lief eine Runde mit dem Stoff in der Hand um sie herum und stopfte stück für stück einen Teil in den Unterrock bis sie auf Höhe des Bauchnabels ankam. Dann nahm sie den Rest des Stoffes, lief noch einmal um Abby herum und legte das Ende über ihre linke Schulter. Im Anschluss stellte sie sich vor Abby. Sie nahm den restlichen Stoff, der vor Abby in einer Art Schlaufe vor ihr hing, faltete ihn und stopfte die Falten auch in den Unterrock. Zu guter Letzt steckte sie noch alles mit Sicherheitsnadeln fest. Zufrieden betrachtete sie ihr Werk. „So jetzt sind Sie dran Ms. Fortin.“ Während Sanjana Clara den Sari anlegte, flocht Abby sich die Haare. Nachdem beide fertig waren, machten sie sich zufrieden auf den Weg zum Ballsaal.

 

Da Clara von ein paar alten Bekannten beschlagnahmt wurde, hatte Abby beschlossen sich nach draußen in den Garten zu verziehen. Außerdem hoffte sie dort niemandem zu begegnen. Die frische Nachtluft tat ihr gut. Sich langsam entspannend setzte sie sich auf eine nahegelegene Bank und betrachtete den sternenklaren Himmel. „Hier bist du also!“ Abby zuckte zusammen. Ausgerechnet die Person, der sie am meisten aus dem Weg gehen wollte, kam gerade auf sie zu geschlendert. „Ich habe dich schon überall gesucht.“, begrüßte Jayson sie. Abby atmete tief durch. „Was willst du hier Jayson?“, fragte sie und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich wollte mich bei dir entschuldigen.“, erwiderte Jayson und sah sie eindringlich an. „Glaub mir bitte. Ich wollte dir wirklich nicht wehtun.“, flehte er und griff nach ihrer Hand. „Fass mich nicht an!“, zischte Abby und sprang auf. „10 Jahre. Nicht eine Nachricht! Hast du dich nie gefragt wie es mir geht? Und jetzt tauchst du aus dem Nichts auf und willst einfach so weiter machen als wäre nichts gewesen?“, schimpfte sie. „Ich kann zwar was geschehen ist nicht ungeschehen machen, aber wir könnten doch von vorne anfangen und das alte hinter uns lassen.“, schlug Jayson vor, zog ein Armband aus seiner Hosentasche und hielt es Abby vor die Nase. Erstaunt starrte Abby auf das silberne Armband. Es hatte ein A und ein J als Anhänger und dazwischen das ∞ als Kettenglied. „Ist es das wofür ich es halte?“, fragte sie ungläubig. Jayson nickte und legte es ihr um das linke Handgelenk. „Erinnerst du dich? Du hattest dieses und ein anderes damals als Abschiedsgeschenk von deinem gesparten Taschengeld anfertigen lassen. Doch Glenn hatte sie dir entwendet und mir gebracht, damit ich sie dir eines Tages wiedergeben kann.“ „Und ich hatte damals das ganze Haus verrückt gemacht, weil sie verschwunden waren.“, erwiderte Abby und versuchte die Tränen zu unterdrücken. „Willst du nicht unsere Freundschaft von neuem besiegeln?“, fragte er, griff erneut in seine Hosentasche und zog das zweite Armband heraus. Dieses war ein Lederarmband, hatte jedoch ebenfalls das ∞ zwischen einem A und einem J. Ohne zu antworten, nahm Abby ihm das Lederarmband ab und legte es ihm mit zitternden Fingern um. Überglücklich nahm Jayson seine Abby in die Arme, was sie diesmal zuließ.

 

Mr. Chadwieck war auf die Terrasse getreten um kurz frische Luft zu schnappen. Sein Blick schweifte durch den Garten und blieb an einem Pärchen hängen. Wie schön doch die Liebe sein musste. Hoffend selbst einmal das Gefühl wiedererleben zu dürfen, betrachtete er die beiden. Erst als sich die Frau vom Mann abstieß und auf die Villa zu rannte, erkannte er das dies Abby O’Conner war.

 

„Hast du Abby gesehen?“, begrüßte Glenn Clara. „Eben war sie noch da.“, erwiderte Clara und schaute sich verwirrt um. „Mutter suchte schon nach ihr und hat mich jetzt geschickt um sie zu holen.“, erklärte er. „Sie wird schon wieder auftauchen.“, erwiderte Clara und zuckte mit den Schultern. Wie aufs Stichwort, kam Abby auch schon an den beiden vorbei geschossen. Clara wollte ihr hinterher, doch Glenn hielt sie am Handgelenk fest. „Lass sie.“, bat er und zog sie zu sich. Für Clara kam das so unverhofft, sodass sie mit ihm zusammenprallte. Sofort wurde sie rot und senkte den Blick. Sie spürte wie ihr Herz schneller schlug, doch so unangenehm diese Situation auch war, das Gefühl in Glenns Nähe zu sein war für sie seit neuestem unbeschreiblich schön. Es gab ihr Geborgenheit und vermittelte ihr Sicherheit. Ein Räuspern brachte sie wieder in das Hier und Jetzt. Schnell stellte sie die nötige Distanz wider her und sah auf. „Geht es Ms. O’Conner gut? Ich habe sie gerade vorbei rennen sehen.“, begrüßte sie Mr. Chadwieck. „Ich wollte gerade hinterher und nach ihr sehen.“, erwiderte Clara und eilte davon. „Wie gefällt Ihnen der Abend?“, begann Mr. Chadwieck ein Gespräch mit Glenn um die peinliche Situation zu lockern. Dieser ging dankbar darauf ein. „Er ist bis jetzt recht amüsant gewesen.“ „Sehr schön.“, freute sich Mr. Chadwieck. „Wenn Sie mich entschuldigen, ich war gerade auf dem Weg in die Küche um nach dem Rechten zu sehen.“, entschuldigte er sich und ging.

 

Ashley O’Conner und Eileen Fortin hatten sich als Hilfe für den heutigen Abend angeboten. Da Ashley ihre Tochter nirgends finden konnte, beschloss sie einfach früher als geplant ihren selbstgemachten Zitronensaft unter die Leute zu bringen. Sie trug gerade ein Tablett mit ein paar Kannen Zitronensaft von der Küche zum Buffet und war mit ihrer Freundin in ein angeregtes Gespräch vertieft, als das Unglück geschah. Tief in Gedanken verloren hatte der Maharadscha nicht aufgepasst und war direkt mit Ms. O’Conner zusammengestoßen als er um die Ecke kam. „Das tut mir schrecklich leid. Ich war so in Gedanken versunken, dass ich sie nicht gesehen habe. Kommen Sie, ich gebe Ihnen etwas Frisches zum Anziehen. Sie sind ja völlig durchnässt.“, entschuldigte sich Mr. Chadwieck. „Das müssen Sie grad sagen! Sie sind ja mindestens genauso durchtränkt.“, erwiderte Ashley O’Conner, folgte ihm aber gehorsam in den privaten Bereich der Villa.

 

All ihre Wut und Sorgen waren mit einem Schlag vorbei als Jayson sie in seine starken Arme nahm. Für einen kurzen Moment schloss Abby ihre Augen und lauschte Jaysons gleichmäßigen Herzschlag. Doch plötzlich hallten wieder die Drohungen von Jaysons Vater in ihren Ohren. Sofort stieß sie sich von Jayson ab, raffte ihren Rock mitsamt Sari und rannte ohne ein weiteres Wort zurück in die Villa. Sie hörte Jayson noch rufen, war aber froh, dass er sie nicht verfolgte. In diesem Moment war ihr alles egal. Sie rannte durch den Ballsaal um auf ihr Gästezimmer zu gelangen. Verzweifelt warf sie sich aufs Bett und fing an bitterlich zu weinen. Sie hätte nicht nachgeben dürfen! Ab jetzt musste sie vorsichtig sein. Niemals durfte Mr. Barkley erfahren, dass sie ihr Versprechen gebrochen hatte. Es klopfte an der Tür und Clara trat ein. „Ist alles in Ordnung?“, wollte Clara wissen, doch sie bekam nur ein herzzerreißendes Schluchzten zur Antwort. Ohne ein weiteres Wort setzte sie sich zu Abby aufs Bett und strich ihr tröstend den Rücken.

 

Jayson verstand die Welt nicht mehr! Gerade eben hatte sie ihm verziehen und es war ihm als würde er eine wahre Chance auf ihre Liebe haben, doch Momente später hatte sie ihn einfach von sich gestoßen und war ohne ein Wort der Erklärung weggerannt. Ob sie wohl vor etwas oder jemanden Angst hatte? Jayson konnte sich diese Reaktion einfach nicht erklären. Dennoch wusste er, dass es besser war sie nicht zu drängen. Er musste einfach stark bleiben!

 

Mittlerweile hatte sich der Maharadscha schon umgezogen und ging in Richtung Gästezimmer um sich nach dem Befinden von Ms. O’Conner zu erkundigen. Ashley war gerade mit dem umkleiden fertig geworden und richtete sich die Frisur, da klopfte er an der Tür. „Herein?“ Die Tür ging auf und sie sah im Spiegel wer in der Tür stand - es war Mr. Chadwieck. „Verzeihung. Ich wollte nur wissen wie es Ihnen geht und ob sie etwas Ordentliches zum Anziehen bekommen haben. Aber wie ich sehe brauche ich mir keine Sorgen zu machen. Sie sind in den besten Händen.“ Der Maharadscha war verblüfft. Ms. O'Conner sah sehr gut aus. Sie hatte langes, dunkles Haar, eine leicht gebräunte Haut und eine tolle Figur. Normalerweise passten ihre Kleider nicht zu ihrer Figur, sie ließen sie eher etwas stämmiger aussehen, aber dieser Sari betonte an den richtigen Stellen. „Dieser Sari steht Ihnen sehr gut. Wissen sie was? Behalten Sie ihn als Wiedergutmachung für vorhin.“, lobte Mr. Chadwieck. „Danke. Aber sollten Sie sich nicht um Ihre Gäste und um ihre zukünftige Braut kümmern?“, entgegnete Ashley. Ihr war die Situation nicht geheuer. „“Wissen Sie…“, fing Mr. Chadwieck an, so als hätte er ein Verbrechen zu beichten hätte. „Ich hatte mich eigentlich für Ihre oder Ms. Fortins Tochter entschieden, aber da gibt es ein kleines Problem.“ „Ach ja? Bestimmt nichts ernstes, oder?“ „Nunja. Ich bevorzuge jemanden, der ungebunden ist.“, begann Mr. Chadwieck seine Erklärung. „Abby ist nicht verlobt, falls sie das meinen.“, fiel ihm Ashley ins Wort. Mr. Chadwieck schaute sie ernst an. „Verlobt nicht, aber verliebt!“, weiter kam er nicht, denn Ashley stürmte an ihm vorbei ohne ein Wort der Erklärung. Eins war sicher: Mit dieser Nachricht war für Ashley der Abend endgültig verdorben!

 

„Meinst du mir ist ein Happy End gegönnt?“, murmelte Abby durch ihr Kissen, als sie sich einigermaßen wieder beruhigt hatte. „Willst du mir nicht erst einmal erzählen was passiert ist?“, forderte Clara, woraufhin Abby sich aufsetzte. „Es ist alles so kompliziert. Meine Mutter will, dass ich den Maharadscha heirate, doch mein Herz will was ganz anders.“, begann sie ihre Erklärung. Doch weiter kam sie nicht da plötzlich die Tür aufflog und ihre wütende Mutter im schwarzen Sari im Türrahmen stand. „Was hast du zu deiner Verteidigung zu sagen?“ Abby verstand nicht grad gar nichts. Manchmal hatte sie das Gefühl das ihre Mutter ihre Gedanken lesen konnte und - egal wo sie war - aufsprang und zu ihrer Tochter hechtete um diese zur Vernunft zu bringen. „Was ist passiert? Hat der Maharadscha endlich seine Entscheidung bekannt gegeben?“, fragte Abby so ruhig wie möglich. „So ungefähr.“, entgegnete ihre Mutter wütend und klopfte ungeduldig mit dem Fuß auf den Boden. „Der Maharadscha und ich hatten ein interessantes Gespräch, indem ich erfuhr, dass er sich entschieden hat.“ Abby ahnte nichts Gutes. „Er hat dich mit Jayson gesehen! Wie konntest du nur so unvorsichtig sein? Wie soll ich denn jetzt den Maharadscha davon überzeugen, dass du für ihn die Richtige bist?“, rief Ashley besorgt aus und lehnte sich erschöpft gegen den Türrahmen. „Du weißt doch, dass ich nur das Beste für dich will. Ich hab es ja deinem Vater versprochen.“ Obwohl Abby über die Entscheidung ihrer Mutter selber innerlich vor Wut kochte, hatte sie dennoch Mitleid mit ihrer Mutter. „Meinst du wirklich, dass ich glücklich mit ihm werde? Klar, er kann mir finanziell alles bieten, aber kann er mich glücklich machen? Er ist fast doppelt so alt wie ich und ich kenne ihn noch nicht einmal, wie soll ich mich da entscheiden können?“, fragte Abby, stand auf und ging auf ihre Mutter zu. Ashley wiederum stellte sich wieder gerade hin, straffte ihre Schultern und verschränkte ihre Arme vor der Brust. „Es ist wie es ist! Man kann es lernen jemanden zu lieben. Bei mir war es auch nicht anders!“ Noch bevor Abby ihre Mutter erreichte, machte diese auf dem Absatz kehrt und verschwand. „Vielleicht ist es einfach mein Schicksal. Ich muss mich damit abfinden, dass Jayson für mich tabu ist und bleibt.“, seufzte Abby, woraufhin Clara hellhörig wurde. Jetzt ergab das Ganze einen Sinn für sie.

 

Kapitel 4 - Happy End? Von wegen!

„Guten Morgen. In einer Stunde gibt es Frühstück.“ Mit diesen Worten wurden Abby und Clara von Sanjana geweckt. Sie machte die Gardienen stückchenweise auf und richtete zwei Waschschüsseln her. „Soll ich die Waschschüsseln mit warmen oder kalten Wasser füllen?“, wartete Sanjana auf Anweisungen. „Beides bitte mit kaltem Wasser.“, erwiderte Abby, die mal wieder als erste munter war. Sie wartete auf einen Wiederspruch von Clara, doch diese schlief noch tief und fest. „Danke Sanjana, das wäre alles.“, bedankte sie sich nachdem Sanjana alles her gerichtet hatte und das Zimmer verließ. Abby fing nun an sich zu waschen. Ihr Körper war voll und ganz bei der Sache, doch ihre Gedanken waren noch beim gestrigen Abend. „Ob Jayson alles wirklich alles ernst gemeint hatte? Ob sich der Maharadscha wirklich gegen sie entschieden hatte?“ Diese und weitere Fragen kreisten in ihrem Kopf. Clara erwachte nun auch aus ihrem „Schönheitsschlaf“ und sah, dass Abby sich schon wusch. Doch so ganz schien sie nicht bei der Sache zu sein. Clara stieg aus dem Bett und ging zur zweiten Waschschale. „Brr. Ist das kalt. Mensch Abby, musste das sein?“, klagte Clara, doch sie bekam keine Reaktion von Abby. Kurzerhand stieß sie Abby in die Seite. „Was sagtest du?“, fragte Abby verwirrt. „Ich sagte: Musste das sein, dass das Wasser so kalt ist?“ „Ja das musste sein. Schließlich sollst du auch wach werden.“, erwiderte Abby grinsend. „Soso. Und wie ich dich kenne, hast du sicher warmes Wasser.“, stichelte Clara. „Nein, ich habe auch kaltes Wasser. Und wenn du mir nicht glaubst.“, erwiderte Abby, tauchte ihre Finger hinein und spritze Clara nass. „Iiih ist das nass! Na warte.“, quietschte Clara und spritzte zurück.

 

Ein wenig später waren alle am Frühstückstisch versammelt: 4 Freunde, 2 wütende Mütter und ein besorgter Maharadscha. „Na Miss O’Conner, wie geht es Ihnen heute?“, wandte sich der Maharadscha an Abby. „Mir geht es soweit gut, danke der Nachfrage. Aber Mr. Chadwieck, darf ich fragen wo die anderen Gäste sind?“ Raj (Maharadscha) lächelte. „Bitte lassen Sie uns doch zu Vornamen und „Du“ übergehen. Wissen Sie Miss Abby, ich habe nebenan ein Gästehaus. Nur die persönlich eingeladenen Gäste dürfen hier in meinen privaten Gemächern mit mir speisen.“, erklärte Raj. Ashley stieß ihrer Tochter unmerklich in die Seite. „Sei nicht so neugierig! Das ist unhöflich!“, flüsterte sie. „Ich bitte um Entschuldigung, wenn ich zu neugierig bin.“, entschuldigte sich Abby mit unschuldiger Miene. „Nein, nein. Neugierde ist gut. Sie macht weise.“, entgegnete Raj und lächelte Ashley zu, doch diese deutete das Lächeln ihrer Tochter. Während Abby über den gestrigen Abend und dessen Ereignisse nachdachte, bemerkte sie gar nicht wie sie intensiv von Jayson beobachtet wurde. Clara und Glenn hingegen unterhielten sich recht ungezwungen über die verschiedensten Dinge mit dem Maharadscha. So erfuhren sie recht viel über dessen Lebensweise und wie es dazu kam, das er schließlich hier her zog. „Mein Vater war damals der Meinung, dass ich es hier zu mehr bringen würde, da ich hier eine bessere Ausbildung erhalten würde. Also ließ ich meine Frau dort zurück, mit der Sicherheit sie nach einem Jahr wiedersehen zu können. Doch kurz nach seinem überraschenden Tod ein paar Tage nach meiner Abreise, übernahm mein Onkel das Anwesen und verbannte mich hier her. Als ich erfuhr dass meine Frau schwanger war, versuchte ich natürlich alles Mögliche um wieder nach Hause kehren zu können, ich hätte sogar auf meinen Reichtum verzichtet um wieder mit ihr zusammen sein zu können. Doch leider meinte es das Schicksal nicht gut mit mir. Meine Frau verstarb bei der Geburt meines Sohnes und mein Onkel nahm meinen Sohn nur mit der Bedingung bei sich auf, dass ich hier bleiben würde und mein geliebtes Indien nie wieder betreten würde. Um meinem Sohn dennoch eine gute Zukunft bieten zu können, entschied ich mich schweren Herzens dazu, den Bedingungen meines Onkels zuzustimmen.“, erzählte Raj. „Das ist ja schrecklich!“, schniefte Clara. „Ja und als sei das nicht genug, will mein Onkel jetzt, dass ich wieder heirate. Erst wenn ich eine weitere Frau habe wird er mir das Anwesen in Indien wieder überschreiben, damit mein Sohn es erben kann. Ansonsten wird es an seinen Sohn weitervererbt!“, schloss Raj seine Erzählung.

 

Nach dem Frühstück machte Jayson erst einmal einen ausgiebigen Spaziergang, um gründlich nachdenken zu können. Er folgte einfach der Wanderrute. Diese führte ihn durch Felder, an einem See vorbei, durch den nahegelegenen Wald, zurück zu einem Park der zur Villa führt. Er dachte darüber nach, was Abby dazu bewogen haben könnte sich ihm gegenüber so abweisend zu verhalten. Gestern Abend hatte er noch lange mit Glenn gesprochen, in der Hoffnung den Grund zu erfahren. Doch auch Glenn war überrascht. „Um ehrlich zu sein, haben wir all die Jahre nicht wirklich über dich gesprochen. Jeder hat auf seine Weise versucht damit umzugehen.“, beichtete Glenn spät abends, als sie wirklich am Ende mit möglichen Gründen waren. „Du kennst sie, lass ihr einfach die Zeit die sie braucht. Wenn sie soweit ist, wird sie dir den Grund schon nennen.“, schlug Glenn vor. Und er hatte Recht. So schwer es ihm auch fallen würde, er musste ihr die nötige Zeit geben.

 

Auch Abby machte wieder ihren allmorgendlichen Spaziergang, diesmal ohne Clara . Zuerst lief sie durch den Garten und überlegte wie sie in Zukunft am besten mit Jayson umgehen sollte, damit Mr. Barkley Senior seine Drohung nicht wahr machen könnte. Nachdenklich betrachtete sie das Armband. Wie gerne sie doch ihre Freundschaft mit Jayson wieder aufbauen würde, doch sie durfte es einfach nicht riskieren. Sie merkte wie sich Tränen in ihre Augen schlichen, also lief weiter Richtung Wald, wo sie ihren Gefühlen ungestört freien Lauf lassen konnte. Ein paar Minuten später war sie auch schon im Wald angekommen. Sie war so in Gedanken versunken, dass sie nicht das Geringste von Ihrer Umgebung mitbekam. „Na wenn das nicht unsere reizende Abby ist. Was macht denn so eine Schönheit wie du, hier so ganz allein im Wald?“ Abby erschrak im ersten Moment, doch nach kurzem Überlegen erkannte sie die Stimme. Langsam drehte sie sich um und sah Don. „Na wenn das nicht unser Möchtegernräuber Don ist. Was willst du?“, stichelte sie und versuchte somit ihr Unwohlsein zu verbergen. „Ach, ich war gerade unterwegs und habe dich gesehen. Da wollte ich einfach mal „Hallo“ sagen.“, erwiderte Don grinsend. „Hallo. So, wenn du jetzt bitte wieder gehen würdest, oder muss ich erst schreien?“ Don ging langsam auf sie zu. „Was habe ich dir je getan, außer den Versuchen deine Freundschaft zu erlangen?“, brummte er bedrohlich. Abby wich rückwärts aus. „Ich habe dir noch nie getraut. Und Glenn wird schon seinen Grund haben, warum er mich vor dir schützt .“ Mitten im Satz bemerkte Abby wie sich dummerweise ein dicker Baumstamm bemerkbar machte. Don grinste und versperrte ihr mit seinen Armen schnell jeden möglichen Fluchtweg. „Hör mir jetzt genau zu!“, knurrte er und da Abby den Mund aufmachte um zu schreien, hielt er ihn ihr kurzerhand zu. „Ich weiß, dass Jayson wieder in der Stadt ist und ich weiß von eurer früheren Freundschaft. Aber ich gebe dir einen gutgemeinten Rat: Halte dich von ihm fern! Er bringt nur Ärger und Schmerz mit sich!“, zischte er. „Aua!“, erschrocken ließ er von Abby ab und rieb sich die Hand. Sie hatte ihn gebissen und schrie nun aus vollem Halse. Schnell griff Don in seine Hosenrasche, holte ein Tuch hervor und hielt es ihr vor den Mund. „Es ist zu deinem Besten. Halte dich einfach von ihm fern.“, war alles was Abby noch hörte bevor es schwarz um sie herum wurde.

 

Jayson wurde aus seinen Gedanken gerissen. Er vernahm einen lauten Schrei nicht allzu weit entfernt. Da er sofort Abbys Stimme erkannte, rannte er kurzerhand los. Nach wenigen Metern sah er auch schon wie Don, die bewusstlose Abby auf den Boden legte. „Was hast du mit ihr gemacht?“, schrie er und packte Don von hinten an den Schultern. Wütend wirbelte er Don herum und verpasste ihm eine saftige Ohrfeige. „Ich habe dir und ihr einen Gefallen getan und sie vor dir gewarnt. Ihr soll nicht dasselbe passieren wie mir!“, erwiderte Don grinsend und hielt sich die Wange. „Was soll das heißen?“, fragte Jayson verwirrt. „Das wirst du schon noch früh genug verstehen!“, zischte Don und verschwand. Für einen kurzen Moment war Jayson so sehr damit beschäftigt Dons Worte zu verstehen, dass er um sich herum nichts mitbekam. Erst ein Rascheln im Gebüsch, holte ihn wieder zurück und versetzte ihn in Alarmbereitschaft. Mit einer Hand am Degen, schaute er sich vorsichtig um. Doch als ein Vogel aus dem Gebüsch hüpfte, entspannte er sich wieder. Vorsichtig nahm er Abby auf den Arm und trug sie zurück in die Villa.

 

Clara hatte ihre freie Zeit genutzt um es sich im Garten gemütlich zu machen und ein Buch zu lesen. Wenig später, kam Glenn und leistete ihr Gesellschaft. Sie waren gerade in eine angeregte Unterhaltung vertieft als Clara plötzlich aufschrie. „Was ist passiert?“, fragte sie und wollte aufspringen um Jayson entgegen zu rennen, doch Glenn hielt sie zurück. „Don ist passiert!“, knurrte Jayson. „Und es ist alles meine Schuld!“ „Sei nicht so hart zu dir! Keiner konnte auch nur ahnen, dass Don wieder hier seine Runden zieht.“, versuchte Glenn seinen Freund aufzumuntern. Doch Jayson hatte ihm schon gar nicht mehr zugehört. Er ging einfach weiter und brachte Abby, gefolgt von Clara in ihr Zimmer. Glenn hatte sich währenddessen schnell auf den Weg gemacht um den Dr. zu holen.

 

„Soweit ich beurteilen kann, ist alles in Ordnung. Es wurde Ihnen lediglich ein Betäubungsmittel gegeben.“, erklärte Dr. Singh, nachdem er Abby gründlich untersucht hatte. „Das dies aber nicht zur Gewohnheit wird.“, mahnte er Abby scherzhaft und verabschiedete sich. Jayson und Glenn hatten draußen gewartet und betraten, das Zimmer, nachdem der Dr. das Zimmer verlassen hatte. „Wie geht es dir?“, fragte Glenn seine Schwester besorgt. „Mach dir keine Sorgen Bruderherz, bei mir ist alles in Ordnung.“, erwiderte sie. „Nur Hunger hab ich.“, lachte sie und hielt sich den Bauch. „Schon unterwegs.“, rief Clara fröhlich, nahm Glenn am Handgelenk und zerrte ihn hinter sich her. „Danke, dass du mich gerettet hast.“, sagte Abby, nachdem die beiden aus dem Zimmer verschwunden waren. „Das hätte doch jeder gemacht. Ich war halt zufällig in der Nähe.“, erwiderte Jayson abwesend. Abby betrachtete ihn eingehend. In seinem Gesicht konnte sie viele Emotionen ablesen. Zum einen waren da Trauer und Verzweiflung, aber auch Wut und Verwirrtheit. Wie gerne wollte sie ihm sagen was sie wirklich fühlte, doch sie durfte nicht. „Was wollte Don von dir?“, wollte Jayson wissen. „Ach, er wollte sich nur wieder aufspielen!“, schimpfte Abby. „Mir fällt gerade ein, dass wir ja noch nicht die Möglichkeit hatten in Ruhe miteinander zu reden. Jetzt erzähl mir aber mal wie lange du hier bleiben wolltest.“, wechselte sie das Thema. Jayson ging dankbar darauf ein. „Nun, ich habe wieder unser altes Haus in Halifax  bezogen. Daher, dachte ich erst mal längere Zeit zu bleiben.“ Abbys Herz fing an schneller zu schlagen. „Da sind wir wieder.“, meldete sich Clara, bevor Abby noch weiter nachhaken konnte und brachte mit Glenn ein paar Häppchen zu essen. „Wir dachten uns, heute ist eine gute Gelegenheit, einfach mal die Zeit zu nutzen und uns in Ruhe zu unterhalten.“, ergänzte Glenn.

 

Für das heutige Abendessen hatte Mr. Chadwieck auch Ashley und Eileen eingeladen. Dass die Jugend kurzfristig beschließen würde allein zu speisen, konnte er ja zu dem Zeitpunkt nicht wissen. „Guten Abend Mr. Chadwieck.“, begrüßte Ashley O’Conner den Maharadscha als sie in das leere Esszimmer eintrat. „Ja wo sind denn alle? Wurde das Abendessen etwa verschoben?“, mischte sich Eileen Fortin neugierig ein. „Nein. Nur hat die Jungend beschlossen heute im Zimmer zu essen.“, erwiderte er gelassen. Ashley kochte innerlich vor Wut als sie das hörte, aber sie ließ sich nichts anmerken und setzte sich an den Tisch. Während des Essens entstanden dennoch eine entspannte Atmosphäre und eine ungezwungene Unterhaltung. „Seit diesem Ereignis, sind wir beste Freundinnen.“, lachte Ashley. „Achcha (Achso).“, erwiderte Raj und stimmte in das Lachen ein. Kurz schweiften seine Gedanken wieder ab. Das Leuchten in Ashleys Augen, das er heute zum ersten Mal sah, verzauberte ihn auf ein Neues. Ihr Lachen klang wie zauberhafte Musik in seinen Ohren. Wie gerne würde er ihr doch sagen was er für sie empfindet, doch das war leider noch nicht möglich. „Darf ich mal eine persönliche Frage stellen?“, fragte er nervös. Ashley nickte und wartete geduldig. Raj nahm seinen Mut zusammen. „Mich würde interessieren, warum sie so verpicht darauf sind, dass ihre Tochter mich heiratet?“, wollte er wissen und konnte beobachten wie Ashley blass wurde. „Nunja.“, druckste sie herum. „Um es kurz zu fassen: Ich habe es meinem Mann damals versprochen. Ich musste ihm auf dem Sterbebett versprechen, dass ich unsere Kinder mit der bestmöglichsten Partie verheirate, und das wären nun mal Sie.“, erwiderte sie und senkte beschämt den Blick. „Glauben Sie nicht, dass die Liebe, die bestmögliche Partie ist?“, fragte er vorsichtig. Ashley seufzte. „Damals war es auch nicht anders, die Liebe wird schon noch dazu kommen!“, entgegnete sie fest entschlossen und stocherte in ihrem Essen rum. Um das Thema zu wechseln und die Stimmung wieder zu heben, fragte Raj ob die beiden Lust hätten auch ein paar weitere Tage in der Villa zu verbringen. Erfreut klatschte Ashley in die Hände und bedankte sich eifrig. Für sie war dies die Gelegenheit ihre Tochter doch noch zur Vernunft zu bringen.

 

Es hatte wieder einmal angefangen zu regnen und sah aus als würde sich ein Gewitter zusammenbrauen. Da es ziemlich dunkel geworden ist, schaltete Clara das Licht ein. „Jetzt seid doch nicht so schüchtern. Ihr benehmt euch ja grad so als hättet ihr Gespenster gesehen.“, lachte Clara heiter und sah in die Runde. Sie hatten sich noch zwei zusätzliche Stühle geholt und um den Beistelltisch gestellt. Wie aufs Stichwort blitzte es und das Licht ging aus. „So ein Mist! Jetzt haben wir auch noch einen Stromausfall. Aber keine Sorge ich gehe schnell ein paar Kerzen holen. Bin gleich wieder da.“ Clara stellte ihren Teller ab, stand auf und verließ das Zimmer. „Ich bin auch gleich wieder da.“, entschuldigte sich Jayson ebenfalls und ging ins Bad. „Ist irgendwas passiert?“, fragte Glenn seine Schwester verwundert. „Ach, er macht sich nur immer noch Vorwürfe und ich weiß einfach nicht wie ich ihm helfen kann! Es tut mir einfach weh ihn so verstört zu sehen. Kannst du nicht mal mit ihm reden?“, bat Abby und sah ihren Bruder flehend an. „Ok, ich werde es versuchen.“, versprach Glenn. Clara hatte derweil angefangen, die Kerzen im Zimmer zu verteilen und anzuzünden. Als Jayson wieder ins Zimmer trat, konnte Abby erkennen, dass er sehr mit sich zu kämpfen hatte. „Ach auch endlich wieder da? Ich dachte schon dass ich einen Suchtrupp losschicken muss.“, scherzte sie um ihn ein wenig aufzuheitern, woraufhin Glenn das Prusten anfing. „Ha-ha ich lach mich schlapp.“, erwiderte Jayson sarkastisch, setzte sich wieder in den Sessel und stocherte lustlos in seinem Essen rum. Nun wusste Abby wirklich nicht weiter. Sie sah Clara und Glenn hilfesuchend an. Diese verstanden und verließen das Zimmer. „Jayson“, begann Abby und legte ihre Hand auf seinen Arm. „Ich weiß nicht wie ich dich auf andere Gedanken bringen kann. Sag mir doch bitte was los ist!“ „OK.“, gab Jayson nach, legte die Gabel hin und sah Abby tief in ihre smaragdgrünen Augen. „Zum einen ärgert mich die Tatsache, dass Don wieder da ist, aber damit kann ich umgehen. Was mich noch mehr beschäftigt….“ Jayson hielt kurz inne und überlegte ob er es wirklich ansprechen solle. Entschied aber, dass es das Beste sei, wenn Abby seine wahren Gefühle kennen würde. „Ich kenne deine Mutter fast genauso gut wie du und ich glaube, dass sie dich sogar vor den Altar zerren würde, um dich mit dem Maharadscha zu verheiraten.“ Wieder machte er eine kurze Pause, stand auf und kniete sich vor Abby hin. „Es gibt da etwas das musst du noch wissen. Mir ist klar, dass wir uns lange nicht gesehen haben und ich werde hart an unserer Freundschaft arbeiten, aber ich bin mir nicht sicher was du willst. Natürlich gebe ich dir alle Zeit die du brauchst und werde geduldig warten. Doch da gibt es was das ich loswerden muss.“ Weiter kam Jayson nicht, da die Tür aufgestoßen wurde und Ashley mit Glenn und Clara im Schlepptau ins Zimmer kam. „Oh wie niedlich!“, rief sie aus. „Aber dein Heiratsantrag kommt leider zu spät! Abby ist schon verlobt! Der Maharadscha hat gerade eben um ihre Hand angehalten und ich habe natürlich zugestimmt.“ Alle Anwesenden staunten nicht schlecht. „Ach und da diese Nachricht ja schon so gut ankam, habe ich gleich noch eine für euch.“ Sie machte eine kurze Pause und widmete sich ihrem Sohn. „Glenn du erinnerst dich doch sicher noch an Rani Bennet. Ms. Bennet erzählte mir gestern, dass Rani sich bei unserem letzten Treffen gleich Hals über Kopf in dich verliebt hatte. Da ihr euch ja sehr gut verstanden habt und ich sie sehr gern habe, habe ich natürlich auch hier einer Hochzeit zugestimmt.“ Ashley war nun zufrieden. Sie verließ wieder das Zimmer und hinterließ 4 verdutzte Freunde. „Entschuldigt mich, ich brauche ein wenig frische Luft.“, entschuldigte sich Clara und rannte aus dem Zimmer. „Mist!“, rief Glenn aus und rannte ihr hinter her, denn just in diesem Augenblick erkannte er, dass er niemand anderen als Clara liebte!

 

Es schüttete immer noch wie aus Eimern, aber das war Clara egal. Sie rannte durch den Regen und setzte sich auf eine Bank, die von einem Baum überdacht war. Jetzt war ihr neugewonnener Traum endgültig zerplatz. „Warum? Was habe ich denn so schlimmes getan? Ich liebe ihn doch! Ist das nicht genug?“, rief sie in den Regen und brach in Tränen aus. Plötzlich sah sie wie jemand angerannt kam und wischte sich schnell die Tränen weg. Als sie erkannte das es Glenn war, drehte sie ihm den Rücken zu und sagte: „Geh. Was willst du denn noch von mir?“ „Ich wollte dir nur noch sagen, dass ich erkannt habe, dass dich über alles liebe und immer lieben werde! Wenn es sein muss würde ich sogar mit dir durchbrennen!“, erwiderte Glenn und wartete noch einen kurzen Augenblick. Da Clara aber nicht reagierte, ging er schweren Herzens wieder. Als Clara merkte, dass Glenn wieder gegangen war, begann sie zutiefst zu schluchzten.

 

Raj (Maharadscha) wollte eigentlich nur in die Küche um sich noch ein Glas Chai (schwarzer Tee mit Gewürzen) zu gönnen, als ihm auf den Weg dorthin zwei Gestalten an ihm vorbei rannten. Ein paar Minuten später kam eine der beiden wieder zurück. „Guten Abend. Falls du es noch nicht weist es regnet.“, grüßte Glenn, schnappte sich eine Kerze und verschwand. „Noelle. Könnten Sie mit bitte einen Regenschirm bringen?“, bat er seine Köchin. Er hatte das komische Gefühl jemanden helfen zu müssen. Noelle kam kurz darauf wieder und reichte ihm einen großen Schirm. „Danke. Ich bin gleich wieder da. Bitte bereiten Sie doch in der Zwischenzeit einen weiteren Chai zu.“ Er spannte den großen Schirm auf, ging hinaus und steuerte die Bank an. „Ja wen sehe ich denn da? Miss Clara, ist alles in Ordnung?“ Clara wischte sich schnell die Tränen weg und unterdrückte ein weiteres Schluchzen. „So schlimm?“, hackte Raj nach. Ohne auf eine Antwort zu warten, reichte er Clara die Hand, die diese dankbar annahm. Sie hackte sich bei ihm unterm Schirm ein und gemeinsam gingen sie zurück ins Haus. „Chai?“, fragte er als sie die Küche erreicht hatten, woraufhin Clara nickte und sich ihm gegenüber an den kleinen Tisch setzte. Es dauerte eine kleine Weile bis Clara ihre Stimme wieder gefunden hatte, doch er wartete geduldig. „Stimmt es, das du Abby heiraten wirst und ihr verlobt seid?“, fiel sie mit der Tür ins Haus. „Wer hat denn das erzählt?“, fragte Raj überrascht. „Nicht doch. Es gibt nichts Schöneres als die Liebe und dieser möchte ich nie im Leben im Weg stehen! Doch ist das wirklich alles was dich bedrückt?“ Clara schüttelte den Kopf. „Das eigentliche Problem betrifft Glenn. Eben haben wir erfahren, dass er eine reiche Herzogin heiraten soll, da er bald das ganze Hab und Gut der Familie erben wird. Da er jetzt 23 Jahre alt ist und Mr. O’Conner Senior in seinem Testament festgehalten hatte, dass er alles solange verwalten sollte bis er entweder heiratet oder bis er 25 Jahre alt ist. Danach würde alles ihm gehören.“ Raj nickte nachdenklich. „Und du liebst ihn?“ Clara nickte traurig. „Das klingt wirklich verzweifelnd aber nicht hoffnungslos. Wie war doch gleich der Name der Herzogin?“ „Bennet…. Rani Bennet.“ „Hm.“, überlegte Raj kurz. Ich denke ich werde Mrs. Bennet und ihre Tochter mal zum Tee einladen müssen um den Ganzen auf dem Grund zu gehen.“ Claras Augen leuchteten auf, als sie diese Worte vernahm. „Aber das bleibt unser kleines Geheimnis.“, bat Raj und zwinkerte Clara aufmunternd zu.

 

In der Nacht hatte Clara einen Alptraum. Sie und Glenn standen gerade vor dem Altar. Kurz nachdem der Pfarrer gefragt hatte ob jemand einen Einwand zu dieser Verbindung hatte, meldete sich Glenns Mutter. „Genug ist genug! Wie weit willst du noch dieses Spielchen treiben? Du weißt ganz genau, dass ich nie jemand anderes als Rani als meine Schwiegertochter akzeptieren werde!“, rief Ashley, woraufhin sich Glenn an Clara wandte. „Sorry Süße. War schön mit dir.“ Noch bevor Clara realisierte was genau Glenn damit meinte, trat er vom Altar weg, ging zu Rani, die in den Reihen der Anwesenden saß und küsste sie innig. Für Clara brach eine Welt zusammen! Mit einem herzzerreisenden Aufschrei ging sie zu Boden. Rani stand siegessicher auf und ging auf Clara zu. „Tztztz. Bist du wirklich so naiv, dass du nichts mitbekommen hast? Glenn liebt mich, und nur mich! Du warst einfach nur Mittel zum Zweck um seiner Mutter einen Streich zu spielen.“, erklärte sie und verzog mittleidig das Gesicht. „Nun wirst du wohl oder übel an einem gebrochenen Herzen sterben müssen.“, seufzte Rani und strich Clara eine Träne von der Wange. „Es ist noch nicht zu Ende!“, wehrte sich Clara und schlug Ranis Hand von sich. Mit einem hämischen Lachen stand Rani wieder auf und ging zurück zu Glenn. Nachdem sie sich bei ihm eingehackt hatte, machten sie sich gefolgt von den Gästen, auf den Weg nach draußen und ließen Clara allein vor dem Altar zurück.

Kapitel 5 - Vorsätzliche Verlobung

Die Vögel zwitscherten schon eifrig als Abby aufwachte. Wie so oft war sie als erste wach. Sie schlug die Bettdecke zurück und schlicht zu den Vorhängen, die schon einen sachten Lichtstrahl durchschimmern ließen. Bedächtig öffnete sie die Vorhänge und genoss die Aussicht, die sich ihr bot. Vor ihr erstreckte sich ein sehr schön hergerichteter Garten, der erst in Felder und dann in den angrenzenden Wald überging. Kurz bevor die Felder endeten, sah sie einen Baum der etwas überragte. Doch was genau, konnte sie nicht wirklich erkennen, da es ziemlich weit weg war. Darum beschloss sie den nächsten Spaziergang dort enden zu lassen. Nach ein paar Minuten Tagträumerei rief sie sich wieder zur Ordnung. „Genug geträumt. Ran an die Arbeit.“ Damit meinte sie Clara wecken.

 

Raj hatte gerade seine versprochene Einladung an Mrs. Bennet für den heutigen Nachmittag fertig gestellt und klingelte nach seinem Diener Jamal. „Hier bin ich Herr. Was kann ich für Sie tun?“, meldete sich dieser. „Diese Einladung soll noch heute Vormittag die Familie Bennet erreichen! Bitte informiere auch unsere Gäste, dass heute zum Tee auch Besuch von außerhalb kommen wird. Das „Wer“ soll aber eine Überraschung bleiben. Das wäre alles. Danke“, gab er Anweisung. „Ich mache mich sofort auf den Weg.“, erwiderte Jamal, nahm den Brief entgegen und verbeugte sich bevor er den Raum verlies.

 

„Nein, das werde ich sicher nicht!“, weigerte sich Clara und beobachtete Abby wie sie ein grünes Oberteil, dazu eine weinrote Hose und einen passenden Schal mit denselben Farben aus dem Schrank nahm. Gleich zu Beginn ihres Aufenthalts hatte Sanjana sie darüber informiert, dass alles was in den Schränken ist, Ihnen frei zur Verfügung steht, darunter auch verschiedene indische Kleiderstücke. „Du kannst mich nicht zwingen mit zum Tee zu kommen. Ich kann und will Glenn einfach nicht sehen!“ Nachdem Jamal sie darüber informiert hatte, dass jemand zum Tee zu Besuch kommen würde, erinnerte sich Clara sofort an das gestrige Gespräch und wusste wer kommen würde. „Nun gut. Wenn du unbedingt hier bleiben und vor dich hin schmollen willst…dann mach das doch. Ich hab meine eigenen Probleme.“, erwiderte Abby genervt zurück und trat hinter dem Paravent hervor. Noch bevor Clara weiter jammern konnte, machte sie sich auf den Weg zum Arbeitszimmer des Maharadschas. Dort angekommen atmete sie noch einmal tief ein und aus und klopfte an der Tür. „Herein.“, ertönte es von innen. Als sie die Tür öffnete, sah sie den Maharadscha am Schreibtisch und wichtige Papiere ausfüllen. „Ah, Abby. Du bist das. Was kann ich für dich tun?“ „Nun ich würde gerne auch von dir hören wie es zu unserer Verlobung gekommen ist.“, fragte Abby ohne Umschweife frei heraus. Raj räusperte sich kurz und legte seinen Füller beiseite. „Du musst wissen, die Liebe ist das Wichtigste für mich. Ich selbst habe sie schon am eigenen Leib erfahren dürfen. Deshalb habe ich auch schon gestern deiner Freundin gesagt, dass diese Verlobung nie zustande gekommen ist, da Du und Jayson euch sichtlich liebt.“, erklärte er. „Oh. Das wusste ich nicht.“ erwiderte Abby ungläubig und lies sich in den Sessel fallen. „Wenn das so ist, möchte ich dich um einen Gefallen bitten.“ Sichtlich neugierig wartete der Maharadscha geduldig bis sie ihre Gedanken sortiert hat. „Ich muss dich bitten, vorzuspielen, dass die Verlobung wirklich geschehen ist!“, platze es aus Abby raus. Raj staunte nicht schlecht über diese ungewöhnliche Bitte. „Bevor ich antworte, darf ich fragen was die Hintergründe zu dieser ungewöhnlichen Bitte sind?“ Abby atmete kurz tief durch. „Das meine Mutter darauf besteht das ich reich heirate, ist ja kein Geheimnis mehr. Was allerdings Jayson Barkley betrifft, ist die Sache schon etwas komplizierter. Vor vielen Jahren, als Jaysons Vater herausfand, dass sein Sohn mit einem Mädchen befreundet war, lies er mich zu sich rufen und verbot mir mich weiterhin mit ihm zu treffen. Später drohte er mir, dass er Jayson sehr leiden lassen würde und ich Ihn nie wieder sehen würde. Ein paar Tage später war er auch mit Jayson weggezogen. Jayson weiß davon nichts, denn sein Vater versprach mir ebenfalls, dass wenn ich Jayson je davon erzählen würde, dass es mir leid tun würde.“ Abby hielt kurz inne und versuchte nicht in Tränen auszubrechen. „Daher werde ich nie mit Jayson zusammenkommen können. Deshalb bitte ich dich, auch um Jaysons Willen, allen die Verlobung vorzuspielen, damit der Ruf meiner Mutter und Jaysons Leben nicht in Gefahr sind. Aber wenn du das nicht willst, werde ich auch eine andere Möglichkeit finden Jayson von mir fern zu halten.“ „Nun, die Bitte ist zugegeben recht ungewöhnlich, aber ich werde dir helfen.“ Erleichtert darüber atmete Abby auf. „Nur muss ich dich auch warnen. Um das Ganze auch überzeugend rüberzubringen, müssen wir auch ein engeres Verhältnis vorzeigen und eventuell sogar ein wenig flirten, je nach Bedarf. Wenn dir das nichts ausmacht, bin ich einverstanden und helfe dir.“, erwiderte Raj. „Ich denke das wird schon in Ordnung gehen.“, entgegnete Abby und reichte Raj die Hand. „Sollte es dir je zu viel oder unangenehm werden, sag es mir einfach.“, bat Raj und schlug ein. „Übrigens, hat dir schon mal jemand gesagt, wie hübsch du in diesen indischen Kleidern aussiehst?“, versuchte Raj die Stimmung wieder zu heben, woraufhin Abby leicht rot anlief. „Danke, aber das Kompliment kann ich zurückgeben. Unter einem Maharadscha stellt man sich was ganz anderes vor.“, erwiderte Abby. „Ich weiß. Ein Maharadscha muss reich, alt, dick, hässlich und eingebildet sein.“, lachte Raj, woraufhin Abby ins Lachen einfiel. Doch Raj Chadwieck war von allem das Gegenteil! Er glich diesem Muster in keinster Weise. Er war groß, hatte die typisch indisch dunkle Haut und schwarze Haare, die er kurz hielt. Er war gut gebaut und muskulös, aber schlank. Insgesamt konnte man sagen, dass er mit seinen 50 Jahren noch sehr jung und gut aussah.

 

In der Küche ging es derweil drunter und drüber. Einige Diener waren damit beschäftigt die Kekse, den Kuchen und den Tee perfekt zu machen. Andere waren mit dem Herrichten des Teezimmers beschäftigt. Kurz: Alles lief auf Hochtouren. Endlich war es dann soweit. Glenn, Abby, deren Mutter Ashley O’Conner, sowie Claras Mutter Mrs. Fortin und natürlich Raj Chadwieck waren schon im Teezimmer, als Jamal Familie Bennet ankündigte. „Guten Tag Mr. Chadwieck.“, begann Mrs. Bennet ihre Begrüßung. „Das ist meine Tochter Ramona Rani Rosemary Bennet. Ihr Rufname ist Rani.“ „Es freut mich sehr Ihre Bekanntschaft zu machen.“ erwiderte Raj, nahm Mrs. Bennet Hand und hauchte einen Handkuss darauf. „Namaste Sahab (Herr/Mr.) Chadwieck.“, begrüßte ihn Rani. „Namaste Kumari (Frau/Miss) Rani. Es ist lange her, dass jemand mit mir Hindi gesprochen hat. Daher muss ich gestehen, dass mein Hindi ein wenig eingerostet ist. „Das macht nichts. Ich selber kann leider nur ein paar Brocken. Aber ich bin bereit mehr zu lernen.“, erwiderte Rani und sah Raj flirtend an. „Und sie heißen?“, wandte er sich an Ranis Mutter, ihr flirten ignorierend. Ich heiße Samantha Sharone Bennet. Aber nennen Sie mich doch einfach Sharone.“ Sie machte einen Knicks. Danach ging der Maharadscha rum und richtete jeder Frau den Stuhl, angefangen bei den Gästen. Zuerst Sharone Bennet. „Nehmen Sie doch bitte Platz.“ Danach Rani: „Betje. (Setzen Sie sich bitte)“ „Shukriya.“, bedankte Abby sich. Im Anschluss Mrs. Fortin und Mrs. O’Conner und zum Schluss Abby. „Betje Piya.“, sagte er gespielt liebevoll zu Abby. „Shukriya Sanam.“, entgegnete Sie ihm. Obwohl Ashley O’Conner nicht verstand was diese zwei Sätze bedeuteten, machten sie sie glücklich. Nach den üblichen Themen zum Einstieg, wie das Wetter und aktuelle Geschehnisse, wurden die Gesprächsthemen sehr direkt. „Wann wird denn die Hochzeit stattfinden?“, fragte nun Rani neugierig. Sie hatte das flirten aufgegeben, da sie sah wie verliebt Abby und Raj taten. Außerdem hatte das „Piya“ (Geliebte) und „Sanam“ (Geliebter) sein Übriges getan. Abby war sehr erstaunt über diese direkte Frage, aber Raj hatte schon damit gerechnet. Also nahm er Abbys Hand in seine, hauchte einen Luftkuss darauf und wandte sich dann Rani zu. „Nun das genaue Datum steht noch nicht fest. Wir wollten es langsam angehen und uns erst einmal näher kennenlernen. Man soll ja bekanntlich nichts überstürzen.“ Er wartete kurz und lies seinen Blick durch die Runde schweifen, bevor er sich wieder an Rani wandte. „Ich habe gehört, dass Sie auch selbst seit kurzem verlobt sind. Meinen Glückwunsch!“ Nun wurde es Mucksmäuschenstill. Glenn rutschte unruhig auf seinem Stuhl hin und her und Ashley fiel fast die Tasse vor Schreck aus der Hand. Aber auch Rani und Sharone staunten nicht schlecht. „Wie lange sind Sie denn eigentlich mit Mr. O’Conner jetzt verlobt?“ Noch bevor Ashley oder Sharone reagieren konnten, antwortete Rani verärgert: „Wer hat denn dieses Gerücht in die Welt gesetzt? Nur weil ich vor einem halben Jahr nach Freunden gesucht habe und auch mehrfach bei den O’Conners zu Besuch war, heißt das noch lange nichts! Ich bin weder verliebt, noch verlobt!“ Sie schaute verächtlich auf Glenn herab. „Schon gar nicht mit jemanden wie Glenn O’Conner! Wenn Sie mich jetzt entschuldigen würden. Ich muss mir kurz die Nase Pudern.“, entschuldigte sie sich und rannte förmlich aus dem Zimmer. Nun konnte man die gespaltenen Gefühle der Anwesenden erkennen. Währen Ashley sich zusehends unwohl fühlte, waren Glenn, Abby und Raj zufrieden und man konnte sehen dass ihnen ein Stein von Herzen gefallen war. Eileen Fortin und Sharone Bennet waren sichtlich verwirrt. „Ich geh mal nach Rani sehen.“, entschuldigte sich Abby nach einer Weile der peinlichen Stille.

 

Als sie am Gäste Bad ankam, hörte Abby jemanden weinen und klopfte. „Herein.“, ertönte es von innen, gefolgt von einem Schniefen. Abby öffnete die Tür und sah wie sich Rani noch schnell die Tränen wegwischte. „Ach du bist das Abby. Gratulation zur Hochzeit. Du hast es wenigstens geschafft deine Mutter glücklich zu machen. Weißt du es ist nicht einfach die perfekte Tochter zu sein. Meine Mutter wollte unbedingt das ich den Maharadscha auf mich aufmerksam mache damit er mich heiratet.“, sprudelte es aus Rani heraus. Abby nahm sie erst mal in die Arme. „Weist du ich kenne diese Situation. Meine Mutter ist genauso.“, versuchte sie Rani zu trösten. Kurz überlegte sie, ob sie Rani nicht die Wahrheit erzählen sollte, entschied sich aber dann dagegen, da sie sie ja schließlich noch nicht gut genug kannte. „Du wirst auch noch eine gute Partie abbekommen, glaub mir. Und nun wisch dir die Tränen weg und mach dich frisch, damit wir wieder zu den anderen gehen können. „Warum bist du eigentlich so nett zu mir?“, wollte Rani kurzerhand wissen. „Ich habe dein „Tussiverhalten“ durchschaut und ich denke wir könnten gute Freunde werden.“, erwiderte Abby. „Das wäre wirklich schön.“, bedankte sich Rani und machte sich frisch, damit sie wieder zurück ins Teezimmer konnten. „Hier sind wir wieder. Habt ihr uns vermisst? Rani hatte sich verlaufen und ich habe sie anschließend ein wenig herumgeführt und mit ihr geplaudert. Haben wir etwas Wichtiges verpasst?“ „Nein Piya. Ihr habt nichts verpasst.“, erwiderte Raj und stand auf um den Damen wieder den Stuhl zu richten. „Darf ich Sie etwas persönliches fragen?“, mischte sich Mrs. Bennet ein. „Wenn es nicht zu persönlich ist.“, erwiderte Raj und richtete nun Rani den Stuhl. „Ich weiß es geht mich nichts an, aber warum nennen sie Abby immer Piya, obwohl es nicht ihr Name ist.“ „Mutter!“, flüsterte Rani aufgebracht, doch Sharone ignorierte ihre Tochter. „Piya ist Hindi und bedeutet Geliebte. Genauso wie Sanam Geliebter bedeutet. Beantwortet das Ihre Frage?“, erwiderte Raj. Nun hatte es auch Sharone begriffen: Es war Ernst zwischen den beiden. Als sich Bennets nach dem Tee verabschiedeten, lud Raj Rani dazu ein, ein paar Tage übers Wochenende zu bleiben.

 

Nachdem Sharone Bennet gegangen war, zeigten Ashley O’Conner und Eileen Fortin Rani das Haus. Währenddessen waren Abby und Raj allein im Teezimmer zurückgeblieben. „Warum hast du eigentlich nur Rani eingeladen? Ist es nicht normalerweise üblich die Familie oder zumindest Mutter und Tochter einzuladen?“, wollte Abby wissen. Ach ich habe bemerkt, dass zwischen Rani und dir eine gute Freundschaft entstehen könnte. Außerdem glaube ich kann ihr ein Urlaub von der eigenen Mutter nicht schaden.“, erwiderte Raj grinsend. „Wow. Ich bin beeindruckt. Man könnte meinen ich habe dir von unserem Gespräch erzählt. Oder kannst du etwa Gedanken lesen?“, lachte Abby. „Gedanken nicht, aber Gesichter.“, erwiderte Raj. Jetzt wusste Abby das es die richtige Entscheidung war sich mit Raj zu befreunden. „Jetzt aber mal eine ganz wichtige Frage.“, sie sah ihn gespielt ernst an. „Wie kommt es das ich noch nicht deinen Vornamen kenne?“ Raj schlug sich an die Stirn. „Oh. Verzeihung. Wo sind nur meine Manieren geblieben? Mein Name ist Baruch Raja Rahul Chadwieck. Abby war verblüfft und zufrieden gleichzeitig. „Mir gefällt Raj. Was dagegen wenn ich dich Raj nenne?“ „Nein ganz und gar nicht. Im Gegenteil, das macht die ganze Sache einfacher.

 

Währenddessen lief Jayson in seinem Zimmer angespannt auf und ab. „Was genau ist eigentlich beim Tee abgelaufen?“, wollte Jayson wissen, da er nicht eingeladen war. Glenn seufzte. „Also diese Rani und ihre Mutter waren heute zum Tee eingeladen. Es hat nicht lange gedauert da hatte Rani es auch begriffen, dass es dem Maharadscha ernst ist. Also fragte Sie ohne Umschweife, wann die Hochzeit stattfinden würde. Daraufhin erwiderte dieser, dass er es langsam angehen wolle um Abby erst kennenzulernen.“ Jayson hielt kurz inne, lief dann aber gleich wieder weiter auf und ab. „Es tut mir echt leid, aber wenigstens hast du noch ein wenig Zeit Abby doch noch für dich zu gewinnen!“, versuchte Glenn seinen Freund zu trösten. „Und wie sieht es mit dir und dieser Rani aus?“, fragte Jayson um von sich abzulenken. Glenn lachte. „Nein, die bin ich los. Als der Maharadscha im Gegenzug genau dasselbe fragte ist sie fast ausgeflippt! „Was soll ich mit so einem Looser?“ oder so ähnlich rief sie. Obwohl sie mich eigentlich beleidigt hat, hat sie mir dennoch einen Gefallen getan.“, erklärte Glenn freudig. „Ok. Erspar mir die Einzelheiten, ich brauche jetzt erst einmal frische Luft.“, bat Jayson und verlies fast fluchtartig das Zimmer. Draußen angekommen atmete Jayson erst einmal tief ein und aus. Um das eben gehörte zu verarbeiten ging er gemütlich durch den Garten und lies seinen Gedanken freien Lauf. „Und das ist Jayson.“, hörte er Mrs. O’Conner und blickte auf um sie zu grüßen. „Guten Tag Mrs. O’Conner, Mrs. Fortin, Miss..“ „Bennet. Rani Bennet.“, erwiderte die angesprochene. „Mrs. Fortin und ich haben noch ein paar Dinge zu besprechen, also lassen wir euch zwei Hübschen mal alleine.“, sagte Ashley O’Conner glücklich, denn für Sie war es zumindest in Bezug auf ihre Tochter ein erfolgreicher Tag. Soll sich diese Rani doch Jayson schnappen, wenn sie ihren Sohn schon nicht wollte. So konnte wenigstens Abby nicht auf dumme Gedanken kommen. „Soso. Du bist also Rani.“, sagte Jayson nachdem die beiden Mütter gegangen waren. „Nimms mir bitte nicht übel, aber ich wollte gern ein wenig alleine sein.“ „Kein Problem. Dann will ich nicht weiter stören.“, erwiderte Rani und verabschiedete sich mit einem Knicks. Sie verschwand Richtung Haus und suchte Abbys Zimmer. Jayson hingegen führte seinen Spaziergang fort und hing weiter seinen Gedanken nach.

 

„Clara ich hab wunderbare Neuigkeiten!“, platzte Abby ins Zimmer. Ohne auf eine Reaktion zu warten, setzte sie sich zu Clara und nahm sie kurz in den Arm. „Jetzt spann mich doch nicht so auf die große Folter.“, bat Clara und löste sich von ihr. Sie setzten sich aufs Bett und Abby nahm Claras Hände in ihre. „Also. Raj, der Maharadscha, hatte doch Familie Bennet eingeladen. Alles verlief erst einmal ohne jegliche nennenswerte Ereignisse.“, berichtete Abby in allen Einzelheiten. „Du musst Rani einfach kennenlernen. Sie ist gar nicht so eingebildet wie sie sich gibt.“, beendete Abby ihren Bericht. Clara schien sichtlich erleichtert. „Vielleicht ist mir doch noch die Liebe gegönnt.“, seufzte sie. „Nicht nur das, ich denke Rani und du würdet euch auch sehr gut verstehen.“, ergänzte Abby. „Und wie steht es jetzt um dich? Wirst du Jayson erzählen, dass du nicht wirklich verlobt bist?“, wollte Clara wissen. Traurig schüttelte Abby den Kopf. „Nein, das kann ich nicht. Ihm und meiner Mutter zuliebe habe ich Raj gebeten so zu tun als ob die Verlobung wirklich geschehen ist.“, erklärte Abby. „Aber warum? Deine Mutter ist selbst schuld, dass sie lügt! Und was Jayson betrifft, sieht doch jeder Blinder, dass er dich liebt!“, rief Clara aufgebracht. „Shh. Nicht so laut!“, bat Abby. „Es darf einfach nicht sein.“, seufzte sie. „Was spricht denn dagegen?“, wollte Clara wissen. „Das erkläre ich dir ein anderes Mal.“, erwiderte sie als ein Klopfen an der Tür sie aus dieser unangenehmen Situation rettete. „Herein?“, rief Abby schnell und stand auf. „Rani du bist es.“, begrüßte Abby sie freudig und nahm sie in den Arm. „Ich hab Clara gerade von dir erzählt.“, erklärte Abby und deutete ihr sich zu setzten. „Ich hoffe nur Gutes.“, entgegnete Rani lächelnd. „Und du musst Clara sein.“, wandte sie sich an Clara, woraufhin diese nur nickte. „Ich freue mich dich kennenzulernen. Ich bin mir sicher wir werden uns gut verstehen.“, plapperte Rani drauf los.

 

Am heutigen Abend hatte Raj Ashley gebeten die Planung der Sitzordnung zu übernehmen, was diese auch mit Freuden tat. Der Maharadscha saß also am Tischende, links neben ihm der Reihe nach Abby, Glenn, Rani, Ashley, Eileen, Clara und Jayson. Das Essen verlief ohne große Unterhaltung, doch irgendwie waren alle Augen auf Raj und Abby gerichtet. Raj kümmerte sich liebevoll um Abby und reichte ihr das ganze Essen. Auch tauschten sie immer wieder vielsagende Blicke aus. Jayson der beiden gegenüber saß, musste sich das alles wehleidig mit ansehen. Nach dem Essen brachten Abby und Clara Rani in ihr Gästezimmer. „Könnt ihr mir noch ein wenig Gesellschaft leisten? Ich fühle mich so schnell einsam.“, bat Rani als sie in ihrem Zimmer angekommen waren. „Klar doch.“, war Clara sofort einverstanden und Abby gab sich erst einmal geschlagen, da sie eigentlich nicht in Plauderstimmung war. „Ok. Dann macht es euch bequem, denn jetzt wird’s privat.“, grinste Rani. „Also Abby, wie und warum du zu dem Maharadscha gekommen bist, muss ich dich ja nicht fragen. Aber Clara wie steht es mit dir? Hast du deinen Prinzen schon gefunden?“, fragte Rani neugierig. „Nunja. Wie soll ich sagen. Ich kenne ihn schon länger, aber erst vor kurzem hat es sozusagen zwischen uns gefunkt. Glenn und ich kennen uns quasi seit ich Abby kenne. Wir sind also gemeinsam aufgewachsen. Aber erst vor ein paar Tagen haben wir beide erkannt das zwischen uns mehr als nur Freundschaft besteht.“, erzählte Clara. „Und ich hätte unbewusst fast eure Beziehung zerstört!“, rief Rani empört. „Aber nicht doch! Eigentlich haben wir es dir zu verdanken, denn erst als wir uns zu verlieren schienen wurde es uns beiden endgültig bewusst!“, entgegnete Clara und lächelte. „So jetzt aber zu dir! Hast du schon jemanden ins Herz geschlossen?“, wollte Clara wissen. Rani lachte. „Die meisten Typen, die sich in mich verlieben, haben gleichzeitig Angst vor mir, meinem hochnäsigen Verhalten und meiner Mutter.“ „Entschuldigt mich, ich bin doch schon recht müde. Ihr zwei könnt gerne noch weiter plaudern, ich werde mich jetzt zurückziehen.“, verabschiedete sich Abby, denn sie war jetzt wirklich nicht mehr in Stimmung sich mit anderen zu unterhalten. Sie wollte einfach nur allein sein.

 

Abby machte ihre Zimmertür auf, schaltete das Licht ein und erschrak. Jayson saß im Lesesessel und sah Abby grimmig an. „Guten Abend Jayson.“, grüßte sie ihn freundlich und schloss die Tür. „Was soll das?“, fragte Jayson grimmig. „Was soll was?“, entgegnete Abby unschuldig. „Wenn du wissen willst warum ich so spät zurück bin, ich war noch mir Clara bei Rani.“ „Das meine ich nicht!“ Jayson stöhnte auf. „Ich will wissen was das mit dem Maharadscha soll.“ „Was soll schon sein? Meine Mutter hat doch meine Verlobung beschlossen und statt mich dagegen zu wehren, habe ich beschlossen Raj einfach besser kennenzulernen.“, erwiderte Abby. Sie wusste was Jayson meinte, aber sie musste ihn einfach von ihr fern halten. „Also gibst du uns einfach so auf?“, fragte Jayson traurig. „Uns? Es gibt kein UNS. Seit du mich von 10 Jahren ohne ein Wort zu sagen verlassen hast, gibt es kein UNS mehr! Den Schmerz den ich durch dein Verhalten all die Jahre ertragen musste werde ich dir nie verzeihen!“ entgegnete Abby so verärgert wie möglich. „Und was ist mit deinem Versprechen unserer Freundschaft eine erneute Chance zu geben? Eines verspreche ich dir Abby O’Conner: Ich werde so schnell nicht aufgeben! Ich werde um dich kämpfen!“ erwiderte Jayson und stand auf um das Zimmer zu verlassen. Kurz blieb er Abby gegenüber stehen, hielt sie an den Oberarmen fest und sah ihr tief in die Augen. „Du bist für mich das Wichtigste auf dieser Welt. Du warst es schon immer und wirst es immer bleiben!“ Abbys Herz begann zu rasen und sie spürte wie sich Tränen in ihre Augen schlichen. „Jayson. Bitte.“, flüsterte sie bevor ihre Stimme brach. Sie versuchte sich von ihm abzuwenden, damit er nicht ihre Tränen sehen würde, doch er hielt sie fest in seinem Griff. „Es wird NIE ein UNS geben. Das ist mein letztes Wort!“, wehrte sie sich und stieß ihn von sich. „Meine Entscheidung steht fest.“, entgegnete sie und wandte sich ab. Ohne ein weiteres Wort verließ Jayson das Zimmer und ein paar Sekunden später konnte sie am anderen Ende des Ganges hören wie seine Zimmertür schwungvoll aufflog.

 

Jayson öffnete die Zimmertür so schwungvoll, das sie gegen die Wand prallte. Glenn der schon eingeschlafen war, wachte durch den Knall auf. „Sag mal weist du eigentlich wie spät es ist?“, fragte Glenn verschlafen. „Nein und es ist mir auch egal!“, entgegnete Jayson, der schon im Bad verschwunden war. „Aber mir nicht. Schon mal was vom leise sein, weil andere schon am Schlafen sind gehört?“ „Nein. Sonst noch was?“, ertönte es aus dem Bad. „Ja. Was zum Kuckuck ist los mit dir?“, wollte Glenn wissen. „Nichts.“, zischte Jayson und trat wieder aus dem Bad. Glenn stieg aus dem Bett aus und ging zu Jayson. “Hat es etwas mit mir zu tun?“ „Nein und jetzt lass mich!“ „Ist etwas zuhause passiert?“ „Nein!“ Glenn packte Jayson an den Armen. „Hat es mit meiner Schwester zu tun?“ „JA! Zufrieden? Erlaubt der Herr jetzt das ich mich Bettfertig mache?“ Jayson wurde ungeduldig. Glenn ließ Jayson wieder los, was dieser gleich nutze um den nahestehenden Tisch umzuwerfen. „Sag mal geht’s noch?“, rief Glenn kopfschüttelnd. Jayson schnaufte vor Wut. „Wärst du jetzt bitte so freundlich und würdest mich in Ruhe lassen, sonst…“ „Sonst was? Willst du auf deinen besten Freund einschlagen?“ Statt darauf zu antworten, verdrehte Jayson die Augen und widmete sich wieder seiner Zerstörung. Jetzt reichte es auch Glenn. Er konnte einfach nicht mit ansehen, wie sein bester Freund das Zimmer verwüstete und ein armer Diener das Ganze morgen wieder aufräumen müsste. Er ging auf Jayson zu und versuchte ihn zu beruhigen. Doch Jayson war so von seiner Wut geblendet, dass er Glenn mitten ins Gesicht schlug und dieser sofort zu Boden ging. Erst als Glenn am Boden lag, erkannte Jayson was er in seiner Wut angerichtet hatte. Ein umgeworfener Tisch, umgeworfene Stühle, kaputte Kerzen, zerbrochenes Geschirr und mittendrin ein vor Schmerzen stöhnender Glenn. „Oh nein, was hab ich nur getan?“, dachte sich Jayson und kniete sich runter zu seinem Freund. „Ist alles in Ordnung?“, fragte er schockiert und besorgt. „War das wirklich nötig?“, war alles was er zur Antwort bekam. Nachdem Jayson seine Verwüstung wieder aufgeräumt und Glen sein Auge gekühlt hatte, lagen beide nun im Bett. Doch Jayson konnte einfach nicht schlafen. Seine Gedanken kreisten sich um das was eben geschehen war. Er war sehr erstaunt über seinen Anfall. Er wusste das er Abby über alles liebte, aber das sie ihn zu so etwas bringen konnte war ihm neu. „Den Schmerz den ich dank dir all die Jahre erleben durfte, werde ich dir nie vergessen. Es wird nie ein uns geben!“, hallten Abbys Worte in seinen Ohren und er bemerkte wie er wieder wütend wurde. Er krallte seine Hände ins Bettlacken und ballte sie zu Fäusten. Jayson ärgerte sich über seine eigene Dummheit und sein Ignorantes Verhalten. Es stimmte, all die Jahre hatte er Abby nie kontaktiert, doch, das alles nur weil er sie schützen wollte. Er musste sie vor seinem Vater schützen, denn dieser hatte ihm gedroht, dass er sie umbringen lassen würde wenn er sie auch nur zu kontaktieren versuchte. Doch jetzt war dieses Hindernis endlich beseitigt. Die einzige Frage war jetzt nur noch was er tun musste um das alles wieder hinzubiegen. War es ihm je Möglich Abby zu beweisen wie sehr er sie liebte?

Kapitel 6 - Erstes Treffen mit der Vergangenheit

Obwohl Abby kaum geschlafen hatte, wachte sie wieder als erste auf. So leise wie möglich stand sie auf und zog sich an, um ihren morgendlichen Spaziergang zu machen. Sie beschloss Clara einfach schlafen zu lassen und eilte zu den Ställen. Da der Weg sie an der Küche vorbei führte, schnappte sie sich dort einen Apfel, den sie später ihrem geliebten Wallach zustecken würde. An den Ställen angekommen wartete Wanja schon sehnsüchtig auf sie und begrüßte sie mit einem Wiehern. „Ich habe dich auch vermisst mein Schatz.“, erwiderte sie und gab ihm den Apfel, den Wanja genüsslich mampfte. Schnell putze und sattelte sie ihn und machte sich auf dem Weg. Sie musste einfach einen klaren Kopf bekommen. Während sie den Feldweg der in einen Wald führte entlang ritt, lies sie ihren Gedanken wieder freien Lauf. Sie wusste, dass sie Jayson mit dem was sie gestern gesagt hatte sehr verletzt hatte, aber sie wusste auch warum sie das Ganze tat. „Du bist für mich das Wichtigste auf dieser Welt. Du warst es schon immer und wirst es auch immer bleiben!“, hallten Jaysons Worte in ihren Ohren und Tränen der Verzweiflung stiegen in ihr auf. Da sie gerade auf einen See zuritt, lies sie ihr Pferd dort anhalten, band es an einem Baum fest und beschloss eine Runde zu schwimmen. Kurzerhand verschwand sie hinter den Büschen, zog ihr Kleid aus, sodass sie nur noch ihr Unterkleid trug und sprang ins kühle Nass. Da der See fast rundum von Büschen umzingelt war, fühlte sie sich sicher und unbeobachtet. Selbst wenn jemand anderes am See vorbei kommen sollte, würde man sie nicht sehen können. Nach dem sie ein paar Runden geschwommen und sich und ihre Gendanken abgekühlt hatte stieg sie wieder aus dem Wasser und zog sich an. Doch kurz bevor sie hinter dem Busch hervortreten konnte, vernahm sie plötzlich aneinander schlagenden Klingen. „Da müssen sich wohl ausgerechnet hier zwei Männer duellieren.“, dachte sie sich und lugte hinter dem Busch vor. Doch als sie sah um wen es sich handelte, war ihr als bliebe ihr plötzlich das Herz stehen.

 

Auch Jayson hatte nicht viel geschlafen. Er stand auf und ging ins Bad um sich fertig zu machen. Da er dringend Ablenkung brauchte, wollte er heute mit seinem treuen Gefährten ˋBlack Star‘ einen Ausritt zu einem seiner Lieblingsplätze machen. Dort angekommen band er sein Pferd an einem Baum fest und lies sich an einem anderem Baum gelehnt im Graß nieder. Black Star wurde ein wenig unruhig und begann zu wiehern. „Ganz ruhig Kumpel, es ist keiner hier der dir schaden kann. Entspann dich also.“ Doch Black Star wieherte erneut und bekam auch prompt eine Antwort vom anderen Ufer. „Ok. Scheint also jemand anderes ist dort auf der anderen Seite. Aber die tun dir nichts.“, versuchte er sein Pferd zu beruhigen. Zufrieden schnaubte Black Star und widmete sich wieder dem grünen Graß. Auch Jayson atmete tief durch, lehnte sich gegen den Baumstamm und schloss die Augen. Erst jetzt bemerkte er wie müde doch noch war. Es dauerte nicht lange bis Jayson eingedöst war und von Abby träumte. In seinem Traum trug Abby den türkiesen Sari vom letzten Ballabend. Sie waren gerade dabei die Freundschaft neu zu besiedeln, als Abby plötzlich von hinten von ihm weg gezerrt wurde. „Habe ich dir nicht gesagt, dass du dich von ihr fern halten sollst?“, schrie sein Vater und hielt Abby am Oberarm fest. Vor Angst zitternd war sie in Tränen ausgebrochen und wimmerte nun vor sich hin. „Vater bitte! Es ist doch jetzt anders. Ich will sie heiraten!“ Sein Vater spuckte verächtlich auf den Boden. „Das werde ich nie zulassen!“, rief er und zückte seinen Revolver. „Letzte Chance!“, lachte er verächtlich und hielt ihn Abby an die Stirn. „Jayson, bitte.“, schniefte diese und versuchte sich loszureißen. Wie erstarrt blieb Jayson stehen und überlegte fieberhaft was er tun könnte. Doch kaum das er sich in Bewegung gesetzt hatte, hatte sein Vater „Sag Lebewohl!“ geschrien und abgedrückt. „Neeeiiinn!“, schrie Jayson und schrak in Schweiß gebadet hoch. Er war von einem Geräusch aufgewacht und schaute sich vorsichtig um. Während er sich den Schweiß von der Stirn wischte entdeckte er wie Don sich anschlich. Schnell sprang er auf und zog seinen Degen. „Na wenn das nicht mal mein alter Freund Jayson ist. Da kommst du nach all den Jahren wieder und besuchst mich nicht mal!“, begrüßte ihn Don grinsend. „Was willst du?“, fragte Jayson Abwehr bereit. „Genau dasselbe hatte mich Abby bei unserem letzten Treffen auch gefragt. Weißt du ich habe sie vor dir gewarnt.“, spottete Don. „Nunja, jetzt da wir uns endlich mal alleine treffen, kann ich endlich meine eigentliche Rache ausführen. Aber ich will auch fair sein. Wenn ich mich richtig erinnere warst du nie gut im Fechten gewesen, also werde ich dir einen Vorsprung lassen und dich erst einmal ein wenig Spaß haben lassen. Na ist das ein faires Angebot?“, lachte er hämisch. „Dir ist schon klar, dass sich in 10 Jahren einiges verändern kann?“, warnte Jayson sein Gegenüber. „ Schon. Aber bei dir ist das schier unmöglich.“, stichelte Don weiter. Das hatte gesessen. Jayson griff sofort an, was Don geschickt abwehrte. „Nicht schlecht.“, kommentierte Don und schlug zurück. So ging das eine ganze Weile hin und her. Ein Hieb hier, ein Schlag da, und das Ganze quer über die Wiese. Als Jayson Don langsam Richtung Wasser getrieben hatte, erkannte Jayson das sie nicht alleine waren, es war jemand im Wasser. Um denjenigen nicht in Gefahr zu bringen, lockte er Don wieder zurück Richtung Baum indem er sich zurückfallen lies. „Schwächelst du schon?“, fragte Don siegessicher. „Da du jetzt deinen Spaß gehabt hast, zeige ich dir mal wie ein richtiger Profi fechtet.“, stichelte er und zog das Tempo an. Es dauerte nicht lange bis er Jayson gegen einen Baum gedrängt hatte. Jetzt hatte Jayson keine Ausweichmöglichkeit mehr, da hinter ihm der Baum und vor ihm Don war. „Niemand legt sich ungestraft mit mir an!“, sagte Don mit einem siegessicheren Grinsen im Gesicht und stach zu. Zwar konnte sich Jayson in letzter Sekunde noch nach rechts rollen, war aber noch lange nicht in Sicherheit. Nachdem Don seinen Degen aus dem Baum gezogen hatte ging das Fechtduell weiter. Es dauerte jedoch nicht lange bis Don Jayson wieder gegen einen Baum gedrängt hatte. Don holte gerade aus um Jayson erneut niederzustechen, als er sich plötzlich mit schmerzverzerrtem Gesicht umdrehte. „Du Biest! Was hast du hier verloren?“, war alles was er sagen konnte, bevor er Abbys Faust im Gesicht spürte. Vor Wut kochend, spuckte er Blut aus und starrte Abby an. „Das wird noch ein Nachspiel haben!“, drohte er und humpelte davon. Jayson der immer noch schwer atmend mit dem Rücken zum Baum stand, hielt sich nun die linke Hüfte und glitt langsam zu Boden. „Danke.“, keuchte er. „Gern geschehen.“, erwiderte Abby und setzte sich zu ihm. Da sie einen Teil des Kampfes beobachten konnte, hatte sie gesehen wie Don Jayson an seiner linken Hüfte erwischt hatte, als dieser sich weggedreht hatte. Also öffnete sie sein Hemd, doch Jayson hielt sie davon ab. „Jetzt stell dich nicht so an! Du bist verletzt, ich kann dich doch so nicht einfach zurück lassen.“, versuchte Abby ihn zu überzeugen. „Was machst du eigentlich hier?“, fragte Jayson und hielt sich weiter die Wunde. „Das erkläre ich dir wenn ich wieder da bin.“, erwiderte Abby und stand auf. Sie eilte zum See, schnitt mit einem kleinen Dolch ein paar Streifen Stoff von ihrem Unterkleid ab und tauchte sie ins Wasser. Dann eilte sie zu ihrem Pferd, griff in die Reitertasche und holte einen Verband raus. Nachdem sie wieder bei Jayson angelangt war, versuchte sie erneut sein Hemd zu öffnen, was er diesmal wiederwillig zuließ. „Ich war eine Runde mit Wanja unterwegs und als ich diesen See fand, dachte ich mir, ich geh einfach eine Runde schwimmen. Nachdem ich mich hinter den Büschen wieder angezogen hatte bemerkte ich erst dass ich nicht alleine war. Ich sah dich und Don fechten, also schlich ich mich von hinten an, und als er unaufmerksam war, weil er dich in der Zange hatte, zog ich         meinen Dolch und stach Don ins Bein. Danach ließ ich ihn dann noch als Rache für letztes Mal meine Faust küssen.“, berichtete Abby stolz, während sie Jayson verarztete. „Und warum in aller Welt hast du einen Dolch bei dir?“, wollte Jayson wissen. „Vater hatte mich gelehrt, immer ein wenig Proviant, einen Dolch und einen Verband in meiner Reittasche zu haben, denn man kann nie wissen ob man sich oder das Pferd verletzt oder ob man einen Verletzten auf seinem Weg trifft.“, erklärte sie während Jayson sein Hemd wieder zuknöpfte. Er lachte auf. „Dein Vater war sehr Weise. Dadurch konntest du mir heute das Leben retten. Wie kann ich dir nur je dafür danken?“ „Gar nicht. Es war mir eine Freude Don beweisen zu können, dass ich nicht eine schwache und hilflose Frau bin, die man einfach so unterkriegt. Sondern ich konnte ihm dadurch heute beweisen, dass ich durchaus in der Lage bin mich selbst zu verteidigen!“, erwiderte Abby stolz. „Ich habe schon immer gewusst, dass du was ganz besonderes bist.“, entgegnete Jayson und sah Abby liebevoll an. „Abby ich muss dir dringend etwas sagen!“, begann Jayson, doch viel weiter kam er nicht da sie ihm sofort den Mund zuhielt. „Es gibt zwischen uns nichts mehr zu sagen. Es ist alles gesagt.“, entgegnete Abby und stand auf. „Ich muss jetzt los. Lass die Wunde bitte noch einmal von einem Doktor behandeln und pass auf dich auf.“ Mit diesen Worten ließ sie ihn zurück.

 

Rani hatte es sich auf einer kleinen Wiese mit einem Picknickkorb, gefüllt mit Proviant, gemütlich gemacht und hatte sich gerade ihrer spannenden Lektüre gewidmet als sie durch ein Rascheln im Busch aufschrak. „Man haben Sie mich erschreckt! Das ist sehr unhöflich. Man schleicht sich nicht einfach so an andere heran und erschreckt diese. Wussten sie das denn etwa nicht?“, begann Rani ihre Schimpftriade nachdem sie Don erblickt hatte. „Halt doch endlich deine Klappe!“, rief dieser wütend, worauf hin Rani verstummte. „Siehst du nicht, dass ich dir nichts antun kann?“, fragte er und zeigte auf sein verletztes Bein. „Ach du meine Güte!“, rief Rani entsetzt und zog die Luft scharf ein. „Was ist denn mit Ihnen passiert?“, wollte sie wissen und half Don sich gegen einen Baum zu setzten. „Ich war gerade spazieren, als mich ein paar Räuber von hinten angriffen. Können Sie mir helfen?“ „Aber klar doch, ich habe zufällig ein wenig Wein in meinem Korb.“, entgegnete Rani und riss ein Stück Stoff von ihrem Unterkleid und tränkte es mit Wein (Damals nutzte man Wein auch zum Desinfizieren der Wunden) Als sie sich der Wunde widmete, entdeckte sie dass er einen Degen dabei hatte. „Sagen sie bitte, warum haben Sie sich eigentlich nicht gewehrt?“, wollte sie wissen, da ihr das schon ein wenig komisch vorkam. „Ach wegen meinem Degen? Es ging alles so schnell. Wie ich ja bereits sagte, die Räuber haben mich von hinten angegriffen und als ich bewusstlos war, ausgeraubt. Als ich wieder zu mir kam, hatte ich nur noch meine Kleider die ich am Leib trug und meinen Degen bei mir.“, erklärte er und hoffte, dass sie ihm das abkaufen würde. Nachdem die Blutung gestoppt und die Wunde versorgt war, verabschiedete er sich schnell. Er nahm ihre Hand in seine und hauchte gentlemanlike einen Kuss darauf. „Man sieht sich Miss.“, grüßte er und verschwand. Da es doch langsam dunkel wurde, packte Rani ihre Sachen zurück in den Korb und machte sich auf den Weg zurück zum Haus des Maharadschas. Dort angekommen traf sie auf Clara die sie sogleich ins Ihr Zimmer bat um mit ihr und Glenn eine Tasse Tee zu trinken. Auf Claras Frage wie denn ihr Tag so verlaufen war, begann Rani zu berichten. „Ich war gerade so in meine Lektüre vertieft, dass ich von einem Rascheln aus den Büschen hochschrak. Es dauerte nicht lange bis ich einen verletzten Mann aus den Büschen treten sah. Ich habe ihn sofort angeschnauzt, was das soll, mich einfach zu erschrecken. Doch dann hat er mir leidgetan. Als ich erkannte, dass er am Bein verletzt war, half ich ihm natürlich sofort die Wunde zu reinigen und zu verbinden.“ Während Clara gespannt zuhörte, war Glenn gelangweilt mit seinen Gedanken woanders. Clara war so fasziniert, dass sie erschrak als es an der Tür klopfte. „Miss Bennet ein Brief für sie.“, meldete sich Sanjana und überreichte diesen. Entzückt öffnete Rani den Brief und las ihn. Mit jeder Zeile wurde sie verlegener. Glenn nutzte diese Gelegenheit um sich aus dem Zimmer zu schleichen. Kaum war er aus dem Zimmer, ertönte ein Freudenschrei. „Hör mal was hier steht!“, reif Rani freudig. „Geliebte Lebensretterin. Ich bin Ihnen für Ihre Tat sehr dankbar und würde Sie gerne einmal als Wiedergutmachung treffen. Sollten Sie sich einmal im Wald verlaufen, brauchen Sie nur an mich zu denken und ich bin sofort zur Stelle. Wenn Sie sich nach mir sehnen, so wie ich das tue, so brauchen Sie Augen offen halten und ich werde mich zeigen. In Liebe. D.O.B“ „Wer ist D.O.B?“, fragte Clara und entriss Rani den Brief um ihn selbst noch einmal zu lesen. Rani trat ans Fenster und sah verträumt hinaus. „Das weiß ich nicht, aber es stimmt was er geschrieben hat.“ Sie zeigte auf einen nahestehenden Baum. „Hier war er eben noch gesessen.“, schwärmte Rani. „Du träumst!“, entgegnete Clara und widmete sich weiter dem Brief.

Kapitel 7 - Schluss mit dem Spielchen

Die nächsten Tage verliefen ohne große Ereignisse. Während Abby und Raj weiterhin allen das verliebte Pärchen vorspielten, verbrachten auch Clara und Glenn mehr Zeit miteinander. Jayson hingegen zog sich von Tag zu Tag mehr zurück. Rani hatte es sich zur Gewohnheit gemacht jeden Tag durch den Teil des Waldes zu spazieren, wo sie auf D.O.B getroffen war. Jedes Mal tauchte er kurz auf um sich zu zeigen, verschwand aber auch wieder so schnell wie er gekommen war. So auch heute. Rani war gerade an der Stelle angekommen, an der sie sich das erste Mal trafen und war tief in Gedanken versunken. Don, der auf einem Baum nach ihr Ausschau gehalten hatte, sah dies. Leise kletterte er hinunter und pirschte sich von hinten an Rani heran. Damit Rani nicht schreien konnte, hielt er ihr den Mund zu, wirbelte sie herum und küsste sie innig. „Hast du mich vermisst?“, fragte Don und strich ihr zärtlich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Ja. Ich habe dich sehr vermisst. Ich wäre vor Sehnsucht fast gestorben.“, seufzte Rani und sah ihm tief in die Augen. „Endlich sehe ich dich länger und nicht nur einen kurzen Augenblick, sodass ich glaube das alles nur geträumt zu haben.“ „Ich habe mein Versprechen an meine Lebensretterin gehalten.“, entgegnete Don. „Wie geht es denn deinem Bein?“, fragte Rani besorgt. „Dank dir gut. Es sah schlimmer aus als es tatsächlich war.“ „Weist du was? Eine kurze Zeit lang habe ich mir mächtig Sorgen gemacht.“, entgegnete Rani und setzte sich mit ihm ins Gras. „Warum das denn?“ „Weist du. An dem Tag als wir uns trafen, kam Jayson, ein Freund von mir, auch verletzt nach Hause. Ich dachte mir, was wenn die Räuber mich an diesem Tag auch erwischt hätten? Ich will mir gar nicht ausdenken was alles hätte geschehen können!“, teilte Rani ihre Sorgen. „Denk nicht über so etwas nach. Dir ist ja nichts passiert und solange ich da bin, wird dir auch nichts geschehen! Solltest du hier jemals in Not sein, werde ich sofort zur Stelle sein!“, versuchte Don sie zu trösten. „Aber wie soll das gehen? Du kannst mich doch nicht auf Schritt und Tritt verfolgen. Wie willst du das anstellen?“ „Sowas nennt sich Liebe. Immer wenn du in Not bist, werde ich das merken und dir zur Hilfe eilen. Vertraust du mir?“ „Natürlich vertraue ich dir. Aber wie soll ich dich rufen, wenn ich in Not bin?“ „Wo sind denn nur meine Manieren? Daniel O’Brian zu euren Diensten.“, entgegnete Don und verbeugte sich leicht, woraufhin Rani kicherte. „Rani Bennet, zur Rettung bereit.“ Eine Weile lagen sie gemeinsam im Graß und lauschten der Natur, bis Don einen seiner Räuber im Baum erblickte. Unauffällig gab er den Befehl sich zurückzuziehen und setzte sich wieder auf. „Es tut mir leid liebste Rani, aber ich muss jetzt leider wieder gehen.“, verabschiedete er sich, küsste sie und verschwand. „Liebste Rani.“, schwärmte sie und stand auf. „Ich bin wohl verliebt! Danke liebster Daniel.“ Mit verliebter Miene machte sie sich auf und ging zurück zum Haus des Maharadschas.

 

Kurz vor dem Abendessen, startete Jayson einen letzten Versuch Abby für sich zu gewinnen. Er konnte und wollte nicht weiter mit zusehen wie der Maharadscha sich um Abby kümmerte und diese es anscheinend genoss. Sollte sie ihm heute sagen, dass sie ihn nicht liebte, so würde er sofort abreisen. Das war sein Plan. Abby war gerade dabei sich für das Abendessen fertig zu machen, als Jayson an der Tür klopfte. „Clara du brauchst nicht klopfen, das weißt du, komm rein.“, rief Abby leicht genervt und sah in den Spiegel. „Ach du bist es Jayson.“, entgegnete sie als sie erkannte wer im Türrahmen stand. „Stör ich?“, fragte Jayson. „Nein, ich war eh fast fertig, also was willst du?“ „Ich will nur kurz mit dir reden.“ „Dann rede.“ „Nicht hier.“, bat Jayson und streckte seine Hand aus. Abby nahm sie entgegen und wurde sogleich aus dem Zimmer gezogen. Jayson führte sie aus dem Haus raus durch den Garten. Kurz vor einem Abhang blieb er stehen. „Ist das nicht ein schöner Sonnenuntergang?“, begann er und versuchte seinen Herzschlag wieder unter Kontrolle zu bringen. „Ja er ist wunderschön. Aber den hätte ich mir vom Zimmer aus auch ansehen können.“, entgegnete Abby. „Ich wollte aber gern, dass wir ungestört reden können, denn es gibt da etwas das ich dir dringend sagen muss.“ „Na gut. Ich höre.“, erwiderte Abby und setzte sich ins Gras. Jayson tat es ihr gleich. „Abby ich möchte deinem Glück nie im Weg stehen, im Gegenteil ich will nur das Beste für dich, das musst du mir glauben! Ich liebe dich über alles und das habe ich auch schon immer!“ „Jayson, nicht.“, unterbrach sie ihn und hielt ihm den Mund zu. „Mach es mir bitte nicht noch schwerer als es eh schon für mich ist.“, flehte sie und konnte nicht verhindern in Tränen auszubrechen. Jayson sah sie verwirrt an. „Wie kann es schwer für dich sein, wenn du nichts für mich empfindest?“, wollte er wissen. Mit tränenüberströmten Gesicht sah sie ihn an. „Wer sagt, dass ich nichts für dich empfinde? Du ahnst ja nicht was in mir vorgeht. Du bedeutest mir alles auf dieser Welt! Und genau das ist das Problem! Es darf einfach nicht sein!“, schluchzte Abby. Jayson wischte ihre Tränen weg. „Willst du mir nicht verraten warum?“, fragte Jayson. Abby schüttelte mit dem Kopf. „Ich will dich doch nur beschützen!“, rief sie verzweifelt. „Vor wem? Etwa vor meinem Vater?“, hakte Jayson nach, dem es so langsam dämmerte warum sie so abweisend war. Erschrocken und mit weit aufgerissenen Augen sah sie ihn an. „Das darf er nie erfahren! Ich habe nichts verraten! Du darfst es ihm nicht sagen!“, verfiel Abby regelrecht in Panik. „Keine Sorge. Er wird es nicht erfahren. Und er wird auch nichts dagegen tun können.“, versuchte Jayson sie zu beruhigen. „Hat er dir etwa gedroht er würde mir was antun wenn du mich weiter siehst?“ Verwirrt nickte Abby. Jayson lachte auf. „Ich kann es nicht fassen! Hat er dasselbe doch auch zu mir gesagt! Darum habe ich mich all die Jahre nicht bei dir gemeldet!“, erklärte Jayson aufgeregt, wurde aber im nächsten Moment traurig. „Aber welchen Unterschied macht sein Tod noch, wenn du eh schon vergeben bist?“, seufzte er traurig. Abby wurde hellhörig. „Er ist tot?“, fragte sie vorsichtig. Jayson nickte. „Deshalb bin ich hier. Ich habe es einfach nicht mehr ohne euch ausgehalten!“ Überglücklich fiel ihm Abby um den Hals. „Oh Jayson. Du ahnst ja nicht wie erleichtert ich bin!“, seufzte Abby erleichtert. „Nicht über den Tod deines Vaters, aber darüber dich endlich wieder zu haben!“, fügte sie hastig hinzu. „Und der Maharadscha?“, wollte Jayson wissen. „Er ist nicht wirklich mein Verlobter! Ich habe ihn gebeten euch allen das Ganze vorzuspielen, besonders um dich von mir fern zu halten.“, klärte sie ihn auf. Nun war Jayson erleichtert. „Das heißt ich habe doch noch eine Chance?“, fragte er vorsichtig. „Aber nur wenn du dich anstrengst!“, lachte Abby und drückte Jayson fester. „Ich liebe dich, du Verrückter.“, flüsterte sie in sein Ohr.

 

In der Zwischenzeit waren Glenn und Clara mit einer großen und einer kleinen Kiste ins Zimmer geschlichen. Glenn stellte die große Kiste ins Bad, holte eine Box heraus und füllte diese mit Sand, danach holte er zwei Schüsseln aus der Kiste, füllte eine mit Wasser und eine mit Trockenfutter. Clara öffnete derweile die kleinere Kiste, holte ein schlafendes Bündel heraus und legte es aufs Bett. Danach gab sie Jayson aus dem Fester ein Zeichen. Es dauerte nicht lange bis sie Abby die Treppen herauf kommen hörte, also versteckte sie sich mit Glenn im Bad. „Ich möchte mich nur schnell frisch machen, bevor wir zum Abendessen gehen.“, rief sie Jayson zu, der im Türrahmen stehen blieb. Plötzlich hörte sie ein leises „Miau“. „Sehr witzig Jayson.“, entgegnete sie und drehte sich wieder zu ihm um. Jayson sah sie mit unschuldiger Miene an. Wieder ertönte ein „Miau“. „Jayson hör…“, sie sah ihn verdutzt an. „Wie machst du das ohne deinen Mund zu öffnen?“ Jayson grinste nur und zeigte mit dem Kopf Richtung Bett. Wieder ertönte ein „Miau“. „Oh wie niedlich!“, rief Abby als sie das Kätzchen auf dem Bett entdeckt hatte. Leise kamen Glenn und Clara aus dem Bad und stellten sich zu Jayson. Abby nahm das kleine flauschige Bündel in ihre Arme und drehte sich zu ihren Freunden. „Ok. Wer ist dafür verantwortlich?“, wollte sie wissen. „Nunja. Jayson hatte die Idee dazu und wir haben einfach alles gemeinsam organisiert, mit Genehmigung von Raj natürlich.“, erklärte Clara „Sie ist so süß!“, schwärmte Abby. „Sicher dass es eine ˋSie‘ ist?“, fragte Jayson. „Klar. Du stehst doch auf weibliche Wesen.“, stichelte Abby. „Da muss ich dich leider enttäuschen meine Liebe. Ich stehe nur auf dich! Außerdem habe ich gehört, dass Kater verschmuster sind. Und da ich ja nicht immer da bin, dachte ich mir ist das ein guter Ersatz auf den ich nicht eifersüchtig sein muss.“, konterte Jayson woraufhin Abby rot anlief. „Jetzt müssen wir aber langsam runter.“, drängte Clara.

 

„Tum kaise ho Piya?“ (wie geht es dir meine Liebe?), grüßte Raj sie. „Mai thiik huu. Shukriya Sanam.“ (Mir geht’s gut, danke Liebling), erwiderte sie. Je länger Abby mit Raj das glückliche Pärchen spielte, desto mehr Hindi lernte sie. „Guten Abend Mamaji.“, begrüßte sie ihre Mutter glücklich und drückte ihr einen Kuss auf die Wange. „Guten Abend mein Goldkind.“, erwiderte Ashley glücklich. Seit Abby angeblich mit Raj zusammen war, verbesserte sich Ashleys Laune von Tag zu Tag. „Also Mr. Chadwieck.“, begann Ashley ihre Attacke, nachdem das Essen serviert wurde. „Bitte, nennen Sie mich Raj, wie alle anderen auch.“, unterbrach sie Raj. „Nun gut. Raj. Da Sie ja mit Abby sichtlich glücklich sind und jetzt doch einige Zeit vergangen ist damit Sie sich besser kennenlernen konnten, wollte ich gerne nachfragen wann die Hochzeit geplant ist, damit ich mit den Vorbereitungen beginnen kann.“ „Maa!“, rief Abby und ließ empört den Löffel fallen. Raj legte beruhigend seine Hand auf Abbys Hand und widmete sich Ashley. „Nun, Sie müssen keine Vorbereitungen treffen!“, begann er seine Erklärung. „Hat Abby Sie etwa verletzt?“, unterbrach Ashley ihn und warf gleichzeitig ihrer Tochter einen bösen Blick zu. „Aber nicht doch! Es ist nur so. Wenn es soweit ist, werden meine Angestellten damit beschäftig sein alles vorzubereiten.“, erklärte Raj. „Achso.“, entgegnete Ashley und aß zufrieden weiter. Nachdem alle mit dem Essen fertig waren und bereits am Gehen waren, hielt Abby Raj zurück. „Kya hai?“ (Was ist los?), fragte Raj. „Wir müssen meiner Mutter und den anderen die Wahrheit sagen!“, entfuhr es Abby. „Warum dieser Sinneswandel? Was ist mit Jayson?“, wollte Raj wissen. „Nun, wir haben heute gesprochen und er hat mir erzählt, dass sein Vater verstorben ist. Somit ist die Gefahr also vorüber.“, erklärte Abby kurz. „Hm, dann ist es also mit unserem kleinen Spielchen vorbei?“, seufzte Raj leicht enttäuscht. „Nun gut, da du endlich vergeben bist und ich…“ Kurz hielt Raj inne. „Und du was?“, hackte Abby nach, woraufhin Raj sich Räusperte. „Ach nichts. Ich freue mich, dass Ihr beiden endlich zueinander gefunden habt. Schon als ich euch das erste Mal zusammen sah, wusste ich das du und Jayson füreinander bestimmt seid! Außerdem sieht man es euch an der Nasenspitze an, dass ihr ineinander verliebt seid!“ „Danke, aber lenk nicht vom dir ab. Da ist doch noch was. Los raus damit, ich bin deine Freundin. Schon vergessen?“, bohrte Abby weiter. Raj schluckte. „Ich bin….Ich bin verliebt.“, gab er sich geschlagen. Freudig klatschte Abby in die Hände. „Aber das sind doch wunderbare Neuigkeiten! Wer ist denn die Glückliche?“ „Deine Mutter.“, beichtete Raj. „Das ist doch wundervoll. Ich freue mich so für dich!“ Verwirrt starrte Raj Abby an. „Was? Hast du etwa gedacht ich hätte was dagegen? Im Gegenteil, ich freue mich umso mehr wenn sie deine Gefühle erwidert. Ihr habt das beide verdient!“, erwiderte Abby und drückte Raj. „Dann ist wohl unser Spielchen jetzt vorbei und wir werden allen erzählen dass es keine Hochzeit geben wird.“, schlussfolgerte Raj. Plötzlich ertönte im Flur ein lauter Knall. Abby und Raj rannten hinaus. „Maa, ist alles in Ordnung?“, rief Abby als sie ihre Mutter bewusstlos am Boden liegen sah. „Komm hilf mir sie in ihr Zimmer zu bringen, bevor uns hier jemand sieht.“, bat Abby Raj, woraufhin dieser Ashley in seine Arme nahm und sie in ihr Zimmer trug. Kaum hatte er sie auf Bett gelegt, kam Ashley auch schon wieder zu sich. „Was ist passiert?“, wollte Abby wissen. „Was passiert ist? Das fragst du noch?“, erwiderte Ashley wütend. Abby hatte plötzlich ein ungutes Gefühl. „Du hast doch nicht etwa…“ „Gelauscht? Doch. Abby wie konntest du nur?“, schimpfte Ashley. „Jetzt aber mal halb lang.“, mischte sich nun Raj in die Unterhaltung ein. „Abby hat das nur für Sie getan. Sie wollte nur Ihren Ruf schützen, da Sie befürchtet hatte, dass Sie es schon vielen von der Verbindung erzählt haben. Daher hat sie mich gebeten, die Beziehung vorzutäuschen damit Sie nicht in aller Öffentlichkeit blamiert werden. Sie wollte es nur solange aufrechterhalten, bis sich alles wieder beruhigt hat oder eine andere Lösung gefunden wurde. Ist das etwa falsch?“ „Und was haben Sie nun vor um diese kleine Lüge auffliegen zu lassen?“, wollte Ashley wissen. „Meine Entscheidung wird Ihre Familie in keinster Weise belasten. Mein Ehrenwort. Mein Ansehen ist fast unantastbar, deshalb wird man mir schnell verzeihen.“, erklärte Raj und nahm Abbys Hand in seine. „Mere chinta mat karo.“ (Mach dir um mich keine Sorgen), widmete er sich an Abby und hauchte einen Kuss auf Ihre Hand. „Jetzt wo alles geklärt ist, wünsche ich dir und Jayson alles Glück der Welt.“, entgegnete Raj und verließ das Zimmer. „Das werde ich dir so schnell nicht verzeihen! Mach doch was du willst! Heirate wen du willst und lass mich einfach in Frieden.“, zischte Ashley wütend und stieg aus dem Bett. „Aber Maa! Das kannst du doch nicht ernst meinen! Willst du denn nicht das ich glücklich werde? Das werde ich nun mal nur mit Jayson! Ich liebe ihn und er liebt mich.“, flehte Abby. „Mach was du für Richtig hältst!“, erwiderte Ashley und schob Abby aus dem Zimmer. „Mach dir keine Sorgen. Sie wird sich schon bald wieder einkriegen und dir verzeihen.“, nahm Raj, der draußen gewartet hatte, Abby in seine Arme. „Vertrau auf deine Liebe und alles wird gut werden. Du wirst sehen, früher oder später wird sie ihren Segen geben. Und jetzt geh.“, tröstete sie und schob sie von sich. Abby raffte sogleich ihr Kleid und rannte zu Glenn und Jaysons Zimmer. Da die Tür auf war und sie Jayson am Fenster stehen sah, rannte sie auf ihn zu und umarmte ihn von hinten. „Was ist passiert?“, fragte Jayson verwundert, löste sich aus ihrer Umarmung und drehte sich zu ihr um. Doch statt zu antworten legte sie ihren Kopf auf seine Brust und hielt ihn fest in ihrer Umarmung. Eine Zeit lang standen sie so schweigend da und Jayson strich beruhigend ihren Rücken, bis er plötzlich bemerkte, wie sein Hemd langsam nass wurde. „Ich frage dich noch einmal, was ist passiert?“, drängte Jayson und hob ihr Kinn, damit sie ihn ansehen musste. „Ich habe mit Raj gesprochen. Er freut sich das wir uns endlich gefunden haben und wünscht uns alles Glück der Welt.“, begann Abby ihre Erklärung. „Dann ist doch alles gut.“, entgegnete er und wischte ihre Tränen mit seinen Daumen von ihrer Wange. „Nein.“, schniefte Abby. „Meine Mutter ist sauer. Nachdem ihr gegangen seid, habe ich mit Raj gesprochen und ihm alles erklärt. Meine Mutter hat uns belauscht und gehört, dass wir die Verbindung nur vorgetäuscht haben. Dann hörten wir einen lauten Knall im Flur und fanden meine Mutter Ohnmächtig am Boden vor. Sie ist sehr sauer und meinte nur ich solle machen was ich will und heiraten wen ich will. Sie weigert sich uns ihren Segen zu geben!“ „Mach dir keine Sorgen. Auch sie wird bald ihre Zustimmung geben, da bin ich mir sicher.

 

Auch Glenn und Clara machten sich Gedanken um Abby und ihre erzwungene Hochzeit mir Raj. „Ich frage mich was eine Mutter sich von dieser Verbindung erwartet? Zuerst dachte ich ja es sei Ihr egal ob Abby nun den Maharadscha heiratet oder nicht, aber jetzt? Ich verstehe einfach nicht warum sie so erpicht darauf ist!“, dachte Glenn laut und lief unruhig im Zimmer auf und ab. „Jetzt setz dich! Du machst mich noch ganz nervös!“ Clara, die auf dem Bett saß und Glenn nicht aus dem Auge lies machte sich große Sorgen. Sie befürchtete, dass er so wütend werden könnte, dass er unberechenbar werden würde. Doch Glenn ignorierte ihre Bitte sich zu setzen und sich zu beruhigen. „Warum kann sie den Dingen nicht einfach ihren Lauf lassen? Momentan habe ich das Gefühl als kenne ich sie gar nicht und das wir ihr nichts bedeuten! Es fühlt sich an als wäre sie nur auf eine gute Verbindung in Zusammengang mit Reichtum aus! Doch dann wiederum hoffe ich, dass ich mich täusche und sie letztendlich doch ihren Segen zu Abbys und Jaysons Liebe geben wird. Wir müssen sie irgendwie davon überzeugen!“ Bei dem Gendanken Hilflos zusehen zu müssen, überkam ihn kurzerhand so eine Wut, dass er einen Stuhl umwarf. „Glenn!“, rief Clara erschrocken. „Momentan können wir nichts tun, also…“ „Also was?“ Glenn baute sich wütend vor Clara auf. „Sollen wir einfach zusehen und glücklich dabei lächeln?“ „Ja. Ich denke wir sollten den Dingen ihren Lauf lassen. Denn…“ versuchte Clara die Situation zu erklären. „Sag mal, hast du sie noch alle?“, rief Glenn ungläubig. „Lass es mich doch erklären, die Dinge sind nicht wie sie scheinen. Ich habe schon mit Raj gesprochen und…“ „Du hast was?“, zischte Glenn wütend und holte aus um Clara eine Ohrfeige zu verpassen. Doch als er Claras Reaktion sah, hielt er im letzten Moment erschrocken inne. „Ich verstehe. Du willst mich schlagen? Nur zu.“, erwiderte Clara mit zittriger Stimme und hielt ihm die Wange hin. „Clara es tut mir furchtbar leid!“, rief Glenn und fiel vor ihr auf die Knie. „Ich wollte es dir erklären, aber du bist momentan einfach nicht in der Lage mir zuzuhören. Tob dich ruhig aus, wenn du dich dann beruhigt hast, können wir wieder reden!“, erwiderte Clara und stieß ihn von sich. Ohne auch nur ein weiteres Wort mit ihm zu wechseln, sprang sie auf und rannte aus dem Zimmer. Blind vor Tränen rannte sie den Flur hinunter um in ihr Zimmer zu gelangen und stieß kurzerhand mit Jayson zusammen. „Es tut mir leid“, murmelte sie und rannte weiter. In ihrem Zimmer angekommen ließ sie sich auf ihr Bett fallen und fing an bitterlich zu weinen. Abby die gerade aus dem Bad trat, sah dies und eilte zu ihr hin. „Clara, was ist passiert? Ist alles in Ordnung?“, fragte sie und setzte sich zu ihr. „Nichts ist in Ordnung!“, schluchzte Clara. „Willst du darüber reden?“, hakte Abby nach. „Du hast genug eigene Probleme, ich will dich da nicht noch weiter belasten.“ „Aber bei mir ist doch alles in Ordnung.“ „Achja?“, fragte Clara und sah auf. Abby nickte woraufhin Clara ihr um den Hals fiel. „Jetzt erzähl doch einfach was passiert ist.“, bat Abby erneut. „Nach dem Abendessen hat sich Glenn große Sorgen um dich gemacht und ist völlig ausgerastet. Als ich ihm versuchte die Situation zu erklären, um ihn zu beruhigen, war er schon so außer sich vor Wut, dass er mir eine Ohrfeige verpassen wollte. Im letzten Moment hielt er inne und entschuldigte sich. Oh Abby, ich hab ihn noch nie so wütend gesehen.“, berichtete Clara schniefend. „Ach das ist typisch für meinen Bruder, doch hat er es nie gezeigt. Er hat seine Wut immer in seinem Zimmer freien Lauf gelassen, wenn niemand dabei war. Ich weiß es auch nur weil ich eines Abends mal durchs Schlüsselloch geschaut habe, weil ich Lärm gehört hatte. Seit dem weis ich warum ab und an mal Kerzen fehlen.“ Abby musste bei dieser Erinnerung unweigerlich lächeln. „Natürlich haben wir nie darüber gesprochen. Er weiß bis heute nicht das ich dieses Geheimnis mit mir trage.“ „Abby, ich weiß nicht was ich machen soll. Ich habe mich so erschrocken! Jetzt habe ich Angst, dass er sich eines Tages nicht mehr zurückhalten wird!“, teilte Clara ihre Sorge. „Mach dir keine Sorgen. Ich werde ein ernstes Wörtchen mit meinem Bruderherz reden. Mach du dich erst mal frisch. Danach wird es dir besser gehen.“, beruhigte Abby ihre Freundin. „Was hast du vor? Abby du musst mir versprechen das du nur reden wirst!“, flehte Clara, denn in Abbys Gesicht konnte man das Wort ˋPrügel‘ nur all zugut lesen. „Keine Sorge, es wird niemand sterben.“, entgegnete Abby mit einem zuckersüßen Lächeln und verschwand aus dem Zimmer.

 

„Du hast was?“ Jayson traute seinen Ohren nicht. „Sag mir, dass das ein Scherz ist!“ „Ich wünschte es wäre einer!“, gab Glenn reumütig zur Antwort. „Deine Wutausbrüche kenne ich schon zu genüge, aber das du deine Wut jetzt an anderen Auslässt ist mir neu!“, wunderte sich Jayson. „Es war ein Versehen. Es kam einfach über mich!“, verteidigte sich Glenn. Jayson ließ sich rücklings aufs Bett fallen. „Da haben wir den Salat. Kaum sind wir fast ein Problem los, taucht schon das nächste auf.“, seufzte er. „Wie meinst du das?“, wollte Glenn wissen und sah ihn mit großen Augen an. „Abby hat mir gerade erzählt, dass ihre Verbindung mit Raj nur vorgespielt war. Sie wollte damit den Ruf der Familie schützen. Auch wollte sie mich damit von ihr fern halten, weil sie Angst vor meinem Vater gehabt hatte.“, klärte Jayson seinen Freund auf. Ungläubig sah Glenn Jayson an. „Das heißt eurer Liebe steht nun auch nichts mehr im Weg?“ „Fast. Deine Mutter ist noch dagegen, aber auch sie wird ihre Wut auf Abby sicher bald vergessen.“, entgegnete Jayson grinsend. Noch bevor Glenn zu seinem Freund eilen konnte um ihn zu umarmen, flog die Tür auf und Abby stürmte rein. „Soso. Neuerdings deine Wut an anderen auslassen?! Jetzt zeige ich dir was ich davon halte!“, schrie Abby und verpasste Glenn kurzerhand eine Ohrfeige. „Lass dir das eine Warnung sein! Wenn ich noch einmal sowas höre, kann ich für nichts garantieren. Schreib es dir hinter die Ohren! Clara war sehr verängstigt und hat immer noch Angst, dass du sie eines Tages doch noch schlägst. Bring gefälligst deine Wut unter Kontrolle, sonst lernst du mich kennen!“, zischte Abby. So schnell wie sie kam, war sie auch schon wieder verschwunden. „Du bist mir ja ein Frauenheld.“, kommentierte Jayson nachdem Abby verschwunden war und fing das Lachen an. Glenn der sich verdutzt die schmerzende Wange hielt, konnte nicht lange an sich halten und fiel in das Lachen mit ein. Kurzerhand schnappte sich Glenn ein Kissen und bewarf seinen Freund damit. „Und du bist mir auch keine große Hilfe.“, scherzte er. Kurz darauf klopfte es und Jamal trat ein. „Ein Telegramm für Sie Mr. Barkley.“, entgegnete Jamal, reichte Jayson den Zettel und verschwand aus dem Zimmer. Immer noch lachend begann Jayson das Telegramm zu lesen. Doch plötzlich verstummte sein Lachen. „Alles OK?“, fragte Glenn als er Jaysons besorgten Blick sah. „Meine Mutter scheint erkrankt zu sein. Außerdem stehen dringende Geschäfte an. Kurz gesagt ich muss sofort zurück nach Springhill.“, klärte er seinen Freund auf. „Musst du heute noch los? Ruh dich doch erst einmal aus und mach dich morgen früh auf den Weg. Somit bist du ausgeruht für die lange Reise.“, versuchte Glenn ihn zur Vernunft zu bringen. „Du hast Recht. Morgen bei Sonnenaufgang werde ich mich auf den Weg machen.“, erwiderte Jayson und begann zu packen. Nachdem er alles nötige zusammen hatte, setzte er sich an den Schreibtisch und verfasste eine kleine Nachricht an Abby. Zufrieden mit dem was er geschrieben hatte, machte er sich fertig fürs Bett und fiel sofort in einen tiefen, traumlosen Schlaf.

Kapitel 8 - Don der Held?

Es war 5 Uhr in der Früh als Jayson mitsamt seiner Reitertasche aus dem Zimmer trat. Mit dem Auftrag sein Pferd zu satteln, drückte er Jamal seine Reitertasche in die Hand. Mit dem Brief in der Hand machte er sich auf den Weg zu Abbys Zimmer. Leise schlich er hinein und ging zu Abbys Bett. Er hielt kurz inne und betrachtete wehmütig Abby, wie sie friedlich schlief. Danach legte den Brief auf Abbys Nachttisch und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. „Bis bald mein Liebling.“, flüsterte und schlich wieder aus dem Zimmer. Kaum hatte er die Tür geschlossen, eilte er hinunter zu den Ställen. Auf dem Weg dorthin traf er auf Raj. „Oh guten Morgen Jayson. Was machst du denn schon so früh am Morgen hier?“, grüßte ihn Raj. „Guten Morgen Raj. Dasselbe könnte ich auch fragen, aber ich habe es leider eilig. Ich habe ein wichtiges Telegramm gestern Abend erhalten und werde noch heute Zuhause in Springhill erwartet. Bitte entschuldige. Vielen Dank für deine Gastfreundschaft. Bis bald.“, verabschiedete sich Jayson und eilte weiter. In den Ställen angekommen wartete schon ˋBlack Star‘ und wieherte zur Begrüßung. „Dir auch einen guten Morgen.“, entgegnete Jayson und führte ihn hinaus. „Du und ich haben eine lange Reise vor uns. Also halte durch mein Freund.“, murmelte Jayson seinen Hals streichelnd, stieg auf und galoppierte los.

 

Abby wachte plötzlich von einem Geräusch auf. Ihr war, als hätte sich die Zimmertür geöffnet und wieder geschlossen. Vorsichtig sah sie sich um und entdeckte einen Brief mit ihrem Namen auf dem nebenstehenden Nachttisch. Leise öffnete sie ihn und überflog das Geschriebene. Plötzlich ließ sie den Brief fallen und eilte zum Fenster. „Bis bald Jayson.“, flüsterte sie und sah gerade noch wie Jayson durch das Tor galoppierte. Nachdem sie Jayson nicht mehr sehen konnte, schlich sie zurück zum Nachttisch, hob den Brief auf und las ihn nochmal gründlich. „Geliebte Abby, es tut mir unendlich leid, dass ich jetzt gehen muss. Ich wünschte unser Glück würde etwas länger andauern, aber ich muss zurück nach Springhill. Meine Mutter ist schwer erkrankt und außerdem habe ich die Geschäfte zu lange vernachlässigt. Ich hoffe, dass du deinem Bruder verzeihen kannst, denn es tut ihm wirklich leid. Pass gut auf Billy auf. Und solltest du dich mal einsam oder hilflos fühlen, schmuse mit Billy und öffne den kleinen Anhänger. Sollte auch das nicht helfen, dann schick einfach ein Telegramm und ich lasse alles stehen und liegen um bei dir zu sein. In liebe Jayson.“ Abby hatte nun Tränen in den Augen und sah zu Billy, der nichtsahnend in seinem Körbchen schlummerte. Sie ging zu ihm, hob ihn hoch und öffnete den Anhänger. Ein kleines Bild von Jayson, mit der Unterschrift ˋDamit du mich nicht so schnell vergisst‘, kam zum Vorschein. „Keine Sorge, das werde ich nicht.“, flüsterte Abby und fing das Schluchzen an. Clara die davon wach geworden war, stand auf und nahm Abby mitfühlend in den Arm. „Warum?“, war alles was Abby zwischen ihren Schluchzern hervorbrachte. „Warum muss er ausgerechnet jetzt zurück nach Springhill und mich hier alleine lassen?“, schluchzte Abby weiter. „Beruhig dich. Alles wird gut werden! Vielleicht ist es auch besser so, damit sich deine Mutter wieder beruhigen kann.“, versuchte Clara ihre beste Freundin zu beruhigen. „Das hoffe ich sehr.“, erwiderte Abby und löste sich aus der Umarmung. „Ich sollte mich jetzt fertig machen, Wanja wartet sicher schon darauf ausgeritten zu werden.“, beschloss sie und verschwand im Bad.

 

„Guten Morgen Miss Bennet. Wie geht es Ihnen heute?“ „Prächtig. Danke der Nachfrage.“ „Guten Morgen Glenn, Clara. Wo ist Abby?“ Raj war heute guter Laune und spielte das Empfangskomitee. „Ihr geht es nicht gut. Sie ist jetzt ausreiten gegangen.“, erwiderte Clara. „Ich verstehe.“, entgegnete Raj. „Und wo ist Mr. Barkley?“, fragte Ashley, die eben dazu kam. „Er musste heute Morgen abreisen. Er hatte gestern Abend ein Telegramm bekommen, mit der Info das seine Mutter krank geworden ist.“, klärte Glenn seine Mutter auf. Nachdem alle anwesenden am Tisch Platz genommen hatten, wurde das Essen aufgedeckt und die Anwesenden machten sich hungrig darüber her. Nach dem Frühstück gingen Clara und Glenn nach Abby sehen. Als sie das Zimmer betraten, fanden Sie Abby am Boden vor dem Fenster sitzend vor. „Abby ist alles ok?“, fragte Clara und eilte sofort zu ihr um sie zu trösten. Doch Abby antwortete nicht. Sie ließ es zu das Clara sie umarmte, doch reden wollte sie nicht. „Ich kann dich ja verstehen, aber du kannst dich nicht einfach zurückziehen!“, flehte Clara, denn sie hatte Abby noch nie so hilflos gesehen und das machte ihr Angst. Doch Abby zeigte keine Reaktion. Glenn entschloss sich dazu die beiden ein wenig abzulenken. „Lasst uns heute doch ein paar Spiele spielen. So vergeht die Zeit doch am schnellsten.“, schlug er vor und verschwand um eben Erwähntes zu holen. Kurz darauf kam er mit dem neu rausgebrachten Spiel „Mensch ärgere dich nicht.“ wieder.

 

Währenddessen war Rani nun am Wald angekommen und wartete auf Don. Es raschelte hinter ihr und sie drehte sich voller Freude um. Doch ihr Lächeln erstarb, als sie einen Räuber mit einem Messer auf sie gerichtet sah. „Was haben wir denn da? Und dann noch ohne Begleitung.“, begrüßte sie der erste Räuber grinsend und ging auf sie zu. Rani wich rückwärts nach hinten aus und stieß sogleich mit dem zweiten Räuber zusammen, der sie am Handgelenk packte. „Na Fred? Was hältst du von unserem Fang?“, fragte der erste Räuber. „Ist eine echte Schönheit! Nicht war Rick?“, antwortete der zweite Räuber. „Lass mich los!“, schrie Rani und trat nach Fred, doch der wich gekonnt aus. „Na, na, na, na. Das ist nicht sehr Damenhaft!“, erwiderte dieser und verpasste ihr eine Ohrfeige, sodass sie zu Boden ging. Sie fiel so ungeschickt, dass sie mit dem Kopf auf einen Stein stieß und sofort das Bewusstsein verlor. Das nächste was sie wieder mitbekam war, wie jemand sie mit ein paar Tropfen Wasser versuchte zu erwecken. Als sie Don erkannte fiel sie ihm sogleich mit einem Freudenschrei um den Hals. „Oh Daniel! Ich habe schon gedacht ich bin verloren!“, rief sie und schaute sich kurz um, da sie woanders waren. Don hatte sie neben einem kleinen Bach auf einer Wiese gebracht. Von den beiden Räubern war keine Spur mehr. „Wie ich damals gesagt habe. Ich komme und rette dich. Immer!“, erwiderte Don und strich ihr sanft den Rücken. „Die beiden werden es übrigens nicht mehr wagen!“, tröstete er sie, löste sich aus ihrer Umarmung und nahm ihre Hände in seine. „Geliebte Rani. Ich kann dir zwar keine Edelsteine und Reichtümer bieten, aber ich gebe dir mein Herz. Wenn dir das genug ist, werde ich dich natürlich mit meiner Liebe überhäufen! Möchtest du mein Leben kennenlernen und mit mir teilen?“, fragte er mit klopfenden Herzen. Rani fühlte sich geehrt. „Natürlich will ich! Das einzige Problem ist meine Mutter.“, wollte Rani erklären, doch weiter kam sie nicht, da Don sie einfach küsste. „Wunderbar!“, rief er und drückte sie glücklich an sich. Rani war ebenfalls glücklich. „Ich muss leider für ein paar Tage weg, aber wenn ich zurückkomme, nehme ich dich mit.“ „Ich werde warten.“, seufzte Rani. „So leid es mir jetzt tut, ich muss jetzt leider wieder los.“, verabschiedete er sich von ihr.

 

Clara und Glenn lenkten Abby gerade mit einem Spiel ab, als es an der Tür klopfte und Sanjana mit einem Telegramm in der Hand eintrat. Neugierig öffnete sie das an sie gerichtete Telegramm und las es. „Liebste Abby. Ich bin gut angekommen. Meine Mutter lässt dich grüßen. Sie war von der Neuigkeit, dass wir zusammen sind, begeistert und gibt uns ihren Segen. Damit du mich nicht zu sehr vermisst, werde ich ab heute jeden Tag ein Telegramm schicken.  Sobald es meiner Mutter wieder besser geht und hier alles erledigt ist, werde ich sofort wieder kommen. Bis bald. Jayson.“ „Und was schreibt er?“, wollte Clara wissen. Tapfer lächelte Abby ihre Freundin an, auch wenn ihr gerade nicht dazu zumute war. Sie wusste ja selbst, dass sie eigentlich keinen Grund dazu hatte Trübsal zu blasen, aber sie hatte einfach ein ungutes Gefühl, das sie nicht loswerden konnte. „Er schreibt, dass er sobald alles geregelt ist, er wieder zurückkommen würde.“, erwiderte sie. „Dann solltest du ihm auf jeden Fall antworten!“, ermunterte sie Clara, sprang auf und holte sofort Stift und Papier. „Damit du in Ruhe schreiben kannst, werden Clara und ich schon mal zum Abendessen gehen, du kannst dann nachkommen.“, mischte sich Glenn ein. Nachdem die beiden das Zimmer verlassen hatten, machte sich Abby an die Antwort. „Liebster Jayson. Danke für dein Telegramm. Liebe Grüße auch an deine Mutter und ein großes Dankeschön. Drück sie ganz lieb von mir. Bis bald. Abby“ Auf dem Weg ins Esszimmer gab sie Sanjana den Zettel damit diese es als Telegramm abschicken konnte.

 

Kapitel 9 - Ein Schimmer Hoffnung

„Miss Splendt ist hier.“, meldete ein Diener die wartende Dame an. „Schick sie herein!“ „Jawohl.“ Jayson saß in seinem Arbeitszimmer und verfasste eine Antwort auf das Telegramm, dass er heute Morgen von Abby erhalten hat. „Ah, Sophie. Schön dich zu sehen! Danke, dass du so schnell kommen konntest. Er stand auf und deutete ihr, sich auf den Platz gegenüber zu setzen. Sie folgte seiner Aufforderung. „Wie geht es dir Sophie?“ „Gut, danke der Nachfrage. Aber was gibt es denn so dringendes, das du mich brauchst? Schließlich hatte ich Urlaub, wenn ich dich daran erinnern darf.“, erwiderte Sophie und zog skeptisch eine Augenbraue hoch. „Zum einen ist es Zeit für die Steuererklärung und zum anderen gibt es da Probleme mit Familie Schmidt. Als ich her geritten bin, habe ich gesehen, dass das Haus stark vernachlässigt wurde. Außerdem habe ich einen Brief erhalten, in dem sich Herr Schmidt beschwert, dass die Miete viel zu hoch ist und er sich weigert diese weiter zu bezahlen.“, erklärte Jayson. „Also kurz gesagt: Du brauchst mich für die Steuererklärung, damit du dich um die Familie kümmern kannst.“, unterbrach sie ihn. „Du kennst mich doch. Zahlen sind nicht so mein Ding.“, grinste Jayson sie entschuldigend an. „Schon gut. Ich helfe dir, aber dafür bekomme ich meinen Urlaub verlängert.“ Sophie sah ihn geschäftslustig an. „Ich hab noch was viel Besseres im Angebot. Ich könnte dich einem Maharadscha vorstellen.“ Sophie überlegte kurz. „Du weist immer das Richtige zu sagen. Na gut, du hast mich überredet. Ich werde dir helfen.“ „Das ist super. Dann wirst du auch endlich meine Freunde kennenlernen.“, freute sich Jayson. Ein Glöckchenklingeln unterbrach sie. „Oh das ist Mutter. Bitte entschuldige mich.“ Jayson stand auf, nahm das Telegramm und stürmte aus dem Zimmer. „Ja Mutter. Was kann ich für dich tun?“, grüßte er seine Mutter. Mrs. Barkley lag im Bett und sah aus dem Fenster. „Du kannst mir etwas holen. Geh doch bitte zu der Kommode dort und bring mir das Schächtelchen aus der obersten, rechten Schublade.“, bat ihn seine Mutter. Jayson gehorchte. Er ging zur Kommode, öffnete die entsprechende Schublade und nahm die kleine Schachtel heraus. „Genau das.“, bestätigte seine Mutter woraufhin er ihr die Schachtel brachte und auf ihren Schoß legte. „Setz dich!“, befahl sie. Gehorsam setzte sich Jayson zu ihr auf die Bettkante. Mrs. Barkley betrachtete nachdenklich die Schachtel. „Du weist ich konnte diese Sophie nie wirklich leiden.“, begann sie. „Aber Abby hingegen habe ich schon immer als meine Tochter angesehen und geliebt.“ bedächtig strich sie mit ihrer Hand über das grüne Schächtelchen, das mit orangenen Bändern, die zu einer Rose gebunden worden sind, verziert war. Kurz darauf öffnete sie den Deckel und nahm den Inhalt heraus. Jayson staunte nicht schlecht. „Das ist ja unser Familienschmuck!“ „Ganz genau. Als dein Vater und ich verliebt waren, hat er mir das von seiner Mutter geschenkt. Und diesen Ring hat er mir zum Heiratsantrag angesteckt.“, erzählte sie und hielt den Verlobungsring mit einem blauen Saphir als Stein hoch. „Wow. Er ist wunderschön!“, entfuhr es Jayson ehrfürchtig. „Nicht wahr? Ich möchte das du ihn Abby ansteckst.“ Jayson glaubte sich verhört zu haben. „Du willst doch heiraten?“, vergewisserte sich Mrs. Barkley als sie Jayson verblüfftes Gesicht sah. „Natürlich aber…“, begann er, doch er wurde prompt von seiner Mutter unterbrochen. „Nichts aber! Und den Rest schenkst du ihr zur Hochzeit! Wohnen werdet ihr selbstverständlich hier! Damit ich sie auch ein wenig herumkommandieren kann.“, entgegnete sie gespielt streng. Überglücklich umarmte Jayson seine Mutter. „Moment, das ist noch nicht alles! Siehst du den Degen dort an der Wand?“ Jayson nickte. „Ja, das ist Vaters Degen.“ „Dein Vater hat ihn zu seiner Hochzeit getragen.“, erzählte sie stolz. „Als er starb, musste ich ihm versprechen dir diesen Degen zur Verlobung zu schenken, damit du ihn bei der Hochzeit tragen kannst. Wirst du das tun?“, fragte sie ihn. Nachdenklich betrachtete Jayson den Degen. Der Degen war am Griff mit verschiedenen Edelsteinen geschmückt. Da dieser Degen nur für Festlichkeiten gedacht war, war die Klinge etwas länger als die eines Kampfdegens. Eine Frage hatte er jetzt doch auf dem Herzen. „Natürlich werde ich ihn tragen. Aber warum erzählst du mir das ausgerechnet heute?“ „Ich halte es einfach für einen guten Zeitpunkt.“, erwiderte sie kurzgebunden. Jayson wollte noch etwas sagen, aber ihr Ton verriet ihm, dass hiermit das Gespräch beendet sei. „Was sitzt du denn noch hier rum? Jetzt kümmere dich endlich um deine Geschäfte, damit du so schnell wie möglich wieder bei deiner Abby sein kannst!“, lächelte sie ihn an. Gehorsam legte Jayson das Schächtelchen wieder in die Schublade der Kommode, gab seiner Mutter einen Kuss auf die Wange und verließ ihr Zimmer.

 

Sophie arbeitete an den Steuerformularen und hatte aufgeschaut als Jayson das Zimmer betreten hatte. „Was wollte sie denn?“ „Ach. Sie wollte nur ein wenig plaudern.“ Sophie zuckte nur mit den Schultern und widmete sich wieder ihren Büchern. Jayson drückte noch seinem Diener den Brief zum Abschicken in die Hand und setzte sich an seinen Schreibtisch. Da er sich jetzt eh nicht auf den Brief an Familie Schmidt konzentrieren konnte, lehnte er sich einfach auf seinem Stuhl zurück und lies seinen Gedanken freien Lauf.

 

Abby lag gerade auf dem Sofa und las ein Buch, als Sanjana nach einem Klopfen eintrat. „Ein Telegramm für Sie Miss Abby.“ Sofort klappte Abby das Buch schwungvoll zu und sprang vom Sofa auf um das Telegramm entgegenzunehmen. Nachdem Sanjana wieder gegangen war, las Abby das Telegramm. „Liebste Abby. Ich habe tolle Neuigkeiten. Die Geschäfte lassen sich schneller lösen als gedacht. Also bin ich eher wieder da als erwartet. Bis bald. Jayson.“ Abby freute sich. Nun blieb ihr nur noch die Aufgabe ihre Mutter zu beschwichtigen.

 

„He. Nicht träumen!“, rief Sophie und warf eine Papierkugel nach Jayson. „Du sollst arbeiten, sonst werden wir nie fertig.“ Jayson erwachte aus seinen Tagträumen. Mit einem „Sorry“ holte er ein Blatt Papier aus der Schublade des Schreibtisches und begann der Familie Schmidt eine Mahnung zu verfassen. „So. Fertig.“, sagte Sophie nach einer Weile und streckte sich. „Ich auch. Jetzt muss die Mahnung nur noch abgeschickt werden. „Lust auf einen Spaziergang?“, fragte Sophie. „Klar. Warum nicht? Besondere Wünsche?“, entgegnete Jayson, stand auf und ging zu ihr. Sophie überlegte kurz, schüttelte dann aber mit ihrem Kopf. Sie hackte sich bei Jayson unter und ging mit ihm in den Garten. „Was ist eigentlich mit dir los?“, fragte sie, als Jayson wieder vor sich hinträumte. „Ach nichts.“, erwiderte er und zuckte mit den Schultern. „Das sehe ich.“, entgegnete Sophie sarkastisch. „Ist es wegen deiner Mutter?“ „Nein.“ „Wegen deinen Freunden?“, löcherte sie weiter. „Fast. Es ist wegen einer Freundin.“, gab Jayson nach. „Du bist also verliebt?“, fragte Sophie und sah ihn neugierig an. „Ja ich gebe es zu. Ich bin verliebt.“ „Und wie heißt sie?“, bohrte Sophie weiter. „Abby O’Connor. “ Just in dem Moment, in der Jayson Abbys Namen erwähnte, füllte sich Sophies Herz mit Hass gegen Abby. Seit sie Jayson kannte, war für sie klar, dass sie ihn heiraten würde. Er hatte alles was eine perfekte Ehepartie mit sich bringen sollte. Er hatte wohlhabende Eltern, war ein Einzelkind und würde somit alles erben. Und er stürzte sich immer in seine Arbeit, was für sie bedeutete dass sie nicht unnötig viel Zeit mit ihm verbringen müsste, auch wenn sie sich sehr gut mit ihm verstand. Zudem sehr zum Vorteil war, dass sein Vater schon Tod und seine Mutter kurz davor war. Somit war niemand da der von ihr Kinder erwarten würde. Doch Sophie ließ sich von alledem nichts anmerken und lächelte. „Das freut mich für dich. Kennst du sie schon lange?“ „Ja, und du wirst sie auch bald kennenlernen.“ Bei dem Gedanken Abby bald wieder zu sehen, schlicht sich auch ein Lächeln auf Jaysons Gesicht.

Kapitel 10 - Ein rührendes Erbe

Die Vögel zwitscherten als Jayson aufwachte. Er wusch sich, zog sich an und ging in die Küche. „Das Frühstück meiner Mutter bitte.“, bat er dem Koch, der schon alles fertig auf einem Tablett stehen hatte und es Jayson in die Hand drückte. Jayson bedankte sich, nahm das Tablett entgegen und ging in das Zimmer seiner Mutter. „Guten Morgen Mutter.“, grüßte er, stellte das Tablet auf der Kommode ab und zog die dunklen Vorhänge auf. Er drehte sich um und betrachtete seine Mutter. Sie lag friedlich in ihrem Bett. Zwar war sie ein wenig blass, aber sie lächelte. Er setzte sich zu ihr auf die Bettkante. „Liebste Mutter, es ist Zeit zum Aufstehen.“, flüsterte er und strich ihre Wange. Plötzlich machte sich Panik in ihm breit, da sie kalt war. „Mutter!“, rief Jayson und rüttelte an ihren Schultern. - Keine Reaktion - Also schlug er die Bettdecke zurück und drückte sein Ohr an ihre Brust um nach ihrem Herzschlag zu überprüfen. - Nichts - „Das kannst du mir doch nicht antun! Du kannst mich doch jetzt nicht verlassen!“, rief Jayson und kämpfte gegen seine Tränen an. Er klingelte nach einem Diener. „Einen Doktor und zwar schnell!“

 

„Es tut mir Leid Mr. Barkley. Wir können leider nichts mehr für Sie tun. Es ist zu spät, aber soweit ich das beurteilen kann, ist sie friedlich eingeschlafen.“, erklärte der Arzt. „Mein Beileid.“ Er verdeckte ihr Gesicht und verließ das Zimmer. Kurz darauf betrat Sophie das Zimmer. „Als ich davon gehört habe, bin ich so schnell ich konnte gekommen.“, tröstete sie ihn. „Neuigkeiten verbreiten sich aber schnell.“, gab Jayson gefühllos von sich. „Kann ich dir irgendwie helfen?“ „Danke, aber nein danke.“ „Darf ich dich wenigstens umarmen, um dich zu trösten?“, fragte Sophie, woraufhin Jayson sie einfach wortlos in den Arm nahm. Innerlich lächelte Sophie, da sie nun hoffte eine Chance auf sein Herz zu haben.

 

Die Beerdigung fand noch am selben Abend statt. Sie war wie jede andere auch, nur mit dem Unterschied, dass sie Mrs. Barkley galt. Nachdem die Beerdigung zu Ende war, wurde Jayson im Arbeitszimmer das Testament vorgelesen: „Alles was ich besitze, vermache ich meinem Sohn Jayson. Alles bis auf meinem Schmuck. Meinen Schmuck vermache ich meiner geliebten Abby. Sie war für mich immer wie eine Tochter.“ „Das Testament ist ab heute rechtsgültig. Soll ich Miss O’Conner darüber informieren, oder informieren Sie sie darüber?“, fragte der Anwalt. „Ich werde sie selbst darüber informieren. Danke.“, erwiderte Jayson und begleitete den Notar hinaus.

Kapitel 11 - Harte "Konkurrenz"

Die folgenden Tage kamen und gingen. Sophie versuchte verzweifelt Jayson aus seiner Trauer zu reißen, doch Jayson dachte nicht daran. Er zog sich immer mehr zurück und aß kaum noch etwas. Er aß nur, wenn er von Sophie dazu gezwungen wurde. „Ein Brief für Sie Mr. Barkley.“ Der Diener trat in das Arbeitszimmer und legte den Brief auf den Schreibtisch. Jayson saß mit dem Rücken zum Schreibtisch und starrte aus dem Fenster. Er drehte sich um und wollte den Brief schon wie viele andere ungelesen wegwerfen, da sah er den Absender „Abby O’Conner, Halifax“ Nach kurzem Überlegen öffnete er ihn und las dessen Inhalt. „Liebster Jayson. So langsam mache ich mir Sorgen. Viele Tage sind vergangen und du hast weder geschrieben, noch bist du zurückgekommen. Sag geht es dir gut? Hier ist alles in Ordnung. Clara und Glenn haben sich endlich wieder vertragen. Rani ist wieder zu Ihrer Mutter nach Hause gegangen und Raj hat endlich meiner Mutter seine Liebe gestanden. Ich habe mich auch endlich mit meiner Mutter ausgesprochen und sie hat nun auch nichts mehr gegen unsere Liebe! Ist das nicht schön? Billy ist ziemlich viel gewachsen und hat viel Unfug im Kopf. Jedes Mal wenn Clara oder ich gebadet haben und die Badtür aufmachen, schlüpft er durch die Tür und springt ins Wasser. Ich habe gehört, das Katzen Wasserscheu sind, aber Billy ist Wassersüchtig! Ich wünschte du wärst hier und könntest alles miterleben! Melde dich doch bitte mal bei mir, damit ich weiß, dass es dir gut geht. Ich mache mir große Sorgen. In Liebe deine Abby.“ Auf dem Brief waren ein paar getrocknete Tropfen zu erkennen. „Schluss jetzt!“, rief sich Jayson zur Ordnung. Er fasste den Entschluss seine Trauer hinter sich zu lassen und wieder das Lachen zu lernen. Er wollte zurück nach Halifax. „Sophie! Sophie wo bist du?“, rief Jayson aufgeregt. Sophie war im Nebenzimmer und kam durch die Tür gestürmt. „Was ist los“, fragte sie besorgt. „Geh packen! Wir fahren noch heute nach Halifax.“ „Ok. Mach ich.“, entgegnete sie und verschwand wieder. „Ich komme Abby.“, flüsterte Jayson und eilte in sein Zimmer um zu packen.

 

Abby war gerade im Garten und machte einen Spaziergang als sie eine Kutsche zum Eingang der Villa fahren sah. Die Kutsche hielt an und die Tür ging auf. „Jayson!“, rief Abby, als sie ihn erkannte. Sie raffte ihre Röcke und rannte los. Doch sie blieb auf halber Strecke stehen, als sie sah wie er einer Dame die Hand reichte, um ihr aus der Kutsche zu helfen. Die Dame hatte ein prunkvolles Kleid an. Es war cremefarben und hatte eine rosa Schleife um die Hüfte. Der Ausschnitt und die Ärmel hatten Rüschen. Dazu hatte sie einen passenden Hut. Abby selbst hatte ein schlichtes, blaues Alltagskleid an. Ein paar Minuten später hatte Abby die beiden erreicht und machte einen Knicks zur Begrüßung. „Guten Tag. Sie müssen Miss Abby sein.“, begrüßte sie die Dame. „Ja, und Sie sind?“ „Sophie Splendt. Jayson hat mir schon so viel von Ihnen erzählt. Nicht wahr?“ Sophie hatte sich bei Jayson eingehackt und sah ihn schwärmend an. „Ich hoffe nur Gutes.“, entgegnete Abby unsicher. Sie fühlte sich unwohl und wusste nicht was sie machen sollte. Sophie wandte sich wieder an Abby. „Ich würde ja gern noch weiter plaudern, aber zu viel Sonne tut mir nicht gut. Außerdem brauche ich eine Erfrischung. Wir können ja später zum Tee weiterplaudern.“ Sie machte einen Knicks und ging ins Haus. „Wie geht es dir?“, fragte Abby, als Sophie verschwunden war. Jayson, der Sophie beim Gehen beobachtet hatte, sah nun Abby an. „Wie soll es mir schon gehen? Entschuldige mich bitte. Die Fahrt war anstrengend.“ Er machte eine Verbeugung und hinterließ eine verwirrte Abby.

 

Sophie hatte gerade ihren Hut abgelegt als Jayson ins Zimmer gestürmt kam. „Was sollte das eben? Sophie sah Jayson unschuldig an. „Ich habe mich nur vorgestellt und ein wenig geplaudert.“ „Musstest du dabei so hochnäsig sein?“ „Was war daran bitte hochnäsig? Es war förmlich. Ja und? Ich bin doch nicht ihre beste Freundin! Und außerdem verstehe ich dich nicht. Sie ist ein einfaches Mädchen vom Dorf…“ „Das reicht!“ unterbrach er sie und trat bedrohlich nah an sie heran. „Sie ist nicht so wie andere. Sie ist klug und gebildet. Und muss ich dich daran erinnern, dass ich auch nur ein Junge vom Dorfe bin? Also halte deine Zunge im Zaum, sonst passiert was!“ Da Jayson ein wenig größer als Sophie war, musste sie leicht aufschauen um ihm in die Augen sehen zu können. Sie sah wie seine Augen gefährlich funkelten und wusste, dass sie ihn jetzt besser nicht mehr reizen sollte. „Ok.“, sagte sie deshalb kleinlaut und Jayson verschwand ohne ein weiteres Wort. „Wir werden schon noch sehen wer besser ist.“, murmelte sie nachdem Jayson verschwunden war.

 

Jayson ging in sein Zimmer wo schon sein Koffer lag und richtete sich ein. Er hatte gerade den Schrank geöffnet, als Glenn aus dem Bad trat. „He! Du bist ja wieder da! Komm lass dich umarmen.“ Glenn ging mit ausgebreiteten Armen auf Jayson zu, doch dieser wies ihn ab. „Hallo Glenn.“, erwiderte er und reichte dem verdutzten Glenn die Hand. „Wie geht es dir? War die Fahrt in Ordnung?“, wollte Glenn wissen. „Die Fahrt war ok. Ich habe Sophie, eine Freundin von mir mitgebracht. Wäre schön wenn ihr mit ihr klarkommt.“, entgegnete Jayson und ging zurück zum Bett um seinen Koffer auszupacken. „Was gibt’s neues?“, fragte er nebenbei. „Nichts Besonderes. Clara und ich haben uns wieder vertragen. Und bei dir? Wie geht es deiner Mutter?“ Bei dieser Frage hielt Jayson ruckartig in der Bewegung inne, rief sich aber schnell wieder zur Ordnung. „Ihr geht es bestens. Danke der Nachfrage. Ich würde gern weiter in Ruhe auspacken, ist das möglich?“ Glenn zuckte nur mit den Schultern. „Wenn du mich brauchst, ich bin bei meiner Schwester.“, entgegnete Glenn, bevor er das Zimmer verließ. „Idiot. Ich bin so ein Idiot!“, hörte er Jayson schimpfen als er im Flur war. Als Glenn am Zimmer seiner Schwester angekommen war, war die Tür offen und er sah Abby weinend auf dem Bett liegen. Er setzte sich zu ihr aufs Bett und nahm sie in den Arm. „Hey Schwesterherz. Ich habe tollte Neuigkeiten. Jayson ist wieder da!“ „Ich weiß.“, schniefte Abby. „Ich habe seine Kutsche kommen sehen.“ „Was ist passiert?“, wollte Glenn wissen. „Also ich war im Garten spazieren und rannte auf seine Kutsche zu um ihn zu begrüßen. Doch plötzlich stieg eine sehr hochnäsige Dame aus der Kutsche und behandelte mich wie Dreck. Und Jayson stand einfach daneben und hat nichts gesagt oder getan! Auf meine Frage wie es ihm gehe, meinte er nur kühl „Wie soll es mir schon gehen?“ und ist dann einfach gegangen. Er ist irgendwie so emotionslos geworden. Wie kann sich ein Mensch in so kurzer Zeit so sehr verändern?“ „Das habe ich auch festgestellt.“, stimmte Glenn ihr zu. „Aber mach dir keine Sorgen, ich werde nach Springhill reiten und versuche herauszufinden was geschehen ist.“ Glenn wischte seiner Schwester die Tränen von der Wange. „Du bist der beste Bruder, den man sich wünschen kann.“, entgegnete Abby und versuchte zu Lächeln. „Du musst mich nur beim Abendessen entschuldigen und dafür sorgen, dass keiner, besonders Jayson mitbekommt wo ich bin.“, bat er. „Und mach dir keine Sorgen. Er liebt dich immer noch, das weiß ich!“

 

„Ah. Miss Abby. Welch Augenweide. Es tut so gut ein vertrautes Gesicht unter so vielen Fremden zu sehen. Komm leisten Sie mir doch Gesellschaft.“ Sophie hatte es sich im Teezimmer bequem gemacht und einen Tee mit Gebäck bestellt. „Es ist auch schön Sie zu sehen, Miss Sophie.“, antwortete Abby höflich, obwohl sie ihr am liebsten an die Gurgel gesprungen wäre. Sie setzte sich zu ihr und Sanjana kam um den Tee zu bringen. „Danke Sanjana. Wir rufen dich, wenn wir noch was brauchen.“ „Jawohl, Miss Abby.“ Sie verschwand und Sophie wandte sich empört an Abby. „Tztztztz. Du nennst die Diener beim Vornamen? Na gut, das geht ja noch, aber das sie dich beim Vornamen nennen, das ist unerhört!“ „Aber…“, wollte Abby was dazu sagen, doch Sophie lies sich nicht unterbrechen. „Das wäre ja, als wäre sie deine beste Freundin! Das kannst du nicht dulden!“ Sophie machte ein ernstes Gesicht. „Und warum nicht? Sie ist doch ein Mensch. Sie rufen mich doch auch beim Vornamen, sollte ich das Ihnen etwa auch verbieten?“ Abby wusste, dass diese Schlussfolgerung Sophie wütend machte und fühlte sich schon viel besser. „Das ist ja unerhört! Nun gut Miss O’Conner, jeder hat seine eigenen Erziehungsmethoden.“ Sophie nippte am Tee um das Thema zu wechseln. „Seit wann kennen Sie und Jayson sich denn schon?“, wollte sie wissen. „Wir kennen uns seit unserer Kindheit, er und mein Bruder sind zusammen aufgewachsen, bevor er nach Springhill gezogen ist. Warum fragen Sie?“ Sophie machte ein unschuldiges Gesicht. „Nur so. Jayson und ich hatten beschlossen, nur die engsten Freunde und die Familie zu unserer Verlobungsfeier einzuladen.“ Das hatte gesessen. Abby wollte gerade einen Schluck Tee nehmen und verschluckte sich an diesem. „Oh, hat er das nicht erwähnt? Das ist mir jetzt aber peinlich. Wissen Sie, ich kenne Jayson seit er in Springill ist und aus unserer Freundschaft ist eben mit der Zeit eben mehr geworden.“ Sophie sah auf die große Standuhr ihr gegenüber, während Abby versuchte ihren Hustenanfall unter Kontrolle zu bringen. „Oh, schon so spät. War nett mit Ihnen zu plaudern, Miss O’Conner, doch ich bin gleich mit Jayson verabredet.“ Sophie stand auf, knickste und ging mit einem Lächeln im Gesicht, dass Abby aber nicht mehr sah. In Wirklichkeit ging Sophie aber in ihr Zimmer. Vor dem Abendessen wollte sie noch ein Bad nehmen, da es ihr wichtig war einen guten ersten Eindruck bei den anderen zu hinterlassen.

 

Als sich alle zum Abendessen versammelt hatten, fragte Raj verwundert: „Wo sind denn Mr. O’Conner und Mr. Barkley?“ „Mr. O’Conner hatte plötzlich geschäftlich zu tun und entschuldigt sich.“, erwiderte Abby. „Und Mr. Barkley?“ Bei dieser Frage sah Raj, zu Abbys Verärgerung, Sophie an. „Mr. Barkley fühlt sich nicht wohl und bittet vielmals um Entschuldigung.“, antwortete Sophie und sah Abby triumphierend und herausfordernd an. Raj, dem selten was entging, bemerkte es und lenkte vom Thema ab. „Miss Splendt, erzählen Sie doch mal ein wenig von sich.“, bat er. Glücklich über diese Aufmerksamkeit, erzählte sie in allen Einzelheiten von sich und den letzten Tagen. Nur den Tod von Jaysons Mutter verschwieg sie, da sie wusste, dass ihr Jayson sonst die Hölle heiß machen würde.

 

„Man kann die plappern!“, stöhnte Clara, als sie mit Abby in ihrem Zimmer angekommen waren. Doch Abby war in Gedanken abwesend. „Hallo! Erde an Abby!“, rief Clara und fuchtelte mit den Händen vor Abbys Gesicht herum. „Entschuldige, ich habe gerade nicht zugehört. Was hast du gesagt?“ Clara lachte. „Das du nicht zugehört hast habe ich mitbekommen. Ich habe mich gerade über den Redefluss dieser Sophie beschwert. Aber erzähl du mir jetzt doch mal, worüber du gerade nachgedacht hast?“, fragte Clara neugierig. „Ach nichts. Ich bin einfach nur müde, das ist alles.“, entgegnete Abby und gähnte künstlich. Clara verstand den Wink, dass Abby jetzt nicht reden wollte. „Ok. Geh du nur schlafen. Ich warte noch auf Glenn und mache einen kleinen Spaziergang. Schlaf gut.“, erwiderte Clara, drückte ihre Freundin und ging. Nachdem Clara gegangen war, zog sich Abby um und stieg ins Bett. Doch der Schlaf schien einfach nicht kommen zu wollen. Alles was sie versuchte war vergebens, sie lag hellwach und über Jayson grübelnd im Bett. Nach langem Zögern, stieg sie letztendlich doch aus dem Bett, zog sich einen Morgenmantel über und ging ohne ein bestimmtes Ziel im Sinne im Flur umher. Als sie kurze Zeit später das frösteln anfing, beschloss sie wieder zurück in ihr Zimmer zu gehen. Also öffnete sie gedankenverloren die Zimmertür. „Kannst du nicht anklopfen?“, wurde sie angeherrscht. Erschrocken wachte Abby aus ihren Tagträumereien auf. Jayson stand am Fenster mit dem Rücken zur Tür und hatte diese aufgehen gehört. „Es tut mir Leid. Ich gehe wieder.“, stammelte Abby woraufhin Jayson sich erschrocken umdrehte. „Ach du bist es Abby. Ich habe auf Glenn gewartet. Was willst du?“ in seiner Frage spiegelte sich Gleichgültigkeit wieder. „Ich war nur ein wenig im Flur auf und ab spazieren, da ich nicht schlafen konnte und bin gedankenversunken versehentlich in dein Zimmer statt in meines gegangen.“ Abby machte eine kurze Pause und wartete auf eine Reaktion von Jayson- doch vergebens. "Da ich jetzt schon mal hier bin, kann ich dich doch gleich mal fragen wie es dir so geht.“ „Gut.“, entgegnete Jayson kurz angebunden. „Das ist schön. Sag, wie war es in Springhill?“, wollte Abby wissen und setzte sich auf Bett. Jayson verdrehte genervt die Augen. „Schön. Wars das?“ „Ich wollte doch nur…“, begann Abby doch Jayson ließ sie nicht ausreden. „Das weiß ich. Trotzdem solltest du jetzt gehen!“, erwiderte Jayson leicht genervt. „Ok. Dann gehe ich eben wieder!“, zischte Abby, sprang auf und stürmte aus dem Zimmer.

 

Sophie kam gerade von ihrem abendlichen Spaziergang zurück und sah das Jaysons Zimmertür offen war. Also schlich sie näher und wurde fast von Abby umgerannt. Sie wartete einen Augenblick bevor sie an den Türrahmen klopfte. „Darf ich reinkommen?“ „Nein!“, kam es harsch vom Fenster zur Antwort. „Danke.“, entgegnete Sophie gelassen und trat ins Zimmer. Jayson drehte sich wütend um. „Ich habe „Nein“ gesagt. Verstehst du dieses Wort denn nicht? Ich will meine Ruhe haben!“ „Und ich habe mir gedacht, dass ich dich mit ein paar Neuigkeiten aufheitern kann!“, entgegnete Sophie ruhig und setzte sich auf die Bettkannte. Sie fing an vom Abendessen zu berichten: „Ich habe dich vom Abendessen entschuldigt und auf die Bitte vom Maharadscha von unserer Zeit in Springhill erzählt. Natürlich habe ich das mit deiner Mutter nicht erzählt.“, fügte sie hinzu, als sie Jaysons warnenden Blick sah. „So blöd wäre ich noch!“, fügte sie gedanklich hinzu. „Gut so. Und jetzt geh bitte.“ Jayson wandte sich wieder dem Fenster zu und starrte in die Dunkelheit hinaus. Doch Sophie dachte nicht im Geringsten daran das Zimmer zu verlassen. Sie ging auf Jayson zu und begann seine Schultern zu massieren, was Jayson wiederwillig zuließ. „Du bist ja ganz verspannt!“, stellte sie fest. Eine Zeit lang massierte sie die Schultern, wanderte dann aber seinen Rücken entlang. Jayson hatte seine Augen geschlossen und fing an die Massage zu genießen, doch als er merkte was Sophie vorhatte, fuhr er ruckartig herum und packte ihren Arme. „Egal was du vorhattest, lass es! Ich bin nicht interessiert! Wann kapierst du das denn endlich? In dir sehe ich nichts weiter als eine gute Freundin und Sekretärin. Schau mich gefälligst an wenn ich mit dir rede!“, schrie Jayson. Sophie hatte sich erschrocken und sah ihn mit tränengefüllten Augen an. „Ich wollte dich nur aufheitern und aus deiner Trauer reißen! Wenn das falsch ist, tut es mir Leid überhaupt versucht zu haben! Dir ist nicht mehr zu helfen! Du hast dich so sehr zurückgezogen, dass dich nicht einmal deine Freunde mehr verstehen. Sie wissen nicht was mit dir los ist und wenn du es ihnen nicht bald sagst, werde ich es tun. Dann kannst du im Dreieck springen, mich wirst du nicht aufhalten können!“, schrie sie und riss sich aus seinem Griff. Sie drehte sich gerade zum Gehen um, als sie Glenn in der Tür stehen sah und in ihrer Bewegung erstarrte. Jayson der dies bemerkt hatte, ließ seinen Blick ebenfalls zur Tür schweifen und erschrak ebenfalls. „Du bist mir ja ein toller Freund!“, begrüßte Glenn Jayson. „Und Sie Miss Splendt verschwinden jetzt besser! Sonst setzt es was!“ Sophie sah die Wut in Glenns Augen glitzern und machte sich schnellstmöglich aus dem Staub. „Nun zu dir. Willst du mir nicht was erzählen?“, wandte er sich an seinen Freund und stand mit verschränkten Armen vor der Brust im Türrahmen. „Was willst du hören? Etwa wie es in Springhill war? Dass es schön war habe ich dir schon erzählt. Wo warst du eigentlich?“ „Lenk nicht vom Thema ab. Ich will wissen was passiert ist, bzw. warum du dich so verändert hast.“ „Achso. Du willst wissen was mit mir los ist. Lass mich raten. Du warst nicht Geschäftlich unterwegs, sondern du warst in Springhill um herauszufinden was passiert ist. Meine Mutter ist gestorben - Das ist passiert! Aber du weist es sicher schon, also los erzähl es allen!“, schrie Jayson sich rage. „Ja, das habe ich herausgefunden.“, erwiderte Glenn so ruhig wie möglich. „Nun aber erst mal zu Miss Splendt. Was hat sie hier zu suchen? Wenn du sie, statt meiner Schwester liebst, dann herzlichen Glückwunsch! Aber das hättest du uns auch anders sagen können!“, redete sich jetzt Glenn in Rage. „Ein toller Freund bist du! Wenn du nicht schon genug leiden würdest, würde ich meinen Senf dazugeben und dir mal zeigen was ein Bruder von dem miesen Freund seiner Schwester hält!“ Jetzt wurde Jayson so einiges klar. „Soso. Du glaubst also, dass ich jetzt mit Sophie liiert bin? Du, der als erster wusste, dass ich schon seit wir uns kennen in deine Schwester liebe? Schäm dich! Sophie ist meine Sekretärin und eine gute Freundin, mehr nicht. Und sie ist hier um mich aufzuheitern. Es stimmt das ich mich verändert und zurückgezogen habe. Aber das habe ich nur, weil der Tod meiner Mutter ein sehr unerwartet kam und ein großer Schock für mich war.“, verteidigte sich Jayson und ließ sich erschöpft in den Sessel fallen. „Einen Tag vor ihrem Tod, offenbarte sie mir, dass sie Abby wie eine Tochter liebte und bat mich sie zu heiraten. Sie gab mir außerdem den Familienschmuck für sie und den Degen meines Vaters. Im Testament hat sie ihr all die Kleider und den Schmuck vermacht, den normalerweise eine Tochter, Nichte oder eine andere Blutsverwandte bekommt, oder wie in diesem Fall gespendet wird. Das hat mich zwar sehr gefreut aber dennoch sehr aus der Bahn geworfen, da ich sie doch so gerne bei der Hochzeit dabei gehabt hätte! So jetzt weist du alles, geh und erzähl es allen.“, seufzte er und schlug die Hände vor dem Kopf zusammen. „Nein das überlasse ich dir. Was Sophie betrifft, tut es mir Leid das Ganze falsch verstanden zu haben. Aber ich denke du solltest ihr klar machen, dass du nichts von ihr willst. Was Abby betrifft, solltest du schnellstmöglich mit ihr reden, denn sie macht sich große Sorgen. Sonst wird sie vor lauter Sorgen verrückt werden!“, entgegnete Glenn und grinste seinen Freund an. Bei dem Gedanken, dass Abby verrückt werden würde, musste Jayson Lachen. Und so wurde aus einem anfangs zaghaften Lachen wurde schnell ein lauthalses Lachen. Als er dann noch Glenns verdutzten Gesichtsausdruck sah, war es endgültig um ihn geschehen. „Es tut so gut nach so langer Zeit wieder frei Lachen zu können. Das habe ich viel zu lange nicht mehr, danke.“, erklärte er sich den Bauch haltend. „Keine Ursache, Hauptsache du lachst wieder. Und jetzt geh und sprich dich mit meiner Schwester aus.“, entgegnete Glenn erleichtert und schob seinen Freund aus dem Zimmer.

 

Jayson stand vor Abbys Zimmertür und atmete tief ein und aus. Er griff in die linke Hosentasche und zog die kleine Schachtel, die er von seiner Mutter bekommen hatte, heraus und betrachtete kurz dessen Inhalt. Lächelnd steckte er sie wieder in die Hosentasche und klopfte festentschlossen an der Tür. „Herein.“, ertönte es leise aus dem Zimmer. Jayson öffnete die Tür und sah Abby mit dem Rücken zur Tür im Bett liegen. Sie machte keinerlei Anstalten sich umzudrehen, sondern versuchte ihr Schluchzen zu unterdrücken. „Was gibt’s? Ich war gerade dabei einzuschlafen.“, erwiderte sie. „Beziehungsweise es zu versuchen.“, vervollständigte Jayson ihren Satz. „Na und? Dich interessiert es doch sowieso nicht. Was willst du hier? Willst du mich noch weiter quälen und bist erst zufrieden wenn du meine Tränen gesehen hast?“ Jayson hatte die Tür hinter sich geschlossen und ging langsam aufs Bett zu. „Was redest du denn da? Du weißt, dass das Letzte was ich will, ist dich zu verletzten. Ich möchte nur mit dir reden.“ „Da gibt es nichts mehr zu besprechen, also verschwinde bitte.“ Ohne auf diese Bitte einzugehen, setzte er sich zu ihr aufs Bett, sah aber aus dem Fenster. „Das von vorhin tut mir Leid. Ich weiß, dass du mir nur helfen und den Grund meiner Veränderung erfahren wolltest. Und deshalb bin ich hier.“ Er wartete kurz auf eine Antwort von ihr, doch Abby rührte sich nicht. „Nun. Springhill allgemein war in Ordnung. Nur gab es einen Vorfall, der mich total aus der Bahn geworfen hat.“ Er hielt kurz inne und atmete tief ein und aus. „Meine Mutter ist verstorben. Einen Tag vor ihrem Tod, war sie so glücklich und offenbarte mir, dass sie dich schon immer wie eine Tochter geliebt hat und das sie sich wünschte, das ich dich eines Tages heiraten würde. Dies wurde in der Verlesung des Testaments deutlicher, da sie dir alles was sie besessen hat, vermacht hat. Das und der plötzliche Tod war einfach zu viel für mich. Bis heute konnte ich ihren Tod nicht wirklich verkraften. Doch die Aussicht dich wiederzusehen, gab mir neue Hoffnung und Kraft. Also bin ich so schnell ich konnte hier her gekommen. Als ich dich dann sah, wollte ich so viel… Dich glücklich sehen, dir alles erzählen, selbst glücklich sein… Aber der Schock hatte eine tiefe Blockade in mir festgesetzt. Erst gerade eben, als dein Bruder mir den Kopf gewaschen hatte, so wie früher auch, erst da ist die Blockade in mir zerbrochen.“ Er machte eine kurze Pause und hörte Abby wieder schluchzen. Sie setzte sich auf und fiel ihm um den Hals. „Oh Jayson, es tut mir so leid! Wenn ich das gewusst hätte…“ „Wie solltest du auch? Ich habe doch niemanden was davon erzählt.“, unterbrach er sie und drückte sie fest an sich. „Aber jetzt, wo die Blockade endlich zerbrochen ist und deine Mutter nichts mehr dagegen hat, kann ich das tun, was ich schon vor langer Zeit tun wollte!“ Er befreite sich aus ihrer Umarmung, wischte ihre Tränen weg und stand auf. Er zog aus das grüne Schächtelchen mit den orangenen Bändern aus der linken Hosentasche und kniete vor Abby nieder. „Liebste Abby, ich weiß, du hast es nie leicht mit mir. Ich bin launisch und anstrengend, aber ich liebe dich!“ Er öffnete die Schachtel und hielt sie Abby hin. „Abby O’Conner, willst du trotz allem meine Frau werden und dein restliches Leben mit mir verbringen?“ „Natürlich will ich! Ich liebe dich und werde auch immer nur dich lieben!“ Abby sprang auf und umarmte Jayson, der immer noch am Boden kniete. Doch dieser verlor das Gleichgewicht und beide fielen um. „Hast du dir weh getan?“, fragten beide besorgt wie aus einem Munde und fingen das Lachen an. „Was gibt es denn hier zu lachen?“ Glenn und Clara standen zusammen in der Tür und sahen die zwei Kichererbsen lachend am Boden sitzen. „Ach nichts. Wir sind nur froh das endlich alles geklärt ist.“, gab Abby zur Antwort. „Na dann.“, entgegnete Glenn, wandte sich Clara zu und sah ihr liebevoll in die Augen. „Gute Nacht und träum süß.“, flüsterte er und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. Jayson räusperte sich. „Dann sag ich auch mal gute Nacht.“, entgegnete er, strich Abby unauffällig den Ring über und küsste ebenfalls ihre Stirn. „Mach dir keine Sorgen, es wird alles gut werden.“, verabschiedete er sich und folgte Glenn, der auf ihn gewartet hatte.

 

„Na? Habt ihr euch endlich aussprechen können?“, fragte Clara, als die beiden wieder alleine waren. „Besser noch!“, erwiderte Abby und strahlte. „Jayson hat mir einen Heiratsantrag gemacht!“ „Zeig her!“, quiekte Clara und griff sogleich nach Abbys Hand. „Wow dieser blaue Saphir ist atemberaubend!“ Clara war entzückt. „Und was bringt dich so zum Strahlen?“, wollte Abby wissen und betrachtete ihre Freundin genauer. „Ich freue mich einfach, dass endlich wieder zwischen euch alles gut ist.“, entgegnete sie, doch sie sah, dass Abby ihr das nicht wirklich abkaufte. „Wir wollten warten bis bei euch wieder alles im Lot ist.“, begann sie doch weiter kam sie nicht. „Clara?! Ist es das wofür ich es halte?“, rief Abby und nahm nun Claras Hand in ihre um den Ring genauer zu betrachten. Als sie den Ring von Ihrer Mutter erkannte, stieß sie einen Schrei aus. „Clara. Wann habt ihr das denn beschlossen und warum habt ihr mir das verheimlicht?“, rief sie. „Wie gesagt, wir wollten warten bis bei euch wieder alles im Lot ist. Oh Abby! Nun wird endlich alles gut werden! Ich freue mich so!“ „Und ich erst! Endlich hat sich mein Bruder getraut!“ Kurzerhand umarmte Abby ihre beste Freundin voller Freude. Sie war so glücklich, dass sie das Gefühl hatte, dass ihr das Herz voller Freude zerbersten würde.

Kapitel 12 - Unverhoffter Besuch

 Als Abby am nächsten Morgen aufwachte, dachte sie alles geträumt zu haben. Doch als sie ihren linken Ringfinger betrachtete wusste sie, dass sie das gestern nicht geträumt hatte, sondern es Wirklichkeit war. Da Clara noch schlief, zog sich Abby leise an und schlich in die Küche. Dort traf sie auf ihre Mutter. „Guten Morgen Mamaji!“, grüßte sie ihre Mutter gut gelaunt und umarmte sie. „Guten Morgen Liebes. Was bist du denn heute so glücklich?“, wollte Ashley wissen. „Weist du deine Kinder haben endlich ihr Happy End.“, grinste Abby. „Also bist du Glücklich mit dieser Entscheidung? Oder hätte ich nein sagen sollen?“, grinste ihre Mutter. Nun Abby war verwirrt. „Wie meinst du das?“, fragte Abby. „Dein Bruder und Jayson waren gestern Abend noch bei mir und Eileen und haben um unseren Segen gebeten, den wir natürlich voller Freude gegeben haben.“, erklärte Ashley ihrer Tochter woraufhin diese ihr freudig um den Hals fiel. „Ich kann dir einfach nicht genug danken!“, rief Abby freudig. „Ich freue mich auch sehr.“ entgegnete Ashley. „Und ich denke mein Part hier ist getan. Eileen und ich wollen so langsam wieder nach Hause. Mr. Fortin macht sich schon langsam Sorgen und ich sehne mich auch so langsam wieder nach meinen eigenen vier Wänden. Aber ihr könnt gerne weiter hier bleiben, wenn Raj es erlaubt.“ Und wie aufs Stichwort kam Raj auch in die Küche. „Guten Morgen die Damen. Was soll ich denn erlauben?“ „Guten Morgen Raj. Abby und ich haben gerade darüber gesprochen, dass Mrs. Fortin und ich gerne wieder nach Hause möchten, aber die Kinder, wenn du es erlaubst gerne länger bleiben können.“, erklärte Ashley. „Aber natürlich! Ich freue mich jeden Tag aufs Neue, dass das Haus nicht leer ist.“, erwiderte Raj und setzte sich zu beiden an den Tisch. „Chai?“, fragte Abby und griff zur Kanne um sich und ihm einzuschenken. Raj nickte und schob ihr die Tasse hin. „Arre vah! (Oh wow!) Mujhe dekao! (Zeig es mir bitte)“, rief er plötzlich aus. Abby gehorchte und zeigte ihm lächelnd den Ring. „Oho, der Stern von Indien! Sehr passend“, entgegnete Raj anerkennend. „Bitte was?“, fragte Abby verwundert. „Dein Ring. Der blaue Saphir ist auch als der Stern von Indien bekannt.“, erklärte Raj. „Achcha. (Achso)“, entgegnete Abby und wurde leicht rot. „Meinen herzlichsten Glückwunsch, Beti (Tochter). Ich freue mich für euch. Nur einen Wunsch habe ich.“ „Und der wäre?“, fragte Abby neugierig. „Ich würde mir wünschen, dass du Hindi weiter lernst. Du bist so begabt! In diesen wenigen Tagen hast du so viel gelernt, nicht mal ich als Muttersprachler habe so viel in so wenig Zeit gelernt!“, lobte Raj. Abby sah das Raj es ernst meinte. „Danke für das Kompliment, mir macht es auch wirklich Spaß. Aber ich glaube wenn ich wirklich weiter machen würde, würde Jayson mir aufs Dach steigen!“, erwiderte Abby. „Aufs Dach steigen?“ Raj machte große Augen. „Er würde doch nicht etwa wegen sowas vom Dach springen! Er würde sich ja damit umbringen!“, rief er entsetzt. Abby musste sich stark das Lachen verkneifen. „Nein! Damit meinte ich, dass ich mir nicht sicher bin ob er damit einverstanden ist. Das ist nur so eine Redensart!“, erklärte Abby. Nun musste Raj lachen. „Achcha (Achso) . Und ich dachte schon…“ Raj gestikulierte wie wild und kam aus dem Lachen nicht heraus. Ashley beobachtete das ganze amüsiert und hatte auch Schwierigkeiten an sich zu halten. Nachdem sie sich einigermaßen wieder unter Kontrolle hatten, kam auch schon der Rest so langsam in der Küche an und alle begannen gemeinsam zu frühstücken.


„Jayson warte!“ Jayson war gerade im Garten und auf dem Weg zu den Ställen um seine Überraschungsfahrt mit Abby vorzubereiten, als Sophie angerannt kam. „Ich habe dich schon überall gesucht. Hier, schau mal. Ich habe heute Morgen einen Brief von meinen Eltern bekommen. Ich soll so bald wie möglich wieder nach Hause kommen.“ „Schön. Du freust dich doch sicherlich deine Eltern wieder zu sehen.“, erwiderte Jayson. „Ja. Aber ich habe auch Neuigkeiten für dich. Sie lassen dich grüßen und fragen ob du nicht mitkommen möchtest. Sie schreiben, dass sie etwas sehr wichtiges mit dir zu besprechen haben.“ Sophie drückte ihm den Brief in die Hand, damit er sich selbst davon überzeugen konnte. „Hm. Scheint wirklich wichtig zu sein. Wann wirst du erwartet?“, entgegnete er, nachdem er den Brief überflogen hatte. „Morgen reise ich ab.“ „Dann sag deinen Eltern, dass ich die nächsten Tage vorbei kommen werde. Aber nur deinen Eltern wegen, dass das klar ist!“, erwiderte Jayson. „Ja, ja. Schon klar.“, winkte Sophie ab und verschwand wieder. Ohne weiter darüber nachzudenken, machte sich Jayson auf den Weg zu den Ställen um die Kutsche vorzubereiten.


Abby hatte die Nase voll vom Lesen und schlug gelangweilt das Buch zu. Ein Blick aus dem Fenster verriet ihr, dass dies ein perfekter Tag für einen langen Spaziergang ist. Also machte sie sich auf den Weg in den Garten. Kaum war sie aus dem Haus getreten, wurde sie auch schon von Jayson abgefangen. „Genau dich habe ich gesucht!“, grüßte er sie, packte ihr Handgelenk und zog sie hinter sich her. „Was hast du denn jetzt schon wieder mit mir vor?“ „Das verrate ich nicht, sonst ist es ja keine Überraschung mehr.“, entgegnete Jayson und Abby gab sich geschlagen. „Na gefällt es dir?“, fragte Jayson, als sie vor einer kleinen Holzkutsche Halt machten. „Es ist wunderschön. Und passend, da ich sowieso gerade einen langen Spaziergang machen wollte.“, erwiderte Abby entzückt und umarmte Jayson. „Na dann, wenn ich bitten darf.“ Jayson half ihr in die Kutsche und stieg ebenfalls auf. Sie fuhren durch das Eingangstor und er bog Richtung Wald ab. Es dauerte eine Weile bis Abby, den Mut hatte Jayson eine bestimmte Frage zu stellen. „Sag mal Jayson.“, begann sie und hakte sich bei ihm unter. „Was hat es eigentlich mit dieser Sophie auf sich? Woher kennst du sie und warum ist sie hier?“ „Du brauchst dir um sie keine Sorgen machen.“, begann er und lächelte sie an. „Nachdem ich meine Schulausbildung im Internat beendet hatte und zurück nach Springhill gezogen bin, musste ich die Geschäfte meines Vaters übernehmen, da er so gut wie nie Zuhause war. Daher brauchte ich jemanden der Erfahrung damit hat und mich dabei unterstützen konnte. Ich brauchte auch nicht lange suchen, da fand ich Sophie, bzw. sie fand mich. Sie suchte Arbeit und ging von Haus zu Haus um nachzufragen ob eine Sekretärin benötigt wird. Also fing sie bei mir an und wir wurden gute Freunde. Vor kurzem habe ich sie dann wegen einer dringenden Angelegenheit aus ihrem verdienten Urlaub gerissen und…“ „Jayson halt sofort an!“, schrie Abby plötzlich, sprang aus der Kutsche und rannte den Weg zurück. Jayson überlegte kurz ob er etwas Falsches gesagt hatte, was Abby dazu brachte ihn so zu unterbrechen. Doch Abbys erneuter Aufschrei, holte ihn in die Gegenwart zurück und er sprang ebenfalls von der Kutsche um ihr zu folgen. Schon auf halber Strecke konnte er erkennen, was Abby dazu veranlasst hatte die Kutsche anzuhalten. Am Wegesrand lag eine verletzte Frau. Nachdem die beiden sie vorsichtig umgedreht haben um zu überprüfen ob sie noch lebt und atmet, erkannten sie, dass es Rani war. „Sie atmet noch, komm wir müssen sie schnell zur Villa bringen, damit Dr. Singh sie sich ansehen kann!“, rief Abby, woraufhin Jayson Rani vorsichtig hochhob und zur Kutsche trug. In der Villa angekommen, trug er sie in Abbys Zimmer und Abby rief Dr. Singh. Während Dr. Singh Rani aufs gründlichste untersuchte, warteten die 4 Freunde nervös vor der Tür. Nach einer gefühlten Ewigkeit kam er endlich aus dem Zimmer. „Sie ist schwer verletzt, aber sie wird es überstehen. Womöglich lag sie längere Zeit am Wegesrand. Sie braucht jetzt viel Ruhe und sollte genug Flüssigkeit zu sich nehmen. Falls noch etwas sein sollte, bin ich die nächsten Tage noch im Haus.“, berichtete Dr. Singh im Flur. „Dürfen wir rein?“, fragte Abby, woraufhin Dr. Singh nur nickte und verschwand. Die 4 Freunde betraten das Zimmer und Abby setzte sich neben Rani aufs Bett. „Wie geht es dir?“, fragte Abby besorgt. „Dank euch gut. Aber wie habt ihr mich gefunden?“, entgegnete Rani. „Wir haben dich am Wegesrand liegen sehen, als wir auf dem Weg zu unserem Picknick waren.“, erwiderte Abby. Rani packte aufgeregt Abbys Hände. „Sag mir bitte ich war allein!“, rief sie fast hysterisch. „Beruhig dich! Du warst allein. Willst du uns nicht erzählen was passiert ist?“, entgegnete Abby. „Also ich habe euch doch gesagt, dass ich nach Hause gehe. Allerdings war ich in Wirklichkeit zu meinem Schwarm gegangen. Zuerst war es wirklich romantisch und er behandelte mich wie seine Königin. Doch nach einer Woche trat langsam der Alltag ein. Er verschwand sehr früh und kam spät abends heim. Irgendwann fand ich dann heraus, dass er ein Räuber ist. Von da an, habe ich mich während seinen Raubzügen aus dem Haus geschlichen und mir die Gegend angesehen. Da hab ich dann meinen wahren Traumprinzen namens Rahul getroffen und die Tage mit ihm verbracht. Eines Abends kam Daniel eher heim als ich. Er war betrunken und sehr wütend. Er wollte wissen wo ich war und da ich ihm nicht antwortete wurde er nur noch wütender. Die folgenden Tage war ich unter strengster Bewachung eingesperrt und wurde von ihm jeden Abend, wenn er zurückkam, geschlagen. Eines Tages hatte mich Rahul gefunden und befreit, doch Daniels Männer haben es leider geschafft mich wieder einzufangen. An mehr kann ich mich nicht erinnern.“, berichtete Rani. „Wie war noch gleich der Name des Räubers?“, hakte Abby nach. „Daniel. Daniel O’Brian. Auch bekannt als Don, der Räuber.“ „Dieser Schweinehund! Ich hätte ihn nicht verschonen dürfen!“, rief Jayson aufgebracht und eilte aus dem Zimmer. „Jayson warte!“, rief Glenn und rannte hinterher. „Was ist denn mit den beiden los? Ich dachte ich erzähle euch einfach was passiert ist und bitte die beiden mich zu beschützen, da ich ehrlich gesagt jetzt Angst vor ihm habe.“, entgegnete Rani verblüfft. Abby stand auf und eilte zum Fenster. „Das hast du sozusagen erreicht. So wie ich Jayson kenne wird er sich darum kümmern. Denn Daniel ist leider ein alter Bekannter.“, klärte Abby die verdutzte Rani auf. Als eine Art Bestätigung, sah sie Jayson kurze Zeit später vom Hof reiten, kurz darauf gefolgt von Glenn.


Jayson konnte es nicht mehr aushalten. Er wusste zu was Don alles fähig war. Da Rani jetzt glücklicherweise in Sicherheit war, galt seine ganze Sorge jetzt Rahul. Er hatte so eine Vorahnung, dass Rahul nicht wie gehofft entkommen war, sondern jetzt in Dons Räuberversteck sein könnte. Also suchte er das ihm bekannte Versteck auf, in der Hoffung dass Don sein damaliges Quartier wieder bezogen hatte und er dort auf Rahul treffen würde. „Steeehh.“, flüsterte Jayson seinem Pferd zu und sprang von seinem Gefährten. Er lugte durch ein Fenster und sah dass seine Befürchtung war geworden war. Er sah Don, wie er gerade auf jemanden einschlug. „Das hast du nun davon, dass du den Helden spielen musstest!“, schrie Don und schlug noch einmal zu und Rahuls Stuhl ging zu Boden. „Elende Ratte.“, kommentierte Don, stieg über ihn drüber und verließ den Raum. Da Jayson keine weiteren Räuber erkennen konnte, hoffte er, dass Don alleine war. Nach kurzer Überlegung, beschloss Jayson das Versteck zu betreten. „Wen haben wir denn da? Was ist denn der Anlass deines Überraschungsbesuches?“, begrüßte Don Jayson angriffslustig, nachdem dieser die Tür geöffnet hatte. „Den Grund kennst du ganz genau!“, erwiderte Jayson und zog seinen Degen. „Hast du es denn so eilig von dieser Welt zu scheiden?“, fragte Don sarkastisch und zog ebenfalls seinen Degen. Jayson rollte nur genervt mit den Augen und griff an. Nach ein paar Hieben erzielte Jayson auch schon seinen ersten Treffer und verletzte Don am linken Oberarm. „Hast wohl heimlich geübt? Tut mir leid dich enttäuschen zu müssen, aber dies war nur ein Glückstreffer.“, kommentierte Don und drängte Jayson weiter ins Innere des Hauses. Während der Schlagabtausche wurden Stühle umgeworfen, Kerzen gekürzt und die Wände gelöchert. Kurz gesagt es ging heiß her. Doch irgendwann wurde es Don dann zu nervig. „Jetzt reichts!“, schimpfte Don und zog das Tempo an was Jayson schnaufend mithielt. Als Don Jayson ebenfalls am Oberarm traf, verzog dieser keine Miene und landete ebenfalls einen Treffer an Dons Hüfte. „Dreckskerl!“, fluchte dieser, kämpfte aber weiter. Jayson wusste, dass er Don so langsam zur Weißglut brachte. „Gibst du auf oder hast du noch nicht genug?“ keuchte Jayson und wehrte Dons Angriff geschickt ab. „Nie im Leben!“, rief Don und zückte kurzerhand seinen Revolver. Damit hatte Jayson nicht gerechnet. Er ließ seinen Degen fallen und hob kapitulieren seine Hände. „Sag Lebewohl zu dieser Welt!“, forderte Don und schärfte seinen Revolver. -PENG- Ein Schuss viel und Jayson, der aus Reflex die Augen geschlossen hatte, wartete auf den Tod. Ein paar Sekunden vergingen, bis Jayson wieder blinzelte. Vor ihm lag Don bewusstlos in seinem eigenen Blut. Ungläubig rannte Jayson in das Hinterzimmer, in dem er Rahul gesehen hatte. „Sind sie Rahul?“, begrüßte er den am Boden liegenden Mann. Dieser nickte und Jayson befreite ihn. „Sie gehen jetzt hinaus. Dort ist ein schwarzes Pferd. Nehmen Sie es und fliehen Sie! Sie können doch reiten?“ Rahul nickte und Jayson fuhr fort. „Wenn Sie östlich fliehen, finden Sie in ca. 10 Meilen eine Villa, die einem guten Freund gehört. Dort finden Sie Unterschlupf und auch ärztliche Versorgung. Rani ist ebenfalls dort.“ Als Jayson Ranis Namen erwähnte, erhellte sich Rahuls Miene. „ Worauf warten Sie noch? Ab in die Freiheit!“, drängte Jayson. Nun hatte auch Rahul seine Sprache wiedergefunden. „Und Sie? Was ist mit Ihnen? Wie kommen Sie zurück?“ „Machen Sie sich um mich keine Sorgen, ich komme zurecht, aber Sie brauchen dringend medizinische Hilfe!“, drängte Jayson und schob Rahul hinaus. Dort trafen sie auf Don, der sich wieder aufgerappelt hatte. „Na, noch nicht genug?“, lenkte Jayson von Rahul ab und stellte sich Don gegenüber. Mit einem fiesen Grinsen hielt Don seinen Revolver erneut in die Höhe und zwei Schüsse fielen. Jayson sah Don erneut zu Boden gehen und betastete sich ungläubig, doch auch er blutete. „Alles in Ordnung?“, ertönte es von hinten und er erblickte Glenn. „Was machst du denn hier?“, fragte er erstaunt. „Deine Verstärkung spielen.“, erwiderte Glenn grinsend. „Ich bin dir gefolgt und habe beide Male Don außer Gefecht gesetzt. Dass er aber immer noch in der Lage war dich zu verletzen, erstaunt mich jetzt.“, fügte er hinzu, als er Jaysons Wunde erblickte. „Jetzt lass und aber schnell von hier verschwinden, bevor Don noch weiteres Unheil anrichten kann.“, drängte Glenn, packte Jason am Handgelenk und schleifte ihn aus dem Haus.


Zurück in der Villa, erschrak Abby bei Jaysons Anblick. Sein Hemd hatte einen blutigen Ärmel, ebenso seine Hose. „Keine Sorge, mir geht es gut. Wie geht es Rahul, ist er hier angekommen?“, begrüßte er Abby. „Der wird gerade liebevoll versorgt. Dr. Singh hat seine Wunden versorgt und Rani ist jetzt gerade bei ihm.“, erwiderte Abby und sah Jayson besorgt an. „Und du solltest dich auch verarzten lassen. Ich werde Dr. Singh ebenfalls zu dir schicken.“ Bevor Abby gehen konnte, nahm Jayson sie kurzerhand in den nicht verletzten Arm. „Mach dir keine Sorgen, mir geht es gut.“, flüsterte er beruhigend in ihr Haar, bevor er sie wieder los ließ und in sein Zimmer verschwand.


Nach dem Abendessen beschloss Raj dem verwundeten Gast einen Besuch abzustatten. Zum größten Teil war es reine Neugierde die ihn trieb, doch nachdem er die Tragödie bei Abendessen gehört hatte, trieb ihn auch Mitleid dazu, diesen Gast zu besuchen. Raj atmete erneut tief ein und aus, bevor er an der Tür klopfte. „Herein?“, ertönte es von innen und Raj öffnete die Tür. „Ich wollte mich nur nach Ihrem….RAHUL?“, wie erstarrt blieb Raj im Türrahmen stehen als er seinen Sohn erblickte. „Was machst du denn hier?“, fragte er als er seine Stimme wiedergefunden hatte. „Tja, Baba. Da staunst du nicht schlecht.“, entgegnete Rahul lässig. „Ich dachte du bist in Indien. Warum bist du hier?“ „Onkel hatte mir erlaubt dich zu besuchen. Und ich dachte mir ich überrasche dich damit. Doch vorher wollte ich mir die Gegend ein wenig ansehen. Vor 1 Monat bin ich hier in Halifax angekommen und als ich mich umsah, traf ich auf ein bezauberndes Mädchen. Als ich erfuhr, dass sie von einem Räuber gefangen gehalten wurde, wollte ich ihr natürlich helfen und bin leider selber gefangen genommen worden. Aber jetzt bin ich hier - Zinda (Lebend).“ „Hm. Die Hauptsache ist erst einmal, dass es dir gut geht. Über alles andere sprechen wir später. Ruh dich jetzt aus, Beta. Kal milenge (bis morgen).“, erwiderte Raj ungläubig und verließ das Zimmer. „Arre vah, Ati hai! (Oh wow, das ist Zuviel für mich!)“, hörte Rahul draußen seinen Vater schimpfen und musste unweigerlich lachen. Raj machte sich auf den Weg in die Küche. Er wollte in Ruhe bei seinem Allabendlichen Chai über das Geschehene nachdenken. Dort traf er auf Abby, die gerade eine Tasse Chai vor sich hatte und einen Keks hineintunkte. „Kya hua? (Was ist los?)“, begrüßte ihn Abby. „Hast du schon unseren verletzten Gast gesehen?“, fragte Raj woraufhin Abby den Kopf schüttelte. „Ich habe ihm gerade einen Besuch abgestattet um zu sehen wie es ihm geht. Und auf wen treffe ich da? Natürlich auf meinem Sohn!“ „Kya? (Was?)“, entfuhr es Abby. „Du hast richtig gehört. Mein Sohn hat die Erlaubnis von meinem Onkel bekommen, mich hier zu besuchen. Den Rest der Geschichte kennst du ja bereits.“ „Es ist ja alles nochmal gut gegangen.“, entgegnete Abby und goss Raj ebenfalls Chai ein. „Und was beschäftigt dich?“, wollte Raj wissen. „Du kennst mich einfach schon zu gut.“, seufzte Abby. „Väterlicher Instinkt nennt man das, meine Liebe.“, erwiderte Raj und lächelte ihr aufmunternd zu. „Ich weiß einfach nicht wie es weiter gehen soll. Mutter wird morgen wieder abreisen. Zwar bleibe ich gerne hier, aber ich habe auch Angst, dass Jayson sehr bald schon meiner Überdrüssig wird und sich doch mit dieser Sophie liiert.“ „Dann werden wir ihm einfach keine Chance geben. Ich meine damit, nachdem Miss Splendt morgen abgereist ist, beginnen wir einfach eure Hochzeit zu planen. Was hältst du davon.“, erklärte Raj freudig. „Das würdest du wirklich tun?“, fragte Abby ungläubig. „Natürlich Beti (Tochter)! Ihr seid mir alle so ans Herz gewachsen, das ich mir momentan nichts sehnlicher wünsche als eine Doppelhochzeit zu planen.“ Überglücklich sprang Abby auf und fiel Raj um den Hals. „Aber das muss natürlich erst einmal unter uns bleiben.“, ergänzte Raj. „Ich weiß nicht wie ich dir je genug danken kann!“ „Indem du uns beiden jetzt den nötigen Schönheitsschlaf schenkst!“, scherzte Raj, woraufhin Abby lachte. „Hañ (ja) Baba, ich geh ja schon.“, lachte Abby und verschwand.

Kapitel 13 - Zweites Treffen mit der Vergangenheit

 Sophies Abschied lief wie geplant ab, zumindest aus ihrer Sicht. Alle verabschiedeten sich aus Höflichkeit mit einer Umarmung, sogar Jayson. „Vergiss nicht meine Eltern zu besuchen, wenn du in der Gegend bist.“, erinnerte Sie ihn an den Brief und sein Versprechen, während sie ihn umarmte. „Ja mach ich.“, erwiderte Jayson und schob sie unauffällig von sich. Natürlich hatte Abby diese ungewöhnlich lange Umarmung beobachtet, versuchte aber die aufkommenden negativen Gedanken aus ihrem Kopf zu vertreiben. „Es wird Zeit Mrs. Splendt, sonst verpassen sie die Anschlusskutsche.“, meldete sich der Kutscher und riss Abby somit aus ihren Gedanken. Sophie stieg in die Kutsche und winkte noch ein letztes Mal allen mit ihrem Taschentuch zu. „Na endlich.“, seufzte Glenn und sprach damit aus, was jeder dachte. „Jetzt wird es aber langsam auch Zeit für uns zu gehen.“, meldete sich Ashley und sogleich fuhr die zweite Kutsche vor. „Ich hoffe Sie werden trotzdem öfter einmal zu Besuch kommen.“, verabschiedete sich Raj von Ashley. „Aber natürlich.“, erwiderte Ashley verlegen. „Und ihr benehmt euch hoffentlich auch wenn ich nicht da bin.“, wandte sie sich an ihre Kinder. „Maa!“, rief Abby empört aus und umarmte ihre Mutter. „Du kannst beruhigt nach Hause fahren. Wir werden ja nicht ewig hier bleiben.“, verabschiedete sie sich und gab ihrer Mutter einen Kuss auf die Wange. Auch Clara verabschiedete sich von ihrer Mutter. „Sag Vater, dass ich auch bald nach Hause kommen werde und drücke ihn ganz lieb von mir.“ Nachdem auch hier die Kutsche abgefahren war, verschwanden alle zurück ins Haus und zogen sich erst einmal in die jeweiligen Zimmer zurück um sich für das Abendessen frisch zu machen.


Damit Ashley die erste Nacht nicht alleine in diesem großen Haus verbringen musste, hatte Eileen beschlossen ihrer Freundin für eine Nacht Gesellschaft zu leisten. Und das war auch gut so, denn während ihrer Abwesenheit kam für Ashley ein Brief von einer Familie O’Brian, der einen wahren Sturm heraufbeschwor. In diesem Brief stand folgendes: „Seid gegrüßt werteste Freundin. Wie geht es euch und eurer wundervollen Tochter? Wenn ich mich nicht täusche muss eure Tochter, wie auch mein Sohn, nun im heiratsfähigen Alter sein. Sicherlich fragt Ihr euch warum ich euch jetzt schreibe. Nun ich bin kein großer Brieffreund, ich möchte euch lediglich an das Versprechen eures Mannes, dass er mir vor 9 Jahren leistete, erinnern. Ihr verspracht eure Tochter mit meinem Sohn die Ehe eingehen zu lassen, sobald diese im heiratsfähigen Alter wären. Mir ist bewusst, dass dies sehr lange her ist, daher schreibe ich diesen Brief als Erinnerung und möchte auch gleichzeitig den Termin der Verlobung und der Hochzeit bekannt geben. Mein Sohn und ich kommen in einem Monat, sprich am 13. September zu euch um die Verlobung bekannt zu geben. Eine Woche später soll dann die Hochzeit stattfinden. Bitte bereitet bis dahin alles Notwendige für unsere Unterkunft und natürlich auch für die Feiern vor. Solltet ihr Hilfe brauchen, sagt einfach Bescheid. Bis bald, Ralph O’Brian.“ „Man haben die sich aber geschickt aus der Affäre gezogen!“, schimpfte Eileen, nachdem Ashley ihr den Brief vorgelesen hatte. „Solche Ignoranten haben eigentlich nichts zu melden! Eine pure Frechheit! Erinnern dich einfach daran und lassen dich alles vorbereiten, ohne auch nur einen Moment darüber nachzudenken, dass deine Tochter sich verliebt haben könnte oder ihr andere Pläne habt!“ „Jetzt beruhige dich doch mal Eileen. Ich müsste sauer sein, aber ich kann mich ehrlich gesagt nicht an solch ein Versprechen erinnern. Wahrscheinlich habe ich es einfach vergessen oder verdrängt und jetzt werde ich dafür bestraft.“, versuchte sie sich und ihre Freundin zu beruhigen. „Nein. Sowas darfst du nicht sagen, geschweige denn denken!“, erwiderte Eileen entsetzt. „Beide deiner Kinder sind glücklich verliebt. Außerdem ist deine Tochter jetzt verlobt. Dieser Ralph und sein Sohn können sich schön hinten anstellen. Ich bin mir sicher, er hatte bis vor kurzem dieses Versprechen selbst vergessen, also musst du dir nicht die geringsten Vorwürfe machen.“ „Du hast Recht Eileen. Nicht ich muss mir Sorgen und Vorwürfe machen, sondern er. Ich werde ihm am besten gleich zurück schreiben und erkläre ihm die Situation.“, überlegte Ashley laut. „Ich habe eine bessere Idee. Wir lassen den Brief und die damit verbundene Nachricht für heute ruhen und machen uns einen schönen Abend. Und morgen früh machen wir uns Gedanken und verfassen die Antwort. Na was hältst du von dieser Idee?“, schlug Eileen vor, was Ashley dankbar annahm.


Nach dem Abendessen ging Abby allein in ihr Zimmer. Clara war mit Glenn spazieren und Jayson war auch verschwunden. Während Abby gerade das Regal nach einem guten Buch durchsuchte, beschlich sie plötzlich das ungute Gefühl, dass ein Sturm ihr Leben aufwühlen würde. Doch was genau das sein könnte, konnte sich Abby beim besten Willen nicht vorstellen. Um sich zu beruhigen, setzte sie sich in einen der Sessel, schloss die Augen und versuchte sich auf die schönen Momente mit Jayson zu erinnern. Sie war so in Gedanken versunken, dass sie nicht mitbekam wie es an der Zimmertür klopfte und jemand kurz darauf eintrat. Ganz langsam und sachte legten sich zwei Männerhände auf ihre Schultern und begannen sie zu massieren. Augenblicklich entspannte sie sich und lehnte sich ein wenig zurück. Nach einer Weile spürte Abby, wie die Hände nun auch den Nacken massierten und sich jemand über sie beugte und ihre Stirn zu küssen versuchte. Erschrocken sprang sie auf und stieß mit Jaysons Stirn zusammen. „Aua!“, riefen beide aus einem Munde. „Musst du gerade sagen! Du hast mir einen riesen Schreck eingejagt. Mein Herz hätte fast ausgesetzt!“, schimpfte Abby, sich die Stirn reibend. „Warum hast du nicht geklopft?“ „Aber das habe ich doch! Du warst so in Gedanken versunken, dass du mich nicht gehört hast.“, verteidigte sich Jayson. „Jedenfalls bin ich hier um mich zu verabschieden. Du weißt wie sehr ich Abschiede hasse, deshalb reite ich morgen bei Sonnenaufgang los.“, erklärte er und verabschiedete sich von Abby. Nachdem Jayson verschwunden war, machte sie sich langsam fertig fürs Bett. Als Clara das Zimmer betrat, lag Abby schon im Bett und schlief tief und fest.


Am nächsten Morgen wachte Abby sehr früh auf. Sie stand auf und ging zum Fenster und öffnete die Gardinen einen kleinen Spalt, um hinausspitzen zu können. Unten im Hof sah sie Black Star stehen. Ohne einen zweiten Gedanken zu verschwenden, beschloss Abby sich erneut zu verabschieden. Sie schloss die Vorhänge, warf sich ihren Morgenmantel über und schlich aus dem Zimmer. Jayson trat gerade mit den Satteltaschen aus dem Stall als Abby unten ankam und um die Ecke lugte… Da Jayson mit dem Rücken zu ihr stand, eilte sie so schnell und leise wie möglich zu ihm, um ihn zu überraschen. „Abby, warum schläfst du nicht?“, fragte Jayson, kurz bevor sie ihn erreicht hatte. Verdutzt blieb sie stehen. „Woher wusstest du, dass ich komme? Ich war leise und vorsichtig. Hast du etwa Augen im Hinterkopf von denen ich nichts weiß?“ Jayson drehte sich um. „Du scheinst zu vergessen, dass ich dich schon lange kenne. Außerdem habe ich dich die durch das Fenster im Treppenhaus die Treppen runter rennen sehen.“ „Du bist gemein. Nicht einmal dich zu überraschen gönnst du mir.“, schmollte Abby und boxte ihm scherzhaft in den Oberarm. Jayson nahm Abby in die Arme. „Es tut mir leid. Aber mal ernsthaft. Warum schläfst du nicht? Die Sonne ist noch nicht richtig aufgegangen und du stehst hier im Morgenmantel vor mir. Ich bleibe doch nicht lange weg. In ein paar Tagen bin ich wieder da.“ „Du hast ja Recht. Ich habe nur ein ungutes Gefühl, dass ich nicht zuordnen kann.“, erklärte Abby und löste sich aus seiner Umarmung. Jayson küsste zum Abschied ihre Stirn, bestieg sein Pferd und ritt davon. Ein kalter Schauer durchlief sie, als Jayson davonritt. Um sich zu wärmen, zog sie den Morgenmantel enger und ging zurück ins Haus. Sie zog sich um und beschloss, sich in der Küche einen Kaffee zu holen. „Guten Morgen Abby.“, begrüßte Raj sie, als sie die Küche betrat. „Was machst du denn so früh am Morgen schon auf?“ „Guten Morgen Raj. Dasselbe könnte ich dich auch fragen.“, erwiderte sie und setzte sich an den Tisch. „Ich konnte einfach nicht mehr schlafen, also dachte ich mir ich starte den Tag heute früher als sonst. Was ist mit dir?“, fragte Abby und goss sich Kaffee ein. „Ich konnte auch nicht mehr schlafen. Ein Diener brachte mir gestern Abend noch einen Brief von deiner Mutter mit, sagen wir, ungünstigen Nachrichten. Sie bekam einen Brief von einem alten Bekannten, der sie an ein Versprechen erinnerte. Er schreibt, dass vor 9 Jahren eine Verbindung zwischen dir und seinem Sohn von deinem Vater beschlossen wurde. Deine Mutter kann sich zwar nicht an ein solches Versprechen erinnern, aber sie wird ihm heute schreiben, dass du schon vergeben bist. Du brauchst dir also keine Sorgen machen. Und sollte etwas sein, werde ich natürlich helfen.“, erklärte Raj und nippte an seinem Chai.


„Ah. Mr. Barkley! Schön dass sie da sind.“ Jayson wurde von Mr. und Mrs. Splendt sehnlichst erwartet. „Wie geht es Ihnen? Hatten sie eine angenehme Reise?“, wurde Jayson von Mr. Splendt gelöchert. „Jetzt lass ihn doch erst einmal in Ruhe ankommen!“, schollt Mrs. Splendt ihren Mann und wendete sich entschuldigend an Jayson: „Kommen Sie erst mal herein. Sie müssen bestimmt erschöpft sein.“ Sie führte die Herren ins Wohnzimmer. „Ich denke wir wissen all warum ich hier bin. Da ich es ein wenig eilig habe möchte ich gleich zum Punkt kommen.“, begann Jayson, nachdem sie sich gesetzt hatten. „Gut, wenn es Ihnen so wichtig ist.“, ging Mr. Splendt auf seine Bitte ein. „Ja das ist es mir. Am besten ist es wenn wir es so schnell wie möglich klären, bevor das Alter alles kaputt macht. Am liebsten wäre es mir natürlich wenn wir es jetzt schon klären könnten.“ „Gut. Was ist denn in diesem Fall das wichtigste für Sie?“, fragte Mr. Splendt. „Der Preis. Wissen Sie ich möchte keine Gefallen, deshalb sollte es nicht zu billig sein, aber zu teuer ist auch nicht fair. Aber ich bin mir sicher wir können uns da einigen.“ „Und an was dachten Sie da so?“ „Also ich zahle höchstens 20.000 Dollar.“, legte Jayson fest. „Was?“, rief Mr. Splendt verwirrt. „Warum wollen Sie zahlen, wenn wir doch…“ „Sei still!“, unterbrach Mrs. Splendt ihren Mann. „Ich glaube wir reden gerade aneinander vorbei.“, wandte sie sich an Jayson. „Warum?“, fragte Jayson, jetzt ebenfalls verwirrt. „Ich bin hier um Iren Sommerwohnsitz in Dartmouth aufzukaufen.“ „Oh. Dann haben Sie uns wirklich missverstanden.“, erwiderte Mr. Splendt und schaute erst seine Frau und dann Jayson an. „Wir hatten Sie hergebeten, weil wir Sie mit unserer Tochter verheiraten wollen.“ „Was? Sophie und ich? Wie kommen Sie denn auf die Idee?“, rief Jayson überrascht. „Wissen Sie, unsere Tochter hat in letzter Zeit nur noch von Ihnen gesprochen. Da haben wir uns gedacht, dass Sie mit unserer Tochter zusammen sind und sie vielleicht heiraten möchten.“, klärte Mrs. Splendt das Missverständnis auf. „Das tut mir wirklich leid. Ich dachte Sie wollen geschäftlich mit mir reden, da Sophie erwähnt hatte, dass Sie mit dem Gedanken spielen Ihren Sommersitz zu verkaufen.“ „Das hatten wir auch, allerdings haben wir noch keine Anfragen bekommen. Sie sind also interessiert?“, fragte Mr. Splendt, woraufhin Jayson nickte. „Gut. Dann gehört es Ihnen.“


„Einen wunderschönen guten Morgen.“, begann Abby ihren Weckruf und zog die Gardinen auf. „Begrüß den Tag mit einem Lächeln und der Tag gehört dir.“ Abby war guter Laune. Sie drehte sich zu Clara und sah nur noch, wie diese ihre Bettdecke über ihren Kopf zog. „Komm schon Clara. Es ist Zeit zum Aufstehen!“ Der Tag ist noch jung und voller Überraschungen.“, drängte Abby und wusste nicht wie recht sie damit hatte. „Mhmmmm.“, war Claras Antwort, woraufhin Abby kurzerhand die Bettdecke packte und wegzog. „Du bist gemein!“, schimpfte Clara und warf das Kissen hinterher. „Wozu hat man denn Freunde? Jetzt geh endlich ins Bad und mach dich fertig.“, entgegnete Abby und wich dem Kissen geschickt aus. „Ok. Ok. Ich geh ja schon.“, ergab sich Clara und verschwand im Bad. Währenddessen räumte Abby wieder das Bettzeug auf. „Zufrieden?“, machte Clara wieder auf sich aufmerksam. Abby nickte zufrieden. „Hunger?“, fragte sie und öffnete die Zimmertür. „Was denkst du denn?“, erwiderte Clara sarkastisch und folgte Abby ins Esszimmer.


„Müssen Sie uns wirklich schon verlassen Mr. Barkley?“ „Ja. Ich habe versprochen, so bald wie möglich zurück zu sein. Und je eher ich ankomme, desto besser ist es.“ „Schade, Sophie hätte sich sicher gefreut, Sie wiederzusehen. Sie ist gerade bei Freunden zu Besuch.“, erzählte Mrs. Splendt. „Ja, wirklich schade. Ein anderes Mal sicher.“, versprach Jayson und bestieg sein Pferd. „Darf ich eine persönliche Frage noch zum Schluss stellen?“, bat Mr. Splendt. Jayson nickte. „Sind sie überhaupt frei?“ Jayson grinste. „Nein, nicht mehr. Seit 3 Tagen bin ich verlobt.“ „Na dann. Geben Sie bitte unsere Glückwünsche an Ihre Verlobte weiter. Und wir hoffen auf ein baldiges Wiedersehen.“, verabschiedeten sich beide und winkten, bis Jayson nicht mehr zu sehen war.


Abby entschied nach dem eigentlichen Frühstück einen ‘kleinen’ großen Spaziergang zu machen. Sie informierte Clara und marschierte los. Gedankenverloren machte sie sich in Richtung Wald auf. Da es ziemlich warm war, machte sie halt an einem kleinen Bach um sich kurz abzukühlen. Sie zog ihre Schuhe aus, setzte sich auf einen Stein und ließ ihre Füße im kühlen Nass baumeln. Wie sehr sie sich doch jetzt Jayson her wünschte um dies mit ihm zu genießen! Nachdem sie sich ein wenig abgekühlt hatte, zog sie ihre Schuhe wieder an und setzte ihren Spaziergang fort. Alle paar Meter hielt sie an um ein paar Blumen zu pflücken. Sie hatte schon einen beachtlichen Strauß zusammen, als sie sich an einer alten Fichte eine kleine Pause gönnte. Sie schloss die Augen um die friedliche Stille zu genießen. „Darf man diese Rose auch pflücken?“ Abby öffnete die Augen und schielte in die Richtung aus der die Stimme kam. Dort sah sie einen grinsenden Räuber neben sich stehen. Um sich die Angst, die plötzlich in ihr aufstieg, nicht anmerken zu lassen antwortete sie schnippisch: „Nein, darf man nicht!“ „Schade. So eine Schönheit darf man sich doch nicht entgehen lassen.“, bedauerte der Räuber wobei er einen kleinen Schritt zurück machte und sie prüfend ansah. „Hm. Ich glaube der Boss würde sich sehr über dieses Geschenk freuen.“ „Sind Sie sich da ganz sicher? Denn soweit ich weiß, bin ich überhaupt nicht sein Typ.“ versuchte Abby den Räuber zu überreden. „Oh, Nein. Darauf falle ich nicht rein! Entweder du kommst jetzt freiwillig mit, oder ich bringe dich dazu!“, gab ihr der Räuber zur Wahl. „Darf ich wenigstens diese Blumen mitnehmen?“, fragte Abby. „Wenn es denn sein muss! Aber beeil dich, denn ich will noch vor dem Boss im Versteck sein!“ Während Abby aufstand und die Blumen einsammelte, überlegte sie, wie sie wieder aus dieser verzwickten Lage herauskommen könnte. Als der Räuber kurz nicht aufmerksam war, warf Abby ihm die Blumen ins Gesicht und rannte los. „He! Bleib stehen!“, rief der Räuber, als er begriffen hatte, was gerade geschehen war und rannte ihr hinterher. Nicht weit entfernt hörte Abby Hufgeklapper und rannte um Hilfe schreiend in diese Richtung.


Nachdem Ashleys Absage Mr. O’Brian erreicht hatte, sandte er kurzerhand seinen Sohn Daniel nach Springhill, um alles aufzuklären. Daniel hatte gerade die Lichtung des angrenzenden Waldes erreicht, als er Hilferufe, gefolgt von Flüchen, vernahm. Daraufhin gab er seinem Pferd die Sporen, um zur Hilfe zu eilen. Doch schon aus guter Entfernung konnte er erkennen, um wen es sich handelte.


Endlich sah Abby einen Reiter, der in ihre Richtung galoppierte. Zwar waren es nur ein paar Sekunden in denen Sie hilflos davon rannte, aber ihr kam es unendlich lange vor. Mit dem auf sie fokussierten Räuber hinter sich, blieb sie abrupt stehen und traute ihren Augen nicht. Der Räuber, der über ihren plötzlichen Halt sehr glücklich war, packte sie am Arm und schaute ebenfalls endlich auf. Auch er schien seinen Augen nicht zu trauen, denn auf dem Pferd saß ein alter Bekannter. „Lass sofort die Dame los!“ ertönte es vom Reiter. „Aber Boss…“, erwiderte der Räuber verwirrt, denn auf dem Pferd saß kein anderer als Don der Räuberhauptmann, auch bekannt als Daniel O’Brian! „Boss, du siehst heute so formell aus.“, stellte der Räuber erstaunt fest. „Erstens, Schnauze Max! Zweitens bin ich nicht als Räuberhauptmann hier, sondern im Auftrag meines Vaters wegen einer Familiären Sache! Solange ich in dieser Rolle hier bin, kennt ihr mich nicht! Haben wir uns verstanden?“ „Ja Mr. O’Brian, Sir.“, erwiderte Max folgsam. „Und jetzt lass die Dame los!“, befahl Daniel. „Und du Abby, steh nicht so dumm rum! Steig auf, ich bring dich zur Villa zurück.“, wandte sich Daniel ungeduldig an Abby, packte sie am Arm und hievte sie auf sein Pferd. „Geh und sag den anderen Bescheid! Ich will keine Probleme, sonst lernt ihr mich kennen!“, rief er Max zu, gab seinem Pferd die Sporen und ritt davon. „Damit das klar ist: Keiner wird von dieser Begegnung erfahren, nicht viele wissen von meinem Doppelleben und so soll das auch bleiben! Sollte jemand von dieser Begegnung erfahren, wird es dir sehr leid tun!“, mahnte er Abby bevor er sie am Tor zur Villa absetzte. „Abby! Da bist du ja endlich! Ich habe mir schon Sorgen gemacht.“, kam ihr Clara entgegen geeilt. „Was ist passiert?“, wollte sie wissen. „Es ist alles in Ordnung, Clara. Ich habe mich nur verlaufen und ein Gentleman, der mir zufällig entgegenkam, hat mich zurückgebracht und hier am Tor abgesetzt.“, beruhigte sie ihre beste Freundin und ging mit ihr ins Haus.


Währenddessen erreichte Daniel das Anwesen der Familie, dessen Tochter sein Vater für ihn erwählt hatte und diese mit einem angeblichen alten Versprechen betrug. Er klingelte und kurz darauf öffnete sich auch schon die schwere Eingangstür. „Guten Tag. Bin ich hier richtig bei Mr. und Mrs. O’Conner?“, grüßte er die ältere Dame, die soeben die Tür geöffnet hatte. „Ja, sind sie. Und mit wem habe ich das Vergnügen?“, erwiderte Ashley. „Mein Name ist Daniel O’Brian. Mein Vater schickt mich, um den genauen Grund ihrer Absage in Erfahrung zu bringen. Dieses Schreiben soll ich Ihnen von meinem Vater übergeben.“, erklärte er und überreichte den Brief. Neugierig öffnete Ashley das ihr überreichte Schriftstück und las folgendes: „Werte Freundin. Mit diesem Schreiben schicke ich meinen Sohn zu dir, um den Grund deiner Absage in Erfahrung zu bringen. Ich muss zwar zugeben, dass ich auch erst kürzlich wieder an dieses Versprechen gedacht habe. Aber dies ändert nichts daran, dass ein Versprechen bindend ist! Daher bitte ich dich, meinen Sohn bei den Hochzeitsvorbereitungen zu unterstützen. Falls es dennoch einen triftigen Grund geben sollte, dass eine Auflösung dieser Verbindung erfordert, bitte ich dich dies meinem Sohn mitzuteilen, damit wir eine entsprechende Lösung finden können. Freundliche Grüße, dein Freund Ralph O’Brian.“ „Nun? Was ist Ihre Antwort?“, hakte Daniel nach, als er festgestellt hatte, dass Ashley den Brief gelesen hatte. „Nun, es ist so. Meine Tochter ist bereits verlobt. Und ich möchte ihre glückliche Liebe nicht mit einem alten Versprechen, dass eh von beiden Seiten vergessen war, kaputt machen.“, erwiderte Ashley wahrheitsgemäß. „Wenn das so ist. Ich werde meinem Vater Bescheid geben, er wird dann alles andere entscheiden. Dennoch muss ich sagen, dass sie daran eher hätten denken müssen, denn meiner Meinung nach ist ein Versprechen bindend. Aber wir werden sehen, wie mein Vater entscheidet. Einen schönen Tag noch.“ Damit verabschiedete sich Daniel und hinterließ eine verzweifelte Ashley. „Allesamt ohne Mitgefühl!“, dachte sich Ashley. „Denen wird noch hören und sehen vergehen, wenn sie mir den Kampf ansagen. Die werden ihr blaues Wunder erleben! Und das ist ein Versprechen, dass ich definitiv halten werde! Meine Abby wird sicher nicht diesen Schnösel von Daniel heiraten! Nein, meine Abby gehört zu ihrem Jayson, komme was da wolle.“


„Was ist denn mit dir los? Du bist heute so still.“, fragte Clara nach einer Weile. Es war mittlerweile schon später Nachmittag und die beiden Freundinnen hatten es sich im Teezimmer gemütlich gemacht. Clara las ein Buch, während Abby am Fenster stand und gedankenverloren den Regen beobachtete. Ihr Blick aus dem Fenster fiel auf den Hof und das Eingangstor. „Ach nichts, lies einfach dein Buch und kümmere dich nicht um mich.“ „Ok, wie du willst.“, erwiderte Clara schulterzuckend und widmete sich wieder ihrem Buch. Nach einer Weile erkannte sie einen Reiter und rannte ohne ein weiteres Wort aus dem Zimmer. Sie rannte aus dem Haus und den Weg zum Tor entlang. „Jayson!“, rief sie erfreut, als sie Black Star erkannte und rannte umso schneller. Jayson wiederum verlangsamte sein Tempo, um Abby nicht zu überrennen. „Abby, was machst du hier? Es schüttet wie aus Eimern!“, rief er Abby entgegen. „Ich weiß.“, entgegnete Abby und blieb stehen. Beide standen sich nun gegenüber. „Ich habe dich auch vermisst.“, erwiderte Jayson und hievte Abby auf sein Pferd. Gemeinsam ritten sie das letzte Stück zur Villa, bevor er vom Pferd sprang und ihr vom Pferd half. „Was gibt es so wichtiges, das nicht warten kann, bis ich angekommen bin?“, fragte Jayson grinsend. „Woher willst du denn wissen, dass ich dir was Wichtiges zu sagen habe?“, entgegnete Abby verwirrt. „Weil ich dich kenne.“, erwiderte Jayson zärtlich, woraufhin Abby errötete und kichernd ihren Blick senkte. Jayson überreichte Black Star einem Stallburschen und nahm Abby bei der Hand, um mit ihr Richtung Haus zu laufen. „Es geht leider auch um einen alten Bekannten von uns.“, begann Abby ihren Bericht wieder ernst. „Ich war heute im Wald spazieren, als mich ein Räuber belästigte. Im letzten Moment tauchte Daniel auf und rettete mich.” Sie spürte, wie Jaysons Griff fester wurde und beeilte sich weiter zu reden. “Keine Sorge, er hat mir nichts getan, aber er verlangte von mir, dass niemanden erzähle, dass er Undercover da ist. Ich sage dir, er führt irgendwas im Schilde.“, berichtete Abby. „Und er hat dich sicher nicht belästigt?“, fragte Jayson leicht wütend nach. „Keine Sorge. Er war in diesem Fall mein Retter.“, versuchte sie ihn zu beruhigen. „Vergiss nicht, auch ich kann mich wehren.“, scherzte Abby und zwinkerte Jayson verschwörerisch zu. „Jetzt sollten wir aber wirklich rein gehen, damit wir uns nicht noch erkälten.“, drängte nun Jayson und schob Abby ins Haus. Nachdem sich ihre Wege getrennt hatten und er auf dem Weg zu seinem Zimmer war, schossen ihm die absurdesten Gedanken durch den Kopf, was alles hätte passieren können, während er nicht bei Abby war. In seinem Zimmer erlebte er auch schon die nächste unangenehme Überraschung. „So sieht man sich wieder.“, begrüßte ihn Don vom anderen Ende des Zimmers und zog seinen Degen. Jayson zog ebenfalls seinen Degen und der Kampf ging los. „Was machst du eigentlich hier?“, fragte Jayson und parierte Dons Angriff. „Ich wusste Missi würde ihren Mund nicht halten können, daher bin ich nach meiner Erledigung wieder her gekommen und habe darauf gewartet, dass du kommst.“, erwiderte Don und griff weiter an. „Und was willst du jetzt von mir?“, hakte Jayson nach. „Nun da ich gehört habe, wie Missi dir unser kleines Geheimnis erzählt hat, bin ich durchs Fenster reingekommen und muss dich jetzt leider zum Schweigen bringen.“, erwiderte Don und erhöhte das Tempo. „Willst du ein wenig spielen oder soll ich es schnell beenden?“, fragte Don hämisch und stach zu. Jayson wich geschickt aus und versetzte Don einen Hieb am Bein. „Du vergisst wohl, dass sich in 10 Jahren einiges ändern kann.“, stichelte Jayson. „Und du scheinst wohl vergessen zu haben, dass ich gerne unfair spiele.“, erwiderte Don und zückte seinen Revolver. „Hast du noch irgendeinen Wunsch, bevor ich abdrücke?“, fragte Don und wartete auf eine Reaktion. Doch Jayson stand nur keuchend da und überlegte Fieberhaft, wie er sich diesmal aus dieser Situation retten konnte. „Nein? Dann verabschiede dich von dieser Welt!“, schlussfolgerte Don und drückte ab. Jayson ging wortlos zu Boden. „Falls du das überlebst, bedank dich bei Missi!“, zischte Don und verschwand durchs Fenster.


Abby war gerade fertig umgezogen als sie aus dem Nebenzimmer ungewöhnliche Geräusche, gefolgt von einem Schuss nebenan hörte. So schnell sie konnte, rannte sie rüber in Jaysons Zimmer und sah gerade noch wie Don aus dem Fenster verschwand. „Jayson!“, rief sie, als sie ihn bewusstlos am Boden liegen sah. Da er mit dem Gesicht zum Boden lag musste sie ihn erst umdrehen um seine Atmung zu überprüfen. Sie kniete neben sein Gesicht und bette dieses vorsichtig in ihrem Schoß. „Es tut mir so leid! Es ist alles meine Schuld. Bitte halte durch. Du kannst mich jetzt nicht verlassen!“, flehte sie hysterisch und sah sich Hilfesuchend um. Doch Hilfe war schon da. „Ich hab einen Schuss gehört, was ist passiert?“, fragte Glenn erschrocken als er das Zimmer betrat. „Du hast richtig gehört. Jayson wurde angeschossen, schnell geh und hol Dr. Singh!“, antwortete Abby und Glenn verschwand auch gleich wieder. Kurz darauf war er auch schon wieder mit dem Dr. da. Er und Dr. Singh hoben Jayson vom Boden und legten ihn vorsichtig ins Bett. Währenddessen war auch Clara dazugekommen. „Komm, er ist jetzt in den besten Händen.“, drängte Clara und führte Abby aus dem Zimmer. Sie führte sie zurück ins Teezimmer, in dem Sie es sich gemeinsam vorher gemütlich gemacht hatten. „Setz dich.“, befahl sie, drückte Abby sanft aufs Sofa und schenkte ihr Tee in eine Tasse. Sie reichte ihr die Tasse und setzte sich ihr gegenüber. „Als Glenn hier vorbei rannte um den Dr. zu holen, rief er mir nur zu, dass etwas passiert ist und Jayson verletzt ist. Daraufhin bin ich ihm gefolgt.“, erklärte sie und betrachtete ihre zitternde Freundin besorgt. „Jetzt erzähl du mir aber mal was passiert ist.“, bat sie. „Alles was ich weiß ist, dass Don im Zimmer war und mit Jayson gekämpft hatte. Mehr kann ich dir dazu auch noch nicht sagen.“, erklärte Abby und brach in Tränen aus. „Oh Clara es ist sicher alles meine Schuld! Warum muss er denn darunter leiden?“, rief sie und schlug die Hände vors Gesicht. „Na, na, na. Es wird sicher alles gut werden!“, versuchte Clara Abby zu trösten.


Währenddessen wurde Jayson von Dr. Singh versorgt, während Glenn den Blutfleck am Boden reinigte. „Wir haben Glück, es ist ein glatter Durchschuss und es scheinen auch keine Knochen und auch kein Nerven-, Sehnen- oder Muskelgewebe getroffen worden zu sein.“, gab Dr. Singh Entwarnung, nachdem er die Wunde versorgt und das Blut weggewaschen hatte. „Jetzt muss er nur noch umgezogen werden, damit er von den nassen Sachen nicht noch eine Erkältung bekommt. Brauchen Sie dabei meine Hilfe?“ „Nein, danke. Ich denke, das schaffe ich schon.“, erwiderte Glenn. „Gut. Sollte es weitere Probleme geben, rufen sie mich einfach.“ Mit diesen Worten verabschiedete er sich und ließ Glenn mit Jayson alleine. Während er vorsichtig seinen besten Freund umzog, wunderte er sich natürlich, was vorgefallen war. Da er seine Schwerster nur allzu gut kannte und wusste, dass sie sich unheimliche Sorgen machte, beschloss er, sie zu holen. Nachdem er Jayson fertig umgezogen hatte, verließ er das Zimmer und eilte die Treppen hinunter zum Teezimmer. „Schwesterherz, du kannst ihn jetzt besuchen.“, begrüßte er sie. Sofort sprang Abby auf und wischte sich Abby die Tränen weg. „Wirklich?“, fragte sie und zwang sich zu lächeln. Glenn nickte nur. „Ihm geht es soweit gut. Es ist ein glatter Durchschuss. Nur sein Bewusstsein hat er noch nicht wiedererlangt.“, erklärte er, woraufhin Abby zu ihm eilte, ihn kurz umarmte und einen Kuss auf die Wange drückte. Ohne ein weiteres Wort rannte sie ins Zimmer, um Jayson zu sehen. Als sie das Zimmer durch die offene Tür betrat, sah sie Jayson regungslos und blass im Bett liegen. Lediglich das Heben und Senken seines Brustkorbes verriet, dass er am Leben war. Abby atmete tief durch, bevor sie in das Zimmer trat. Sie stellte einen Stuhl neben das Bett und setzte sich. „Es tut mir so leid Jayson.“, flüsterte sie und nahm vorsichtig seine Hand in ihre. „Bitte halte durch!“, flehte sie und brach erneut in Tränen aus.

Kapitel 14 - Und so schließt sich der Kreis

 Am nächsten Morgen wachte Abby in einer ungewohnten Position auf. Verschlafen stellte sie fest, dass sie an Jaysons Bett saß und mit dem Kopf auf seiner Brust eingeschlafen war. „Guten Morgen Schwesterherz.“ Glenn saß im Lesesessel und hatte ein Buch in der Hand. „Warum hast du mich denn nicht geweckt?“, wollte Abby wissen. „Ich habe es einfach nicht übers Herz gebracht, dich zu wecken. Also habe ich einfach die Nachtwache übernommen.“ Glenn legte das Buch beiseite und stand auf. Er ging zu Abby, zog sie vorsichtig vom Stuhl und schob sie sanft Richtung Tür. „Du solltest dich jetzt erst einmal etwas frisch machen und etwas essen.“, schlug Glenn vor. Wie zur Bestätigung knurrte Abbys Magen, also gehorchte sie und ging hinunter in die Küche.


Unten in der Küche traf sie auf Raj und Rahul. „Guten Morgen.“, begrüßte Abby die beiden. „Stör ich?“ „Shuprabaat (guten Morgen) Beti (Tochter). Komm setz dich zu uns.“, erwiderte Raj und deutete ihr, sich zu ihnen zu setzen. Er schob ihr den Teller mit Sandwiches zu und schenkte ihr eine Tasse Chai ein. „Wie geht es Jayson?“, fragte er. „Woher weißt du was passiert ist?“, entgegnete Abby verwundert. Raj lachte. „Beti, es gibt in diesem Haus, nichts was ich nicht weiß.“, begann er seine Erklärung. „Dr. Singh war gestern noch bei mir und hat mich über das Geschehene informiert.“ „Ich mach mir einfach große Sorgen! Wenn…“ Abby brach ihren Satz abrupt ab. Sie wollte nicht noch mehr Personen in Gefahr bringen, also beschloss sie, das tatsächlich Geschehene nicht zu erwähnen. „Was wenn es schlimmer ist als man jetzt sehen kann?“, teilte Abby ihre Sorgen. Raj legte beruhigend seine Hand auf ihre. „Du wirst sehen, alles wird gut werden. Er wird das schon überstehen. Dr. Singh versicherte mir, dass der Schuss durchging und keine Sehnen, Nerven oder Muskelgewebe beschädigt wurde. Also sollte er sich schnell wieder erholen.“, beruhigte er sie.


Nicht weit entfernt von der Villa, genauer gesagt in Don’s Räuberversteck, ging es ganz schön zur Sache. „Also wirklich Daniel, wie konntest du nur? War es wirklich nötig Jayson umzubringen?“, klagte sie hysterisch. „Wie oft denn noch Sophie? Mir blieb nichts anderes übrig! Soll denn dein geliebter Jayson allen unser kleines Geheimnis verraten? Merk dir eines, wenn ich auffliege, gehst du mit mir unter!“, wehrte sich Don. „Und warum hast du nicht einfach diese Abby kalt gemacht? Die konnte ich eh nicht leiden.“, wollte Sophie wissen. „Glaub mir, die wird nicht mehr plaudern. Und wenn doch, dann ist sie eben die Nächste.“, verteidigte sich Don, der seinen wahren Grund nicht nennen wollte. Denn eigentlich war dieser Vorfall nur ein Vorwand, um endlich Rache an Jayson nehmen zu können. „Und was soll ich jetzt machen? Du weißt ganz genau, dass meine Eltern mich verheiratet sehen möchten.“ „Ach mach doch was du willst. Ich hab meine eigenen Probleme.“ „Du Egoist! Meine Eltern haben schon jemanden in Aussicht und sobald ich Zuhause ankomme werden sie mich meinem „Zukünftigen“ vorstellen.“ „Und was soll ich da machen?“, fragte Don genervt. „Am liebsten gibst du mir einem neuen Jayson, aber eine Entschuldigung wäre schon mal ein guter Anfang!“ Don atmete einmal tief durch und sah Sophie tief in die Augen. „Entschuldige, dass es so weit kommen musste. Natürlich werde ich dir helfen. Aber erst muss ich mich um meine Probleme kümmern.“, erwiderte er und widmete sich dem Brief, den er gerade von seinem Vater erhalten hatte. Während er den Brief öffnete, musste er schmunzeln, denn dieser Streit erinnerte ihn an seine erste Begegnung mit Sophie. Damals hatten sie, um für den Fall der Fälle eine glaubhafte Abstreitbarkeit beibehalten zu können, sich geeinigt, einander nur mit Vornamen zu kennen. Seufzend machte er sich daran, den Brief zu lesen. „Daniel, da du mir berichtet hast, dass Mrs. O’Conner ihr Versprechen nicht halten kann, habe ich mich nach einer anderen Partie umgesehen und eine Familie von einem höheren Stand für dich gefunden. Bitte mache dich so bald wie möglich auf den Weg nach Halifax und besuche die Familie Splendt. Dort wirst du hoffentlich bessere Chancen haben. Gruß Ralph O’Brian“


Glenn war wieder in sein Buch vertieft, als sich Jayson Bemerkbar machte. „Man hab ich einen Hunger. Mein Magen fühlt sich an als hätte ich seit Tagen nichts gegessen.“, scherzte er und versuchte sich aufzusetzen. Doch kaum hatte er es versucht, sank er mit schmerz verzogenen Gesicht wieder zurück in die Kissen. Plötzlich fiel ihm das gestrige Geschehen wieder ein. „Was ist mit Abby? Geht’s ihr gut?“, wollte er besorgt von Glenn wissen. Dieser legte sein Buch beiseite bevor er antwortete. „Mach dir keine Sorgen, ihr geht’s gut. Sie macht sich nur Sorgen um dich.“, erklärte Glenn und hielt kurz inne. „Hat Don irgendetwas gesagt, bevor er abgedrückt hat?“, hakte er nach. Jayson schüttelte mit dem Kopf. „Nein Glenn, er hat keine Erklärung abgegeben, warum er mich Tot sehen will. Aber ich nehme an, es ist derselbe Grund wie eh und je.“ Glenn nickte bedächtig, doch bevor er weiter nachhaken konnte, klopfte es an der Tür und Abby trat ein. Als sie sah, dass Jayson wach war, eilte sie zu ihm und fiel ihm erleichtert um den Hals. „Ich hab mir solche Sorgen um dich gemacht. Als ich dich mit der Blutlache auf dem Boden sah, hatte ich befürchtet, dass ich dich endgültig verloren hatte.“, teilte sie ihre Sorgen. Glenn schlich sich aus dem Zimmer und machte sich auf den Weg in die Küche um etwas zu essen für Jayson zu besorgen. „Was wenn er es nochmal versucht?“, fragte Abby als sie allein waren. „Dann werde ich ebenfalls besser gewappnet sein.“, erwiderte Jayson ernst. „Aber mach dir keine Sorgen um mich. Es ist alles gut gegangen und solange ich da bin, werde ich nicht zulassen, dass dir etwas passiert.“


Ein paar Tage später als Jayson sich einigermaßen erholt hatte und in der Lage war wieder alltäglichen Dingen nachzugehen machten sich die 4 Freunde auf in die Stadt um ein paar Besorgungen zu machen. Abby und Clara wollten ein paar Stoffe für die bevorstehende Verlobungsfeier besorgen, währenddessen Glenn und Jayson geschäftlich etwas regeln mussten. Also teilten sie sich in zwei Gruppen auf. Auch Sophie und Don waren in der Stadt um vor ihrer Abreise ein paar Besorgungen zu machen. „Also du gehst und besorgst die Geschenke für deine Eltern und den Rest der Familie und ich gehe schnell meine Geschäfte erledigen. In einer halben Stunde treffen wir uns hier wieder.“ entschied Daniel und lies Sophie allein. Sophie schlenderte gemütlich durch den Basar, als sie irgendwann Abby und Clara an einem Stand mit Stoffen bemerkte. „Abby! Clara! Wie schön euch hier wiederzusehen.“, begrüßte sie die beiden und umarmte Abby. „Hallo Sophie.“, grüßte Abby zurück. „Wie geht es dir nach diesem schrecklichen Verlust?“, fragte Sophie und hielt Abby eine Armeslänge von sich. „Verlust? Von welchem Verlust sprichst du denn?“, wunderte sich Abby. „Wie tapfer du doch bist.“, entgegnete Sophie anerkennend. „Naja ich spreche davon, dass Jayson doch…“, begann sie, doch sie brachte den Satz nicht zu Ende. Stattdessen sah sie Abby mitfühlend an. „Was ist mit mir?“, ertönte es plötzlich hinter ihr. Sophie drehte sich abrupt um und wurde mit einem Mal kreidebleich. „D- D- Du bist doch tot.“, stotterte sie und berührte Jayson ungläubig bevor sie in Ohnmacht fiel. Jayson konnte sie gerade noch auffangen. „Woher weiß sie von dem Vorfall?“, sprach nun Clara aus, was alle dachten. „Keine Ahnung. Aber wichtig ist, dass sie, bis das geklärt ist, weiter der Meinung bleibt.“, erwiderte Jayson. „Ihr bleibt bei ihr und versucht sie wach zu bekommen, während wir uns erst mal verstecken.“, entschied er und verschwand mit Glenn. „Glaubst du sie hat damit was zu tun?“, fragte Glenn, als sie hinter den Büschen verschwunden waren. Jayson zuckte mit den Schultern. „Das werden wir sicher bald erfahren.“


Währenddessen versuchten Abby und Clara Sophie wach zu bekommen. Plötzlich fiel Clara was Wichtiges ein. Kurz schaute sie sich um und als sie sich sicher war, unbeobachtet zu sein, zog sie ein Fläschchen Riechsalz, das an ihrer Kette befestigt war, aus ihrem Ausschnitt. „Als du damals auf dem Ball Ohnmächtig geworden bist, habe ich mir angewöhnt das immer bei mir zu haben.“, beantwortete sie Abbys fragenden Blick und hielt das offene Fläschchen Sophie unter die Nase. Diese erwachte sofort hustend. „Was ist passiert?“, fragte sie erschrocken. „Du warst plötzlich kreidebleich und bist in Ohnmacht gefallen.“, entgegnete Abby. Schlagartig fiel Sophie ein, was geschehen war. „Ich dachte, ich hätte Jayson gesehen. Aber jetzt ist mir klar, dass es nicht sein kann, denn er weilt leider nicht mehr unter uns.“, erklärte sich Sophie traurig. „Wie dem auch sei. Danke, dass ihr euch um mich gekümmert habt. Ich komme jetzt zurecht.“, bedankte sie sich und stand auf. „Ok. Wir müssen sowieso jetzt los. Wir sollten uns sowieso vor 10 min mit meinem Bruder treffen. Er wartet sicher schon.“, entgegnete Abby und sie verabschiedeten sich.


Aus ihrem Versteck heraus beobachteten Glenn und Jayson das Geschehen. „Schau mal, wer da angerannt kommt.“, machte Glenn auf Daniel aufmerksam. Doch es dauerte nicht lange, bis Daniel sich ebenfalls versteckte, als er Abby erkannte. Kurz nachdem Sophie alleine war, konnten Glenn und Jayson beobachten, wie Daniel auf Sophie zuging und die beiden gemeinsam davonritten. „Jetzt wird so einiges klar. Die beiden scheinen sich zu kennen. Das erklärt, woher sie davon wusste.“, schlussfolgerte Jayson. „Das hat uns gerade noch gefehlt.“, schimpfte Glenn. „Wie dem auch sei. Lass uns auch verschwinden.“, entschied Jayson und machte sich auf den Weg zu Abby und Clara.


„Was ist passiert?“, fragte Daniel besorgt. „Ach nichts. Mir war nur kurz nicht gut. Mach dir keine Sorgen.“, erwiderte Sophie. „Konntest du alles erledigen?“, wechselte sie das Thema. „Ja. Von mir aus können wir zurück ins Räuberversteck.“, entgegnete Daniel und bestieg sein Pferd.


„Ich hab das Gefühl, ich werde das nie hinbekommen!“, seufzte Clara verzweifelt und lies den Stoff fallen. Nachdem sie wieder zurück in der Villa waren, hatte sie die Idee gehabt, schon mal für die Verlobungsfeier das Sari binden zu üben. „Das wird schon, zur Not haben wir doch Sanjana als Hilfe.“, versuchte Abby ihrer Freundin Mut zu machen. Doch bevor Clara widersprechen konnte, klopfte es an der Tür. „Einen Moment.“, rief Abby und half Clara schnell, den Stoff hinter dem Paravent zu verstecken. „Ok. Herein.“, gab sie Entwarnung und Raj trat ein. „Ach du bist es nur.“, bemerkte sie erleichtert. „Hañ (Ja) Beti (Tochter). Wen habt ihr denn erwartet?“, wunderte sich Raj und lachte. „Wir dachten nur, Glenn oder Jayson würden kommen, daher haben wir schnell die Stoffe versteckt.“, erklärte Clara schnell. „Wir möchten sie gerne bei der Verlobung damit überraschen.“, ergänzte Abby. „Sie werden die Augen nicht von euch lassen können. Da bin ich mir sicher.“, erwiderte Raj, woraufhin Clara kicherte.


Während Clara und Abby nun voller Vorfreude mit Raj die Verlobungsfeier besprachen, ließen Glenn und Jayson das auf dem Basar geschehene Ereignis Revue passieren. „Das hätte uns gerade noch gefehlt! Stell dir vor, wir wären Daniel so unvorbereitet über den Weg gelaufen?“, machte Glenn seiner Sorge Luft und lief aufgebracht im Zimmer auf und ab, während Jayson mit dem Rücken zu ihm am Fenster stand und nach draußen in die Dunkelheit starrte. „Ich hätte dich nicht verteidigen können, da ich, wie du weißt, nie das Fechten gelernt habe. Und du mit deiner Verletzung hättest dich auch nicht verteidigen können.“ „Beruhig dich. Du hast ja Recht, aber es ist ja nichts passiert. Und sieh es doch mal von der Seite, jetzt wissen wir, dass Sophie auch irgendwie darin verwickelt ist.“, versuchte Jayson seinen Freund zu beruhigen. „Das mag ja sein. Aber wie wollen wir in Zukunft vorgehen?“ Glenn war nicht so wirklich von einem Happy End überzeugt. „Wie bisher auch. Du wirst weiterhin keine Probleme mit Daniel alias Don haben und ich werde in Zukunft einfach besser gewappnet sein.“, entgegnete Jayson ruhig. „Und wie willst du das bitte anstellen? Du weißt mittlerweile ganz genau, dass Don gerne unfair spielt.“ Jayson drehte sich nun zu Glenn und sah in dessen besorgtes Gesicht. „Ich weiß. Und deshalb habe ich auch vorgesorgt.“ Er hob seinen linken Fuß und stellte diesen auf den nebenstehenden Stuhl. Nach kurzem Zögern zog er einen kleinen Revolver aus seinem Stiefel. „Den habe ich heute, als wir auf dem Basar waren, besorgt, als du mit anderen Dingen beschäftigt warst. Bisher war mein Glück, dass Don nie treffsicher war, aber ab heute werde ich es nicht mehr so weit kommen lassen.“ Glenn traute seinen Augen nicht und starrte ungläubig auf den Revolver. „Jetzt schau mich nicht so verdutzt an! Du weißt genau, dass sich alles in mir dagegen sträubt, aber es muss leider sein. Und das bleibt auch unter uns, damit das klar ist!“ Glenn nickte. Er wusste nur zu gut, dass Jayson dies verabscheute und den Revolver nur in der allergrößten Not als Verteidigung nutzen würde. Jayson hatte den Revolver wieder in den Stiefel gesteckt und starrte erneut aus dem Fenster. „Hoffentlich wird es nie so weit kommen.“, seufzte Glenn und ließ sich in den Sessel fallen.

Kapitel 15 - Unverhoffte Überraschungen

Kaum hatte sich die Kutsche in Bewegung gesetzt, hing Sophie auch schon ihren Gedanken nach. Auch wenn sie nie wirklich in Jayson verliebt war, tat es ihr doch im Herzen weh, dass er jetzt nicht mehr lebte. Irgendwie hatte sie ihn ja doch lieb gewonnen, so als guten Freund natürlich. „Warum muss es bei Männern immer um Leben oder Tod gehen?“, fragte sie sich. „Kann man seine Ehre nicht anders verteidigen?“, seufzte sie und zuckte mit den Schultern. Jetzt konnte sie es schließlich nicht mehr ändern und musste das Schicksal auf sich nehmen. Ein wenig Angst vor der Begegnung mit ihren Eltern hatte sie ja schon, schließlich wusste sie nur, dass ihr Zukünftiger O’Brian hieß und seine Familie sehr reich war. Mehr hatten ihr ihre Eltern nicht verraten. Aber das hatte ja doch noch einen Tag Zeit, schließlich kam ihr „Bräutigam“ ja erst morgen. Somit hatte sie noch einen Tag Zeit, ihre Eltern auszuquetschen. Sie seufzte. Auch wenn sie schon 3 Tage unterwegs war, hatte sie heute noch ein ganzes Stück Fahrt vor sich. Um sich ein wenig abzulenken, nahm sie sich ein Buch zur Hand und begann zu lesen.


Zeitgleich war auch Don auf dem Weg nach Hause, schließlich drängte sein Vater ihn bald, seine Zukünftige zu besuchen. Doch wie immer hatte sein Vater ihm nicht viel erzählt. Er wusste nur, dass sie Splendt hieß, reich und aus gutem Hause war. Als ob das das Wichtigste im Leben ist! Don schüttelte mit dem Kopf. Sein Vater dachte immer nur geschäftlich, leider auch im Privatleben. Als er seinem Vater die Verbindung mit O’Conners unterbreitet hatte, hatte er die Hoffnung gehabt, dass die Familie genug Besitztümer hätte, um seinen Vater dazu zu bringen, für diese Verbindung zu kämpfen. Schließlich mochte er Abby schon länger und eine Beziehung mit ihr wäre gleichzeitig das Sahnehäubchen seiner Rache für Jayson. Doch sein Vater hatte viel zu schnell aufgegeben. Gespannt darüber, welches „Geschäft“ sein Vater sich von dieser Verbindung versprach, erreichte er das Grundstück des Anwesens.
Als die Kutsche abrupt zum Stehen kam, sah Sophie erschrocken von ihrem Buch auf. Sogleich wurde auch schon die Tür der Kutsche aufgerissen. „Tante Sophie! Da bist du ja endlich!“ Zwei kleine Arme schlangen sich um ihren Hals und erdrückten sie nahezu. „Soe, du erdrückst mich ja!“ Sophie musste lachen. Ihre 4-jährige Nichte hatte wahrscheinlich schon Stunden vorher auf ihre Ankunft ungeduldig gewartet und ist dann der Kutsche entgegen gerannt. Deshalb der abrupte Stillstand. „Bist du wieder der Kutsche entgegen gerannt, obwohl wir dir schon so oft gesagt haben wie gefährlich das ist?“, fragte Sophie streng. „Ja Tante.“, schmollte Soe ertappt. „Und warum machst du es dann immer noch?“ „Entschuldige Tante Sophie.“ Sophie musste schmunzeln. Ihre Nichte war genauso ein Wirbelwind wie ihre ältere Schwester. „Komm, lass uns ins Haus gehen, oder willst du in der Kutsche übernachten?“, fragte sie und lächelte ihre Nichte liebevoll an. „Nein!“, rief Soe und schüttelte kräftig ihren Lockenkopf. Sie stand auf und zog Sophie förmlich aus der Kutsche. „Liebste Sophie! Schön das du gesund angekommen bist.“ Mrs. Splendt kam ihrer Tochter aus dem Haus entgegen. „Wie ich sehe, hat sich unsere kleine Überraschung selbstständig gemacht.“, bemerkte Mrs. Splendt belustigt als sie Soe hinter dem Rock ihrer Tochter hervorlugen sah. „Nein, sie hat nur mich gesehen! Mama ist noch im Haus!“, verteidigte sich die kleine Soe schnell. „Ich hab auch dich gemeint, mein Schatz. Und jetzt ab ins Haus.“, erwiderte Mrs. Splendt woraufhin Soe sofort ins Haus rannte. „Es ist schön wieder Zuhause zu sei.“ Sophie hakte sich bei ihrer Mutter ei und beide gingen ins Haus. Mrs. Splendt führte Sophie ins Teezimmer, wo schon ihr Vater, ihre Schwester und ihr Schwager warteten. „Sophie mein Kind! Endlich bist du da!“, fiel ihr ihr Vater um den Hals. „Ach Papa, wie soll das erst mal ablaufen, wenn sie komplett aus dem Haus ist?“, kommentierte ihre Schwester belustigt. „Anna, erinnere mich bloß nicht daran! Was soll ich nur ohne meine beiden Töchter mit meiner Zeit anfangen?“, klagte Mrs. Splendt. „Das was du schon die ganze Zeit machst. Dich um deinen Mann kümmern.“, schaltete sich Tom, Sophies Schwager, in die Unterhaltung ein. „Noch ist es ja nicht soweit.“, erinnerte Sophie ihre Familie. „Können wir jetzt endlich essen? Ich bin am Verhungern!“, meldete sich die kleine Soe zu Wort. „Ihr habt die Chefin gehört.“, befahl Mr. Splendt lachend. „Lasst uns essen.“


Dons Begrüßung viel weniger herzlich aus. Wie immer, wenn er nach Hause kam, war sein Vater nicht zuhause. „Master Daniel, schön Sie wieder Zuhause begrüßen zu dürfen. Wie lange gedenken Sie diesmal zu bleiben?“, begrüßte ihn James, sein treuester Diener. „Sei gegrüßt James. Ich muss leider morgen wieder abreisen, da Vater möchte, dass ich meine auserwählte Braut und ihre Familie besuche. Daniel stieg von seinem Pferd und übergab die Zügel einem Stallburschen. „Kommt Vater wie gewohnt zum Abendessen, oder muss ich heute allein speisen?“, fragte Daniel und versuchte sich die Enttäuschung nicht zu sehr anmerken zu lassen. „Sir O’Brian kommt heute wie gewohnt zum Abendessen. Haben Sie einen bestimmten Essenswunsch?“ „Überrasch mich einfach.“ James machte eine tiefe Verbeugung und ging zurück ins Haus. Daniel folgte ihm und ging direkt in das Arbeitszimmer seines Vaters. „Hallo Mama. Es tut so gut dich endlich wiederzusehen.“, begrüßte er das Portrait seiner Mutter. Ihr Tod damals war und ist einer der Gründe warum er es nie lange Zuhause aushielt. Er seufzte. „Wärst du noch da, das Leben wäre viel schöner und einfacher. Du hast mich immer verstanden und konntest Vater immer vom Besseren überzeugen! Jetzt muss ich leider selber einen Weg finden, Vater von dieser Verbindung abzubringen.“ Seine Mutter lächelte ihn nur an. „Du hast ja Recht. Ich werde sie erst einmal kennenlernen und wer weiß, vielleicht ist sie ja die Richtige für mich.“ Don gab seiner Mutter einen Luftkuss und verschwand aus dem Zimmer. Er marschierte in sein Zimmer, zog sich etwas Frisches an und ging hinunter zum Speisesaal, wo sein Vater wahrscheinlich schon auf ihn warten würde. „Du bist zu spät!“, wurde er von seinem Vater begrüßt. „Es ist auch schön dich wieder zu sehen, Vater.“, antwortete Daniel und setzte sich seinem Vater gegenüber ans andere Tischende. „Ich erwarte, dass du wenigstens während deinem Besuch bei Familie Splendt pünktlich zu den Mahlzeiten erscheinst. Du weißt ja, es schickt sich nicht zu spät zu kommen. Zeit ist nun mal Geld.“ Daniel verdrehte nur unmerklich die Augen. Diese Predigt durfte er sich jedes Mal anhören. „Ja Vater.“, war seine Antwort. „Wie war dein Besuch in der Stadt? Konntest du alles zu deiner Zufriedenheit erledigen?“ „Ja. Zu meiner und auch hoffentlich deiner Zufriedenheit.“ Daniel hoffte sich verhört zu haben. „Zu meiner Zufriedenheit?“, fragte er überrascht. „Ich habe schon mal ein paar Vorbereitungen für dein Hochzeitsgeschenkt erledigt.“, erwiderte sein Vater und lächelte ihn geheimnisvoll an. „War deine Reise hierher angenehm?“, wechselte er das Thema. Daniel wusste, dass er nicht mehr aus seinem Vater herausbekommen würde, also erzählte er von seiner Reise.


„Er ist da! Er ist da!“, rief die kleine Soe aufgeregt, sprang von der Sitzfläche am Fenster und rannte die Treppen hinunter. Sophie saß in ihrem Zimmer vor ihrer Kommode und holte noch einmal tief Luft. Langsam machte sie sich auf den Weg und konnte ihre Mutter schon von weitem hören. „Mr. O’Brian. Schön Sie endlich persönlich kennenzulernen.“ „Die Freude ist ganz meinerseits.“ Daniel machte eine tiefe Verbeugung. „War die Reise denn angenehm?“ Mrs. Splendt führte Daniel ins Teezimmer und deutete ihm, sich auf das Sofa zu setzen. Sie setzte sich ihm gegenüber. „Meine Tochter müsste jeden Moment kommen. Sie ist ein wenig nervös und möchte natürlich für Sie natürlich heute besonders hübsch aussehen.“, entschuldigte sie sich, nachdem er mit seinem Bericht zu Ende war. Daniel lächelte nur. „Ah da ist sie ja!“, rief Mrs. Splendt freudig aus und deutete mit der Hand hinter ihm. Neugierig stand Daniel auf und drehte sich um. Ungläubig hielt er die Luft an und traute seinen Augen nicht!


Sophie stieg leise die Treppen hinunter und versteckte sich hinter einer Säule. Sie lugte vorsichtig zum Teezimmer. Durch den Torbogen konnte sie ihre Mutter beobachten, doch den Herrn konnte sie nur von hinten sehen, da er auf dem Sofa mit dem Rücken zu ihr saß. „So schlecht sieht er ja doch nicht aus.“, dachte sie bei sich, als sie ihre Mutter hörte. „Ah, da ist sie ja!“ In Gedanken versunken, hatte sie sich zu weit hinter der Säule hervor gelehnt. Mit einem Lächeln schritt sie auf das Teezimmer zu. Doch als der Herr sich umdrehte und sie ihn erkannte, verstarb ihr Lächeln augenblicklich. Beide starrten sich eine gefühlte Ewigkeit, ungläubig an. Ihr gegenüber stand ein alter Bekannter - Daniel, alias Don.


Daniel war der Erste, der sich wieder im Griff hatte. Mit einem erneuten Lächeln ging er auf Sophie zu. „Schön Sie kennenzulernen Miss Splendt.“ Er nahm Gentlemanlike ihre Hand und hauchte einen Kuss darauf. Immer noch sprachlos, machte Sophie einen Knicks. „Ich werde euch zwei mal ein wenig allein lassen.“, verabschiedete sich Mrs. Splendt mit einem gigantischen Grinsen. „Was machst du denn hier?“, platzte es aus Sophie heraus, als ihre Mutter außer Sicht- und Hörweite war. „Dich retten.“, bekam sie grinsend zur Antwort. „Jetzt mal Spaß beiseite. Warum bist du hier? Oder besser gesagt: Warum hast du mir nichts von deinem Plänen erzählt?“ Daniel grinste immer noch. „Die Wahrheit??“, fragte er, woraufhin Sophie nur nickte. Sein Grinsen verstarb. „Ok. Ich wusste genauso wenig wie du. Mein Vater hat nie deinen Namen erwähnt, nur dass es sich um eine Familie Splendt handelt. Und wie du dich sicher erinnern kannst, haben wir uns damals geeinigt, uns gegenseitig nur beim Vornamen zu kennen. Also war ich, wie dir sicher nicht entgangen ist, auch sehr überrascht dich zu sehen!“ „Genauso war es bei mir. Meine Eltern haben mir kaum etwas über dich erzählt. Sie meinten ich soll dich unvoreingenommen erst einmal persönlich kennenlernen.“ Sophie überlegte kurz. „Und wie soll es jetzt weitergehen? Ich meine unsere Eltern wollen uns ja verheiraten.“ „Mach dir keine Sorgen. Wir werden schon eine Lösung finden und bis dahin werden wir einfach deinen Eltern etwas vorspielen.“, schlug Daniel vor. Sophie war einverstanden. „Ist er das? Ist er das?“, kam Soe, gefolgt von ihrer Mutter herein gestürmt. Sie machte damenhaft einen Knicks und reichte Daniel ihre kleine Hand. „Hallo, ich bin Soe. Und du bist?“ Daniel beugte sich lachend hinunter, griff nach der Hand und hauchte einen Kuss drauf. „Mein Name ist Daniel. Freut mich dich kennenzulernen, Soe.“, erwiderte er und bevor die Kleine wieder wegrennen konnte, nahm er sie kurzerhand auf seine Arme. Sofort schlang Soe ihre Arme zufrieden um seinen Hals. „Entschuldigen Sie bitte vielmals. Ich habe versucht sie aufzuhalten. Aber sie ist einfach zu flink.“, keuchte Anna und nahm Daniel die protestierende Soe ab. „Kein Problem. So sind Kinder nun mal. Wir wollten sowieso gerade zu euch kommen.“ Erleichtert darüber, dass Soe nicht allzu sehr gestört hatte, führte Anna die beiden zu der restlichen Familie. „Willkommen Mr. O’Brian.“, hieß Mr. Splendt ihn willkommen. „Wie ich sehe, haben Sie die Frauen des Hauses schon kennengelernt. Fehlt nur noch mein Schwiegersohn Tom...“, er deutete in Toms Richtung, der zum Gruß mit dem Kopf nickte. „…Und meine Wenigkeit.“, begrüßte er Daniel. „Freut mich.“ „Sie sind sicher von Ihrer Anreise erschöpft oder möchten sich frisch machen. Sophie wird Ihnen Ihr Zimmer zeigen und dann werden wir erst einmal einen Kaffee trinken.“, ordnete Mr. Splendt an. „Kommen Sie.“, gehorchte Sophie und führe Daniel hinaus. „Sind die beiden nicht ein hübsches Pärchen?“, schwärmte Mrs. Splendt als die beiden außer Hörweite waren. „Lass die zwei sich doch erst einmal richtig kennenlernen, bevor du dich einmischst.“, warnte Mr. Splendt seine pläneschmiedende Frau. Er kannte diesen Gesichtsausdruck nur allzu gut.


„Hier ist dein Zimmer.“, bemerkte Sophie bissig und öffnete die Zimmertür. Daniel trat ein und ließ den Blick kurz schweifen. Das Zimmer war zwar nicht besonders groß, aber sehr gemütlich. Alles war im männlichen Kolonialstil gehalten. Rechts neben der Tür stand ein großer Kleiderschrank aus dunklem Massivholz. Ihm gegenüber stand ein großer Schreibtisch, aus demselben Material und mit Schnitzereien verziert. Daneben standen ein Bücherregal und ein schwerer Lesesessel. Auf der linken Seite des Zimmers war das riesige Himmelbett mit weinroten Vorhängen. Gegenüber vom Bett waren das Badezimmer und daneben ein kleiner Kamin. „Mach dich ein wenig frisch. Der Kaffee ist auch gleich fertig.“, sagte Sophie kurz angebunden, drehte sich um und ließ Daniel im Zimmer stehen.


Nach dem Kaffeetrinken machte Sophie einen ausgiebigen Spaziergang mit ihrem Schäferhund Rex. Während sie immer wieder den Stock auf die Wiese am Wegesrand warf um es einige Sekunden später von Rex wiederzubekommen, war sie in ihren Gedanken versunken. „Wie soll es nur weitergehen? Jetzt wo Jayson nicht mehr da ist und meine mich unbedingt verheiraten wollen, muss ich mir dringend einen neuen Plan zurecht legen!“ Plötzlich wurde sie von Rex knurren aus ihren Gedanken gerissen. „Sophie warte!“, rief Daniel und kam angerannt. „Es tut mir leid.“, entschuldigte er sich völlig außer Atem. „Dein Vater hat mich nicht eher gehen lassen, bevor ich nicht jede seiner Fragen zu seiner Zufriedenheit beantwortet hatte. Danach hatte ich dein Zimmer aufgesucht, aber du warst nicht da. Daher hab ich dich hier draußen gesucht.“ Ohne darauf zu antworten, lief Sophie ungerührt weiter. „Sophie, es tut mir wirklich leid! Ich wusste genauso wenig wie du. Sieh‘s doch mal positiv. Jetzt muss ich dir helfen! Dein Problem ist jetzt automatisch mein Problem.“ Sophie zeigte immer noch keine Reaktion. Verzweifelt packte Daniel Sophies Hand und zog sie zu sich. Da Sophie noch in Gedanken versunken war, prallte sie ungewollt gegen Daniels Brust. Rex fing sofort das Knurren an und machte sich bereit einzugreifen. „Rex. AUS!“, befahl Sophie und stieß sich von Daniels Brust ab. „Hast du schon einen Plan? Einen, der den Ruf meiner Familie nicht beeinträchtigen wird?“ „Noch nicht, aber ich habe da schon eine Idee.“ „Und die wäre?“ „Wir finden einfach deine Wahre Liebe.“ Sophie lachte auf und Daniel fuhr grinsend fort: „Wenn du verliebt bist, tue ich so als ob ich dich nicht mehr will und deine Entscheidung respektiere. Ich verschwinde und du kannst deinen auserwählten in aller Ruhe heiraten und alle sind glücklich.“ Sophie überlegte kurz. „Klingt schonmal nicht schlecht. Solange mir nichts Besseres einfällt, werden wir deinen Plan verfolgen.“ Nun lächelte auch Sophie. „Übrigens, Rex mag dich, sonst hätte er dich schon längst angegriffen.“ Sie hob den Stock auf und warf ihn wieder auf die Wiese. Rex rannte diesem sofort hinterher. „Was hat dich mein Vater so gefragt?“ Während Daniel ihr alle Einzelheiten erzählte, wurden sie aus nicht allzu weiter Entfernung beobachtet.


„Sieht so aus, als ob du Recht hattest Rachel.“ Mr. Splendt drehte sich vom Fenster weg und setzte sich zu seiner Frau aufs Sofa. „Du weißt ich habe sowas im Gefühl Martin.“ Mrs. Splendt sah von ihrer Stickerei auf und lächelte ihren Mann an. „Doch du hast auch Recht. Wir müssen den beiden Zeit geben es selbst zu erkennen.“ Mr. Splendt lächelte ebenfalls. „Kommt Zeit, kommt Rat. Wir werden den beiden einfach so viel Alleinzeit geben, wie nötig und möglich ist, ohne Aufsehen zu erregen. Ein anständiger junger Mann ist er auf jeden Fall.“ Mrs. Splendt lehnte zufrieden ihren Kopf an seine Schulter. „Wenn die beiden auch nur halb so Glücklich miteinander werden, wie wir es sind, dann bin ich schon zufrieden.“


In den folgenden Tagen hatten Daniel und Sophie viel zeit, die sie zu zweit miteinander verbringen konnten. Diese Zeit nutzen sie natürlich um ihren Plan zu verwirklichen. „Was hältst du von ihm?“, fragte Daniel in ihrem Versteck und hielt Sophie ein Bild hin. „Nein, der ist hässlich!“ Sophie blickte angewidert auf. Der Mann auf dem Bild war Mitte 20, ziemlich klein und hatte eine Knollennase. „Und dieser hier?“ „Nein, den kenne ich schon.“ Sophie seufzte. „Ist es denn so schwer einen guten Heiratskandidaten zu finden?“ Sie stand auf und ging zum Fenster. „Wie soll er denn sein?“, fragte Daniel. „Nun, vom Aussehen sollte er groß und gut gebaut sein. Er sollte sportlich sein, gut reiten können und natürlich einigermaßen mit dem Degen umgehen können um mich beschützen zu können.“ „Das ist alles? Dürfte doch nicht allzu schwer sein.“, wunderte sich Daniel und ging noch einmal die verbleibenden Bilder durch. „Perfekt! Der ist es!“, rief Daniel und hielt Sophie triumphierend ein Bild unter die Nase. Darauf war ein Mann, Mitte 20, gut gebaut und durchtrainiert. Sein Haar war dunkelbraun, ebenso wie seine Augen. „Ja er sieht gut aus. Woher kommt er denn?“ „Er kommt aus meiner Gegend. Ich kenne ihn auch persönlich ziemlich gut. Sein Name ist Jack Carter. Er ist damals mit mir zur Schule gegangen und war im Fechtunterricht mein Fechtpartner gewesen.“, erklärte Daniel. „Klingt nicht schlecht.“ Sophie musterte das Bild neugierig. „Wo und wann kann ich ihn kennenlernen?“ Daniel musste schmunzeln. „Das ist einfach. Ich schreibe ihm einfach und bitte ihn, hierher zu kommen. Ist ein Treffen morgen für dich in Ordnung?“ Sophie nickte. „Morgen ist gut. Dann kann ich mich noch vorbereiten.“, erwiderte Sophie und lächelte zufrieden. „Und was machen wir beide jetzt noch mit dem restlichen Nachmittag?“, wollte sie wissen. „So wie ich dich kenne, gehst du gerade in Gedanken deinen Kleiderschrank durch und stellst fest, dass du deiner Meinung nach kein richtiges Kleid hast.“, erwiderte Daniel und sah schmunzelnd in ihr entsetztes Gesicht. „Ich dachte mir wir gehen zusammen in der Stadt ein passendes Outfit kaufen. Was hältst du davon?“ Sophie war sprachlos. „Wo ist der Don, den ich sonst immer zu hören bekomme?“, fragte sie skeptisch. „Der ist bei seinen Räubern geblieben. Und jetzt komm, bevor ich es mir anders überlege.“, erwiderte er lächelnd und hielt ihr seine Hand hin. Das ließ sich Sophie nicht zweimal sagen und folgte ihm nach draußen.

Kapitel 16 - Kindheitserinnerungen und deren Resultate

 „Daniel, ich kenne dich viel zu gut. Du führst sicher mehr im Schilde als nur diesen Gefallen!“ Jack schüttelte den Kopf. „Jack, ich zwinge dich zu nichts aber du weißt, dass du mir einen Gefallen schuldest!“ Daniel stand am Fenster und blickte auf den See. Jack stand neben ihm. „Dan, ich bitte dich! Du weißt, ich würde mein Leben für dich geben! Aber das hier ist einfach unmöglich!“, entgegnete Jack aufgeregt. „Du sollst sie ja nicht blind heiraten, sondern erst einmal kennenlernen!“, seufzte Daniel ungeduldig. Während Jack angefangen hatte, aufgeregt im Zimmer auf und ab zu laufen, um seine Gedanken zu sortieren, schweiften Daniels Gedanken zurück zu dem Beginn ihrer Freundschaft.

Damals vor 9 Jahren hatte er Jack kennengelernt. Jack war damals kurz davor, von der Schule geworfen zu werden und sein Leben verlief im Chaos. Daniel war zu der Zeit selbst in der rebellischen Phase seines Lebens. Eines Nachmittags mussten beide Nachsitzen und an diesem Nachmittag geschah es. Die Schule war leer und der Aufsichtslehrer hatte gerade den Raum verlassen, um sich seine Beine zu vertreten. Daniel und Jack waren somit allein. „Sag mal, ist dir auch so warm?“, fragte Jack und fächelte sich Luft zu. Daniel blickte von seinem Aufsatz auf und nickte. Plötzlich vernahmen sie einen lauten Knall und wurden sogleich von einer Druckwelle vom Stuhl geworfen. „Jack! Geht’s dir gut?“, rief Daniel besorgt, nachdem das Fiepen in seinen Ohren nachgelassen hatte. Als Antwort bekam er nur ein Brummen. Mühsam stand Daniel auf, befreite sich vom Staub und sah sich um. Jack lag unter einem Balken begraben. Er kletterte über die Trümmer und versuchte Jack zu befreien. „Jack, bist du verletzt? Wo hast du Schmerzen?“ „Mein Fuß und meine linke Schulter tun mir weh.“, erwiderte Jack und ergriff Daniels rechte Hand, ließ sich aber mit einem Schmerzensschrei zurückfallen. Daniel überlegte fieberhaft, wie sie hier rauskommen konnten. Zwar wusste er nicht, was passiert war, aber ihm war klar, dass sie hier so schnell wie möglich raus mussten. „Wir müssen hier weg!“, drängte Daniel und versuchte Jack zu unterstützen. Er legte Jacks Arm um seine Schulter und zog ihn hoch. „Kannst du laufen?“, versicherte er sich, woraufhin Jack mit schmerzverzerrtem Gesicht nickte. Gemeinsam humpelten sie aus dem Klassenzimmer und durch den Flur hinaus auf den Hof. Sie erreichten den Pausenhof gerade noch rechtzeitig, als die zweite Explosion das Gebäude zum Einsturz brachte. Wie betäubt starrten beide auf den Trümmerhaufen. Sie waren sich einig, dass das eben geschehene für sie beide gerade so gut gegangen war. Tage später kam raus, dass dies ein Angriff auf den eigenen Reihen war, um die Bürger in Aufruhr zu versetzen und einen Bürgerkrieg zu entfachen. Zu aller erstaunen fand man später heraus, dass der Auftraggeber dieses Attentats kein geringerer als Jaysons Vater, Mr. Barkley Senior war. Als diese Information bekannt wurde, war Daniels Vater, Mr. O’Brian einer der Ersten die sich rächen wollten. Er und Jacks Vater, Mr. Carter formten einen Trupp um gegen Mr. Barkley vorzugehen. Was folgte, war eine Art Mini-Bürgerkrieg. Den Hass, den die Väter gegeneinander hatten, impften sie, gegen den Willen der Mütter, ihren Söhnen ebenfalls ein. So kam, was kommen musste. während einer der Auseinandersetzungen, wurde Mr. Carter getötet. Leider verkraftete dieses schreckliche Ereignis Mrs. Carter nicht, denn man fand sie ca. eine Woche später tot im Bett vor. Todesursache war eine Überdosis von verschiedenen Medikamenten. Da Jack somit keinerlei Familie hatte, kam er, aufgrund Daniels Flehen, daraufhin bei den O’Brians unter. Daniels Mutter kümmerte sich so liebevoll um Jack, als wäre es ihr eigener Sohn. Doch ein paar Monate später ereignete sich ein weiterer schwerwiegender Vorfall am Marktplatz. Als Daniels Mutter einkaufen war, explodierte mitten am Marktplatz eine Bombe. Sie wurde schwer verletzt und verstarb noch am selben Abend an ihren Verletzungen. Außer sich vor Wut suchte Mr. O’Brian umgehend das Versteck von Mr. Barkley auf und brachte diesen nun endgültig zur Strecke. Jayson bekam von alledem nichts mit. Er war zu dieser Zeit weit weg im Internat. Doch Daniel schwor sich an diesem verhängnisvollen Tag, dass Jayson eines Tages denselben Schmerz erleiden werde und er somit den Tod seiner Mutter und den Verlust von Jacks Familie rächen werde.

„Na gut. Wenn es dir so viel bedeutet.“, gab Jack nach. Daniel lächelte. „Ich möchte doch nur, dass du auch glücklich wirst. Jetzt wo du endlich das Haus deiner Eltern geerbt hast, kannst du selbst eine Familie gründen.“ Ein Klopfen unterbrach die Unterhaltung. „Boss. sie ist da.“ „Bring sie herein.“ Daniel wandte sich nochmal an Jack. „Bist du soweit?“ Jack nickte nur und die Tür ging auf. Als Sophie den Raum betrat, war es Daniel, als würde die Zeit für einen Moment stillstehen. Ihr Kleid war in einem Hauch von Rosé gehalten. Es war obenrum figurbetont und der Rock war weit gehalten. Das Kleid war komplett mit einem Blumenmuster verziert und ihr nussbraunes Haar hatte sie elegant hochgesteckt. Daniel bemerkte, dass Sophie ziemlich nervös war und lächelte ihr aufmunternd zu. „Jack, darf ich vorstellen, das ist Sophie.“ Jack trat entzückt einen Schritt auf sie zu und nahm ihre Hand in seine. „Freut mich Sie kennenzulernen.“, erwiderte er und hauchte einen Kuss auf ihren Handrücken.


Die zweisame Zeit, die Daniel und Sophie von ihren Eltern zum Kennenlernen bekamen, nutzen sie, um heimliche Treffen mit Jack zu organisieren. Je mehr Sophie Jack kennenlernte, desto wohler fühlte sie sich mit dem Gedanken zu heiraten. Auch Jack gefiel es seine mit Sophie zu verbringen. Sie waren gerade stillschweigend an einem See spazieren, als Jack sich räusperte. „Sophie, ich möchte nicht unhöflich sein. Aber wann werde ich deine Familie kennenlernen? Immerhin treffen wir uns schon seit zwei Wochen still und heimlich.“ Sophie spielte nervös mit einer Haarsträhne, während sie antwortete. „Hat dir Daniel nicht von unserem Plan erzählt?“ „Natürlich hat er das! Und ich habe eingewilligt, dich UND deine Familie kennenzulernen.“, erwiderte Jack geduldig. „Nun, es ist kompliziert. Meine Eltern sind da ein wenig altmodisch. Ich kann dich nicht einfach als meinen neuen Freund mitbringen.“ Jack überlegte. „Wohnt Daniel nicht bei euch im Haus?“ Sophie schlug sich mit ihrer Hand auf die Stirn. „Na klar! Warum bin ich nicht selber darauf gekommen? Du könntest als Daniels Freund meine Eltern kennenlernen!“ Jack nickte zufrieden. Sophie hackte sich bei ihm unter und gemeinsam machten sie sich auf den Weg zurück zum Versteck.


Daniel wartete wie immer im Versteck. Gedankenverloren starrte er aus dem Fenster. Als er sah, wie Jack und Sophie gerade lachend und Arm in Arm den Weg zum Haus entlang liefen, wurde ihm plötzlich etwas schmerzhaft bewusst. So hart er auch tat und sich an das Räuberdasein gewöhnt hatte, sehnte er sich doch nach einem ehrlichen Leben, erfüllt mit Liebe. „Für so was ist jetzt keine Zeit!“ murmelte er und verdrängte diesen Gedanken aus seinem Kopf. Die Tür ging auf und Jack trat, gefolgt von Sophie ein. „He Dan!“, begrüßte er ihn freudig und klopfte Daniel auf die Schulter. „Was hältst du davon, wenn wir in eurem brillanten Plan nun einen Schritt weiter gehen?“ „Und der wäre?“, entgegnete Daniel und sah ihn fragend an. „Denk doch mal nach. Was fehlt denn noch?“, half Jack nach. Daniel zuckte nur mit den Schultern. „Na die Eltern! Wie sollen meine Eltern Jack kennenlernen?“, unterbrach Sophie ungeduldig. „Du musst ihn als deinen Freund mitbringen! Sag meinen Eltern einfach, er wäre ein Freund aus Kindheitstagen und du möchtest ihn gerne bei der Verlobungsfeier dabei haben.“, erklärte Sophie und ahnte nicht, wie nah sie an der Wahrheit dran war. Daniel grinst und schlug Jack freudig auf die Schulter. „Na dann. Morgen stell ich dich den Eltern vor.“


Sophie saß gerade mit ihren Eltern zu einer gemütlichen Tasse Tee zusammen, als der Diener Besuch ankündigte. „Master Splendt. Mr. Daniel ist aus der Stadt zurück und hat Besuch dabei. Er lässt fragen ob es in Ordnung ist, wenn er Besuch zum Abendessen bleibt.“ „Besuch?“, wunderte sich Sophies Vater. „Wer mag das wohl sein? Führ ihn herein. Ich möchte beide zuerst sprechen, bevor ich Weiteres entscheide. „Jawohl Sir.“ Der Diener machte eine tiefe Verbeugung und verließ das Teezimmer, um die Nachricht zu überbringen. Kurze Zeit später traten Daniel und Jack ein. „Entschuldigt bitte mein unhöfliches Verhalten. Normalerweise frage ich vorher um Erlaubnis. Aber diesmal war es leider nicht möglich.“, begann Daniel seine Erklärung mit einer kurzen, tiefen Verbeugung. „Darf ich vorstellen? Das ist Jack Carter. Er ist ein alter Freund aus meinen Kindheitstagen. Wir sind uns zufällig in der Stadt begegnet.“ „Dann habt ihr euch sicher viel zu erzählen.“, schlussfolgerte Mrs. Splendt. „Nun gut.“, entschied Mr. Splendt und wandte sich an Jack. „Mr. Carter, haben Sie schon eine Unterkunft hier in Springfield?" „Nein Sir. Ich bin heute erst in der Stadt angekommen. Eigentlich sollte das Sommerhaus meiner Eltern im Nachbarort hergerichtet sein, doch das Telegramm mit der Nachricht über meine Ankunft scheint nicht angekommen zu sein. Also muss ich ein paar Tage in einem Wirtshaus unterkommen.“, erklärte Jack. Mr. Splendt sah kurz zu seiner Frau, die sichtlich begeistert von Jack war und entschied: „Gut. Wenn Sie nichts dagegen haben sich ein Zimmer mit Mr. O’Brian zu teilen, dürfen Sie gerne die zu überbrückenden Tage bei uns verbringen.“ „Vielen Dank. Sie sind zu großzügig Mr. Splendt.“, bedankte sich Jack und verneigte sich kurz. „Möchten die Herren uns noch bei einer Tasse Kaffee oder Tee ein wenig Gesellschaft leisten?“, fragte Mrs. Splendt und gab dem Diener unauffällig ein Zeichen, zwei Set Geschirr zusätzlich aufzudecken. „Sehr gerne.“, bedankte sich Daniel und die beiden setzten sich an den Tisch. „Wo kommen Sie her?“, wandte sich Mrs. Splendt an Jack. „Ein wenig außerhalb von Halifax. Daniel und ich gingen gemeinsam zur Schule.“ „Und was, wenn ich fragen darf, führt sie hier nach Springfield?“, schaltete sich Sophie in die Unterhaltung ein. „Typisch Sophie. Immer so direkt.“, dachte sich Daniel schmunzelnd und sah, dass Jack ebenfalls lächelte. „Reicht es Ihnen wenn ich fürs Erste, persönliche Gründe als Vorwand nenne?“ Scherzhaft schüttelte Sophie den Kopf und wurde sogleich von ihrer Mutter gescholten. „Entschuldigen Sie bitte. Natürlich müssen sie ihren Grund nicht nennen.“ „Schon gut. Sie werden es alle schon noch früh genug und zur gegebenen Zeit erfahren. Doch bis dahin bleibt es mein kleines Geheimnis.“, erwiderte Jack und zwinkerte Sophie zu. Daniel räusperte sich. „Tut mir leid, dass wir das gesellige Beisammensein leider schon unterbrechen müssen, aber wenn wir noch vor dem Abendessen fertig sein wollen müssen wir jetzt mit den Vorbereitungen weiter machen.“ „Natürlich. Wir können noch beim Abendessen weiter plaudern.“, entließ Mr. Splendt Daniel und Jack.


„Er ist so süß.“ Anna hatte es sich bei Sophie im Zimmer bequem gemacht. „Anna!“, protestierte Sophie. „Was? ich rede von Daniel.“ Sie musste grinsen, als sie sah, wie Sophie errötete. Sie wusste ganz genau, dass ihre jüngere Schwester bei diesen Worten an Jack gedacht hatte. „Ich finde, dass es ihn noch liebenswerter macht, so wie er über seinen Freund redet. Heute hat er mal seine sanfte Seite gezeigt.“, schwärmte Anna. „Du hast Recht. So hab ich ihn auch noch nicht erlebt.“ „Und? Erzähl! Wie ist er so, wenn ihr zwei allein seid? Ich will alle Details!“, bohrte Anna. „Er ist sehr aufmerksam und höflich.“ „Und weiter?“ „Und das wars. So lange kenne ich ihn noch nicht.“ Anna boxte Sophie in die Seite. „Mensch dich scheint es ja richtig erwischt zu haben. Wenn ich mich recht entsinne hast du mit all deinen Exen, gleich von Anfang an geflirtet und deine Verehrer gleich ab dem zweiten Tag geküsst.“ Sophie errötete. „Das war was anderes. Damals wollte ich unsere Eltern schockieren! mit Jack ist es was anderes. Er ist sehr zuvorkommend und behandelt mich wie einen Schatz, dem nichts zustoßen darf.“ Annas Augen leuchteten auf. „Jack?“ Sophie zuckte unmerklich zusammen. „Wann bitte hast du Jack getroffen und kennengelernt?“ „Gar nicht! Ich habe von Daniel gesprochen. Wie kommst du jetzt auf Jack?“ versuchte sich Sophie rauszureden. „Du solltest dir wirklich mal gründlich die Ohren waschen, Anna!“ „Ok, ok.“, gab Anna nach und hob abwehrend die Hände. „Daniel behandelt dich wie einen zerbrechlichen Schatz. Das ist wirklich süß.“ insgeheim wusste Sophie, dass Sie aufgeflogen war und hoffte inständig, dass ihr Plan trotzdem funktionieren würde.


„Abby, Abby! Das musst du dir anschauen!“ Clara lugte durch das Schlüsselloch in den Ballsaal. „Wenn Raj uns hier erwischt, bist du dran!“, drohte Abby scherzhaft. Sie beugte sich gerade zum Schlüsselloch hinunter, als die Tür aufging. „Na, na, na. Wer kann es hier nicht abwarten?“, fragte Raj, gespielt böse und stemmte die Hände in die Hüfte. „Aber Clara hat es schon gesehen!“, schmollte Abby. „Dann wird es eben nur noch eine Überraschung für dich! Und jetzt ab nach oben mit euch, sonst müssen alle noch auf euch warten!“ „Schon gut, Baba.“, gab Abby nach, packte Claras Handgelenk und schleifte sie ins Zimmer. Für diesen besonderen Abend hatte Sanjana Verstärkung mitgebracht. Zuerst bemalten sie und ihre Freundinnen die Hände der angehenden Bräute mit einer bräunlichen Paste, die beim Trocknen dunkler wurde. „Sanjana? Was ist das? Es riecht so komisch.“, fragte Clara neugierig. „Das ist Hennapaste. Es ist in Indien üblich bei Verlobungen und der darauffolgenden Hochzeit, die Braut mit einem Henna Muster zu verzieren. Dieses Muster ist dann für mehrere Tage und sogar Wochen noch zu sehen. Es gehört einfach zur Tradition.“, erklärte Sanjana. „So, fertig. Jetzt muss es nur noch trocknen. Ihr dürft jetzt die nächsten Stunden nichts mehr anfassen, sodass es nicht verschmiert. Wenn ihr etwas braucht, sagt einfach Bescheid.“ Sanjana gab ihren Freundinnen ein Zeichen und verabschiedete sich.


Es war mitten in der Nacht. Daniel hatte sich still und leise von seinem Fenster zu Sophies Zimmer gehangelt. Während seines Aufenthaltes in den vergangenen Tagen hatte er beobachtet, dass sie aufgrund der Sommerhitze jeden Abend mit weit offenem Fenster schläft. Die Gefahr, entdeckt zu werden, war mit dieser Variante geringer als durchs Haus zu schleichen. Da Sophie tief und fest schlief, beobachtete er sie ein Weilchen gedankenverloren. Sie sah so schön und unschuldig aus. Doch schnell rief er sich wieder zur Ordnung. Um nicht das ganze Haus zu wecken, legte er seine Hand auf ihren Mund und rüttelte sie wach. Sofort wurde Sophie wach und wollte schreien, da sie Daniel im Dunkeln nicht sofort erkannte. Sobald sich Daniel sicher war, dass sie nicht mehr schreien würde, ließ er von ihr ab. „Dan! Was machst du hier? Bist du wahnsinnig? Wenn das meine Eltern mitbekommen, bist du schneller wieder auf der Straße als du bis drei zählen kannst!“, zischte Sophie aufgebracht. „Bist du fertig mit deiner Predigt? Ich muss dir etwas Wichtiges verraten!“ Sophie wurde neugierig und setzte sich im Bett auf. Was kann es so wichtiges geben, dass es nicht bis morgen warten kann? Ist jemand gestorben?“ Daniel sah sie ernst an. „Im Gegenteil. Jemand ist nicht wie vermutet gestorben! Jack und ich können jetzt endlich Rache nehmen. Und du meine Liebe, du schuldest mir jetzt eine Entschuldigung.“ Sophie verstand nicht. „Unsere Missi feiert Verlobung. Und zwar mit niemand anderen als Jayson Barkley.“ Kaum hatte er diese Worte ausgesprochen, bot sich ihm dasselbe Schauspiel wie in der Stadt vor ein paar Wochen. Sophie sank ohnmächtig zur Seite und fiel fast aus dem Bett. Daniel fing sie auf und legte sie sorgfältig ins Bett. Er deckte sie wieder zu und vergewisserte sich, dass sie regelmäßig atmete, bevor er das Zimmer wieder verließ. „Wo warst du denn um diese Uhrzeit?“ Jack saß im Lesesessel über ein Buch gebeugt. Ohne aufzuschauen sprach er weiter: „Und welche Hiobsbotschaft hast du überbracht?“ „Woher..?“ „Weiß ich was los ist?“ Jack legte sein Buch zur Seite und ging zu Dan. „Ich habe eben vom Besten gelernt.“ „Und was hat mich verraten?“, wollte Daniel wissen. „Dein ungewohnter besorgter Blick, als du hier rein kamst. Also was ist los?“ Daniel schob Jack beiseite und ging an ihm vorbei zur Zimmerbar. Dort goss er sich mit zitternden Händen einen Schluck Whisky ein. „Ich war bei Sophie und erzählte ihr, dass Jayson nicht wie wir bisher annahmen tot ist, sondern auf wundersame Weise lebt.“ Er stand mit dem Rücken zu Jack und trank sein Glas in einem Zug leer. „Weiter kam ich nicht, da sie ohnmächtig geworden ist. Also habe ich mich versichert, dass es ihr gut geht und bin gegangen.” „Und was hast du jetzt vor? Willst du es wirklich noch einmal versuchen? Du weißt, es hat keinen Sinn. Lass die Vergangenheit einfach ruhen!“ Voller Wut drehte sich Daniel zu Jack und warf das eben geleerte Glas in seine Richtung. Dieses verfehlte Jack um Haaresbreite und zerbrach an der Wand in tausend Teile. Jack sah das Ganze gelassen. „Du warst noch nie treffsicher.“, kommentierte er unbeeindruckt. Daniel ließ sich verzweifelt in den Lesesessel fallen. „Und genau das ist mein Problem! Wie soll ich unsere Familien rächen, wenn ich es nicht fertig bringe zu treffen?“ Er seufzte. „Auch wenn ich es nicht zugeben will, aber im Fechten hat er sich auch verbessert.“ „Aber du bist der Fechtmeister!“, rief Jack ungläubig. „Wenn du etwas kannst, dann ist das Fechten! Du bist einfach nur durch Räubergeschäft ein wenig aus der Übung gekommen.“ „Du hast womöglich Recht. Ich bin nur ein wenig eingerostet!“ Daniel sprang auf. „Ab morgen werde ich wieder trainieren. Bist du dabei?“ „Dan, meinst du nicht…“, versuchte es Jack erneut. „Bist du dabei oder nicht?“, unterbrach ihn Daniel ärgerlich. „Ja, aber…“, warf Jack ein, doch wieder wurde er schroff unterbrochen. „Gut. Morgen, gleich nach Sonnenaufgang werden wir beginnen.“ Damit stürmte er ins Bad, zog sich um und ging ins Bett. Jack jedoch verbrachte den Rest der Nacht grübelnd im Sessel und versuchte einen Plan zu schmieden, wie er Daniel von seinem unsinnigen Racheplan abbringen könnte.


Sophie stand gerade gedankenverloren auf ihrem Balkon und beobachtete die aufgehende Sonne. Sie hatte einen komischen Alptraum gehabt. Sie träumte, dass Daniel ihr erzählte, dass Jayson noch lebte und er jetzt seinen Plan endlich zusammen mit Jack verwirklichen konnte. Warum allerdings mit Jack, war ihr nicht ganz klar. Ein Räuspern an der Tür riss sie aus ihren Gedanken. Erschrocken fuhr sie rum. „Sag mal, macht es dir Spaß?“, zischte sie. Daniel grinste sie belustigt an. „Was willst du hier?“ „Mich nach deinem Wohlergehen erkundigen.“ „Unverändert gut. Genauso wie gestern auch.“, erwiderte sie kurz angebunden. „Das hatte aber gestern Abend nicht den Anschein.“ Sophie lief es eiskalt den Rücken hinunter. „Also war das doch kein Alptraum.“, entfuhr es ihr. Daniel beschlich nun ein ungutes Gefühl und ging auf Sophie zu. „Was weißt du noch von gestern Abend?“, hakte er nach. Er drückte sie sanft auf den nebenstehenden Stuhl und hockte sich vor sie, um auf Augenhöhe zu sein. Sophie war plötzlich kreidebleich geworden und sah ihn mit angsterfüllten Augen an. „Jayson lebt! Du hast gesagt, dass Jayson lebt.“, stammelte sie. „Und du hast gesagt, dass du jetzt doch noch deine Rache mit Jack zusammen durchführen kannst!“ Sie sah nun zu Jack, der das Ganze still beobachtet hatte. „Warum?“, richtete sie die Frage an ihn. „Dan und ich kennen uns wirklich schon seit Kindheitstagen. Aber das ist erstmal unwichtig.”, wich Jack der Frage aus. “Wichtiger ist jetzt, wie es weiter geht.“ Er wandte sich an Daniel. „Ich denke, wir sollten Sophie kurz allein lassen. Wir können ja beim Frühstück alles Weitere besprechen.“ Sophie nickte. „Meine Eltern, Tom und Anna sind mit der kleinen Sophie in der Stadt. Sie sollten vor heute Nachmittag nicht wieder das sein.“, erklärte sie. „Dann bis gleich.“, verabschiedete sich Daniel und folgte Jack aus dem Zimmer. Als Sophie ein paar Minuten später den Speisesaal betrat, waren Jack und Daniel in einer angeregten Diskussion vertieft. Sie räusperte sich, um auf sich aufmerksam zu machen und setzte sich an den Tisch. „Jetzt erzählt mir erst mal, woher ihr das mit Jayson wisst.“, knüpfte sie an das vorherige Gespräch an. Daniel sah sich verstohlen um. „Keine Sorge. Die Diener haben die Anweisung, beim Essen nur auf klingeln zu erscheinen. Wir können also ungestört reden.“, beruhigte sie die beiden. „Gestern kam einer meiner Räuber zu mir ins Versteck und berichtete, dass Abby O’Conner Verlobung feiert. Seine Frau ist mit jemandem aus der Dienerschaft befreundet und wurde dazu gebeten, bei den Vorbereitungen zu helfen. Daraufhin erzählte sie ihm von den Pärchen, die Verlobung feiern. Er erkannte, dass es sich um Jayson handelte und informierte mich umgehend, nachdem er sicher gegangen war, dass Jayson tatsächlich noch lebt.“ „Und was hast du jetzt vor?“, fragte sie mit einem mulmigen Gefühl. Daniels grinsen sagte eigentlich schon alles. „Ich werde die baldige Hochzeit verhindern! Missi wird sich für den Rest ihres Lebens an diesen Tag erinnern und Jayson - Tja, er wird sich ein schnelles Ende wünschen.“ „Lass doch gut sein.“, versuchte es Jack nochmal, doch Daniel reagierte nicht darauf. Er biss genüsslich in seine Semmel und freute sich auf das bevorstehende Fechttraining.


Man konnte schon von weitem die Klingen hören. Ein Hieb hier, eine Parade da. Seiten wurden gewechselt und die Klingen klirrten weiter. „Du hast ganz schön nachgelassen!“, schnaufte Jack schmunzelnd. „Bist du dir sicher, dass du das noch durchziehen willst?“ Daniel schnaubte nur verächtlich und griff Jack erneut an. Doch dieser parierte gelassen. „Willst du eine kurze Pause? Du scheinst ein wenig außer Atem zu sein.“, stichelte Jack weiter, woraufhin Daniel das Tempo anzog. Jack wusste genau wie er Daniel zu unüberlegten Handlungen bringen konnte. Wieder griff Daniel an, doch diesmal konnte Jack dessen Degen entwenden. „Und wieder hast du verloren.“ Jack reichte seinem verärgerten Gegenüber seinen Degen. Dieser warf ihn verächtlich auf den Boden und ging zum Tisch, um sich zu erfrischen. Daniel exte sein Glas Wasser und goss sich nochmal nach. Jack beobachtete seinen Freund teils belustigt und teils besorgt. Er wusste, dass Daniel erst zufrieden sein würde, wenn er wieder in Form war. „Lass uns für heute Schluss machen. Für das erste Training reicht es.“, schlug Jack vor. Daniel schüttelte den Kopf. „Erst wenn ich dich besiegt habe. Vorher gehe ich hier nicht weg!“, trotzte er und ging wieder zurück zu Jack aufs Feld. Er hob seinen Degen auf und hielt ihn Jack an die Kehle. „Dann bleibt mir wohl nichts anderes übrig.“, erwiderte Jack und griff an. Wieder klirrten die Klingen und Seiten wurden gewechselt. „Hier seid ihr ja! Seid ihr denn des Wahnsinns?“, rief Sophie als sie aus Jacks Haus, das jetzt übergangsweise als Räuberversteck diente. Von Sophie abgelenkt war Jack ein wenig unachtsam gewesen und stolperte. Das nutzte Daniel aus und entwaffnete Jack. Außer Atem, aber sichtlich zufrieden, hielt er siegesbewusst seinen Degen an Jacks Kehle, der mit erhobenen Händen am Boden lag. „Zufrieden?“, fragte Jack, woraufhin Daniel lächelnd nickte und von ihm abließ. Er reichte Jack die Hand, zog ihn zu sich hoch und beide klopften sich den Staub von ihrer Kleidung. „Was willst du hier Sophie?“, wandte sich Daniel an sie. „Ich wollte euch nur daran erinnern, dass es bald Zeit zum Abendessen ist und mein Eltern keine Verspätungen dulden.“ Sie kam den beiden näher. „Und ich schlage vor, dass ihr beide euch vorher frisch macht!“, schimpfte sie sich die Nase zuhaltend und verschwand wieder im Haus. „Bist du jetzt soweit zufrieden, dass wir für heute Schluss machen können?“, wandte sich Jack an Daniel. „Fürs erste reicht es heute.“, erwiderte Daniel kurz angebunden und folgte Sophie ins Haus. Jack schüttelte nur den Kopf. „Nur die Ruhe bewahren und die Hoffnung nicht verlieren.“, dachte er sich und folgte den beiden ebenfalls ins Haus.

Kapitel 17- Übereilte Rache

 „Achtung Mann im Anmarsch.“, rief Raj fröhlich und trat in das mit Stoffen und Schachteln überfüllte Zimmer. „Wow. Ihr seid ja nicht mehr wiederzuerkennen! Ihr seht aus wie richtig indische Bräute.“ Clara und Abby saßen jeweils an ihren Schminktischen und wurden hergerichtet. Abby sah ihn durch ihren Spiegel an. „Ich kann es immer noch nicht fassen, dass du so etwas für uns tust. Es kommt mir wie ein zu schöner Traum vor, aus dem ich jeden Moment aufwachen könnte.“ Raj verschaffte sich einen Weg durch das Gewirr zu Abby. Sanjana, die gerade mit Abbys Haar beschäftigt war, trat einen Schritt zur Seite und Raj trat hinter Abby. Er legte seine großen Hände sanft auf ihre Schultern und küsste ihren Scheitel. „Für euch immer, Beta. Ihr seid jetzt Teil meiner Familie.“ Abby legte ihre rechte Hand auf seine und drückte sie sanft. Das war für Raj das Zeichen zu gehen. Er räusperte sich. „So. Bevor wir hier das Make-Up ruinieren, gehe ich besser mal nach den Bräutigamen schauen.“ Er ging noch kurz zu Clara, gab ihr ebenfalls einen Kuss auf den Scheitel und bahnte sich wieder seinen Weg zurück zur Tür.


In Glenns und Jaysons Zimmer liefen auch alle Vorbereitungen auf Hochtouren, allerdings Vorbereitungen einer ganz anderen Art. „Also, der Haupt- und die Nebeneingänge sind gesichert?“, wandte sich Jayson fragend an die 5 Sicherheitsmänner. „Ja sir. Es wird keiner rein oder rauskommen, ohne dass wir es merken.“, bemerkte einer von ihnen. „Im Saal selbst tummeln sich auch unsere Männer, getarnt als Diener. Und nur wie eine Einladung hat, dem wird der Eintritt gewährt.“, fügte ein weiterer hinzu. „Gut.“ Jayson nickte Gedankenversunken. „Dann gehen Sie noch einmal alles mit ihren Männern Schritt für Schritt durch.“, entließ Glenn die Männer. Diese verneigten sich und traten aus dem Zimmer, als Raj hinzu kam. „Macht euch keine Sorgen. Alles wird gut werden! Alle Männer sind handverlesen und aus meiner persönlichen Armee.“, versuchte Raj Jayson zu beruhigen. Glenn sah das Ganze etwas gelassener. Doch er machte sich trotzdem Sorgen. Sein Gefühl sagte ihm, dass es nicht für immer gut ausgehen würde. „Wie weit sind denn unsere Damen?“, fragte er, um vom ernsten Thema abzulenken. „Fast fertig und in voller Erwartung. Die Feier kann also jeden Moment losgehen.“ „Ahnen sie auch schon von ihrem überraschenden Schicksal?“, wollte nun Jayson wissen. Raj lachte. „Ich habe Abby so viel über unsere Traditionen beigebracht. Und doch ahnt sie nichts, was mich schon ein wenig wundert.“ „Sehr schön. Dann kann es losgehen.“ Jayson legte sich den Degen von seinem Vater um und straffte die Schultern. „Nur gut, dass es auch bei euch Tradition ist zu solchen Anlässen einen Degen zu tragen.“ Jayson trat zu Raj und umarmte ihn kurz. „Danke für alles.“ „Keine Ursache. Für euch tue ich fast alles. Wie ich auch gerade Abby und Clara versichert habe, ihr seid jetzt Teil meiner Familie.“ „So, jetzt aber schnell. Bevor sich die Damen das doch noch anders überlegen.“, scherzte Glenn und alle drei verließen den Raum in Richtung Ballsaal.


„Nein! Das darf nicht wahr sein!“ Daniel schlug mit der Faust auf den Tisch. „Bist du dir da ganz sicher?“, fragte er sein Gegenüber. Der verschüchterte Räuber nickte verlegen. „Wenn es mir meine Frau doch sagt.“, versicherte er und hoffte, nicht der Wut den Hauptmanns zu erliegen. Doch Daniel hatte andere Prioritäten. Diese Neuigkeit machte all seine Pläne zunichte. Er überlegte fieberhaft, wie er nun vorgehen sollte. Jack und Sophie hatten beschlossen, nach dem Abendessen noch einen Spaziergang zu machen. Daniel hatte diese Zeit genutzt, um weiter zu trainieren, als der Räuber mit dieser überraschenden Neuigkeit ins Training platzte. „Geh zu deiner Frau und gib ihr dieses Fläschchen.“ Daniel lief zum Schrank, öffnete eine Schublade und holte ein kleines Fläschchen mit klarer Flüssigkeit hervor. Er reichte es dem Räuber. „Sag ihr, sie soll ein paar Tropfen davon in ein Getränk untermischen und uns dann ein Zeichen geben, das du mit ihr vereinbaren wirst. Den Rest übernehme ich.“ Der Räuber verneigte sich und stürmte aus dem Haus. „Jetzt kann ich meinen wunderschönen Plan vergessen! Nur gut, dass ich schon einen Plan B im Petto hatte.“ Daniel rieb sich lächelnd die Hände. „So kommen wenigstens beide in den Genuss meiner Gastfreundschaft.“ Er schnappte sich einen Stift und einen Zettel und hinterließ Jack eine Nachricht. Dann verschwand er in Richtung Ställe, sattelte sein Pferd und ritt los. Kurze Zeit später trafen Jack und Sophie im leeren Versteck ein. „Das kann nicht gut gehen.“, meinte Jack und reichte Sophie den eben gelesenen Zettel. „Und was willst du jetzt tun? Dan ist sicherlich schon fast dort.“, fragte Sophie. Jack zuckte nur mit den Schultern. „Verhindern kann ich dieses Ereignis zwar nicht mehr, aber evtl. eine endgültige Tragödie. Jetzt lass uns lieber überlegen, was wir deinen Eltern erzählen, um nicht aufzufliegen.“


Der ganze Saal hielt den Atem an, als Abby und Clara die Treppe des Ballsaals hinunter schritten. „Schon komisch.“, dachte Abby. „Hier hat unsere Liebesgeschichte begonnen und hier wird sie nun auch ein neues Kapitel einschlagen.“ Sie sah zu Clara rüber und drückte kurz ihre Hand. Clara trug einen rosa mit Blumenranken verzierten Salwar Kameez. Ihr Haar war hochgesteckt und mit vielen kleinen Rosenspangen verziert. Ihre mit Henna verzierten Arme hatten die farblich passenden Armreifen. Abby trug einen türkisen, mit Pailletten verzierten Salwar Kameez. Ihr Haar war zu einem langen Zopf geflochten und mit einer Stirnkette verziert. Auch sie trug die farblich passenden Armreifen. Glenn und Jayson trugen jeweils einen beigen Sherwani (typisch indischer Anzug bei Hochzeit) mit dem zur jeweiligen Braut farblich passenden Schal. „Jungs. Vergesst das Atmen nicht.“, scherzte Raj und holte beide aus ihrer Starre. „Man könnte fast meinen, ihr habt euch gerade erneut bei diesem Anblick verliebt.“ Als Bestätigung nickten beide. „Für einen kurzen Moment habe ich alles um mich herum vergessen.“, erwiderte Jayson. „Dann hat sich ja der Aufwand gelohnt.“, flüsterte Abby als sie bei den beiden angekommen waren. Auf einer Art erhöhter Plattform waren zwei Sitz-Nischen platziert. Glenn und Clara nahmen in der einen und Jayson und Abby in der anderen Platz. Alle anderen Gäste wurden gebeten nun ebenfalls auf ihren Stühlen Platz zu nehmen. In der vordersten Reihe saßen Ashley O’Conner, Eileen Fortin und ihr Mann. Raj führte alle Anwesenden durch die Zeremonie und erklärte die Traditionen. „Nun seid ihr offiziell verlobt. Meinen Glückwunsch.“, verkündete Raj und tosender Applaus folgte. Als sich alle wieder beruhigt hatten, wandte sich Raj erneut an alle Anwesenden. „Meine verehrten Gäste. Auf Wunsch der Paare gibt es spontan eine kleine Planänderung.“ Er wandte sich an Abby und Clara. „Glenn und Jayson hatten eine wunderbare und romantische Idee. Jetzt wo ihr schon, nach so vielen Hürden endlich verlobt seid, wollt ihr nicht gleich heute noch heiraten?“ „Hier und jetzt?“, fragte Abby ungläubig und sah von Raj zu Jayson und zurück. „Aber natürlich!“, riefen Clara und Abby wie aus einem Munde und fielen dem jeweiligen Partner um den Hals. Erneut brach das Publikum im tosenden Beifall aus. „Dann macht euch bitte fertig. Unsere Gäste können sich in der Zeit gerne an dem aufgebauten Buffet stärken. Dieses ist nun eröffnet.“ „Ich kann es nicht fassen. Liebst du mich so sehr?“, flüsterte Abby Jayson zu. „Noch mehr. Ich liebe dich über alles und bin dazu bereit, alles für dich zu tun!“, erwiderte Jayson und schob Abby Richtung Ausgang. „Lass mich nicht zu lange warten.“, rief er ihr noch lächelnd hinterher.


„Sieht so aus, als kommt dein Einsatz doch eher als gedacht, Billy.“, verkündete Abby freudig als sie das Zimmer betrat. Das angesprochene Bündel lag auf dem Bett, hob kurz den Kopf und ließ ihn desinteressiert wieder fallen. „Ich sehe schon. Billy scheint gar nicht nervös zu sein, für uns als Ringträger zu fungieren.“, scherzte Clara. Abby lachte und klingelte nach Sanjana. „Sie haben geläutet Mrs. O’Connor?“, meldete sich eine der Aushilfsdienerinnen. „Ja. Wir brauchen ihre und Sanjanas Hilfe. Wir müssen uns umziehen. Bitte holen Sie sie.“ Die Aushilfsdienerin verneigte sich und verließ das Zimmer. Kurz darauf kam sie mit Unterstützung und einer kleinen Erfrischung wieder. „Miss Sanjana ist leider verhindert. Deshalb werden wir Ihnen helfen. Möchten Sie erst einmal einen Chai?“ Dankend nahmen Abby und Clara den angebotenen Tee an. Die Beiden Dienerinnen waren gerade dabei die Frisuren zu richten, als sich Abby plötzlich den Kopf hielt. „Können wir kurz das Fenster öffnen? Mir ist plötzlich so…“, begann sie und sackte zusammen. Die Dienerin reagierte schnell, fing Abbys Fall ab und legte sie auf den Teppich. „Abby!“, rief Clara besorgt und eilte zu ihr. Es dauerte nicht lange, bis sie ebenfalls bewusstlos neben ihr zusammensackte. „Na endlich.“, beklagte sich die eine Dienerin und verriegelte die Zimmertür. „Jetzt müssen wir nur noch meinem Mann Bescheid geben, damit er und sein Hauptmann uns hier raus holen.“, erklärte sie und hängte eine Kerze aus dem Fenster. „Don kletterte als erster durchs Fenster. „Was macht sie denn hier? Du solltest doch nur Mrs. O’Connor betäuben! Muss man denn hier alles selber machen?“, schimpfte er. „Die beiden waren unzertrennlich. Was sollte ich sonst machen?“, verteidigte sich die Frau. Don winkte verärgert ab. „Dann lassen wir sie einfach da. Sie ist für mich von keinem Nutzen. Schnappt euch Missi, knebelt sie und schafft sie zu den Pferden.“, befahl Don, den eben eingetroffenen Räubern.

Er schnappte sich einen Zettel und hinterließ folgende Nachricht:
Fast hättest du es geschafft, dein Glück zu ergreifen. Doch weit gefehlt! Diesmal wirst du dir ein schnelles Ende wünschen! Doch keine Sorge. Deine geliebte Abby wird, im Gegensatz zu dir, all das überleben. Du brauchst auch nicht nach ihr suchen, denn du wirst sie nicht ohne meine Hilfe finden! Warte einfach auf weitere Anweisungen! Ich wünsche euch noch ein schönes Fest! PS. Beobachte deine Freundin genau, denn all das, was sie die nächsten Tage durchmacht, wird dich wissen lassen, wie es deiner Abby geht! gez. Don.
Don legte den Zettel neben Clara und befahl den zwei Frauen ebenfalls abzuhauen. Er öffnete die Tür einen kleinen Spalt und verschwand ebenfalls durchs Fenster. Bei den Pferden angekommen, nahm er Abby entgegen und warf sie wie einen Sack Kartoffeln auf den Rücken seines Pferdes. Danach stieg er ebenfalls in den Sattel und ritt, gefolgt von seinen Räubern und den beiden Frauen, los.


„Die zwei brauchen aber ziemlich lange. Ob sie es sich doch anders überlegt hatten?“, wunderte sich Glenn und sah auf die Uhr. Glenn und Jayson hatten sich ebenfalls ein paar Minuten zurück in ihr Zimmer zurückgezogen. Nun warteten sie schon seit einer dreiviertel Stunde auf die Nachricht, dass es weitergehen würde. Ein leises Miau, gefolgt von einem Schnurren, riss Jayson aus seinen Gedanken. Er schaute sich kurz um und fand Billy um seine Füße schleichend vor. „Was machst du denn hier? Hast du schon wieder Unfug angerichtet und wurdest du deshalb aus dem Zimmer geschmissen?“, scherzte er und nahm den kleinen Kater auf den Arm. „Warum bist du noch nicht hergerichtet?“, wunderte er sich und plötzlich beschlich ihn eine dunkle Vorahnung. Er setzte Billy ab und stürmte aus dem Zimmer. Am anderen Zimmer angekommen, sah er, dass die Tür einen Spalt offen war, hörte aber keine Geräusche von innen. Also öffnete er die Tür und blieb wie gelähmt im Türrahmen stehen. „Clara!“, rief Glen, der Jayson gefolgt war und rannte an Jayson vorbei auf Clara zu. Er kniete sich neben sie und bettete ihren Kopf in seinem Schoß. „Sie atmet noch!“, rief er erleichtert aus. Glenn entdeckte den Zettel neben Clara und überflog ihn. „Ich glaube der ist für dich.“, seufzte er betrübt und reichte den Zettel Jayson, der ihn in Gedanken abwesend entgegennahm. Angsterfüllt las er ihn und Glenn konnte genau beobachten, wie mit jeder Zeile mehr Farbe aus Jaysons Gesicht wich. „Und nun?“, fragte Glenn und wartete auf irgendeine Art Reaktion. Doch Jayson blieb wie versteinert im Türrahmen stehen. Also nahm er Clara und legte sie erstmal aufs Bett. Dann schob er sich an Jayson vorbei und suchte Raj. „Wie schlimm ist es?“, rief Raj, als er Glenn die Treppen hinunter stürmen sah. „Woher?“, begann Glenn, wurde aber gleich von Raj unterbrochen. „Tut jetzt nichts zur Sache. Jamal kam zu mir, weil er seine Frau geknebelt in der Speisekammer aufgefunden hatte, als er die Häppchen nachfüllen wollte. Also wie schlimm ist es?“ Glenn schüttelte bedrückt den Kopf. „Abby ist verschwunden und Clara bewusstlos.“ Raj schlug die Hände über dem Kopf zusammen. „Nahi! Yeh nahi hoo sakta! (Nein. Das darf nicht passieren!)“, rief er. „Was sollen wir jetzt nur tun? Don hat einen Brief dagelassen, in der er behauptet, dass wir Abby nie finden werden.“ Raj wurde hellhörig. „Don? Etwa dieser Räuber, der meinen Sohn damals so misshandelt hat?“ Glenn nickte. „Jetzt hat er sich schon zum zweiten Mal an meiner Familie vergriffen! Ich werde keine Gnade walten lassen! Meine Männer werden jeden Stein umdrehen. Wir werden Abby und somit auch ihn finden!“ Raj war außer sich vor Wut. „Was sagen wir jetzt unseren Gästen ohne unnötige Sorge zu verbreiten?“ „Wir sagen, dass Abby sich den Magen verdorben hat und Clara nicht ohne sie heiraten will.“, mischte sich nun Jayson in die Unterhaltung ein. Er hatte sich so einigermaßen wieder im Griff und stieg nun die Treppen hinunter. „Es ist eine schwache Ausrede, aber besser als die Wahrheit.“ „Das muss genügen! Ihr werdet euch um Clara kümmern und ich werde alles Weitere in die Wege leiten.“, befahl Raj. „Ich werde sofort die Suche starten.“, beschloss Jayson und wollte die Treppe wieder hinauf eilen, als Glenn ihn festhielt. „Lass mich dir helfen.“ „Nein. Du musst dich um Clara kümmern. Ich komme schon klar.“, wehrte sich Jayson. „Dann nimm wenigstens ein paar Männer zur Sicherheit und Verstärkung mit dir. Sehr weit können die Räuber auch noch nicht sein.“, drängte Raj. Jayson nickte und eilte die Treppen hinauf, um sich schnell umzuziehen.


Abby wurde kräftig durchgeschüttelt, als sie zu sich kam. Sie öffnete die Augen, doch konnte sie nichts sehen, da es finsterste Nacht war. Alles was hörte, war das Hufgeklapper von mehreren Pferden und plötzliche Angst machte sich in ihr breit. Jetzt spürte sie auch, dass sie an Händen und Füßen geknebelt war. Sie machte den Mund auf, um zu schreien, doch sie konnte nicht, da sie sich in genau diesem Moment plötzlich übergeben musste. Bevor sie wieder in Ohnmacht fiel, hörte sie noch eine vertraute Stimme schimpfen. Das nächste Mal erwachte Abby für kurze Zeit, als sie vom Pferd gehoben und über die Schulter geworfen wurde. Da der Weg diesmal beleuchtet war, konnte sie ein paar Räuber und die zwei Dienerinnen erkennen. Doch schnell wurde es wieder schwarz vor Augen und sie sank erneut in tiefe Ohnmacht.


Von den Sonnenstrahlen wachgekitzelt, wachte Abby am nächsten Morgen in einem fremden Bett in einer fremden Umgebung auf. Ihr Kopf schmerzte tierisch und sie versuchte einen klaren Gedanken zu fassen. „Was war passiert?“ Sie hörte, wie das Schloss an der Tür ging. „Guten Morgen Dornröschen.“, wurde sie sarkastisch von Don begrüßt. Eine der Frauen folgte ihm mit einem Tablet und stellte es neben dem Bett auf einem Tisch ab. „Willkommen in deinem einstweiligen neuen Zuhause. Hier ist erst einmal eine kleine Stärkung für dich.“ Abby’s Miene verfinsterte sich. „Was hast du jetzt schon wieder vor?“ Don grinste. „Das wüsstest du wohl zu gern. Mein Geheimnis wirst du schon noch früh genug lüften. Doch eines rate ich dir! Reiz mich nicht zu sehr, sonst wird es nicht nur dir schlecht ergehen!“ Mit dieser Drohung verschwand Don wieder und verschloss die Tür. Abby fuhr es eiskalt den Rücken hinunter. „Hatte er die anderen auch gefangen? Wenn ja, wo waren sie und wie geht es ihnen?“ Diese und andere Fragen schossen durch Abby’s Kopf. Sie machte sich große Sorgen. Es dauerte nicht lange und ihr Entschluss war klar. Sie musste irgendwie versuchen zu fliehen, egal wie!


„Und irgendeine Spur von ihr der dem möglichen Aufenthaltsort?“ Glenn hatte bei den Ställen auf Jayson gewartet. Jayson schüttelte müde den Kopf. Er war die ganze Nacht hindurch geritten, hatte das jetzt verlassene Räuberversteck durchsucht und den ganzen Wald durchforstet. „Nein. Keine Spur von ihr. Das Räuberversteck ist verlassen.“ Jayson sprang vom Pferd und überreichte es dem Stallburschen. „Du solltest eine Pause machen. Leg dich hin, ruh dich aus. Du musst fit sein um gegen Don zu kämpfen!“ Unfähig um zu diskutieren folgte er Glenn ins Haus. „Wie geht es Clara? Ist sie schon wach?“, fragte er, um von sich abzulenken. „Nein. Sie ist noch nicht bei Bewusstsein. Sanjana ist bei ihr. Sie hat allerdings erwähnt, dass Clara ab und an in der Nacht aufgewacht ist um sich zu übergeben, aber sofort wieder in tiefen Schlaf gefallen ist.“ Jayson seufzte erleichtert. „Das heißt wenigstens, dass Abby auch nicht leidet. Wenn man dem Brief Glauben schenken darf.“


„Abby!“ Clara war wie aus einem Alptraum aus ihrer Ohnmacht aufgeschreckt. Sanjana war gerade schwer damit beschäftigt die, um sich schlagende Clara, zu beruhigen, als Glenn und Jayson ins Zimmer gestürmt kamen. Glenn war sofort bei ihr und nahm sie in den Arm. Geduldig ließ er sie mit ihren Fäusten auf seinen Rücken einschlagen, während sie herzzerreißend schluchzte. Nachdem sich Clara endlich beruhigt hatte, fragte Jayson: „Kannst du dich noch erinnern was passiert ist?“ Ich weiß nur noch, dass uns die Haare gemacht wurden, als Abby plötzlich zusammengesackt ist. Ich bin dann zu ihr geeilt und plötzlich war auch bei mir alles schwarz. Das ist das letzte an das ich mich erinnern kann.“, erwiderte Clara und es trat Stille ein, da jeder seinen Gedanken nachhing. „Der Tee!“, rief Clara plötzlich und schlug sich mit der Hand auf die Stirn. „Statt Sanjana waren zwei Aushilfs-Dienerinnen da und haben uns unaufgefordert Chai mitgebracht. Da muss wohl was drin gewesen sein.“ „Dann müssen nur noch herausfinden wer sie sind!“, überlegte Jayson laut. „Ich denke sie gehören zu den Räubern!“, mischte sich Sanjana ein. „Nachdem ich von den beiden überwältigt und eingesperrt worden bin, hörte ich ihre Unterhaltung. Die eine Frau beschwerte sich darüber, wie sich ihr Mann von einem Jüngling wie Don herumkommandieren lassen könne und sie es langsam leid wäre, ihm ständig helfen zu müssen.“ „Das erklärt zumindest woher sie von der Verlobung wussten und wie sie hier so leicht und unbemerkt rein und raus gekommen sind!“, schlussfolgerte Glenn laut und sah wie Jaysons Hirn schon rauchte. „Jetzt erst einmal genug für dich. Jayson, du gehst dich jetzt ausruhen. Wir schmieden währenddessen einen Plan, wie es weitergehen soll.“ Jayson wollte widersprechen, doch Glenns ernster Blick und die Müdigkeit in seinen Knochen hießen ihm genau das zu tun - sich auszuruhen. Also ging er ohne Wiederrede in sein Zimmer und fiel sogleich ins Bett, unfähig sich aus- oder umzuziehen.


„Und was hast du jetzt vor? Wie soll es weiter gehen?“, fragte Jack sauer. Ohne ihn auch nur anstandshalber zu fragen, hatte Daniel sein Haus als vorübergehendes Räuberversteck erklärt. Doch Jack hatte ja damit schon gerechnet, es sogar insgeheim gehofft. So war es ihm wenigstens möglich, Daniel ein wenig im Griff zu haben, bzw. das Schlimmste zu verhindern. „Musstest du sie ausgerechnet hierher bringen?“ „Wo sollte ich denn sonst hin? Etwa zu Sophie und ihren Eltern?“, entgegnete Daniel. „Selbst dort war Jayson schon! Das hier ist der einzige Ort an dem Jayson uns nicht finden wird.“ Daniel war sichtlich zufrieden. Er stand auf und griff nach seinem Degen. „Pause ist zu Ende. Lass uns weiter trainieren.“ Jack rollte unmerklich mit den Augen und gab sich geschlagen. Er stand ebenfalls auf und folgte Daniel auf die Wiese.


Abby wachte erneut auf. Diesmal vom klirren zweier Degen. „Bitte lass es nicht ein Kampf zwischen Don und Jayson sei.“, schoss es ihr durch den Kopf, als sie zum Fenster eilte. Das Fenster war zwar vergittert, aber nicht verschlossen. Also öffnete sie es, um ein wenig frische Luft zu bekommen. Sie schaute aus dem Fenster und sah nicht weit vom Haus entfernt Don mit einem fremden Mann kämpfen. „Also was hast du jetzt vor?“, fragte der Fremde schnaufend und stach zu. Don parierte nur lachend. „Mich abzulenken bringt auch nichts mehr. Du wirst mich nicht mehr dazu bekommen, durch unüberlegtes Handeln zu verlieren. Deinen Trick habe ich durchschaut.“ Mit einem erneuten Angriff entwendete der Fremde Dons Degen und grinste. „Das mag sein. Aber du bist immer noch zu selbstsicher.“ „Für heute reicht es!“, entschied Don und marschierte von der Wiese. Beim Weggehen sah Don hinauf zu Abbys Fenster und grinste. Abby erschrak und duckte sich schnell. Sie sank die Wand hinunter und umschlang ihre Beine mit ihren Armen. Tränen der Erleichterung und Verzweiflung kullerten ihre Wangen hinunter. Sie sah sich im Zimmer um. Das Zimmer war groß und hell. Es hatte ein Bett, einen Schreibtisch, einen Schrank und einen Spiegel. Eigentlich war es wie jedes normale Gästezimmer eingerichtet. Sogar ein angrenzendes Bad war da. Abby wischte sich unter dem Klirren der Armreifen ihre Tränen weg. Die meisten Armreifen waren unterwegs zerbrochen und hatten kleine Schnitte auf ihren Handgelenken hinterlassen. Sie stand auf und ging zum Schrank in der Hoffnung, etwas zum Anziehen zu finden. Doch bis auf zwei Handtücher war der Schrank leer. Sie hörte, wie das Türschloss ging und eilte zurück ans andere Ende des Zimmers, um nicht in unmittelbarer Reichweite zu sein. „Na, hast du dich gut eingelebt?“, begrüßte sie Don. „Wie du sicherlich schon festgestellt hast, ist das nicht mein Räuberversteck. Aber keine Sorge. Euch wird trotzdem keiner so schnell finden.“ „Was hast du vor?“, fragte Abby mutig. „Meinen größten Wunsch erfüllen! Ich will mich endlich endgültig an Jayson rächen und ihn vernichten!“, erwiderte Don. „Was haben dir Jayson oder ich je angetan?“ Don lachte. „Ich hatte dich doch damals vor ihm gewarnt! Hat er dich noch nichts von seiner Boshaftigkeit und vergangenen Verbrechen erzählt? Das müsst ihr unbedingt das nächste Mal nachholen. Falls es ein nächstes Mal für euch geben wird.“, erwiderte er mit einem süffisanten lachen. Nun konnte Abby die Tränen nicht mehr zurückhalten. Don ging auf sie zu und wischte mit seinen Fingern die Tränen von ihrer Wange. „Ich hatte dich gewarnt. Habe ich dir damals nicht gesagt, dass er dir noch viel Leid und Schmerzen bringen wird? Aber keine Sorge, du wirst dich wenn es soweit ist trotzdem von ihm verabschieden dürfen.“ Voller Wut schlug Abby seine Hand von sich und bekam kurzer Hand eine Ohrfeige. „Don! Lass gut sein wir müssen jetzt los.“, drängte der Fremde. Er war Don gefolgt und stand im Türrahmen angelehnt. Don tätschelte lachend Abbys Gesicht. „Du wirst mir eines Tages dankbar sein, dass ich dich vor ihm gerettet habe.“ Er drehte sich um und verließ den Raum. Die Tür ging zu und das Schloss wurde betätigt. Abby war wieder allein. Noch bevor sie ihren Tränen erneut freien Lauf lassen konnte, überkam sie wieder diese Übelkeit und sie rannte ins Bad, um sich zu übergeben.


„War das wirklich nötig?“, fragte Jack, als sie außer Hörweite waren. „Sie hat dir doch nicht getan. Du willst dich an Jayson rächen und nicht an ihr.“ „Und trotzdem hat sie es verdient! Sie und ihr Bruder haben mich auch jahrelang verspottet. Außerdem soll sie ruhig ein wenig Angst haben, damit sie nicht versucht abzuhauen.“ „Wie lange willst du das durchziehen?“ „So lange wie nötig!“, erwiderte Daniel schnippisch. Er blieb abrupt stehen und sah Jack ernst an. „Sag mal kann es sein, dass du keine Rache mehr willst?“ Jack schaute seinem besten Freund fest in die Augen. „Ja. Schließlich ist Mr. Barkley Senior schon lange tot und Jayson kann nichts dafür, dass sein Vater so war. Du hast ihn schon genug gestraft. Meinst du nicht es wird langsam Zeit, dass du dir auch ein Leben aufbaust und eine Familie gründest?“ Daniel winkte ab. „Papperlapapp. Du bist verliebt, deshalb verzeih ich dir diese Aussage. Was mich betrifft, ich werde solange nicht ruhen, bis es vollendet ist! Und entweder du hilfst mir oder du lässt es!“ „Und was ist, wenn ich versuchen werde dich aufzuhalten?“ Daniel’s Miene verfinsterte sich. „Dann nehme ich an, wird dir unsere Freundschaft nicht viel bedeuten.“ Ohne auch nur auf eine Antwort zu warten, drehte er um und ging. Auch wenn er es vor Jack nicht zugeben wollte, kamen ihm in letzter Zeit doch des Öfteren Zweifel. Aber er hatte das Spiel nun mal begonnen, also muss er es nun auch zu Ende führen.

Kapitel 18 - Sidequests

 „Ja Mutter?“, rief Sophie und eilte die Treppen hinunter. Schon den ganzen Tag waren ihre Eltern so geheimnisvoll gewesen und hatten sich im Arbeitszimmer ihres Vaters eingeschlossen. Jetzt war die Stunde der Wahrheit gekommen. Sie klopfte an der Tür und trat ein. „Ihr habt nach mir gerufen?“ „Tritt ein mein Kind. Schließ die Tür und setz dich.“, antwortete ihre Mutter vor Freude strahlend. Sophie tat wie ihr geheißen wurde und setzte sich neben ihre Mutter. „Daniel ist ein guter Junge aus guter Familie.“, begann ihr Vater. „Doch mir scheint, er ist ein wenig schüchtern.“ Bei diesen Worten musste Sophie innerlich lachen. „Wenn du wüsstest Papa.“, dachte sie und lauschte weiter, was er zu sagen hatte. „Ihr habt ja jetzt genug Zeit gehabt, euch kennenzulernen. Sag Kind - Was hältst du von ihm? Sprich ruhig offen mit uns, schließlich geht es um deine Zukunft.“ Sophie ahnte nun, worauf ihre Eltern hinaus wollten. „Nun, Daniel ist sehr gut zu mir. Er behandelt mich wie einen wertvollen Schatz. Ich fühle mich wohl bei ihm.“, erwiderte Sie. „Dann ist es beschlossene Sache!“, rief ihre Mutter und klatschte erfreut in die Hände. „Ich werde heute noch mit ihm reden.“, beschloss ihr Vater.


„Hier bist du ja!“, rief Glenn erleichtert, als er die Küche betrat. Er hatte nach Jayson schauen wollen und da er ihn nicht in ihrem gemeinsamen Zimmer vorfand, hatte er das ganze Haus durchsucht. „Ich konnte nicht wirklich ruhig schlafen.“, erwiderte Jayson und schlürfte an seinem Kaffee. Da ihn im Schlaf die schlimmsten Alpträume geplagt hatten, hatte er beschlossen aufzustehen und sich in der Küche zu stärken. Glenn setzte sich zu ihm. „Raj hat in der Zwischenzeit einen zweiten Suchtrupp losgeschickt, um dir zu helfen. Sie sind noch unterwegs.“, erklärte er und legte seine Hand auf Jaysons Arm. „Wir werden sie finden!“, versuchte er, seinem Freund Mut zu machen, doch dieser schien in seinen eigenen Gedanken versunken zu sein. „Ich finde du solltest Clara ohne Abby und mich heiraten.“, entgegnete Jayson, ohne Glenn überhaupt zugehört zu haben. „Sag mal, spinnst du jetzt völlig?“, entfuhr es Glenn. „Clara wird damit nicht einverstanden sein! Ganz zu schweigen davon, dass meine Schwester danach höchstpersönlich ihre beste Freundin zur Witwe machen wird!“ Jayson schüttelte traurig den Kopf. „Es sollte wenigstens ein Happy End geben.“ Glenn schlug verzweifelt mit der Faust auf den Tisch. „Jetzt reicht es aber! Hör auf, in Selbstmitleid zu versinken und reiß dich endlich zusammen! Mach dir lieber Gedanken wie du Abby retten willst, wenn du sie gefunden hast!“ Jayson schlürfte unbeeindruckt an seinen Kaffee. „Du hast ja Recht. Ab jetzt werde ich mich nur noch darauf konzentrieren, Abby zu finden.“, seufzte Jayson. „Vergiss aber dabei nicht, auch auf dich Acht zu geben.“, ermahnte Glenn lächelnd und schob Jayson den Teller mit den unangerührten Sandwiches hin. Jayson schenkte Glenn ebenfalls ein dankbares Lächeln, nahm sich ein Sandwich und biss herzhaft hinein.


„Es tut mir so leid, Mr. Splendt.“ „Und es gibt keine Möglichkeit, dass Sie sich irren?“ „Ich wünschte es wäre so.“ Mr. Splendt sank aufs Sofa. „Ich verstehe nicht, warum sie mir das verschwiegen hat! Jetzt leuchtet mir ein, warum sie nicht um ihre Hand angehalten haben.“ Er lachte auf. „Und ich hielt Sie für schüchtern.“ Nun musste auch Daniel laut auflachen. „Na gut. Wie dem auch sei Mr. O‘Brian, Sie sind ein ehrenwerter Mann. Darf ich Sie dennoch was fragen?“ Daniel zog skeptisch eine Augenbraue hoch. „Und das wäre?“ „Wie sieht es eigentlich in ihrem Herzen aus?“ Daniel räusperte sich verlegen. „Es ist kompliziert. Es scheint, als wisse mein Herz nicht, was es will. Aber eines ist sicher. Ich habe ihre Tochter als Freundin sehr lieb gewonnen und wünsche ihr alles Glück der Welt, egal mit wem.“ Mr. Splendt pfiff anerkennend durch die Zähne. „Und ich wünsche mir, dass sich auch ihre Träume eines Tages erfüllen.“ Daniel bedankte sich und verließ das Arbeitszimmer. Er ging kurzerhand in sein Zimmer, um seine Sachen zu packen und zu Jack in dessen Haus zu ziehen. Sophie hatte im Zimmer auf ihn gewartet. „Und? Was hat mein Vater gesagt?“ „Nichts. Ich habe ihm gesagt, dass du nicht mich liebst, sondern Jack.“ Sophies Kinnlade klappte nach unten. „Du hast was?“ „Du liebst ihn doch! Dein Vater wollte dich mit mir verheiraten und ich habe, wie wir es geplant hatten, abgelehnt. Nun steht deiner Hochzeit nichts mehr im Weg und ich stehe nicht mehr in deiner Schuld, Mrs. Carter.“ erwiderte er gereizt und holte seinen Koffer unter dem Bett hervor. Sophie war so sprachlos, dass sie sich erst einmal aufs Bett setzen musste. „Und er hat einfach so zugestimmt?“, wunderte sie sich. „Ja. Ich habe ihm einfach die Situation erklärt und er hat es eingesehen.“ „Und wie geht es jetzt weiter? Ich meine was machst du jetzt?“ Daniel grinste. „Ich kann mich jetzt endlich wieder ganz in Ruhe meinem Räubergeschäft widmen.“

Kapitel 19 - Ein aufklärendes Treffen

„Ich kann es immer noch nicht fassen, dass du es wirklich durchziehst!“ Jack stand kopfschüttelnd am Fenster und blickte auf den vor sich liegenden Wald. Mittlerweile waren schon zwei Wochen seit der Entführung vergangen und Daniel war immer noch nicht gewillt einzulenken. Er drehte sich zu Daniel um und sah seinen Freund im Lesesessel besorgt an. „Konzentrier du dich lieber auf dein Leben und dessen bevorstehende Ereignisse.“, entgegnete Daniel wütend. Wie so oft in den letzten Tagen war er wieder einmal schlecht gelaunt und hatte zusätzlich getrunken. „Tut mir leid, dass der Zustand deiner Gefangenen mir gerade mehr Sorgen bereitet als die Vorbereitungen auf meine Verlobung!“, entgegnete Jack. „Außerdem ist eines mehr als offensichtlich, auch wenn du es nicht wahrhaben willst!“ „Und das wäre?“, fragte Daniel genervt und nahm einen kräftigen Schluck Whisky. „Du bist verliebt!“, entgegnete Jack. „Untersteh dich!“, schrie Daniel und warf kurzerhand das eben geleerte Glas nach seinem Freund. Dieser grinste nur. „Auch wenn es niemand weiter auffällt, kenne ich dich gut genug um zu wissen, dass deine derzeitige Laune mit den Ereignissen im Hause Splendt zu tun hat.“ Daniel sprang auf, trat auf Jack zu und packte ihn am Kragen, unfähig etwas zu erwidern. Somit sah sich Jack in seiner Vermutung bestätigt. „Und was wäre, wenn deine Vermutung korrekt ist?“, fragte Daniel zögernd nach intensivem Überlegen. „Wenn du Sophie tatsächlich liebst, solltest DU sie heiraten.“, erwiderte Jack und sah, wie sich sein Freund entspannte. Daniel ließ Jack los und wandte ihm den Rücken zu. „Das was ich dir jetzt erzähle, bleibt in diesem Raum und wird nach diesem Gespräch nie wieder erwähnt!“ Ohne auf eine Antwort zu warten, fuhr er fort: „Du hast Recht. Als du und Sophie euch näher kennengelernt habt, überkam mich ab und an dieses Gefühl etwas zu verlieren. Nachdem ich dir, dann den Weg zur Verlobung geöffnet hatte und sich Sophie danach bei mir verabschiedet hat, hatte ich das Gefühl, endgültig etwas verloren zu haben.“ „Also liebst du sie wirklich?“ Jack war zwar über diese Neuigkeit erfreut, aber es schwang dennoch etwas Bedauern in seiner Stimme . „Damals war ich mir noch nicht sicher. Als wir diesen Plan geschmiedet hatten, wollte ich nur deine Hilfe, um dieses Problem loszuwerden. Gleichzeitig hatte ich mich auch für dich gefreut, da du neben deiner Rache nun endlich dadurch auch eine Familie gründen könntest. Mir war nicht klar, dass ich mittlerweile für Sophie mehr als Freundschaft empfinde. Ich war viel zu sehr darauf konzentriert, dir ein Happy End nach dem Verlust unserer Familien durch Jaysons Vater zu bescheren, als mich um meine Gefühle zu kümmern.“ „Und was willst du tun, wenn sich herausstellt, dass Sophie in Wahrheit dich und nicht mich liebt?“, wollte Jack wissen. „Nichts. Das war der Plan und ich kann mein Wort, das ich ihrem Vater gegeben habe, nicht brechen!“, erwiderte Daniel, drehte sich wieder zu Jack und wurde kreidebleich. Jack, der den plötzlichen Wandels seines Gesichtsausdruckes bemerkt hatte, drehte sich ebenfalls um und erstarrte. Sophie stand im Türrahmen. Sie war den Tränen nahe und hatte ihre Hände zu Fäusten geballt. „Ihr habt mich also nur benutzt?“, zischte sie, drehte sich um und rannte davon. Sie eilte die Treppen hinunter und raus in den Garten. Auf der nächsten Bank setzte sie sich und ließ ihren Tränen freien Lauf. Dass sie Daniel nicht viel bedeutete und sie deshalb den Plan mit Jack entwickelt hatten, war ihr klar. Aber dass sie eigentlich damit nur ein Spielzeug für die Beiden war, hätte sie nie vermutet. Da sie sich aber nun auch endlich klar war, dass sie Daniel liebte, war sie zutiefst verletzt. Ihre Welt schien gerade in Scherben vor ihr zu liegen. Als sie Jack auf sich zu rennen sah, wischte sie sich schnell die Tränen weg und kehrte ihm den Rücken. „Er ist nicht bei Sinnen!“, entschuldigte Jack außer Atem. „Ich habe genug gehört! Ich weiß jetzt, dass ich nur Teil eines Planes war, du kannst dir also deine Ausreden sparen!“, erwiderte Sophie und überlegte kurz, ob sie überhaupt die ganze Geschichte hören wollte. „Was war wirklich euer Plan?“, fragte sie nun entschlossen. „Ich nehme an ihr kennt euch doch länger als ihr alle glauben lasst.“ Jack setzte sich neben Sophie. „Dass wir zusammen aufgewachsen sind, ist ja nun wirklich kein Geheimnis mehr. Als ich meine ganze Familie verlor, tat Daniel alles Mögliche, um seine Familie dazu zu bringen, mich bei sich aufzunehmen. Er brachte mir sehr viel bei und ich stehe tief in seiner Schuld. Als dann eure Familien euch verkuppeln wollten, bat er mich zu kommen. Er hoffte, dass du dich in mich verlieben würdest und er damit zwei seiner Sorgen los wäre. Die Sorge, dass ich nie ein schönes Leben haben könnte und euer Problem.“ begann Jack die Erklärung. „Und was ist eurer Racheplan?“, hakte Sophie nach. „Nun, das ist eine sehr lange Geschichte.“ „Ich habe Zeit!“, sagte Sophie entschieden und Jack klärte sie über seine und Daniels Vergangenheit auf.


Abby fühlte sich elend. Obwohl sie genug zum Essen bekam, hatte sie stark abgebaut. Sie saß am offenen Fenster, um wenigstens ein wenig frische Luft zu bekommen. Wie sehr sie ihre täglichen Spaziergänge und Reitausflüge doch vermisste! Außerdem machte sie sich große Sorgen um Jayson und das führte dazu, dass sie sehr wenig aß. Sie war weiterhin Daniels Launen ausgesetzt und bekam keinerlei Infos darüber, was er vorhatte oder wie es den anderen gehen würde. Die beiden Frauen, die ihr täglich Essen und frische Kleidung brachten, hatten irgendwann Mitleid mit ihr gehabt und ihr erzählt, dass sie Clara an dem Abend zurückgelassen hatten. Auf die Frage, was mit Jayson sei, zuckten sie nur traurig mit den Schultern. „Mrs. Abby?“ Eine der beiden Frauen hatte unbemerkt das Zimmer betreten. Abby seufzte nur und ließ sich zurück ins Bett helfen. Sie lehnte sich erschöpft in die Kissen und betrachtete das Tablet mit Essen auf ihrem Schoß. Obwohl sie weder Hunger noch Appetit hatte, zwang sie sich dazu etwas zu essen. Es dauerte nicht lange und wieder übermannte sie das mittlerweile allzu vertraute Übelkeitsgefühl. Doch die erhoffte und gleichzeitig befürchtete Erlösung traf diesmal nicht ein. „Es scheint Ihnen schon wieder besser zu gehen.“, bemerkte die Frau, ihre Stirn fühlend. „Das Fieber ist heute auch verschwunden.“


„Baba, Baba!“ Raj schaute von seinem Schreibtisch auf und wartete darauf, dass sein Sohn zur Tür reingestürmt kam. Die Tür flog auf. „Baba. Großartige Neuigkeiten!“ Rahul‘s Augen leuchteten. Er ging zum Schreibtisch und legte eine Strinkette und ein paar zerbrochene Armreifen auf den Tisch. Raj’s Augen wurden groß. „Woher? Sind das?“, stotterte er und wagte es nicht weiter auszusprechen. Rahul nickte. „Ich war am Markt um für Rani etwas zu besorgen, als mir diese Stirnkette auffiel. Bei genauerem Betrachten fiel mir auf, dass es die Stirnkette ist, die du extra für Abby hast anfertigen lassen! Außerdem passte sie vom Wert her nicht zu den restlichen Schmuckstücken vom Stand. Also fragte ich den Inhaber woher er dieses Schmuckstück hatte. Nach ein paar zugesteckten Münzen, verriet der Verkäufer mir dass er es gefunden hat. Nach ein paar weiteren Münzen, zeigte er mir auch den Fundort. Es war am anderen Ende des Waldes in der Nähe von Springhill. Dort habe ich auch die Armreifen gefunden und Anzeichen eines längeren Aufenthaltes. Nicht weit davon ist auch Haus, Baba. Aber das werde ich erst heute Abend auskundschaften. Raj traute seinen Ohren nicht. Endlich nach zweiwöchiger, ergebnisloser Suche, fand sich eine Spur. „Das müssen wir sofort den anderen erzählen!“ „Nein Baba! Erst wenn ich mir sicher bin. Ich will Jayson nicht schon wieder enttäuschen.“, dabei dachte Rahul an die peinliche Begebenheit ganz am Anfang der Suche zurück. Damals hatte er das Räuberversteck noch einmal gründlich durchsucht und einen Brief mit einer Adresse gefunden. Sofort war er mit Jayson dorthin gereist, nur um herauszufinden, dass dort das Haus der O’Brians ist und sowohl der Vater als auch der Sohn verreist sind. Die Bitte das Haus zu durchsuchen lehnte der Diener ab. Doch eine Führung durchs Haus mache er gerne, sicherte er augenzwinkernd zu. Doch es war keine Spur on Abby. „Heute Abend werde ich erneut nach Springhill reiten und mir das Haus ansehen. Und du wirst nichts verraten! Haben wir uns verstanden?“ Verwundert über den plötzlichen Mut seines Sohnes, so mit ihm zu reden, nickte Raj nur.


Jayson war immer noch am Trainieren, als Rahul sich auf den Weg machte und an ihm vorbei musste. „Heute bin ich doch mit Suchen dran.“, begrüßte ihn Jayson verärgert. Seit man ihm verboten hatte jeden Abend auf die Suche zu gehen und ihn zwang sich mit den anderen abzuwechseln, ließ er sich es nicht nehmen, wenn er an der Reihe war zu tauschen geschweige denn diese Suche auszusetzen. Und wenn er nicht mit Suchen dran war, trainierte er oft bis in die frühen Morgenstunden. Er sagte, da er eh nicht schlafen könne, wolle er die Zeit wenigstens sinnvoll nutzen. „Ja schon. Aber du brauchst mal eine Pause. Ich finde heute solltest du mal zur Abwechslung wirklich schlafen. Wer weiß ob du morgen nicht deine Kraft brauchst? Dr. Singh kann dir sicher etwas geben, damit du gut durchschlafen kannst.“ Jayson überlegte kurz. „Na gut. Aber nur, damit ich nicht noch ein komplettes Such-Verbot bekomme.“, gab Jayson mürrisch nach. Erleichtert über diese Reaktion verabschiedete sich Rahul und führte die Truppe nach Springhill. Dort angekommen, bot sich ein ähnlicher Anblick wie Zuhause. Er sah vor dem Haus zwei Männer fechten. Nach kurzer Zeit erkannte er auch einen der beiden als Don den Räuberhauptmann, der ihn damals festgehalten hatte. In der Hoffnung, etwas in Erfahrung bringen zu können, schickte er die Truppe die Umgebung abzusuchen und versteckte sich in Hörweite der beiden Männer.


„Endlich ist es soweit!“, keuchte Daniel triumphierend, nachdem er Jack seines Degens entmachtet hatte. „Während Jayson seine Kraft mit Suchen vergeudet hat, konnte ich wieder in Form kommen.“ „Und wie soll es jetzt weiter gehen?“, fragte Jack. „Morgen werde ich Jayson aufsuchen und ein wenig necken. Dann werde ich ihm 3 Tage Zeit geben sich zu ergeben um Abby zu retten. Mittlerweile wird er ja wissen, dass er sie nie allein finden würde. Und wenn er sich ergibt, sehen wir weiter.“, erklärte er freudig und reichte Jack wieder seinen Degen. „Da das jetzt geklärt ist. Wie soll es jetzt mir Sophie weiter gehen?“, fragte Jack vorsichtig. Nach dem vergangenen Ereignis, hatte Sophie weder mit den beiden noch mit ihrer Familie gesprochen. Sie hatte sich einfach in ihr Zimmer zurückgezogen und ließ niemanden zu sich. „Nun, da sie unglücklicherweise einen Teil unseres Gespräches mitbekommen hat.“ Daniel machte eine kurze Pause. „Ha. (Schnaufer) Weis ich zum ersten Mal nicht, wie es weitergehen soll.“ Er deutete Jack, mit zum Haus zu gehen. „Aber erst mal ein Problem nach dem anderen. Wie geht es eigentlich Abby?“, wechselte er das Thema. „Nun. Das Fieber ist zurückgegangen. Die Übelkeit ist leider geblieben, aber wenigstens behält sie die Nahrung endlich wieder bei sich, sodass sie langsam wieder zu Kräften kommen kann.“, berichtete Jack. Daniel schüttelte missbilligend den Kopf. „Das beweist leider mal wieder, dass wenn man es richtig gemacht haben will, man es selber machen muss! Nicht einmal die einfachsten Anweisungen können sie ausführen!“, schimpfte er. „Ich sagte Ihnen sie sollen nur 10 Tropfen ins Glas tun und was machen sie?“ Er hob die Hände ringend. „Sie kippen das ganze Fläschchen hinein! Zu ihrem Glück mussten sie es aufteilen, sonst…“ Er wagte es nicht auszusprechen und machte stattdessen eine Handbewegung die einem Schnitt am Hals glich. Jack verstand. Er kannte seinen Freund und wusste, dass dieser noch nie so tief gesunken war und unschuldige Opfer umbrachte. Dies gab ihm die Hoffnung, dass es diesmal nicht anders verlaufen würde. Da sie am Haus angekommen waren, öffnete er die Tür und beide betraten das Haus. An Abbys Zimmer angekommen atmete Daniel kurz tief ein und öffnete die Tür. „Wie geht es dir heute?“, fragte er so sarkastisch wie möglich. Abby saß wieder am Fenster und starrte in die Dunkelheit. Da sie nicht reagierte, gab Jack Daniel ein Zeichen, zu ihr zu gehen. Also ging er, gefolgt von Jack zu ihr hin und legte nach kurzem Zögern seine Hand auf ihre Schulter, woraufhin Abby seufzte. „Ich lebe noch.“, antwortete sie gleichgültig. Sie traute seiner Sinneswandlung nicht. Ihr war aufgefallen, dass er sie die letzten Tage nicht mehr hasserfüllt „Missi“ nannte, sondern Abby zu ihr sagte und insgesamt netter zu ihr war. Auch durfte sie jetzt kleine Spaziergänge machen. „Aber sicher ist dir was anderes lieber!“, ergänzte sie ruhig. „Dan!“, rief Jack und ergriff Daniels erhobene Hand. Als Daniel klar wurde, was er zu tun im Begriff war und auch Abbys Abwehrhaltung sah, befreite er sich wortlos aus Jacks Griff und stürmte aus dem Zimmer. „Da ist wieder der Don, den ich kenne.“, dachte sich Abby und sah Jack dankbar an. „Alles wird wieder gut werden. Dafür sorge ich.“, entgegnete Jack mit einem Augenzwinkern und verschwand ebenfalls aus dem Zimmer.


Rahul seinerseits hatte genug gehört. Nachdem er sicher war, dass die beiden im Haus waren und keiner ihn sehen konnte, eilte er zurück zum Treffpunkt und wartete, bis die Truppe vollständig war. Danach galoppierten sie zurück zur Villa. Es war noch mitten in der Nacht, als sie die Villa erreichten. Deshalb musste sich Rahul zusammenreißen, um der Versuchung zu widerstehen, Jayson sofort zu wecken. In seinem eigenen Zimmer angekommen, stellte er fest, dass sein Vater im Lesesessel auf ihn gewartet hatte und über einem Buch eingeschlafen war. Darüber schmunzelnd, nahm er seinem Vater vorsichtig das Buch aus der Hand und deckte ihn zu. Anschließend zog er sich leise um und ging ebenfalls ins Bett. Doch schlafen konnte er noch lange nicht. Ihn plagten viele Gedanken um das vor kurzem gehörte und die Sorge, wie er Jayson helfen konnte. Gegen Morgengrauen nahm dann doch die Erschöpfung überhand und er fiel in einen tiefen Schlaf.


„Hooo.“, stoppte Jayson sein Pferd und stieg ab. Wie mittlerweile jeden Morgen, war er wieder einmal sehr früh aufgestanden und ausgeritten. Jeder wusste, dass er unterwegs war, doch wusste keiner wohin er ritt. Er machte sein Pferd an einem Baum fest und betrat das leerstehende Haus. Gedankenverloren ging er durch die Zimmer, bis er in einem großen Aufenthaltsraum angekommen war. Da die Sonne noch nicht vollständig aufgegangen war, war es im Raum noch sehr dunkel. „Du musst ja wirklich Sehnsucht nach mir haben, wenn du mich jeden Tag besuchst.“, wurde er begrüßt. Jayson erschrak, ergriff instinktiv seinen Degen und sah sich suchend um. Doch der Inhaber der Stimme gab sich nicht sofort preis. „Verrat mir doch mal eines. Was zieht dich plötzlich hierher, wo du mich all die Jahre gemieden hast?“, fragte die Stimme weiter. „Zeig dich!“, rief Jayson. „Erst wenn du mir verrätst, was der Grund deiner Besuche ist.“ „Das weißt du genau! Schließlich bist du an allem schuld!“ „Tz, tz, tz. Du bist aber auch nicht ganz unschuldig.“, widersprach die Stimme. „Achja?“, fragte Jayson weiter nach der Herkunft der Stimme suchend. „Hast du denn schon alles vergessen? Hast du etwa uns vergessen?“, fragte die Stimme leicht verärgert. „Zeig dich! Dann können wir in Ruhe reden.“, versuchte es Jayson erneut. „Weißt du noch, damals vor dem Streit unserer Familien? Wir waren unzertrennlich. Doch dann bist du einfach gegangen! Jahrelang habe ich nichts von dir gesehen oder gehört und als du dann wieder zurück warst, hast du mich wie die Pest gemieden!“ So langsam konnte Jayson die Herkunft der Stimme identifizieren und ging in dessen Richtung. Genug in Erinnerungen geschwelgt! Heute ist dein Glückstag!“, wurde die Stimme nun versöhnlicher und Don trat aus einer dunklen Ecke heraus. Jaysons Griff am Degen wurde automatisch fester und er suchte nach einer Fluchtmöglichkeit. „Ich gebe dir heute die Chance zu entscheiden. Trotz allem was zwischen uns passiert ist bin ich jemand der sein Wort hält. Der alten Zeiten wegen biete ich dir die Möglichkeit ein unnötiges Blutvergießen zu verhindern.“ schlug Don vor und hob, sich ergebend, die Hände in die Höhe. „Und was willst du jetzt von mir?“, fragte Jayson verwirrt. „Ich habe dir in meinem Brief versprochen, dass ich dir helfen werde, Abby zu finden.“, erwiderte Don und sah Jayson fest in die Augen. „Ich werde Abby freilassen, wenn du dich freiwillig ergibst und dein Schicksal in meine Hände legst. Der alten Zeiten Willen, wirst du dich auch von ihr verabschieden dürfen. Doch mein Ehrgefühl lässt mir leider keine andere Wahl als den Schicksalsschlag meiner Familie zu rächen!“ Jetzt wurde Jayson hellhörig. „Welches Schicksal? Wenn ich mich richtig erinnere, warst du es der die Freundschaft gebrochen hat und seit dem Tod meines Vaters versuchst mich hinterher zu schicken!“, entgegnete Jayson nun wütend. „Was habe ich bitte deiner Meinung nach verbrochen, dass mich diese Strafe verdienen lässt?“ Nun war Don verwirrt. „Hast du wirklich vergessen, was dein Vater alles getan hat? Dein Vater ist für den Tod meiner Mutter, den Eltern von meinem Freund Jack Carter und vielen mehr verantwortlich. Auch war er es, der unsere Schule hat in die Luft sprengen lassen! Erzähl mir also nicht, du warst nicht an seinen Machenschaften beteiligt oder weist nichts davon!“ Daniel holte kurz tief Luft, um sich wieder zu beruhigen. „Wie dem auch sei. Du hast drei Tage dich hier zu ergeben. Dann bringe ich dich zu Abby und lasse sie frei.“ Jayson wurde blass. Jetzt dämmerte ihm was das eigentliche Problem war. „Du willst mich für die Taten meines Vaters strafen? Du vergisst wohl, dass ich im Internat war und bis heute von alledem nicht die geringste Ahnung hatte. Oder hasst du mich mittlerweile so sehr, dass du mir kein Wort mehr glaubst?“, erwiderte Jayson traurig. „Daniel. Wenn dir unsere damalige Freundschaft wirklich noch was bedeutet, appelliere ich an deine Vernunft und bitte dich um Verzeihung. Doch aufgeben werde ich nicht! Ich werde Abby finden und wenn es dann immer noch Rache ist, die du willst, nur zu! Dann kämpfen wir eben bis zum bitteren Ende!“, entgegnete Jayson und machte sich abwehrbereit. Daniel straffte die Schultern und baute sich vor Jayson auf. „So sei es. Genieß deine letzten freien Tage, denn solltest du dich nicht freiwillig ergeben, werde ich dich holen und mein Angebot verfällt! Dann wirst du den Tag bereuen, an dem du unserer Freundschaft den Rücken gekehrt hast.“, drohte Don und verließ das Räuberversteck. Jayson sank auf einen Stuhl. Jetzt machte plötzlich alles einen Sinn. Als seine Familie nach Springfield gezogen war und er damit Abby und Glenn verlassen musste, hatte er in Daniel einen sehr guten Freund gefunden. Doch eines Tages schickte sein Vater ihn ohne jegliche Vorwarnung ins Internat nach … Nicht einmal von seinen neuen Freunden verabschieden durfte er sich! Im Internat schrieb er Daniel wöchentlich, doch eine Antwort hatte er nie erhalten. Als er du den ersten Ferien wieder zuhause war, ging Daniel ihm aus dem Weg. Auf die Frage, was das Problem sei, hatte er nur die Antwort bekommen, dass er sich nicht so unschuldig stellen solle. Auch drohte Daniel ihm, dass er sich irgendwann für alles rächen würde und er sich besser vor ihm in Acht nehmen solle. Kurze Zeit später erfuhr Jayson, dass Daniel sich zu den Räubern gesellt habe und als Don bekannt war. Traurig über diesen Wandel brach er jeglichen Kontakt zu Daniel ab und nahm seine Drohung ernst. Jayson seufzte und stand wieder auf. Die Sonne war nun komplett aufgegangen, also machte er sich auf den Rückweg, damit sich niemand Sorgen machte.


„Na Beta, konntest du was herausfinden?“, fragte Raj seinen Sohn beim Frühstück und biss herzhaft in seine Semmel. Rahul schüttelte traurig den Kopf und nippte an seinem Chai. Da er noch keinen konkreten Plan hatte, hatte er beschlossen, die Neuigkeit erst einmal für sich zu behalten. „Guten Morgen zusammen.“, begrüßte Glenn die beiden und setzte sich an den Tisch. „Guten Morgen. Wie geht es eigentlich Clara heute?“, fragte Raj besorgt. Nachdem es Clara immer schlechter ging, hatte Sanjana die Küche auf den Kopf gestellt und das Fläschchen, welches das Betäubungsmittel enthalten hatte, gefunden. Daraufhin hatte Dr. Singh Clara einige Gegenmittel gegeben und sie hatte sich schnell körperlich erholt. Nur psychisch ging es ihr nicht so gut. Sie vermisste Abby sehr und machte sich große Sorgen. Damit Abbys Pferd Wanja trotzdem seine gewohnte Bewegung erhielt, hatte es sich Clara zur Aufgabe gemacht, die täglichen Ausritte aufrechtzuerhalten. So auch diesen Morgen. „Sie ist wieder mit Wanja unterwegs. Was ihre Albträume und Ängste angeht, redet sie auch nicht mit mir darüber.“, erwiderte Glenn und griff nach einer Semmel. „Guten Morgen zusammen.“, begrüßte Clara fröhlich die Runde. „Mann hab ich heute einen Hunger. Wanja hat mich heute gut auf Trapp gehalten.“, plapperte sie vor sich hin und goss sich Kaffee in ihre Tasse ein. Da es plötzlich mucksmäuschenstill wurde, schaute sie in die Runde und sah, wie sie alle 3 Herren mit offenen Mund anstarrten. „Was?“, fragte sie verwirrt. „Darf ich denn keinen Hunger haben?“ „Natürlich nicht!“, stichelte Jayson, der gerade den Raum betreten hatte. Im Vorbeigehen boxte er ihr schelmisch in die Seite. „Ihr scheint ja heute zur Abwechslung mal gute Laune zu haben.“, kommentierte Raj, der als erster seine Stimme wiedergefunden hatte. „Gibt es denn freudige Neuigkeiten, von denen ich noch nichts weiß?“, fragte er und sah zwischen Jayson und seinem Sohn hin und her. „Nein. Nur einen neuen Schlachtplan!“, erwiderte Jayson grinsend und setzte sich an den Tisch.

 

Nach dem Essen folgte Jayson Rahul aufs Zimmer und verriegelte die Tür hinter sich. „Schieß los! Was hast du zu verbergen?“, stellte er Rahul zur Rede. „I-Ich w-was zu verbergen?“, stotterte Rahul erschrocken. „Lass gut sein.“, erwiderte Jayson und winkte belustigt ab. „Du warst am Tisch so nervös, dass du kaum etwas gegessen hast. Auch konntest du mir nicht in die Augen schauen, ganz zu schweigen von deinem hibbeligem Bein, welches nicht zu übersehen war. Also was hast du gestern herausgefunden?“ „Du bildest dir das alles ein. Warum sollte ich dir was verheimlichen wollen?“, wehrte sich Rahul. Ihm war die Situation nicht ganz geheuer, da Jayson ihn so herausfordernd ansah, wie ein Tiger, der erst mit seiner Beute spielte, bevor er sie verschlingt. „Ok.“, gab Jayson nach. „Ich erzähle dir, was ich heute Morgen herausgefunden habe, wenn du mir verrätst, was du weißt. Rahul nickte. „Du zuerst.“, entschied Rahul. Jayson ließ sich vor der Tür auf dem Boden nieder und atmete kurz durch. „Vielleicht sollte ich dann damit anfangen, wohin ich jeden Morgen reite.“ „Wäre ein guter Start.“, entgegnete Rahul und setzte sich ihm gegenüber ebenfalls auf den Boden. „Also gut. Ich war heute wie jeden Morgen im Räuberversteck hoffend, einen Hinweis zu finden, den ich bisher übersehen haben könnte. Bisher war es immer dasselbe. Das Haus ist leer und es ist nichts zu finden. Doch heute war alles anders. Heute war ich nicht allein dort. Heute war ein alter Freund bei mir. Er stellte mir viele Fragen und klärte mich auch über einen Teil meiner Familiengeschichte und meiner Vergangenheit auf.“ Jayson machte eine kleine Pause und lehnte seinen Kopf mit geschlossenen Augen gegen die Tür, sichtlich bemüht, die Fassung zu behalten. Rahul wartete geduldig, bis Jayson weitersprach. „Auch wenn ich seinen Grund nicht verstehe, macht jetzt plötzlich alles einen Sinn! Don hasst mich wegen meines Vaters Taten! Und weil er denkt, dass ich ebenfalls in die Machenschaften meines Vaters verwickelt war, hat er mir Rache geschworen. Er hat mir heute drei Tage gegeben, mich zu stellen und versprochen, dann Abby freizulassen. Sollte ich bis dahin nicht freiwillig kommen, wird er mich holen.“ Jayson sah Rahul nun fest in die Augen. „Was soll ich nur tun? Soll ich mich tatsächlich ergeben und auf seine Gnade hoffen?“ „Auf keinen Fall!“, rief Rahul empört. „Jetzt bin ich mit Erzählen dran. "Als ich gestern auf dem Markt war, um für Rani etwas zu besorgen, habe ich das hier gefunden.“ Rahul stand auf, ging zur Kommode und zog ein kleines Säckchen aus einer Schublade. Er setzte sich diesmal neben Jayson und reichte ihm das Säckchen. Jayson öffnete es und kippte dessen Inhalt auf seine freie Hand. „Ist das? Woher?“, stammelte Jayson und traute seinen Augen nicht. „Ja. Das sind Abbys Stirnkette und ein paar zerbrochene Armreifen. Der Verkäufer zeigte mir wo er sie gefunden hatte und ich bin gestern Abend dorthin um die nähere Umgebung abzusuchen. Stell dir vor, ich habe das Versteck gefunden!“ Überglücklich und stolz wartete Rahul auf eine Reaktion von Jayson. Doch dieser war schon wieder in seiner eigenen Gedankenwelt. Rahul rüttelte Jayson am Arm. „He! Hast du gehört? Ich habe Abby gefunden!“ Nun leuchteten Jaysons Augen. „Wirklich?“ Rahul nickte. Mit einem Mal sprang Jayson auf. „Worauf wartest du dann noch? Wir dürfen keine Zeit verlieren!“ Er ergriff Rahul's Hand, hievte ihn hoch und umarmte ihn voller Freude. „Hast du wirklich schon einen neuen Schlachtplan, wie du beim Frühstück erwähnt hast?“, fragte Rahul neugierig. „Jetzt ja.“ Jayson lachte über Rahuls verdutztes Gesicht. „Schon am Tisch sah ich, wie nervös du geworden bist, als ich den Raum betrat. Da dachte ich mir, du hast sicherlich hilfreiche Neuigkeiten. Doch dass es so gute Neuigkeiten sind, damit hatte ich nicht gerechnet.“, erwiderte Jayson fröhlich und war sich sicher, dass nun alles gut werden würde.
 

Kapitel 20 - Möge der Bessere gewinnen

 „Halt! Wer geht da?“, rief ein Räuber in die Dunkelheit und zückte seinen Degen. Don hatte einen Teil seiner Räuber befohlen, im Versteck zu bleiben und auf Jayson zu warten. „Der, auf den du warten sollst!“, kam es zurück. „Willst du dich wirklich jetzt schon ergeben?", fragte der Räuber und lachte. „Das wird den Boss sehr freuen.“ „Da wäre ich mir nicht so sicher. Wenn ich es mir recht überlege, ist es bestimmt zu langweilig für den Boss, mich noch am selben Tag in Empfang zu nehmen. Ich glaube, ich komme doch erst morgen wieder.“ „Halt!“, rief der Räuber. „Jetzt wo du schon mal hier bist, kannst du doch gleich mitkommen.“, versuchte der Räuber sein Gegenüber zu überzeugen. „Na gut. Aber nur wenn ihr mich gleich direkt zum Boss bringt und ich auf meinem eigenen Pferd reiten darf.“ Der Räuber überlegte nicht lange. „Männer! Alles aufsatteln!“, rief er der Truppe zu. „Dich werde ich trotzdem knebeln und dein Pferd führen, damit du keine Dummheiten anstellen kannst.“ Es dauerte nicht lange und die Truppe machte sich auf den Weg. Kurz vor dem Ende des Waldes machten sie plötzlich halt. „Ich habe noch eine kleine Überraschung für dich.“, wandte sich der Räuber an seinen Gefangenen und stülpte ihm einen Sack über. „Anordnung vom Chef.“, kommentierte er und gab seinem Pferd wieder die Sporen, damit sie noch vor Sonnenaufgang das neue Versteck erreichen.


„Dan! Sieh nur, deine Räuber kommen.“, rief Jack und kniff die Augen zusammen, um den Fremden in der Truppe genauer erkennen zu können. Daniel sprang auf und eilte zu Jack ans Fenster. „Hat er wirklich schon aufgegeben?“, wunderte er sich und deutete Jack, ihm zu folgen. Unten angekommen, wurde er schon stolz von seinen Räubern in Empfang genommen. Während einige der Räuber damit beschäftigt waren, dem Gefangenen vom Pferd zu helfen, begrüßte der oberste Veteran seinen Hauptmann. „Gute Neuigkeiten. Jayson hat sich freiwillig ergeben und keine Schwierigkeiten gemacht.“ Daniel lächelte zufrieden und klopfte seinem obersten Veteran anerkennend auf die Schulter. Mit pochendem Herzen näherte er sich Jayson. „Ich hätte nicht gedacht, dass du so schnell vernünftig wirst und dich freiwillig ergibst. Nun gut. Auch ich werden mein Wort halten und dich zu Abby führen.“ Er befahl seinen Räubern, sich ins Nebenhaus zurückzuziehen und sich unter keinen Umständen einzumischen. Auch nicht bei einem möglichen Kampf. Danach packte er Jayson am linken Arm und schleifte ihn, so unsanft es ging ins Haus, die Treppen hinauf und in Abbys Zimmer.


Abby hatte die Szene voller Schrecken aus ihrem Fenster beobachtet. Auch wenn sie nicht wirklich etwas hören konnte, ahnte sie nichts Gutes. Voller Angst wartete sie auf deren Ankunft. Es dauerte nicht lange und sie hörte schnelle Schritte. Die Tür flog auf und Don, gefolgt von Jack und dem Veteran traten ein. Don hatte den verschleierten Jayson fest im Griff und schubste ihn Abby entgegen. Dieser stolperte und konnte sich gerade noch mit den geknebelten Händen auffangen, um nicht mit dem Kopf auf dem Boden aufzuschlagen. „Oh Jayson!“, rief Abby und eilte zu ihm, doch Don stellte sich schnell zwischen sie. „Nicht so schnell! Das Wiedersehen muss doch richtig ablaufen!“, erwiderte er spöttisch und zog Abby an ihrem Haar zu sich. Seinen Griff fest in ihrem Nacken, befahl er dem Veteran den Gefangenen von seiner Kopfbedeckung zu befreien. Voller Erwartung und Angst wartete Abby darauf, Jaysons Gesicht wiederzusehen. Der Veteran zog ihm den Sack vom Kopf. „Was zum?!“, rief Don wütend und schleuderte Abby von sich. Diese kam unsanft auf dem Boden auf und verlor das Bewusstsein. „I-Ich-Ich…“, stotterte der Veteran. Don griff in die Haare des vor ihm knienden und zog daran, um seinem Veteran das Gesicht zu zeigen. „Du bist genauso nutzlos wie der ganze Rest! Das ist nicht Jayson!“, rief Don wütend und stieß den Gefangenen von sich. Er ging auf den Veteran zu. „Hast du denn kein Gedächtnis für Gesichter? Das ist der Liebeskranke von vor ein paar Monaten.“ Wütend stürmte Don aus dem Zimmer. Jack schüttelte nur mit dem Kopf und befahl dem Veteran Wasser zu holen. „Keine Sorge. Dir wird nichts passieren. Ich bin Jack Carter, Dons Bremse.“, stellte er sich vor und nahm Rahul die Fesseln ab. Kurz darauf kam der Veteran mit einem Krug voll Wasser und zwei Bechern zurück, stellte sie wortlos ab und verschwand. „Jayson?“, murmelte Abby und hielt sich den Kopf. Rahul kroch zu Abby und nahm sie tröstend in den Arm. „Was ist mit Jayson? Geht es ihm gut?“, fragte sie und fing das Schluchzen an. Jack hatte beiden einen Schluck Wasser eingegossen und beobachtete die rührende Szene. „Ihm geht es gut. Mach dir keine Sorgen, bald ist alles vorbei.“, erwiderte Rahul und strich Abby’s Rücken, um sie zu beruhigen. „Sie sind also derjenige, der Don schon mal einen Strich durch die Rechnung gemacht hat. Mutig hier wieder aufzukreuzen.“, richtete Jack das Wort an Rahul und reichte ihm einen Becher. Dieser nahm es entgegen und gab Abby zu trinken. „Ja und auch diesmal werde ich ihm einen Strich durch die Rechnung machen!“ Rahul konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Doch bevor Jack weiter darauf eingehen konnte, wurden sie von einem lauten Rumpeln und klirrenden Degen unterbrochen. Ohne sich weiter um die beiden zu kümmern, rannte Jack übles ahnend aus dem Zimmer.


Blind vor Wut, rannte Don den Flur entlang, öffnete die Tür von Jacks Arbeitszimmer und ging schnurstracks zur Bar. „Du hast dich in vielerlei Hinsicht geändert.“ Erschrocken fuhr Don herum und sah Jayson am Schreibtisch sitzend. „Ich habe dir doch gesagt, dass ich nicht aufgeben werde. Und dennoch muss es nicht im Streit enden!“ Jayson erhob sich vom Stuhl und ging langsam auf Don zu. „Nette kleine Ablenkung. Das muss man dir schon lassen! An Einfallsreichtum mangelt es dir nicht.“, erwiderte Don und zog seinen Degen. Jayson zog ebenfalls seinen Degen und der Kampf ging los. Don griff zuerst an, was Jayson geschickt parierte. Immer wieder auf Jayson einschlagend versuchte Don ihn in die Ecke zu drängen. An der Wand angekommen, erhob Don den Degen erneut zum Schlag, was Jayson wieder parierte. „Scheint, als seist du wieder in Form“, kommentierte Jayson, sich die Degen von der Kehle haltend. „Ich aber auch!“, fügte er hinzu und stieß Don von sich. Dieser taumelte kurz gegen den Tisch, woraufhin der Briefbeschwerer mit einem lauten Knall herunterfiel. „Freu dich nicht zu früh.“, entgegnete Don und griff erneut an. Der Kampf war so intensiv, dass keiner von beiden bemerkte, wie sie den Kampf aus dem Arbeitszimmer, durch das Haus, hinaus in den Garten verlegt hatten. Don holte erneut zum Schlag aus und erwischte Jayson am linken Arm. Das ließ sich Jayson nicht bieten, holte ebenfalls aus und traf Don am Oberschenkel. „Zu mehr bist du nicht fähig?“, fragte Don unbeeindruckt. Eine ganze Weile ging es noch hin und her. Mal sah es aus, als wäre Don am Gewinnen, mal Jayson. „Gib auf!“, keuchte Don verärgert und drängte Jayson weiter in den Garten. „Niemals!“, wehrte sich Jayson und wich rückwärts aus. Gerade wollte Jayson zum Schlag ausholen, als er rücklings über eine Wurzel fiel und dabei seinen Degen verlor. „So, jetzt ist endlich genug! Noch letzte Wünsche?“, fragte Don und erhob seinen Degen. Er holte aus und prallte auf einen weiteren Degen. Überrascht sah er auf. Jack hatte sich vor Jayson geworfen und hielt Don mit seinem Degen zurück. „Jack, du Verräter!“, rief Don wütend. „Ist dir unsere Freundschaft so wenig wert? Ich habe dir schon einmal gesagt, was passieren wird wenn du versuchst mich aufzuhalten!“ „Dan, ich bitte dich! Tu nichts unüberlegtes, was du Nachhinein bereuen wirst!“, flehte Jack, doch Don erhob unberührt seinen Degen zum erneuten Ausschlag. -PENG- Ein Schuss fiel und Jack sah, wie Don’s Gesicht bleich vor Schmerzen wurde und er kurz in seiner Bewegung innehielt. „Sag Lebewohl.“, zischte er und holte erneut aus, woraufhin ein zweiter Schuss fiel und Don bewusstlos über Jack zusammenbrach. Dieser konnte ihn gerade so auffangen und lag nun rücklings auf der Wiese. Er schaute überrascht in die Richtung aus der Schuss kam. Dort sah er Rahul, der gerade seinen zitternden Arm senkte. Abby stand hinter ihm. Sie hatte sich an seine Schultern geklammert und voller Angst den Blick abgewendet. Da sie nun nicht mehr das Klirren der Degen vernehmen konnte, schaute sie vorsichtig auf und stellte erleichtert fest, dass Jayson noch am Leben war und hinter Jack saß. „Oh, Jayson!“, rief sie und rannte auf ihn zu. Bei ihm angekommen, kniete sie sich neben ihn und berührte ungläubig und vorsichtig sein Gesicht. „Keine Sorge. Ich bin echt.“, erwiderte Jayson, der ihre Gedanken deutlich von ihrem Gesicht ablesen konnte. Erleichtert umarmte sie ihn so stürmisch, dass er das Gleichgewicht verlor und gemeinsam mit Abby im Arm auf dem Rücken im Gras landete. Da sie das Schluchzen angefangen hatte, strich er ihr beruhigend den Rücken. „Ich störe eure lang ersehnte Wiedervereinigung nur ungern, aber ich brauche Hilfe.“, machte sich Rahul bemerkbar, der in der Zwischenzeit versuchte, Jack von Don zu befreien. Während Jayson sich aufrappelte, kamen auch schon die ersten Räuber angerannt. Sie waren von den gefallenen Schüssen alarmiert worden. „Schnell! Einen Arzt!“, befahl Jack und legte sich einen Arm von Don um die Schulter. Den anderen Arm nahm Rahul und mit der Hilfe von ein paar Räubern, schleiften sie Don zurück ins Haus. Jayson legte seinen rechten Arm um Abby’s Schultern und gemeinsam folgten sie ihnen.


„Da haben Sie aber ein gutes Zielvermögen!“, sagte der Dr. anerkennend. „Beides ein glatter Durchschuss. Er wird bald wieder auf den Beinen sein.“, beruhigte er die Anwesenden. Ein paar Wochen Bettruhe und er wird wieder ganz der Alte sein.“ Dann wandte er sich Jayson zu. „Heben sie den linken Arm!“ Unter Schmerzen befolgte Jayson die Anweisungen des Arztes. „Ganz wie ich mir gedacht habe. Auch Sie benötigen ein paar Tage Ruhe. Der Schnitt ist ziemlich tief. Aber glücklicherweise sind Muskel und Sehnen noch intakt.“ Jayson atmete erleichtert auf. „Sollte sich noch etwas bei Mr. O’Brian ereignen, so lassen Sie mich bitte sofort rufen. Ich lasse Ihnen jetzt noch Verbandsmittel da, damit sie es wechseln können. Ich empfehle mich.“ Der Dr. packte seine Instrumente in seine Tasche und ging. „Wir sollten auch besser gehen, bevor Don aufwacht.“, drängte Rahul. „Er hat Recht. Ich weiß nicht wozu er noch fähig ist. Bitte hört auf euren Freund.“, bestärkte Jack Rahuls Bitte. Jayson der die ganze Zeit Don besorgt angestarrt hatte, wandte sich nun an Abby, die neben ihm stand. „Du wirst mit Rahul zurück reiten. Ich werde warten und die Sache mit Don zu Ende bringen.“ „Auf keinen Fall!“, wehrte sich Abby. „Ich bleibe bei dir. Ich will dich nicht schon wieder verlieren!“ Jayson atmete tief durch. „Du warst schon viel zu lange in Gefahr. Ich bitte dich, du musst wieder zu Kräften kommen.“, versuchte er sie zu überzeugen. „Das kann ich auch hier!”, widersprach sie energisch. “Jetzt wo du bei mir bist und Don außer Gefecht ist, bin ich nicht mehr in Gefahr. Außerdem hilft es mir bei der Genesung, zu wissen, dass du auch in Sicherheit bist.“ Dagegen konnte auch Jayson nichts einwenden. „Gut. Rahul, dann musst du wohl alleine abreisen.“, beschloss er. „Kommt nicht in Frage! Ihr habt wohl beide den Verstand verloren! Wenn ihr bleibt, bleibe ich auch. Schließlich muss einer auf euch aufpassen.“, begründete Rahul seinen Entschluss mit einem breiten Grinsen. „Ich sehe schon. Ich bin von Verrückten umgeben. Ich werde euch allen ein Zimmer herrichten lassen.“, lenkte Jack kopfschüttelnd ein. „Jetzt bitte ich euch aber erst einmal ins Esszimmer zu gehen um euch zu stärken.“, fuhr er fort und klingelte nach einem Diener. Es dauerte nicht lange, bis dieser auftauchte und die drei Freunde hinausführte.


Der Tisch war reich gedeckt. Es gab Pute mit Reis und verschiedenen Gemüse als Beilage. Erst jetzt, wo sie den Duft des Essens vernahmen, bemerkten Rahul und Jayson, wie hungrig sie wirklich waren. Also griffen sie beherzt zu. Um sich nicht anmerken zu lassen, in welcher Verfassung sie wirklich war, zwang sich auch Abby etwas zu essen. Doch das heutige Ereignis hatte ihr jeglichen Appetit verdorben. Plötzlich hatte sie die Szene, in der Don zu Boden ging, wieder vor Augen. „Ist alles in Ordnung?“, fragte Jayson sie besorgt, als er sah, wie bleich sie plötzlich geworden war. „Alles bestens.“, log sie und schob sich als Bestätigung ein Stück Pute in den Mund. Ansonsten verlief das Essen ohne große Konversation. Jeder hing seinen Gedanken nach. Um Abby den weiteren Aufenthalt so angenehm wie möglich zu machen, hatte Jack angeordnet, ein anderes Zimmer für sie herzurichten und Don in ihr Zimmer zu verlegen. Jayson hatte Abby in ihr neues Zimmer begleitet. Während eine Dienerin ein heißes Bad für Abby herrichtete, unterhielten sie sich ein wenig über die vergangenen Ereignisse, die sich während der Entführung im jeweiligen Haus ereignet hatten. „Und dir geht es wirklich gut?“, fragte Jayson besorgt, da er erst jetzt bemerkte, wie stark Abby wirklich abgebaut hatte. “Zu wissen, dass du wieder bei mir bist, ist alles was ich brauche.“, erwiderte sie und hoffte, dass er nicht weiter nachfragen würde. „Na gut. Wenn es wirklich weiter nichts ist. Diesen Wunsch kann ich dir gerne erfüllen.“, entgegnete er lächelnd und zog sie zu sich. „Miss, ihr Bad ist fertig.“, räusperte sich die Dienerin. „Danke. Sie können jetzt gehen.“, erwiderte Abby, woraufhin die Dienerin einen Knicks machte und das Zimmer verließ. Sie sah Jayson in die Augen und dieser verstand ihre stumme Bitte. Er küsste ihre Stirn und verließ ebenfalls das Zimmer. Abby machte sich fertig und stieg in die dampfende Wanne. Erst jetzt spürte sie, wie erschöpft sie wirklich war. Sie hing noch ihren Gedanken nach, bis das Wasser kalt geworden war und sie das Frieren anfing. Danach zog sie sich an und flocht ihr blondes Haar zu einem Zopf. Sie ging zum Fenster, stellte einen Stuhl davor und starrte in die Dunkelheit, bis sie auf dem Fensterbrett gelehnt einschlief. Schnell fiel sie in einen tiefen Schlaf. Kurze Zeit später spürte sie, wie sie an den Schultern gerüttelt wurde, aber sie wollte einfach nicht aufwachen. Also wurde sie vom Stuhl gehoben. Weiterhin die Augen geschlossen, legte sie ihre Arme um den Nacken des Trägers und lehnte ihren Kopf gegen dessen Brust. „Ich habe dich sehr vermisst. Warum willst du denn unbedingt hier bleiben?“, murmelte sie in seine Brust. „Warum sollte ich nicht hier bleiben wollen. Ich bin hier Zuhause.“, erwiderte er, sie immer noch im Arm haltend. Verwirrt öffnete Abby die Augen und sah ihm ins Gesicht. Mit einem lauten Schrei, drückte sich Abby mit all ihrer Kraft von seiner Brust und versuchte sich aus seinem Griff zu befreien. Vor ihr war Don und ließ sie nicht los. Stattdessen wurde sein Griff immer fester und er hielt ihr den Mund zu. Demnach wusste Abby sich nicht anders zu helfen, als ihm in den dargebotenen Arm zu beißen. Don schrie auf und ließ sie unsanft aufs Bett fallen. Vom Aufprall wurde wieder alles um sie herum schwarz. Als sie später wieder erwachte, war alles dunkel und still. Verwirrt sah sie sich um und fand sich im Bett vor. Sie war sich sicher, am Fenster eingeschlafen zu sein und wunderte sich, wie sie wohl ins Bett gekommen war und inwiefern der Traum damit zu tun hatte. Da sie das Rätsel diese Nacht sowieso nicht lösen würde, deckte sie sich fester zu und fiel erneut in tiefen Schlaf.

Kapitel 21 - Zeit die Vergangenheit ruhen zu lassen

 Kritisch betrachtete Abby ihr Spiegelbild. Das Kleid, das sie gestern von den Frauen bekommen hatte, trug nicht gerade positiv zu ihrem Äußeren bei. Seufzend drehte sie sich um und ging aus dem Zimmer. Als sie im Esszimmer eintraf, waren die Männer schon am Frühstücken. „Guten Morgen.“, grüßte sie die Runde und setzte sich neben Jayson. Sogleich kam ein Diener und füllte ihre Tasse mit dampfendem Kaffee und Milch. Während sie an ihrem Kaffee nippte, schweifte ihr Blick durch die Runde und blieb an Jack hängen. Trotz der Hitze, die jetzt schon am frühen Morgen herrschte, hatte er als einziger etwas Langärmiges an. Als sie ihn ansah, konnte sie erkennen, wie er verlegen ihrem Blick auswich. „Ob er gestern Abend bei mir war und mich ins Bett gebracht hat?“, fragte sich Abby, entschied sich aber dazu, ihn später unter vier Augen zur Rede zu stellen. „Wie geht es dir heute?“, riss sie Jayson aus ihren Gedanken. „Mir geht es heute schon viel besser. Danke.“, erwiderte sie und drückte sanft seine Hand. „Wenn ich es mir erlauben darf, dies zu sagen. Sie sehen heute auch wesentlich besser aus.“, entgegnete Jack. „Das liegt daran, dass ich heute zum ersten Mal seit langem wieder ruhig und ohne Angst schlafen konnte.“, erwiderte sie. „Sagen Sie Jack.“, wandte sich Jayson an ihn. „Haben Sie die Schreie heute Nacht auch gehört?“ „Ja. Ich war gerade bei Don und hatte ihn versorgt, als er halluziniert hatte und mir in den Arm biss.“, erwiderte Jack schnell und sah, wie ein kurzer Ruck durch Abby fuhr. Auch Jayson entging dies nicht, doch er schob es einfach auf die vergangenen Ereignisse. Schließlich konnte er nur erahnen, was Daniel ihr angetan hatte und welche Angst sie vor ihm haben musste.


„Wie lange gedenkst du noch zu warten?“, fragte Rahul ungeduldig, als sie wieder alleine im Zimmer waren. Ihm war es unheimlich hier und er wollte schnellstmöglich hier weg. „Wenn du nach Hause willst, dann geh! Keiner hält dich auf.“, erwiderte Jayson genervt. „Was ist los mit dir?“, fragte Rahul verwirrt, der sich die plötzliche schlechte Laune nicht erklären konnte. „Nichts. Ich will das Ganze einfach nur schnellstmöglich hinter mich bringen.“ Mit jeder Stunde, die verging, wurden seine Zweifel, über seine Entscheidung zu bleiben, stärker. Er wollte Abby in Sicherheit wissen und ein für alle Mal mit Daniel Frieden schließen. „Willst du wirklich noch einmal eine gefährliche Situation heraufbeschwören?“ „Nicht wirklich. Aber wenn ein Frieden nicht anders möglich ist.“ Jayson sah Rahul eindringlich an. „Du musst mit Abby verschwinden. Sie darf nicht länger hier bleiben!“ Es klopfte und ein Diener trat ein. „Entschuldigen Sie bitte die Störung, aber ein gewisser Mr. O’Conner fragt vehement nach Ihnen.“ „Mist!“, entfuhr es Jayson, doch auf den fragenden Blick des Dieners bat er diesen, den Besucher her zu führen. „Ich habe in dem ganzen Rummel gestern vergessen, Glenn Bescheid zu geben, dass es uns gut geht. Ich hatte ihn gebeten nachzukommen, sollte er nichts von uns hören.“, erklärte er Rahul. „Du Held! Ich hab mir solche Sorgen gemacht!“, schimpfte Glenn zur Begrüßung und umarmte seinen besten Freund. „Warum seid ihr eigentlich noch hier?“, fragte er verwirrt. „Mach dir keine Sorgen. Don ist erstmal außer Gefecht, Abby geht’s gut und ich wollte einfach die Sache zu Ende bringen.“, beruhigte er Glenn. „Du Spinnst.“ Glenn tippte sich mit dem Zeigefinger an die Stirn. „Wenn Don aufwacht, wird er stinksauer sein. Gib ihm Zeit sich zu beruhigen und kümmere dich lieber um deine Verlobte!“ Noch bevor Jayson etwas darauf erwidern konnte, stürmte Abby ins Zimmer. „Bruderherz!“, rief sie und umarmte ihren Bruder stürmisch. „Es tut so gut, dich wiederzusehen. Wie geht es Clara?“, löcherte sie ihren Bruder, immer noch in der Umarmung verharrend. Glenn lächelte „Es ist auch schön dich wohlbehalten aufzufinden. Ich habe mir große Sorgen gemacht. Ich hätte nicht gewusst, was ich Mutter sagen soll, schließlich weiß niemand hiervon!“ Er löste sich aus ihrer Umarmung und hielt sie auf Armlänge von sich, um sie genauer zu betrachten. „Ist dieser alte Fetzen jetzt die neueste Mode?“, fragte er gespielt empört, woraufhin Abby lachen musste. „Clara wird dieser Mode hoffentlich nicht nachgehen.“, heiterte er seine Schwester weiter auf und drehte sich mit ihr im Arm zu Jayson, um dessen Reaktion zu beobachten. „Apropos Clara. Sie vermisst dich und wird MICH einen Kopf kürzer machen, wenn ich euch nicht heil mit nach Hause bringe. Also was hältst du davon, wenn wir heute abreisen und endlich zurückkehren?“ Abbys Augen funkelten vor Freude und sie bemerkte nicht, dass Jaysons Gesicht an Glenn wahre Drohungen äußerte. Denn dank dieser Aktion blieb ihm jetzt nichts anderes übrig, als nachzugeben. „Na gut. Ich werde die Pferde satteln lassen.“, gab Jayson kleinlaut nach und verließ das Zimmer ohne ein weiteres Wort. Überglücklich umarmte Abby ihren Bruder noch einmal. „Ich werde mich kurz noch verabschieden.“, erklärte sie und verschwand ebenfalls.


Sie ging die Treppen hinauf und klopfte an Jacks Arbeitszimmertür. „Herein.“, ertönte es von innen und sie trat ein. „Wir werden doch demnächst abreisen.“, begann sie, nachdem sie die Tür geschlossen hatte. Jack saß hinter dem großen Schreibtisch und deutete ihr, sich ihm gegenüber zu setzen. Sie folgte seiner Aufforderung. „Ich wollte mich bei dir bedanken.“ Jack sah sie fragend an. „Ich weiß, dass ICH heute Nacht geschrien habe. Allerdings weiß ich nicht was sonst noch passiert ist.“, erklärte sie und spielte nervös mit dem Ring an ihrem Ringfinger. Jack atmete durch und lehnte sich im Stuhl zurück. „Du bist am Fenster eingeschlafen. Da Jayson und Rahul schon zu Bett gegangen waren, wollte ich nur bei dir nach dem Rechten sehen. Ich habe dich am Fenster sitzen sehen und da es recht kühl geworden war, schloss ich das Fenster und trug dich zum Bett. Auf dem Weg dorthin, hast du etwas mir unverständliches gemurmelt und wolltest dich plötzlich von mir stoßen. Damit du nicht auf dem harten Boden aufprallst, hielt ich dich solange ich konnte fester. Ich war gerade am Bett angekommen, als du mir mit aller Kraft in meinen Arm gebissen hast. Letztendlich deckte ich dich noch zu und ging dann die Wunde versorgen. Das war’s.“ Er sah wie in Abbys die Röte aufgestiegen war und wusste, dass es ihr peinlich war. Also fuhr er fort: „Nach allem was dir hier passiert, ist es ganz normal Alpträume zu haben. Es ist sogar wichtig, da dies bedeutet, dass du das Ganze verarbeiten und ablegen kannst. Mach dir um mich keine Sorgen. Ich habe schon schlimmeres überstanden.“ Er lächelte Abby an und sie erwiderte dankbar sein Lächeln. „Dann bleibt mir jetzt nur noch mich für deine Hilfe zu bedanken. Wärst du nicht gewesen, wer weiß was Don alles getan hätte.“ Sie stand auf und reichte ihm die Hand. Er erhob sich ebenfalls und nahm die ihm gebotene Hand entgegen. „Meine Freunde nennen mich übrigens Abby.“, erwiderte sie lächelnd. „Und mich nennen sie Jack.“, antwortete er händeschüttelnd. „Mach’s gut Jack.“, verabschiedete sich Abby und verließ das Zimmer. „Mach’s gut, Abby.“, murmelte Jack, nachdem sie das Zimmer verlassen hatte und machte sich wieder an die Arbeit.


Als Abby unten an den Stallungen angekommen war, waren Rahul, Glenn und Jayson fertig mit dem Satteln der Pferde. „Ich habe dir deinen treuen Freund mitgebracht.“, grüßte sie Glenn und führte Wanja aus dem Stall heraus. „Das ist so lieb von dir!“, erwiderte Abby und umarmte ihren Bruder erneut. Danach nahm sie ihr Pferd entgegen, streichelte dessen Nüstern und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Wanja wieherte zur Antwort und sie stieg auf. Nachdem alle aufgestiegen waren, galoppierten sie nach Hause.
„Na endlich! Sie sind da!“ Clara hatte seit Glenn abgereist war, wie gebannt aus dem Fenster gestarrt. Sie raffte ihre Röcke und rannte aus dem Zimmer. Ihr Weg führte am Arbeitszimmer von Raj vorbei. Ohne zu überlegen, riss sie dessen Tür auf. „Sie sind da!“, rief sie. Raj schaute von seiner Arbeit auf und sah nur noch, wie die Tür wieder zu flog. Darüber schmunzelnd, stand er auf und folgte Clara, die das ganze Haus aufscheuchte. Als sie unten angekommen waren, warteten sie ungeduldig, bis die Truppe ebenfalls da war. Abby konnte gerade noch vom Pferd absteigen, als sie kräftig von Clara umarmt wurde. „Pass auf, sonst erwürgst du sie noch.“, scherzte Raj. Eine Entschuldigung murmelnd ließ sie von Abby ab. „Ich habe dich so sehr vermisst.“, fing Clara nun das Schluchzen an. Abby umarmte ihre Freundin erneut und strich ihr beruhigend den Rücken. „Lasst uns doch erst einmal hinein gehen. Bei einer guten Tasse Chai lässt es sich doch am besten reden.“, drängte Rahul, dem die rührende Szene unangenehm war. Arm in Arm gingen Abby und Clara, gefolgt vom Rest ins Haus. Der restliche Nachmittag und Abend wurde dazu genutzt, die geschehenen Ereignisse Revue passieren zu lassen und sich über den positiven Ausgang zu freuen.


Währenddessen fiel Jack in seinem eigenen Haus die Decke auf den Kopf. Erneut klirrte es ein paar Zimmer weiter. „Die armen Diener, die das wegräumen müssen.“, dachte sich Jack kopfschüttelnd. Es war gerade einmal eine halbe Stunde her, seit Don aufgewacht war. Jack war zu diesem Zeitpunkt bei ihm im Zimmer. Es dauerte eine kleine Weile, bis sich Don wieder bewusst wurde, was passiert war. „Du mieser Verräter!“, knurrte er zur Begrüßung. Er wollte gerade aus dem Bett aufstehen, als er mit schmerzverzerrtem Gesicht wieder zurück in die Kissen sank. Kurzerhand griff er nach dem nächstbesten Gegenstand und warf es in Jacks Richtung. „Wie konntest du mir nur so sehr in den Rücken fallen? Nicht genug, dass du mich aufgehalten hast. Nein! Da dir das noch nicht genug Schmach für mich ist, konntest du mich nicht mal in Würde sterben lassen!“, schimpfte Daniel. „Jetzt ist aber genug!“, rief Jack, jetzt ebenfalls voller Wut. Er hatte die Hände zu Fäusten geballt und zischte: „Dass ich dir den größten Fehler deines Lebens verhindert habe, magst du dir vielleicht jetzt noch nicht eingestehen. Aber so undankbar einer zweiten Chance gegenüber zu sein, ist einfach nur dämlich. Du solltest dich mit Jayson versöhnen und aussprechen! Sei von mir aus sauer auf mich und entsag mir die Freundschaft, aber bring endlich dein Leben auf die Reihe!“ Ein zweiter Gegenstand flog als Antwort in Jacks Richtung. „Scher dich hier raus!“, schrie Don und warf erneut, diesmal treffsicherer. Jack rieb sich nur kopfschüttelnd den getroffenen Arm und verschwand aus dem Zimmer. Er wusste, dass jetzt jede Diskussion sinnlos wäre, bevor Daniel seiner Wut freien Lauf gelassen hätte. Unruhig lief er im Zimmer auf und ab. „Eigentlich müsste sich Daniel doch schon längst wieder eingekriegt haben.“, dachte sich Jack und zuckte zusammen, als die Tür aufflog. Er hatte nicht mitbekommen, dass es nebenan still geworden war. Daniel stand mit seiner Krücke im Türrahmen. Mit einem bösen Grinsen humpelte er auf Jack zu. „Du hast Recht. Ich sollte mit der Vergangenheit und allem dazugehörigen abschließen. Und damit fange ich jetzt an.“, versicherte Daniel und streckte seine Arme versöhnend zu einer Umarmung aus. Als Jack in Reichweite war, holte er mit seiner Krücke aus und schlug zu. Die Wucht war so heftig, dass Jack der Länge nach auf die Seite fiel. Gleichzeitig verlor auch Daniel das Gleichgewicht und fiel ebenfalls der Nase nach, hin. Einen Moment lang war Stille, doch dann konnte Daniel nicht mehr an sich halten. Aus einem leisen Prusten wurde ein lauthalses Lachen. Jack war verwirrt. „Dein Gesicht hättest du sehen sollen!“, prustete Daniel und äffte seinen verwirrten Gesichtsausdruck nach. Nun konnte auch Jack nicht mehr anders als lauthals loszulachen. Als beide vor lauter Lachen außer Atem waren, lagen sie noch am Boden und hielten sich die Bäuche, bis sie sich beruhigt hatten. „Hast du das vorhin wirklich ernst gemeint? Du willst mit der Vergangenheit abschließen?“, fragte Jack und sah Daniel ernst von der Seite an. Daniel nickte nur, traute sich aber nicht zu gestehen, dass er schon länger Zweifel an seinen Plänen gehabt hatte. „Na dann.“, lobte Jack und stand auf. Er reichte seinem Freund die Hand und half ihm ebenfalls hoch. „Hast du starke Schmerzen?“, fragte Jack, während sie zurück ins Nebenzimmer gingen. „Es geht so. Aber eine Frage plagt mich seitdem. Wer hatte eigentlich abgedrückt? War es Abby?“ Jack schüttelte den Kopf. „Es war der, den du so liebevoll “Liebeskranken“ genannt hast.“ Daniel pfiff anerkennend durch die Zähne. „So viel Mumm hätte ich ihm jetzt nicht zugetraut.“ Im Zimmer angekommen, ließ sich Daniel aufs Bett fallen. Er wirkte plötzlich müde. „Ruh dich noch ein wenig aus. Es war fürs Erste genug Aufregung. Wenn du wieder wach bist, essen wir zu Abend und besprechen alles Weitere.“, entgegnete Jack und verließ das Zimmer. Zurück im Arbeitszimmer, gab er einem Diener Anweisungen zum Abendessen und machte sich daran, einen Brief an Jayson zu verfassen.

Kapitel 22 - Das Blatt wendet sich

 „Wo bleibst du denn?“, rief Abby hinter sich und zügelte ihr Pferd. Als sie keine Antwort bekam, schaute sie sich besorgt um. Sie hörte Hufgeklapper, sah aber niemanden. Plötzlich kam Black Star über ein Gebüsch gesprungen und preschte an ihr vorbei. „Na warte, wenn ich dich erwische!“, zischte sie und gab ihrem Pferd wieder die Sporen. Völlig außer Atem kamen sie an dem Teich an. „Du bist ein mieser Verlierer!“, schimpfte sie scherzhaft, während sie ihr Pferd an Baum fest machte. „Schummeln konntest du schon immer gut.“, schmollte sie. „Du willst dir nur nicht deine Niederlage eingestehen! Aber wenn es dir hilft.“, stichelte Jayson zurück. Zwar hatte man Abby fürs erste verboten, allein das Haus zu verlassen. Aber sie wollte ihre täglichen Ausritte nicht noch länger vermissen. Deshalb wurde sie von Jayson begleitet. Beide genossen die die Zeit, die sie endlich wieder miteinander verbringen konnten. Sie setzten sich nebeneinander auf einem Ast, der über dem Wasser ragte und ließen die Füße ins kalte Nass baumeln. „Wann wollen wir eigentlich da weitermachen, wo wir unterbrochen worden sind?“, fragte Abby nach einer Weile. Jayson verstand sofort worauf sie hinaus wollte. „Wann immer du bereit dafür bist. Ich wollte dich nicht drängen, sondern dir erst einmal die Zeit geben alles zu verarbeiten.“, erwiderte er. Abby nahm seine Hand in ihre und lehnte ihren Kopf an seine Schulter. „Ich möchte nicht mehr länger warten.“, entgegnete Abby nach einer Weile und hob ihren Kopf, um ihm in die Augen schauen zu können. „Jayson Barkley, willst du mich immer noch heiraten?“ Jayson lächelte und tat so als müsse er überlegen. Gespielt verärgert schlug sie ihm gegen die Brust, woraufhin beide das Lachen anfingen. „Als ob ich dir je etwas abstreiten konnte. Du weißt, dass ich dich schon immer geliebt habe und immer lieben werde! Also ja ich will!“, versicherte er ihr und nahm sie fest in den Arm.


Als Jayson vom Ausritt zurück in sein Zimmer ging, hörte er schon weitem, dass Rahul und Glenn stritten. Als er das Zimmer betrat, wurde es abrupt still. Während Rahul mit verschränkten Armen am Fenster gelehnt stand, ging Glenn aufgeregt im Zimmer auf und ab. „Was ist hier los?“, wollte Jayson wissen. Doch er bekam keine Antwort. Da er wusste, dass er so schnell aus Glenn nichts herausbekommen würde, ging er zu Rahul. „Was ist passiert, dass ihr zwei euch schon so früh am Morgen in den Haaren liegt?“ Rahul sah von Glenn zu Jayson. Er entschied sich, Glenns Drohungen zu ignorieren und Jayson den heute Morgen eingetroffenen Brief zu geben. Beide beobachteten gespannt, wie Jayson den Brief aufriss und überflog. Da sie nicht wussten, was in dem Brief von Jack stand, hatten sie den ganzen Morgen darüber gestritten, ob es eine gute Idee wäre, ihn Jayson zu geben, ohne ihn selbst gelesen zu haben. Schließlich befürchteten sie schlechte Neuigkeiten. Ihre Befürchtungen schienen sich zu bestätigen als Jayson ungläubig in den nebenstehenden Sessel sank. „Das glaube ich jetzt nicht! Das war viel zu schnell!“, murmelte Jayson vor sich hin. „Was ist los? Was schreibt er?“, fragte Glenn ungeduldig. „Jack schreibt, dass Daniel sich geändert habe und sich mit mir versöhnen möchte. Er schreibt, dass Daniel sogar sein Räuber-Dasein beendet hat und sich mit Sophie verloben will.“, erwiderte Jayson, ohne vom Brief aufzusehen. „Aber das sind doch gute Neuigkeiten!“, jubelte Glenn und eilte auf seinen Freund zu, um ihn zu umarmen. Jayson verscheuchte seine Zweifel, lächelte schnell und nahm die Umarmung entgegen. „Hiergeblieben.“, protestierte Jayson, als er sah, wie Rahul sich aus dem Zimmer schleichen wollte. Dieser blieb ertappt stehen und drehte sich um. „Ja?“, fragte Rahul unsicher, was ihm jetzt blühte. Jayson ging auf ihn zu und umarmte ihn ebenfalls. „Das nächste Mal höre bitte auf Glenn. "Er kennt mich und weiß, dass ich immer eine zweite Meinung möchte und keine Geheimnisse vor ihm habe.“, erwiderte Jayson lächelnd. „Ich werde es mir hinter die Ohren schreiben.“, scherzte Rahul und löste sich aus der Umarmung. „Jetzt lass ich euch beide Mal in Ruhe diesen Moment feiern.“, verabschiedete er sich und verließ das Zimmer.
„Aber Boss!“, warf der oberste Veteran ungläubig ein. „Das kann doch nicht Ihr Ernst sein! Das wird Ihr Vater aber nicht gerne hören.“ „Was mein Herr Vater davon hält, ist mir einerlei! Schließlich habe ich ihm das Ganze zu verdanken!“, rief Don empört und spuckte verächtlich auf den Boden. Don hatte seine Mannschaft zusammentrommeln lassen, um sie einen neuen Anführer wählen zu lassen. Langsam aber sicher füllte sich der Raum und alle warteten ungeduldig auf die Neuigkeiten. „Meine Freunde beruhigt euch!“, machte Don auf sich aufmerksam. „Ich habe euch gerufen, weil heute ein wichtiger Tag ist. Vor fast 10 Jahren habt ihr mich zu eurem Hauptmann gewählt. Es war mir eine Ehre euch zu führen und mit euch zu plündern.“ Don machte eine kurze Pause. „Aber heute werde ich mein Amt niederlegen. Ihr sollt unter euch einen neuen Anführer wählen, den ich die nächsten Wochen noch ausbilden werde.“, erklärte Don und sofort brach Unruhe unter den Räubern aus. Keiner wusste so genau, ob dies ein Test oder Dons voller Ernst war. „Leute, beruhigt euch!“, versuchte ‘Big Mike’ die Meute zu beruhigen. Nachdem wieder einigermaßen Ruhe eingekehrt war, fuhr Don fort: „Heute spielt auch der Rang keine Rolle. Es ist egal, ob es sich um einen langjährigen Veteran oder einen frischgebackenen Jungen handelt. Wählt den Räuber, der euer Vertrauen am meisten erarbeitet hat. Ihr habt bis heute Abend Bedenkzeit. Wer bis dahin nicht seine Wahl in diese Urne abgegeben hat, hat sein Wahlrecht verschenkt. Die Sache ist ernst, also überlegt es euch gut.“ Mit diesen Worten verließ Don die verdutzte Mannschaft und wartete den Abend ab.


„Und du willst das wirklich durchziehen?“ Jack traute der ganzen Sache selbst immer noch nicht. „Seit ich dich kenne warst du, nach dem schrecklichen Tod deiner Mutter, ein Räuber und wolltest nie etwas anderes sein. Du warst gnadenlos, aber dennoch gerecht. Und das kannst du sicher jetzt alles einfach so aufgeben?“ Daniel stand am Fenster und betrachtete den Regen Ausbruch, der für diese Jahreszeit nicht ungewöhnlich war. Ohne sich umzudrehen, gab er Jack eine Antwort. „Du hast fast Recht. Als ich dich kennengelernt habe, ging alles drunter und drüber. Jayson war ohne ein Wort verschwunden. Mein Vater nutzte die Unruhen aus, um mir seinen Hass gegen die Barkleys einzutrichtern. Ihm habe ich es zu verdanken, dass ich Jayson hasste und ins Räubergeschäft eingestiegen bin.“ Er machte eine kurze Pause und atmete tief durch. „Aber um die Wahrheit zu sagen. Ich wollte das nie! Jayson war mein bester Freund und ich liebte ihn wie einen Bruder! Genauso wie ich dich wie einen Bruder liebe! Auch ein Räuber wollte ich nie sein. Du weißt genau wie ich das Rauben hasse und das Töten habe ich noch nie fertig gebracht! Doch mein Vater nutzte meinen starken Sinn für Gerechtigkeit aus, um seinen Hass in mir einzuimpfen. So kam es, dass ich dann doch irgendwann Jayson so sehr hasste, dass ich Rache wollte und Stück für Stück ich unsere schöne gemeinsame Vergangenheit vergaß. Daniel wischte sich unauffällig eine Träne weg, da Jack vom Stuhl aufstand und zu ihm kam. „Und was hat dein Denken erneut verändert?“, fragte Jack, stellte sich neben Daniel und starrte ebenfalls aus dem Fenster. „Als ich Jayson im Räuberversteck auflauerte, erfuhr ich, dass er nichts von den Taten seines Vaters wusste. Auch hatte er immer versucht, den Kontakt mit mir zu halten. Er behauptete sogar, viele Briefe an mich geschrieben zu haben! Nichtsdestotrotz war mein Hass weiterhin sehr groß. Als Jayson dann hier war, dachte ich mir, so wird das jetzt wohl enden müssen - Er oder ich! Doch dank dir ist ja alles noch gut gegangen.“ Daniel schaute Jack ernst an. „Dank dir habe ich eine zweite Chance und diese werde ich auch nutzen!“ Noch bevor Daniel seinem Drang, Jack zu umarmen, nachgeben konnte, klopfte es an der Tür. Er räusperte sich kurz. „Herein!“, entgegnete er und die Tür ging vorsichtig auf. „Boss. Keiner traut sich, etwas in die Urne zu werfen. Alle glauben es sein nur ein Test der Treue.“, berichtete ‘Big Mike‘ kleinlaut. Daniel fuhr aufgebracht herum. „Dann gib ihnen zu verstehen, dass dies kein Test ist. Sag ihnen, wer nicht wählt, dem mache ich höchstpersönlich Beine! Auch mit Krücke!“, rief er und wedelte mit der Krücke. „Aye!“, erwiderte ‘Big Mike’ und schloss eilig wieder die Tür hinter sich. „Also an deinem Temperament müssen wir definitiv noch stark arbeiten!“, kommentierte Jack, woraufhin Daniel ihm in die Seite boxte und beide das Lachen anfingen.


Daniel hatte die Wahlurne höchstpersönlich ausgezählt. „Es steht also fest. Jetzt gibt es kein Zurück mehr!“, dachte sich Daniel und betrat den Vorgarten des Nebenhauses, das derzeit als Räuberversteck diente. Es war laut und alle redeten durcheinander. Jeder spekulierte mit seinem Nachbarn, wer wohl der nächste Anführer werden könnte. „Ruhe! Es ist soweit!“, rief ‘Big Mike’, doch er wurde einfach übertönt. Kurzerhand nahm Don seinen Revolver, hielt ihn in die Höhe und drückte ab. Durch den Knall alamiert, wurde es plötzlich still. „Danke für eure Aufmerksamkeit.“, meinte Don trocken und lachte innerlich. „Nach eurem anfänglichen Zögern, habt ihr euch letztendlich dann doch für einen neuen Anführer entschieden.“ „Wir hatten ja keine andere Wahl!“, ertönte es wütend aus der Menge. Unbekümmert fuhr Don fort: „Eure Wahl war eindeutig. Ihr habt jemanden gewählt, der seinem Namen alle Ehre macht. Er hat durch sein Wissen und sein Können bewiesen, dass er diesem Job würdig ist.“ Er machte eine kurze Pause. „Eure Wahl fällt auf unseren frischgebackenen Jungen ‘Crafty (gewiefter) Joe’.” Tosender Applaus ertönte und Joe machte sich zaghaft auf den Weg nach vorne. Während er sich durch die Menge schob, bekam er von allen Seiten einen Schulterklopfer. Feierlich wurde er empfangen und der Abend endete mit einem Festmahl. Am nächsten Morgen sollte seine Ausbildung beginnen.

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Tag der Veröffentlichung: 11.05.2019

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