Alle Rechte vorbehalten!
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Alle Personen und Handlungen sind frei erfunden, etwaige Ähnlichkeiten mit real existierenden Menschen sind zufällig und nicht beabsichtigt.
Viel Spaß beim Lesen!
Ich freue mich über Feedbak!
Unsere Geschichte begann eigentlich relativ früh, doch es standen uns viele Probleme bevor. Am besten ich erzähl von Anfang an.
Sarah
Das neue Schuljahr begann und ich durfte am Nachmittag in einen Hort, wo ich Hilfe mit meinen Hausaufgaben bekommen konnte. Mein erster Tag dort war sehr aufregend für mich. Nach der Schule musste ich zuerst mit dem Bus ganz ans andere Ende der Stadt fahren. Glücklicherweise hielt der Bus direkt vor der Tür, somit musste ich in dem nebengelegenen Dorf nicht noch das Suchen anfangen. Mit mir stiegen noch weitere Schüler aus, die ebenfalls in das Haus stürmten. Einer der Schüler blieb stehen und musterte mich kurz. Er war ein wenig größer als ich und sein Körperbau war schlank, aber dennoch muskulös. Sein Haar war kurz und kastanienbraun, seine Haut goldbraun. Er trug einen olivgrünen Hoodie (Kapuzenshirt), dessen Kapuze er sich über den Kopf gezogen hatte und eine schlabberige Jeans. „Du musst die Treppen ganz rauf in den ersten Stock und dann rechts.“, rief er mir zu, bevor er in das Haus rannte. Nicht einmal die Chance mich zu bedanken gab er mir. Doch ich zuckte nur mit den Schultern und ging weiter auf das Haus zu. Von außen schien das Haus eher klein zu sein, aber als ich die schwere Tür öffnete bot sich mir ein imposanter Anblick. Das Haus hatte eine hohe Decke und große Fenster, die für viel Licht sorgten. Die Treppe war sehr breit und das Treppengeländer war völlig aus Holz mit Schnitzereien verziert. Ich folgte der Anweisung und stieg die Treppen hinauf. Oben angekommen bog ich nach rechts ab und ging durch einen kleinen Flur. Am Ende des Flures hatte ich die Wahl. Rechts war eine verschlossene Tür, geradeaus war etwas wie ein Computerraum in dem schon verschiedene Schüler an einem PC saßen. Ich entschied mich nach links zu gehen und kam in eine große Küche mit 4 Tischen an denen Schüler saßen und aßen. Eine Frau mittleren Alters sprang von ihrem Stuhl auf und eilte zu mir. „Hallo willkommen. Du musst die Sarah sein. Ich heiße Tanja. Leg deine Sachen hier ins Eck und schnapp dir was zu essen.“, begrüßte sie mich und schob mich ins Zimmer. Schüchtern wie ich war, lächelte ich sie einfach an und befolgte ihre Anweisung. Ich stellte meinen Rucksack ins Eck, und ging zum Herd um mir etwas zu essen zu holen. Danach setze ich mich neben Tanja und begann zu essen. Nach dem Essen war es Zeit für die Hausaufgaben. Ich folgte Tanja mit meinem Rucksack zurück in den Flur, durchs Treppenhaus in den Raum gegenüber. Das Zimmer war groß und wie ein Klassenzimmer eingerichtet, mit Tafel und allem. Ich setzte mich möglichst weit hinten hin und begann mit meinen Hausaufgaben. Für die Hausaufgabenstunde hatte Tanja männliche Unterstützung. Er lief durch die Reihen und half bei Fragen. „Hallo. Ich heiße Rudi. Wenn du Hilfe brauchst, dann melde dich einfach und ich helfe dir.“, flüsterte er mir zu. Ich nickte nur und beugte mich wieder über mein Matheheft. Die Stunde verging und die Freizeit begann. Tanja erklärte mir was ich alles hier unternehmen konnte und wie das Taler-Prinzip funktionierte. „Im wöchentlichen Rhythmus haben zwei Schüler gemeinsam Tischdienst. Das heißt sie wischen die Tische ab und sorgen dafür, dass die Küche ordentlich ist. Dafür gibt es je 2 Taler. Für jede Sonderaufgabe oder besonders gutes Benehmen gibt es weitere 2 Taler. Diese bekommst du immer am Ende des Tages und kannst sie entweder gegen Internetzeit oder Süßigkeiten eintauschen. Heute hast du eine halbe Stunde im Internet frei.“ Ich bedankte mich und setzte mich an einen freien PC. Während ich online Spiele spielte, konnte ich beobachten wie der Junge, der mir vorher den Weg gewiesen hatte, die anderen Kinder ärgerte. Bei manchen war es harmlos, wie kitzeln oder Haare wuscheln, bei anderen dann schon zwicken, schlagen oder den Stuhl nach hinten kippen, bzw. die Person zwischen Stuhl und Tisch klemmen. Glücklicherweise blieb ich heute aber verschont. Nachdem meine halbe Stunde vorbei und es erst 15:30 Uhr war, ging ich raus um die Gegend zu erkundschaften. Als ich aus der Haustür trat, sah ich zum ersten Mal wie schön die Gegend eigentlich war. Schräg gegenüber war ein Hügel, der eine tolle Aussicht versprach, also folgte ich dem Trampelpfad auf der anderen Straßenseite. Er führte mich vorbei an einer Art Bauernhof, der Stallungen vor und hinter dem Haus hatte. In dem Stall am Wegesrand waren zwei hellbraune Haflinger, eine Stute mit ihrem Fohlen. „Na ihr beiden?“, lockte ich die Haflinger her, die auch neugierig an den Zaun traten. Ich liebe Pferde über alles und war überglücklich diese nun täglich sehen zu dürfen. Nachdem die beiden meine Hände nach Leckerli durchsucht hatten und beleidigt wieder abgetrottet waren, lief ich gemütlich Richtung Hügel weiter. Oben angekommen fand ich zwei Steine vor, auf die ich mich setzte. Der Ausblick war atemberaubend. Man konnte sowohl das ganze Dorf überblicken als auch die Felder und den See der ans Nachbardorf grenzte. Auch konnte man einen Teil der hinter einem liegende Stadt überblicken. Den Ausblick genießend versank ich in Gedanken. Ich dachte über alles und doch nichts nach. Die Kirchglocken schlugen 16:30 Uhr und rissen mich aus meinen Gedanken. „Mist ich muss los“, schimpfte ich und rannte den Hügel runter zum Haus. Der letzte Bus in die Stadt fuhr um 16:45 Uhr. Ich rannte ins Haus, schnappte mir meinen Rucksack und rannte zur Bushaltestelle. Völlig außer Atem wartete ich auf den Bus, der auch schon in Sichtweite war. Da noch andere Kinder an der Bushaltestelle waren, stieg ich als letzte ein und setzte mich ganz vorne in den Bus. Dies war der erste Tag. Die folgenden Tage verliefen ähnlich: erst das Essen, dann Hausaufgaben, und meine Freizeit verbrachte ich draußen auf dem Hügel.
Max
Der erste Schultag war wie immer der Nervigste. Jeder musste jedem erzählen wie die Ferien waren und die Lehrer erklärten sehr ausführlich was sie sich von diesem Schuljahr verhofften. „Hey Max. Wie waren deine Ferien?“, fragte mich mein Kumpel Zack. „Verzieh dich!“, verscheuchte ich ihn. „Schon gut ich hab verstanden. Es ist jedes Jahr dasselbe mit dir.“, zischte er belustigt und verzog sich. Ich konnte aus seiner Stimme raus hören, dass er mir nicht böse war. Im Gegenteil er amüsierte sich. Wir kannten uns schon seit dem Kindergarten und er war der einzige dem ich je etwas anvertraut habe. Er wusste wie er mit mir umgehen musste. Es war noch früh am Morgen, doch meine Laune besserte sich keineswegs. Als die Schule zu Ende war, quetschte ich mich in einen vollen Schulbus und versuchte das Geschrei zu ertragen, ohne aggressiv zu werden. Je näher wir Leimitz kamen, desto leerer wurde der Bus. Am Ende war nur noch eine Hand voll Schüler im Bus, die mit mir in die Hausaufgabenbetreuung gingen. Der Bus hielt und alle stiegen aus. Ich rannte den anderen hinter her an einem, mir unbekannten, Mädchen vorbei, das sich anscheinend hier nicht auskannte. Kurz vor dem Haus blieb ich stehen und musterte sie. Sie war ein wenig kleiner als ich und Ihr Körperbau war angenehm anzusehen. Sie war nicht dick, aber sie hatte an den richtigen Stellen ihre Kurven. Schon jetzt konnte man erkennen, dass aus ihr eine schöne Frau werden würde. Ihr Haar, das sie offen trug, war goldblond und ging ihr fast bis zur Hüfte. Sie hatte helle Haut, die allerdings dennoch einen leichten goldton aufwies. Sie trug ein weinrotes, langärmliches Oberteil und eine enganliegende Jeans. „Du musst die Treppen ganz rauf in den ersten Stock und dann rechts.“, rief ich ihr zu und rannte ins Haus. Ich wusste ich musste mich beeilen, wenn ich einen relativ einsamen Sitzplatz haben wollte. Fakt war, ich hatte mir einen Ruf aufgebaut und keiner hier wollte etwas mit mir zu tun haben, worüber ich glücklich war. Doch diesmal hatte ich Pech, alle 4 Tische waren gut besetzt. Ich nahm mir was zu essen und setzte mich an einen der Tische, wo ich grimmig mein Essen verschlang. Dennoch innerlich amüsiert beobachtete ich wie die restlichen Schüler aus Angst schwiegen und jeglichen Blickkontakt zu mir vermieden. „Hallo willkommen!“, hörte ich Tanja rufen und folgte ihr mit meinem Blick. Da war sie wieder. Sie wollte also wirklich hier her. Warum mich das erfreute wusste ich nicht, aber ich war entzückt als ich ihren Namen hörte - Sarah. Die Hausaufgabenzeit schwänzte ich wie üblich. Ich wartete geduldig bis endlich die Freizeit begann, denn dann konnte ich meiner Lieblingsbeschäftigung nachgehen. Ich liebte es meinen Ruf zu vertreten, in dem ich die anderen Schüler piesackte, doch heute hatte ich komischerweise keine Freude daran. Ich schämte mich, dass Sarah beobachten konnte, wie ich die anderen ärgerte. Was sie wohl von mir dachte? Doch eine halbe Stunde später ging sie an mir vorbei, ohne mich eines Blickes zu würdigen und verschwand. Ich eilte aus dem Zimmer ins Treppenhaus und rannte rauf zum Dachboden, wo ich mich bei schlechtem Wetter zurückzog. Ich setzte mich ans Fenster und beobachtete wie Sarah den Pfad zum Hügel einschlug. Eine ganze Weile beobachtete ich jeden Ihrer Schritte. Sie hatte etwas an sich das mich faszinierte, doch ich konnte mir nicht erkläre was.
Sarah
In der folgenden Woche war ich dann zum ersten Mal für den Tisch-Dienst eingeteilt. Auf der Liste stand ein Schüler namens Max, doch wusste ich immer noch nicht wie die anderen Schüler hießen, da ich ja meine Freizeit alleine verbrachte. Es stellte sich jedoch heraus, das Max der Schüler war, der mir am ersten Tag die Wegweisung gab und auch derjenige der die anderen ärgerte. Ich wusste nicht was es war, aber irgendwie konnte ich nicht glauben, dass er ein schlechter Mensch sei, dennoch hatte ich Angst, er würde heute auch anfangen mich zu ärgern. Nach dem Essen begann ich die Spülmaschine einzuräumen und die Tische nass abzuwischen. Er kehrte den Boden und wischte die Tische trocken nach. Während dieser Zeit hatten wir kein Wort miteinander gesprochen, dennoch hatte er mich die ganze Zeit beobachtet. Nach den Hausaufgaben, machte ich wie üblich meinen Spaziergang. Am Hügel angekommen, war er aber schon da und saß auf einen der Steine. Ich überlegte kurz ob ich wieder umkehren und mich davon schleichen sollte, da es so schien, dass er mich noch nicht bemerkt hatte. „Du kannst gerne bleiben, ich tu dir nichts.“, hörte ich ihn sagen, als ich mich gerade umgedreht hatte um zu gehen. Ich drehte mich also wieder zu Ihm und trat zögerlich näher. Ohne mich anzusehen, klopfte er mit der Hand auf den Stein neben sich, als Zeichen ich solle mich setzen. Ich gehorchte und setzte mich neben ihn auf den Stein. „Ich heiße Max.“, unterbrach er das Schweigen. „Ich heiße Sarah.“, erwiderte ich. „Bist du schon lange hier?“ Er nickte. „Sind alles Idioten hier.“ Ich lachte „Wirklich alle?“ Er musterte mich leicht belustigt und nickte wieder. „Alle, einschließlich mir.“ „Und warum glaube ich dir das nicht?“, fragte ich heiter. Er zuckte nur mit den Schultern. „Du wirst schon noch sehen.“, prophezeite er. Es sollte eine ganze Weile dauern bis ich erkannte wie Recht er doch hatte. Er erzählte mir von wem ich mich fernhalten sollte und wie der ganze Rest so tickte. Auch warnte er mich vor, dass er mich ab heute auch wie die anderen necken würde, damit ich seinen Ruf nicht ruinierte. „Ok. Also die eine Hälfte ist einfach nur dumm und kindisch und die andere Hälfte ist einfach schlechte Gesellschaft.“, fasste ich zusammen. Er nickte und schaute auf seine Uhr. „Es wird Zeit das wir langsam zurückgehen, damit wir den Bus noch schaffen.“ Ich stand auf und wartete auf Ihn, doch er blieb einfach sitzen. „Geh schon mal vor, ich komme gleich nach.“, forderte er und ich lief los. Ich wunderte mich, ob ich ihm wohl peinlich sei, oder hatte es etwa einen anderen Grund? Mit dem Entschluss, heute keine Antwort mehr auf meine Frage zu bekommen, stieg ich in den Bus ein.
Wenn es das Wetter zuließ, trafen wir uns auch die darauffolgenden Wochen auf dem Hügel und unterhielten uns über verschiedene Dinge. Stück für Stück lernten wir uns näher kennen. Ich erfuhr, zum Beispiel, dass auch er Pferde über alles liebte, da sie so starke und dennoch vorsichtige und zuvorkommende Wesen sind. Er zeigte mir das Dorf mitsamt seiner Verstecke und Schleichwege. Trotz allem, jedes Mal, wenn es daran ging zum Hort zurück zu gehen, ließ er mich alleine zurückkehren. Ich muss gestehen, so sehr mich sein Verhalten, den anderen gegenüber ärgerte, so sehr wunderte ich mich darüber, dass er so viel Zeit mit mir verbrachte und mich wie eine zarte, zerbrechliche Blüte behandelte. Nicht einmal sein Vorhaben auch mich zu necken, machte er wahr. Heute jedoch war etwas anders. Zuerst saßen wir schweigend auf dem Hügel nebeneinander, als er mir eine ungewöhnliche Frage stellte. „Hey Sarah.“ „Ja?“ „Sag mal, was würdest du machen, wenn dich jemand angreifen würde?“ Ich schaute ihn verdutzt an. „Wie meinst du das?“ Er drehte sich so, dass sein Oberkörper zu mir zeigte und schaute mir fest in die Augen. „Naja, so wie ich es sage. Angenommen ich wäre ein Fremder auf der Straße, der dich jetzt angreift. Was würdest du tun?“ Ich drehte mich ebenfalls zu ihm und schaute fest entschlossen in seine dunkelgrünen Augen: „Darüber hab ich ehrlich gesagt noch nicht nachgedacht. Ich würde sagen, das übliche. Wegrennen oder schreien.“ „Und wenn das nicht möglich ist?“, bohrte er weiter. „Dann versuche ich mich aus seinem Griff zu befreien, egal wie, treten, beißen und was mir in dem Moment noch so einfällt.“ „Hm.“, seufzte er nachdenklich. „Wie kommst du eigentlich auf die Idee mich so was zu fragen?“, wollte ich jetzt doch wissen. „Ach, nur so. Hat mich halt mal interessiert.“, erwiderte er grinsend und sprang vom Stein. „Muss ich mir jetzt Sorgen machen?“, fragte ich ihn stirnrunzelnd und folgte ihm. Er schüttelte mit dem Kopf. „Komm, sonst verpassen wir noch den Bus.“, wechselte er das Thema. Kopfschüttelnd folgte ich ihm zurück zum Haus. Das war das erste Mal, dass er mich zurück begleitete. Ab diesem Tag machte er es sich zur Aufgabe mich auf solche möglichen Situationen vorzubereiten. Des Öfteren fragte er mich aus heiterem Himmel und ohne Vorwarnung Dinge wie: „Was würdest du tun, wenn jemand mit einem Messer auf dich zukommen würde.“ oder „Was würdest du tun, wenn jemand eine Pistole auf dich richtet.“ oder „Was würdest du tun, wenn du Nachts alleine durch eine dunkele Straße laufen musst, wie würdest du dich vorbereiten?“ Er fragte immer und immer wieder und gab mir entsprechende Tipps mich zu verteidigen.
Max
Je mehr ich Sarah in den nächsten Wochen kennenlernte, desto kostbarer wurde sie für mich. Da ich einen großen Teil meiner Kindheit in einer mit Gewalt gefüllten Umgebung aufgewachsen bin, wollte ich Sie auf mögliche Gefahren vorbereiten. Auch drehten sich meine Gedanken die meiste Zeit um sie. Dies bemerkte auch mein Kumpel Zack. „Sag mal was ist denn mit dir neuerdings los?“, fragte er mich als wir bei mir zuhause zusammen zockten. Ich pausierte das Spiel und sah ihn fragend an. „Schau nicht so. Es mag nicht jedem auffallen, aber du bist weicher geworden.“ bohrte er weiter. „Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube mich hat’s erwischt.“, erwiderte ich verlegen. Zack wusste, dass ich schon mit verschiedenen Mädchen ausgegangen war, jedoch nichts für sie empfand, aber diesmal war es anders. „Sie ist also was Besonderes. Wann lerne ich sie kennen?“, stichelte er. „Vorerst nicht. Ich will sie ja nicht verschrecken.“, neckte ich zurück. „Ok. Dann erzähl mir wenigstens vor ihr.“, bat er, also begann ich von Sarah zu erzählen. „Hm.“, seufze er nachdenklich, als ich alles was bisher geschehen war, erzählt hatte. „Das heißt ihr seid sowas wie Kumpel.“, fasste er zusammen. „Hast du es ihr schon gesagt?“ Ich schüttelte mit dem Kopf. „Ich mag es so wie es ist. Es ist ungezwungen und relaxt. Sie ist neben dir die einzige mit der ich über alles reden kann.“ Er nickte bedächtig. „Und was wirst du machen, wenn sie eines Tages einen Freund hat?“ Bei diesem Gedanken wurde mir anders, doch ich zuckte nur mit den Schultern. „Ich kann dir sagen was passiert. Entweder wirst du ihm die Hölle heiß machen oder du wirst gebrochenen Herzens jeglichen Kontakt zu ihr abbrechen.“ Da ich nicht weiter darüber nachdenken, geschweige denn darüber reden wollte, startete ich das Spiel erneut. Zack grinste nur, lies mich aber für den Rest des Nachmittags in Ruhe.
Sarah
Während den Ferien begannen wir auch uns außerhalb des Hortes zu treffen, so auch heute. Es war ein typischer Herbsttag. Der Himmel war bewölkt und lies ab und an die Sonne durchspitzen. Glücklicherweise war es trocken geblieben sodass wir einen Spaziergang in einem der Städtischen Gärten machen konnten. Wir liefen schweigen nebeneinander her, jeder seinen Gedanken nachhängend. An diesem Morgen hatte ich von meinen Eltern erfahren, dass mein Vater zum Halbjahr versetzt werden würde, was im Klartext, wie schon so oft, ein Umzug in eine andere Stadt bedeutete. Normalerweise hatte ich nichts dagegen, doch dieses Mal war es anders. Ich hatte das komische Gefühl etwas zu verlieren. In Gedanken ging ich durch was es sein könnte, als ich aus meinen Gedanken gerissen wurde. Max hatte meine Hand genommen und lief händchenhaltend, als wäre es normal für uns, weiter. Abrupt blieb ich stehen und schaute ihn verwirrt an. „Was“, fragte er ahnungslos, woraufhin ich ernsten Blickes die Hand, in der seine lag, hochhob und mit der anderen darauf zeigte. Erschrocken ließ er meine Hand los und lief rot an. So verlegen hatte ich ihn noch nie erlebt und brach deshalb erst einmal in Lachen aus. Verärgert lief er weg. „Max, warte. Ich hab das nicht so gemeint.“, rief ich ihm nachlaufend zu. Er setzte sich auf eine nahe gelegene Bank und wartete mit verschränkten Armen auf mich. „Es tut mir leid. Ich war genauso erschrocken wie du und wusste nicht wie ich reagieren sollte.“, entschuldigte ich mich und blieb ihm gegenüber stehen. „Schon gut.“, erwiderte er. „Wie siehst du eigentlich unsere Beziehung?“, wollte er wissen. Ich überlegte kurz. „Um ehrlich zu sein kann ich es dir nicht genau sagen. Du bist ein guter Kumpel, ich fühle mich bei dir sehr wohl und sicher aufgehoben. Doch ich habe neuerdings das Gefühl, das da mehr ist. Wie denkst du darüber?“ Es war nicht ungewöhnlich, dass wir über Gefühle oder Bedenken und Probleme sprachen, dennoch kam unsere Beziehung zueinander nie zur Sprache. „Kannst du dir vorstellen, dass aus uns ein Pärchen werden könnte?“, fragte er mich, anstatt mir zu antworten. Leicht zögernd nickte ich und wurde prompt von ihm auf seinen Schoß gezogen. Lächelnd nahm er mich in seine starken Arme. „Das trifft sich sehr gut. Meine Mutter brennt förmlich darauf dich kennenzulernen.“, murmelte er in mein Haar. Da ich diesen wunderschönen Moment nicht trüben wollte, entschied ich mich dazu meinen bevorstehenden Umzug erst einmal zu verschweigen. Es war schon später Nachmittag geworden, also beschlossen wir uns auf den Heimweg zu machen. Ich stand von seinem Schoß auf, nahm seine Hand und zog Ihn zu mir hoch. Der Schwung war so heftig das wir fast zusammenstießen und sein Gesicht kurz vor meinem war. Ich wurde rot und wandte mich schnell ab, damit er mir meine Scham nicht ansehen konnte, denn das ging mir dann doch ein wenig zu schnell.
Max
Nachdem mir Zack gestern die Augen geöffnet hatte, war ich noch mehr in Gedanken versunken als sonst. Ich war wieder mit Sarah unterwegs, diesmal in einem der Städtischen Gärten. Auch Sarah war heute sehr schweigsam. Ich wurde abrupt aus meinen Gedanken gerissen als Sarah stehen blieb und meine Hand, die in ihrer lag hochhob. Erschrocken lies ich los, woraufhin sie das Lachen anfing. Verärgert über meine Gedankenlosigkeit und ihre Reaktion ging ich schnellen Schrittes zur nahestehenden Bank und setzte mich mit verschränkten Armen hin. Sich entschuldigend rannte sie mir hinterher und blieb vor mir stehen. Jetzt ging es um alles. Mein Herz pochte so stark, dass ich glaubte es könnte mir gleich aus der Brust springen. So gelassen wie möglich fragte ich sie wie sie unsere Beziehung sah und ob sie sich vorstellen könne das aus uns ein Pärchen werden könnte. Kaum das sie dies bejaht hatte, zog ich sie überglücklich auf meinen Schoß und wollte sie nie wieder loslassen. Ich wusste sie gehörte zu mir und ich würde alles in meiner Macht stehende tun um sie zu beschützen. Wie sehr musste ich mich zurückhalten sie nicht mit Küssen zu überhäufen. Leider war es schon später Nachmittag, also mussten wir uns auf den Heimweg machen. Sarah stand auf und reichte mir die Hand um mir hoch zu helfen. Der Schwung war so heftig, das ich gerade so vor Ihr stehen bleiben konnte, ohne mit ihr zusammenzustoßen. Für einen kurzen Moment waren unsere Gesichter so nah beieinander, dass ich ihren Atem spüren konnte, doch bevor ich überhaupt reagieren konnte, wandte sie sich von mir ab. Mir war bewusst, dass dies alles neu für sie war und ich gab mir große Mühe sie nicht zu überfordern, also folgte ich ihr mit einem Lächeln auf meinem Gesicht. Zuhause angekommen, überfiel mich meine Mutter gleich an der Haustür. Mit meinem gekonnten Pokerface, begrüßte ich sie. „Max, du weißt doch ich mache mir Sorgen wenn ich nicht weiß wo du bist und es schon dunkel geworden ist!“ Innerlich schellte ich mich. Nachdem ich Sarah verabschiedet hatte war ich noch mit meinem Fahrrad zu meiner Lieblingsstelle gefahren, zu der ich immer ging, wenn ich Nachdenken wollte. „Tut mir leid ich hätte dich anrufen sollen. Ich hatte mit meinem Kumpel die Zeit vergessen. Wird nicht wieder vorkommen.“, versprach ich ihr. „Na gut. Das Essen ist zwar schon kalt, aber du bist mit deinen 14 Jahren alt genug um es dir selber aufzuwärmen. Ich geh jetzt meine Serie schauen.“ Beleidigt ließ sie mich im Flur stehen und ging ins Wohnzimmer. Während ich mir das Essen aufwärmte, dachte ich weiterhin darüber nach, wie es in Zukunft weiter gehen sollte. Meine Mutter wusste zwar von Sarah und wollte sie kennenlernen, allerdings hatte ich ihr nur erzählt, dass wir uns im Hort gut verstanden. Dass wir uns allerdings öfter trafen und jetzt mehr als Kumpels waren, verriet ich ihr vorerst nicht. Sie selbst war Alleinerziehend, was mit meinem Vater ist, weiß ich bis heute nicht. Es gab nur eine Situation in der ich etwas über Ihn erfuhr und diese hing mir noch allzu deutlich in den Ohren. Meine letzte Beziehung endete Anfang des Sommers. Sie hieß Laura und meine Mutter mochte sie sehr. Üblicherweise machte ich mit den Mädchen Schluss, da sie mir zu anhänglich wurden und meine Mutter sie sowieso kaum oder gar nicht leiden konnte. Doch bei Laura war es anders. Sie war weder anhänglich noch wollte sie etwas von mir. Warum wir ein Paar waren, ist mir bis heute nicht klar. Es war halt einfach so, wir haben uns kennengelernt und gut verstanden. Sie war öfter bei uns Zuhause, im Prinzip war dies ihr zweites Zuhause. Doch eines Tages lernte sie Matthias kennen und beschwerte sich bei mir warum ich sie nicht so behandelte wie er es bei ihr tat. Daraufhin hatten wir bei mir zuhause einen heftigen Streit, das sie mich einfach Ohrfeigte und aus der Wohnung rannte. Dummerweise kam in diesem Moment meine Mutter nach Hause und sah Laura mit ihren Krokodils Tränen aus der Wohnung stürmen. Meine Mutter wurde sehr wütend und stellte mich zur Rede. Ich versuchte ihr das Ganze zu erklären, doch sie ließ mich nicht und verpasste mir ebenfalls eine. „Du bist genauso ein Weiberheld wie dein Vater! Gefühlskalt und brutal. Zum Glück hat er mich damals mit dir sitzen lassen, somit ist mir einiges Leid erspart geblieben!“, schrie sie außer sich vor Wut. Warnend hob sie den Zeigefinger. „Wage es ja nicht einem Mädchen das Herz zu brechen!“ Bevor sie noch weitere Dinge sagen konnte, die sie wahrscheinlich später bereuen würde, machte sie auf dem Absatz kehrt und rannte in Ihr Schlafzimmer. Alleine und völlig verdutzt über das eben Geschehene, stand ich nun im Flur. Mein Vater war also ein Weiberheld und hatte meiner Mutter das Herz gebrochen. Jetzt erklärte sich zumindest warum sie nie von ihm sprach. Das Piepen der Mikrowelle riss mich aus meinen Gedanken. Vorsichtig stellte ich den heißen Teller auf den Tisch. Bevor meine Mutter sich zu sehr mit Sarah anfreunden konnte, ließ ich meine Mutter, so schwer es mir auch viel, bezüglich meiner wahren Gefühle erst einmal im Dunkeln tappen. Somit konnte ich meine Beziehung mit Sarah ohne Druck festigen und meiner Mutter beweisen, dass ich nicht wie mein Vater gefühlslos und kalt sei. Zufrieden über diesen Beschluss verschlang ich mein Abendessen und ging frühzeitig ins Bett.
Sarah
Als ich zuhause ankam, stand das Abendessen schon fertig auf dem Tisch. Während dem Essen erzählten mir meine Eltern wo wir hinzogen und das dies ja meine Chance wäre mit alten Freunden wieder Kontakt aufzunehmen. Wir wohnen hier seit ca. 4 Jahren und würden zurück nach Plauen ziehen, wo wir vorher gewohnt hatten. Mir muss meine Enttäuschung wirklich ins Gesicht geschrieben gewesen sein, denn meine Eltern versuchten das alles schön zureden und mir Mut zu machen. Doch meine wahren Bedenken konnte ich ihnen nicht verraten. Mit meinen 12 Jahren, war ich aus deren Sicht viel zu jung um überhaupt Interesse an Jungs haben zu können. Doch leider war ich auch in dieser Hinsicht frühreif. Ich hatte gehofft dass wir nicht so weit weg ziehen würden, damit ich Max weiterhin ab und an sehen könne, doch fast 50 km sind eine weite Strecke. Obwohl ich keinen Hunger mehr hatte, zwang ich mir das Essen runter. Als ich dann endlich in meinem Bett lag, konnte ich meinen Tränen freien Lauf lassen. Der Gedanke Max nie wieder sehen zu können zerriss mir mein kleines, unschuldiges Herz. Letztendlich war es nicht gerade hilfreich zu wissen das unsere Zuneigung auf Gegenseitigkeit beruhte. Ich überlegte ob und wann ich Max von meinem Umzug erzählen sollte. Das „Ob“ stand außer Frage, nur das „Wann“ war mein Problem. Am liebsten würde ich es ihm gar nicht erzählen und ihn vor vollendete Tatsachen stellen, aber dann würde ich ihn verletzten und einen guten Freund verlieren. Ich beschloss also meinen Mut zusammen zu nehmen und es ihm so bald wie möglich zu erzählen.
Ein paar Wochen zogen ins Land und ich hatte immer noch nicht den Mut gehabt es Max zu erzählen. Es war Freitagnachmittag und wir liefen wie gewohnt in unserer Hortfreizeit durch das Dorf. Wie üblich stellte er mir wieder seine Fragen „Was wäre wenn…?“ Da mir meine Eltern heute das offizielle Datum unseres Umzuges genannt hatten, war mir heute nicht nach diesem Spielchen. Ab heute waren es noch ca. 4 Wochen bis ich diese Stadt und alles mit ihr verlassen musste. Ich ließ seine Hand los und blieb stehen. „Kannst du das nicht einmal lassen? Immer wieder stellt du diese Fragen!“, schrie ich ihn an. Wie vom Blitz getroffen starrte er mich an. „Was ist passiert?“, fragte er seelenruhig. Ich konnte es einfach nicht. Den Tränen nahe rannte ich den Hügel hinauf, dorthin wo alles begonnen hatte. Völlig außer Atem setzte ich mich auf einen der Steine und versuchte mich zusammenzureißen. Wortlos setzte Max sich zu mir auf den anderen Stein. Da ich nicht wollte dass er mich weinen sieht, stand ich wieder auf um zu gehen, doch er packte meinen Arm und zog mich zurück. Mit gesenktem Kopf stand ich nun vor Ihm. Die Tränen liefen über meine Wangen und ich brachte kein Wort heraus. Mit seiner freien Hand hob er mein Kinn und zwang mich ihm in die Augen zu sehen. Geduldig wartete er bis ich meine Stimme wiedergefunden hatte. „Ich muss dir was Wichtiges erzählen.“ Er nickte nur. Ich atmete tief ein und aus. „Mein Vater wurde von seiner Arbeitsstelle in eine andere Stadt versetzt. Das bedeutet ich muss mich bald von dir verabschieden.“, schluchzte ich und beobachtete wie er blass wurde. „Wie lange noch?“, fragte er ruhig. „4 Wochen.“ „Und wie lange weist du es schon?“, fragte er mit einer plötzlich zittrigen Stimme. „Seit dem wir ein Pärchen sind.“, flüsterte ich nichts Gutes ahnend. Wütend sprang Max auf und schob mich beiseite. Da ich darauf nicht gefasst war, fiel ich der Länge nach hin, knapp am Stein vorbei. Ohne sich umzudrehen verschwand er. Ich setzte mich im Gras auf, umschlang mit meinen Armen meine Beine und begann bitterlich zu weinen. Zwar hatte ich einige seiner Wutausbrüche schon miterlebt, aber dieser war anders als alle anderen und darauf war ich nicht gefasst. Um heute nicht nochmal seiner Wut ausgeliefert zu sein, beschloss ich den Schulbus heute einfach zu verpassen und den nachfolgenden Stadtbus zu nehmen. Ich setzte mich wieder auf einend er Steine und beobachtete wie der Schulbus vor fuhr. Ich sah wie Max sich noch einmal umdrehte und zu mir hoch sah, bevor er in den Bus einstieg. Ich konnte nicht viel erkennen, aber ich wusste dass es dauern würde bis er mir verzeihen konnte.
Max
Alles lief wunderbar. Wir verbrachten weiterhin unsere Freizeit zusammen, lernten auch mal die „schlechten“ Seiten voneinander kennen. Da Zack darauf bestand Sarah endlich mal kennenlernen zu dürfen, wollte ich das gleich mit dem Kennenlernen meiner Mutter verbinden. Doch ich kannte Zack nur zu gut. Er wollte Sarah sicherlich testen, genauso wie all die anderen vor Ihr und das machte mir sorgen. Es lief jedes Mal gleich ab. Gegen Ende des Treffens bat er mich irgendetwas zu holen, damit er mit ihnen allein sein konnte. Was dann kam war immer von seiner Einschätzung abhängig. Manche versuchte er zu erschrecken indem er entweder Schauergeschichten über mich erzählte oder sich selbst unehrenhaft verhielt. Andere versuchte er herauszulocken, indem er offen mit ihnen flirtete und beobachtete ob diese wirklich Interesse an mir hatten, bzw. treu waren, oder ob sie ihre Jungs wie Unterwäsche wechselten. Wenn sie dann noch da waren, als ich wiederkam, erzählte er mir danach was vorgefallen war oder führte sie vor. Waren sie dann allerdings schon weg, hatte er meist zu seinem Bericht noch eine Nachricht von Ihnen. Deshalb wollte ich Sarah heute nochmal darauf vorbereiten, doch sie blieb einfach stehen und schrie mich an. Anstatt mir den Grund zu verraten, rannte sie einfach davon. So hatte ich sie noch nicht erlebt. Ich kannte sie als eine starke Persönlichkeit, die gut mit Problemen umgehen konnte, doch diesmal schien es etwas zu sein, mit dem sie nicht zurechtkam. Da ich ihr am liebsten jeden Schmerz auf dieser Welt nehmen wollte, musste ich unbedingt herausfinden was ihr so zu schaffen machte, doch ich musste vorsichtig an die Sache rangehen. Ich rannte ihr hinterher, den Hügel hinauf und setzte mich neben sie. Wieder wollte sie davonlaufen, doch ich hielt sie am Arm fest. Als sie mir erklärte dass sie bald wegziehen würde, war es als würde sie mir das Herz rausreißen. Traurig über diese Info fragte ich nach wann es denn so weit sein würde. „4 Wochen“, antwortete sie. Plötzlich stieg zu der Trauer auch Wut in mir auf. Ich sah ihr fest in ihre gold-grünen Augen. Mit zittriger Stimme fragte ich sie seit wann sie es denn wüsste, denn niemand kann mir erzählen dass man innerhalb von 4 Wochen einfach so mal umziehen kann. Es gibt immer eine Kündigungsfrist, die eingehalten werden muss. Als ich hörte, dass sie es schon wusste bevor wir uns entschieden hatten ein Pärchen zu werden, war es mit meiner Trauer zu Ende. Ich fühlte mich schwer hintergangen. Hätte sie es nicht uns beiden einfacher machen können, indem sie mir ihre Liebe verschwieg? Mit dieser Enttäuschung wäre ich leichter fertig geworden. Doch sie hatte sich bewusst dazu entschieden mich genauso schwer leiden zu lassen, wie sie es tat. Kann man seinem Liebsten wirklich so was Schreckliches antun? Ist das dann wirklich wahre Liebe? Vor Wut geblendet sprang ich auf und schob sie beiseite. Ich konnte hören wie sie stürzte, doch in diesem Moment war es mir egal. Ich hasste sie dafür, dass sie mir solche Schmerzen bereitete. Ich hasste mich dafür, dass ich auf ihre Liebe hereingefallen war. Ich eilte zurück zum Haus, schnappte mir meine Sachen und rannte zum Bus. Bevor ich einstieg, schaute ich dann doch nochmal hinauf um sicherzugehen dass es Sarah gut ging und sie nicht körperlich verletzt war. Die Busfahrt zog sich diesmal sehr lange hin. Ich versuchte mich zusammen zu reißen und niemanden meinen Gefühlszustand zu zeigen. Als ich endlich Zuhause ankam, rief ich meiner Mutter zu das ich heute länger weg sei. Ich pfefferte meine Sachen in die Ecke und rannte wieder aus der Wohnung, bevor meine Mutter überhaupt reagieren konnte. Mit dem Fahrrad raste ich dann wieder zu meinem Lieblingsplatz. Als ich endlich bei der Ruine ankam, stellte ich das Fahrrad ab und schnappte mir meine Schnitzerei die ich hinter einem Ziegel versteckt hatte. Anstatt mich wie immer ins Fenster der Ruine zu setzten, lies ich mich an der kühlen Mauer zu Boden gleiten und lies meinen Tränen freien Lauf. Für ein paar Minuten war mein Kopf einfach nur leer. Ich dachte nichts, fühlte einfach nur Schmerz, Trauer und Wut. Das Klingeln meines Handys riss mich aus diesem Zustand. Es war meine Mutter. „Mist, sie kann es einfach nicht lassen.“, dachte ich mir und ließ es einfach klingeln. Um mich wieder zu beruhigen, holte ich mein Taschenmesser aus meiner Hosentasche und begann zu schnitzen. Wieder klingelte mein Handy. Es war Zack. Auch diesen Anruf ignorierte ich, schließlich wollte ich jetzt einfach nur meine Ruhe haben. Kaum hatte er aufgelegt, kam auch schon eine SMS. „Ist alles ok? Deine Mutter macht sich Sorgen weil du nicht ans Telefon gehst. Schreib ihr doch wenigstens dass es dir gut geht.“ Ich lachte kurz. Wie immer übertrieb meine Mutter, aber ich schickte ihr eine SMS mit der Info das es mir gut ging, ich aber schlechten Empfang hätte. Wieder widmete ich mich meiner Schnitzerei, doch so richtig konzentrieren konnte ich mich nicht. Mein Hass und meine Wut, schlugen langsam in Trauer und Mitleid um. Ich schämte mich dafür das ich Sarah heute so verletz hatte und einfach liegen gelassen hatte und versuchte mich in Ihre Lage hinein zu versetzten. Was sie wohl dazu bewogen hatte unserer Beziehung einer Chance zu geben? War es aus Egoismus oder war es eventuell aus reiner Liebe zu mir? War ich vielleicht egoistisch indem ich eher auf ihre Liebe verzichtete als das ich damit verletzt werde? Diese Gedanken kreisten in meinem Kopf, als ich von einem Rascheln in Alarmbereitschaft versetzt wurde. Eigentlich war die Ruine so abgelegen, dass sie niemand besuchte, doch ab und an fanden hier auch mal Bandenkriege oder Drogendeals statt. Beides gefährlich wenn man nicht mit solchen Situationen umzugehen wusste. Ich legte also leise meine Schnitzerei beiseite und machte mich abwehrbereit. Ich lauschte wie die Schritte immer näher kamen. „Also eine einzelne Person.“, dachte ich und entspannte mich ein wenig. „Max?“, hörte ich Zack meinen Namen rufen. Erleichtert atmete ich auf und trat in den Vorraum der Ruine. „Alter, du hast echt Glück das ich nicht erst handle und dann frage.“, begrüßte ich ihn. „Was machst du eigentlich hier? Wir wollten uns doch in der Stadt treffen, damit ich Sarah kennenlernen kann.“ Ich winkte ab und setzte mich ins Fenster. Zack folgte mir und sah mich fragend an. „Wir haben sozusagen Schluss gemacht.“, gab ich mich geschlagen. Auch wenn Zack nicht weiter nachhackte konnte ich seine Neugierde in seinem Blick sehen, also erzählte ich ihm was passiert sei. „Scheiße.“, entfuhr es ihm als ich mit meiner Erzählung fertig war. „Du sagst es.“, pflichtete ich ihm bei. „Und wie soll es jetzt weiter gehen?“ „Ich weiß es nicht. Du weißt wie sehr ich Abschiede hasse. Am liebsten würde ich sie jetzt schon nicht mehr sehen wollen, um einen emotionalen Abschied zu vermeiden.“ Zack nickte bedächtig. „Meinst du nicht sie hat trotzdem das Recht sich bei dir zu verabschieden?“ Ich wusste das Zack Recht hatte, aber ich kannte mich gut genug um zu wissen, dass ich in diesem Zustand unberechenbar sein konnte und das wollte ich Sarah nicht antun. Ich versprach Zack mir das ganze nochmal durch den Kopf gehen zu lassen und mich zusammen zu reißen.
Sarah
Das Wochenende war sehr emotional für mich. Meinen Eltern erzählte ich es sei wegen dem bevorstehenden Umzug. Die Nacht auf Montag hatte ich sehr schlecht geschlafen. Ich hatte einen schrecklichen Albtraum. Ich träumte das ich mit Max zusammen spazieren war. Erst war alles gut, aber als ich ihm im Traum von meinem Umzug erzählte, schlug seine Laune schlagartig um. Er begann vor sich hin zu fluchen und packte mich an meinen Oberarmen. „Du tust mir weh!“, schrie ich angsterfüllt und versuchte mich aus seinem Griff zu befreien. Ich erinnerte mich, wie er mir einmal gezeigt hatte aus so einem Griff herauszukommen. Ich schlug seine Arme nach unten, drehte mich um und rannte los. Da er schneller war als ich, holte er mich ein und blieb vor mir stehen. Ich hielt an, wartete ab was passieren würde. Mit einer unheimlichen Ruhe in seiner Stimme fragte er mich warum ich ihm nicht schon vorher davon erzählt hatte. Ich versuchte ihm zu erklären dass ich genau aus diesem Grund nicht den Mut dazu hatte und fing mir glatt eine Ohrfeige ein. Erschrocken starrte ich ihn an. „Du bist ein egoistisches Weibsstück. Du hättest mit offenen Karten spielen sollen! Jetzt wirst du aber dafür büßen.“ Langsam ging er auf mich zu, woraufhin ich instinktiv rückwärts lief um den Abstand zu wahren. Plötzlich stolperte ich und stürzte. Kurz wurde es dunkel, doch im nächsten Moment fand ich mich mit Ihm auf einer Art einsamen Insel wieder. Wieder beschimpfte er mich bis ihn eine weibliche Stimme zur Vernunft rief. Eine schwarzhaariges Mädchen ging auf ihn zu und umarmte ihn von der Seite. „Lass sie doch hier. Wir brauchen sie nicht. Sie hat genug für uns getan, schließlich hat sie uns durch ihr törichtes Verhalten zusammen geführt.“, säuselte sie ihm ins Ohr. Er nickte nur, nahm ihre Hand und stieg ins Boot. Ich versuchte etwas zu sagen, doch meine Stimme lies mich im Stich. Als ich versuchte aufzustehen und ihm zu folgen, stellte ich fest dass ich geknebelt war. Wieder wollte ich schreien, doch meine Stimme versagte immer noch. Ich beobachtete wie die beiden die Insel verließen und mich zurück ließen. Plötzlich stieg das Wasser an und Panik machte sich in mir breit. Ich versuchte mich zu befreien, doch es wollte mir einfach nicht gelingen. Es dauerte nicht lange, da war das Wasser so hoch das es mir bis zum Hals reichte. Ein letztes Mal holte ich tief Luft, bevor mich das Wasser überragte. Ich fühlte mich schwer wie ein Stein und sank immer weiter in die Tiefen des Meeres. Schweißgebadet und nach Luft ringend wachte ich auf. Es dauerte einen kurzen Moment bis ich realisierte dass ich in meinem Kinderzimmer und somit in Sicherheit war. Mir war klar dass Max sauer auf mich sein würde, doch ich wusste dass er mir nie etwas antun könnte. Ich nahm einen Schluck Wasser aus meiner Flasche, die ich nachts neben meinem Bett stehen hatte, und versuchte wieder zu schlafen.
Als ich am Montag nach der Schule in den Hort kam, war keine Spur von Max. Unsere Betreuerin meinte, er habe sich für die nächsten Tage krank gemeldet. Enttäuscht erklärte ich ihr dass es auch mir nicht gut ginge und bat darum heute eher nach Hause gehen zu dürfen. Sie nickte und wünschte mir eine gute Besserung. Ich stieg in den nächsten Bus ein und fuhr in die Stadt. Doch ich fuhr nicht nach Hause. Stattdessen machte ich einen langen Spaziergang in dem Stadtpark in dem wir uns unsere Liebe gestanden hatten. Ich fragte mich ob ich ihn noch einmal sehen würde. Voller Reue dachte ich nochmal über unser letztes Gespräch nach. War er nur in seinem Ego so sehr verletzt oder liebte er mich so sehr das es ihm genauso schwer fiel getrennt von mir zu leben? Ich setzte mich auf eine Bank und überlegte wie ich Kontakt zu ihm herstellen konnte. Da ich noch kein Handy von meinen Eltern bekommen hatte und auch nicht wusste wo er wohnte, war es schier unmöglich ihn zu finden. Ich verbrachte den ganzen Nachmittag im städtischen Garten und hing meinen Gedanken nach.
Max
Da ich mich übers Wochenende nicht wirklich beruhigen konnte, zog ich es vor die nächsten Tage nicht im Hort zu verbringen. Stattdessen blieb ich Zuhause und zockte mit Zack oder verbrachte meine Freizeit in der Ruine und dachte nach. Mir war klar das ich eigentlich so viel Zeit wie möglich mit Sarah verbringen sollte, aber ich konnte es einfach nicht. Ich war verletzt und konnte mit den mir unbekannten Gefühlen einfach nicht umgehen. So gingen die Tage ins Land und fast zwei Wochen vergingen. Doch so sehr ich auch Abschiede hasste, wollte ich Sarah zumindest ein letztes Mal sehen, egal wie es ausgehen würde. Es war Freitag und der Vormittag in der Schule wollte einfach nicht enden, ich zählte die Stunden bis ich sie wiedersehen würde mit gemischten Gefühlen. Dann war es endlich soweit. Als ich in den Bus stieg, war sie wie immer schon drin, da sie Stationen vor mir einstieg. Der Bus war vollgepackt mit Schülern, sie stand ganz hinten und ich war fast ganz vorne. Wie immer konnte ich meinen Blick nicht von ihr lassen, ich beobachtete sie die ganze Fahrt über wie sie gedankenverloren aus dem Fenster starrte. Als der Bus etwas leerer war, sah ich das sie mich endlich bemerkt hatte. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht, machte aber kurz darauf Platz für Verlegenheit und Trauer. Sie wandte sich wieder ab und starrte aus dem Fenster. Obwohl ich die Möglichkeit gehabt hätte endlich zu Ihr zu gehen, da der Bus schon relativ leer war, blieb ich vorne stehen. „Letzte Haltestelle….Leimitz“, ertönte es aus den Lautsprechern und der Bus kam zum stillstand. Die Türen gingen auf und Sarah rannte hinaus. Ich trotzte dem Bedürfnis ihr hinterher zu rennen und ging gemütlich die Treppen hinauf in die Küche. Da es heute ziemlich voll war, gab es nur noch einen Tisch mit freien Plätzen. Sarah saß schon am Tisch und aß mit gesenktem Haupt. Wortlos setzte ich mich Ihr gegenüber und begann ebenfalls zu essen. Wieder beobachtete ich sie die ganze Zeit, fragte mich was sie wohl dachte und fühlte. Ein oder zwei mal sah sie kurz auf, senkte aber schnell wieder ihren Blick. Als ich merkte das sie begann sich unwohl zu fühlen, zwang ich mich dazu sie nicht mehr anzustarren und konzentrierte mich auf mein Essen. Gleich nach dem Essen eilte sie aus dem Haus und besuchte ihre geliebten Pferde. Fest entschlossen mich zu beherrschen, folgte ich ihr in gebührendem Abstand.
Sarah
Mit jedem Tag den ich Max nicht sah, schwand meine Hoffnung ihn vor meiner Abreise noch einmal sehen zu können. Da der Bus wie immer sehr voll war versuchte ich den Lärm und das Gedränge um mich herum auszublenden und versuchte mich an die schönen Zeiten mit Max zu erinnern. Mit der Zeit überkam mich ein Gefühl von Geborgenheit und Sicherheit, wie ich es immer nur in seiner Gegenwart gespürt hatte. Verstohlen sah ich mich um und erblickte ihn am anderen Ende des Busses. Mein Herz hüpfte kurz vor Freude, bis mir einen kurzen Moment später einfiel das er mich ja hasste. Mein Lächeln verstarb und ich starrte aus dem Fenster, mich darauf konzentrierend nicht in Tränen auszubrechen. Als der Bus endlich meine Haltestelle erreichte, sprang ich aus der Tür und rannte ins Haus. Ich wollte beim Essen so weit wie möglich weg von Max sitzen, doch dieses Glück war mir leider nicht gewehrt. Es war nur noch Platz an einem Tisch, also setzte ich mich dort hin und begann zu essen, hoffend Max würde sich doch noch woanders hinsetzen. Als ich bemerkte das er auf denselben Tisch zusteuerte starrte ich nervös auf mein Essen. Ab und an schaute ich auf um zu sehen ob er mich beobachtete und versuchte seine Stimmung zu erraten. Er beobachtete mich mit versteinerter Mine, nicht einmal ein kurzes Lächeln konnte ich erhaschen. „Er ist sicher noch sauer auf mich, wahrscheinlich wird er mir nie verzeihen können. Es war einfach egoistisch und nicht fair von mir gewesen ihm so eine wichtige Information zu verheimlichen.“, dachte ich und bemerkte das ich zu zittern begann. Unsicher und nervös schaute ich ein letztes Mal auf um ihm wenigstens ein Lächeln zu schenken, doch er hatte auf gehört mich anzusehen und starrte stattdessen jetzt sein Essen an. Ich schlang die letzten bissen hinunter, stand auf und stellte mein Geschirr ab. Da dies mein letzter Tag hier war, bevor die Ferien begannen und ich deshalb keine Hausaufgaben mehr hatte beschloss ich sofort das Haus zu verlassen und eilte zu den Pferden um dort ein letztes Mal ein wenig innere Ruhe zu finden. Ich schmuste gerade mit der Stute als sie aufwieherte und ans andere Ende der Koppel galoppierte. Ich wusste sofort wen sie begrüßte und sah wie Max den Weg entlang kam. Kurz begrüßte er sie, näherte sich mir dann aber schnelleren Schrittes. Ich überlegte kurz ob ich weiter davonrennen sollte, entschied mich aber dann tapfer stehen zu bleiben. Irgendwann musste ich mich dem ganzen ja stellen. „Stimmt nicht.“, flüsterte eine kleine Stimme in meinem Kopf. „Du kannst hier verschwinden ohne ihn je wieder sehen zu müssen.“ Schnell schob ich diesen Gedanken beiseite und wartete bis er nur ein paar Meter von mir entfernt stehen blieb. Alle zweifel über Board werfend, rannte ich los und umarmte ihn heftig. Es tat so gut ihn wieder zu spüren und seinen Duft in mich aufzunehmen. Ich spürte wie er mich an meinen Oberarmen packte und eine Armesbreite von sich schob. Seine dunkelgrünen Augen und sein forschender Blick schienen mich zu durchbohren. „Ich muss mich bei dir entschuldigen.“, begann er. „Ich hätte nicht so ausrasten dürfen.“ Als ich Luft holte um auch etwas zu sagen, legte er lediglich kurz seinen Zeigefinger auf meinen Mund und gebot mir somit zu schweigen. „Du bist etwas ganz besonderes für mich, mir wird es schwer fallen ohne dich weiter zu machen, aber ich werde es überleben. Ich möchte nur das du weist das ich einfach darüber hinweg sehen werde, das ich die Info ziemlich spät bekommen habe und gehe einfach davon aus, das du mir damit noch möglichst lange eine beschwerlose Zeit schenken wolltest.“ Ich ahnte das wieder Wut in ihm aufstieg, denn sein Griff wurde etwas fester. Doch ich werte mich nicht, schließlich hatte ich es in meinen Augen ja verdient. „Da ich aber mit Abschieden nicht gut umgehen kann...“ Seine Stimme versagte. Mit letzter Beherrschung zog er mich wieder zu sich, drückte mir einen Kuss auf die Stirn, drehte sich um und verschwand. Wie erstarrt stand ich da, unfähig ihm zu folgen. Plötzlich bemerkte ich das er mir unauffällig einen Zettel in die Hand gedrückt hatte. Mit zitternden Händen entfaltete ich das Blatt und las in großen Buchstaben: „Ich liebe dich!“ Als mir klar wurde, das dies meine letzte Chance sei, rannte ich ihm hinterher. Als ich die Hauptstrasse erreicht hatte, sah ich gerade noch wie er in den Bus stieg. Ich rannte zur Bushaltestelle, doch es war zu spät. Der Bus schloss seine Türen und fuhr los. Dies war unsere letzte Begegnung.
Sarah
Es waren nun zwei Jahre vergangen, in denen ich in Plauen wohnte. Anfangs fiel es mir schwer mich in die Klasse zu integrieren. Gleich am ersten Tag eine Englischschulaufgabe, die ich mit einer 1 abschloss und somit gleich in der neuen Klasse unten durch war. Um mich immer ein wenig über Max einigermaßen auf dem Laufenden zu halten hatte ich regelmäßig mit Jasmin, meiner Cousine telefoniert. Sie ging auf die gleiche Schule, ein paar Klassen unter ihm und mied ihn wie alle anderen auch. Dennoch konnte sie mir sagen, dass es ihm gut ginge. Heute hatte mein Vater eine Überraschung für mich. Gespannt wartete ich bis er von seiner Arbeit nach Hause kam. Das schloss der Tür ging und ich stürmte aus meinem Zimmer. Mit einem breiten Grinsen hielt er seine Hände hinter seinem Rücken. „Ich hoffe du nutzt es weise. Wenn dein Guthaben leer ist, musst du bis zum nächsten Monat warten.“, mahnte er mich. Ich runzelte die Stirn. „Mein Guthaben? Er wird doch nicht…“ Kaum hatte ich diesen Gedanken begonnen, hielt er mir schon eine kleine Schachtel hin. vorsichtig öffnete ich sie und starrte ungläubig ein Klapphandy an. „Du kannst so viele SMS schreiben wie du willst, nur die Anrufe kosten dich was. Ich dachte mir, da du jetzt 14 bist, bist du reif genug dafür und kannst uns somit auch in einem Notfall erreichen.“ Ich umarmte ihn heftig und überhäufte ihn mit Küssen. Ich rannte in mein Zimmer und steckte das Handy an die Ladestation an. Ich schnappte mir das Festnetztelefon und rief meine Cousine an. Da ich wusste, dass sie schon lange ein Handy besaß, tauschten wir Handynummern aus. Sie freute sich für mich und sagte mir sie würde mir gleich eine SMS schreiben. Also verbrachte ich den Rest des Nachmittages mein Handy zu erkunden und mit Jasmin SMS auszutauschen. Ich fragte sie auch wie es Max ginge und bat sie einmal mit ihm zu sprechen. „Du weist er wird von allen in der Schule gemieden. Selbst die Lehrer lassen ihn in Ruhe.“, quengelte sie. „Ich weiß. Aber er tut nur so. Bitte sprich mit ihm, grüß ihn von mir und frage nach seiner Telefonnummer.“, bettelte ich. Sie gab nach. „Ok. Aber nur das eine Mal.“
Max
Es war gerade Pausenzeit und ich stand mit Zack ziemlich abseits des Geschehens im Pausenhof, als ein Mädchen auf mich zu kahm. Ich konnte ihr ansehen, dass ihr nicht wohl dabei war. „Was gibt’s?“, fragte ich barsch. „Du bist Max?“ Ich nickte. „Kennst du eine Sarah?“, fragte sie weiter mit zittriger Stimme. Als ich den Namen hörte wurde es mir anders. Sie konnte unmöglich meine Sarah meinen. „Kommt drauf an. Ich kenne viele mit diesem Namen.“, log ich. Sie zückte ihr Handy und zeigte mir ein Foto. „Sie ist meine Cousine und fragt ständig nach dir. Jetzt hat sie endlich ein Handy und möchte dich kontaktieren, vorausgesetzt du willst noch mit ihr sprechen.“ Zack konnte mir meine Überraschung wahrscheinlich ansehen und stieß mir unauffällig in die Seite. „Gib mir ihre Nummer und ich werde es mir überlegen.“, erwiderte ich so gelassen wie möglich. Sie gab mir die Telefonnummer und wollte schon gehen, als ich mich zusammennahm und dann doch nachfragte. „Wie geht es ihr?“ „Frag sie doch selber.“ erwiderte sie grinsend und verschwand. Meine Gefühle überschlugen sich. Zum einen war ich überglücklich sie endlich wieder in meinem Leben zu haben, zum anderen war ich aber immer noch verletzt. Ich muss zugeben ich versuchte die ganze Zeit sie zu vergessen, egal wie. Ich hatte wieder verschiedene kurzweilige Beziehungen, aber keine kam auch nur annähernd an sie heran. Da die Pause schon zu Ende war musste ich wohl oder übel warten bis nach der Schule um ihr eine SMS zu schreiben. Anstatt im Unterricht aufzupassen, überlegte ich was ich ihr schreiben könnte.
Sarah
Ich wusste auf Jasmin ist Verlass. Ein paar Tage später bekam ich eine SMS von Ihr mit der Info, dass sie Max meine Nummer gegeben hatte und das es ihm gut ginge. Mein Herz schlug wie verrückt. „Ob er sich bei mir meldet?“, überlegte ich da kam eine weitere SMS von einer unbekannter Nummer. Nervös öffnete ich diese und hatte das Gefühl ich würde gleich umkippen. Sie war von Max, er schrieb: „Hallo Sarah. Wie geht es dir? Ich muss zugeben ich war überrascht als deine Cousine zu mir kam. Ich hoffe wir könnten uns mal wieder treffen. Gruß Max.“ Ich musste mich setzten. „Er will mich tatsächlich treffen!“ Ich überlegte wie ich das bewerkstelligen könnte. Plötzlich kam mir eine Idee. Ich könnte ja mal wieder in den Ferien entweder meine Oma oder meine Cousine besuchen. Da ich schon länger nicht mehr bei meiner Oma war, beschloss ich meine Eltern zu fragen ob dies möglich wäre. „Aber natürlich mein Schätzchen.“, erwiderte meine Mutter freudig. „Sie hat sich neulich gewünscht, dass du sie mal wieder besuchen kommst. Wir haben auch schon was ausgemacht. In den kommenden Ferien wirst du eine Woche bei ihr übernachten.“ Überglücklich sprang ich ihr um den Hals. Zurück in meinem Zimmer schrieb ich zuerst meiner Cousine. „Hi Jasmin. Du bist die beste. Er hat sich gemeldet und ich hab gute Neuigkeiten. Ich darf nächste Woche in den Ferien bei meiner Oma übernachten. Ich hoffe wir können was zusammen unternehmen.“ Danach schrieb ich Max mit klopfenden Herzen: „Hallo Max. Mir geht es soweit gut. Ich hoffe dir geht es auch gut. Nächste Woche in den Ferien werde ich bei meiner Oma in Hof übernachten. Sicherlich könnten wir uns da treffen. LG Sarah“ Keine 5 Minuten später kam auch schon die Antwort. Er freue sich und könne es kaum erwarten. Ungeduldig wartete ich bis es endlich soweit war und ich meine Oma besuchen konnte. Diesmal war es anders. Üblicherweise freute ich mich auf den Besuch bei meiner Oma, war aber immer nervös gewesen weil ich Angst hatte ihm unvorbereitet zu begegnen. Doch dazu war es nie gekommen. Als es endlich Zeit war die Fahrt anzutreten, überkamen mich alle schwer verdrängten Gefühle. Liebe, Trauer und das Gefühl von Zurückweisung. Die Fahrt über stellte ich mir verschiedene Szenarien vor, wie unser Treffen ablaufen könnte.
Endlich war es soweit, heute war ich mit Max verabredet. Ich hatte meiner Oma gesagt, dass ich mit Freunden ausgehen wollte und ich nicht weiß wann ich zurückkomme. Ich fuhr mit dem Stadtbus nach Leimitz, wir hatten uns dort verabredet wo alles begonnen hatte. Ich stieg aus dem Bus und lief den Weg entlang. Als wäre ich nie weg gewesen galoppierte die Stute zu mir und lies sich begrüßen. Ich lachte und umarmte sie. So gern ich noch länger mit ihr geschmust hätte, wollte ich doch endlich Max sehen. „Ob er sich verändert hat?“ Nervös stieg ich den Hügel hinauf wo er schon mit einer Zigarette in der Hand auf mich wartete. Viel verändert hatte er sich nicht. Sein kastanienbraunes Haar trug er immer noch kurz, lediglich seine Statur war muskolöser. Schockiert blieb ich kurz stehen. „Ich beiße nicht.“, begrüßte er mich ohne mich auch nur anzusehen. „Max? Seit wann rauchst du?“, fragte ich ungläubig. Er drückte seine Zigarette am Stein, auf dem er saß, aus und lächelte mich verschmitzt an. „Schätzchen, ich hab schon geraucht, da hast du noch in deine Windeln geschissen!“ So wirklich kaufte ich ihm das nicht ab und sein abfälliges Schätzchen gefiel mir schon gleich gar nicht, aber ich wollte mich auch nicht gleich zu Beginn streiten, also ging ich auf ihn zu und reichte ihm unsicher die Hand. Er lachte einfach und zog mich zu sich heran. Eine Weile standen wir einander umarmend da und genossen den Moment. „Ich hab dich vermisst.“, flüsterte er mir ins Ohr und hielt mich anschließend eine Armesbreite von sich als wolle er mich genauer betrachten. „Ich dich auch.“, erwiderte ich und lächelte ihn an. Da es recht windig war und es so aussah als das es bald regnen würde, nahm er einfach meine Hand und zog mich hinter ihm her. Wir liefen den Hügel hinunter zum Hort, wo er sein BMX stehen hatte. „Ich will dir was zeigen, komm steig auf.“ Neugierig stieg ich auf die Stützen an dem Hinterrad und wir fuhren los. Wir fuhren zu einer alten Ruine und flüchteten dort vor dem eben angefangenen Regen. Wir saßen erst einmal schweigend einander gegenüber im Fenster der Ruine, während er mit seinem Taschenmesser an seiner Schnitzerei arbeitete. „Erzähl mir doch wie es dir so ergangen ist?“, bat er mich, also erzählte ich ein wenig von meinen Schwierigkeiten mich in der Schule einzufinden und von meinen Freunden. Doch irgendwann wusste ich nicht mehr was ich erzählen sollte. Also fragte ich ihn wie es ihm so ergangen sei. Doch anstatt mir zu antworten, begann er wider sein Spielchen. „Was würdest du tun, wenn ich dich jetzt angreifen würde?“ Ich lachte auf. „Du spinnst. Du spielst immer noch dieses Spielchen?“ Er schaute mir fest in die Augen. „Ich meine es ernst. Wir haben uns seit 2 Jahren nicht gesehen und unsere Trennung war alles andere als erfreulich. Vergiss nicht du hast mich damals sehr verletzt. Rein theoretisch könnte ich mich jetzt rächen wollen.“ Mir wurde es jetzt doch ein wenig anders. „Kannte ich ihn wirklich so gut?“, schoss es mir durch den Kopf, doch ich ließ mir nichts anmerken. „Ich kenne dich. Ich weiß, dass du mir nichts antun wirst.“, erwiderte ich und stand auf. „Bist du dir sicher?“, bohrte er weiter, mich mit seinen Augen fixierend. Ich nickte, woraufhin er ebenfalls aufstand und sich mir näherte. Instinktiv ging ich ein paar Schritte zurück um den Abstand zu wahren. Sein verschmitztes Grinsen und seine leuchtenden Augen verrieten mir, dass er wahrscheinlich was total Blödes vorhatte. Kurzerhand packte er mich am Handgelenk, wirbelte mich herum und hielt mir das Taschenmesser an den Hals. „Bist du dir jetzt immer noch so sicher, dass ich dir nichts antun werde?“, hauchte er mir ins Ohr. „Ja, ich bin mir sicher. Dafür liebst du mich zu sehr.“, erwiderte ich schwer atmend. Er verstärkte seinen Griff und hielt das Messer fester an meinen Hals. „Du vergisst dass ich sehr sauer und verletzt bin. Ich bin zu allem in der Lage.“ Langsam machte sich Panik in mir breit. „Hatte ich ihn unterschätzt? Hasste er mich wirklich so sehr?“ Eine gefühlte Ewigkeit standen wir so da, bis meine Beine nachgaben und es um mich schwarz wurde.
Max
Endlich war es soweit. Heute trafen wir uns nach zwei Jahren zum ersten Mal wieder. Da ich sehr nervös war, zündete ich mir eine Zigarette an. Eigentlich hatte ich es immer gehasst wenn Zack neben mir geraucht hatte, doch seit Sarah weg war hatte ich ebenfalls dieses Bedürfnis entwickelt. Ich hatte das Gefühl, das es mich innerlich beruhigte und von ihr ablenkte. Ich war schon zur Hälfte durch, als ich Sarah aus den Augenwinkeln sah. Sie war noch schöner als ich sie in Erinnerung hatte. Sie hatte immer noch Kurven an den richtigen Stellen und war schlank. Ihre langen, goldblonden Haare hatte sie zu einem hohen Zopf zusammengebunden und ihre grünen Augen strahlten förmlich vor Freude. Auf ihre erstaunte Frage, seit wann ich rauche drückte ich meine Zigarette am Stein aus und grinste sie an. „Schätzchen, ich hab schon geraucht, da hast du noch in deine Windeln geschissen!“, log ich, hoffend sie würde es mir abkaufen und nicht weiter nachfragen. Ich sah wie sie sich größte Mühe gab, den Eckel und die Zweifel zu verbergen. Eigentlich wollte ich mit ihr Spazieren gehen, aber es war recht windig und sah nach Regen aus, also beschloss ich ihr meine Lieblingsstelle zu zeigen. Zuerst saßen wir uns schweigend gegenüber während ich an meiner Schnitzerei arbeitete. Um die peinliche Stille zu unterbrechen fragte ich sie, wie es ihr ergangen war. „Naja. Soweit geht es mir gut. Ich hatte nur so meine Schwierigkeiten mich in der neuen Klasse zurechtzufinden. Du wirst lachen, aber gleich am ersten Tag haben wir eine Englisch Schulaufgabe geschrieben. Ich wusste weder worum es ging, noch war ich in einer anderen Hinsicht vorbereitet. Aber als wir die Ergebnisse am nächsten Tag wieder bekamen, hatte ich eine 1. Das hat unsere Lehrerin natürlich gelobt und somit war ich in der Klasse unten durch. Aber mittlerweile ist es ganz Lustig. Es hat sich eine Art Wettstreit zwischen einem Mitschüler und mir entwickelt und wir haben uns mehr und mehr kennengelernt.“, berichtete sie. Auch wenn ich nach außen hin gelassen wirkte, war ich eifersüchtig und fing an innerlich zu kochen. „Ein Mitschüler… Ob sie mit ihm zusammen ist und es mir jetzt unter die Nase reiben will?“, überlegte ich kurz wollte mich aber zusammenreißen. „Genug von mir, wie ist es dir ergangen?“, fragte sie mich mit ihrem süßen Lächeln auf den Lippen. Doch ich wollte jetzt nicht über meine Gefühle sprechen. „Was würdest du tun, wenn ich dich jetzt angreifen würde?“, fragte ich sie, woraufhin sie lachte. „Du spinnst. Du spielst immer noch dieses Spielchen?“, fragte sie immer noch lachend. Plötzlich kamen alle Gefühle der Wut und Verletzung in mir auf. Ich schaute ihr fest in die Augen. „Ich meine es ernst. Wir haben uns seit 2 Jahren nicht gesehen und unsere Trennung war alles andere als erfreulich. Vergiss nicht du hast mich damals sehr verletzt. Rein theoretisch könnte ich mich jetzt rächen wollen.“, erwiderte ich wütend. Ich konnte sehen, dass es ihr anders wurde und Zweifel in ihr aufkamen. „Ich kenne dich. Ich weiß, dass du mir nichts antun wirst.“, erwiderte sie und stand auf, einen gewissen Abstand zwischen uns schaffend. Jetzt war es aus mit mir. „Bist du dir sicher?“, bohrte ich weiter, sie mit meinen Augen fixierend. Sie nickte unsicher, machte aber noch einen Schritt zurück. Ich hasste es wenn man mich anlog und war wütend und enttäuscht darüber, dass sie mir nicht vertraute. Blind vor Wut stand ich auf und ging auf sie zu. Ich packte sie am Handgelenk, wirbelte sie herum, sodass sie einem Arm hinterm Rücken hatte und mir mit den Rücken zugewandt vor mir stand. Sie fest in meinem Griff haltend, hielt ich ihr mein Taschenmesser an die Kehle. „Bist du dir jetzt immer noch so sicher, dass ich dir nichts antun werde?“, hauchte ich ihr ins Ohr. „Ja, ich bin mir sicher. Dafür liebst du mich zu sehr.“, erwiderte sie schwer atmend. Ich verstärkte meinen Griff und hielt das Messer fester an ihren Hals. „Du vergisst dass ich sehr sauer und verletzt bin. Ich bin zu allem in der Lage.“, zischte ich. Plötzlich merkte ich wie sie aufhörte sich zu wehren und in meinen Armen zusammensackte. Erschrocken ließ ich mein Messer fallen und hob sie auf meine Arme. Mir war klar, jetzt war ich zu weit gegangen und genau davor hatte ich Angst gehabt. Ich trug sie zur Wand und lehnte sie vorsichtig dagegen, sichergehend das sie noch atmete. Schockiert über mich selbst, überlegte ich wie es jetzt wohl weiter gehen würde. Kurzerhand zückte ich mein Handy und rief erst mal Zack an. „Alter, du hast es echt geschafft! Gib mir 5 Minuten, ich bin gleich da.“, schimpfte Zack und legte auf. Ich ließ ich neben ihr nieder, lehnte meinen Kopf gegen die kühle Wand und schloss die Augen. Es dauerte nicht lange, da hörte ich Schritte. Ich sprang auf und rannte Zack entgegen. Er grinste mich an und seine Faust hatte erstmal ein Date mit meinem Kinn. „Danke, das hab ich verdient.“, erwiderte ich mir das Kinn reibend. Er nickte nur und folgte mir zu Sarah, die immer noch bewusstlos an der Wand lehnte. Er beugte sich zu ihr hinunter und tätschelte vorsichtig ihre Wange um sie zu wecken. Während ich unruhig hin und her lief, kam Sarah glücklicherweise wieder zu sich.
Sarah
Als ich wieder zu mir kam, sah ich in zwei Eisblaue Augen, die einen fremden Jungen, der auf mich einredete, gehörten. Panisch stieß ich ihn von mir weg und wollte aufstehen, doch meine Beine gehorchten mir nicht. „Es tut mir Leid Sarah! Bitte verzeih mir.“, flehte Max und eilte zu mir. „Fass mich nicht an!“, schrie ich und versuchte erneut aufzustehen. Ich stemmte mich gegen die Wand und drückte mich hoch. Nachdem der Schwindel einigermaßen nachgelassen hatte, lief ich so schnell es mir möglich war in Richtung Ausgang. „Sarah, warte!“, rief Max mir hinterher und packte mein Handgelenk. „Ich hasse dich!“, schrie ich und versuchte mich aus seinem Griff zu befreien, doch gelang es mir nicht. Wütend und verängstigt zugleich gab ich auf, hoffend dass mir nichts geschehen würde. Ich bemerkte das mir heiße Tränen die Wange hinunterliefen und bereute dieses Treffen sehr. Hätte ich es doch nur gelassen, dann hätte ich ihn noch in guter Erinnerung, doch diesen Vorfall konnte ich ihm nicht verzeihen. Schluchzend gab ich meine Wehr auf. Max nutze diese Chance und zog mich zu sich. Er nahm mich in seine Arme und strich mir den Rücken. „Ich bin ein Idiot. Ich hatte mich einfach nicht mehr unter Kontrolle. Als ich merkte, dass du Angst vor mir bekamst, wurde ich wütend und die Gefühle von vor 2 Jahren übermannten mich. In diesem Moment wollte ich dich einfach denselben Schmerz spüren lassen, den ich damals spürte. Es tut mir so leid.“, murmelte er in mein Haar. Ohne ein Wort zu sagen, stieß ich mich von ihm ab und rannte davon. Ich war einfach durcheinander. Hasste er mich so sehr, oder hatte er sich einfach nur so sehr verändert? Da meine Cousine nicht weit von hier wohnte, beschloss ich sie spontan zu besuchen. Noch während ich auf dem Weg zu ihr war klingelte mein Handy ununterbrochen. Da ich aber momentan einfach alles erstmal verarbeiten musste, ignorierte ich die Anrufe von Max. „Huhu.“, hörte ich jemanden rufen und sah mich um. Es war Jasmin, sie hatte mich schon von weitem gesehen und winkte mir aus dem Fenster zu. Als ich vor Ihrer Wohnungstür stand umarmte sie mich stürmisch. „Das ist eine schöne Überraschung. Was machst du denn hier?“, begrüßte sie mich. Sie begutachtete mich neugierig, während sie auf eine Antwort wartete. Hoffend, dass ich mittlerweile Herr meiner Stimme geworden war antwortete, dass es mir gut ginge. Doch sie kaufte mir das nicht ab. „Was ist passiert?“, fragte sie und wischte mit ihrer rechten Hand eine Träne, die sich unbemerkt ihren Weg über meine Wange gebahnt hatte, weg. Innerlich fluchte ich, denn eigentlich wollte ich mich ablenken und nicht das eben geschehene noch einmal durchleben. Da ich nicht antwortete, nahm sie nur meine Hand, schleifte mich in ihr Zimmer und platzierte mich auf ihrem Bett. „Du bleibst hier, ich hole dir jetzt erst mal was zu trinken.“, befahl sie und eilte in die Küche gegenüber von ihrem Zimmer. Um mich währenddessen im Auge behalten zu können ließ sie beide Zimmertüren offen. Kaum das ich alleine war, kam mir die Situation gleich wieder sehr lebendig in den Sinn. Mir war als wäre ich wieder fest in seinem Griff gefangen, mit seinem Messer an meinem Hals. Es war so real, dass ich glaubte sogar seinen Atem in meinem Nacken spüren zu können. „Mensch, du zitterst ja.“, wurde ich von Jasmin aus meinen Gedanken gerissen. Sie stellte ihren kleinen Beistelltisch neben sich und stellte darauf die Wassergläser ab. „Ist alles ok mit deiner Familie?“, fragte sie besorgt. Ich nickte nur, worauf sie einen erleichterten Seufzer von sich gab. „Ok. Was ist es dann? Willst du überhaupt darüber reden?“ „N-N-Nein“, stotterte ich, woraufhin sie mich einfach nur in den Arm nahm und hin und her wog. Obwohl sie jünger war, wusste sie genau wie sie mich trösten konnte. Ich schloss die Augen und versuchte mich zu entspannen, was mir glücklicherweise auch gelang. „Hast du Lust einen Film anzusehen?“, fragte sie mich nach einer Weile, woraufhin ich nickte. Sie stand auf und ging zu ihrer DVD Sammlung. „Wonach steht dir der Sinn? Möchtest du etwas Romantisches, eine Komödie oder einen Krimi?“, fragte sie mich und grinste mich an. „Oder schauen wir deinen Lieblingsfilm?“ Sie zog den Film „Take the lead (Dance! Jeder Traum beginnt mit dem ersten Schritt) aus dem Regal und hielt es mir triumphierend hin. Dankbar lächelte ich sie an und nahm einen Schluck Wasser. Sie legte den Film ein und setzte sich wieder zu mir aufs Bett. Gemeinsam schauten wir den Film.
Max
Seit 3 Tagen versuchte ich Sarah zu erreichen. Doch sie beantwortete weder meine SMS, noch ging sie ans Telefon. Ich fühlte mich schrecklich. Ich wusste nicht was es war, aber sie brachte mich völlig aus dem Konzept. Zum einen wollte ich sie vor all dem Leid der Welt beschützen und einfach nur ein Lächeln auf ihr wunderschönes Gesicht zaubern. Doch leider weckte sie auch eine dunkle Seite in mir, eine in der ich einfach unberechenbar wurde. Ich machte mir Sorgen um sie, hoffte dass sie mir verzeihen könnte und ich sie nicht allzu sehr verstört hatte. Mir klangen noch die warnenden Worte von Zack im Ohr. „Wenn du dich nicht in zumindest in ihrer Gegenwart unter Kontrolle hast, wirst du sie verlieren! Also reiß dich zusammen!“ Ich fasste also den Entschluss, mich zurück zu ziehen, sollte ich mich nicht beherrschen können. Ich saß im Fenster der Ruine und versuchte zwanghaft mich an all unsere Unterhaltungen zu erinnern, hoffend das sie mir irgendwann verraten hatte wo sie oder ihre Cousine wohnten. Plötzlich klingelte mein Handy, eilig versuchte ich das Handy aus meiner Hosentasche zu ziehen, doch bevor ich ran gehen konnte hatte der Anrufer schon wieder aufgelegt. Mit klopfenden Herzen schaute ich nach wer es war. Mein Herz schien für einen kurzen Moment auszusetzen als ich Sarahs Namen auf dem Display sah. Ich überlegte ob es eine gute Idee sei, sie zurück zu rufen, doch ich entschied mich dagegen. Ich wollte ihr einfach den Freiraum und die Zeit geben das Geschehene zu verarbeiten. Es folgte eine SMS „Hi Max. Ich kann zwar nicht nachvollziehen, was dich dazu gebracht hatte mich so zu behandeln, aber ich möchte nicht dass es so mit uns endet. Treffen wir uns morgen am Spielplatz im Stadtpark. Sarah“ Mir war klar dass ich gerade eine zweite Chance bekommen hatte, allerdings wusste ich auch das sie mir immer noch nicht traute, da sie sich an einem ziemlich öffentlichen Platz treffen wollte, wo man dennoch ein wenig Privatsphäre haben konnte. Ich schrieb ich dass ich mich freute und ihr sehr dankbar über diese Chance war. Erleichtert widmete ich mich wieder meiner Schnitzerei und verbrachte damit den restlichen Nachmittag.
Sarah
Mit gemischten Gefühlen wartete ich am Spielplatz auf Max. Damit ich mich mit meiner zweitliebsten Beschäftigung etwas beruhigen konnte, war ich hatte absichtlich früher hier her gekommen. Nachdem ich die große Rundschaukel genügend an geschupst hatte, sprang ich mit einem Satz hinauf um mich reinzulegen. Ich lag längs in der Schaukel um mich bei Bedarf einfach mit den Füßen wieder vom Boden abstoßen zu können, schloss die Augen und lauschte dem Zwitschern der Vögel. Ohne es zu wollen, schweiften meine Gedanken wieder zu Max und seinem Verhalten. Es war mir unbegreiflich wie er so etwas machen konnte, hatte er doch immer behauptet mich zu lieben und zu schützen. Was verstand er denn unter Schutz? War er wirklich der Meinung er würde mir helfen wenn er einen Angriff vortäuscht? Doch kurz bevor er mich angegriffen hatte, sah ich die Wut in seinen Augen blitzen, ein sehr gefährliches dunkles grün, das ich nur wenige Male gesehen hatte. Und doch liebte ich ihn immer noch. Mein Verstand sagte mir, dass es aussichtslos sei, aber mein dummes Herz war da anderer Meinung. Ich fing erneut an zu zittern als mich dieses schreckliche Ereignis einholte, also konzentrierte ich mich erneut darauf nur noch auf die Vögel zu hören und die Richtung der Rufe ausfindig zu machen. Es schien zu wirken, denn mich überkam das vertraute Gefühl von Geborgenheit.
Max
Kurz bevor ich mich auf den Weg zu Sarah machte, holte ich Zack von Zuhause ab. Ich hatte ihn gebeten in näherer Umgebung zu bleiben, damit er gegebenenfalls eingreifen konnte. „Vergiss nicht, es liegt ganz allein an dir ob du Sarah verlieren wirst oder nicht!“, mahnte er mich während wir auf dem Weg zu ihr waren. Anstatt ihm zu antworten zog ich erneut an meiner Zigarette, die ich zitternd in der Hand hielt. „Keine Sorge ich werde in der Nähe bleiben und rechtzeitig eingreifen“, verabschiedete er sich und klopfte mir ermunternd auf die Schulter. Glücklicherweise waren rund um den Speiplatz hohe Büsche und Bäume, sodass sich Zack dort unbemerkt aufhalten konnte. Ich drückte meine Zigarette aus und atmete tief durch. Ich bog in den Eingang vom Spielplatz und sah wie Sarah in der großen Rundschaukel lag. Wie immer wenn ich sie sah, machte mein Herz einen Luftsprung und drohte mir meine Brust zu zerreißen. Mit jedem Schritt den ich mich der Schaukel näherte, wurde ich nervöser. Doch sie schien mich nicht zu bemerken, sie war in ihrer kleinen eigenen Welt. Sie sah so friedlich aus. Ich beschloss sie so sachte wie möglich einfach weiter anzuschubsen und so lange wie möglich zu beobachten. Kurze Zeit später bemerkte ich wie sie das Zittern anfing und konnte die pure Angst in ihrem Gesicht erkennen. Ich gab der Schaukel nochmal einen leichten Stoß und lies mich ebenfalls so unauffällig wie möglich in die Schaukel gleiten. Kaum das ich neben ihr lag, wurde sie auch schon ruhiger und kuschelte sich an mich. Ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen, denn ich wusste dass sie dies unbewusst tat. „Also liebt sie mich immer noch!“, schoss es mir durch den Kopf und ich fasste neuen Mut. Plötzlich merkte ich wie ein Ruck durch ihren Körper ging und sie mich erschrocken von sich schob. „Musst du dich immer so anschleichen?“, zischte sie erschrocken. „Tut mir leid.“, flüsterte ich und wollte ihre Stirn küssen doch sie wandte sich ab und setze sich mit einem „Fass mich nicht an!“ auf. Ich musste mich stark zusammen nehmen, denn ich wusste dass ich mich quasi in einem Mienenfeld befand. „Ich habe dich lediglich hier her gebeten um heraus zu finden was dich letztens dazu gebracht hat mich so zu behandeln. Ich will nur wissen ob du eine Freundschaft noch für möglich hältst.“ Ich schluckte schwer, das hatte gesessen. Freundschaft! Sie wollte nur Freundschaft! Hatte ich ihre Liebe wirklich verloren? „Sei froh dass du sie noch in deinem Leben hast!“, mahnte mich mein Gewissen. „Sarah es tut mir wirklich leid, ich hoffe du kannst mir irgendwann verzeihen.“, begann ich meine Erklärung und setze mich ebenfalls auf. „Ich weiß es ist keine Entschuldigung, aber in dieser Situation hatten meine Wut und mein gebrochenes Herz überhand von mir genommen. Ich hatte mich einfach nicht mehr unter Kontrolle. In diesem Moment wollte ich dich einfach nur Leiden sehen und es tut mir wirklich leid. Ich werde es mir nie verzeihen können, wenn ich dich dadurch für immer verliere, denn ich möchte dich wirklich in meinem Leben behalten und sei es auch nur als Freundin.“, beendete ich traurig meine Entschuldigung. Verstohlen sah ich zu ihr herüber und bemerkte wie ihre Schultern zuckten. Da ich vermutete, dass sie weinte und ich sie trösten wollte, nahm ich vorsichtig ihr Kinn in meine Hand und zwang sie mich anzusehen. Ohne sich zu wehren folgte sie meiner Aufforderung und fing prompt an zu prusten. Mein verwirrtes Gesicht trug dazu bei, dass sie in schallendes Gelächter ausbrach. „Du Dummkopf.“, lachte sie. „Merkst du denn nicht, dass ich dir schon längst verziehen hab? Ich wollte dir damit lediglich aufzeigen was deine Handlungen für Auswirkungen haben. Aber sei dir sicher, dass ich mich nicht noch einmal so behandeln lasse!“ Sie sah mich ernst an. Es dauerte ein paar Sekunden bis ich begriffen hatte, was hier gerade vor sich gegangen war. Sie boxte mich in die Seite. „Jetzt hab dich nicht so!“, schmollte sie und sah mich mit ihren wunderbar türkisgrünen Augen an. Ich zwang mich zu einem Lächeln. Da war sie wieder, die starke Frau, die mein Herz gestohlen hatte. Unsicher legte ich meinen Arm um ihre Taille und rechnete damit, dass sie sich wehren würde, doch sie ließ es zu. Also zog ich sie näher zu mir und sie lehnte ihren Kopf an meine Schulter. Ich war froh und dankbar zugleich, dass sie mir verziehen hatte und nahm mir fest vor mich zu beherrschen. Nachdem ich Zack unauffällig das Zeichen gab, dass alles ok sei und er gehen könne, setzte ich die Schaukel erneut in Bewegung. Ich lehnte mich zurück, zog sie mit zu mir herunter und nahm sie fest in den Arm. Sie legte ihren Kopf auf meine Brust und schloss zufrieden die Augen.
Sarah
Ja! Ich hatte es geschafft. Ich konnte ihm begreiflich machen, welche Konsequenzen seine Handlungen hatten und das er nicht mit mir umspringen konnte, wie es ihm gerade beliebt! Während wir eng umschlungen in der Schaukel lagen, hoffte ich dass er seine Lektion gelernt hatte. „Willst du es wirklich bei einer Freundschaft belassen?“ Kaum hatte er diese Frage ausgesprochen, merkte ich wie sein Herz schneller schlug. Ich überlegte kurz. War eigentlich mehr für uns möglich? Schließlich wohnten wir 50 km auseinander und es gab keine Aussicht darauf, dass mein Vater wieder zurück versetzt wurde. Dennoch mein Herz sagte mir, wir sollten es versuchen. „Trotz der Trennung und deinem unmöglichen verhalten….“ Absichtlich legte ich eine dramatische Pause ein. „Kann ich nicht anders als dich weiterhin zu lieben!“ Ich schaute ihn erwartungsvoll an, doch anstatt mir eine Antwort zu geben beugte er sich zu mir hinunter und küsste mich. Im ersten Moment war ich überrascht, doch im nächsten Moment fand ich Gefallen daran. Es war irgendwie ein schönes Gefühl seine weichen Lippen auf meinen zu spüren und gleichzeitig seinen süßen Duft einzuatmen. Er ließ wieder von mir ab und sah mir tief in die Augen. Da ich sowohl Liebe, aber auch Unsicherheit in seinen smaragdgrünen Augen erkennen konnte, beschloss ich kurzerhand mutig seinen Kuss zu erwidern. Ich hoffte, dass ich mich nicht zu blöd anstellen würde, denn dies war mein erster Kuss überhaupt, sicherlich hatte er darin mehr Erfahrung. Leider ließ er sogleich wieder von mir ab. „Habe ich was falsch gemacht?“, fragte ich unsicher. Liebevoll lächelte er mich an. „Im Gegenteil, du hast mir das schönste Geschenk überhaupt gegeben. Aber ich möchte dich nicht überfordern und es langsam angehen.“ Zufrieden legte ich meinen Kopf wieder auf seine Brust und lauschte seinem Herzschlag, während er meinen Rücken streichelte. Da sich der Spielplatz langsam mit Kindern und deren Eltern füllte, beschlossen wir dann doch von hier zu verschwinden.
Max
Mir fiel ein Stein vom Herzen, als ich erfuhr, dass unsere Liebe nicht verloren war. Am liebsten hätte ich sie mit Küssen überhäuft und nie wieder aufgehört, doch als ich bemerkte das sie erschrocken auf meinen Kuss reagierte, musste ich mich zusammennehmen. Erst jetzt fiel mir wieder ein, dass dies ja alles weiterhin neu für sie war. Als sie aber unsicher meinen Kuss erwiderte konnte ich nicht anders als zu schmunzeln. Schockiert fragte sie mich ob sie was falsch gemacht hätte. Am liebsten hätte ich lauthals losgelacht, nicht weil ich es lustig fand, sondern weil es mich einfach glücklich machte. Als wir uns von dem Spielplatz entfernten überlegte ich ob ich sie nicht doch meiner Mutter vorstellen sollte. Kurz ging ich die möglichen Folgen durch. Entweder es ging mit uns gut und wir hatten tatsächlich eine Chance, oder es ging schief und zusätzlich zu meinem Schmerz, hätte ich meine Mutter erneut enttäuscht. Dass meine Mutter sie lieben würde, das stand außer Frage. Ich beschloss einfach dieses Risiko einzugehen. „Hast du Lust meine Mutter kennenzulernen?“, fragte ich Sarah als wir ziellos durch die Gegend liefen. „Aber natürlich!“, rief sie freudig aus, ohne auch nur zu überlegen. Überglücklich schlug ich den Weg nach Hause ein, hoffend dass meine Mutter schon Zuhause sei, doch meine Sorge war unbegründet. „Maxilein, bist du das?“, rief sie mir zu, kaum dass ich die Wohnungstür aufgeschlossen hatte. „Ja, Mama.“, grummelte ich. Es war mir peinlich, dass Sarah mitbekam wie mich meine Mutter wie einen kleinen Jungen rief. Doch Sarah schien das Lustig zu finden, mein ernster Blick, lies ihr glucksen verstummen. Doch die Schmach ging ohne Gnade weiter. „Maxilein, wann bringst du denn deine Freundin mit? Ich brenne schon darauf sie kennenzulernen, damit ich ihr all deine Dummheiten erzählen kann und ihr deine Kinderfotos zeigen kann, die dir doch immer so peinlich sind.“ Ungewollt lief ich rot an und Sarah brach in schallendes Gelächter aus. Es dauerte nicht lange, da sah ich meine Mutter aus der Küche stürzen. Ertappt blieb sie im Türrahmen stehen. „Mama, du bist peinlich!“, schimpfte ich und zerrte Sarah an ihrem Handgelenk erst mal ohne weitere Kommentare in mein Zimmer. Sarah hatte sich immer noch nicht beruhigt. „Maxilein!“, rief sie vergnügt zwischen ihrem Kichern aus. Verärgert schleuderte ich sie unsanft auf mein Bett und lehnte mich an die verschlossene Zimmertür. Sie rieb sich ihr Handgelenk und sah mich verängstigt an. Während ich versuchte nicht auszurasten, klangen mir Zacks warnende Worte in den Ohren. Kurz schloss ich die Augen und atmete tief ein und aus. „Deine Mutter ist nicht die einzige, die es sich zur Aufgabe gemacht hat peinlich zu sein.“, hörte ich Sarah sich entschuldigen. Als ich die Augen öffnete, sah ich in Sarahs Augen Unsicherheit und wieder diese Panik, genauso wie vor ein paar Tagen als ich sie in meiner Wut angegriffen hatte. Um die Situation zu retten fing ich ebenfalls das Lachen an, auch wenn mir gerade nicht danach war. „Idiot!“, schimpfte sie. „Hast mir einen Heidenschreck eingejagt, mach das nie wieder!“ Entschuldigend hob ich die Hände, ging zum Bett und lies mich neben sie hineinfallen. Ich sah, wie sie sich verstohlen umblickte, so als müsste sie es heimlich machen. „Deine Mutter scheint sehr nett zu sein.“, unterbrach sie die Stille ohne mich anzusehen. „Ja das ist sie. Obwohl sie es nicht leicht mit mir hat, tut sie ihr bestes.“ „Und dein Vater?“, bohrte sie weiter woraufhin ich unmerklich zusammenzuckte. „Den habe ich nie kennengelernt.“, erwiderte ich und versuchte den Schmerz in meiner Stimme zu verbergen. Kurz sah sie mich an als wolle sie tief in mein Innerstes schauen, doch dann senkte sie bedrückt ihren Blick. „Es tut mir leid.“, war alles was sie hervorbrachte. Ich setze mich auf und nahm sie in den Arm. „Braucht es dir nicht. Dank meiner Mutter hab ich ihn nie vermisst. Ist halt mal so.“, erwiderte ich und zuckte mit den Schultern. Um die bedrückte Stimmung wieder zu heben, stand ich auf und hielt ihr meine Hand entgegen. Fragend sah sie mich an. „Du wolltest doch meine Mutter kennenlernen.“, erwiderte ich grinsend und zog sie zu mir hoch. „Ich möchte aber im Nachhinein keine Beschwerden hören.“ Bevor sie darauf überhaupt antworten konnte, öffnete ich die Zimmertür und schob sie vor mir hinaus.
Sarah
Doris, Max Mutter, war sehr nett. Anscheinend kannte sie ihren Sohn sehr gut. Während wir in seinem Zimmer waren hatte sie uns einen Kaffee aufgesetzt und Kekse auf den Küchentisch, der in der Mitte der Küche stand, gestellt. Der Tisch war eckig und hatte auf jeder Seite einen Stuhl stehen. Dahinter war die Küchenzeile. „Ich hoffe du trinkst schon Kaffee, ansonsten mach ich dir auch gerne was anderes.“, begrüßte sie mich, als wir in die Küche traten. „Kaffee klingt gut, danke.“, erwiderte ich und setzte mich auf den, mir angebotenen Stuhl. Max setzte sich neben mich, während sich seine Mutter mir gegenüber setze. Sie goss uns Kaffee ein, schob mir die Milch und den Zucker hin und sah mich erwartungsvoll an. Unsicher schenkte ich ihr ein Lächeln. „Du bist also diejenige, die meinem Sohn das Herz gestohlen hat.“ Es klang mehr nach einer Feststellung, als nach einer Frage. Aus den Augenwinkeln konnte ich sehen, dass es Max nicht gerade wohl dabei war. „Das beruht auf Gegenseitigkeit.“, erwiderte ich wahrheitsgemäß, woraufhin sie zufrieden lächelte. „Erklär mir doch mal eines. Ihr kennt euch jetzt schon seit zwei Jahren. Wie kommt es das mein Sohn erst jetzt auf die Idee gekommen ist, dich mir vorzustellen?“ Wow. Sie nahm kein Blatt vor den Mund. „Nunja.“, begann ich unsicher. „Kurz nachdem wir uns kennengelernt hatten, wurden wir sozusagen auch wieder getrennt. Jobmäßig mussten meine Eltern umziehen. Da aber meine Oma hier in Hof wohnt, gibt es glücklicherweise die Möglichkeit sich hin und wieder zu treffen.“ Dass dies aber das erste Mal seitdem war, verschwieg ich ihr erstmal, doch ihr Gesichtsausdruck bestätigte mir, dass sie sich mit meiner Antwort auch zufrieden gab. Ungezwungen unterhielten wir uns über dieses oder jenes. Ich erzählte ein wenig von mir und sie erzählte von sich und Max. Die ganze Zeit über beobachtete Max uns mit einer Nichtssagenden Miene. Zu gern hätte ich gewusst, was er dachte. Erschrocken schaute ich auf die Küchenuhr, es war 16:45 Uhr. „Schon so spät? Ich hatte meiner Oma versprochen rechtzeitig zum Abendessen wieder zurück zu sein!“, rief ich aus und sprang förmlich vom Stuhl auf. Mit einer, gefühlt nie endenden Umarmung, verabschiedete sich Doris von mir. „Du darfst auch gerne öfter vorbei schauen.“, flüsterte sie mir zwinkernd zu. Schweigend begleitete mich Max zu meiner Oma. Erst jetzt bemerkte ich, dass er ja nicht weit von ihr wohnte, im Prinzip eigentlich nur am anderen Ende der Straße! „Deine Mutter ist sehr nett.“, versuchte ich die Stille zu überbrücken, doch Max zeigte keine Reaktion. Als wir dann kurz vor der Haustüre waren, blieb ich abrupt stehen. „Was ist los?“, fragte Max mich leicht verwirrt. „Meine Oma weiß gar nicht mit wem ich unterwegs bin. Es ist gleich hier ums Eck.“ Ich zögerte kurz. „Du weist das die Woche schon fast rum ist? Morgen werde ich wieder von meinen Eltern abgeholt.“ Ein kurzer Ruck durchfuhr seinen Körper, doch er hatte sich schnell wieder unter Kontrolle und nickte. „Sehen wir uns in den nächsten Ferien wieder?“, fragte er und zog mich zu sich heran. Aus Angst meine Oma könnte es doch sehen, versuchte ich mich aus seinem Griff zu befreien, doch ich hatte keine Chance. „Ich versuche es.“, versprach ich ihm und sah mich unsicher um. Meine Wehr ignorierend, hob er mein Kinn an und küsste mich. Ein warmer Schauer durchfuhr mich. Warum musste er auch so weit weg wohnen? Als er sich von mir löste, konnte ich dieselbe Trauer in seinen Augen erkennen, die ich gerade empfand. Ohne ein weiteres Wort drehte er sich um und ging zurück nach Hause.
Max
Nachdem Sarah wieder weg war, fiel mir auf wie sehr ich sie vermisst hatte. Zwar waren wir jetzt über SMS noch in Kontakt und hatten unsere E-Mail Adressen ausgetauscht, aber ihre Nähe fehlte mir trotzdem. Es waren jetzt schon zwei Wochen vergangen seit dem sie mich besucht hatte und irgendwie hatte ich ein komisches Gefühl. Immer wieder fielen mir ihre Worte ein, dass sie einen Wettstreit mit einem Mitschüler hatte. Manchmal hatte sie ihn in ihrer Mail nur erwähnt, wenn mal wieder eine Note in Englisch vergeben wurde. Manchmal berichtete sie doch, dass sie das Gefühl hatte er würde mit ihr flirten, versicherte mir aber dass sie nur mich liebte. Warum sie mir das ganze erzählte? Sie wollte eine ehrliche Beziehung führen und keine Geheimnisse vor mir haben. Natürlich vertraute ich ihr, doch irgendwie hatte ich ein seltsames Gefühl bei diesem Typen, also kam ich schweren Herzens zu einem Entschluss. Damit sie kein schlechtes Gewissen bekommen würde und mich auch wieder vergessen könne, würde ich mit Schluss machen. Mit zitternden Händen zückte ich mein Handy und begann die SMS zu verfassen. „Hallo Sarah. Bevor du weiter liest, solltest du dich irgendwo hinsetzen. Ich war nicht ganz ehrlich zu dir und es tut mir leid. Du musst wissen, dass ich seit geraumer Zeit eine Freundin habe, mit der ich glücklich bin. Es wäre also nicht fair von mir dich weiter hin zu halten. Falls du es kannst, verzeih mir bitte. Ich wünsche dir alles Gute.“ Kurz überlegte ich ob ein „in Liebe Max“ angebracht war, entschied mich aber lediglich für ein „Gruß Max“ Ich atmete ein paar Mal und verschickte die SMS. Jetzt war es endgültig. Jetzt hatte ich sie für immer verloren.
Sarah
Ich war gerade bei einer Schulfreundin um mit ihr für eine Schulaufgabe zu lernen als mein Handy in meiner Tasche vibrierte. „Eine kurze Pause.“, flehte ich woraufhin mich Selina dankbar anschaute. „Ich hol uns mal eine kleine Stärkung.“, erwiderte sie und zwinkerte mir zu. Natürlich wusste sie warum ich um diese Pause gebeten hatte und gönnte mir so ein wenig Privatsphäre. Eilig packte ich mein Handy aus und öffnete die SMS von Max. Ungläubig lies ich das Handy fallen. Heiße Tränen brannten in meinen Augen, die ich tapfer versuchte hinunter zu schlucken. Ich konnte es nicht fassen. Wieder hatte Max mich belogen und wieder ist mein dummes Herz darauf reingefallen. Eilig packte ich meine Sachen zusammen, hob mein Handy auf und rannte aus der Wohnung. „Ich meld mich später bei dir, sorry.“, rief ich Selina im Vorbeigehen zu. Ich rannte die Treppen hinunter, wobei ich ein paar Male fast gestolpert wäre. Draußen angekommen überlegte ich erst Mal wohin ich denn gehen konnte um meine Ruhe zu haben, denn in diesen Zustand nach Hause zu gehen war keine Option für mich. Wie schon so oft, vermisste ich den Hügel in Leimitz, der mir damals immer inneren Frieden geschenkt hatte. Glücklicherweise fiel mir der verlassene Feld-und Waldweg ein, den wir in Sport für unseren Ausdauerlauf nutzten. Gedankenverloren machte ich mich also auf den Weg dorthin. Immer wieder stellten sich mir die gleichen Fragen. Wie konnte er mir ein so wichtiges Detail verschweigen? Und warum sagte er es mir jetzt? War etwas geschehen? War ich am Ende sogar selber schuld?
Max
„Du hast was?“, fragte mich Zack ungläubig. Glücklicherweise war es mir gelungen meinen Schmerz über die Trennung ein paar Wochen lang auch vor Zack zu verbergen. Zwar hatte er bemerkt, dass ich wieder aggressiver geworden bin, hatte es aber geduldet ohne ein Wort zu sagen. Erst als ich heute im Pausenhof Sarahs Cousine ohne einen ersichtlichen Grund angegriffen hatte, beschloss er mir Einhalt zu gebieten. „Mir ist klar was das für Konsequenzen hat.“, erwiderte ich kleinlaut. Zack packte mich am Kragen und schüttelte mich. „Nicht genug, dass du ihr das Herz gebrochen hast. Hast du denn nicht einen Moment mal dran gedacht, dass sie dadurch evtl. nie wieder jemanden völlig vertrauen und jedem Mann misstrauisch gegenüber sein könnte?“ Shit. Daran hatte ich nicht gedacht. Ich hatte mal wieder vergessen, dass dies ihre erste Beziehung war. Warum musste sie sich auch ausgerechnet in so einen Arsch wie mich verlieben? „Jetzt kann ich es sowieso nicht mehr ändern!“, brüllte ich Zack entgegen und stieß ihn von mir. Unsanft viel er auf seine 4 Buchstaben und blickte mich mit einer nichtssagenden Miene an. Ich wusste, dass er gerade versuchte zu verstehen, was in mir vorging. Total überfordert lief ich in meinem Zimmer auf und ab. Ich war wütend auf mich, weil ich es wieder einmal geschafft hatte Sarah zu schaden. Auch war ich traurig und verzweifelt, weil ich meine Tat nicht rückgängig machen konnte. Und dennoch hatte ich es nicht anders verdient. Entschuldigend reichte ich Zack meine Hand und zog ihn hoch, als es an der Haustür klingelte. „Hat deine Mama wieder den Schlüssel vergessen?“, fragte mich Zack mit einem unterdrückten Lachen in seiner Stimme. „Nein, so früh kommt sie nicht von der Arbeit.“, erwiderte ich skeptisch. So lautlos wie möglich huschte ich an der Haustüre vorbei, in die Küche, um einen Blick aus dem Fenster zur Haustüre zu erhaschen und glaubte meinen Augen nicht zu trauen. „Wer ist es denn?“, fragte mich Zack, der wahrscheinlich sah, wie mir gerade sämtliche Farbe aus dem Gesicht gewichen war. Da ich nicht antworten konnte, schob er mich beiseite um selbst nachzuschauen. „Was macht sie denn hier?“ Genau das fragte ich mich auch. Was hatte Sarah dazu bewogen mich hier zu besuchen? Wollte sie Klarheit? Oder wollte sie ihrer Wut freien Lauf lassen? Schließlich hatte sie jedes Recht dazu. Damals hatte sie es einfach hingenommen. Sie hatte nicht versucht mich anzurufen, auch hatte sie keine SMS oder Mail geschrieben. Sie hatte einfach aufgegeben. Eigentlich hätte ich mir ja denken können, dass sie es nicht einfach so hinnahm, dafür kannte ich sie dann doch zu gut. Sie war eine starke Frau, eine Kämpferin. „Was hast du jetzt vor?“, riss mich Zack aus meinen Gedanken. Erneut klingelte es. „Sie scheint nicht aufzugeben.“ Er grinste mich an. „Was schon. Mir bleiben nur drei Möglichkeiten. Entweder ich ignoriere sie und belasse alles beim alten, ich versuche alles wieder gut zu machen, oder ich werde sie dazu bringen mich zu hassen und dem Ganzen somit ein endgültiges Ende bereiten.“ Doch bevor Zack noch irgendwas sagen konnte hatte ich meinen Entschluss schon gefasst. Ich konnte dieses hin und her Sarah einfach nicht mehr antun, also musste ich bei meiner Entscheidung bleiben. So sehr es mir auch das Herz zerriss, ich musste weiterhin den gefühlskalten Arsch spielen. Sie hatte einfach was Besseres verdient. Ich riss das Fenster auf und beuge mich hinaus. „Was ist?“, rief ich barsch hinunter. „Wir müssen reden!“, rief sie ebenfalls wütend zurück. Selbst aus dieser Entfernung konnte ich das wütende Funkeln in ihren, jetzt sehr dunkelgrünen, Augen erkennen. Ohne ein weiteres Wort, schloss ich das Fenster und machte mich auf den Weg nach unten. Sogar im Treppenhaus konnte ich hören, dass Sarah angefangen hatte bei mir Sturm zu klingeln. Ich riss die Tür auf, packte Sarah am Handgelenk und schleppte sie die Treppen hinauf, damit sie draußen keinen Aufstand machte. Natürlich wusste ich, dass ich sie einfach hinein lassen konnte, doch ihr Trotz und ihre Wehr, schürten meine Wut an. Und genau das brauchte ich jetzt um stark zu bleiben.
Sarah
Ich war nicht nur verletzt, sondern auch stinksauer. Jetzt stand ich schon vor seiner Tür und er wollte mich einfach ignorieren? Das ließ ich mir nicht gefallen. Wenn er schon nichts mehr mit mir zu tun haben wollte, musste er es mir schon ins Gesicht sagen! Kaum dass ich begonnen hatte bei ihm Sturm zu klingeln, flog die Tür auf und er packte mein Handgelenk. „Lass mich los!“, zischte ich, während er mich die Treppen hinauf schleifte. Eigentlich hätte ich ja Angst vor ihm haben müssen, allein schon weil er mich gegen meinen Willen quasi entführte, doch meine Wut war größer. In seiner Wohnung angekommen, ließ er mich wieder los. „Ich frage dich jetzt noch einmal. Was willst du hier?“, fragte er mich erstaunlich ruhig. „Was sollte der Scheiß mit der SMS?“, wollte ich wissen und beobachtete ihn genau. Ich konnte erkennen wie seine Halsschlagader gefährlich stark pochte und er seine Hände zu Fäusten geballt hatte. „Du hast sie gelesen. Ich meine es genauso wie ich es geschrieben habe, nur hab ich mich nett ausgedrückt.“ „Und du Feigling hast nicht die Eier in der Hose es mir persönlich zu sagen?“, provozierte ich ihn weiter. „Max, nicht!“, rief plötzlich eine Stimme hinter ihm, noch bevor ich überhaupt reagieren konnte. Dieser hatte seine rechte Hand gehoben und wollte zum Schlag ausholen. Dankbar sah ich seinem Freund in die eisblauen Augen. Auch er war es, der damals Max zurückgehalten hatte. Max machte einen Schritt zurück um genügend Abstand zwischen uns zu bringen. „Also für dich nochmal zum Mitschreiben. Ich habe eine Freundin. Wir sind gemeinsam glücklich. Du kannst dich also ruhigen Gewissens mit deinem neuer Lover vergnügen!“, warf er mir entgegen. Das hatte gesessen! Daher wehte also der Wind, er war eifersüchtig. Doch diesen Vorwurf ließ ich nicht einfach so auf mir sitzen, also verpasste ich ihm kurzerhand einfach eine Ohrfeige. Komischerweise ließ er es über sich ergehen und hielt mich nicht auf. Ich wusste von früher noch wenn er sich mit anderen gestritten oder geprügelt hatte, dass er sehr schnelle Reflexe hatte und nie einen Schlag eingesteckt hatte, es sei denn es war aus dem Überraschungsmoment. „Du gehst jetzt besser, bevor ich mich noch vergesse!“, brummte er und öffnete die Tür. Ich wollte noch was sagen, aber er schob mich einfach aus der Tür und knallte diese vor meiner Nase zu. Jetzt wusste ich wie es zwischen uns aussah. Ich erkannte, dass ich es meiner eigenen Dummheit zu verdanken hatte, dass ich ihn verloren hatte. Hätte ich ihm nur nicht von Matthias erzählt.
Sarah
Die Jahre vergingen. Mittlerweile war ich kurz davor meinen Realabschluss zu machen. Allerdings statt zu lernen hatte ich meine Gedanken wie so oft wieder bei Max und der Frage wie es ihm ging. Mir war es egal, dass er mich verletzt hatte und mich von sich stieß, denn selbst nach weiteren 2 Jahren hatte mein Herz immer noch nicht begriffen, dass wir nicht füreinander geschaffen waren. Dennoch fragte ich Jasmin, meine Cousine, regelmäßig wie es ihm wohl gehe, doch mittlerweile konnte auch sie es mir nicht mehr sagen, da er vor einem Jahr seinen Schulabschluss gemacht hatte. Auch besuchte ich meine Oma weiterhin in den Ferien, immer von einer Nervosität begleitet, da ich wusste ich könnte Max jederzeit über den Weg laufen. Matthias schnippte mit seinem Finger gegen mein Ohrläppchen. „Aua, was soll das?“, fragte ich ihn erschrocken. „Du warst schon wieder nicht bei der Sache. Wenn das deine Lernstrategie ist, dann hast du ja sehr gute Chancen.“, erwiderte er sarkastisch. Klar, er hatte Recht. Bis zu den Prüfungen waren es nur noch knapp zwei Wochen. „Wer oder was raubt dir jetzt wieder die Konzentration?“, fragte er mich und nahm mir das Buch aus der Hand. „Ist es der bevorstehende Umzug, denn die Prüfungen sind es eindeutig nicht.“ Er lächelte mich aufmunternd an. Zwar wurde aus unserem Wettstreit eine gute Freundschaft, doch hatte ich ihm nie von Max erzählt. Nicht das es einen Unterschied gemacht hätte, denn wir waren ja kein Pärchen, aber ich hätte ihn dann ja entweder über den Grund der Trennung anlügen müssen oder es ihm verschweigen. Denn hätte ich ihm gesagt, dass er der Grund war, hätte er auf ewig Schuldgefühle gehabt. „Ist nicht so wichtig.“, entgegnete ich ihm woraufhin er nur mit den Schultern zuckte. „Ich glaub es reicht sowieso für heute.“, erwiderte er und klappte demonstrativ sein Buch zu. Dankbar nickte ich und packte meine Sachen zusammen. „Morgen wieder nach der Schule?“, fragte ich ihn, bevor ich ging. „Logo.“, erwiderte er. Zuhause angekommen machte ich mich wieder über meine halbvollen Kartons her. Der Umzug ließ auch nicht mehr lange auf sich warten. Sobald meine Abschlussfeier war und das Schuljahr somit für mich geendet hatte, machten wir uns auf den Weg in meine Neue Heimat, Bayreuth. Als ich erfahren hatte, dass mein Vater wieder versetzt werden sollte, hoffte ich inständig dass es Hof sei, doch dieses Glück war mir nicht gegönnt. Aber es gab trotzdem einen kleinen Lichtblick. Es gab einen besseren Anschluss mit den öffentlichen Verkehrsmitteln und ich hatte wieder gleichzeitig mit meiner Cousine Ferien. Somit hatte ich eine gute Ausrede sie öfter in Hof zu besuchen. Gut gelaunt schaltete ich die Musik ein und packte meine Kartons.
Max
„Du glaubst nicht wem ich gestern über den Weg gelaufen bin!“, begrüßte mich Zack in meiner Mittagspause. Ich hatte meine Ausbildung zusammen mit ihm in einer Kfz-Werkstatt begonnen, was mir sehr viel Freude bereitete und mich auch in der Freizeit gut ablenkte, da ich sehr oft an meinem Bike rumschraubte und noch einen Nebenjob in einer Motorrad Werkstadt hatte. „Wer denn?“, fragte ich desinteressiert. Er setzte sich mir gegenüber und grinste mich verschmitzt an. „Ich war gestern im Mediamarkt um mir ein paar CDs zu kaufen und als ich da so durch die Reihen gehe hörte ich eine bekannte Stimme. Ich sah mich um und rate mal wen ich entdeckt habe!“ Er sah mich auffordernd an. „Doch nicht etwa Jeanine, oder?“ Er lachte auf. „Nein, die hätte sich eher aus dem Staub gemacht als mit mir zu reden. Ich glaub deine Nachricht ist angekommen.“ Nun musste auch ich schmunzeln. Tja Jeanine. Die hatte bisher von allen den Vogel abgeschossen. Es reichte nicht, dass sie sehr anhänglich war, nein sie war auch sehr eifersüchtig und beobachtete mich wie ein Adler. Egal was ich machte sie musste immer wissen mit wem ich schrieb, redete oder was ich sonst noch so machte. Als ich sie dann dabei erwischt hatte wie sie sich an meinem Handy zu schaffen gemacht hatte während ich kurz auf der Toilette war, war jegliche Geduld mit ihr vorbei. Ich riss ihr das Handy aus der Hand, packte sie an den Oberarmen und zog sie zu mir hoch. „Genug ist genug.“, zischte ich wütend. „Wenn du Zack oder mir noch einmal über den Weg läufst, lernst du mich kennen!“ Mit diesen Worten nahm ich ihre Tasche, schob sie aus der Wohnung und schleuderte ihr die Tasche hinterher. Ich musste mich schon sehr anstrengen, nicht in schallendem Gelächter auszubrechen, denn was anderes hatte sie nicht verdient. Da sie noch mich nie wütend gesehen hatte, hatte dies ausgereicht. Sie stand zitternd im Treppenhaus, traute sich aber nicht mehr etwas zu sagen. Damit war ich sie endlich los. „Also spuck schon aus, wer war es?“ „Na gut, du würdest eh nicht drauf kommen!“ Ich nickte nur und nahm einen Schluck Wasser. „Ich habe Sarah dort getroffen und sie war sichtlich erfreut mich zu sehen.“ Überrascht spuckte ich ihm das Wasser ins Gesicht, versehentlich natürlich. „Sag mir, dass du mich auf den Arm nimmst!“, flehte ich während er sich das Wasser aus dem Gesicht strich. Er schüttelte den Kopf. „Das erste was sie tat, war nach dir zu fragen. Sie wollte wissen ob es dir und deiner Mutter gut gehe. Ich konnte ihr ansehen, dass ihr noch eine andere Frage auf dem Herzen lag, sie sich aber nicht traute. Nachdem ich ihr versichert hatte, dass sie mich alles fragen könnte, nickte sie unsicher.“ Ich ahnte was kommen würde, doch unterbrach ich Zack nicht. „Erst fragte sie vorsichtig ob du in einer Beziehung seist. Als ich dies verneinte sah ich wie sie sich sichtlich entspannte. Danach fragte sie mich ob ich wüsste wie du ihr gegenüber empfindest.“ Er machte eine kurze Pause und sah mich eindringlich an. Erst jetzt bemerkte ich wie ich die Plastikflasche, die ich immer noch in der Hand hielt zerdrückt hatte. Peinlich berührt, verschloss ich diese und legte sie auf den Tisch. „Bitte sag mir, dass du die Klappe gehalten hast!“, flehte ich. Zack schüttelte verständnislos den Kopf. „Max. Sie liebt dich immer noch, sie wird dich nie vergessen können, sieh es doch endlich ein! Natürlich habe ich ihr gesagt wie du empfindest, dass du es aber nicht wahrhaben willst. Du hättest sie sehen sollen, sie wäre fast vor Freude und Erleichterung zusammengebrochen! Sie zitterte am ganzen Körper und musste sich am Regal festhalten.“ Ich wusste nicht was ich davon halten soll. Zum einen war ich sehr wütend auf Zack, aber anderseits war ich sehr erleichtert und froh, dass ich Sarah nicht verloren hatte. Aber ich machte mir auch Sorgen. Zwar hatte ich gelernt meine Wut einigermaßen unter Kontrolle zu bringen, aber ich hatte trotzdem Angst sie weiterhin zu verletzen. Zack sah mir wahrscheinlich meine Gefühlswandlungen an und klopfte mir aufmunternd auf die Schulter. „Ich bin mir sicher, dass alles gut werden wird. Eure Liebe ist stark genug.“ Er lächelte mich aufmunternd an. „Übrigens, sie ist wieder länger in der Stadt und da ich wusste das du morgen frei hast und wir ja eh was geplant hatten, habe ich mich mit ihr verabredet.“
Sarah
Damit ich mich ein wenig von dem Stress entspannen konnte, hatten mich meine Eltern während dem eigentlichen Umzug bei meiner Cousine einquartiert. Komischerweise hatte ich diesmal nicht so ein Gefühlschaos, wie sonst wenn ich nach Hof ging. Eigentlich hatte ich sogar ein gutes Gefühl. Als ich dann gestern Zack getroffen hatte, wusste ich, dass mich mein Gefühl mal wieder nicht getäuscht hatte. Gerade war ich durch den kleinen Wald auf dem Weg zu unserem vereinbarten Treffpunkt, als ich es hinter mir Rascheln hörte. Automatisch lief ich einen Schritt schneller und mir kam wieder das Spielchen in den Sinn, das Max immer mit mir gespielt hatte. „Was würdest du tun wenn du alleine durch einen Wald läufst, wie würdest du dich vorbereiten?“, das hatte er mich einmal gefragt. Nervös schaute ich mich um und fragte mich ob er mir wohl einen bösen Streich spielen wollte. Plötzlich wurde ich von hinten gepackt und mir wurde der Mund zu gehalten. Mit allen Mitteln versuchte ich mich zu wehren. Ich zappelte wie eine Verrückte, ich versuchte natürlich auch in die mir dargebotene Hand zu beißen. „Stell dich nicht so an!“, zischte eine unbekannte männliche Stimme hinter mir. Ich spürte wie derjenige etwas aus seiner Hosentasche zog und im nächsten Moment hatte ich ein komisch riechendes Tuch über meinen Mund und Nase. Ich spürte noch wie jegliche Kraft aus meinem Körper wich, bis es dunkel um mich wurde. Als ich wieder zu mir kam fand ich mich in einem kleinen dunklen Raum wieder. Ich musste ein paar Mal zwinkern um mich an das grelle Licht, das aus dem kleinen Fenster direkt auf mich einstrahlte, zu gewöhnen. Der Raum hatte ungefähr die Größe eines Kellerabteils in einem Mehrfamilienhaus und hatte ein kleines Fenster. Es war spärlich eingerichtet, lediglich einen Schreibtisch und eine kleine Couch waren vor mir, was hinter mir war, konnte ich nicht sehen. Schockiert musste ich feststellen, dass ich auf einen Stuhl festgebunden war. „Soso. Cinderella ist wieder wach.“, hörte ich eine weibliche Stimme hinter mir spotten. „Falsches Märchen, es war Dornröschen.“, entgegnete ich sarkastisch um mir meine Angst nicht anmerken zu lassen. „Und wenn schon, dieses Märchen trifft eher auf uns zu.“ Ich verstand grad gar nichts. Weder kannte ich diese Frau, noch hatte ich eine Ahnung was sie von mir wollte und warum ich hier war. Die Frau stand auf, baute sich vor mir auf und betrachtete mich eingehend. Eigentlich sah sie ganz und gar nicht bedrohlich aus, sie war eher eine von diesen aufgetakelten Tussis, deren Welt unter ging sobald sie sich einen Nagel abbrachen. „Ich weiß ja nicht was er an dir findet, aber mir solls auch egal sein.“, bemerkte sie abwertend. „Was willst du von mir?“, zischte ich. „Von dir? Nichts. Doch mein Schatz scheint dich dummerweise sehr zu mögen. Noch nie hat mich ein Mann abgewiesen, geschweige denn so gedemütigt. Vor die Tür gesetzt hat er mich!“ Sie schüttelte belustigt den Kopf und packte mich am Kinn, sodass ich sie ansehen musste. Ihre braunen Augen funkelten nur so vor Boshaftigkeit. „Aber das wird er mir noch büßen. Er wird schon noch sehen was er davon hat, wenn er nicht bei mir bleibt.“ Sie ließ von mir ab und zückte ihr Handy um ein Foto von mir zu machen. „So Schätzchen, jetzt warten wir ein paar Minuten bis er das Bild erhalten hat und sich meldet.“
Max
Zack und ich hatten jetzt schon eine Stunde auf Sarah gewartet. Es sah ihr so gar nicht ähnlich zu spät zu kommen, schon gar nicht ohne Bescheid zu sagen. „Meinst du sie wird noch kommen?“, fragte mich Zack vorsichtig, woraufhin ich nur mit den Schultern zuckte. „Lass uns noch 5 min. warten, bitte.“, flehte ich. Plötzlich klingelte mein Handy. So schnell ich konnte holte ich es aus meiner Hosentasche und hoffte, dass sich Sarah meldete. Doch es war nur eine Nachricht von Jeanine. „Was will die denn?“, fragte ich mich laut und öffnete die Nachricht. Schockiert starrte ich auf das Bild. Es zeigte Sarah auf einem Stuhl gefesselt. Ihre Augen strahlten pure Angst aus. Neben meiner Sorge um Sarah stieg auch die Wut in mir. „Wie ist das denn passiert?“, fragte Zack, der meine Reaktion beobachtet hatte und mir jetzt über die Schulter gelugt hatte. „Das werde ich gleich herausfinden. Die kann was erleben!“, zischte ich und wählte kurzerhand die Nummer von Jeanine. „Hey Schatz, schön dass du dich meldest.“, säuselte sie mit einer zuckersüßen Stimme. „Sag mir das das ein schlechter Scherz ist Jeanine, sonst lernst du mich kennen.“ zischte ich wütend. „Aber Maxilein, mit sowas macht man doch keine Scherze. Nein, sie ist wirklich hier. Möchtest du sie sprechen?“ Ohne auf meine Antwort zu warten hielt sie Sarah den Hörer ans Ohr. „Max?“ Ihre Stimme zitterte. „Was soll das Ganze? Willst du dich Rächen?“ „Nein Sarah…“ Ich wurde von Jeanine höhnisches Lachen unterbrochen. „Du bist mir ja einer. Ärgerst du gerne Frauen?“, spottete sie. „Wenn du ihr auch nur ein Haar krümmst…“ „Dann was? Weist du Max, was ich dir verschwiegen hatte, war lediglich das ich, sagen wir, gute Beziehungen habe. Ich bekomme immer was ich will. Außerdem hast du mich gedemütigt und so etwas lasse ich nicht ungestraft auf mir sitzen.“ „Was willst du jetzt von mir?“, fragte ich so ruhig wie möglich. Ich hatte wirklich meine große Mühe mich zu kontrollieren, wäre Sarah nicht in Gefahr, hätte ich das ganze sicher anders gehandhabt. Jetzt blieb mir aber erst mal nur die Kapitulation. „Du kommst in die Richterstrasse, mein Haus ist nicht zu verfehlen. Neben der Villa ist noch ein kleines Häuschen, dort wirst du uns finden. Bis dahin werden deine kleine und ich viel Spaß haben.“ Mit diesen Worten legte sie auf. „Und jetzt?“, wollte Zack wissen. Ich musste erst mal das eben Geschehene sacken lassen. Viele Fragen kreisten in meinem Kopf. Wer war Jeanine? Was hatte sie mir alles verheimlicht? Und wie zum Kuckuck kommt sie auf Sarah?
Sarah
So langsam kam ich dahinter was zwischen Jeanine und Max passiert war. Sie waren eine Zeit lang ein Pärchen gewesen. Sie erzählte mir, dass sie Max verschwiegen hatte wer sie wirklich war um zu sehen ob er sie ihrer selbst willen lieben würde, doch er hatte sie einfach abserviert und sie verstand nicht warum. Sie erzählte mir dass ihr Vater ein sehr einflussreicher Mann in der Politik sei und ihre Mutter war eine berühmte Ärztin. Da sie ein Einzelkind war, lasen ihre Eltern ihr jeden Wunsch von den Augen ab. Ihre festen Freunde vor ihrer Beziehung mit Max waren ihr alle zu langweilig. Jeder tat nur was sie verlangte, sie sehnte sich aber nach jemanden der ihr auch mal wiedersprach und der sie leiten konnte. Deshalb ließ sie sämtliche jungen Männer in ihrer Umgebung ausfindig machen und genaueres über sie herauszufinden. Es dauerte nicht lange bis Max ins Visier genommen wurde und sie erfuhr, dass die gesamte Schule ihn fürchtete und er sich nichts gefallen ließ. Somit war es entschlossen, sie wollte Max um jeden Preis. „Und was willst du dann von mir?“, wollte ich wissen. Jetzt kannte ich zwar ihre Geschichte, doch sie hatte mir immer noch nicht verraten was sie dazu trieb mich zu entführen. „Du bist nur Mittel zum Zweck. Sobald Max wieder bei mir ist, werde ich dich los.“ Kaum hatte sie dies ausgesprochen, klopfte es an der Tür. Erfreut klatschte sie in die Hände. „Das wird er wohl sein. Lasst die Spiele beginnen!“ Sie eilte aus dem Zimmer um die Haustüre zu öffnen. „Maxilein.“, hörte ich sie noch bevor ich einen lauten Klatscher, gefolgt von einem Poltern hörte. Dann sah ich wie Max auf mich zukam und sich vor mich hinkniete. „Geht es dir gut?“, fragte er mich besorgt während er mich von den Fesseln befreite. „Du hast mich gefunden!“, fiel ich ihm überglücklich und ohne zu überlegen um den Hals. Mir war es egal, dass wir uns Jahre nicht gesehen hatten und dass er mich damals so sehr verletzt hatte. In diesem Moment war ich einfach nur froh, dass er mich gefunden hatte. Kurz erwiderte er meine Umarmung mit einem innigen Kuss, doch dann schob er mich von sich. „Du musst hier dringend verschwinden, bevor sie wieder zu sich kommt!“ Als ich ansetzte um etwas zu sagen unterbrach er mich mit einem strengen „Kein aber!“ Zack, der ihn begleitet hatte, packte mein Handgelenkt und zog mich aus dem Zimmer. Er schleifte mich bis zur nächsten Hauptstraße und stellte mich an einer Bushaltestelle ab. „Am besten du gehst auf dem schnellsten Weg nach Hause und wartest bis sich Max bei dir meldet.“ Er drückte mir Geld für einen Fahrschein in die Hand und ließ mich stehen. Da stand ich nun, allein und völlig verwirrt. Ich konnte es immer noch nicht fassen, dass ich entführt worden war. Wo war ich da nur hineingeraten?
Max
Den Anweisungen von Jeanine folgend machte ich mich auf den Weg zu ihr. Ich war wütend. Was gab ihr denn das Recht so zu handeln? Ich musste herausfinden wer sie war und was sie wollte, aber am wichtigsten war mir erst mal Sarahs Sicherheit. „Zack, du schaffst sie erstmal außer Reichweite und sorgst dafür, dass sie in Sicherheit ist. Ich werde mich um Jeanine kümmern. Die kann was erleben!“ „Du solltest dich ein wenig zurückhalten. Wir wissen nicht zu was sie noch alles in der Lage ist.“, warnte er mich. Ich nickte nur. Mir war bewusst, dass ich nicht unüberlegt handeln durfte, dennoch sollte sie ihre Lektion lernen. Als wir endlich angekommen waren, atmete ich nochmal tief durch und klopfte an der Tür. Ich konnte gerade noch hören wie sie Sarah erzählte, dass diese nur Mittel zum Zweck sei und sie sie kaum dass ich da sei loswerden würde. Da ich nicht wissen wollte was sie damit meinte, beschloss ich als aller erstes Jeanine außer Gefecht zu setzen. Sie öffnete die Tür und begrüßte mich so freudig, dass ich noch misstrauischer wurde. Kaum dass ich eingetreten war, holte ich mit einem breiten Grinsen aus, und gab Jeanine so eine kräftige Ohrfeige, dass sie mit einem poltern zu Boden ging. Danach eilte ich zu Sarah um sie zu befreien. „Du hast mich gefunden!“, rief sie freudig aus und fiel mir um den Hals. Für einen kurzen Moment vergaß ich alles um mich herum und küsste sie innig. Ich war einfach nur froh sie wieder bei mir zu haben. Zacks räuspern holte mich wieder in die Gegenwart zurück. Ich schob Sarah von mir und mahnte sie von hier zu verschwinden. Sofort nahm Zack ihr Handgelenk und führte sie hinaus. Jetzt war sie erstmal in Sicherheit und ich konnte mich in aller Ruhe um Jeanine kümmern. Ich kniete immer noch vor dem Stuhl als ich einen Schlag von hinten erhielt und ich bewusstlos zusammensackte.
Sarah
Nervös wartete ich darauf, dass ein Bus kommen würde. Ich hatte ein ungutes Gefühl, irgendwie war es doch zu einfach gewesen. Aus den ganzen Krimi Serien, die ich kannte, war es doch immer sehr kompliziert die Gefangenen aus der Entführung zu befreien. Um mich abzulenken zog ich mein Handy aus meiner Hosentasche und rief Jasmin an. Während es klingelte wunderte ich mich darüber, dass Jeanine mir nicht mal mein Handy abgenommen hatte. „Ja?“, meldete sich Jasmin vom anderen Ende der Leitung. „Hi, ich bins. Ich wollt dir nur Bescheid sagen, dass ich gleich nach Hause komme, du kannst ja schon mal einen Film aussuchen, schließlich müssen wir die Sturmfreie Bude gut nutzen.“ „Sei doch ein Schatz und bring noch Popcorn mit.“, bat mich Jasmin und wir verabschiedeten uns. Jetzt ging es mir schon besser, denn nun würde sich Jasmin keine Sorgen um mich machen müssen. Ich steckte mein Handy wieder in meine Hosentasche und schlang die Arme um mich, denn plötzlich wurde mir klar, dass es schon ziemlich kühl geworden war. „Kühl, nicht wahr?“, begrüßte mich ein junger Mann. Ich nickte nur und trat unauffällig ein paar Schritte zur Seite um einen gewissen Abstand zwischen uns zu bringen. Plötzlich spürte ich einen kurzen, stechenden Schmerz in meinem rechten Oberarm. Erschrocken sah ich gerade noch, dass eine Art Spritze in meinem Oberarm steckte, bevor erneut alles dunkel um mich herum wurde.
Max
Als ich wieder zu mir kam, dröhnte mein Kopf und ich musste feststellen, dass meine Hände an einer, von der Decke hängenden Kette, über meinem Kopf festgekettet waren. Vorsichtig hob ich meinen Kopf um mich umzusehen. Es war derselbe Raum, aus dem ich Sarah befreit hatte. Da es schon recht dunkel war konnte ich nicht mehr viel erkennen. Lediglich ein leises Schluchzten konnte ich hören. „Wer ist da?“, fragte ich leise, als im gleichen Moment die Tür aufflog und das Licht eingeschaltet wurde. Nach mehrmaligen zwinkern gewöhnten sich meine Augen langsam ans Licht, doch die Person am Boden konnte ich nicht erkennen. „Schön, dass ihr beide jetzt endlich wieder ansprechbar seid.“, begrüßte uns Jeanine und kniete sich vor der am Boden liegenden Person hin. „Dachtest du wirklich, dass du so einfach entkommen könntest?“, fragte Jeanine, packte den Schopf und zog diesen in den Nacken. Erst durch ihren Aufschrei erkannte ich, dass es Sarah war die am Boden lag. „Lass sie in Ruhe! Das ist eine Sache zwischen dir und mir!“, zischte ich wütend. Unsanft ließ sie Sarah los und widmete sich mir. Zärtlich strich sie mit ihrer Hand meine Wange entlang hinunter zum Kinn und zurück. „Es hätte so schön zwischen uns sein können.“, entgegnete sie. „Doch du musstest ja jemand anderen lieben!“ Verächtlich schaute sie hinunter zu Sarah. „Sicherlich fragst du dich wie ich auf deine kleine gekommen bin. Nun ich werde es dir verraten, doch zuerst werde ich hier ein wenig meinen Spaß haben.“ Sie machte sich auf den Weg hinaus, doch vorher kniete sie nochmal vor Sarah und zog erneut an ihrem Haar. „Du brauchst gar nicht so taff tun und mir nochmal mit so einem blöden Spruch wie vorhin kommen!“ „Ich hab keine Angst vor dir. Lass mich nur frei, ich zeig dir schon wo der Hammer hängt!“, zischte Sarah zurück und fing sich eine Ohrfeige. Ich wollte zu ihr eilen, um ihr zu helfen, doch die ketten hinderten mich daran. Jeanine lachte hämisch auf und verließ das Zimmer. „Es tut mir so leid.“, entschuldigte ich mich als wir alleine waren und sah sie eindringlich an. „Ach lass nur. Wäre doch langweilig wenn wir uns unter normalen Umständen wiedersehen würden.“, scherzte sie und lachte auf. Und wieder einmal wurde mir bewusst, warum ich mich damals in sie verliebt hatte. Da auch sie durch ein Seil, das an einem Heizungsrohr festgemacht war, festgebunden war, war es auch ihr nicht möglich sich frei im Raum zu bewegen. „Was machst du eigentlich hier in Hof? Ich dachte du wohnst noch in Plauen.“, begann ich unsere Unterhaltung. „Nunja, nicht mehr. Meine Eltern sind gerade dabei nach Bayreuth zu ziehen und habe mich bei meiner Cousine untergebracht, damit ich den ganzen Umzugsstress nicht mitbekomme.“ Plötzlich wurde sie kreidebleich. „Meine Cousine! Ich hatte ihr noch geschrieben, dass ich komme bevor ich betäubt wurde. Sie macht sich sicherlich schon Sorgen!“ So gut es ihr möglich war tastete sie ihre Hosentaschen ab, doch ihr Handy war nicht mehr da. „Mach dir keine Sorgen. Irgendwie werde ich dich schon befreien können!“, versuchte ich sie zu trösten. Dankbar sah sie mich an und erzählte weiter. „Wie es der Zufall dann wollte, hatte ich Zack getroffen. Ich war überglücklich zu erfahren, dass es dir gut geht. All die Jahre hat sich mein Herz nach dir gesehnt. Egal wie oft ich mir einredete, dass du nichts von mir willst und du mich verabscheust, mein Herz wollte es nie wahr haben.“ In ihrer Stimme schwang sowohl Hoffnung als auch Trauer. „Wirklich seltsam, dass wir uns hier gegenüber sind, obwohl wir uns so fern sind. Schließlich hast du ja eine Beziehung und ich platze da erneut einfach in dein Leben und stelle ungewollt alles auf den Kopf. Ich wollte lediglich klären, warum du mir bei unserer letzten Begegnung solche Hoffnungen gemacht hast und mich dann eiskalt vor die Tatsache gestellt hast, dass du eine Freundin hast und mich verachtest. Was hat dich damals dazu bewegt mich so sehr zu hassen? Habe ich dich verletzt oder beleidigt?“ Ich sah, wie sie versuchte die Tränen zurück zu halten, doch diese liefen unerbittlich ihre Wangen hinunter. Nie hätte ich ahnen können, dass sie mich weiterhin lieben würde, vor allem nach dem was ich ihr alles angetan hatte. Wie gern hätte ich ihre Tränen weggewischt und sie in meine Arme geschlossen! „Du liebst mich also immer noch?“, fragte ich ungläubig nach, woraufhin sie nickte. Doch bevor ich weiter antworten konnte trat Jeanine wieder ins Zimmer. „So genug geplaudert! Jetzt lasst uns ein wenig Spaß haben. Lasst uns ein Spiel spielen. Für jede Antwort die Max mir gibt, die entweder falsch ist, oder mir nicht gefällt, werde ich Sarah wehtun und anders rum genauso. Fangen wir also an.“
Sarah
Nachdem mir Jeanine offenbart hatte, dass sie meiner Cousine eine SMS geschrieben hatte und ihr erzählt hatte, dass ich bei Max bleiben würde, machte ich mir große Sorgen. Zwar war ich beruhigt, dass sich dann keiner Sorgen um mich machen würde, aber ich war beunruhigt, da es schien als wolle sie mich länger gefangen halten. Ihr spiel war ihr schnell langweilig geworden, da wir uns nicht besonders quälen ließen und deshalb wurde sie sehr wütend. Dass sie uns damit eigentlich wieder näher brachte, war ihr in diesem Moment wohl nicht klar. „Ich frage dich ein letztes Mal! Schwörst du, dass du deine Kleine für immer vergessen wirst und bei mir bleibst?“, fragte sie mit zittriger Stimme. Da Max ihr nicht antwortete drehte sie sich um und schlug mich so heftig, dass ich Sternchen sah und zu Boden ging. Max Aufschrei zerriss mir das Herz. Jeanine glaubte, dass ich das Bewusstsein verloren hatte und wandte sich wieder Max zu. „Jetzt sind wir endlich unter uns und können ohne Störungen Tacheles reden.“, bemerkte sie zufrieden. „Jeanine. Du kannst von Glück reden, dass die Ketten mich zurückhalten, sonst würde ich dich nicht verschonen! Und überhaupt, wie kommst du auf Sarah?“ Sie lachte hämisch auf. „Nun gut, ich erzähle es dir. Du erinnerst dich an die stürmische Nacht, in der du dir Sorgen gemacht hattest, dass ich nicht heil nach Hause komme und mich gebeten hast deshalb bei dir zu übernachten? Da ich von deinen unruhigen Bewegungen wach geworden war, beobachtete ich dich eine Weile beim Schlafen. Als ich dich dann umarmte, hast du im Schlaf ihren Namen geflüstert. Gut das kann ja mal passieren, aber du hast in der Nacht ihren Namen mehrere Male sogar gerufen, so als hättest du einen Alptraum gehabt! Das hat mich sehr verletzt. Und der Tag an dem du mich an deinem Handy erwischt hast und mich vor die Tür gesetzt hast, an diesem Tag hatte ich mir ihre Telefonnummer geschickt um sie Orten zu lassen. So wusste ich zu jeder Zeit wo sie war. Dass sie aber hier her kam, machte mir die Sache eindeutig leichter sie zu entführen.“ Da Max nicht antwortete, wusste ich, dass er entweder sehr wütend ist und versucht sich zu beherrschen, oder dass er einfach sprachlos und besorgt um meine Sicherheit war. Ich beschloss einfach weiterhin mich ruhig zu verhalten um ihr nicht noch mehr Angriffsfläche zu bieten. Doch das eben gehörte, so verstörend es auch sein mag, zu wissen dass man gestalked wurde, machte es mich sehr glücklich zu hören, dass er nie aufgehört hatte mich zu lieben! „Du bist eindeutig zu weit gegangen! Verstehst du nicht, dass ich dich genau aus diesen Gründen verlassen habe? Ich verabscheue dich und ich werde nie mit dir zusammen sein. Ich gehöre nicht dir! Ich gehöre zu Sarah und sie gehört zu mir!“, rief er aufgebracht, doch dann wurde seine Stimme ruhiger. „Leider ist es mir zu spät klar geworden. Meine Dummheit und mein Stolz haben Sarah vertrieben. Doch selbst wenn ich den Rest meines Lebens ohne sie verbringen muss, werde ich mein Leben nicht mit dir verbringen!“ Ich musste mich sehr anstrengen mich nicht zu verraten und weiterhin Bewusstlosigkeit vorzutäuschen. „Das werden wir noch sehen!“, zischte Jeanine und rannte aus dem Zimmer. Vorsichtig öffnete ich meine Augen und sah, wie Max seinen Kopf hängen ließ und eine Träne über seine rechte Wange lief. „Du hast mich nicht verloren.“, flüsterte ich. Erschrocken sah er auf und beobachtete mich, wie ich versuchte mich aufzusetzen. „Du hast mein Herz gestohlen, es wird für immer dir gehören. Nie werde ich jemand anderen lieben können!“ Lächelnd sah ich ihm tief in seine smaragdgrünen Augen und konnte in ihnen auch tiefe Liebe erkennen.
Max
Um uns die Zeit angenehmer zu vertreiben, schwelgten wir in gemeinsamen Erinnerungen. Obwohl mir alles weh tat und meine Hände schon ganz taub waren, freute ich mich sehr meine Zeit mit Sarah zu verbringen. Ihre Gegenwart und ihr Lächeln ließ mich alles andere vergessen. „Weist du noch als du mich mitten im Winter fragtest ob ich ein Eis wollte? Ich hatte mir nichts dabei gedacht, aber als du mich in einen Getränkeladen geschleppt hast, wunderte ich mich dann schon darüber ob du noch bei allen Sinnen bist. Als du mir dann ein Bier hinhieltest, war ich völlig durcheinander. Nie im Leben wäre ich auf die Idee gekommen du meintest das Bier von ICE.“, erzählte sie heiter. Als ich mich an ihr verdutztes Gesicht erinnerte, musste ich unweigerlich in ihr Lachen einstimmen. Doch als es draußen polterte wurde ich hellhörig. Ich bemerkte wie Sarah unweigerlich in die Ecke rutschte. Ich wusste sie hatte Angst, dennoch bewunderte ich ihren Mut Jeanine die Stirn zu bieten. Die Tür ging langsam und leise auf. „Max, ich bins Zack.“, flüsterte er und trat ein. Er schlich zu Sarah um sie zu befreien und gebot ihr von hier zu verschwinden. „Nein. Ohne Max geh ich nirgendwo hin!“, wiedersprach sie ihm. „Geh schon, ich komme nach.“, versuchte ich sie zu überreden, doch sie blieb stur. Verübeln konnte ich es ihr auch nicht, denn ich würde es auch nicht anders machen. Während Zack versuchte die Handschellen an der Kette zu knacken, stellte sich Sarah neben mich um mich zu stützen. „Warum hat es denn so lange gedauert?“, fragte ich ihn ungeduldig. „Du hast Nerven! Ich wusste ja nicht, dass sie Sarah auch wieder hat. Außerdem musste ich einen passenden Moment abwarten.“, verteidigte er sich. Als er es endlich geschafft hatte mich zu befreien, sackte ich erstmal zusammen und es dauerte eine kleine weile bis ich wieder ein wenig kraft in meinen Beinen hatte. Sarah stütze mich so gut sie konnte und half mir aus dem Haus zu fliehen, während Zack voraus ging um uns gegen mögliche Gegner zu verteidigen. Doch wir konnten glücklicherweise ohne Probleme fliehen. Es schien als hätten wir die ganze Nacht dort verbracht, denn die Sonne ging gerade auf. Da meine Mutter gerade bei ihrer Freundin war, beschlossen wir erst einmal zu mir zu gehen. Zack half mir die Treppen hoch und zeigte Sarah erstmal das Bad damit sie sich kurz frisch machen konnte.
Sarah
Nachdem Zack mir erstmal das Bad gezeigt hatte, machte ich mich frisch und versuchte die jüngsten Erlebnisse zu verarbeiten bzw. zu vergessen. Das Bad war nicht besonders groß. Wenn man eintrat fand man gleich links die Badewanne vor einem und somit auch rechts neben der Badewanne, war das Waschbecken, daneben die Waschmaschine. Das WC war separat. Zuerst wusch ich mein Gesicht, Hände und Arme mit kaltem Wasser, dann tastete ich nach dem Handtuch und trocknete mich ab. Erst jetzt wagte ich einen Blick in den Spiegel und erschrak. Ich hatte eine kleine Beule an der Stirn, eine Schramme über meinem rechten Augenlid und meine Lippe war aufgeplatzt. Wie sollte ich das nur erklären? Sicherlich würde Jasmin denken, dass mich Max geschlagen hätte. Aber da ich ja noch eine Weile hier war, konnte ich noch hoffen, dass es, bis ich meinen Eltern begegne, wieder verheilt sein würde. Auch meine Arme waren von Schürfwunden und blauen Flecken übersäht, doch diese konnte ich geschickt unter einem langärmlichen Top verstecken. Als ich mich umdrehte und die Badtür zu öffnete stand Max vor mir. „Ich wollte gerade nach dir sehen.“, erklärte er mir und lächelte mich schief an. Doch anscheinend muss mir mein Entsetzen ins Gesicht geschrieben gewesen sein, denn seine Lachfalten machten Platz für Sorgenfalten. Erst jetzt sah ich die ganzen Verletzungen, die er davon getragen hatte und wunderte mich darüber, dass sie mir nicht schon früher aufgefallen waren. „Was ist?“, fragte er besorgt, doch anstatt ihm zu antworten zog ich ihn ins Bad und drückte ihn auf die Kante der Badewanne. „Habt ihr etwas da um Wunden zu desinfizieren?“, fragte ich während ich einen Waschlappen mit warmen Wasser befeuchtete. „Ganz oben rechts im Spiegelschrank.“ Ich öffnete die Schranktür und griff nach oben um besagtes Fläschchen zu holen, doch ich war zu klein und konnte es beim besten Willen nicht erreichen. „Brauchst du Hilfe?“ Den Spott in seinem Ton konnte ich deutlich hören, doch da ich keinen Hocker sah musste ich mich geschlagen geben. Ich nickte nur, woraufhin er aufstand und mir das Fläschchen reichte. Und wieder einmal staunte ich über meine Auffassungsgabe, denn erst durch diese Begebenheit erkannte ich unseren jetzigen Größenunterschied. Während ich nicht viel gewachsen war, hatte er doch noch einen Sprung in die Höhe gemacht. Da ich 1,65 m groß war und meine Augen quasi auf Höhe seines Oberkörpers waren schätzte ich ihn auf ca. 1,80 m. Er hatte sich brav wieder auf die Kante der Badewanne gesetzt und wartete darauf, dass ich ihn verarzte. Vorsichtig wischte ich den Dreck und das getrocknete Blut aus dem Gesicht und tränkte anschließend ein paar Wattepads mit dem Wundreinigungsmittel. Während ich vorsichtig die Wunden abtupfte, pustete ich leicht auf die eben abgetupften Wunden, damit das Brennen schneller aufhören würde. Ich war so konzentriert darauf vorsichtig zu sein, dass ich gar nicht bemerkte das Zack im Türrahmen stand und uns beobachtete. „Eine wirklich rührende Szene.“, spöttelte er und ich erschrak so sehr das ich mich mit meinem Ellenbogen am nebenstehenden Waschbecken stieß. Ich fluchte und hielt mir den schmerzenden Arm, denn anscheinend hatte ich einen Nerv getroffen. „Musste das sein?“, fragte ich und sah ihn böse an. Entschuldigend hob er die Hände. „Tut mir leid. Ich konnte ja nicht ahnen das du mich nicht bemerkt hast.“ Sein Blick wanderte zu Max, der schweigend vor sich hin starrte. Es schien als hätte er von dem ganzen gar nichts mitbekommen.
Max
Während Sarah mich so liebevoll versorgte schweiften meine Gedanken in sämtliche Richtungen. Zuerst freute ich mich über die Zuversicht, dass es für uns doch noch eine gemeinsame Zukunft geben könnte. Ich überlegte wie wir es am besten gestalten könnten, damit unsere Beziehung nicht unter der Entfernung litt. Doch als ich die Wunden und blauen Flecke auf ihren Armen entdeckte wurde ich traurig. Bisher war unsere Beziehung sehr schwierig gewesen. Was hatte sie nicht alles mitmachen müssen! Erst war ich es, der sie verschreckte und verletzte und jetzt war sie wegen niemand anderen als mir in Gefahr. Auch wenn wir erst einmal in Sicherheit waren, war die ganze Sache noch nicht vorbei. Ich musste es schaffen Jeanine entweder zur Vernunft zu bringen oder sie los zu werden. Nur wie? Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen als Zack mir gegens Ohr schnippte. Kurz verlor ich das Gleichgewicht und drohte in die Badewanne zu rutschen, doch Zack hatte schon meinen Arm ergriffen und hielt mich fest. „Ich denke du solltest Sarah zu ihrer Cousine bringen. Ich kümmere mich derweilen um eine Lösung für unser Problem.“ Stumm nickte ich und folgte Sarah aus dem Bad. Während unseren Spaziergang war ich sehr nervös und angespannt. Immer wieder schaute ich mich um und rechnete damit angegriffen zu werden. Ich bemerkte wie Sarahs Griff fester wurde und schaute sie besorgt an. Doch sie lächelte mich an. „Du machst dir zu viele Sorgen. Entspann dich, wir haben es geschafft.“, versuchte sie mich aufzumuntern. Sie hatte gut reden. Schließlich war sie in einer anderen Umgebung aufgewachsen als ich. Da zeigte sich mal wieder wie unterschiedlich unsere Welten waren. Sie sah in allem und jedem das Gute, man könnte fast schon sagen sie sei naiv, während ich immer das schlimmste befürchtete. Nach einer gefühlten Ewigkeit standen wir endlich vor der Haustüre ihrer Cousine. Händchenhaltend standen wir uns gegenüber und sie sah mich eindringlich an. Ihre türkiesgrünen Augen fixierten mich und es schien als versuchte sie zu erraten was ich gerade dachte und fühlte. Ich konnte den Moment in dem sie aufgab genau erkennen und konnte mir ein Schmunzeln nicht verkneifen. Ich zog sie näher an mich ran und küsste sie. Ach könnte ich sie doch nur für immer bei mir haben! Sie löste sich von mir und lächelte mich an. „Versprich mir dass du keine Dummheiten machst!“ Sie hatte mich durchschaut. Was ich vorhatte, konnte und wollte ich ihr gar nicht erzählen. Ich nickte und öffnete ihr die Haustür. Nachdem sie die Treppen hinaufgestiegen war und ich sie nicht mehr sehen könnte, machte ich mich auf dem Heimweg. Ich hatte einiges um das ich mich jetzt mit Zack kümmern musste.
Sarah
Die Ferien waren vorbei und die Schule hatte begonnen. Glücklicherweise hatte meine Cousine keine Fragen zu meinen Wunden gestellt und diese waren auch schnell verheilt, sodass meine Eltern nichts mitbekommen hatten. Meine Freizeit nach der Schule verbrachte ich erst einmal Großteils mit lernen, auspacken und schrieb oder telefonierte mit Max. Ich vermisste ihn sehr, man könnte eigentlich sagen mehr als sonst, jetzt da ich wusste wie es zwischen uns steht. Was Jeanine anging, ich hatte nichts weiter von oder über sie gehört. Langsam hatte ich das Gefühl die Entführung sei nie geschehen. Und dennoch hatte ich Angst irgendwo alleine unterwegs zu sein. „Alles ok bei dir?“, riss mich Kristian aus meinen Gedanken als wir auf dem Heimweg von der Schule waren. Verwirrt sah ich ihn an. „Ja. Was sollte denn sein?“ „Du hattest plötzlich das Zittern angefangen und so einen ängstlichen Gesichtsausdruck gehabt.“ Ich lächelte ihn an. „Mir ist lediglich siedend heiß eingefallen, dass ich ja noch gar nicht für den morgigen Mathetest gelernt habe.“, log ich und hoffte inständig er würde nicht weiter nachfragen. Nachdem er mich kurz und intensiv betrachtet hatte, zuckte er einfach mit den Schultern und lief wieder los. Erleichtert folgte ich ihm. Zwar kannte ich Kristian noch nicht lange, aber er war mir von Anfang an sympathisch gewesen und war für mich wie ein großer Bruder. Jeder der mich auch nur schief anschaute, bekam es mit ihm zu tun, sobald er es für notwendig hielt. Da er auch in meiner Nähe wohnte, hatte er es sich zur Aufgabe gemacht mich täglich nach Hause zu begleiten. „Morgen früh wieder um dieselbe Zeit?“, fragte er mich. „W - Was?“ Wieder hatte er mich beim Träumen erwischt. Kristian lachte. „Du bist eine wahre Tagträumerin, weist du das? Ich hab dich gefragt ob ich dich morgen zur selben Zeit abholen soll.“ „Tut mir echt leid, dass ich heute nicht so gesprächig war. Klar morgen um dieselbe Zeit.“ Er umarmte mich freundschaftlich und ließ mich dann vor der Haustüre stehen. Als ich die Wohnung betrat, kam mir schon der Geruch von frisch zubereiteten Essen entgegen. „Sarah, bist du das?“, rief mir meine Mutter aus der Küche zu. „Ja.“, erwiderte ich und ging in mein Zimmer. Ich schleuderte meinen Rucksack in die Ecke und lies mich mit einem genervten Seufzer aufs Bett fallen. Momentan war einfach alles zu viel. Die Entführung setzte mir immer noch zu. Zwar hatte ich es mich erst im Nachhinein eingeholt, dafür aber umso heftiger. Ich hatte Alpträume in denen ich Max wieder in den Ketten hängen sah und er völlig erschöpft seinen Kopf hängen ließ. Sein Oberkörper war frei und man sah, dass er mit Schnittwunden und blauen Flecken übersäht war. Ich selbst war ebenfalls festgekettet, doch im Gegensatz zu ihm lag ich erschöpft auf dem Boden und konnte mich ein wenig hin und her bewegen, sofern es meine Kraft zuließ. In meinem Traum sah ich wie Jeanine ihn anschrie, doch ich konnte nie verstehen, was sie sagte, lediglich ihre Reaktionen verrieten mir, dass sie nicht zufrieden mit den Antworten war. Immer und immer wieder schlug sie auf ihn ein. Mal mit den Händen, mal mit einem Gürtel. Sobald er das Bewusstsein verloren hatte, ließ sie ihn zurück und widmete sich mir mit einem bösartigen Grinsen. Doch bevor sie mich erreichte, wachte ich jedes Mal wieder auf. Dieser Traum machte mir schwer zu schaffen, doch es gab niemanden mit dem ich darüber reden konnte. Meine Eltern durften nie davon erfahren und Max konnte ich damit nicht auch noch belasten. Somit hatte ich nur noch zwei Möglichkeiten, entweder durchhalten und selbst damit klar kommen, oder mit Zack darüber zu reden. Obwohl ich ihn noch nicht so gut kannte, er aber von Anfang an als Helfer und Streitschlichter fungiert hatte, hatte ich ein gewisses Vertrauen zu ihm aufgebaut. Somit stand meine Entscheidung fest. In den nächsten Ferien, würde ich mich mal mit ihm alleine Treffen um darüber zu sprechen! Nur wie sollte ich das schaffen, ohne, dass Max es mitbekam?
Max
Endlich war es geschafft! Es hatte ein paar Wochen gedauert bis wir Jeanine gefunden hatten, denn nachdem wir es geschafft hatten zu fliehen, war sie erst einmal untergetaucht. Es kostete uns einige Nerven und Gefallen von verschiedenen Kontakten um sie zu finden, doch die Mühe hatte sich gelohnt! „Mach mich los!“, zischte sie wütend. „Nein!“, aufgebracht fuhr ich herum und stützte mich auf die Lehnen des Stuhls an dem ich sie festgebunden hatte. „Ich lasse dich erst hier raus, wenn du mir erzählst warum du das ganze getan hast und mir versprichst, dass du Sarah für immer in Ruhe lassen wirst!“, brummte ich. Dass ich jetzt die Oberhand hatte, gefiel ihr gar nicht und das ließ sie mich auch spüren. Verächtlich spuckte sie vor mir ins Gesicht. Ich musste wirklich meine ganze Kraft zusammennehmen um mich zu beherrschen. Vor Wut kochend wischte ich mir das Gesicht ab. „Du wirst schon noch sehen was du von deiner Sturheit hast“, entgegnete ich ihr und verließ den Raum. Zwar wollte ich nicht gleiches mit gleichem vergelten, aber ihr Verhalten ließ mir keine andere Wahl. Draußen vor dem Haus erwartete mich schon Zack. Wortlos reichte er mir seine Zigarettenschachtel und ich nahm mir dankbar eine heraus und zündete sie an. Nach dem ersten Zug musste ich auflachen. Erst war ich komplett gegen das Rauchen, dann als Sarah weg war, begann ich damit und sobald sie wieder da war, hatte ich kein Bedürfnis mehr zu rauchen. Ich hatte mir geschworen nicht wieder anzufangen sobald sie weg war, aber Jeanine raubte mir den letzten Nerv! „Hast du jetzt komplett den Verstand verloren?“, fragte mich Zack verwirrt, was ja verständlich war, denn zuerst kam ich ja mit einer sehr ernsten Miene aus dem Haus und dann lachte ich ohne ersichtlichen Grund! Ich schüttelte den Kopf. „Was hat sie denn gesagt?“, fragte Zack erneut. „Nichts. Sie schweigt immer noch. Ich denke sie ist wirklich in einer Psychiatrie gut aufgehoben. Nur müssen wir es irgendwie beweisen.“ Erschöpft rieb ich mir die Stirn. Eigentlich wollte ich es so unauffällig wie möglich klären, aber ich wollte auch Sarah in Sicherheit wissen. Zack schlug sich mit der flachen Hand auf die Stirn.“ Warum bin ich nicht schon eher auf die Idee gekommen?“ Verständnislos sah ich ihn an. Er nahm erstmal genüsslich einen Zug und grinste mich an. „Wir haben noch eine Alternative zu der Psychiatrie, die ebenfalls gewährleistet, dass sie uns nie wieder über den Weg läuft.“ „Du meinst doch nicht etwa…“, ungläubig sah ich ihn an und strich mit meinem Daumen waagrecht über den Hals. Nun lachte Zack. „Nein. Was ich meine ist, wir müssen ihr lediglich jemand anderen suchen, den sie bemuttern und herumkommandieren kann!“ Zwar war die Idee gut, aber ich konnte Zacks Begeisterung leider nicht teilen. „Und wie in aller Welt willst du das anstellen? Willst du sie etwa wieder frei lassen, damit sie sich schlussendlich doch wieder an Sarah vergreift?“, fragte ich lauter und wütender als ich es eigentlich wollte. Zack sah mich böse an. „Ich will dir nur helfen. Auch ich möchte Sarah nicht unnötig in Gefahr bringen, aber irgendwas müssen wir doch tun!“ „Das ist mir auch klar.“, entschuldigte ich mich. Nachdem ich meine Zigarette ich zu Ende geraucht hatte, trat ich wieder ins Haus. „Maxilein“, hörte ich Jeanine schon von draußen säuseln. Ich musste mir ein schmunzeln verkneifen. Ich kannte ihre Spielchen, dementsprechend wusste ich auch was als nächstes kommen würde. Mit ernster Miene trat ich in den kleinen Raum. „Maxilein, es tut mir leid. Ich liebe dich und ich kann es nicht ertragen dich mit einer anderen zu sehen.“, jammerte sie und sah mich mit traurigen Augen an. Ich zog einen Stuhl her und setzte mich mit verschränkten Armen vor sie. „Dann erklär mir doch bitte wie es jetzt deiner Meinung nach weiter gehen soll!“, entgegnete ich unberührt. „Lass mich hier raus und ich verspreche dir wenn wir zusammen sind, dass ich keinen Unfug mehr anstelle.“ säuselte sie verführerisch. „Unter einer Bedingung.“, erwiderte ich meine Chance witternd, woraufhin sie mich fragend ansah. „Du wirst dir erst helfen lassen!“ „Du willst mich also in der Klapse loswerden?“, rief sie jetzt aufgebracht und versuchte sich loszureißen. Doch ich blieb weiterhin ruhig und mit verschränkten Armen vor ihr sitzen und ließ sie erst mal toben. „Du musst doch zugeben, dass du nicht einfach Menschen wie es dir passt stalken und entführen kannst, nur um deine eigenen Ziele zu verfolgen.“, entgegnete ich kühl, nachdem sie sich wieder einigermaßen beruhigt hatte. „Vergiss es!“, zischte sie woraufhin ich einfach mit den Schultern zuckte und vom Stuhl aufstand. Ich war gerade am Gehen, als sie mich zurückhielt. „Na gut. Du hast gewonnen.“ „Zack wird dich heute noch hinbringen.“, erwiderte ich und konnte mir ein triumphierendes Lächeln nicht verkneifen.
Sarah
„Er hat was?“ Ich war außer mir. Wie konnte er nur? Nicht genug, dass wir schon einmal in Gefahr waren, jetzt musste er sich erneut mit ihr anlegen? Verständnislos sah ich Zack an. „Wie konntest du es nur zulassen? Er ist doch dein bester Freund!“ Zack gab mir ein Zeichen, meine Stimme zu senken. „Was hatte ich denn für eine Wahl?“, erwiderte er gequält. „Max war außer sich und wollte Jeanine um jeden Preis zur Rechenschaft ziehen um dich in Zukunft in Sicherheit zu wissen!“ Vorsichtig schaute er sich im halbvollen Café um. „Und außerdem, sollten wir sie nicht unterschätzen, sie hat euch entführt, ich kann mir gut vorstellen, dass sie auch nicht vor anderen Dingen zurückschrecken würde.“, flüsterte er. „Du hast ja Recht.“, erwiderte ich matt. „Ich mache mir nur Sorgen.“ Mit gesenkten Blick rührte ich konzentriert in meinem Kaffee rum, um nicht in Tränen auszubrechen. Zack legte seine Hand tröstend auf meinen Arm. „Das beruht auf Gegenseitigkeit. Trotzdem, Jeanine ist gefährlich, man darf sie nicht unterschätzen! Aber mach dir keine Sorgen, sie ist jetzt, sagen wir mal, in sicheren Händen.“ Bei seinem letzten Satz schwang etwas Unheilvolles in seiner Stimme. Besorgt blickte ich auf, doch ich hatte keine Chance näher nachzufragen. „Jetzt verrate mir aber warum du dich mit mir treffen wolltest, ohne das Max davon erfährt.“ Verlegen sah ich Zack an, denn plötzlich war es mir peinlich über meinen Traum zu reden. „Es ist… ich habe…“, stammelte ich. „Es muss dir nichts peinlich sein.“, beruhigte er mich und hielt meine Hand fester. Kurz atmete ich tief ein und aus, bevor ich erneut ansetzte. „Ich habe Alpträume zwecks der Entführung. Aber ich möchte Max nicht damit belasten, schließlich macht er sich ja schon genug Sorgen um mich.“ Zack nickte zustimmend. „Erzähl es doch einfach mir und dann können wir beide eine Lösung finden.“ Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen und erzählte ihm jede Einzelheit meines Alptraumes. „Ich weiß es ist nicht so schlimm wie es klingt, aber ich komm damit irgendwie nicht klar.“, beendete ich meine Erzählung. Er überlegte kurz, sah mich dabei aber nicht an. „Ich kann dich gut verstehen. Aber so wirklich helfen kann ich dir auch nicht. Du musst darauf vertrauen, dass die Zeit alles heilen wird. Spätestens wenn Jeanine ein für alle Mal aus unserem Leben verschwunden ist.“ Ich nickte stumm, denn er hatte Recht. Und doch hatte es gut getan mich ihm diesbezüglich anvertraut zu haben.
Max
Ich glaubte meinen Augen nicht zu trauen! Für heute hatte ich mich mit Sarah und Zack in einem Café verabredet und war ein wenig zu früh. Ich war gerade auf die Glastür zugetreten um diese zu öffnen, als ich ungläubig in meiner Bewegung innehielt. Am Rande des Cafés saßen die beiden sich gegenüber und Zack hielt zärtlich Sarahs Hand. Zuerst dachte ich mir nichts dabei, denn es könnte ja nur eine tröstende Geste sein, aber statt sie loszulassen hielt er sie fester und sie entzog ihm auch nicht ihre Hand. Ich spürte wie Wut in mir aufstieg, doch wollte ich keine voreiligen Schlüsse ziehen. Also öffnete ich die Tür und ging auf den Tisch zu. Danach ging alles relativ schnell: Zack sah mich erschrocken an und zog seine Hand von Sarah; diese drehte sich um und sah mich ebenfalls erschrocken an. Somit sah ich mich in meiner Vermutung bestätigt. Ich packte Sarah an der Hand und schleifte sie nach draußen in eine Nebenstraße. „Sag mal spinnst du?“, schrie sie panisch. Vor Wut schnaubend sah ich sie, ohne ein Wort zu sagen, an. Innerlich focht ich einen wahren Kampf aus. Einerseits überkam mich die Eifersucht und das Gefühl verraten worden zu sein, andererseits konnte und wollte ich nicht glauben, dass die beiden eine heimliche Beziehung haben könnten. Ich erinnerte mich an das Versprechen, dass ich Zack gab, mich in Sarahs Gegenwart zusammenzureißen, doch war es in dieser Situation eigentlich angebracht? Jetzt kam auch Zack aus dem Café gestürmt. Ohne auch nur einen Moment länger zu überlegen, schlug ich zu und Zack ging taumelnd zu Boden. Ein kurzer Aufschrei ertönte und Sarah eilte, an mir vorbei, zu ihm, doch ich hielt sie am Handgelenk zurück. „Sag mal hast du sie noch alle?“, zischte sie und wand sich in meinem Griff. Vor Schmerzen stöhnend, versuchte Zack wieder aufzustehen, doch mehr als sich aufzusetzen, brachte er nicht fertig. „Max! Verdammt, red mit mir! Du machst mir Angst!“, flehte sie und ich sah in ihr angsterfülltes Gesicht. Schlagartig wurde mir die Bedeutung von Zacks Warnung wieder bewusst. Bevor ich noch weiter unüberlegte Dinge tun konnte, ließ ich Sarah los und rannte davon. Um erst mal in Ruhe überlegen zu können, suchte ich die alte Ruine auf. Dort angekommen, ließ ich mich an der kalten Wand hinunter, zog die Beine an und lehnte meinen Kopf gegen die Wand. Ich hörte, wie es draußen zu regnen begonnen hatte und lauschte dem Plätschern, welches eine beruhigende Wirkung auf mich hatte. Es dauerte nicht lange, da klingelte mein Handy. Obwohl ich gerade keine Lust auf ein Gespräch verspürte, schaute ich auf mein Display und sah Sarahs Nummer aufleuchten. Da ich mich noch nicht gänzlich unter Kontrolle hatte, entschied ich den Anruf abzuweisen. Kurze Zeit später leuchtete Zacks Nummer auf, doch auch diesen Anruf wies ich ab. Ich musste erst einmal meine Gedanken ordnen. War es wirklich nur ein Missverständnis, oder war ich die letzten Monate oder gar Jahre einfach nur Blind gewesen? Plötzlich fielen mir sämtliche Situationen ein, denen ich keine Bedeutung beigemessen hatte. Jene Momente in denen ich Zacks Augen funkeln sah, wenn ich von Sarah sprach, oder jene Momente in denen beide sehr vertraut schienen, auch fielen mir Momente ein in denen beide kurze Zeit alleine waren. Je länger ich darüber nachdachte, desto wütender wurde ich. Warum nur musste meine Beziehung mit Sarah so kompliziert sein? Schnelle Schritte rissen mich aus meinen Gedanken und ich sprang auf. Gerade wollte ich aus der Ruine eilen, als Sarah völlig außer Atem vor mir stehen blieb und mir so den Weg versperrte. „Verzieh dich!“, schnaubte ich und ging einen Schritt zur Seite, doch sie ließ mich nicht durch. „Was sollte das eben?“, fragte sie als sie wieder halbwegs bei Atem war. Da sie meine weiteren Versuche an ihr vorbei zu huschen ebenfalls verhinderte, lief ich zurück zum Fenster und setzte mich hin. „Ich frage dich nochmal, was ist los mit dir?“, fragte sie nun in einem deutlich strengeren Ton. Ich lachte auf. „Dasselbe könnte ich dich auch fragen. Seit wann spielst du diesen Spielchen eigentlich?“ In ihrem Blick konnte ich sämtliche Fragezeichen aufleuchten sehen und wusste, dass sie gerade angestrengt überlegte was ich meinen könnte. Es dauerte nicht lange und ich sah sprichwörtlich den Groschen fallen. „Traust du mir sowas wirklich zu?“, fragte sie mich verblüfft, doch anstatt auf eine Antwort zu warten kam sie langsam auf mich zu, abwartend wie ich darauf reagieren würde. Mittlerweile war mir alles egal, ich wartete bis sie bei mir angekommen war und sich zu mir auf die Fensterbank setzte. „Du musst schon zugeben, dass es sehr verdächtig aussah, besonders weil ihr beiden mich so schockiert und schuldbewusst angesehen habt. Hättest du da nicht auch dasselbe gedacht?“ Sie nickte bedächtig. „Trotzdem, du hättest uns wenigstens die Chance geben können etwas dazu zu sagen.“ Sie nahm meine Hand in ihre und rutschte ein wenig näher zu mir heran. „Eigentlich müsste ich ja sauer auf dich sein, aber irgendwie finde ich das süß, dass du Eifersüchtig bist.“, sagte sie und lächelte mich an. „Egal wie du es jedes Mal schaffst, ich bin froh. Ich kann noch so wütend sein, du bringst mich immer wieder zur Vernunft. Und soll ich dir was verraten?“ Ich machte eine kurze Pause und zog Sarah zu mir auf den Schoß. „Das ist einer der vielen Gründe warum ich dich liebe!“, flüsterte ich in ihr Ohr, woraufhin sie mich küsste.
Sarah
Das alles musste ein böser Alptraum sein! Gerade schien alles noch in bester Ordnung zu sein, als Max wütend ins Café stürmte und mich am Handgelenk packte um mich heraus zu zerren. Da ich nicht wusste wem die Wut galt, machte ich mir Sorgen. Kurz darauf kam auch Zack aus dem Café gestürmt, woraufhin Max sich umdrehte und Zack zu Boden ging. Entsetz schrie ich auf und wollte zu Zack, doch Max hielt mich zurück. „Sag mal hast du sie noch alle?“, rief ich und wand mich in seinem Griff, der daraufhin fester wurde. Erleichtert nahm ich Zacks stöhnen wahr, denn meine Angst, er sei bewusstlos, war dementsprechend unbegründet. „Max! Verdammt, red mit mir! Du machst mir Angst!“, flehte ich und gab meine Wehr auf. Für einen kurzen Moment konnte ich reue in seinem Blick erkennen, doch bevor ich reagieren konnte, ließ er mich los und rannte davon. „Max!“, rief ich ihm hinterher und wollte ihm folgen, doch momentan galt meine Sorge eher Zack, der immer noch am Boden saß. Ich kniete mich zu ihm hinunter und betrachtete besorgt sein Gesicht. „Du solltest ihm folgen, er ist sicher auf dem Weg in die Ruine.“, drängte er und lächelte mich an. „Ich komme schon zurecht. Hilf mir nur kurz auf die Bank dort hinten und ich schaffe den Rest schon.“, ergänzte er als er bemerkte, dass ich etwas erwidern wollte. Da ich auf der Schnelle keine Wunden erkennen konnte, gehorchte ich ihm und half ihm hoch. Kurze Zeit später war ich auch schon auf dem Weg zur Ruine. Im strömenden Regen rannte ich den Berg hoch, durch den kleinen Wald und konnte mich hin und wieder gerade noch so auffangen, da ich über verdeckte Wurzeln stolperte oder ausrutschte. Kurz vor der Ruine verlangsamte ich meinen Schritt, damit ich wieder zu Atem kommen konnte. Ich betrat die Ruine und sah wie Max an mir vorbei wollte, doch ich nahm meinen Mut zusammen und versperrte ihm den Weg. „Was sollte das eben?“, fragte ich ohne auf seine wütenden Worte zu achten und verhinderte ihm weiterhin die Flucht. Vor Wut schnaubend gab er auf und setzte sich auf eine der Fensterbänke. „Ich frage dich nochmal, was ist los mit dir?“, fragte ich nun in einem deutlich strengeren Ton. Er lachte auf. „Dasselbe könnte ich dich auch fragen. Seit wann spielst du diesen Spielchen eigentlich?“ Es dauerte einen Moment bis ich verstand worauf er hinaus wollte. „Traust du mir sowas wirklich zu?“, fragte ich verdutzt und trat auf ihn zu, innerlich auf alles gewappnet. War er denn wirklich der Meinung ich könnte ihn mit Zack betrügen? „Du musst schon zugeben, dass es sehr verdächtig aussah, besonders weil ihr beiden mich so schockiert und schuldbewusst angesehen habt. Hättest du da nicht auch dasselbe gedacht?“, erwiderte er. Ich verstand ihn nur zu gut. Tatsächlich hätte ich genauso gedacht, wenn ich ihn mit einer Frau erwischt hätte und mich beide wie ertappt anstarren würden. „Trotzdem, du hättest uns wenigstens die Chance geben können etwas dazu zu sagen.“, wies ich ihn liebevoll zurecht. Ich nahm seine Hand in meine und rutschte ein wenig näher zu ihm heran. „Eigentlich müsste ich ja sauer auf dich sein, aber irgendwie finde ich das süß, dass du Eifersüchtig bist.“, sagte ich und lächelte ihn liebevoll an. „Egal wie du es jedes Mal schaffst, ich bin froh. Ich kann noch so wütend sein, du bringst mich immer wieder zur Vernunft. Und soll ich dir was verraten?“, erwiderte er und zog mich auf seinen Schoß. „Das ist einer der vielen Gründe warum ich dich liebe!“, flüsterte er in mein Ohr. Eine Zeit lang saßen wir schweigend zusammen, als er feststellte dass ich zu zittern begann. „Ist alles ok?“, fragte er besorgt und zog mich enger an sich um mich zu wärmen. „Ich bin auf dem Weg hierher nur ein wenig nass geworden.“, erwiderte ich. Er schaute aus dem Fenster und sah, dass es noch regnete. „Dass du mir ja nicht krank wirst!“, mahnte er mich und legte seine Jacke um mich.
Max
Das Wochenende war viel zu schnell vergangen und Sarah war leider schon wieder nach Hause gegangen. Da ich heute nicht so lange arbeiten musste beschloss ich nach Jeanine zu sehen. Mit einem mulmigen Gefühl fuhr ich zu ihr in die Psychiatrie. Zuerst wollte ich mit dem Oberarzt reden um zu hören ob sie Fortschritte machte, bzw. ob sie sich überhaupt helfen lässt. Da gerade Schichtübergabe war, musste ich im Gang warten und hörte eine vertraute Stimme. „Er hat absolut keinen Plan. Ich habe ihn im Glauben gelassen, dass ich meinen Fehler eingesehen habe und mich bessern möchte. Dass ich weiterhin meine Pläne schmiede, ahnt er nicht einmal.“ hörte ich Jeanine. „Dennoch musst du vorsichtig sein. Er darf absolut nichts bemerken! Sonst wäre die ganze Mühe umsonst gewesen, sowohl für dich als auch für mich.“, erwiderte eine männliche Stimme. Jeanine lachte. „Keine Sorge, du wirst deinen Spaß schon noch haben. Aber jetzt solltest du verschwinden, bevor man dich hier entdeckt.“ Da ich Schritte hörte, versteckte ich mich schnell in einer Nische und sah einen Mann meines Alters an mir vorbei laufen. Er war ungefähr so groß wie ich, hatte blondes Haar und war muskulös gebaut. Als er sich vorsichtig umsah, sah ich ein unheimliches Funkeln in seinen rehbraunen Augen. Sollte er wirklich mit Jeanine unter einer Decke stecken, mussten wir auf der Hut sein. Kaum hatte er den Flur verlassen, kam der Doktor aus dem Schwesternzimmer, winkte mich zu sich herein und bedeutete mich zu setzten. „Wir haben kleine Fortschritte machen können, aber es scheint als hätte sie ein Geheimnis, dass sie niemanden anvertraut.“, berichtete er und sah mich eindringlich an. „Ich werde mit ihr sprechen.“, versprach ich und verabschiedete mich. Ich ging zu Jeanines Zimmer und klopfte an der Tür. Sofort hörte ich sie an die Tür eilen und diese flog auch sogleich auf. „Maxilein!“, rief sie freudig und umarmte mich stürmisch. „Du hast dein Versprechen, nach mir zu sehen, tatsächlich gehalten. Ich bin überglücklich dich hier zu sehen!“ Sie zog mich ins Zimmer und setzte sich mit mir aufs Bett. „Ich habe mich wirklich bemüht und die Ärzte sagen, dass ich bald wieder nach Hause kann.“, berichtete Sie eifrig. „Und du wirst dein Versprechen mir gegenüber einhalten?“, fragte ich ungläubig woraufhin sie eifrig nickte. „Solange ich mit dir zusammen sein kann, lasse ich deine Kleine in Ruhe.“, säuselte sie und schmiegte sich an mich. Ich schob sie zornig von mir. „So war das aber nicht vereinbart. Du wirst sie nie wieder belästigen, egal was ist, ansonsten bekommst du es mit mir zu tun!“ „Aber Maxilein, ich hab das doch nicht so gemeint, natürlich halte ich mein Versprechen.“, zwitscherte sie versöhnlich. Auch wenn ich ihr nicht glaubte, durfte ich mir nichts anmerken lassen, somit wechselte ich einfach das Thema.
„Und das glaubst du ihr?“, fragte mich Zack ungläubig, nachdem ich meinen Bericht über meinen Besuch bei Jeanine beendet hatte. Ich schüttelte den Kopf. „Natürlich nicht. Ich hatte sie ja vorher mit jemand anderen reden hören. Und selbst wenn ich sie nicht gehört hätte, würde ich ihr nicht mehr über den Weg trauen.“ Zack nickte zufrieden. „Wie soll es eigentlich weiter gehen? Hast du einen Plan was wir tun können, wenn sie raus kommt?“ Nachdenklich sah ich ihn an. Der blaue Fleck an seinem Kinn erinnerte mich an mein beschämendes Verhalten und mir wurde bewusst, dass wir über dieses Ereignis gar nicht gesprochen hatten. Er schien meinen Blick zu merken und grinste mich an. „Schon gut, ich hätte wahrscheinlich genauso gehandelt. Hauptsache ist ihr habt euch wieder versöhnt.“ Dankbar lächelte ich ihn an. „Nun zu unserem Problem mit Jeanine. Sie hat auf jeden Fall einen Komplizen, da Sarah aber nicht hier ist, wird es schwierig sie zu beschützen.“, fasste er unser Problem zusammen. „Dann müssen wir dafür sorgen, dass sie solange bleibt bis wir eine Lösung haben.“, überlegte ich laut.
Sarah
Das Jahr neigte sich dem Ende zu und es war abzusehen, dass ich aufgrund fehlender Noten aus dem Berufsgymnasium, das Abitur nicht weitermachen konnte. Deshalb begann ich mich nach einer Ausbildung umzusehen und mich zu bewerben. Darin witterte ich meine Chance. Da hier in der näheren Umgebung die Chancen gering standen eine Ausbildung zu bekommen, entschied ich gemeinsam mit meinen Eltern eine Ausbildung in Hof und Umgebung zu suchen und währenddessen bei meiner Oma oder zumindest in ihrer Nähe zu wohnen. „Und du bist dir sicher, dass dies die einzige Lösung ist?“, fragte mich Kristian als ich in der Schulaula vor ihm stand und ihm triumphierend mein positives Antwortschreiben entgegenhielt. Er war der einzige meiner Freunde, der nicht begeistert davon war, warum hatte er mir nie verraten. „Du weißt doch, dass es mich nach Hof zieht. Und außerdem, wenn ich hier nichts bekomme, dann ist Hof das nächste oder soll ich deiner Meinung nach an den Bodensee ziehen?“, entgegnete ich leicht gereizt. Er blickte sich unauffällig in der Aula um, bevor er beruhigend meinen Arm hielt. „So hab ich das doch nicht gemeint.“, entschuldigte er sich. „Natürlich freue ich mich für dich, aber die anderen und ich werden dich sehr vermissen. Was soll ich denn nur ohne dich tun?“ Bevor ich reagieren konnte zog er mich so sich hinunter und ich plumpste auf seinen Schoß. „Was soll das?“, rief ich erschrocken und wollte wieder aufstehen, doch er hinderte mich daran. „Lass mich los, du tust mir weh!“ „Jetzt hab dich nicht so!“, zischte er und hielt mich fester. Da die Aula bis auf uns beide leer war hatte ich ein mulmiges Gefühl bei der Sache. „Ich sage es ein letztes Mal. Lass mich los!“, rief ich panisch, doch er grinste mich nur an. „Weist du ich habe schon lange ein Auge auf dich geworfen.“, raunte er von meiner Wehr unbeeindruckt. „Nur dummerweise denkst du nur an deinen Max und interessierst dich für niemand anderen.“ Erschrocken sah ich ihn an. Woher wusste er von Max? Weder hatte ich ihn erwähnt, noch hatte ich mit Kristian je über mein Liebesleben gesprochen. „Aber bald bist du frei und dann gehörst du endlich mir.“, sprach er weiter und ich konnte in seinen Rehbraunen Augen ein unheimliches funkeln erkennen. „Wovon sprichst du?“, wollte ich wissen und versuchte weiter mich aus seinem Griff zu befreien, doch sein Griff wurde immer fester. „Ich meine damit, dass mein Problem bald gelöst ist.“, lachte er höhnisch. „Kristian, lass mich los! Ich verspreche dir ich tue so als wäre das nie passiert. Aber bitte lass mich los, du machst mir Angst!“ Er umfasste mein Kinn mit seiner Hand während er mich weiterhin fest im Griff hatte und zwang mich somit in seine Augen zu sehen. „Was glaubst du warum ich mit dir abgebe, warum ich dich täglich nach Hause begleite? Du glaubst doch nicht wirklich, dass ich das alles einfach ohne Eigeninteresse gemacht habe?“ Ich versuchte den Kopf zu schütteln, doch sein fester Griff hinderte mich daran. „Ich habe das alles nur getan, damit ich dir näher kommen kann. Ich habe es auf die nette Art versucht, doch langsam ist meine Geduld am Ende!“ Meine Panik wurde größer, alles in mir sträubte sich und ich wollte einfach nur weg hier. Fieberhaft überlegte ich was mir Max alles beigebracht hatte um mich befreien zu können, doch keiner seiner Tipps wollte mir in diesem Moment einfallen. Ich hörte schon gar nicht mehr was er alles erzählte, aber ich bemerkte, dass er leicht unaufmerksam wurde. Dies nutzte ich aus indem ich mit aller Kraft auf seinen Fuß trat. Mit einem lauten Aufschrei ließ er von mir ab und ich sprang auf um wegzurennen. Zwar hörte ich ihn hinter mir fluchen, doch vernahm ich keine Schritte. Nachdem ich das Schulgelände verlassen hatte, verlangsamte ich meine Schritte und versuchte das eben geschehene zu verarbeiten. Ich konnte mir nicht erklären woher Kristian seine Informationen hatte und warum er sich plötzlich so verhielt, aber ich beschloss ihm die nächste Zeit erst einmal aus dem Weg zu gehen.
Max
Endlich war es wieder soweit und Sarah hatte Ferien. Diesmal hatte sie mich gebeten sie in Bayreuth zu besuchen, was ich mit Freuden tat. Ich übernachtete bei einem Kumpel von Ihr, der ganz in der Nähe wohnte und sich angeboten hatte. Ich hatte gerade mit dem Zug den Bahnhof erreicht als ich sie schon aus meinem Fenster heraus am Bahnsteig stehen sehen konnte. Geduldig wartete ich bis der Zug angehalten hatte und ich aussteigen konnte. Freudig begrüßte sie mich mit einer Umarmung. „Es tut gut dich wieder zu sehen.“, flüsterte ich in ihr Ohr, woraufhin sie verlegen kicherte. Da die Sonne schien, entschieden wir gemeinsam zu ihr nach Hause zu laufen. Ihre anfängliche Freude schwang schnell in peinliches Schweigen um und ich fragte mich was wohl der Grund dafür sein könnte. Hatte sie Ärger mit ihren Eltern? Kurzerhand blieb ich stehen, nahm sanft ihre Hand in meine und zog sie zu mir, doch es schien als sei sie so in Gedanken vertieft, dass sie es nicht mitbekam. Also legte ich meine Finger unter ihr Kinn und hob es an. „Was bedrückt denn meine kleine Prinzessin?“, fragte ich und wartete auf eine Reaktion. Als ich sie diesbezüglich genauer betrachtete, fiel mir auf, dass sie kleine blaue Flecken am Kinn hatte. „Woher hast du die?“, wollte ich wissen und fuhr vorsichtig mit meinen Fingern übers Kinn. Erschrocken wich sie zurück. „Tut mir leid ich wollte dir nicht wehtun.“, entschuldigte ich mich. „Hast du nicht.“, erwiderte sie. „Ich hatte nur nicht mehr dran gedacht und wollte eigentlich nicht dass du es siehst. Es ist nicht weiter schlimm.“ „Ok.“, gab ich nach. „Dann erzähl mir doch bitte wenigstens was dich bedrückt.“ „Ach weist du ich wollte dich mit sowas unnötigem nicht belasten. Aber vielleicht sollte ich es trotzdem erzählen.“, begann sie als wir unterbrochen wurden. „Hey Sarah! Da seid ihr ja.“, rief der Unbekannte. Ich bemerkte wie Sarah nervös wurde und unbewusst ein wenig hinter mich trat, so als müsste ich sie schützen. „Hi, ich bin Kristian, dein Mitbewohner für die nächsten Tage.“, begrüßte er mich als er endlich vor mir stand und reichte mir die Hand. „Ich bin Max.“, erwiderte ich und betrachtete ihn eingehend, denn irgendwie kam er mir bekannt vor. Er war ungefähr so groß wie ich, hatte blondes Haar und war muskulös gebaut. Seine rehbraunen Augen musterten mich ebenfalls neugierig. „Soso. Du bist also derjenige der meiner Sarah den Schlaf raubt.“, bemerkte er höhnisch woraufhin Sarah scharf die Luft einzog. Aus den Augenwinkeln konnte ich erkennen, dass es ihr gerade sehr unwohl war und ich fragte mich ob das, was sie mir erzählen wollte mit ihm zu tun hatte, doch um das zu erfahren musste ich mich wahrscheinlich noch gedulden. Er klopfte mir freundschaftlich auf den Arm. „Dann lass uns mal zu mir nach Hause gehen um uns besser kennenzulernen.“ Während wir weiter liefen, redete er ohne Unterlass und erzählte wie er Sarah kennengelernt hatte, was sie alles zusammen schon erlebt hatten oder was er sonst noch so machte. Währenddessen lief Sarah still neben mir her. Zu gerne hätte ich gewusst was sie in diesem Moment dachte.
Sarah
Nervös stand ich am Bahnhof und wartete darauf, dass der Zug eintraf. Als ich vor ein paar Tagen mit Max telefoniert hatte, war Kristian dummerweise in meiner Nähe gewesen. Obwohl ich mir Mühe gab ihm aus dem Weg zu gehen, ließ er mich nicht alleine. Zwar kam er mir nicht zu nahe, aber er war immer in Sichtweite. Als er dann mitbekam, dass ich jemanden brauchte bei dem Max übernachten konnte, bot er sich sogleich an. Zuerst wollte ich das Angebot nicht annehmen, aber ich dachte mir so könnte Max ihn gegebenenfalls in seine Schranken weisen. Schaden konnte es nicht. Ich hatte Krisitian gesagt, dass ich Max abholen werde und ihn dann zu ihm nach Hause bringe. Endlich traf der Zug ein und Max stieg aus. Alles um mich herum vergessend umarmte ich ihn. „Es tut gut dich wieder zu sehen.“, flüsterte er in mein Ohr, woraufhin ich verlegen kicherte, da mir schlagartig wieder bewusst wurde, dass wir am Bahnhof waren. Während wir nach Hause liefen, erzählte ich ihm, dass Kristian sich bereit erklärt hatte ihn aufzunehmen, da seine Eltern übers Wochenende nicht da waren. Doch je länger wir liefen, desto weniger fiel mir ein was ich noch erzählen könnte, also gab ich auf und schwieg. Ich war so mit meinen Gedanken darüber, ob ich ihm von dem Vorfall mit Kristian erzählen sollte, beschäftigt, dass ich nur am Rande mitbekam dass wir stehen geblieben waren. Erst als er mein Kinn in seine Hand nahm, war ich schlagartig wieder in der Realität. Erschrocken wich ich ein Stück zurück und schellte mich dafür, dass ich vergessen hatte die blauen Flecken zu überschminken. „Tut mir leid ich wollte dir nicht wehtun.“, entschuldigte er sich. „Hast du nicht.“, erwiderte ich. „Ich hatte nur nicht mehr dran gedacht und wollte eigentlich nicht dass du es siehst. Es ist nicht weiter schlimm.“ „Ok.“, gab er nach. „Dann erzähl mir doch bitte wenigstens was dich bedrückt.“ Gerade hatte ich mich dazu entschlossen ihm von dem Vorfall mit Kristian zu erzählen, wurde ich auch schon von eben diesem unterbrochen. „Hey Sarah! Da seid ihr ja.“, rief er und rannte uns entgegen. In seinen Augen sah ich wieder dieses Funkeln, dass er hatte als er mich bedrängt hatte. Obwohl ich wusste, dass mir in Max Gegenwart nichts passieren konnte, trat ich ein wenig hinter ihn. Hi, ich bin Kristian, dein Mitbewohner für die nächsten Tage.“, begrüßte er Max als er endlich vor uns stand und reichte ihm die Hand. „Ich bin Max.“, erwiderte dieser und betrachtete ihn eingehend. „Soso. Du bist also derjenige der meiner Sarah den Schlaf raubt.“, bemerkte er höhnisch woraufhin ich scharf die Luft einzog. Entweder war er Lebensmüde oder er wollte mich damit ärgern indem er Max eifersüchtig machte. Auf alles gefasst beobachtete ich Max, doch dieser hatte sein Pokerface auf. Kristian klopfte Max freundschaftlich auf den Arm. „Dann lass uns mal zu mir nach Hause gehen um uns besser kennenzulernen.“ Während wir weiter liefen redete Kristian ohne Unterlass. Er erzählte fast ausschließlich was er alles mit mir schon erlebt hatte. Auch wenn Max keine Miene verzog, wusste ich, dass ihm das Gehörte nicht gefiel. Hoffentlich nimmt er Kristian nicht so ernst und glaubt am Ende noch ich hätte was mit ihm.
Diese Nacht hatte ich schlecht geschlafen. Es war das erste Mal seit langem, dass ich wieder diesen Alptraum über die Entführung hatte, allerdings war er diesmal anders. Dieses Mal war es ein Mann, der auf Max einschlug, doch ich konnte ihn im ersten Moment nicht erkennen. Um ihn von Max abzulenken begann ich zu schreien und versuchte mich von meinen Fesseln zu befreien. Es schien zu wirken, denn der Unbekannte hielt inne. „Stell dich nicht so an!“, knurrte er. Erschrocken horchte ich auf. Diese Stimme, dass konnte doch unmöglich…. Ich wagte nicht weiter zu denken, doch das brauchte ich auch nicht, denn der Unbekannte drehte sich um und war in zwei Schritten bei mir. Er packte mich am Schopf im Nacken und zog mich hoch, sodass ich direkt in seine rehbraunen Augen sehen konnte. „Entscheide dich jetzt endlich! Er oder ich, sein Leben hängt von deiner Entscheidung ab!“, rief er und sein Griff wurde fester. „Aber ich liebe ihn, du wirst mit mir nicht glücklich werden!“, flehte ich und Tränen der Verzweiflung liefen meine Wangen hinunter. „Falsche Antwort.“, erwiderte er kühl und warf mich wieder zu Boden. Er zückte sein Messer und lief wieder auf Max zu, der ihn nur wütend anstarrte. Er war gerade dabei auszuholen, als ich aufschrie. Das war der Moment in dem ich schweißgebadet aufwachte und schwer atmend in meinem Bett saß. Konnte das wirklich wahr sein? Die Stimme des Fremden kam mir sehr vertraut vor. Es war die Stimme von Kristian! Aber was hatte er mit der Entführung zu tun? Krampfhaft versuchte ich mich an die Einzelheiten der Entführung zu erinnern. Es stimmte, es war jeweils ein Mann, der mich einfing, doch hatte ich nie sein Gesicht gesehen, lediglich seine Stimme hatte ich gehört. Aber mal ehrlich, wie hoch standen die Chancen, dass es ein und dieselbe Person war, die ich jetzt, hier in einer anderen Stadt, zu meinen Freunden zählte?
Max
Dieser Kristian ließ uns aber auch keine Sekunde aus den Augen! Leider hatte ich immer noch nicht in Erfahrung bringen können was Sarah mir erzählen wollte, auch wollte ich ein wenig Zeit mit ihr alleine verbringen. Deshalb musste ich Kristian schnellst möglichst loswerden, nur wie? Wir waren gerade in einem Park und unterhielten uns angeregt über verschiedene Filme. Kristian, der uns gegenüber auf einem Stein saß, erzählte von einem Film den er vor kurzem gesehen hatte und regte sich über die Wahl der Schauspieler auf. Unauffällig versuchte ich Sarah klar zu machen, dass wir ihn loswerden müssten, doch sie schien mich nicht zu verstehen, denn sie sah mich verständnislos an. Genervt rollte ich mit den Augen und überlegte was ich sonst noch tun könnte. Meine Urlaubstage waren fast vorbei und ich musste morgen wieder abreisen, doch ich wollte nicht gehen ohne mit Ihr unter vier Augen gesprochen zu haben. Mein Handy klingelte, woraufhin Kristian mich verärgert ansah, denn er war noch nicht fertig mit seiner Erzählung gewesen. Mich entschuldigend stand ich von der Bank auf und ging ein paar Schritte zur Seite. „Was gibt’s?“, begrüßte ich Zack. „Jeanine wird bald entlassen.“, erwiderte er mir so gelassen, als wäre nichts dabei. Ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen. „Ich bin morgen wieder da, da können wir alles Weitere besprechen. Hat das noch so lange Zeit?“, fragte ich so gelassen wie möglich. „Ich verstehe, du kannst grad nicht reden. Klar hat es Zeit, ich wollte dich nur informieren. Hast du schon was bei Sarah rausfinden können?“, wollte Zack noch wissen. „Nein, ich konnte noch nicht mit ihr reden, aber wir reden später. Halt mich auf dem Laufenden.“, verabschiedete ich mich und Zack legte auf. Kurz beobachtete ich wie Kristian weiter auf Sarah einredete, er hatte sich zwischenzeitlich zu ihr auf die Bank gesetzt und mir den Rücken zugewandt. Ich bemerkte, wie Sarah nach mir Ausschau hielt und ahnte nichts Gutes. Also ging ich zurück zur Bank. „Ich denke wir müssen langsam los. Mama wollte noch mit dir telefonieren.“, log ich und sah Sarah eindringlich an. „Ok. Dann sollten wir jetzt los.“, erwiderte Kristian und stand auf. Ich bemerkte wie Sarah sich sichtlich entspannte als sie ebenfalls aufstand. Da Kristian schon ein paar Schritte voraus gegangen war, nutzte Sarah die Gelegenheit. „Mach dir keine Sorgen!“, flüsterte sie mir schnell zu und zwinkerte. Bevor ich überhaupt wusste was sie damit meinte, war es schon zu spät. In dem Moment in dem Kristian sich zu uns umdrehte, sackte Sarah wortlos zusammen. Kristian stand das Entsetzten ins Gesicht geschrieben, doch er hielt sich zurück. Sehr weise, dachte ich mir. Ich nahm Sarah auf meine Arme und trug sie zurück zur Bank. „Geh ruhig schon mal vor, ich kümmere mich um sie.“, entgegnete ich ihm und schickte ihn weg. Wiederwillig knurrte er, drehte sich um und verschwand. Erleichtert atmete ich auf. „Sarah, er ist weg, du kannst damit aufhören.“, flüsterte ich ihr zu und strich ihr sanft die Wange. Da Sarah keine Reaktion zeigte, fasste ich sie an den Oberarmen und rüttelte sie vorsichtig - immer noch keine Reaktion. „Hör auf mit dem Scheiß, du weist ich mach mir Sorgen!“, flehte ich. Vorsichtig öffnete sie die Augen und grinste mich an. Verärgert buffte ich sie in den Arm, woraufhin sie lachte. Ich zog sie hoch und setzte mich neben sie. „Du kleine Drama Queen.“, schimpfte ich. „Musst du gerade sagen!“, blaffte sie zurück und hackte sich bei mir ein. „So, jetzt wo wir endlich alleine sind, kannst du mir ja verraten was dich so bedrückt.“, begann ich unsere Unterhaltung. „Was genau willst du hören?“, entgegnete sie. „Fang doch mit dem an, was du mir zu Beginn sagen wolltest.“ Sie atmete kurz ein und aus bevor sie begann und dann erzählte sie mir davon was Kristian ihr angetan hatte, von ihrem Alptraum und was er ihr gerade eben gesagt hatte. Ich spürte wie die Wut in mir stieg und ich musste ihr versprechen Kristian nichts anzutun. „Glaubst du er könnte was mit der Entführung zu tun haben?“, fragte sie mich zum Schluss. Je länger ich darüber nachdachte, desto kurioser wurde es. Natürlich hatte ich ebenfalls die Vermutung gehabt, nachdem ich erkannt hatte warum er mir bei unserer ersten Begegnung so bekannt vorkam. Er war es, den ich bei Jeanine gesehen hatte und jetzt bestätigte der Vorfall, den Sarah mir geschildert hatte alles. Eigentlich wollte ich sie ja nicht beunruhigen, aber ich musste ihr von meinen Vermutungen erzählen um sie zu schützen. „Die Chancen sind gering, aber ich denke du hast Recht. Ich hatte ihn damals bei Jeanine im BKH gesehen, hatte ihn aber nicht gleich erkannt. Ich denke, du solltest dich möglichst von ihm fern halten.“ „Aber das habe ich ja versucht!“, warf sie ein. „Er lässt mich nicht aus den Augen! Was kann ich deiner Meinung nach tun? Du hast doch immer so tolle Tipps.“ Ich überlegte kurz. So sicher war ich mir da auch nicht, aber ich hatte da eine Idee die klappen könnte.
Sarah
Ich konnte es nicht fassen! Selbst als Max da war, ließ mich Kristian nicht in Ruhe. Als Max telefonierte, setze er sich zu mir. „Also ich muss schon sagen, ich kann zwar nicht nachvollziehen was du äußerlich an ihm findest, aber ich kann deine Faszination von seinem Temperament durchaus verstehen. Und dennoch verspreche ich dir, dass du es mit mir einfacher haben wirst. Wir passen so gut zusammen und ich werde dich auf Händen tragen! Solltest du mich aber weiterhin abweisen, wird er darunter leiden. Merk dir das!“, drohte er mit einem höhnischen grinsen. Hilfesuchend sah ich mich nach Max um. Mir war einfach nicht wohl dabei. Nicht weil Max eifersüchtig werden könnte, sondern eher weil ich Angst hatte Kristian würde wieder sowas wie damals in der Aula abziehen. „Ich denke wir müssen langsam los. Mama wollte noch mit dir telefonieren.“, drängte Max als er zu uns getreten war und ich war ihm sehr dankbar. „Ok. Dann sollten wir jetzt los.“, erwiderte Kristian und stand auf. Erst jetzt bemerkte ich wie angespannt ich war und versuchte mir, Max gegenüber, nichts anmerken zu lassen. Trotzdem war mir klar, dass ich mir was einfallen lassen musste, damit ich mit Max ein paar Minuten ungestört sein könnte. Kristian war schon ein paar Schritte voraus gegangen und ich nutzte die Gelegenheit. „Mach dir keine Sorgen.“, flüsterte ich Max zu, der mich daraufhin verwirrt ansah. Als Kristian sich umdrehte um nach uns zu schauen, täuschte ich einfach einen Ohnmachtsanfall vor und lies mich wortlos zusammensacken. Wie gerne hätte ich Kristians Gesichtsausdruck gesehen! Stattdessen spürte ich wie Max mich mit seinen starken Armen auffing und zur Bank trug. „Geh ruhig schon mal vor, ich kümmere mich um sie.“, hörte ich Max sagen, woraufhin Kristian wiederwillig knurrte. „Sarah, er ist weg, du kannst damit aufhören.“, flüsterte Max mir einen Moment später zu und strich mir sanft die Wange. Ich fand diese Geste so rührend, dass ich beschloss ihn noch ein wenig hinzuhalten. Da ich keine Reaktion zeigte, fasste er mich an den Oberarmen und rüttelte mich vorsichtig. Ich musste mir stark das Lachen verkneifen, er hatte mich also nicht verstanden als ich ihm sagte, dass er sich nicht zu sorgen brauchte. „Hör auf mit dem Scheiß, du weist ich mach mir Sorgen!“, flehte er. Vorsichtig öffnete ich die Augen und grinste ihn an. Verärgert buffte er mich in den Arm, woraufhin ich lachen musste. Er zog mich hoch und setzte sich neben mich. „Du kleine Drama Queen.“, schimpfte er. „Musst du gerade sagen!“, blaffte ich zurück, hackte mich bei ihm ein und legte meinen Kopf auf seine Schulter. Endlich waren wir alleine!
Max
Unser Plan war zwar nicht perfekt aber ich hoffte, dass somit Sarah sich in nicht ganz so großer Gefahr befand. Ich war froh, dass sie zustimmte, denn ich wusste dieser Plan würde ihr viel abverlangen. Währenddessen kümmerte ich mich um unser Problem mit Jeanine. Sie sollte heute entlassen werden und ich wollte sie höchstpersönlich abholen. „Bist du bereit?“, fragte mich Zack als wir im Auto vor dem BKH saßen. „Bleibt mir eine andere Wahl?“, entgegnete ich ihm, woraufhin er mir aufmunternd auf die Schulter klopfte. Mit einem mulmigen Gefühl stieg ich aus dem Auto aus und wir machten uns auf den Weg. „Maxilein! Wie schön dich zu sehen.“, rief mir Jeanine entgegen und rannte auf mich zu um mich zu umarmen. Ich ließ es über mich ergehen und wartete einen kleinen Moment bevor ich sie von mir schob. „Du hast Glück, meine Eltern sind gestern wieder von ihrer Reise zurückgekommen und brennen schon darauf dich kennenzulernen.“, berichtete sie freudig. Ohne auf eine Antwort zu warten, schleifte sie mich in ihr Zimmer, drückte mir ihre Taschen in die Hand und verabschiedete sich im Schwesternzimmer. „Dir ist klar, dass du gerade ihr Packesel bist?“, spottete Zack, der das ganze belustigt beobachtet hatte und erntete meinen bösen Blick. Nachdem das Gepäck im Auto verstaut war, fuhr ich zu Jeanines Villa. Kaum war ich in die Richterstraße eingebogen, holten mich auch schon die Erinnerungen an die Entführung ein. Jeanine schien es genauso zu ergehen, denn im Rückspiegel konnte ich sehen, dass sie beschämt die Augen niederschlug. Ich fuhr in die Einfahrt und parkte das Auto. Kurz darauf kamen auch schon ihre Eltern uns entgegen. Freudig lief sie auf sie zu und umarmte diese. „Und welcher der beiden ist derjenige, der meiner Tochter den Hof macht? Oder sind es gleich beide?“, fragte ihr Vater frei heraus. Jetzt war mir klar woher sie ihren Charme hatte. „Vater, du blamierst mich.“, rief sie empört. „Warum, kommt ihr nicht alle erst mal herein. Wir können uns auch drinnen weiter kennenlernen.“, bat uns ihre Mutter herein. Wir folgten ihr durch das reich verzierte Foyer in den Empfangsraum. Dieser war mit zwei Sofas, zwischen denen ein gläserner Tisch stand eingerichtet. Der Raum hatte einen Marmorboden und war mit einem Kamin ausgestattet. Die Wände waren voll mit Familienportraits. Ihre Mutter gebot uns, uns zu setzen und befahl einem Diener mit Kaffee zu kommen. Es dauerte nicht lange und der Diener brachte das gewünschte Getränk. „So und jetzt erzähl mir wie es dazu gekommen ist.“, richtete ihr Vater das Wort an sie und zeigte auf uns. Jeanine erzählte wie sie uns kennengelernt hatte, allerdings ließ sie das ein oder andere Detail aus. Zum Beispiel verschwieg sie, dass sie mich erst beobachten hat lassen und natürlich auch die Entführung und den Aufenthalt im BKH verschwieg sie. Für ihre Eltern war sie im Urlaub gewesen. Geduldig hörten ihre Eltern zu und stellten ab und an eine Frage. Hin und wieder betrachtete mich ihr Vater skeptisch, machte aber keine Anstalten mich anzusprechen. „Das heißt also auf gut Deutsch, du hast diesen Nichtsnutz aus der Gosse gezogen und zu deinem persönlichen Hilfsprojekt gemacht.“, fasste ihr Vater zusammen. Schockiert sprang ich vom Sessel auf und warf dabei versehentlich die Kaffeekanne um, woraufhin sich dessen Inhalt unglücklicherweise auf der Hose von Jeanines Vater wiederfand. „Und ein Tollpatsch ist er auch noch!“, rief er entsetzt und schüttelte mit dem Kopf. Mit geballten Fäusten stand ich ihm gegenüber. Nur der Tisch trennte uns noch, was sein Vorteil war, da ich sonst nicht zweimal überlegt hätte und ihm gleich an die Gurgel gesprungen wäre. Zack, der ebenfalls aufgestanden war, packte mich und schob mich hinaus, ohne sich zu verabschieden. Auch draußen konnte ich noch Jeanines Vater schreien hören: „Wenn du weiterhin mit Ihm Kontakt hast und unser Geld damit aus dem Fenster wirfst, drehe ich dir den Geldhahn zu!“ Jetzt musste ich schmunzeln. Auch wenn ich gerade noch wütend war und mich beleidigen lassen musste, hatte es doch was Gutes. Ungewollt hatte er mir damit in die Hand gespielt und mir die Aufgabe, Jeanine los zu werden, erleichtert. Am Auto angekommen, lehnte Zack sich ans Auto und zündete sich erstmal eine Zigarette an. Anscheinend hatte ihn diese Situation doch ein wenig mitgenommen. Gedankenverloren hielt er mir die Schachtel hin, die ich dankend abwies. Ich hatte beschlossen das Rauchen endgültig aufzugeben, da ich ja eh nur das Bedürfnis danach verspürte, wenn Sarah nicht da war oder etwas zwischen uns vorgefallen war. „Der hat Nerven!“, schimpfte Zack. „Stimmt. Aber er hat uns eigentlich auch ungewollt geholfen.“, erwiderte ich grinsend. „Wie das?“ „Nun ja, sie muss sich jetzt quasi zwischen mir und dem Geld entscheiden. Und was denkst du was ihr wichtiger ist?“ „Hm.“, seufzte er nachdenklich. „Wir werden es sehen.“
Sarah
Es war jetzt ein paar Wochen her, seitdem Max mich besucht hatte. Kristian war ab diesen Zeitpunkt noch anhänglicher und freundlicher gewesen, was mir zugegebenermaßen gefiel. Gerade waren wir zusammen ein Eis essen, was er mir ausgegeben hatte. „Hast du denn schon eine Wohnung gefunden?“, unterbrach er die peinliche Stille, die eingetreten war. Ich nickte. „Es ist eine kleine Zweizimmerwohnung, ein wenig außerhalb der Stadtmitte. Sie hat eine kleine Einbauküche, ein kleines Bad mit Badewanne und einen kleinen Balkon. Nächste Woche helfen mir meine Eltern beim Streichen und aufbauen.“, erwiderte ich. „Dann müssen wir die Zeit noch gut nutzen und deinen Erfolg feiern.“ Verdutzt starrte ich ihn an. „Meinen Erfolg feiern? Was hast du vor?“ „Lass dich überraschen.“, erwiderte er geheimnisvoll und nahm meine Hand in seine. „Lass das, hier sind so viele Leute.“, flüsterte ich verlegen und schaute mich verstohlen um. „Sollen sie doch. Ich würde es auch in die ganze Welt hinaus schreien, damit alle wissen zu wem du gehörst!“, erwiderte er nun etwas lauter und zog mich zu sich. Ich schlug ihm auf die Brust. „Du bist verrückt.“ „Verrückt nach dir!“, entgegnete er und küsste meine Stirn. Auch wenn wir jetzt seit ein paar Tagen offiziell zusammen waren, fühlte es sich noch unwirklich an. Immer und immer wieder versicherte er mir, dass er es nicht zulassen würde, dass mir ein Leid geschehen würde. Dass er mich damals so bedrängt hatte, tat ihm Leid, er hätte gedacht seine Gefühle würden auf Gegenseitigkeit beruhen. Alles in allem trug er mich sozusagen auf Händen, was wünscht man sich noch? „Hey, du Tagträumerin!“, riss er mich aus meinen Gedanken. „Machst du dir schon wieder Sorgen? Du weißt, dass brauchst du nicht. Auch wenn du weg bist, werden wir das schaffen. Sobald ich mit der Schule fertig bin, komme ich nach.“ „Ich weiß.“, seufzte ich, woraufhin er mich in den Arm nahm.
Der Umzugstag rückte immer näher. Überraschenderweise hatte Kristian angeboten beim Streichen und Aufbauen zu helfen, also hatten meine Eltern ihn kurzerhand mit eingepackt. Gerade machten meine Eltern und ich eine kurze Pause und gönnten uns einen kleinen Snack, bis Kristian wieder zurück war. Er wollte die Chance in Hof zu sein, kurz nutzen um einen Freund zu besuchen. „Netter Junge.“, bemerkte mein Vater ohne Umschweife. „Wie lange kennst du ihn denn schon?“ „Wir gehen in dieselbe Klasse und er begleitet mich immer nach Hause.“, erwiderte ich verlegen. „Und warum lernen wir ihn erst jetzt kennen?“, fragte meine Mutter vorwurfsvoll. „Weil da nichts ist. Er ist ein Klassenkamerade wie jeder andere auch!“, rief ich empört. „Das siehst du so. Er ist da anderer Meinung.“, erwiderte meine Mutter. „Und wie kommst du bitte auf diese Idee? Jetzt sag nicht du hast es im Gefühl.“, blaffte ich sie an. „Überleg doch mal, warum sonst hat er sich angeboten zu helfen und warum begleitet er dich immer nach Hause? Bist du wirklich der Meinung er täte es einfach so ohne Hintergedanken?“, versuchte mich meine Mutter zu überzeugen. Und sie hatte ja Recht, Kristian hatte von Anfang an Gefühle für mich entwickelt gehabt, nie wollte er, dass mir etwas zustößt - das sagte er zumindest. „Und wenn schon. Ich bin eh in ein paar Tagen weg, dann sehen wir uns kaum oder gar nicht mehr. Fernbeziehungen sind doch von Vornherein zum Scheitern verurteilt.“, wandte ich ein. „Sie sind lediglich schwieriger, aber nicht unmöglich.“, wiedersprach mein Vater. „Gib eurer Beziehung eine Chance.“ Wenn mein Vater nur wüsste wie Recht er mit dieser Aussage hatte, schließlich hatte es mit Max auch funktioniert. Das Klingeln der Wohnungstür erlöste mich von einer Antwort. Ich sprang auf und eilte zur Sprechanlage. „Wer da?“, fragte ich heiter. „Ich bin es Max. Lass mich rein.“, ertönte es vom anderen Ende der Leitung. „Geht nicht, warte ich komme.“, flüsterte ich, ließ ihn ins Haus, schnappte mir den Haustürschlüssel und rannte die Treppen runter. „Was machst du hier? Meine Eltern und Kristian sind hier.“, begrüßte ich ihn verärgert. Kurzerhand nahm er mich einfach in den Arm, ohne auf meine Gegenwehr zu achten. „Ich hatte Sehnsucht nach dir, darf ich das nicht mehr?“, raunte er mir in mein Ohr und ein wohliger Schauer durchfuhr mich. „Falls es bei dir noch nicht angekommen ist, ich gehöre nicht mehr dir!“, erwiderte ich und stemmte mich mit aller Kraft gegen seine Brust. Verärgert sah er mich an. „Dir ist einfach nicht zu helfen. Erst behauptest du die ganzen Jahre, du würdest mich lieben und jetzt wirfst du dich dem nächstbesten an den Hals!“ Aus den Augenwinkeln sah ich, dass jemand vor der Tür stand und wahrscheinlich unser Gespräch genauestens verfolgte. „Was ich jetzt mache geht dich nichts an!“, zischte ich und öffnete die Tür. Wie erwartet stand Kristian vor uns und sah verärgert aus. „Hast du es nicht gehört? Du sollst dich verziehen!“, brummte er, doch Max lies das kalt. „Viel Spaß mit ihr, sie ist ein wahres Mienenfeld!“, erwiderte Max, worauf ich ihn kurzerhand an der Schulter packte, herumwirbelte und ihm eine saftige Ohrfeige verpasste. „Verschwinde, wenn du noch nach Hause laufen willst!“ zischte Kristian, zog ihn aus der Haustüre raus und setzte ihn vor die Tür. Ich musste mir ein grinsen verkneifen. Sollte es zu diesem Kampf kommen, wäre es Kristian, der danach nicht mehr in der Lage sein würde eigenständig zu laufen. „Hat er dich belästigt?“, fragte Kristian besorgt und betrachtete ich genauer. „Nein. Alles gut, ich wird schon mit ihm fertig.“, erwiderte ich, nahm seine Hand und zog ihn die Treppen hinauf, zurück in die Wohnung.
Max
Sarah hatte mir geschrieben, dass sie mit ihren Eltern und Kristian heute in ihrer neuen Wohnung sein würden. Also beschloss ich sie zu besuchen. Ich hatte in meinem Auto darauf gewartet, bis Kristian weg war, um danach bei ihr zu klingeln. „Wer da?“, ertönte es aus der Sprechanlage. „Ich bins Max, lass mich rein.“, erwiderte ich. „Geht nicht. Warte ich komme.“, flüsterte sie und ließ mich ins Haus. Ich hörte wie sie die Treppen hinunter eilte und nahm sie unten mit einer Umarmung in Empfang. „Was machst du hier?“, wollte sie wissen. „Ich hatte Sehnsucht nach dir, darf ich das nicht mehr?“, raunte ich in ihr Ohr. „Falls es bei dir noch nicht angekommen ist, ich gehöre nicht mehr dir!“, erwiderte sie und stemmte sich mit aller Kraft gegen meine Brust. Ich ließ locker und sah sie gespielt Verärgert an. Sie gab mir ein Zeichen, dass jemand vor der Haustüre stand und lauschte. Das Spiel konnte also beginnen. „Dir ist einfach nicht zu helfen. Erst behauptest du die ganzen Jahre, du würdest mich lieben und jetzt wirfst du dich dem nächstbesten an den Hals!“, beschuldigte ich sie etwas lauter. „Was ich jetzt mache geht dich nichts an!“, zischte sie und öffnete die Tür. Wie erwartet stand Kristian vor uns und sah verärgert aus. „Hast du es nicht gehört? Du sollst dich verziehen!“, brummte er. „Viel Spaß mit ihr, sie ist ein wahres Mienenfeld!“, erwiderte ich kalt, worauf Sarah mich kurzerhand an der Schulter packte, herumwirbelte und mir eine saftige Ohrfeige verpasste. „Verschwinde, wenn du noch nach Hause laufen willst!“ zischte Kristian, zog mich aus der Haustüre raus und setzte mich vor die Tür. Kaum war diese zu und ich außer Hörweite, brach ich in schallendes Gelächter aus. Er hatte den Köder geschluckt. Zwar war die Ohrfeige nicht geplant, aber sie zeigte ihre Wirkung. Jetzt konnte Kristian nicht mehr misstrauisch werden. Ich musste gestehen, es fiel mir sehr schwer mich von Sarah fern zu halten, doch es war notwendig, damit unser Plan aufging. Als Sarah mir damals erzählt hatte, dass Kristian ihr gedroht hatte und sie es nicht ertragen könnte mich in Gefahr zu wissen, schlug ich vor, ihm eine Beziehung vorzuspielen. Natürlich protestierte sie und versicherte mir, dass nie was zwischen den beiden laufen würde und sie ausschließlich mich lieben würde. Es kostete einiges an Überzeugungskraft, damit sie schlussendlich einwilligte. Letztendlich die Aussicht auf ein baldiges Ende, ließ sie zustimmen. Mir war bewusst, dass es sie einiges an Kraft kostete und ich bewunderte sie dafür umso mehr.
Noch am selben Abend stattete ich Jeanine einen Besuch ab. Es hatte lange Zeit gedauert bis sie sich getraut hatte mich zu kontaktieren. Anscheinend hatte ihr Vater ganze Arbeit geleistet. Sie hatte mich gebeten sie in dem kleinen Häuschen neben der Villa zu treffen, versicherte mir aber, dass sie diesmal nicht vorhatte mich gefangen zu halten. Da es nicht weit entfernt war, war ich zu Fuß unterwegs. Ich betrat gerade Türschwelle als ich eine angeregte Unterhaltung mitbekam. „Ich glaub du spinnst! So war das Ganze nicht vereinbart!“, rief Jeanine aufgebracht. „Dein Vater ist doch sowieso dagegen, also kannst du ihn doch getrost mir überlassen!“, entgegnete ihr eine männliche Stimme. „Kristian, ich warne dich. Krümmst du Max auch nur ein Haar, mach ich deine Kleine fertig!“ „Jetzt beruhig dich doch mal. Ich habe lediglich gesagt, ich würde ihm eine Lektion erteilen, wenn er sich nicht von Sarah fern hält. Außerdem weist du doch, dass ich in Wirklichkeit nichts für Sarah empfinde, also kannst du dich ruhig austoben, ich werde dich nicht aufhalten. Aber du weißt ja, dass ich gleiches mit gleicher Münze heimzahle.“, drohte er. Leise zog ich mich zurück und ging ums Haus rum. Gerade rechtzeitig, denn Kristian kam just in diesem Moment aus der Tür gestürmt. Jeanine folgte ihm und hielt ihn kurz zurück. „Mach keine Dummheiten, versprich mir das.“ Kristian drehte sich zu ihr um und nahm ihren Kopf zwischen seine Hände. „Ich verspreche es. Ich werde unsere Freundschaft nicht wegen solchen Kleinigkeiten aufs Spiel setzen. Aber merk dir meine Worte: Auch wenn ich immer für dich da bin, wenn du nicht vorsichtig bist, wird es früher oder später schief gehen.“, erwiderte Kristian und verschwand in der Dunkelheit. Ich wartete noch einen kleinen Moment bis Jeanine zurück ins Haus getreten war, bevor ich an der Tür klopfte. „Danke, dass du gekommen bist.“, begrüßte mich Jeanine nachdem sie die Tür geöffnet hatte. „Du wolltest etwas besprechen.“, entgegnete ich. Sie nickte und bat mich herein. „Ich wollte mich bei dir entschuldigen. Ich habe eingesehen, dass es nicht richtig war, was ich getan habe. Bitte verzeih mir.“ Ich muss wohl sehr überrascht dreingeschaut haben, denn Jeanine fing das Lachen an. „Ich weiß es kommt überraschend, aber ich meine es ernst. Und außerdem brauche ich deine Hilfe.“, stammelte sie. „Ok. Ich glaube dir. Wie kann ich dir denn helfen?“, erwiderte ich neugierig.
Sarah
Der Tag des Umzuges war gekommen. Meinen Eltern zuliebe ließ ich Kristian mithelfen, denn diese waren immer noch der Meinung, er würde mich lieben. Doch nachdem ich ihm mit Max den Streit vorgespielt hatte, verhielt er sich anders. Er war zwar immer noch zuvorkommend und zärtlich zu mir, aber er verbrachte nicht mehr so viel Zeit mit mir und kam mir auch nicht mehr so nahe. Im Prinzip konnte man sagen, es entwickelte sich zu einer Freundschaft zurück, was mich zum einen glücklich aber zum anderen auch stutzig machte. Was war sein Plan? Wollte er mich testen, oder hatte er jetzt wo ich nicht mehr für ihn unerreichbar war, kein Interesse mehr an mir? War ich uninteressant geworden? Ich hatte schon davon gehört, dass es Männer gab, die immer nur das begehrten, was für sie unerreichbar war, doch hätte ich nie gedacht, dass jemand mich einmal begehren würde. „Wohin soll diese Kiste?“, riss Kristian mich aus den Gedanken. „Steht doch drauf, in die Küche.“, erwiderte ich genervt. Nie hätte ich gedacht, dass ein Umzug so stressig sein könnte, selbst wenn man nur dirigiert! Neben meinen Eltern, meiner Oma und Kristian hatten sich auch andere Schulkammeraden und Freunde angeboten zu helfen, was den Umzug um einiges beschleunigte. Während mein Vater mit anderen die Kisten und restlichen Möbelstücke hoch trug, räumten meine Oma und meine Mama die Kisten aus. Ich war dazu verdammt alles zu koordinieren. „So, das war die letzte Kiste.“, bemerkte mein Vater und lächelte mich an. „Jetzt ist es Zeit für eine Pause.“ Kaum hatte er alle anwesenden ins Wohnzimmer beordert, klingelte es auch schon an der Tür. „Perfektes Timing.“, rief mein Vater glücklich und klatschte in die Hände. Er eilte zur Wohnungstür, nahm das Essen entgegen und kam vollbepackt wieder zurück. „Greift ruhig zu, es ist genug für alle da.“, entgegnete er und öffnete die Pizzaschachteln. Nachdem sich alle satt gegessen hatten, verabschiedeten sich einer nach dem anderen. Für manche war es vorerst das letzte Mal, dass ich sie sah. „Und du bist dir sicher, du willst schon die erste Nacht alleine hier verbringen? Soll nicht einer deiner Freunde da bleiben?“, fragte mich meine Mutter besorgt. Ich schüttelte den Kopf. „Ich bin nicht alleine. Jasmin wird bei mir übernachten, sie kommt später vorbei und wir machen es uns schön. Mach dir keine Sorgen Mom, ich komme schon zurecht, außerdem ist Oma ja nicht weit, sollte was sein.“, versuchte ich sie zu beruhigen. Sie drückte mich ganz fest an sich. „Ich werde dich vermissen mein Schatz.“, flüsterte sie in mein Ohr bevor sie mich losließ und die Treppe runter ging. Der letzte der sich verabschiedete war Kristian. „Da wären wir nun.“, begann ich verlegen, doch bevor ich überhaupt weiter reden konnte, nahm er mich in den Arm. „Es war schön mit dir, du warst eine gute Freundin. Auch wenn wir uns jetzt nicht so viel sehen werden, verspreche ich dir mich so oft wie möglich bei dir zu melden.“, raunte er in mein Ohr. Ich war so froh, dass er nicht wusste, was ich wirklich fühlte. „Ja es war schön, aber ich werde dich nicht zwingen mit mir zusammen zu bleiben. Ich weiß, dass Fernbeziehungen zum Scheitern verurteilt sind.“, erwiderte ich, hoffend er würde darauf anspringen. Doch mit dem was jetzt kam, hatte ich beim besten Willen nicht gerechnet. Er brach in schallendes Gelächter aus, schob mich in die Wohnung zurück und versetzte der Tür einen Tritt damit diese mit einem Knall zufiel. Verwirrt starrte ich ihn an. „Du willst tatsächlich mit mir Schluss machen? Du hast wohl vergessen zu was ich in der Lage bin!“, zischte er, und drängte mich immer weiter in die Wohnung. So langsam bekam ich es doch mit der Angst zu tun. Hatte ich ihn erneut unterschätzt? „Was willst du noch von mir? Wie willst du diese Beziehung aufrechterhalten?“, stammelte ich ängstlich. „Glaubst du tatsächlich, ich hätte dein kleines Spiel nicht durchschaut?“, fragte er mit einem gefährlichen Grinsen. Da er mich ins Wohnzimmer gedrängt hatte und die Couch hinter mir war, plumpste ich unvorbereitet auf eben diese. „Wovon sprichst du?“, fragte ich mit zitternder Stimme. Lachend baute er sich vor mir auf. „Du bist eine miese Schauspielerin. Ich wusste von Anfang an, dass du mir was vor machst um Max zu schützen. Du warst viel zu gefügig und hast mir viel zu schnell vergeben. Auch wenn ich euer Kleines Schauspiel genossen hatte und ich die Ohrfeige sehr amüsant fand, habe ich es euch keines falls abgekauft. Und ich habe auch schon dafür gesorgt, dass Max die Konsequenzen tragen muss.“ Jetzt bekam ich Panik. Max hatte sich tatsächlich in den letzten Tagen nicht gemeldet. Was hatte er vor? „Ja und? Was willst du jetzt tun?“, fragte ich mutig und hoffte, dass meine Stimme nicht zitterte. „Ich bin dir nichts schuldig und werde dich eh nie wieder sehen. Also verschwinde, bevor…“ „Bevor du was?“, unterbrach er mich wütend. „Was hast du vor? Wir sind hier alleine und kräftemäßig bin ich dir weit überlegen.“, drohte er. Zu meinem Glück klingelte es gerade an der Tür. Ich sprang auf und huschte an Kristian vorbei. Ich wunderte mich warum er mich nicht aufhielt, sondern mir den Weg frei gemacht hatte. Tat er am Ende doch nur so taff? Mit einem „Wer ist da?“ nahm ich den Hörer, der Freisprechanlage ab. „Das fragst du noch? Hast du schon mal auf die Uhr geschaut?“, begrüßte mich Jasmin. „Tut mir leid, ich hab die Zeit völlig vergessen, gib mir zwei Minuten.“, bat ich und legte wieder auf. Ich fuhr herum und stieß mit Kristian zusammen. Mit seinen Armen versperrte er mir jede Ausweichmöglichkeit. „Wir sind noch nicht fertig.“, brummte er, woraufhin ich nur die Augenbraue hochzog. „Da bin ich anderer Meinung.“, zischte ich und stemmte mich gegen seine Brust. Lachend ließ er von mir ab und öffnete die Wohnungstür. „Wir sehen uns früher wieder als dir lieb ist.“, verabschiedete er sich und eilte die Treppen hinunter. Erleichtert lehnte ich mich mit geschlossenen Augen in den Türrahmen. Wie konnte ich nur so dumm sein und glauben, er wäre darauf reingefallen? „Sarah, ist alles in Ordnung?“, begrüßte mich Jasmin woraufhin ich zusammenzuckte und sie mich besorgt ansah. Sie hatte ich vor Schreck ganz vergessen! „Ja alles gut, ich bin nur vom Umzug ganz kaputt.“, erwiderte ich und bat sie herein. Gemeinsam machten wir uns an diesem Abend über die Pizzareste her und schauten einen Film.
Die nächsten Tage verliefen recht eintönig. Ich packte noch die restlichen Kisten aus, bereitete mich auf die Berufsschule vor und versuchte auf andere Gedanken zu kommen. Mehrere Male versuchte ich Max zu erreichen, sei es über Anrufe, SMS oder, dass ich ihn besuchte, doch ich konnte ihn nicht erreichen. Aus lauter Verzweiflung beschloss ich Zack aufzusuchen. „Was verschafft mir denn die Ehre deines Besuches?“, begrüßte mich Zack an der Tür. „Ich mache mir Sorgen.“, erwiderte ich ohne Umschweife. Er bat mich herein und gebot mir mich auf das Sofa zu setzen. „Wie kann ich dir helfen?“, wollte er wissen. „Also. Weißt du. Ich.“, stammelte ich, da ich nicht wusste wie ich ihn fragen sollte. Geduldig wartete er bis ich mich soweit wieder im Griff hatte. „Hast du in den letzten Tagen mal was von Max gehört?“, fragte ich vorsichtig. „Naja, jetzt wo du fragst, er hatte sich ein paar Tage frei genommen und war nicht auf der Arbeit. Was er vorhat, hat er nicht gesagt.“, erwiderte er. Das war eher untypisch für ihn. Wenigstens Zack hatte er immer Bescheid gegeben. Hoffentlich ging es ihm gut. „Mach dir keine Sorgen. Ihm geht es sicher gut, er hat bestimmt nur viel zu tun.“, versuchte er mich zu beruhigen. Wie sehr wollte ich ihm glauben, doch die Drohung von Kristian, hallte mir noch in den Ohren.
Max
Die Bitte, die Jeanine mir gegenüber geäußert hatte, war so überraschend und unvorhersehbar, als würde es im Sommer plötzlich schneien. Mein Versprechen ihr zu helfen, musste ich natürlich einlösen und so kam es, dass ich mit ihr erst einmal ein paar Tage untertauchen musste. „Du musst mir helfen! Obwohl ich Kristian schon seit Jahren kenne und ihn als Freund sehr schätze, habe ich mich dennoch in ihn verliebt. Es ist einfach passiert, ohne Vorwarnung.“, hatte sie mir vor ein paar Tagen gestanden. Ich freute mich aus zweierlei Gründen. Zum einen war ich froh, weil ich nicht mehr in ihrem Visier war und zum anderen weil ich ihr das Glück der Liebe trotz allen gönnte. Doch das war nicht alles was ich an diesem Abend erfuhr. Sie wollte all das was geschehen und noch geplant war, beenden und einfach einen Neustart wagen. Dazu musste sie Kristians Vorhaben unterbinden. Sie erzählte Kristian sie würde mich gefangen halten und behalten bis er seinen Plan vollendet hätte. Doch was dieser war, wusste auch sie nicht. „Willst du nicht endlich mal rangehen?“, entgegnete Jeanine genervt. Zu gerne hätte ich ebendies getan, aber ich durfte es nicht. Ich musste Sarah im Dunkeln tappen lassen, damit Kristian keinen Wind davon bekam. „Es ist Sarah.“, entgegnete ich nur knapp. „Dann schalte es wenigstens auf lautlos, ich habe schon Kopfschmerzen von diesem Dauergebimmel.“, nörgelte sie. Ich drückte Sarahs Anruf weg und schaltete das Telefon aus. Ich musste noch ein paar Stunden durchhalten, dann würde hoffentlich der ganze Spuk zu Ende sein. Jeanine hatte für heute ein Treffen mit Kristian vereinbart, in dem sie die ganze Sache ein für alle Mal beenden wollten. Dass die Sache ein Ende haben würde war klar, nur das „Wie“ war die Frage. „Entspann dich es wird alles gut werden.“, versuchte ich sie zu beruhigen. „Das hoffe ich sehr. Denn Kristian gibt nicht so leicht auf, da muss schon ein großes Wunder passieren.“, entgegnete sie und lief weiter im Zimmer nervös auf und ab. Einen kurzen Moment später klingelte es auch schon an der Tür. Jetzt ging es um alles. Jeanine ging zur Haustüre und öffnete diese. „Wo ist er?“, begrüßte er sie schroff und schob sie beiseite. „Kristian, ich bitte dich. Lass es gut sein!“, flehte sie und eilte ihm hinterher. Mit verschränkten Armen stand ich ihm gegenüber. „So sieht man sich wieder.“, begrüßte ich ihn. „Ja leider.“, erwiderte er. „Doch heute wird das Ganze ein Ende haben.“ „Da hast du Recht“, stimmte ich ihm zu. Einen kurzen Moment lang war es so still, dass die Anspannung greifbar erschien. „Was willst du eigentlich von mir?“, unterbrach ich die Stille. Es schien mir so als würde Kristian gegen sich selber einen innerlichen Kampf ausfechten. „Du willst es wirklich wissen?“, entgegnete er mir, woraufhin ich nickte. „Gut du hast es ja nicht anders gewollt.“ Gespannt wartete ich auf eine Erklärung, „Es gibt da etwas, dass dir deine Mutter die ganzen Jahre verschwiegen hat, etwas wofür du jetzt gerade stehen musst. Ich fange am besten einfach mal vom vorne an. Damals als deine Mutter mit dir schwanger war, hatte sie einen großen Fehler begangen, indem sie deinen Vater vor die Tür setzte. Vater war so sauer, dass er sich schwor sie eines Tages dafür bezahlen zu lassen. Er hatte euch immer im Blick und als sich endlich die Möglichkeit für sein Vorhaben bot, kam ich ins Spiel.“, erklärte er. „Und warum schickt er dich und kümmert sich nicht selbst um die Angelegenheit?“, hakte ich nach. „Nun, das ist etwas, das müssten unsere Eltern untereinander klären. Meine Aufgabe war es lediglich dir das Leben ein wenig zu erschweren und dafür zu sorgen, dass du genauso deine Liebe verlierst wie er es damals tat. Nur bin ich leider kläglich daran gescheitert.“ Es kam mir alles vor wie ein böser Traum. Was meinte er damit und warum sollte er sich darum kümmern, was hatte er mit dem Ganzen zu tun? Jeanine schien es nicht anders zu gehen, denn sie starrte ungläubig von Kristian zu mir und zurück. „Und warum hat MEIN Vater DICH damit beauftragt? Schließlich ist es eine Familienangelegenheit!“, entgegnete ich verwirrt. Kristian fiel in schallendes Gelächter. „Du hast mir nicht richtig zugehört. Ich sagte es ist eigentlich etwas das UNSERE Eltern klären müssten.“ Das war wie ein Schlag ins Gesicht! Ich fühlte mich als würde die Welt, die ich bisher kannte, gerade vor mir in Scherben liegen. „Moment mal! Heißt das ihr beiden seid Brüder?“, mischte sich jetzt Jeanine ein und sprach aus was ich dachte. „Sein Halbbruder um genau zu sein.“, entgegnete Kristian kühl. Mir war das Ganze einfach zu viel. Wütend und verwirrt schubste ich ihn erstmal gegen die Wand und drückte ihn mit meinem rechten Arm dagegen. Intensiv starrte ich ihn an, hoffend ich könne aus seinen Augen lesen ob er die Wahrheit sprach. Doch sein Grinsen machte mich nur noch wütender, also beschloss ich, bevor ich noch eine Dummheit begehen konnte, einfach zu gehen. Ich ließ von Kristian ab, schob Jeanine beiseite und rannte aus dem Haus. „Max warte!“, hörte ich Jeanine rufen, doch ich war nicht gewillt zu bleiben. Ich brauchte jetzt erst einmal meine Ruhe um nachzudenken.
Sarah
Da Zack mir auch nicht wirklich helfen konnte und ich es einfach nicht untätig Zuhause aushielt, beschloss ich die Ruine aufzusuchen um ein wenig in Erinnerungen zu schwelgen. Es war schon später Nachmittag und die Sonne begann unterzugehen, doch mir machte die Dämmerung nichts aus. Ich war gerade in dem kleinen Stückchen Wald, das zur Ruine führte und genoss das Zwitschern der Vögel. Gedankenverloren betrat ich die Ruine und bog in den Vorraum ein. Ein paar Sekunden später, fand ich mich gegen die Wand gepresst wieder und mein Gegenüber hielt mir mit seiner Hand den Mund zu, damit ich nicht schreien konnte. Das alles ging so schnell, dass ich kaum Zeit hatte zu reagieren. Nachdem es in der Ruine noch ein Stück dunkler war, konnte ich nur die Umrisse meines Gegenübers erkennen. Da mir nichts Besseres einfiel, um mich zu befreien, biss ich mit aller Kraft in die mir dargebotene Hand. Mit einem Aufschrei ließ mein gegenüber von mir ab, und ich nutzte die Gelegenheit um zu fliehen, doch weit kam ich nicht, da er mich am Handgelenk erwischte und zu sich zurückzog. Unsanft prallte ich gegen seine Brust und war wieder einmal gefangen. „Was machst du hier?“, fragte Max überrascht als er mich erkannte und ließ mich los. Wut, Angst, Sorge, und Erleichterung durchfluteten mich gleichzeitig und suchten einen Weg nach draußen. „Dasselbe könnte ich dich fragen. Was soll das?“, schrie ich wutentbrannt und schlug auf seine Brust ein. Doch anstatt sich zu wehren oder mich davon abzuhalten, nahm er mich einfach wortlos in seine Arme. Ich gab jegliche Wehr auf und ließ es zu, dass er mich zum Fenster führte und sich mit mir setzte. „Ich kann dich nur zu gut verstehen. Und es tut mir wirklich leid.“, entschuldigte er sich und strich mir beruhigend den Rücken. „Ich hab mir solche Sorgen um dich gemacht. Kristian hatte mir erzählt, er hätte dich gefangen genommen und würde dich für unser Spielchen bezahlen lassen.“, schluchzte ich. Behutsam legte er seine Finger unter mein Kinn, hob meinen Kopf an und wischte mir die Tränen aus dem Gesicht. „Es tut mir leid, aber genau aus diesem Grund musste ich untertauchen. Mach dir keine Sorgen, jetzt hat der ganze Spuk ein Ende, das Verspreche ich dir.“, entgegnete er und drückte mich fest an sich. Erleichtert darüber, dass alles nochmal gut gegangen ist, schloss ich die Augen, lehnte meinen Kopf gegen seine Brust und lauschte seinem beruhigenden Herzschlag. Hoffentlich hatte er damit Recht, denn meiner Meinung nach hatte unsere Liebe schon genug Prüfungen durchstanden. Es lag uns nur noch eine letzte Prüfung bevor, nämlich den Segen unserer Eltern zu erlangen.
Max
„Das ist jetzt nicht dein Ernst!“, rief Zack aus. „Und du glaubst ihm das wirklich?“ „Es klingt logisch. Und ich habe momentan keine Beweise, die dagegen sprechen.“, erwiderte ich. „Da meine Mutter noch nicht aus ihrem Urlaub zurück ist, kann sie mir noch keine Erklärung liefern.“ „Hast du es Sarah schon erzählt?“, hakte er weiter nach, woraufhin ich mit dem Kopf schüttelte. „Sie sollte erst davon erfahren, wenn alles geklärt ist.“, mahnte ich Zack. „Ok ich werde ihr nichts sagen, aber du solltest es ihr nicht zu lange verheimlichen. Du weißt sie mag es nicht.“, gab sich Zack geschlagen. Dankbar klopfte ich ihm auf die Schulter und stand auf. Ich wusste auf ihn ist immer verlass. Es war jetzt schon ein paar Tage her seitdem ich Kristian und Jeanine das letzte Mal gesehen hatte. Da ich doch noch ein paar offene Fragen hatte, hatte ich ein Treffen mit den beiden ausgemacht, diesmal unter meinen Bedingungen. Wir trafen uns bei mir, Zack hatte ich gebeten mich zu unterstützen und gegebenenfalls zurück zu halten. Als es an der Tür klingelte, atmete ich noch einmal tief durch und öffnete die Tür. „Hallo Bruderherz!“, begrüßte mich Kristian mit ausgestreckten Armen und einem breiten Grinsen im Gesicht. „Zu früh?“, fragte er als er meinen grimmigen Gesichtsausdruck sah und zuckte mit den Schultern. Anstatt zu antworten, trat ich einen Schritt beiseite und ließ ihn in die Wohnung. „Jetzt erzähl nochmal ganz von vorne.“, bat ich nachdem wir es uns im Wohnzimmer gemütlich gemacht hatten. „Also.“, begann Kristian mit seiner Erklärung. „Wir beide haben denselben Vater. Als deine Mutter mit dir schwanger war, hatten die beiden einen riesigen Streit. Deine Mutter warf ihm vor, Fremdgegangen zu sein, doch in Wirklichkeit war er von einem gemeinsamen Freund reingelegt worden. Da er seine Unschuld nicht beweisen konnte und ihr gegenüber aggressiv wurde, warf ihn deine Mutter raus und schwor ihn vor Gericht zu zerren, sollte er ihr oder dir je zu nahe kommen. Später erklärte ihm dieser Freund, dass dies alles deine Mutter geplant hatte, darum schwor er Rache. Ein paar Wochen später lernte er meine Mutter kennen und als ich auf die Welt kam, sah er die Chance einer Rache. Er wollte deiner Mutter schaden indem er dir das Leben schwer machte. Er hatte dich immer im Auge und als es endlich soweit war, setzte er mich darauf an. Vor ein paar Wochen, also als er quasi auf dem Sterbebett lag, beichtete ihm dieser Freund, was damals wirklich passiert war. An dem Abend, kurz bevor ich dich traf, hatte ich dann einen Abschiedsbrief von meinem Vater erhalten in dem er alles aufklärte.“ Nachdem es kurz still war, hörte man Janine schluchzen. Wortlos griff ich in die Schublade vom Wohnzimmertisch und holte eine Schachtel Taschentücher heraus, die ich Jeanine unter die Nase hielt. Sie nahm sich eines und schnaubte hinein. „Entschuldigt aber es ist einfach zu herzzerreißend.“, schluchzte sie. Es war schon irgendwie seltsam. Ich kannte Jeanine nicht als emotionale Person, im Gegenteil, sie wirkte eher gefühllos. „Und was hast du jetzt vor? Wie soll es deiner Meinung nach weiter gehen?“, fragte ich Kristian. Dieser zuckte mit den Schultern. „Ich kenne nur Vaters Version, aber ich würde auch gerne die Version deiner Mutter hören. Danach denke ich wäre es das Beste, wenn wir beide unserer Wege gehen.“ Er machte eine kurze Pause. „Oder glaubst du, du könntest mir irgendwann verzeihen?“ Ich schwieg einfach, denn um ehrlich zu sein wusste ich es nicht. Momentan konnte ich es mir einfach nicht vorstellen. Ich wusste ja nicht mal ob ich es überhaupt irgendwann akzeptieren konnte, dass er mein Halbbruder sei. „Ich denke die Zeit wird schon zeigen ob und inwiefern ihr eure Beziehung pflegt.“, meldete sich Zack zu Worte. Wie schon so oft hatte er Recht. Die Zeit wird alles Weitere zeigen.
Sarah
Das Leben in der eigenen Wohnung, alleine und ohne Eltern war zwar ungewohnt, aber toll. Ich konnte tun und lassen was ich wollte, musste mich nach niemanden richten und mich auch nicht rechtfertigen wenn ich doch einmal später nach Hause kam. Und das nutzte ich natürlich erst einmal so richtig aus. Max und ich besuchten uns gegenseitig mehrmals die Woche. Für mich war es als wäre ein Traum wahr geworden. Endlich konnte ich mit Max zusammen sein. Auch heute waren wir miteinander verabredet, diesmal bei ihm. Ich war gerade in seine Straße eingebogen, als ich Kristian und Jeanine, gefolgt von Zack aus seiner Hofeinfahrt treten sah. Erschrocken versteckte ich mich hinter dem nächsten Baum und wartete bis sie außer Sichtweite waren. „Ob es doch noch nicht vorbei war?“, schoss es mir durch den Kopf und ich rannte los. Da die Haustüre offen stand, als ich ankam, rannte ich, ohne zu klingeln, die Treppen hinauf und klopfte an der Wohnungstür. Ungeduldig wartete ich das die Tür aufging, aber es dauerte mir einfach zu lange also klopfte ich erneut an der Tür, bis ich ein „Ich komme ja schon“ von innen vernahm. Kurz darauf ging auch schon die Tür auf. „Was ist denn mit dir los?“, begrüßte mich Max und sah mich verwundert an. Doch anstatt zu antworten, fiel ich ihm einfach erleichtert um den Hals. Max zog mich in die Wohnung, ließ die Tür ins Schloss fallen und brachte mich ins Wohnzimmer. „Was wollten Kristian und Jeanine hier?“, fragte ich ohne Umschweife und sah wie Max quasi die Kinnlade runter klappte. „Ich hab sie gerade aus dem Haus kommen sehen. Also was ist hier los? Was verschweigst du mir?“, hakte ich nun etwas lauter nach. „Beruhig dich erst mal, es ist alles in Ordnung.“, versuchte er mich zu besänftigen. „Ich wollte es dir heute sowieso erzählen. Es ist nämlich so. Kristian scheint mein Halbbruder zu sein.“ „Bitte was?“, unterbrach ich ihn schockiert. „Das ist ein schlechter Scherz!“ „Leider nein.“, erwiderte er und erzählte mir die ganze Geschichte. „Und das glaubst du ihm? Ich verstehe einfach nicht wie man seinem Bruder so etwas antun kann.“, schlussfolgerte ich kopfschüttelnd. „Mir bleibt vorerst keine andere Wahl. Bis meine Mutter wieder zurück ist, muss ich ihm Glauben schenken.“, erklärte er. „Und diesen Brief, hast du ihn je zu Gesicht bekommen?“, wollte ich wissen. „Nein. Warum fragst du?“, entgegnete er überrascht. „Naja. Damit hättest du zumindest einen Beweis. Vorausgesetzt der Brief ist nicht gefälscht.“, teilte ich meine Bedenken.
Max
Nachdem Sarah an diesem Abend gegangen war, hatte ich viel worüber ich nachdenken musste. Nicht genug, dass ich mich um den Segen ihrer Eltern Sorgen machte, jetzt musste ich mich auch noch um meinen angeblichen Halbbruder kümmern. Wach lag ich im Bett und dachte über Kristians Geschichte nach. Hatte meine Mutter mir all die Jahre etwas verschwiegen oder hatte sie es wirklich nicht gewusst? Wie würde sie denn darauf reagieren? Und wie um alles in der Welt sollte ich ihr am schonendsten davon erzählen? Ich wälzte mich unruhig im Bett hin und her, fand einfach keine Position die mich in den gewünschten Schlaf brachte. Auch das berühmte Schäfchen zählen brachte rein gar nichts. Also stand ich auf und beschloss mich anders abzulenken. Ich war gerade auf den Weg in die Küche, als ich ein komisches Geräusch hörte. Es kam aus dem Flur, von der Haustür aus. Als ich genauer hinhörte, wusste ich was es war. Jemand machte sich gerade an meinem Türschloss zu schaffen! Kurz überlegte ich was in dieser Situation am besten zu tun ist. „Angriff ist die beste Verteidigung!“, schoss es mir durch den Kopf, also schlich ich zur Tür und riss diese mit Schwung auf. „Sag mal spinnst du?“, rief Kristian aus als er unsanft auf dem Boden aufkam, doch anstatt zu antworten zog ich ihn in die Wohnung. „Was soll diese bescheuerte Aktion?“, fragte ich erzürnt. „Führst du etwa doch noch was im Schilde?“ „Jetzt mach mal halblang!“, zischte er und entzog sich meinem Griff. „Ich wollte dich nicht wecken, du hättest gar nichts davon mitbekommen dürfen.“ „Was machst du hier?“, fragte ich erneut und wartete gespannt auf seine Erklärung. „Ich brauche nur einen Platz zum Übernachten. Morgen bin ich wieder weg, versprochen.“ So richtig überzeugt war ich davon nicht. „Und deshalb brichst du bei mir ein? Schon mal was von Fragen gehört?“, fragte ich mit hochgezogener Augenbraue. „Es tut mir leid. Es war so kurzfristig, da war es nicht möglich. Bitte lass mich hier übernachten, morgen bevor du aufwachst bin ich auch schon wieder verschwunden. Du wirst gar nicht merken, dass ich da war.“, flehte er. „Na gut.“, gab ich mich geschlagen. „Das Sofa ist groß genug. Ich bring dir gleich Decke und Kissen.“ „Danke. Du wirst mich nicht bemerken.“, erwiderte er und verschwand im Wohnzimmer.
Als ich am nächsten Morgen aufwachte war Kristian tatsächlich schon weg. Ein wenig verwundert war ich schon, denn ich hatte eigentlich damit gerechnet, dass mir noch Ärger durch ihn bevorstand. Doch es war mir mehr als recht, dass dies nicht der Fall war, denn heute war ein wichtiger Tag. Heute sollte ich endlich Sarahs Eltern kennenlernen, dies war hoffentlich die letzte Hürde die unsere Beziehung noch bestehen musste. Da ich noch ein wenig Zeit mit Sarah vorher verbringen wollte, hatten wir uns in der Ruine verabredet. Also zog ich mich schnell an und machte mich auf den Weg dorthin. Dort angekommen holte ich mir wieder meine Schnitzerei aus meinem Versteck in der Wand und bearbeitete es während ich auf Sarah wartete. Keine 10 min später hörte ich auch schon näherkommende Schritte. „Hat sie wohl schon ihre Eltern mitgebracht?“, überlegte ich kurz, als ich bemerkte, dass die Schritte von mehreren Personen sein mussten. Doch dann hörte ich Männerstimmen und es ging alles ganz schnell. Ich musste eine Gang bei einem bevorstehenden Deal überrascht haben, denn zwei Kerle kamen auf mich zu und packten mich an den Armen. Sie entwendeten mein Taschenmesser und während sie mich festhielten, schlug ein dritter auf mich ein. Leider konnte ich ihn nicht erkennen, da er seinen Hoodie (Kapuze) so übergezogen hatte, dass man sein Gesicht nicht sehen konnte und auch zusätzlich mit einen Schaal den unteren Teil des Gesichtes verbarg. Ich erhielt zuerst einen Hieb in die Magengrube, dann einen Schlag ins Gesicht und wieder einen Hieb in die Magengrube, sodass ich zu Boden ging. „Hast du noch nicht genug? Was willst du hier?“, schrie einer. Doch es war mir nicht möglich zu antworten, da mir die Luft wegblieb. Also packte der dritte mich am Schopf und zog ihn in den Nacken sodass ich ihn ansehen musste. „Wer ist noch mit dir da?“, fragte er weiter. „Keiner.“, keuchte ich und spuckte Blut. Mit einem lauten Lachen erhielt ich einen erneuten Hieb in die Magengrube. Somit ging ich endgültig zu Boden. Bevor ich das Bewusstsein verlor, spürte ich noch wie sie grölend auf mich eintraten. Das nächste was ich danach wahrnahm war ein Schluchzen und Tränen die in mein Gesicht tropften. Ich wollte etwas sagen, aber alles was ich herausbrachte war ein leises stöhnen. „Max? Geht es dir gut? Bitte wach auf!“, flehte Sarah. Mit einem Mal war ich wieder in Alarmbereitschaft und riss die Augen auf. Hoffentlich ist ihr nichts passiert! Als ich sie erblickte, sah ich, dass auch sie ein paar Schläge eingesteckt haben musste, denn sie hatte eine aufgeplatzte Lippe und eine kleine Schürfwunde an der Stirn. „Was ist passiert?“, fragte ich so laut es mir möglich war. Doch anstatt zu antworten, nahm Sarah meinen Kopf und bette diesen vorsichtig in ihrem Schoß. Danach nahm sie ein Taschentuch und tupfte in meinem Gesicht rum. „Da waren irgendwelche Typen, die auf dich einschlugen als ich kam. Nachdem sie mich entdeckt hatten kamen zwei von Ihnen auch auf mich zu und drängten mich in ein Eck. Als ich nach dem ersten Schlag mit einem Schrei zu Boden ging, muss wohl ein Spaziergänger mit Hund es gehört haben, denn dessen deutsche Dogge rannte bellend und zähnefletschend auf uns zu. Daraufhin bekamen die Kerle es mit der Angst zu tun und rannten davon.“, berichtete sie. „Kannst du aufstehen?“, fragte sie besorgt. Zu Recht, denn später als ich mich in einem Spiegel betrachten konnte, sah ich wie übel zugerichtet ich war. Vorsichtig half sie mir hoch, legte meinen Arm um ihren Hals und stützte mich. Gemeinsam gingen wir zurück zur Straße und sie setzte mich auf einer Bank ab. „Soll ich Zack anrufen, dass er dich ins Krankenhaus bringt?“, fragte sie besorgt und sah mich prüfend an. „Nein es geht schon.“, erwiderte ich, doch ich hätte genauso gut gegen eine Wand reden können, denn sie zückte kurzerhand das Handy und rief Zack an.
Sarah
„Du bist mir einer! Nie kann man dich alleine lassen.“, schimpfte Zack mit Max. Auch wenn die Situation eigentlich sehr ernst war, musste ich trotzdem über diese Aussage lachen. „Komm, ich bring euch beide am besten in ein Krankenhaus, damit man sich um euch kümmern kann.“, fuhr Zack fort und zerrte Max ins Auto. Nachdem ich ebenfalls im Auto auf der Rückbank saß, fuhr er los. „Was ist eigentlich passiert?“, fragte er und schaute mich durch den Rückspiegel an. „Nichts was dir Sorgen bereiten muss. Ich war einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort.“, brummte Max. Ich ahnte schon, dass meine Aktion einfach Zack anzurufen noch ein Nachspiel haben würde, aber darüber wollte ich mir jetzt keine Gedanken machen. „Dich hat es ganz schön erwischt. Wie viele waren es?“, hackte Zack weiter nach, doch Max schwieg. Jeder in diesem Auto wusste, dass eine einzelne Person nicht in der Lage gewesen wäre Max so zuzurichten, dafür waren seine Kraft und seine Reflexe zu gut trainiert. „Ist denn wenigstens bei dir alles ok?“, gab Zack auf und richtete sich wieder an mich. „Ja, mir geht es gut. Ich hatte mehr Glück gehabt.“, erwiderte ich. Endlich fuhren wir auf den Parkplatz des Krankenhauses vor und nachdem Zack uns am Haupteingang rausgelassen hatte, machte er sich auf die Suche nach einem Parkplatz. Max stützend ging ich in Richtung Empfang der Notaufnahme um uns anzumelden. Eine junge schwarzhaarige Frau legte uns, ohne uns anzusehen, ein Formular hin. „Hinsetzen und Ausfüllen“, befahl sie und tippte eifrig weiter auf ihrer Computertastatur. Ich schnappte mir das Klemmbrett mit dem Formular und setzte mich mit Max in den Wartebereich. Nachdem ich alles ausgefüllt hatte, ging ich zu ihr zurück. „Hier! Und jetzt einen Arzt bitte, oder muss man hier erst sterben?“, entgegnete ich schnippisch und knallte ihr das Klemmbrett vor die Nase. Mit hochgezogener Augenbraue sah sie mich an und deutete mit dem Kopf wieder in Richtung Wartebereich. Ich zog eine Grimasse und ging zurück zu Max. Glücklicherweise war der Wartebereich leer und wir mussten nicht lange warten, sonst hätte ich sicherlich einen riesen Aufstand gemacht. Ich war einfach mit den Nerven am Ende. Die Angst steckte mir einfach noch zu sehr in den Knochen, dazu kam natürlich die Sorge um Max. Nicht zu vergessen war auch das bevorstehende Treffen mit meinen Eltern. Das war einfach zu viel des Guten. Kurz nachdem Zack uns gefunden hatte, wurden wir auch schon aufgerufen. Wiederwillig folgte Max mit meiner Hilfe dem Arzt, Zack blieb im Wartebereich. „Da hat sie aber jemand ganz schön zugerichtet. Was ist denn passiert?“, fragte der Arzt während er die erste Wunde bei Max versorgte. „Ich war ein wenig tollpatschig.“, erwiderte er und sah mich warnend an. Dies hatte der Arzt natürlich bemerkt, ließ sich aber nichts anmerken. „Und Ihre Freundin war auch ein wenig tollpatschig?“, hackte er nach und versorgte die nächste Wunde. „Mir geht es gut, Doc. Danke.“, erwiderte ich schnell und rutschte nervös auf meinem Stuhl hin und her. Nachdem er bei Max alle Wunden versorgt hatte, wandte er sich an mich. „Soll ich mir auch bei Ihnen die Wunden kurz ansehen?“ Ich schüttelte mit dem Kopf und wollte aufstehen um Max zu helfen, da hielt mich der Arzt zurück. „Ich bin noch nicht fertig. Ihr Freund sieht schlimm aus, ich möchte ihn gerne genauer untersuchen lassen, nur um sicher zu gehen, dass er keine inneren Verletzungen hat.“ „Kommt nicht in Frage! Mir geht es gut.“, wiedersprach Max lautstark und sprang von der Liege. Was, wie sich herausstellte ein Fehler war, denn seine Beine gaben nach und er landete auf seinem Allerwertesten. Dem Doktor schien der Einspruch nicht zu interessieren. Er verließ das Zimmer mit der Anweisung ihn ins CT zu bringen und Stationär aufzunehmen. „Ich werde meinen Eltern schnell Bescheid geben, dass unser Treffen warten muss.“, erklärte ich Max während ich ihm wieder hoch half. Da ich keine Antwort erhielt, verließ ich das Zimmer und schickte stattdessen Zack hinein. Um besseren Empfang zu bekommen verließ ich das Krankenhaus und rief meine Eltern an. „Schatz ist alles in Ordnung? Wir stehen seit 15 min vor deiner Tür. Hast du denn beim Lernen in der Berufsschule mal wieder die Zeit vergessen?“, fragte meine Mutter vorwurfsvoll. „Nein Mom, alles in Ordnung ich hab die Zeit vergessen. Wir müssen das heute leider verschieben. Geht doch erst mal zu Oma, ich komme dann später.“, bat ich. „Ok Schätzchen, bis später.“, verabschiedete sie sich. Mit einem erleichterten Seufzer beendete ich das Gespräch und eilte zurück ins Krankenhaus. Im Wartezimmer traf ich wieder auf Zack. „Er ist gerade im CT“, erklärte er und reichte mir einen Becher mit dampfenden Kaffee.
Max
Alles in mir stäubte sich, mich im Krankenhaus untersuchen zu lassen. Ich hasste einfach Krankenhäuser. Zwar hatte ich kein Problem jemanden ins Krankenhaus zu befördern oder jemanden dort zu besuchen, doch selbst auf Dauer dort zu sein konnte und wollte ich nicht. Außerdem musste ich die Typen finden, die es gewagt haben Sarah zu verletzen! Mich kümmerte es nicht wenn ich in Gefahr war, doch sie wollte ich für immer in Sicherheit wissen. Wenn ich könnte würde ich alles Leid von ihr fern halten, doch es schien immer mehr das eben genau ich der Grund für ihr Leid bin. Wieder einmal holten mich all jene Zweifel, die ich zu verdrängen versuchte, ein. „Bitte legen Sie sich hier hin, schließen Sie die Augen und versuchen Sie sich so wenig wie möglich zu bewegen.“, forderte mich die Krankenschwester auf als wir den CT-Raum erreicht hatten. Ich folgte den Anweisungen und legte mich auf die Liege. „Ich werde Ihnen noch ein Kontrastmittel spritzen, damit wir auch alles sehen können. Ist nur ein kleiner Piecks.“, säuselte die Krankenschwester und stach zu. Ein paar Sekunden später wurden meine Augenlieder schwer und ich fiel in eine Art tiefen Schlaf.
Als ich wieder erwachte fand ich mich in einem Krankenzimmer ans Krankenbett gefesselt wieder vor. Verwirrt schaute ich mich um, doch außer mir war das Zimmer leer. Ich rüttelte an der Handschelle, doch diese fiel nicht wie erhofft ab. Da ich noch nicht wirklich klar denken konnte, versuchte ich mich erst einmal an den Grund warum ich in erster Linie hier war, zu erinnern. Kurze Zeit später ging die Tür auf und Zack trat ein. „Schön dass du wieder unter uns weilst.“, begrüßte er mich kühl. „Was soll das alles?“, fragte ich ihn. „Das wollte ich dich auch fragen. Was genau ist denn passiert?“, hakte er nach und setzte sich auf den Stuhl neben dem Bett. „Dir ist hoffentlich klar, dass du in Schwierigkeiten bist.“ „Ach ne. Das ist komplett an mir vorbei gegangen!“, unterbrach ich ihn sarkastisch und hob die angekettete Hand. Meinen Einwand ignorierend fuhr er fort: „Dir wird Diebstahl und schwere Körperverletzung vorgeworfen. Glaub mir es ist ernst. Just in diesem Moment verhört man Sarah und verdächtigt sie Beihilfe geleistet zu haben!“ Jetzt verstand ich gar nichts mehr! Wie konnte das passieren und vor allem wer um alles konnte dahinter stecken? „Zack, Ich schwöre dir, ich habe nichts dergleichen getan! Du kennst mich und du kennst Sarah. Glaubst du wirklich sie ist zu so etwas in der Lage?“, versuchte ich ihn zu überzeugen. „Beruhig dich. Ich kenne dich und ich weiß dass selbst DU nicht in der Lage wärst jemand unschuldigen so etwas zu tun. Mir stellt sich jetzt nur die Frage was ist passiert und wer dahinter steckt.“, erwiderte er. „Alles was ich noch weis ist, dass ich mit Sarah in der Ruine verabredet war. Dort muss ich wohl eine Gang gestört haben, denn drei Typen schlugen auf mich ein bis ich das Bewusstsein verlor. Als ich wieder zu mir kam, war Sarah da und hat mich zur Straße gebracht. Dort hast du uns dann abgeholt.“, erzählte ich was passiert war. „Haben Sie denn irgendwas gesagt oder gefragt?“, hakte Zack nach. Ich überlegte kurz. „Mir fällt nur noch ein, dass sie fragten ob ich allein sein und noch nicht genug habe.“ Weitere Überlegungen waren nicht möglich, da die es an der Tür klopfte. Zack gab mir das Zeichen nichts weiter zu sagen und ich bat den Besuch herein. Die Tür flog auf und Sarah rannte auf mich zu. Um sie nicht noch weiter zu beunruhigen warf ich die Decke schnell über meine angekettete Hand und nahm mit der freien Hand ihre Umarmung entgegen. „Mach dir keine Sorgen. Das ist sicher nichts weiter als ein großes Missverständnis.“, versuchte ich sie zu beruhigen. „Bist du dir da sicher?“, schluchzte sie und löste sich aus meiner Umarmung. Ich nickte und wischte ihr mit der freien Hand die Tränen von der Wange. „Geh nach Hause und lenk dich ein wenig ab. Ich kümmere mich mit Zack um alles Weitere.“ Innerlich belustigt beobachtete ich wie sie noch zögerte, wahrscheinlich einen inneren Kampf ausfocht, sich aber dann doch noch dazu entschied meiner Bitte nachzukommen. Mit einem Kuss verabschiedete sie sich und eilte aus dem Zimmer.
Sarah
Mit gemischten Gefühlen machte ich mich auf den Weg zu meiner Oma. Zwar hatte ich meinen Eltern erzählt, dass ich etwas Wichtiges mit ihnen besprechen wollte, aber nicht das ich ihnen Max vorstellen wollte. Wie würden sie wohl darauf reagieren? Mit dem Haustürschlüssel, den ich von meiner Oma bekommen hatte, öffnete ich die Wohnungstür. „Sarah Schatz, bist du das?“, rief meine Mutter aus der Küche heraus. „Ja Mom. Wer denn sonst? Erwartet ihr noch jemanden?“, erwiderte ich und hing meine Jacke auf. Kurz atmete ich noch einmal tief ein und aus und betrat die Küche. „Was ist denn mit dir passiert?“, begrüßte mich meine Oma schockiert. Schlagartig fiel mir wieder ein, dass ich ja die Schürfwunden hatte. „Mach dir keine Sorgen. Es sind nur ein paar Kratzer, nichts weiter.“, versuchte ich die Anwesenden zu beruhigen und setzte mich mit an den Küchentisch. „Hattest du Streit mit Kristian?“, bohrte meine Mutter. „Wie kommst du denn auf die Idee?“, entgegnete ich verblüfft. „Nunja als wir vor deinem Haus standen haben wir Kristian beobachtet wie er aus der Haustüre kam. Als wir ihn zu uns riefen und er mir die Hand reichte sah ich, dass seine Knöchel an der Hand aufgeplatzt waren, so als hätte er jemanden geschlagen. Und jetzt sitzt du hier vor uns und siehst recht zugerichtet aus. Ich kann 1 und 1 zusammenzählen.“ Dass mich diese Info sehr schockte sah man mir definitiv an, denn meine Kinnlade klappte sprichwörtlich auf den Tisch. Meine Gedanken schienen sich augenblicklich zu überschlagen. Steckte da Kristian dahinter? War das Ganze doch noch nicht vorbei? War Max etwa noch in Gefahr? „Ist alles ok Schätzchen?“, mischte sich jetzt nun auch mein Vater ein, da ich plötzlich sehr blass geworden war und holte mich somit wieder zurück in die Realität. „Ja alles ok. Aber ich muss euch da etwas erzählen, was ich schon längst hätte tun sollen.“, begann ich und hoffte meine Eltern würden nicht allzu sauer sein. Ich holte noch einmal tief Luft und begann meine Erklärung. „Also das mit Kristian, wenn es überhaupt was war, ist zu Ende. Aber ich glaub ich sollte alles von Anfang an erzählen. Noch vor Kristian, hatte ich einen Jungen kennengelernt, der mein Herz im Sturm erobert hatte. Ich kann mir mittlerweile nicht mehr vorstellen ohne ihn leben zu können. Wir kennen uns schon sehr lange und haben sozusagen eine Fernbeziehung geführt.“ „Und warum hast du ihn uns dann nicht vorgestellt?“, unterbrach mich mein Vater skeptisch. „Das wollte ich grad erzählen!“, giftete ich zurück bevor ich fortfuhr. „Also ich habe ihn euch aus verschiedenen Gründen noch nicht vorgestellt. Zum einen war ich 12 als wir uns kennengelernt haben und zum anderen war unsere Beziehung, sagen wir recht schwierig. Ich wollte ihn euch heute vorstellen, aber er ist leider kurzfristig ins Krankenhaus gekommen.“ Mein Vater schien nicht sehr begeistert zu sein, verübeln konnte ich es ihm nicht, schließlich hatte ich meinen Eltern nie irgendetwas verheimlicht. „Also dieser Max ist jetzt im Krankenhaus?“, hackte meine Mutter noch einmal nach, woraufhin ich nickte. „Er ist sicher ein Schläger und kein guter Umgang für dich!“, schnaubte mein Vater verärgert. „Lern ihn doch erst einmal kennen.“, versuchte meine Oma ihn zu besänftigen. „Du siehst doch selber wie zugerichtet Sarah ist!“, entgegnete mein Vater nun etwas lauter. „Hast du gesehen wie er sie geschlagen hat? Es kann auch sein dass es Kristian oder jemand anders war!“, argumentierte meine Mutter. Wie ein beleidigtes Kind, verschränkte mein Vater die Hände vor der Brust. „Nun gut. Wann werden wir ihn kennenlernen?“, gab er letztendlich nach.
Max
Kurz nachdem Sarah gegangen war, klopfte es erneut an der Tür. Diesmal war es die Polizei. „Ach wie nett, das sie sich entschieden haben wieder unter uns zu weilen.“, begrüßte mich einer der beiden. „Was soll das ganze Theater hier?“, fragte ich erbost, doch anstatt eine Antwort zu bekommen, nahm man mir die Handschelle ab. „Ist Ihnen bewusst, was Ihnen vorgeworfen wird?“, fragte mich der andere Polizist neugierig. Ich schüttelte mit dem Kopf. „Nun Ihnen wird ein Überfall mit Körperverletzung vorgeworfen.“ „Das ist doch absurd. Sie sehen doch in welcher Verfassung er ist!“, rief Zack wütend. Ohne darauf einzugehen, sprach er weiter: „Da dies Ihr erstes Verbrechen ist, werden sie nur eine Woche in den Genuss unserer Gastfreundschaft kommen.“ „Darf ich wenigstens erfahren, wer diese absurde Behauptung gemacht hat?“, wollte ich wissen. „Der Informant möchte gern anonym bleiben.“, entgegnete der Polizist. „Wenn Sie sich jetzt bitte anziehen würden, damit wir sie aufs Revier mitnehmen könnten.“, bat mich der Polizist und die beiden verließen das Zimmer. „Die haben Nerven!“, zischte Zack und fing an im Zimmer auf und ab zu laufen. „Das lässt sich sicher alles klären. Beruhig dich.“ Auch wenn es mir genauso wie Zack ging, wollte ich jetzt erst einmal keine voreiligen Schlüsse ziehen. Klar konnten Jeanine oder Kristian dahinter stecken, aber es könnte doch auch nur ein böser Zufall sein. Wie sehr ich doch hoffte, dass dies ein schlechter Scherz sei! Doch leider hatte ich mich getäuscht. So gut es meine Kräfte es zuließen, stieg ich aus dem Krankenbett und zog meine Sachen an.
Die Fahrt zur Polizeiwache verlief ohne irgendwelche nennenswerten Ereignisse. Da Zack nicht mitfahren durfte, trafen wir uns in der Wache. Nachdem der ganze Aufnahmeprozess beendet war, durfte ich noch ein paar Minuten mit Zack alleine reden. „Was auch immer der Grund dafür ist, ich werde ihn herausfinden.“, versprach mir Zack. „Kümmere dich bitte darum dass Sarah keine Dummheiten anstellt.“, bat ich ihn. „Mach dir keine Sorgen, ich passe gut auf sie auf. Aber was soll ich ihr denn erzählen, wenn sie fragt wo du bist?“ „Erzähl ihr einfach ich wurde verlegt. Sie muss ja nicht wissen, dass es nicht in ein anderes Krankenhaus ist.“, erwiderte ich. „Ok. Ich werde sie aber nicht anlügen, wenn sie sich damit nicht zufrieden gibt.“, gab Zack nach und verabschiedete sich. Wegen meinem geschwächten Zustand, hatte man beschlossen mich in Einzelhaft zu stecken. Dies kam mir nur gelegen, denn so konnte ich in Ruhe wieder zu Kräften kommen. Da ich merkte wie viel Kraft es mich gekostet hatte hier her zukommen, legte ich mich auf die Liege, die in der Zelle hinten an der Wand stand. Ich schloss meine Augen und versuchte mich zu entspannen. „Na geniest du deine Ruhe?“, ertönte es höhnisch nach einer Weile von den Gittern der Zelle. „Was willst du hier? Wenn du hier bist um mich zu verspotten, kannst du dir deine Energie sparen und wieder gehen.“, entgegnete ich verärgert. „Warum denn so wütend Bruderherz? Hast du schon vergessen, das ich auf deiner Seite bin?“ Ich wusste nicht warum, aber irgendetwas in mir sträubte sich ihm Glauben zu schenken. „Und warum glaube ich dir nicht?“, wollte ich wissen. Kristian zuckte lediglich mit den Schultern. „Mach doch was du willst. Deine Sturheit scheint keine Grenzen zu kennen.“, zischte er beleidigt. Um ihn besser sehen zu können, setzte ich mich vorsichtig auf. „Dann sprich, was führt dich hier her?“, gab ich meine Wehr auf. Für einen kurzen Augenblick konnte ich ein wohlgefälliges Grinsen auf seinem Gesicht erkennen, doch er hatte sich schnell wieder im Griff. Zu gerne hätte ich im dieses Grinsen persönlich aus dem Gesicht gewischt. „Darf ich mir nicht Sorgen um meinen Bruder machen? Wie dem auch sei. Ich bin eigentlich gekommen um dir zu helfen.“ Ich versuchte mir meine Zweifel so wenig wie möglich anmerken zu lassen und beschloss sein Spielchen mitzuspielen. „Und was ist dein Plan?“
Sarah
„Aber das ist doch absurd! Wie kommen die auf die dumme Idee, dass es ein Überfall mit Körperverletzung sei, wenn er selber so zugerichtet ist?“, rief ich aufgebracht. Da ich Max nicht im Krankenhaus finden konnte und die Ärzte mir erzählt hatten, dass er noch am selben Tag von der Polizei abgeführt worden war, hatte ich Zack gebeten mich zu ihm zu bringen. „Nun ja ihr Gegenargument ist, dass das Opfer sich gewehrt hat. Doch ich bin mir sicher, dass sie bestochen wurden. Aber mach dir keine Sorgen. Es ist ja nur für ein paar Tage.“, versuchte Zack mich zu beruhigen. Wie ein schmollendes Kind verschränkte ich die Arme vor meiner Brust und schaute aus dem Autofenster. Ich machte mir wirklich große Sorgen. Wie würde es wohl weiter gehen? Was würden meine Eltern sagen, wenn sie dies erfahren würden? Ich war so mit Grübeln beschäftigt, dass ich gar nicht bemerkt hatte, wie das Auto angehalten hatte. „Mach bitte keinen Aufstand, wenn wir in der Polizeiwache sind.“, bat mich Zack als er mit die Autotür öffnete. Wie schon so oft, hatte man mich wieder durchschaut. „Schon gut ich benehme mich.“, antwortete ich kleinlaut. Zufrieden lächelnd brachte Zack mich zu dem Besucherraum. Als wir den Raum betraten, bot sich ein erschreckender Anblick. Ich sah wie Max über Kristian gebeugt stand auf ihn einschlug. Neben ihm stand Jeanine und kreischte. „Max hör auf, du bringst ihn noch um!“, schrie sie und versuchte ihn zurück zu halten. „Du hast mir was versprochen!“ Doch Max holte einfach nur aus und mit einer kräftigen Ohrfeige lag sie am Boden. Auch wenn ich Jeanine nicht ausstehen konnte, das hatte sie auf keinen Fall verdient. Ich eilte zu Jeanine und half ihr auf, während Zack verzweifelt versuchte Max von Kristian zu trennen. Ich brachte Jeanine zu dem Tisch und setze sie auf einen der Stühle. „Jetzt erzähl mir doch mal was genau passiert ist.“, bat ich sie. „Kristian und ich wollten Max besuchen um ihn ein wenig aufzumuntern. Natürlich hoffte ich das sich dadurch gleichzeitig deren brüderliche Beziehung festigen würde. Wir hatten uns eigentlich so schön unterhalten, doch dann ist mir ein dummes Missgeschick passiert.“ zögernd weiter zu sprechen, sah sie mich entschuldigend an. „Was ist passiert?“, fragte ich etwas ungeduldiger. „Max fragte mich was ich denn so letzte Woche an dem Tag nachdem wir erfahren hatten, dass Kristian und er Halbbrüder sind, gemacht hatte. Ich erzählte ihm, dass ich mich am Nachmittag mit Kristian am Theresienstein treffen wollte, er mich aber versetzt hatte und ich später herausfand, dass er wieder mit seinen Kumpels in einer Schlägerei verwickelt war. Daraufhin ist Max aufgesprungen und hatte Kristian schon zu Boden geworfen. Er hatte Kristian gedroht und immer und immer wieder gefragt ob er derjenige war, der Ihn so zugerichtet hatte. Irgendwann gab Kristian nach und brüllte zurück, dass er es war und jetzt bereue die Sache nicht zu Ende gebracht zu haben.“, erzählte sie mir mit zittriger Stimme. Nun war auch mir einiges klar. Ich ließ sie auf dem Stuhl zurück und eilte Zack zur Hilfe. Dieser hatte wirklich schwer damit zu tun, selber keine Schläge von Max einzufangen. Ich muss zugeben, das ganze sah schon irgendwie lustig aus. Da es den Anschein hatte, dass Max zurückhalten zu wollen keine Wirkung zeigte, entschloss ich mich dazu mich zwischen Max und Kristian zu werfen. Meine Aktion zeigte ihre sofortige Wirkung. Als Max erneut zum Schlag ausholte, erkannte er gerade noch rechtzeitig, dass ich im Weg war und hielt in der Bewegung inne. „Also entweder bist du Lebensmüde, unheimlich Dumm oder sehr Mutig.“, meinte Jeanine anerkennend. Zack nutzte den Moment, um seinen, vor Wut schnaubenden Freund, ans andere Ende des Zimmers zu bringen. Plötzlich kam mir ein beunruhigender Gedanke. Warum ist die Polizei nicht eingeschritten? Der Lärm war doch nicht zu überhören! Doch allzu lange konnte ich nicht darüber nachdenken, da Zack nun Max anbrüllte. „Sag mal denkst du überhaupt noch nach, bevor du was tust? Ich hatte dir schon einmal gesagt, dass dich deine Wut noch in Schwierigkeiten bringen wird. Wann kapierst du das endlich?“ „Schaff ihn mir aus den Augen!“, rief Max Jeanine zu, die sich um Kristian kümmerte. Just in diesem Moment sah ich neben seinem süffisanten Grinsen auch ein unheimliches Glitzern in seinen Augen. Doch so schnell wie es da war, war es auch schon wieder weg und ich überlegte ernsthaft, ob ich mir das nicht nur eingebildet hatte.
Max
Da Zack sicherstellen wollte, das Kristian nicht noch mehr Unheil anrichten konnte, hatte er die beiden nach draußen begleitet. „Du bist echt ein Hitzkopf! Dir ist schon klar dass du mit dieser Aktion deinen Aufenthalt hier hättest verlängern können?“, entgegnete Sarah kopfschüttelnd und setzte sich neben mich. „Du weißt doch, dass wenn es um dich geht, ich nicht mehr klar denken kann.“, entschuldigte ich mich und nahm ihre Hand in meine. Mir war klar, dass ich unheimliches Glück gehabt hatte, denn wären die Polizisten im falschen Moment eingetreten, hätte es echt schief gehen können. „Jetzt erzähl mir doch mal wie es dir hier ergangen ist.“, bat mich Sarah und legte ihren Kopf an meine Schulter. „Naja Einzelhaft ist gar nicht mal so schlecht, aber es kann sehr langweilig werden. Aber ich habe gute Neuigkeiten.“ Ohne auf eine Reaktion zu warten fuhr ich fort. „Morgen kannst du mich erneut besuchen und dann mit nach Hause nehmen.“ Überrascht blickte sie auf. „Wird ja auch langsam Zeit. Ich hab hier schon Entzugserscheinungen!“, entgegnete sie gespielt empört. „Na dem können wir ganz schnell Abhilfe schaffen.“, erwiderte ich und küsste sie innig.
Nachdem Zack und Sarah gestern gegangen waren, hatte ich noch lange über das Geschehene nachgedacht. Ich wusste ich hatte ein Problem mit meinem Temperament und lies mich leicht zur Weißglut bringen. Doch ich wusste auch, dass ich wahrscheinlich für den Rest meines Lebens daran arbeiten müsste, besonders wenn es um Sarah’s Sicherheit geht. „Zeit Abschied zu nehmen!“, begrüßte mich der Wärter und sperrte die Zelle auf. „Eilig mich los zu werden?“, erwiderte ich sarkastisch und trat aus der Zelle. Ich folgte ihm zur Pforte und nahm meine Sachen entgegen. Am Ausgang erwartete mich eine interessante Überraschung. Sarah erwartete mich natürlich ungeduldig, doch etwas an ihrer Mimik verriet mir, dass etwas nicht in Ordnung sei. Nervös trat sie von einem Bein aufs andere, blieb aber an Ort und Stelle stehen. Kurz bevor ich sie erreichte um sie umarmen zu können, nahm sie meine Hand, drehte sich um und zog mich mit sich. Verwundert folgte ich ihr den Weg entlang, bis zum Parkplatz, wo sie dann letztendlich stehen blieb. „Ist alles ok?“, fragte ich und strich ihr sanft eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Meine Eltern haben gestern von niemand anderem als Kristian erfahren, dass du im Gefängnis warst und haben mir jeglichen Kontakt zu dir verboten.“, erwiderte sie und beobachtete gespannt meine Reaktion. Auch wenn mir eigentlich nach schreien und toben zu Mute war, blieb ich äußerlich entspannt. „Auch hatte ich gestern noch Beobachten können wie Kristian mit einem Wärter gesprochen hatte. Deshalb hatte ich erst einmal außer Sichtweite sein wollen.“, fuhr sie fort, nahm erneut meine Hand und zog mich weiter.
Sarah
Mir hing immer noch der Streit mit meinen Eltern nach, als ich Max vom Gefängnis abholte. „Er ist gefährlich und du wirst ihn nie wieder sehen!“, schrie mein Vater. „Ich wohne nicht mehr bei dir, ich kann machen was ich will!“, brüllte ich nicht weniger laut, woraufhin ich eine saftige Ohrfeige einfing. Meine Wange brannte und die heißen Tränen flossen hinunter. „Komm mir nicht so. Solange du Minderjährig bist, machst du was ich sage! Und sollte ich herausfinden das du mir nicht gehorchst, werde ich die Wohnung wieder kündigen und du wirst bei Oma einziehen, haben wir uns verstanden?“, zischte mein Vater und verschwand aus dem Zimmer. Erst später erfuhr ich, woher er davon erfahren hatte. Nach der Schlägerei war Kristian zu meinen Eltern gefahren und hatte sich ihnen präsentiert und alles erzählt. Empört darüber sind meine Eltern gleich heute früh zu mir gekommen um mir jeglichen Kontakt mit Max zu verbieten. Als ich ihn aus dem Gefängnis treten sah, versuchte ich mir nichts anmerken zu lassen, doch wem wollte ich etwas vor machen. Max wusste immer genau wie ich mich fühlte! Da wir hätten beobachtet werden können, nahm ich ihn einfach bei der Hand und zog ihn hinter mir her, um so schnell wie möglich außer Sichtweite zu sein. Ich musste meine ganze Kraft zusammen nehmen um nicht einfach in Tränen auszubrechen und Halt in seinen starken Armen zu suchen.
Als wir später ungestört in meiner Wohnung waren, konnten wir erst einmal die Lage analysieren und einen Plan schmieden. Es musste doch irgendwie möglich sein meine Eltern von unserer Beziehung zu überzeugen. Warum musste immer alles so kompliziert sein? „Ich verstehe nicht warum sie Kristian mehr trauen als mir? Zu gern wüsste ich was genau er meinen Eltern erzählt hatte!“, seufzte ich und lies mich aufs Sofa fallen. Max marschierte im Zimmer weiterhin auf und ab. Wenn er so weiter machte hatte ich bald einen Graben in meinem Wohnzimmer. Bei diesem Gedanken musste ich unweigerlich schmunzeln. Doch bevor ich weiter darüber nachdenken konnte, klingelte es an der Tür. Max versteckte sich im Schlafzimmer und ich öffnete die Tür. „Wo ist er?“, rief mein Vater erzürnt und schob mich unsanft beiseite. „Sag mal geht’s noch? Spionierst du mir nach?“, zischte ich zurück und eilte ihm hinterher. „Ich habe dich gewarnt! Du sollst dich nicht mehr mit ihm treffen!“, brummte er und durchsuchte meine Wohnung. In diesem Moment hatte ich zum ersten Mal in meinem Leben Angst vor dem was mein Vater als nächstes tun würde. Seine Suche begann in der Küche, von dort aus ging er ins Wohnzimmer, ins Bad und zum Schluss wollte er in mein Schlafzimmer, vor dessen Tür ich die ganze Zeit stand. Just in diesem Moment fiel mir auf, dass dies eine dumme Idee war. „Oh ich hoffe für dich, dass er nicht in diesem Zimmer ist!“, zischte er wütend. „Papa, bitte!“, flehte ich, doch er ging erbarmungslos an mir vorbei. Er suchte zuerst unter meinem Bett und ging schließlich auf meinen begehbaren Kleiderschrank zu und öffnete die Türen. Ich hatte das Gefühl, mein Herz würde jeden Moment aussetzten als er die Kleider durchwühlte und überprüfte ob er hinter den Kleidern, die an den Kleiderstangen hingen, stand. Doch er schien nichts zu finden. Verwundert wandte er sich wieder mir zu. „Wie kommst du überhaupt auf die Idee, er sei bei mir?“, wollte ich dann doch wissen. „Ich war gerade bei Oma und wollte dich noch einmal besuchen, bevor ich wieder nach Hause fahre um mich zu entschuldigen. Da hab ich dich mit Max zusammen gesehen.“, erklärte er und ging wieder zur Haustür. „Du musst doch verstehen, ich will nur das Beste für dich und möchte nicht, dass er dir weh tut.“, entschuldigte er sich und umarmte mich. „Das weiß ich, du musst mir aber auch vertrauen. Ich bin alt genug und ich kenne Max lange genug. Ich gebe zu er hat manchmal seine Wutausbrüche, aber er hat sich mir gegenüber nie gewalttätig verhalten. Im Gegenteil, meine Gesundheit und Sicherheit stehen bei ihm an erster Stelle!“, versuchte ich meinen Vater zu beruhigen. Doch er ließ einfach von mir ab, drehte sich um und ging ohne ein weiteres Wort zu sagen. „Ich habe wohl noch einen langen Weg vor mir.“, dachte ich traurig und schloss die Wohnungstür. „Das war echt knapp!“, seufzte Max erleichtert. „Das kannst du laut sagen. Jetzt verrat mir aber mal wo du dich versteckt hast. Ich dachte mein Herz setzt aus als mein Vater den Kleiderschrank auf gemacht hatte.“, erwiderte ich erleichtert. Doch anstatt mir eine Antwort zu geben, grinste Max mich an. „Jetzt sag schon.“, bat ihn erneut. „Ihr scheint beide nicht bemerkt zu haben, dass deine Balkontür offen war.“, erwiderte er belustigt. „Ja klar!“, rief ich aus und schlug mit der Hand auf meine Stirn. Dass der Balkon von meinem Schlafzimmer aus zu betreten war, hatte ich ganz vergessen.
Max
Nachdem ich mich von Sarah verabschiedet hatte, machte ich mich erst einmal auf den Weg zu Zack. Ich brauchte wieder einmal seinen Rat. „Hey Max, was machst du denn hier?“, rief eine weibliche Stimme hinter mir, als ich aus dem Haus trat. „Hey Jeanine. Was gibt’s?“, erwiderte ich und wartete bis sie mich erreicht hatte. „Ist Sarah zuhause?“, fragte sie ohne Umschweife, woraufhin ich nickte. „Cool. Danke.“, verabschiedete sie sich und wollte schon zum Haus rennen. „Was willst du von ihr? Wir haben gerade genug Probleme.“, hielt ich sie skeptisch zurück und packte ihren Arm. Sie grinste mich an. „Ich hab eine gute Nachricht für sie, aber ich werde es dir nicht verraten.“, säuselte sie, entzog sich meinem Griff und rannte zum Haus. Da ich eh nicht erfahren würde worum es geht, schüttelte ich nur verwundert mit dem Kopf und machte mich auf dem Weg zu Zack. Dieser wunderte sich ebenso sehr wie ich über das Verhalten von Sarahs Vater und woher er überhaupt diese Info hatte.
Sarah
Kurz nachdem Max gegangen war klingelte es erneut an der Tür. „Hast du was vergessen?“, fragte ich gut gelaunt durch die Sprechanlage. „War ich denn schon mal da, ohne es zu wissen?“, ertönte es zurück. Ich erkannte an der Stimme, dass es Jeanine war und wurde sofort vorsichtiger. „Was gibt es?“ „Was ist nur mit euch beiden los, dass ihr beide so skeptisch seid?“ „Macht der Gewohnheit.“, erwiderte ich hastig und buzzte sie rauf. „Ich hab super Neuigkeiten!“, platzte es aus ihr heraus. „Kann ich gut gebrauchen.“, erwiderte ich und lächelte sie zaghaft an. „Also so geht das nicht!“, schimpfte sie und zog mich erst einmal in die Küche. Während sie sich einfach mal zuhause fühlte und uns beiden einen Kaffee machte, hörte sie mir aufmerksam zu. „Und weist du woher dein Vater diese Informationen hat?“, fragte sie vorsichtig. Ich nickte nur. „Kristian?“, fragte sie kleinlaut, woraufhin ich erneut nickte. Sie überlegte kurz bevor sie weiter sprach. „Ich hab da eine Idee, die alles wieder ins Lot bringen könnte.“ Neugierig hörte ich zu wie sie ihren Plan in allen Einzelheiten erklärte. „Und du bist dir sicher, dass das funktioniert?“, wollte ich mich vergewissern, woraufhin sie nickte und genüsslich an ihrem wohlverdienten Kaffee schlürfte. Endlich ein Lichtblick! Doch meine Freude wich relativ schnell und schwang um zur Skepsis. Auch wenn Jeanine bewiesen hatte, dass sie eigentlich ein guter Mensch ist und jetzt auf unserer Seite war, hatte ich dennoch Zweifel und Angst, sie würde dies alles nur vortäuschen. Sie schien das zu bemerken und sah mich eindringlich an. „Ist alles ok? Du bist plötzlich so ruhig geworden. Glaubst du mir denn nicht?“, bohrte sie nach. „Dein Plan ist wirklich genial, aber ich weiß nicht inwiefern er sich ausführen lässt, wenn Kristian uns immer wieder Steine in den Weg werfen muss.“ „Mach dir um Kristian keine Sorgen, der wird anders beschäftigt sein.“, versicherte sie mir und lächelte mich aufmunternd an. „Denk dran wichtig ist, dass dies unser kleines Geheimnis bleibt! Nicht einmal Max darf davon erfahren!“, mahnte sie mich.
Nachdem Jeanine gegangen war, hatte ich viel worüber ich nachdenken musste. Ihr Plan war meinen Eltern zu zeigen wie sehr ich Max bedeute und, dass er mir nie schaden könnte. Doch das war leichter gesagt als getan. Wie sollte ich das am schlauesten anstellen? Erstens waren meine Eltern nicht unbedingt in der Nähe und zweitens durfte ich Kristian nicht aus dem Visier verlieren. Während ich noch grübelte, fiel ich in einen tiefen, unruhigen Schlaf. Ich träumte, dass Max wieder im Gefängnis war. Ich durfte ihn zwar besuchen, konnte aber nicht mit ihm sprechen. Verzweifelt betrachtete ich ihn durch das dicke Glas, das uns trennte. Doch statt Trauer empfand ich plötzlich Hass. Ich ertappte mich wie ich begann Pläne zu schmieden um ihn los zu werden. Zwar verstand ich nicht was diesen Sinneswandel in mir hervorrief, doch eines war klar: Ich musste ihn loswerden. Noch während ich über Möglichkeiten nachdachte, spürte ich zwei Hände die langsam begannen meine angespannten Schultern zu massieren. Langsam entspannte ich mich und wurde wieder ruhiger, doch auch dieses Gefühl schien nicht lange anhalten zu wollen. Als ich mich umdrehte um mich zu bedanken, erschrak ich und sprang vom Stuhl auf. Abwehrbereit stand ich Kristian gegenüber, doch so schnell konnte ich gar nicht schauen, da hatte er mich schon in den Arm genommen. Ich hörte wie Max hinter mir das Toben anfing und wollte mich von Kristian abstoßen, doch er hatte mich fest in seinem Griff und ließ es nicht zu. Als er bemerkte, dass ich meine Wehr aufgab, nahm er sanft mein Gesicht in seine Hände und beugte sich zu mir hinunter. Statt der erwarteten Angst, spürte ich wie sich Neugierde und Freude in mir breit machten. Kaum das seine Lippen, die meinen berührt hatten, gaben meine Beine nach und alles um mich herum wurde schwarz. Erschrocken fuhr ich im Bett hoch. Wie konnte das nur passieren? Und überhaupt was hatte das zu bedeuten? In der Hoffnung einen klaren Kopf zu bekommen, stieg ich aus dem Bett, warf mich meinen Morgenmantel über und trat auf den Balkon. Die frische Luft tat mir gut und ich beschloss ein wenig die Sterne zu betrachten. Wieder schweiften meine Gedanken zu dem leidigen Thema ob und wie Max und ich endlich in Ruhe miteinander leben konnten. Nach einer kleinen Weile ging ich wieder zurück in mein Bett und versuchte erneut zu schlafen. Als hätte ich es nicht geahnt, ging der Alptraum weiter. Als nächstes fand ich mich in einem kleinen Zimmer auf dem Boden vor. „Schön dich hier endlich begrüßen zu dürfen.“, hörte ich mein gegenüber Spotten. „Was soll das?“, entgegnete ich und stand auf. Doch so wirklich auf ihn zu gehen konnte ich nicht, da mich eine Kette am Fuß zurückhielt. „Nicht schon wieder!“, schoss es mir durch den Kopf. „Was willst du diesmal von Max und mir?“, fragte ich leicht genervt und versuchte meinen Entführer in seinem dunklen Eck auszumachen. „Was sollte ich denn von mir selbst wollen?“, lachte mein gegenüber und gab sich zu erkennen. Schockiert wich ich nach hinten aus und drückte mich an die Wand. Wie verrückt war das denn? Erst wollte ich Max loswerden und jetzt hatte er mich entführt! „Alles was ich wollte, haben deine Eltern und du mir verweigert. Jetzt sollen sie erfahren was es heißt etwas Geliebtes zu verlieren!“, zischte er und trat langsam auf mich zu. Doch bevor er nahe genug war, wurde wieder alles schwarz und ich wachte schweißgebadet in meinem Bett auf.
Max
Die nächsten Tage vergingen wie im Fluge. Die Arbeit hielt mich gut auf Trapp. Da gerade die Zeit der Reifenwechsel waren und die Autos für den Winter fit gemacht werden sollten, gab es viel zu tun. Auch Sarah hatte viel um die Ohren, für sie war es gerade die Zeit der Prüfungen und ihre Eltern waren gerade bei ihr zu Besuch. Dementsprechend konnte ich Sarah nicht oft sehen. Zwar schrieben wir uns täglich oder versuchten zumindest zu telefonieren, aber dennoch klappte das mit dem Treffen nicht wirklich. Ich war gerade dabei an einem der Autos zu schrauben, als mich Zack rief. „Hey Max. Telefon!“ „Komme schon.“, rief ich zurück und wischte mir schnell die Hände an der Hose ab. Ich ging in den Pausenraum und nahm den Hörer ab. „Max?“, hörte ich Jeanine schluchzen. Augenblicklich fing mein Herz an zu rasen. „Was ist passiert?“, fragte ich so ruhig wie möglich. „Du musst schnell kommen. Sarah ist in Gefahr.“ Es war als würde mein Herz kurz aussetzen. Alles was ich danach noch hörte war „Ruine“ „Theresienstein“ und „Du musst schnell kommen“. Wie in Trance legte ich auf, informierte Zack und machte mich auf den Weg. Auf dem Parkplatz, kam mir auch schon Jeanine entgegen. „Wo ist Sarah?“, wollte ich wissen. „Sie ist immer noch in der Ruine. Ich konnte gerade so entkommen und habe dich gleich angerufen!“, erklärte sie schnell, packte mich bei der Hand und zog mich hinter sich her. Auf dem Weg erklärte sie mir, dass sie und Sarah von 4 vermummten Männern umzingelt und festgehalten wurden. Als die Angreifer kurz in unaufmerksam waren, konnte ich entwischen, nur Sarah hatten sie immer im Blick, sodass sie nicht fliehen konnte.“, erklärte sie weiter. Kurz bevor wir die Ruine erreichten, konnte ich die Lage halbwegs analysieren. Ich sah wie Sarah in ein Eck gedrängt, an der Wand saß und hörte wie die Angreifer lautstark diskutierten was sie als nächstes tun könnten. Ich gebot Jeanine sich zu verstecken und schlich mich heran. Da sie sehr tief in ihre Diskussion vertieft waren, konnte ich mich unbemerkt anschleichen. Dann ging alles relativ schnell. Kaum das der erste wortlos nieder fiel, hatte ich prompt die Aufmerksamkeit der anderen drei. Sie umzingelten mich und schlugen abwechselnd auf mich ein, doch meine Wut und Sorge um Sarah waren so groß, das ich jedem ihrer Schläge entweder geschickt ausweichen oder abwehren konnte. Ich versuchte sie aus dem kleinen Raum der Ruine und damit weg von Sarah zu locken, was mir auch gelang. Dort ging dann auch der zweite Angreifer nieder, somit waren es nur noch zwei. Sie versuchten mich an die nahegelegene Steinwand zu drängen und hatten unterwegs ein paar Stöcke aufgehoben, mit denen sie auf mich einschlugen. Es dauerte eine Weile bis der dritte niederging. „Jetzt heißt es nur noch du und ich!“, brummte der letzte und griff mich an.
Sarah
Alles lief nach Plan! Es hatte viel Überredungskunst benötigt um jemanden zu finden, der sich sozusagen freiwillig von Max vermöbeln lassen würde. Nachdem sich endlich 4 Freiwillige gefunden hatten, war es an der Zeit dafür zu sorgen, dass meine Eltern zu mir zu Besuch kommen und natürlich das Max nichts von unserem Plan mitbekommt. Während Jeanine Max angerufen hatte, damit er mich „rettet“, hatte ich meinen Vater angerufen und gebeten mich zu treffen. Kaum das Max mit meinen Entführern kämpfte, hatte mein Vater auch den Ort des Geschehens erreicht. Als er erkannte was gerade vor sich ging, versteckte er sich und beobachtete alles aus sicherer Entfernung. Ich konnte erkennen, dass ihm langsam aber sicher klar wurde das er sich in Max getäuscht hatte. „Das nächste Mal wenn ich dich erwische das du, das mir liebste bedrohst, wirst du nicht so leicht davon kommen! Also halte dich fern von Sarah, wenn dir dein Leben was wert ist!“, schrie Max bevor er den letzten Angreifer niederschlug. Da diese Aussage mich sehr zu Tränen rührte, musste ich nicht mehr viel Schauspielern. Max rannte auf mich zu und nahm mich in seine starken Arme. „Ich bin so froh, dass du da bist.“, schluchzte ich und drückte ihn fest an mich. Beruhigend strich er meinen Rücken und führte mich aus der Ruine raus. Dort wartete auch schon Jeanine auf uns. Ich sah wie mein Vater sich versteckte und uns weiter beobachtete, also setzte ich noch eins drauf. Ich löste mich aus Max Umarmung und sprach mit Jeanine, während wir langsam zum Auto gingen. Nachdem ich sichergegangen war, dass mein Vater uns aus sicherer Entfernung folgte und Max jeden meiner Bewegungen wie ein Adler beobachtete um sicher zu gehen, dass es mir wirklich gut ging, tat ich so als hätte ich einen Schwächeanfall. Ich drehte mich zu Max, setzte an etwas zu sagen, lies mich aber einfach fallen. Bevor ich überhaupt auf dem Boden aufkommen konnte, hatte Max mich schon gefangen und auf seine Arme genommen. Er trug mich zum Auto, nicht wissend, dass mein Vater alles beobachtet hatte. Ich hoffte inständig, dass dieses kleine Schauspiel meinen Vater zur Vernunft gebracht hatte und er endlich erkannte, dass Max keine Gefahr für mich darstellte.
Max
Nachdem alle Angreifer außer Gefecht gesetzt waren, brachte ich Sarah zurück zum Auto. In Gedanken versunken versuchte ich zu überlegen wer die Angreifer gewesen sein könnten. Auf halbem Weg, drehte sich Sarah zu mir als wollte sie etwas sagen, fiel aber stattdessen in Ohnmacht. Schnell fing ich sie auf und nahm sie in meine Arme. Gemeinsam mit Jeanine machte ich mich auf den Weg zum Auto und fragte sie wie es dazu gekommen war. Am Auto angekommen, kam Sarah glücklicherweise wieder zu sich und bat mich sie nach Hause zu bringen. Somit fuhr ich die beiden zu Sarahs Wohnung und trug Sarah unter Protest ihrerseits hoch in ihr Bett. Nachdem sie mir versprochen hatte sich auszuruhen, schob mich Jeanine aus der Wohnung. „Keine Sorge. Ich kümmere mich gut um deinen Augapfel. Ich bin ja nicht lebensmüde.“, scherzte sie und schob mich aus der Wohnungstür. Da es schon gegen Abend ging, machte ich mich auf dem Weg zu Zack und erzählte ihm was alles passiert war. „Und du hast keine Ahnung wer dahinter stecken könnte?“, fragte er mich nachdem ich mit meinem Bericht fertig war, woraufhin ich mit dem Kopf schüttelte. „Kristian war diesmal nicht dabei, denn ihn hätte ich diesmal erkannt!“, erwiderte ich und begann wieder im Zimmer auf und ab zu gehen. „Hauptsache ist doch, dass Sarah nichts passiert ist.“, versuchte mich Zack zu beruhigen. Er hatte ja Recht, trotzdem ging mir das Ganze nicht aus dem Kopf. Wieder beschlich mich das Gefühl, dass Sarah ohne mich besser dran war. Doch diesen Gedanken schob ich schnell wieder beiseite.
Die nächsten Tage schaute ich regelmäßig bei Sarah vorbei. Mir war klar, dass ihre Eltern noch bei ihr waren, doch sie ließen es wiederwillig geschehen. Wahrscheinlich hatten sie es einfach aufgegeben Sarah zu verbieten mich zu treffen. Trotzdem beobachtete ihr Vater mich sehr genau, doch mir war das egal, ich machte mir nur Sorgen um Sarah und wollte sie einfach in Sicherheit wissen. Da ihre Prüfungen endlich alle abgeschlossen waren, hatte ich mir ein paar Tage frei genommen, damit wir wieder ein wenig Zeit miteinander verbringen konnten. Heute hatte ihre Mutter beschlossen zu kochen und mich zum Essen einzuladen. „Ich lasse ein „Nein“ nicht gelten“, hatte sie gescherzt, woraufhin ich ihr versprach pünktlich wieder mit Sarah zurück zu sein. Wir hatten beschlossen gemeinsam wieder zu „unserem“ Hügel zu gehen. Dass ich dort eine Überraschung geplant hatte, ahnte sie ja nicht einmal. Es hatte einen ganz besonderen Grund, warum ich sie heute nach so langer Zeit dorthin brachte - Heute vor genau 5 Jahren trafen wir uns das erste Mal auf diesen Hügel. Und damit begann auch unsere komplizierte Geschichte. Während der Fahrt ging ich gedanklich noch einmal durch ob ich auch wirklich an alles gedacht habe. Ich hatte die letzten Tage mit Zacks Hilfe alles Nötige besorgt und mit seiner Hilfe alles vorbereitet. Am Hügel angekommen, hielt ich das Auto an, sprang aus dem Auto und öffnete Sarah die Autotür. „Bitte verbinde dir die Augen mit diesem Schal.“, bat ich mit klopfenden Herzen und reichte ihr einen roten Seidenschal. Kaum hatte sie sich die Augen verbunden, nahm ich sie vorsichtig auf meine Arme und trug sie hinauf.
Sarah
Mein Plan schien aufgegangen zu sein. „Gib ihm doch eine Chance und gib zu das du dich geirrt hast!“, rief meine Mutter aufgebracht, nachdem mein Vater wieder bei mir zuhause war und ihr alles erzählt hatte. „Nicht so laut, Sarah soll ruhig noch glauben, dass ich skeptisch bin.“, schrie mein Vater nicht weniger aufgebracht. „Ich gebe ja zu, dass ich voreilig meine Schlüsse gezogen hatte, aber dennoch frage ich mich, welchen Grund es hatte, dass Sarah uns so lange diese Beziehung verschwiegen hatte. Außerdem können wir die Fakten, dass er ein Schläger ist und im Gefängnis war nicht einfach außer Acht lassen.“, fuhr mein Vater wütend fort. „Du hast ja Recht, aber es hat sicher alles seinen Grund und wird sich mit der Zeit klären.“, argumentierte meine Mutter.
Am nächsten Morgen hatte meine Mutter beim Frühstück beschlossen, dass Max uns heute beim Abendessen Gesellschaft leisten solle. Dies machte mich sehr glücklich und ich hatte somit die Hoffnung, dass doch noch alles gut werden würde. Max und ich hatten heute beschlossen, unsere gemeinsame Zeit wie in alten Zeiten auf „unserem“ Hügel zu verbringen. Als er mich von zu Hause abholte überfiel ihn meine Mutter und rang ihm das Versprechen mit uns zu Abend zu essen ab. „Ich lasse ein „Nein“ nicht gelten“, hatte sie gescherzt, woraufhin Max ihr versprach pünktlich wieder mit mir zurück zu sein. Kaum das das Auto stand, sprang Max auf und öffnete mir die Autotür. „Bitte verbinde dir die Augen mit diesem Schal.“, bat er mich und reichte ihr einen roten Seidenschal. Skeptisch schaute ich ihn kurz an, gehorchte ihm aber und kam seiner Bitte nach. Kaum hatte ich mir die Augen verbunden, nahm er mich vorsichtig auf seine Arme und trug mich den Hügel hinauf. Oben angekommen, setzte er mich vorsichtig ab und stellte sich hinter mich. „Bist du bereit?“, flüsterte er mir ins Ohr. „Kommt drauf an was du vorhast.“, scherzte ich nervös. „Weist du welcher Tag heute ist?“, fragte er weiter und drehte mich zu sich herum. Langsam fing mein Herz an schneller zu schlagen. „Da ist aber jemand aufgeregt.“, scherzte Max, als er meinen schnellen Herzschlag spürte und küsste mich so innig, das meine Beine fast nachgaben. Hätte er mich nicht festgehalten, wäre ich sicher auf meinem Allerwertesten gelandet. „Was ist denn heute für ein besonderer Tag?“, fragte ich neugierig, nachdem er von mir abließ. Heute vor 5 Jahren, hatten sich ein kleines, unschuldiges Mädchen und ein riesiger Idiot zum ersten Mal auf diesem Hügel getroffen. Damals wollte das Mädchen dem Jungen nicht glauben, dass alle, einschließlich ihm in dem damaligen Hort Idioten waren.“, erzählte er, drehte mich um und nahm mir langsam die Augenbinde ab. Ich erblickte viele Rosenblätter in der Form eines Herzen vor den Felsen und einen kleinen Korb mit Deckel daneben. Max führte mich zu den Felsen und gebot mir mich zu setzen. Er nahm neben mir Platz und nach einer kurzen Pause begann er wieder sein übliches Spielchen. „Was wäre wenn, deine Eltern mich nicht mögen, würdest du trotzdem weiter deine Zeit mit mir verbringen wollen?“, wollte er mit zittriger Stimme wissen. Ich hackte mich bei ihm unter und legte meinen Kopf an seine Schulter. „Meine Liebe zu dir ist unendlich. Auch wenn meine Eltern weiter dagegen wären, würde ich trotzdem dich wählen. In ein paar Wochen werde ich ja 18 und bin somit dem Gesetz nach Volljährig und kann meine eigenen Entscheidungen treffen.“, erwiderte ich ruhig. Er löste sich von mir, stand auf und stellte sich vor mich. „Und was wäre wenn dieser Idiot dich bitten würde den Rest deines Lebens mit ihm zu verbringen?“, fragte er weiter, seine Augen fest auf mich gerichtet. Ich lächelte. „Nun wenn, ich dies in Erwägung ziehen sollte, dann müsste er mich schon richtig fragen.“, scherzte ich verlegen, konnte aber nicht verhindern wie ich rot wurde. Plötzlich kniete sich Max vor mir nieder und zog eine kleine Schachtel aus seiner Hosentasche. Mein Herz begann wie verrückt zu schlagen und ich hatte das Gefühl dies alles zu träumen. „Sarah, willst du mich heiraten und den Rest deines Lebens mit mir verbringen? Sowohl in guten Launen, als auch in schlechten Launen?“, fragte er und öffnete die Schachtel, in der ein Ring zum Vorschein kam. Der Ring war aus reinem Silber und hatte zwei ineinander verschlungene Herzen, einen aus Silber und einen mit vielen kleinen Smaragden verziert. Ich konnte es einfach nicht glauben, war das jetzt ein Traum oder Realität? Natürlich wollte ich mein Leben an seiner Seite verbringen, aber bisher hatte ich nur davon träumen können. Max’s Räuspern riss mich aus meinen Gedanken. „Welche Launen?“, fragte ich grinsend, statt zu antworten und stand auf. „Ein paar Monate nach der ersten Begegnung der beiden, hatte der Junge beim Abschied dem Mädchen einen kleinen Zettel zugesteckt.“, fuhr ich fort und zog aus meiner Tasche einen laminierten Zettel raus und rechte ihn Max. „Da er ohne ein weiteres Wort gegangen ist und das Mädchen eine kleine Weile gebraucht hatte bis sie den Zettel bemerkte, ist das Mädchen so schnell sie konnte ihm hinterher gerannt. Leider war sie nicht schnell genug und sah nur doch den abfahrenden Bus in den er eingestiegen war.“ Max war aufgestanden und starrte ungläubig auf den Zettel. Ich trat langsam auf ihn zu und umarmte ihn. „Alles was das dumme Mädchen ihm an diesem Tag sagen wollte, war das sie ihn über alles liebte und ihn nie verletzen wollte! Und das tut es immer noch!“, flüsterte ich in sein Ohr, woraufhin er mich voller Freude herumwirbelte und mit Küssen überhäufte.
Max
Nun schien alles perfekt! Das Wetter hatte mir keinen Strich durch die Rechnung gemacht. Es schien die Sonne und der Himmel war wolkenfrei. Somit hatte man auch einen herrlichen Ausblick. Auch mein Antrag verlief besser als geplant. Nachdem Sarah eingewilligt hatte und sie endlich mein war, feierten wir dies mit alkoholfreien Sekt. Gemeinsam schwelgten wir noch in Erinnerungen und wunderten uns über unsere eigene Dummheit. Da es dann doch langsam Zeit wurde sich wieder auf den Rückweg zu machen, packte ich alles wieder ein und fuhr mit Sarah zurück. Wir hatten beschlossen, erst einmal abzuwarten wie ihre Eltern auf mich reagieren würden, bevor wir ihnen die große Nachricht überbringen. Also trug Sarah den Ring erst einmal an ihrer Kette. Sarah war gerade mit ihrer Mutter in der Küche und bereitete das Abendessen vor, also saß ich ihrem Vater gegenüber allein im Wohnzimmer und wurde langsam nervös, da er mich nur anstarrte und schwieg. „Was machst du beruflich?“, fragte er nach sehr langem Schweigen. „Ich arbeite in einer Kfz-Werkstadt und habe meine Ausbildung vor kurzen beendet.“, erwiderte ich wahrheitsgemäß. „Und was sind deine Zukunftspläne?“, fragte er weiter. „Beruflich oder privat?“, entgegnete ich und musste mir ein grinsen verkneifen. „Sowohl als auch.“, erwiderte und wartete auf meine Antwort. „Beruflich, habe ich vor irgendwann meine eigene Werkstatt aufzumachen. Privat…“, ich zögerte kurz und räusperte mich. „Privat möchte ich natürlich eine eigene Familie gründen.“ Ich hörte wie kurz darauf etwas in der Küche zu Bruch ging und musste leicht lächeln, denn ich war mir sicher, dass Sarah gelauscht hatte und nicht mit dieser Antwort gerechnet hatte. Aber sie konnte froh sein, dass ich nicht erwähnte mit wem ich diese Familie gründen wollte. Ihr Vater schien aber davon nichts mitbekommen zu haben, oder ignorierte es gekonnt. „Was machst du in deine Freizeit?“, ging die Fragestunde weiter. „Ich schraube sehr gern an meinem Bike rum, gehe aber auch gerne Spazieren oder verbringe einen ruhigen Abend zuhause.“ „Hm.“, seufzte er. „Essen ist fertig.“, rief Sarahs Mutter aus der Küche und erlöste mich somit aus dieser unangenehmen Situation. Als wäre ich auf der Flucht, sprang ich vom Sofa auf und eilte in die Küche um beim Tischdecken zu helfen. Sarahs Mutter kam mir schon mit Tellern entgegen, lächelte mich aufmunternd an und schloss die Küchentür hinter sich, damit ich kurz mit Sarah allein sein konnte. „Mach dir nichts draus. Du warst großartig.“, versuchte Sarah mich zu beruhigen und umarmte mich. „Allerdings konntest du es dir nicht verkneifen meinen Vater zu provozieren.“, klagte sie und buffte mir in die Seite. Ich grinste sie an. „Du kannst froh sein, dass ich nicht erwähnt habe mit WEM ich diese Familie gründen will.“, entgegnete ich und küsste ihre Stirn. Sie löste sich aus der Umarmung und trug die Gläser ins Wohnzimmer. Ich schnappte mir einen Topf und folgte ihr.
Sarah
„Und was sagst du jetzt? Bist du immer noch der Meinung er sei nicht der Richtige für unsere Prinzessin?“, hörte ich meine Mutter fragen, als ich die Wohnung betrat. Ich hatte Max noch raus begleitet, damit wir noch ein paar Minuten reden konnten. Das Abendessen verlief anfangs recht ruhig, doch meine Mutter hatte die wundervolle Gabe, jeden in ein Gespräch zu verwickeln und so kam es das wir am Ende sogar eine heitere Unterhaltung hatten. „Er ist in Ordnung.“, brummte mein Vater. „Aber ich kann nicht darüber hinwegsehen, dass er eine Gefahr für meine kleine darstellt.“ „Du hast doch selbst gesagt, dass du gesehen hast wie er Sarah beschützt hat und wie sehr er sich um sie kümmert!“, warf meine Mutter ein. „Du hast ja Recht. Es scheint als wäre unsere kleine Prinzessin jetzt seine Königin und somit für ihn das wichtigste auf der Welt.“, seufzte mein Vater und lachte kurz auf. „Aber eines muss man ihm lassen. Auf den Mund gefallen ist er nicht. Sagt er mir doch glatt ins Gesicht, dass er vor hat eine Familie zu gründen! Fehlte nur noch das er sagte, dass er das mit Sarah tun wollte!“ Nun lachte meine Mutter ebenfalls. „Er erinnert mich sehr an dich. Sein Charme, seine Schlagfertigkeit und seine Treue, all das erinnert mich an dich. Ich bin mir sicher, er wird für Sarah gut sorgen und sie auf Händen tragen.“, seufzte meine Mutter. Überglücklich, machte ich mich nun bemerkbar und gesellte mich ins Wohnzimmer. „Was tuschelt ihr beiden denn so?“, fragte ich scheinheilig und ließ mich aufs Sofa fallen. „Deine Mutter und ich sind zu dem Entschluss gekommen, ihm eine Chance zu geben.“ Mit einem Aufschrei fiel ich meinem Vater um den Hals. „Das ihr mir aber nichts überstürzt!“ Kurz haderte ich mit mir meinen Eltern von meiner Verlobung zu erzählen, entschied mich aber dazu dieses Vergnügen mit Max gemeinsam zu erleben.
Max
Als ich mit Sarah meine Mutter besuchte und wir ihr die freudige Nachricht überbrachten, war sie völlig aus dem Häuschen. Sie drückte Sarah fest an sich, man könnte schon fast meinen sie würde Sarah erdrücken. „Mom. Lass sie bitte noch lang genug am Leben, dass sie die Hochzeit noch miterleben kann!“, machte ich meine Mutter scherzhaft darauf aufmerksam. Lachend ließ sie Sarah los. „Also das ist ein Grund zum Feiern!“, rief sie aus und zog Sarah ins Wohnzimmer. Kopfschüttelnd folgte ich ihr und beobachtete die beiden, wie sie Pläne für eine kleine Feier im Kreise der Familie schmiedeten.
Ein paar Tage später hatte sich Jeanine bei mir gemeldet. Sie bat mich ihr zu helfen Kristian näher kennenzulernen. „Ich weiß nicht wie und wann, aber ich habe mich verliebt!“, rief sie verzweifelt und lies sich auf mein Sofa fallen. „Und wie soll ich dir da helfen? Wenn mich nicht alles täuscht, kennst du ihn länger als ich.“, wehrte ich mich. „Das stimmt, aber du bist auch ein Mann, wenn mich nicht alles täuscht! Und du weist besser wie ihr tickt.“, argumentierte sie. Ich gab nach und setzte mich neben sie. „Also gut. Wie kann ich dir helfen?“ „Also. Ich weiß nicht was ich denken soll. Mal ist Kristian sehr aufmerksam und hilfsbereit. Aber dann wiederum ignoriert er mich oder ist sehr gemein.“, klagte sie. „Also ist er launisch?“, hackte ich nach, woraufhin sie nickte. Ich lachte kurz. „Das ist normal. Ich würde mir da keine Sorgen machen. Du kannst gern Sarah fragen, sie macht das auch andauernd mit mir durch.“, erwiderte ich. Wir gingen noch ein paar Situationen durch, zu denen ich ihr erklärte wie sie sich in Zukunft verhalten könnte. Doch dann rutschte ihr raus, dass Kristian gestern wieder Sarah belästigt hatte und sie sich fragte ob er denn wirklich was für sie oder eher für Sarah empfand. Verärgert, darüber schweifte ich gedanklich ab und überlegte wie ich Kristian von weiteren solchen Aktionen abhalten könnte. Bevor ich auf weitere dumme Gedanken kommen konnte, klingelte mein Handy. Auf dem Display erschien die Nummer meiner Mutter. „Hey Mom.“, grüßte ich sie. „Spreche ich mit Herrn Zeh?“, wollte der Anrufer wissen. „Am Apparat.“, erwiderte ich mit einem mulmigen Gefühl im Bauch.“ Hier spricht Dr. Morgeneier von der Notaufnahme hier in Hof.“, fuhr der Anrufer fort. „Es tut mir leid Ihnen mitteilen zu müssen, dass Ihre Mutter von einem Auto erfasst worden ist und bei uns gerade im OP liegt. Bitte kommen Sie so schnell wie möglich auf Station 1.“ Ohne ein weiteres Wort legte ich auf und starrte ungläubig vor mich hin. „Was ist passiert?“, fragte Jeanine, da mir sämtliche Farbe aus dem Gesicht gewichen war. „Meine Mom ist im Krankenhaus.“, flüsterte ich mit zittriger Stimme. Sie sprang vom Sofa auf. „Ich fahr dich natürlich hin.“, rief sie, schnappte sich die Autoschlüssel und zog mich aus der Wohnung. Im Krankenhaus angekommen, fragten wir uns zur Station 1 durch und erreichten schließlich das Zimmer meiner Mutter. Sie war ca. eine halbe Stunde vor uns aus dem OP gekommen und schlief noch tief und fest. Als ich sie sah, kamen mir die Tränen und ich machte mir große Sorgen. Ihr rechter Arm und ihr Kopf waren bandagiert und ihr Gesicht voller Schürfwunden. Jeanine stellte einen Stuhl neben das Bett und drückte mich sanft hinein. Wortlos gehorchte ich und nahm vorsichtig die linke Hand meiner Mutter. Während ich darauf wartete, dass sie aufwachte, versuchte Jeanine mich ein wenig abzulenken. Als sie kurz das Zimmer verlassen hatte um Zack anzurufen, wachte meine Mutter kurz auf. „Maxilein?“, flüsterte sie. „Hier bin ich Mom.“, erwiderte ich und wischte mir schnell die Tränen aus dem Gesicht. Sie drehte ihren Kopf vorsichtig in meine Richtung. „Alles wird wieder gut.“, erwiderte ich zur Ermunterung, doch sie lächelte mich einfach nur schwach an. „Versprich mir, dass du dich gut um meine kleine Sarah kümmerst.“, flüsterte sie. Ich war überrascht. Dass meine Mutter Sarah ins Herz geschlossen hatte, das war mir klar, aber dass sie sie wie eine Tochter sah und sie genauso sehr liebte wie sie mich liebte, das hätte ich nicht gedacht. „Natürlich werde ich gut auf sie aufpassen, aber sie wird sehr böse mit mir sein, wenn ich dich nicht schnell wieder mit nach Hause bringe.“, erwiderte ich und lächelte sie ebenfalls an. „Ich werde mal kurz die Augen zu machen und mich ausruhen.“, flüsterte sie und schloss die Augen. „Werd schnell wieder gesund.“, flehte ich und hielt ihre Hand noch fester. Kurz darauf löste Zack Jeanine ab und wir unterhielten uns noch ein wenig, bis auch wir eingeschlafen waren; er im Sessel und ich auf dem Stuhl am Bett meiner Mutter. Irgendwann mitten in der Nacht oder am frühen Morgen wurden wir von einem ungewöhnlichen Lärm geweckt. Ein lautes Piepen ertönte und ein Arzt gefolgt von ein paar Schwestern kam ins Zimmer gestürmt. Sie schoben mich beiseite und begannen an meiner Mutter rum zu hantieren. Nach einem kurzen Moment war ich hellwach und erkannte, dass sie gerade dabei waren meine Mutter zu reanimieren. Panik stieg in mir auf und ich begann zu zittern. Zack, der dies ebenfalls realisiert hatte, packte mich am Arm und zog mich aus dem Zimmer. „Es ist besser, wenn du das nicht mit ansehen musst.“, flüsterte er. Alles was danach geschah nahm ich nur am Rande wahr. Ich war wie in Trance. Nur am Rande bekam ich mit wie man mir mitteilte, dass meine Mutter es nicht geschafft hatte. Man erlaubte mir, mich noch einmal von ihr in Ruhe zu verabschieden und bot mir an mich bei den Vorbereitungen für die anstehende Beerdigung zu helfen. Zack bot mir an, die nächsten Tage bei ihm zu übernachten, was ich dankbar annahm, da ich es nicht hätte ertragen können alleine in der Wohnung zu sein. Ich ließ einfach alles über mich ergehen, lediglich ein Versprechen hatte Zack mir wiederwillig gegeben: Das Versprechen, Sarah erst einmal mit dieser Nachricht zu verschonen.
Sarah
Ich war überglücklich. Nicht einmal der Fakt, dass ich noch auf die Prüfungsergebnisse warten musste, konnte mich aus meiner Freude reißen. Heute war der Tag an dem meine Eltern wieder nach Hause fuhren. Eigentlich wollte ich ihnen noch von meiner Verlobung erzählen, aber ich hatte mir fest vorgenommen, dies nur mit Max gemeinsam zu tun. Deshalb hatte ich versucht ihm zu erreichen. Doch er ging nicht an sein Handy. Also schrieb ich ihm eine Nachricht, dass er mich doch bitte zurückrufen sollte. Doch dieser Anruf erfolgte einfach nicht. „Pass gut auf dich auf meine kleine.“, ermahnte mich meine Mutter zum Abschied. „Oma ist doch in der Nähe. Und außerdem passt Max auch auf mich auf.“, erwiderte ich und drückte sie. Dabei sah ich wie mein Vater bei dieser Aussage kurz zusammenzuckte, aber mich sofort anlächelte. Nachdem meine Eltern gefahren waren, rief ich Max erneut an. Wieder erreichte ich nur die Mailbox. „Max, hier ist Sarah. Bitte melde dich bei mir, ich mach mir Sorgen.“, sprach ich verwundert auf die Mailbox. Da ich nicht weit von ihm weg wohnte, beschloss ich einfach mal bei ihm vorbei zu schauen. Doch auch als ich bei ihm klingelte, ging keiner an die Sprechanlage. Also kramte ich die Schlüssel, die Max Mutter als „Verlobungsgeschenk“ gegeben hatte, aus meiner Tasche und betrat kurzerhand die Wohnung. „Ist jemand zuhause?“, rief ich in die Wohnung und trat ein. Da ich keine Antwort bekam, schaute ich in die Küche, ins Wohnzimmer und schließlich in Max sein Zimmer nach. Alles war leer. Da es doch ein wenig ungewöhnlich war, rief ich kurzerhand Zack an. „Was gibt’s?“, meldete er sich. „Ist Max bei dir?“, fragte ich ohne Umschweife. „Warum fragst du?“, entgegnete er nach einer kurzen Pause. „Ich kann ihn nicht erreichen und mach mir Sorgen. Zuhause ist er auch nicht.“, erwiderte ich. „Hast du auch schon mal in der Ruine nachgeschaut?“, fragte Zack zögernd. „Soll ich ganz Hof absuchen? Ist er jetzt bei dir oder nicht?“, fragte ich gereizt. „Nein.“, gab sich Zack endlich geschlagen. „Na also, geht doch. Wenn du ihn siehst, sag ihm er soll sich bei mir melden!“, verabschiedete ich mich schnippisch und legte auf. Mir kam das ganze schon komisch vor. Max war nicht zu erreichen, Zack zögerte mir eine Antwort zu geben…. Sicher war da was im Busch. Grübelnd was der Grund sein könnte, verließ ich wieder die Wohnung und machte mich auf den Weg zur Ruine. „Hier bist du also!“, rief ich erleichtert aus, als ich die Ruine betrat und Max mit seiner Schnitzerei am Fenster sitzen sah. Ich eilte zu ihm um ihn zu umarmen, doch er stieß mich von sich. „Was willst du hier?“, entgegnete er und stand auf. „Ich hab mir Sorgen gemacht!“, erwiderte ich aufgebracht. Er wollte an mir vorbei, aber ich hielt ihm am Arm zurück. „Was ist denn noch?“, fragte er genervt und entzog sich meinem Griff. „Sag mal geht’s noch? Du gehst nicht an dein Handy, meldest dich auch nicht und bist auch nicht zuhause aufzufinden.“, entgegnete ich erbost. Er wirbelte herum. „Du warst bei mir Zuhause?“ Verwirrt sah ich ihn an. „Ja. Deine Mutter hatte mir einen Schlüssel gegeben, schon vergessen?“, erwiderte ich kleinlaut und starrte ihn ängstlich an. „Willst du mir nicht endlich sagen was mit dir los ist? Zack war auch schon am Telefon so komisch drauf.“, hackte ich vorsichtig nach, woraufhin mich Max an den Oberarmen packte. „Du tust mir weh!“, schrie ich auf und versuchte mich aus seinem Griff zu befreien, doch dieser wurde immer fester. „Was hat Zack dir erzählt?“, zischte er. „Nichts.“, erwiderte ich mit zitternder Stimme. Langsam bekam ich es mit der Angst zu tun. Ich sah wie er langsam bleich geworden war und ahnte übles. „Du machst mir langsam Angst.“, flüsterte ich, da er mich nur anstarrte. Daraufhin ließ er lockerer und warf mich beiseite. Unsanft kam ich auf dem Boden auf und sah wie Max fluchtartig die Ruine verlies. So schnell ich konnte, stand ich auf und rannte ihm hinterher. „Max, warte doch! Red mit mir!“, rief ich ihm schnaufend hinterher, doch er schien mich nicht zu hören. Erst als ich über einen Stein stolperte und schreiend zu Boden ging, hielt er an und sah mich schockiert an.
Max
Die Tage zogen ins Land und ich war in meiner eigenen kleinen Welt. Ich wohnte bereits seit einer Woche bei Zack und war noch kein einziges Mal in meiner Wohnung gewesen. Heute war ich um ein wenig Ruhe zu haben in der Ruine. Ich hörte zwar mein Telefon mehrere Male klingeln, ignorierte es aber. Ich versuchte verzweifelt die Bilder und die Angst die ich in der Nacht im Krankenhaus verspürte aus meinen Gedanken zu verbannen, als Sarah in der Ruine eintraf. „Hier bist du also!“, rief sie erleichtert und rannte auf mich zu um mich zu umarmen, doch mir war gerade nicht danach. „Was willst du hier?“, entgegnete ich genervt und stand auf um ihr aus dem Weg zu gehen. Ich wollte gerade an ihr vorbei, da hielt sie mich am Arm zurück. „Was ist denn noch?“, fragte ich ungeduldig und entzog mich ihrem Griff. „Sag mal geht’s noch? Du gehst nicht an dein Handy, meldest dich auch nicht und bist auch nicht zuhause aufzufinden.“, entgegnete sie erbost. Ich wirbelte herum. „Du warst bei mir Zuhause?“, fragte ich schockiert woraufhin sie mich verwirrt anstarrte. Was sie danach sagte nahm ich schon gar nicht mehr richtig wahr. Erst als sie aufschrie erkannte ich, dass ich sie an den Oberarmen gepackt hatte. „Was hat Zack dir erzählt?“, wollte ich mit klopfenden Herzen wissen. Der Gedanke er könnte ihr alles erzählt haben, lies mich erneut erstarren. Bevor ich meine Kontrolle verlieren konnte schubste sie zur Seite, lies meine Sachen einfach am Fenster liegen und flüchtete aus der Ruine. „Max, warte doch! Red mit mir!“, hörte ich sie rufen, doch ich war noch nicht dazu bereit. Plötzlich hörte ich wie sie schreiend zu Boden ging und blieb erschrocken stehen. Als ich mich umdrehte, sah ich wie sie weinend am Boden saß und sich das leicht blutende Bein hielt. Innerlich scholt ich mich und rannte zurück zu ihr. Beleidigt drehte sie mir den Rücken zu und wehrte sich als ich ihr helfen wollte. „Lass mich!“, zischte sie und schlug um sich als ich sie hoch hob. Ihre Wehr ignorierend trug ich sie zurück in die Ruine. Ich setzte sie vorsichtig ab und kramte ein Taschentuch und meine Wasserflasche aus meinem Rucksack. Sarah bestrafte mich mit eisernem Schweigen und Blicken die töten könnten, während ich ihre Schürfwunde am Bein versorgte. „Es tut mir leid.“, murmelte ich und stand wieder auf um zu gehen. „Du willst mich doch nicht einfach so zurück lassen!“, schniefte sie. Ich holte tief Luft und ließ mich neben ihr nieder. „Zack hat dir wirklich nichts erzählt?“ Sie schüttelte den Kopf. Ich rang mit mir ob ich wirklich schon so weit war es ihr zu erzählen, entschied mich dann aber dazu, dass es keinen Sinn hatte es ihr weiter zu verschweigen. Als ich noch einmal tief Luft holte, spürte ich wie sie sich bei mir einhackte und ihren Kopf auf meine Schulter legte. „Seit ein paar Tagen geht es mir nicht wirklich sehr gut.“, druckste ich rum um begann ihr beruhigend ihren Rücken zu streichen. „Mutter hatte einen Unfall gehabt.“, begann ich vorsichtig. Sarah schreckte hoch. „Geht es ihr gut?“, fragte sie besorgt. Ich schüttelte den Kopf und konnte meine Tränen nicht mehr zurück halten. Ohne ein weiteres Wort nahm sie mich in den Arm und wog mich tröstend hin und her. „Sie…. ist… tot.“, stotterte ich und fing bitterlich an zu weinen. Es war als würde plötzlich sämtliche Last der letzten Tage von mir fallen und ich fühlte mich befreit. Als ich wieder halbwegs meine Stimme wiedergefunden hatte, erzählte ich ihr was alles passiert war.
Sarah
Nun war mir alles klar. Jetzt verstand ich warum sich Max nicht gemeldet hatte und warum er so abweisend war. Das seine Mutter so unverhofft verstorben war, war ein großer Schock gewesen. Die nächsten Tage waren recht schwierig gewesen. Seine Launen waren extremer als sonst, tagsüber war er sehr aggressiv, nachts konnte er nicht mehr alleine schlafen, da ihn die Geschehnisse im Krankenhaus in Form von Alpträumen zu schaffen machten. Also hatten Zack und ich beschlossen, dass ich ebenfalls die nächsten Tage bei ihm mit übernachten sollte um mich ggf. um Max zu kümmern wenn er wieder schweißgebadet aufwachte. So auch heute Nacht. Gerade war er wieder aufgewacht und hatte erst einmal ein wenig gebraucht, bis er realisiert hatte wo er war. Ich setzte mich zu ihm aufs Sofa, bette seinen Kopf in meinen Schoß und strich ihm beruhigend den Kopf bis er wieder eingeschlafen war. Währenddessen überlegte ich was ich noch tun könnte um ihn aus diesem Teufelskreis zu befreien. Ob es ratsam wäre, mit ihm endlich in die Wohnung zu gehen? Ihn mit dem Ganzen zu konfrontieren?
Am nächsten wachte ich von seinen unruhigen Bewegungen auf. Anscheinend war ich im Sitzen eingeschlafen. Ich strich ihm beruhigend den Kopf, woraufhin er ruhiger wurde und im Anschluss aufwachte. „Guten Morgen.“, gähnte Max. „Guten Morgen Liebster.“, erwiderte ich und beugte mich zu ihm hinunter um ihn zu küssen. „Hast du gut geschlafen?“, fragte er. Ich lächelte. „Besser als du.“, scherzte ich. Just in diesem Moment klopfte es an der Wohnzimmertür. „Frühstuck ist fertig.“, rief Zack durch die Tür. „Wir kommen gleich.“, rief ich zurück. „Hab ich dich sehr wach gehalten?“, fragte Max und setzte sich auf. Ich schüttelte den Kopf. „Ich bin nur einmal aufgewacht und dann hab ich auch gleich wieder im Sitzen weiter geschlafen. Aber ich habe mir überlegt, was wir tun könnten, damit es dir evtl. besser geht.“ Neugierig sah er mich an. „Jetzt sollten wir uns allerdings erst einmal stärken.“, entgegnete ich und stand auf. Nach dem Frühstück gingen Max und ich eine Runde sparzieren, ich führte ihn erst zu meiner Wohnung wo wir gemeinsam Kaffee tranken und dann zu seiner. Als er realisierte, was ich vorhatte, bemerkte ich wie er immer nervöser wurde. Also hackte ich mich bei ihm unter und führte ihn zum Haus. „Ich bin die ganze Zeit bei dir. Mach dir keine Sorgen.“, beruhigte ich ihn als wir vor der Tür standen und führte ihn hinein.
Max
Die nächtlichen Alpträume nahmen langsam überhand, zwar konnte ich mich nie an Details erinnern, aber ich wusste, ich musste etwas dagegen unternehmen. Nur was? Sarah hatte den Entschluss gefasst sich mit mir der Situation zu stellen und hatte mich zu meiner Wohnung gebracht. „Ich bin die ganze Zeit bei dir. Mach dir keine Sorgen.“, beruhigte sie mich und wir betraten die Wohnung. Zuerst betrat ich mein Zimmer und packte ein paar Sachen zusammen, um weiter bei Zack übernachten zu können. Währenddessen hatte Sarah sich daran gemacht überall die Fenster zu öffnen, damit ein wenig frische Luft in die Wohnung kam. Es war ein komisches Gefühl. Alles war wie immer, einzig und allein das Wissen, dass meine Mutter nicht mehr war, machte das ganze merkwürdig. Nachdem ich ein paar Klamotten zusammengepackt hatte, suchte ich Sarah und fand sie im Schlafzimmer meiner Mutter. Zögernd stand ich im Türrahmen und haderte mit mir das Zimmer zu betreten, so als würde mir etwas passieren, wenn ich dies tun würde. Eine Weile betrachtete ich sie wie sie auf dem Bett saß und etwas las. Kurz darauf sah sie auf und lächelte mich mit Tränen in den Augen an. „Dieser Brief ist von deiner Mutter. Sie wollte mir das hier schenken.“, erklärte sie und hielt mir die Kette entgegen, die meine Mutter immer zu besonderen Anlässen getragen hatte. „Das ist die Kette, die sie von meiner Oma bekommen hatte.“, entgegnete ich verblüfft und setzte mich zu ihr aufs Bett. Plötzlich war ich nicht mehr traurig über den Tod, sondern stolz darüber, dass sie Sarah akzeptiert hatte und ich ihr beweisen konnte, dass ich nicht wie mein Vater war. Behutsam nahm ich Sarah in den Arm und wir saßen eine Weile schweigend auf dem Bett. „Ich denke es ist Zeit deine Eltern auch einzuweihen, damit wir weiter planen können.“, entgegnete ich woraufhin mich Sarah verblüfft ansah. „Naja, je eher wir heiraten, desto eher können wir zusammenziehen.“, erklärte ich grinsend.
Sarah
Das Treffen mit meinen Eltern rückte immer näher. Wir waren bei ihnen eingeladen und gerade mit dem Auto auf dem Weg dorthin. Nervös spielte ich an meinem Ring herum. Wie sie wohl auf meine Verlobung reagieren würden? „Mach dir keine Sorgen, alles wird gut.“, versuchte Max mich zu beruhigen und nahm meine Hand in seine. „Und außerdem, hast du mir versprochen, dass du mich auch heiratest, wenn deine Eltern dagegen sind.“, scherzte er. Ohne zu reagieren, schaute ich aus dem Fenster und verlor mich wieder in meinen Gedanken. Zwar machte ich mir Sorgen um das bevorstehende Treffen, aber noch mehr Sorgen machte ich mir um Max. Nachdem wir in der Wohnung waren, hatte sich etwas in ihm verändert. Zwar hatte er sich mit dem Tod seiner Mutter arrangiert, und jeder der ihn nicht kannte, könnte meinen es sei wieder alles wie immer, aber er war dennoch sehr in sich gekehrt und mir gegenüber zeitweise immer noch recht abweisend. Die Nächte waren auch ruhiger geworden und er hatte begonnen wieder in seiner eigenen Wohnung zu wohnen. Natürlich schauten Zack und ich regelmäßig nach dem Rechten, aber mich beschlich das Gefühl, dass es ihm nicht so gut ging wie er behauptete. Doch wenn ich eines gelernt habe, dann ist es Max die Zeit zu geben, die er braucht. Als das Auto anhielt, erkannte ich dass wir bei meinen Eltern angekommen waren. Jetzt war es soweit. Wir stiegen aus dem Auto aus und gingen Arm in Arm zum Haus. Ich atmete noch einmal tief durch bevor ich die Klingel betätigte und wir hinaufgebuzzed wurden. Meine Mutter begrüßte uns beide sehr herzlich, während mein Vater sich große Mühe gab Max ebenfalls herzlich zu begrüßen. Wir wurden von meiner Mutter ins Wohnzimmer zum Esstisch geführt. „Sarah Schatz, kannst du mir noch schnell mit dem Kaffee helfen?“, bat mich meine Mutter mit einem süßen Lächeln und wir ließen meinen Vater mit Max alleine. Als wir in der Küche waren, schloss sie erst einmal die Tür. „Ist es das wofür ich es halte?“, platzte es aus ihr heraus, worauf ich sie verblüfft anstarrte. Immer musste ihr gleich jede Kleinigkeit auffallen. „Der Ring.“, drängte sie ungeduldig, woraufhin ich nickte. Einen Freudeschrei unterdrückend umarmte sie mich ganz fest. „Deshalb sind wir ja heute da.“, erklärte ich und löste mich aus ihrer Umarmung. Mit einem breiten Grinsen schüttete sie den Kaffee in die Thermoskanne und wir gingen zurück ins Wohnzimmer. Ich setzte mich neben Max auf die Eckbank und saß somit zwischen Max und meinem Vater, meiner Mutter gegenüber. Mit leicht zitternden Händen begann ich den Kuchen auszuteilen, während meine Mutter den Kaffee eingoss. „Und wie sind eure gemeinsamen Zukunftspläne?“, fragte mein Vater nach einer kurzen Stille. Max, der gar nicht damit gerechnet hatte, hatte sich an seinem Schluck Kaffee verschluckt. „Wie kommst du jetzt auf die Idee?“, fragte ich schockiert während ich Max auf den Rücken klopfte bis er sich wieder halbwegs im Griff hatte. „Ich kenne dich. Hast du dir einmal was in den Kopf gesetzt, lässt du dich nicht so leicht davon abbringen. Außerdem haben deine Mutter und ich schon vermutet, dass ihr euch bald verlobt. Also?“, erklärte er. „Wenn du schon so fragst, dann können wir es auch gleich erzählen.“, entgegnete ich „Also wir würden gerne so bald wie möglich heiraten. Schließlich kennen wir uns jetzt lange genug und haben genug miteinander erlebt.“, übernahm nun Max die Erklärung. „Ich muss gestehen, dass es für mich schon eine Überraschung war, als ich gerade den Ring entdeckt hatte, aber wem will ich was vormachen? Ihr seid beide alt genug und ich muss gestehen, dass ich mir mittlerweile keinen Besseren für meine kleine Prinzessin vorstellen kann als dich.“, erklärte mein Vater ernst. „Da das geklärt ist, möchte ich nur eine Forderung stellen.“ Kurz lächelte er meine Mutter an. „Deine Mutter und ich werden alle Vorbereitungen für die Hochzeit treffen! Das musste ich deiner Mutter versprechen.“, wandte sich mein Vater an mich und beuge sich zu mir vor. „Sonst hätte sie mir das Leben zur Hölle gemacht!“, flüsterte er kichernd, woraufhin meine Mutter ihn in die Seite buffte. Damit war das Eis gebrochen. Wir hielten uns alle lachend den Bauch. In diesem Moment war ich sehr glücklich, denn zum einen war dies das erste Mal das Max wieder aus vollem Halse lachte und zum anderen war nun endlich auch die letzte Hürde bezwungen. Der Nachmittag verlief besser als erwartet, nun schien es endlich ein Happy End für uns zu geben.
Max
Nachdem wir endlich den Segen von Sarahs Eltern hatten, konnte ich mich beruhigt um Jeanine kümmern. Sie hatte mich gebeten ihr mit Kristian zu helfen. Das war auch der Grund warum ich Sarah gegenüber so zurückgezogen war. Zwar war sie mittlerweile gut mir ihr befreundet, aber ich wollte sie so weit wie möglich von Kristian fern halten, da ich ihm immer noch nicht wirklich über den Weg traute. „Warum meldet er sich nicht?“, quengelte sie. „Ist er denn überhaupt in der Stadt?“, hackte ich nach, woraufhin Jeanine mit den Schultern zuckte. „Aber so lange hat er mich noch nie ignoriert. Es sind jetzt schon ganze 3 Tage!“, entgegnete sie verzweifelt. „Er hat sicher einen guten Grund dafür.“, versuchte ich sie zu beruhigen. „Mag sein.“, gab sie nach und wie als Bestätigung klingelte ihr Handy. „Es ist Kristian!“, rief sie freudig aus und öffnete die SMS. „Er ist im Ausland unterwegs gewesen.“, klärte sie mich auf. „Und er will sich treffen!“ Vor Freude strahlend starrte sie auf ihr Display. „Dann ist ja alles gut. Wo trefft ihr euch?“, wollte ich wissen. „In einem Café in der Nähe. Kommst du mit?“, flehte sie. „Was soll ich da? Er wird dir schon nichts tun!“, wehrte ich mich. Ich war ein wenig verwirrt. Als ich mit Jeanine zusammen war, war sie fordernd und lies sich von niemanden etwas sagen. Doch die Jeanine, die hier vor mir steht war ganz anders. Sie war nervös, unsicher und verlangte nach Rat. „Pass auf. Ich werde mit Sarah dort Kaffee trinken gehen, so rein zufällig. Ist das ok für dich?“, gab ich schließlich nach. Sich tausendmal bedankend sprang sie mir um den Hals und umarmte mich so fest sie konnte. „Wenn du mich aber erdrückst, kann ich dir auch nicht mehr helfen!“, machte ich sie scherzhaft darauf aufmerksam. Peinlich berührt ließ sie von mir ab und entschuldigte sich. „Du solltest dich jetzt fertig machen. Ich werde Sarah einen Überraschungsbesuch abstatten. wir treffen uns dann dort.“, verabschiedete ich mich und machte mich auf den Weg zu Sarah.
Ca. eine Stunde später saßen wir dann im hintersten Eck des Cafés und warteten auf unsere Bestellung als auch endlich Kristian und Jeanine eintrafen. „Was machen die denn hier?“, flüsterte Sarah überrascht und beobachtete mit skeptischen Blick wie die beiden sich am anderen Ende des Cafés an einen Tisch setzten. „Ignorier Sie einfach. Sind sicher nicht hier um Ärger zu machen.“, versuchte ich sie zu beruhigen. Glücklicherweise kam auch gleich der Kellner und brachte uns die Kaffee und den Kuchen. „Wo waren wir gerade?“, wollte sie wieder an unser vorangegangenes Gespräch anknüpfen. „Ach ja. Also Wohnungssuche. Was hast du vor gehabt? Wollen wir in deine Wohnung, in meine Wohnung oder komplett eine neue zusammen suchen?“ „Gute Frage, darüber hab ich mir noch keine Gedanken gemacht. Also bei mir jedenfalls nicht. Ich halte es ja jetzt schon kaum in der Wohnung aus. Bleibt also nur noch bei dir oder neue Wohnung.“, erwiderte ich. „Nun ja. Ich denke es kommt drauf an, was wir alles in der Wohnung haben möchten und was wir uns leisten können. Also was du alles von dir mitnehmen willst und was alles von mir mit soll.“, überlegte Sarah laut. Da ich mich teilweise auf Jeanine und Kristian konzentrierte, bekam ich nicht ganz alles mit was Sarah so erzählte. Es schien als würde die Unterhaltung der beiden sich langsam zuspitzen, also machte ich mich auf Ärger gefasst.
Sarah
Als wir so im Café saßen, schien es als sei Max nicht ganz bei der Sache zu sein. Immer wieder stellte ich fest, dass er verstohlen das Geschehen am anderen Ende des Cafés beobachtete. Zwar hatte er gesagt, dass Jeanine und Kristian sicher nicht da waren um Ärger zu machen, aber so ganz konnte ich ihm das nicht glauben. Dabei hatte Kristian mir doch versprochen, dass er sich benimmt! Vor ein paar Wochen hatte Kristian mich aufgesucht und sich bei mir entschuldigt. Er hätte jetzt eingesehen, dass seine Taten falsch waren. Auch hatte er mir gestanden, dass er angefangen hat etwas für Jeanine zu empfinden und mich gebeten im in Sachen Beziehung zu helfen. Ich hatte mich geschlagen gegeben und eingewilligt ihm zu helfen. Da er davon ausging, dass zwischen Max und ihm nie so wirklich aufrichtiges Vertrauen herrschen könnte, hatte er beschlossen weit weg zu ziehen. Das er mit weit weg, ins Ausland meinte, verriet er natürlich erst viel später. „Meinst du Jeanine empfindet genauso?“, fragte er mich zum x-ten Mal. „Frag sie doch endlich!“, rief ich genervt aus. Ich war es langsam Leid immer und immer wieder dieselbe Frage zu hören. Außerdem waren heute meine Prüfungsergebnisse gekommen und ich hatte noch keine Gelegenheit gehabt sie anzusehen. „Ja ich werde sie das nächste Mal fragen, wenn ich sie sehen.“, gab er sich geschlagen. Kurz darauf klingelte mein Handy. „Lust mal wieder zusammen Kaffee trinken zu gehen?“, schrieb Max. „Klar. Wo und wann?“, war meine Antwort. „Ich hole dich in einer Stunde ab. Bis gleich.“ Kristian grinste mich an. „Was?“, fragte ich verlegen. „Wenn ich es nicht besser wüsste, hat dir Max geschrieben.“, erklärte er. „Ja und?“, entgegnete ich. „Man sieht es dir an. Während du mit ihm schreibst, lächelst du wie ein kleines Mädchen vor dich hin.“, erklärte er lachend. „Und wenn schon. Ich kann halt nicht anders.“, verteidigte ich mich. „Wie dem auch sei. Ich muss jetzt wieder los. Wollte mich mit Jeanine treffen.“, drängte er plötzlich. „Versprich mir, dass du dich zusammenreist!“, entrang ich ihm das Versprechen. „Ja, ich werde mich benehmen. Danke nochmal das du mich trotz allem unterstützt.“, verabschiedete er sich.
Max schnipste vor meinen Augen um mich wieder aus meinen Gedanken zu holen. „Du warst plötzlich so ruhig. Alles ok?“, fragte er und sah mich besorgt an. „Ja alles gut. Ich war nur kurz abgelenkt.“, entschuldigte ich mich. „Wo waren wir?“, versuchte ich wieder an das Gespräch anzuknüpfen, doch bevor Max antworten konnte, ertönte ein lauter Knall. Während Max schon aufgesprungen war, starrte ich noch erschrocken in die Richtung des Geschehens. Es war Jeanine, die vom Stuhl gefallen sein muss und jetzt bewusstlos am Boden lag. Kurz nachdem Max Kristian erreicht hatte, kam auch ich zu mir und eilte ebenfalls dort hin. „Was hast du jetzt schon wieder getan?“, hörte ich Max zischen, während er Kristian am Kragen gepackt hatte und schüttelte. „Ich kann das erklären!“, versuchte sich Kristian aus seinem Griff zu befreien. Währenddessen kniete ich neben Jeanine und bespritze sie ein wenig mit Wasser, um sie wach zu bekommen. „Wenn ihr zwei euch kloppen wollt, tut das bitte draußen. Ihr habt schon genug Aufmerksamkeit auf euch gezogen!“, wies ich die beiden zurecht. „Soll ich einen Arzt rufen?“, fragte die Bedienung besorgt, als sie endlich begriffen hatte was passiert war. „Alles gut, sie hat wohl die Nachricht nicht wirklich gut verkraftet.“, wimmelte ich sie ab, woraufhin die Bedienung Max und Kristian hinaus begleitete. Kurz darauf kam Jeanine auch schon zu wieder zu sich. „Was ist passiert?“, fragte sie verwirrt. „Dasselbe könnte ich dich auch fragen.“, entgegnete ich und half ihr auf. „Das letzte woran ich mich erinnern kann ist das Kristian mir gestanden hat, dass er sich in mich verliebt hat.“, erklärte sie die Situation. „Und was empfindest du?“, hackte ich vorsichtig nach. „Ich muss gestehen, obwohl wir uns schon länger kennen, habe ich mich während wir intensiver miteinander zu tun hatten, irgendwie in ihn verliebt.“, gestand sie. „Das ist doch großartig!“, rief ich entzückt.
Max
Nachdem ich mit Kristian aus dem Kaffee geschmissen wurde, konnte ich ihn in Ruhe zur Rede stellen. „Was fällt dir ein?“, rief Kristian erzürnt. „Was hast du mit Jeanine gemacht?“, rief ich zurück. „Geht dich zwar nichts an, aber ich habe ihr lediglich gesagt wie meine Gefühle ihr gegenüber sind.“, erklärte Kristian kleinlaut. „Und weiter nichts?“, fragte ich verwundert woraufhin Kristian nickte. „Warum musst du dich eigentlich immer in meine Angelegenheiten einmischen?“, wollte Kristian wissen. „Du weist das Jeanine trotz allem auch eine gute Freundin von mir ist!“, entgegnete ich vorsichtig. „Sicher dass es nicht mehr ist?“, stichelte Kristian. „Was soll denn noch sein? Ich bin mit Sarah verlobt, schon vergessen?“, erwiderte ich leicht genervt. Ich war heilfroh, dass Sarah und Jeanine just in diesem Moment aus dem Café kamen, denn ich hatte echt keinen Nerv für einen weiteren Streit. „Können wir?“, fragte Sarah, hackte sich bei mir unter und wir gingen unseres Weges.
„Sag mal, kann es sein, dass dieses Treffen kein Zufall war?“, fragte sie grinsend als wir außer Hörweite waren. „Dir entgeht aber auch nichts!“, lachte ich. „So ist es.“, stimmte sie lachend zu. „Jeanine hatte mich um Hilfe gebeten. Sie dachte sich, das ich Kristian besser einschätzen kann und ihr somit ein paar Tipps geben könnte.“, erklärte ich. Sarah lachte. „Genauso ging es mir mit Kristian!“ Sichtlich zufrieden hackte sich bei mir ein und wir gingen nach Hause. „Übrigens meine Prüfungsergebnisse sind heute gekommen.“, unterbrach sie die Stille die nach einer Weile eingetreten war. „Und?“, hakte ich nach. „Naja es ist nicht ganz so verlaufen, wie ich es mir gewünscht hatte, aber dennoch habe ich mit einem 2er Schnitt bestanden! Jetzt bin ich endlich ausgelernte Bürokauffrau und die Firma übernimmt mich!“, rief sie freudig aus. „Das sind super Neuigkeiten!“, freute ich mich mit ihr und zog sie enger, sodass ich sie küssen konnte. „Jetzt steht unserer eigenen Werkstatt nichts mehr im Weg.“, bemerkte Sarah und sah mich freudestrahlend an. „Ich finde das sollten wir feiern!“, entschied ich und grinste sie vielversprechend an. „Was hast du jetzt schon wieder vor?“, wollte sie wissen, doch statt zu antworten entgegnete ich ruhig: „Das wirst du schon noch sehen.“
Sarah
Während sich Kristian und Jeanine immer mehr ineinander verliebten und ins Ausland verschwanden und bei uns eigentlich alles zur Abwechslung für eine Weile ok schien, hing bei uns dennoch 68-schon wieder der sogenannte Haushegen schief. Vor kurzem hatte in der Kfz-Werkstatt, in der Max arbeitete, eine neue Azubine angefangen. Da Max sich sehr gut mit Ihr verstand, verbrachten die beiden auch in ihrer Freizeit viel Zeit miteinander. Eigentlich wollte ich es nicht zugeben, aber ich wurde Misstrauisch und Eifersüchtig. Auch wenn er mir immer wieder bestätigte, dass nichts zwischen Ihnen sei, konnte ich mein schlechtes Bauchgefühl nicht ignorieren. Wie so oft, hatte er mich heute einmal wieder versetzt und ging natürlich auch nicht an sein Telefon. Seufzend steckte ich das Handy zurück in meine Handtasche. „Und jetzt?“, fragte meine Cousine Jasmin. „Jetzt gehen wir einfach zusammen für die neue Wohnung shoppen! Irgendwann muss ich ja anfangen!“, entgegnete ich verärgert. Auf dem Weg ins Bauhaus klingelte dann doch mein Handy. „Gehst du bitte ran?“, bat ich meine Cousine da ich gerade am Fahren war und sowieso keine Lust hatte mit ihm zu reden. „Ja?“, meldete sich meine Cousine vorsichtig. „Du hast angerufen?“, hörte ich Max. „Ähm, hier ist Jasmin. Sarah…“ „Kann ich bitte mit Sarah sprechen?“, unterbrach er meine Cousine kurzerhand. „Sarah fährt gerade Auto und kann nicht. Soll ich ihr was ausrichten?“, erklärte sie. „Sie soll mich bitte zurückrufen. Dann kann ich es ihr selbst sagen.“, hörte ich ihn sagen. „Er soll sagen was er will!“, zischte ich laut genug, sodass er es hören konnte. „Hast du gehört?“, hackte Jasmin nach. „Ja, hab ich! Sie hat mich doch angerufen, also wollte ich fragen, was sie wollte.“, erklärte er. Ich atmete tief ein und wieder aus. „Sag ihm ich wollte lediglich wissen, warum er mich schonwieder versetzt hat und ihm mitteilen, dass wenn es dem werten Herrn doch noch beliebt, er gerne im Bauhaus zu uns dazu stoßen darf!“, schimpfte ich. Für einen kurzen Moment war es still, dann hörte ich den sprichwörtlichen Groschen fallen hören. „Mist! Das hatte ich ja ganz vergessen! Sag Sarah bitte, das es mir unendlich leid tut und ich mich sofort auf dem Weg mache!“, hörte ich Max rufen, bevor er auflegte. „Ich hab’s gehört.“, erwiderte ich bevor Jasmin noch etwas sagen konnte und parkte das Auto. Ich hatte eigentlich nicht mehr damit gerechnet, aber er tauchte tatsächlich eine halbe Stunde später, völlig außer Atem auf. „Es tut mir echt leid!“, keuchte er und wollte mich zur Begrüßung umarmen, doch ich stieß ihn von mir. „Wie oft denn noch? So oft wollten wir schon gemeinsam für die neue Wohnung einkaufen gehen, aber jedes Mal hast du mich versetzt. So langsam hab ich das Gefühl, du willst gar nicht mehr mit mir zusammenziehen!“, begrüßte ich ihn verärgert. Eigentlich war mir zum Weinen zumute, aber ich war so verärgert und verunsichert, dass ich Max nicht meinen waren Gefühlszustand zeigen wollte. Doch wem machte ich was vor, Max wusste immer wie es mir geht. Dennoch ignorierte er meine Wehr diesmal nicht und ließ von mir ab. „Hast du wirklich das Gefühl?“, fragte er verwundert, woraufhin ich nur stumm nickte. „Ich verstehe.“, seufzte er und wandte sich ab um wieder zu gehen. Jasmin stellte sich ihm in den Weg. „Bleib doch.“, flehte sie leise. „Wenn Sarah mir immer noch nicht vertraut, weiß ich auch nicht mehr was ich tun soll. Sie weiß, dass ich sie über alles liebe, wie oft muss ich meine Liebe noch beweisen?“, seufzte er und sah mich traurig an. Beschämt senkte ich meinen Blick und hoffte inständig dass er nicht sah wie eine Träne, die ich nicht mehr zurückhalten konnte, meine Wange hinunter kullerte. „Am besten ihr klärt das unter 4 Augen zuhause.“, schlug Jasmin vor. Ich nickte zustimmend, woraufhin Max sich umdrehte und ohne ein weiteres Wort verschwand. Auch wenn ich jetzt eigentlich nicht mehr in der Stimmung war, suchte ich dennoch mit Jasmin zumindest ein paar Farbproben für die Zimmer der neuen Wohnung raus.
Zurück in meiner Wohnung, wartete Max schon im Wohnzimmer auf mich. „Kaffee?“, begrüßte ich ihn, da ich nicht wusste was ich anderes sagen sollte. Max nickte nur, woraufhin ich dankbar in die Küche flüchtete. Während ich den Kaffee zubereitete, dachte ich verzweifelt darüber nach, wie es überhaupt so weit kommen konnte. Wir hatten so viel miteinander durchgestanden, warum hatte ich plötzlich das Gefühl Max nicht mehr vertrauen zu können? Oder traute ich nur dieser neuen Azubine, die ich übrigens noch nicht einmal kennengelernt habe, nicht? Ich war so in meinen Gedanken vertieft, dass ich nicht mitbekommen hatte, wie Max ebenfalls die Küche betreten hatte. Als er mich still und heimlich von hinten umarmte, erschrak ich so sehr, dass ich die Tasse, die ich gerade aus dem Schrank genommen hatte, mit einem lauten Schrei fallen ließ. Doch Max fing sie geschickt auf und stellte sie auf die Arbeitsfläche. Nachdem ich mich wieder im Griff hatte, versuchte ich seine Umarmung zu ignorieren und goss mit zitternden Händen den Kaffee in die Tassen. „Es tut mir leid.“, flüsterte er in mein Ohr und legte seinen Kopf auf meine rechte Schulter. Ich atmete kurz tief ein und aus. „Was ist nur los mit uns?“, fragte ich anstatt ihm zu antworten und stellte die Kanne ab. Ich spürte wie sein Griff enger wurde und lehnte mich gegen ihn. Für einen kurzen Augenblick blieben wir so stehen und ich fühlte mich wieder sicher und beschützt. „Warum bist du so viel mit dieser neuen Azubine unterwegs und versetzt mich regelmäßig?“, unterbrach ich die Stille. Sofort wurde Max Griff lockerer und er wirbelte mich herum, damit wir uns in die Augen sehen konnten. „Ist das jetzt dein Ernst? Du bist immer noch Eifersüchtig?“, entgegnete er verwundert. „Was würdest du denn an meiner Stelle tun, oder denken?“, fragte ich ihn verzweifelt. „Wie oft muss ich dir noch sagen, dass da nichts läuft? Monika ist nur eine Arbeitskollegin, mehr nicht!“, erklärte er erneut und seufzte. „Ich denke wir sollten ein paar Dinge klären.“, entgegnete ich und drückte ihm kurzerhand seine Tasse Kaffee in die Hand. Gemeinsam gingen wir zurück ins Wohnzimmer und setzten uns aufs Sofa.
Max
Dieses Jahr fing Monika, eine neue Azubine, bei uns in der Kfz-Werkstatt neu an. Zack war sofort von ihr begeistert. Während die beiden sich auf Anhieb sehr gut miteinander verstanden, hatte ich so meine Probleme mit ihr. Ich beobachtete sie ganz genau und versuchte herauszufinden, was für eine Art Mensch sie war. Denn eines war klar, Zack war mein bester Freund und ich wollte ihm möglichen Liebeskummer ersparen. „Also kommst du jetzt mit Sarah heute Abend mit ins Kino, oder nicht?“, fragte Zack mich zum x-ten Mal während ich immer noch am Auto schraubte. „Ich kann nicht. Sarah und ich müssen noch einiges in der neuen Wohnung herrichten!“, entgegnete ich energisch. „Müsst ihr das am Abend machen?“, hackte Zack nach. „Wann sollen wir es denn sonst machen? Etwa krank machen und den freien Tag nutzen?“ „Nein, aber EIN Abend wird schon nicht schaden!“ Ich gab mich geschlagen. „Gut ich komme mit, aber Sarah hat andere Dinge geplant, da will ich bei ihr nicht alles kurzfristig umschmeißen.“ Zack schlug erfreut in die Hände. „Danke, du bist der Beste!“, rief er freudig aus und verschwand um Monika Bescheid zu geben. Ich schüttelte nur belustigt mit meinem Kopf, denn mir wurde gerade wieder klar, dass Zack schon immer wusste wie er mich zu seinem Vorteil manipulieren konnte. In meiner Pause rief ich Sarah an, um ihr mitzuteilen, dass etwas dazwischen gekommen sei und ich Monika helfen musste. Warum ich Idiot nicht Zack sondern Monika erwähnt hatte, weiß ich bis heute nicht. Denn diese Dummheit, führte dazu, dass Sarah mit der Zeit Eifersüchtig und Misstrauisch wurde. In den darauffolgenden Wochen war ich so sehr darauf bedacht Zack zu unterstützen, dass ich Sarah unabsichtlich gänzlich vernachlässigte. Heute war ich mit Zack alleine unterwegs, damit wir mal wieder einen Männernachmittag zusammen haben konnten. Wir waren in der Ruine, da wir dort am meisten unsere Ruhe und Privatsphäre hatten. Ich saß gerade am Boden, gegen die Wand gelehnt und schnitzte nebenbei an einem Stück Holz rum. „Glaubst du ich habe eine Chance bei ihr?“, fragte mich Zack, nachdem er seine Bedenken geschildert hatte. Gerade wollte ich zu einer Antwort ansetzten, als mein Handy klingelte. Auf dem Display erschien Sarahs Nummer, doch ich beschloss sie später zurück zu rufen, damit ich meinen Gedanken nicht vergessen konnte. Also drückte ich sie weg. „Du weist ich kenne sich noch nicht lange genug, aber sie scheint vernünftig zu sein. Lerne sie in aller Ruhe näher kennen.“ erwiderte ich und sah Zack eindringlich an. „Du hast ja Recht. Ich versteh auch nicht warum ich bei ihr so nervös bin.“ „Erinnerst du dich nicht? War doch bei mir damals auch mit Sarah nicht anders.“, erinnerte ich ihn. „Stimmt, bei dir war es auch nicht besser.“, lachte er. Kopfschüttelnd zückte ich mein Handy und wählte Sarahs Nummer. „Ja?“, meldete sich jemand am anderen Ende der Leitung. „Du hast angerufen?“, fragte ich. „Ähm, hier ist Jasmin.“, bekam ich zur Antwort. „Sarah ist…“ „Kann ich bitte mit Sarah sprechen?“, unterbrach ich Jasmin kurzerhand. „Sarah fährt gerade Auto und kann nicht. Soll ich ihr was ausrichten?“, erklärte sie. „Sie soll mich bitte zurückrufen. Dann kann ich es ihr selbst sagen.“, erwiderte ich leicht verärgert. „Er soll sagen was er will!“, hörte ich Sarah im Hintergrund zischen. „Hast du gehört?“, hackte Jasmin vorsichtig nach. „Ja, hab ich! Sie hat mich doch angerufen, also wollte ich fragen, was sie wollte.“, erklärte ich, darauf bedacht möglichst ruhig zu bleiben. Am anderen Ende hörte ich wie Sarah tief ein und aus atmete bevor sie antwortete. „Sag ihm ich wollte lediglich wissen, warum er mich schonwieder versetzt hat und ihm mitteilen, dass wenn es dem werten Herrn doch noch beliebt, er gerne im Bauhaus zu uns dazu stoßen darf!“, schimpfte sie. Ich schlug mir mit der Hand gegen die Stirn. Das hatte ich total vergessen! Klar dass Sarah sauer war. „Mist! Das hatte ich ja ganz vergessen! Sag Sarah bitte, das es mir unendlich leid tut und ich mich sofort auf dem Weg mache!“, rief ich aufgeregt, bevor ich auflegte. „Ich muss los!“, erklärte ich Zack und sprang auf. „Ich melde mich später nochmal!“, rief ich ihm zu und rannte los.
Ca. eine halbe Stunde später erreichte ich das Bauhaus. Nachdem ich endlich die richtige Reihe gefunden hatte eilte ich zu ihr. „Es tut mir echt leid!“, keuchte ich und wollte sie umarmen, doch sie stieß sich von mir. „Wie oft denn noch? So oft wollten wir schon gemeinsam für die neue Wohnung einkaufen gehen, aber jedes Mal hast du mich versetzt. So langsam hab ich das Gefühl, du willst gar nicht mehr mit mir zusammenziehen!“, erwiderte sie verärgert. Verwundert lies von ihr ab. So sehr sie sich auch bemühte ihre Gefühle zu verbergen, konnte ich dennoch in ihrem Blick klar erkennen, dass sie sauer und verletzt war. Auf meine Frage ob sie wirklich so fühle, nickte sie lediglich. „Ich verstehe.“, seufzte ich enttäuscht und wandte mich ab um zu gehen, doch Jasmin stellte sich mir in den Weg. „Bleib doch.“, flehte sie leise. „Wenn Sarah mir immer noch nicht vertraut, weiß ich auch nicht mehr was ich tun soll. Sie weiß, dass ich sie über alles liebe, wie oft muss ich meine Liebe noch beweisen?“, seufzte ich und sah Sarah traurig an. Beschämt senkte sie ihren Blick und ich sah wie eine Träne ihre Wange runterkullerte. „Am besten ihr klärt das unter 4 Augen zuhause.“, schlug Jasmin vor. Sarah nickte zustimmend, woraufhin ich mich umdrehte und ohne ein weiteres Wort verschwand.
Auf dem Weg zu Ihr nach Hause rief ich Zack an. „Ich glaube diesmal ist es wirklich schief gelaufen. Es tut mir so leid, dass ich dich da mit rein gezogen habe. Es ist alles meine Schuld!“, entschuldigte sich Zack. „Nein, ich muss lediglich meine Zeit besser planen. Egal, Rückgängig kann ich es nicht machen, aber ich kann die Missverständnisse aufklären.“, beruhigte ich ihn. „Sollen wir uns noch irgendwo treffen, willst du reden?“ „Nein, danke. Ich treffe mich mit Sarah bei ihr zuhause. Hoffentlich können wir das Ganze ein für alle Mal klären.“, bedankte ich mich und zog meinen Schlüssel um in Sarah’s Wohnung zu gelangen. „Mach dir keine Sorgen um uns, wir haben schon genug durchgestanden, da wird ein bisschen Eifersucht schon nicht alles kaputt machen.“, verabschiedete ich mich und hoffte inständig Recht zu haben. „Ok. Aber sollte was sein, melde dich! Du weißt ich bin immer für dich da!“, verabschiedete sich Zack und wir legten auf. Ich betrat die Wohnung und machte es mir auf dem Sofa im Wohnzimmer bequem. Während ich auf Sarah wartete dachte ich darüber nach wann das Ganze wohl begonnen hatte schief zu laufen und wie ich das wieder gerade biegen kann. Es dauerte nicht lange bis Sarah ebenfalls zuhause ankam. „Kaffee?“, begrüßte sie mich durch die Tür lugend. Auf mein Nicken hin verschwand sie ohne ein weiteres Wort in die Küche. Warum mir plötzlich anders wurde und in mir eine Art Panik aufstieg, wusste ich nicht. Doch eines war mir klar: Ich musste dieses Hindernis aus dem Weg schaffen, denn sonst wäre diese Beziehung zum Scheitern verurteilt.
Sarah
Wir redeten bis spät in die Nacht hinein. Das wir doch noch so viel zu klären hatten, war mir nicht bewusst gewesen. Während ich meine Haare kämmte und zu einem Zopf flocht, lies ich alles noch einmal Revue passieren. Max hatte mir erklärt, dass Monika und Zack eine Beziehung eingegangen seien und Zack ihn gebeten hatte sich Monika genauer anzusehen und ihm eine Zweitmeinung zu geben. Das erklärte natürlich warum Max mich mehrfach versetzt hatte, doch es erklärte nicht warum ich dennoch ein ungutes Gefühl hatte. So als stünde uns noch ein Sturm bevor. Doch was sollte schon passieren? Wir waren beide mit der Ausbildung fertig, die Hochzeitsvorbereitungen waren in vollem Gange und die neue Wohnung war fast bezugsfertig. Alles also in bester Ordnung. Doch wie sehr ich mich täuschte, erkannte ich leider erst als es fast zu spät war.
Da ich Selina schon lange nicht mehr gesehen hatte und sie unbedingt zu meiner Hochzeit einladen wollte, hatte ich beschlossen sie ein paar Tage in Plauen zu besuchen und ihr von Max und der bevorstehenden Hochzeit zu erzählen. Ich hatte sie gerade von der Physio Praxis in der sie als Physiotherapeutin arbeitete, abgeholt da passierte das Unglück! Wir überquerten gerade eine schlecht einsehbare Kreuzung, als uns jemand die Vorfahrt nahm und ungebremst in unser Auto prallte. Die Wucht war so stark, dass der Wagen mehrfach überschlug und letztendlich im Graben zu stehen kam. Alles woran ich mich noch erinnern konnte bevor ich das Bewusstsein verlor, war Selina blutüberströmt neben mir zu sehen und von der Entfernung rufende Passanten hereilen zu sehen. Als ich danach wieder zu mir kam war ich im Krankenhaus. „Was ist passiert?“, fragte ich die Schwester, die gerade das Zimmer betrat. „Sie hatten einen Autounfall.“, erwiderte die Schwester während sie mich kurz untersuchte. Während sie mit einer kleinen Taschenlampe in meine Augen leuchtete, stellte sie mir ein paar Fragen. „Wissen Sie wo sie hier sind?“ Kurz schaute ich mich um. „Im Krankenhaus?“, erwiderte ich vorsichtig. „Wissen Sie welches Jahr heute ist?“ „2017.“, erwiderte ich woraufhin die Schwester zufrieden lächelte. „Wissen Sie auch wer Sie sind und was passiert ist?“, war die letzte Frage. Angestrengt überlegte ich, doch ich konnte mich nur noch an die letzten Sekunden vor meiner Bewusstlosigkeit erinnern. „Alles an was ich mich erinnern kann ist wie ich sah, dass Passanten auf mich zu rannten und jemand neben mir schwer blutete. Aber davor ist alles blank. Nicht einmal an die vergangenen Tage, geschweige denn meine Kindheit kann ich mich erinnern!“, erwiderte ich panisch und machte Anstalten aufzustehen. „Beruhigen Sie sich!“, versuchte mich die Schwester zu beruhigen und drückte mich zurück ins Bett. Doch ich musste es wissen! Ich musste mich einfach erinnern! Wieder versuchte ich aufzustehen, doch als sie mich erneut festhielt, fing ich an panisch um mich zu schlagen. Es dauerte nicht lange bis ein Arzt kam und mir eine Spritze verpasste. Danach wurde alles wieder dunkel. Erst ein Schluchzen brachte mich wieder zurück in die Realität. Nachdem sich meine Augen an das grelle Licht gewöhnt hatten, erblickte ich eine kleine schlanke Brünette. „Endlich bist du wach!“, rief sie erleichtert aus und umarmte mich. Irgendwie kam sie mir schon bekannt vor, allerdings konnte ich mich nicht erinnern wer sie war. „Du hast mir einen riesigen Schreck eingejagt! Wie geht’s dir eigentlich?“, löcherte sie mich. „Mir geht’s soweit gut, aber wer sind Sie, dass es Sie interessieren sollte?“, erwiderte ich skeptisch. Mein Gegenüber wurde kreidebleich. „Du kannst dich nicht erinnern?“ Ich schüttelte nur mit dem Kopf, woraufhin sie die Hände über den Kopf schlug. „Das darf nicht sein! Er wird sicher sehr böse mit mir werden!“, rief sie und lief panisch im Zimmer umher. „So jetzt beruhigen wir uns erst einmal und essen etwas.“, begrüßte uns eine Schwester, die das Abendessen brachte, stellte die Tablets auf den jeweiligen Tischen ab und verschwand wieder. „Sarah?“, unterbrach mein Gegenüber die eigetretene Stille. Da wir die einzigen beiden in diesem Raum waren, ging ich einfach einmal davon aus, dass sie mich meinen musste. „Was ist denn?“, entgegnete ich. „Soll ich dir erzählen was passiert ist?“, fragte sie vorsichtig. „Das wäre sehr hilfreich. Aber erzähl mir bitte zuerst wer ich bin und wie wir uns kennen.“, bat ich sie. „Also. Dein Name ist Sarah, ich heiße Selina. Wir sind zusammen zur Schule gegangen und du wolltest mich wieder besuchen, da wir uns so lange nicht mehr gesehen haben.“, begann Selina ihre Erklärung.
Max
„Das sieht ihr gar nicht ähnlich!“, bestätigte Zack meine Bedenken. Zwar wusste ich das Sarah ein paar Tage nach Plauen gefahren war um eine gute Freundin zu besuchen. Doch es war ungewöhnlich, dass sie sich nicht meldete. Ok, es kann passieren, dass man vor Freude über das Wiedersehen vergisst Bescheid zu geben, dass man gut angekommen ist. Aber sich Tagelang nicht zu melden, sah Sarah absolut nicht ähnlich! „Geht sie denn wenigstens ans Telefon oder antwortet auf deine Messages?“, hakte Zack nach. Traurig schüttelte ich den Kopf. „Ich habe so viele Nachrichten auf ihrer Mailbox hinterlassen und so viele SMS geschrieben! Die muss sie doch bekommen haben! Ich mache mir langsam wirklich große Sorgen!“, erwiderte ich bedrückt. Zack überlegte. „In zwei Tagen wollte sie wieder zurück sein, nicht wahr?“ Ich nickte. „Dann solltest du noch abwarten. Wenn sie dann noch nicht zurück ist oder sich gemeldet hat, fahren wir selbst nach Plauen und suchen sie, einverstanden?“ „Einverstanden. Bestimmt schwelgen beide nur so in tief in Erinnerungen, dass sie alles um sich herum vergessen haben!“, versuchte ich Zack und vor allem mich zu beruhigen.
Sarah
Selina hatte mir über die Tage, die wir im Krankenhaus verbrachten viel erzählt und geholfen, doch meine Erinnerungen wollten einfach nicht zurückkommen. „Nicht schon wieder!“, entfuhr es mir genervt. In den letzten Tagen hatte ich ständig Anrufe oder Messages von einem gewissen Max erhalten, so auch heute. „Max?“, fragte Selina, woraufhin ich nickte. „Blockier ihn doch einfach wenn er dich nervt! Oder kennst du ihn?“, entgegnete Selina, woraufhin ich hilflos mit den Schultern zuckte. „Vielleicht sollte ich einfach mal rangehen oder zurückschreiben.“, überlegte ich laut, schob aber den Gedanken schnell wieder beiseite. Schließlich musste ich erst herausfinden wie ich zu ihm stand. „Jetzt müssen wir erst einmal dafür sorgen, dass wir aus diesem Krankenhaus raus kommen. Dann kann ich dich deinen Freunden vorstellen!“ Wie aufs Stichwort klopfte es an der Zimmertür und ein junger Mann trat ein. Er war ca. 1,80 m, hatte rot-blonde Haare und Sommersprossen im Gesicht. Mit einem breiten Grinsen ging er auf Selina zu und umarmte sie. „Du kommst wie gerufen!“, begrüßte sie ihn. „Euch kann man ja nicht eine Sekunde alleine lassen.“, scherzte er und ging auf mich zu. „Hi. Ich bin Matthias, wir kennen uns aus Schulzeiten und sind sehr eng befreundet, wenn du weist was ich meine.“, begrüßte er mich. „Bedeutet das wir sind gute Freunde oder mehr?“, hakte ich nach. Fragend sah er kurz Selina an, wandte sich aber schnell wieder mir zu. „An was kannst du dich denn überhaupt erinnern?“, fragte er. „Eigentlich an nichts. Aber Selina hat mir schon ein wenig über mich und die Zeit hier in Plauen erzählt.“, antwortete ich wahrheitsgemäß. „Ok. Also wir beide waren erst sehr gute Freunde, doch langsam aber sicher ist aus unserer Freundschaft mehr geworden.“, erklärte er. Da ich erstmal alles glauben musste was man mir erzählte, ging ich davon aus, dass ich mit Matthias in einer Beziehung war.
Am folgenden Tag wurden Selina und ich endlich aus dem Krankenhaus entlassen und ich wohnte erst einmal bei ihr. Sie zeigte mir wo wir zur Schule gegangen waren, wo ich damals gewohnt hatte und mit welchen Freunden ich so unterwegs war. Auch Matthias lernte ich immer besser kennen und wir kamen uns näher. Er war ein sehr netter Typ, wir verstanden uns sehr gut. Auch muss ich gestehen, dass ich recht schnell das Gefühl hatte mich in ihn zu verlieben. Immer öfter musste ich an ihn denken und bekam sofort Schmetterlinge im Bauch. Jetzt musste nur noch meine Erinnerung wieder kommen. „Was überlegst du denn?“, fragte Matthias, als wir eines Nachmittags im Park gemeinsam auf einer Bank saßen und strich mir liebevoll eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Ich wünschte einfach, dass meine Erinnerung wieder zurückkommen würde, damit ich mich an all die schönen Momente oder auch die gemeinsam gemeisterten Probleme erinnern kann.“, erwiderte ich wahrheitsgemäß. Aus den Augenwinkeln konnte ich erkennen wie er leicht blass wurde. „Alles ok?“, fragte ich daraufhin besorgt und löste mich aus seiner Umarmung um ihn genauer betrachten zu können. „Ja alles gut. Ich bin einfach nur froh, dass es dir gut geht und ich mit dir eine zweite Chance bekommen habe.“, erwiderte er bedrückt. Um ihn zu ermutigen legte ich meine Arme um seinen Hals. „Was auch immer vorher geschehen ist, ändert nichts an der Tatsache wie ich jetzt fühle.“, erwiderte ich und küsste ihn.
Max
Es war jetzt eine Woche vergangen und Sarah hatte sich immer noch nicht gemeldet. Also hatte ich mich bei ihren Eltern erkundigt wen Sarah besuchte und nach der Adresse gefragt. Dass sich Sarah nicht bei mir gemeldet hatte, habe ich ihnen nicht erzählt. Stattdessen erklärte ich, dass ich Sarah einfach überraschen wollte. Auf den Weg nach Plauen, schossen mir so einige unheimliche Gedanken durch den Kopf, die ich allerdings schnell wieder beiseiteschob. Als ich dann vor der Haustür stand, atmete ich erst einmal ein paar Mal tief ein und aus, denn irgendwas hinderte mich daran auszusteigen. Plötzlich sah ich Sarah ums Eck kommen. Sie lief mit einem Mann händchenhaltend durch die Gegend. So sehr mich das auch gerade aufregte, wollte ich keine voreiligen Schlüsse ziehen. So wie ich Sarah kannte, musste es eine einfache Erklärung dafür geben. Ich beobachtete sie wie sie zum Haus liefen und davor stehen blieben um sich noch zu unterhalten. Doch dann traute ich meinen Augen nicht! Ich sah wie sich die beiden zum Abschied küssten! Und ich meine nicht einfach einen Kuss auf die Wange oder so, sondern einen Kuss den liebende austauschen! Jetzt musste ich es wissen! Was war passiert? Sobald der Unbekannte außer Sichtweise war, ging ich zur besagten Tür und klingelte bei dem Namen den mir ihre Eltern gegeben hatten - Selina Klein. „Ja?“, meldete sich eine mir unbekannte Frauenstimme. „Hallo mein Name ist Max. Ich bin ein guter Freund von Sarah.“, stellte ich mich vor und hörte wie jemand am anderen Ende der Leitung scharf die Luft einzog. „Einen kleinen Moment.“, bat die Stimme und es war einen kurzen Moment ruhig. „3. Stock links.“, ertönte es und ich wurde reingelassen. Während ich die Treppen hinaufging, hatte ich das Gefühl das mein Herz gleich stehen bleiben würde. Natürlich war ich heilfroh dass es Sarah gut ging, allerdings machte ich mir Sorgen um unsere gemeinsame Zukunft. Als ich die Treppe zum 3. Stock erreichte, sah ich auch schon Sarah im Türrahmen stehen. „Was gibt’s?“, grüßte sie mich. „Ich wollte nur mal bei dir nach dem Rechten sehen.“, begrüßte ich sie und wollte sie umarmen, doch sie wich zurück, woraufhin ich in meiner Bewegung inne hielt. „Ist dein Handy kaputt?“, fragte ich stattdessen. „Nein, warum fragst du?“, entgegnete sie verwirrt. „Na ich hab dich zig Male angerufen und dir Nachrichten geschrieben. Ich hab mir echt Sorgen gemacht!“, erwiderte ich leicht verärgert. „Also bist du derjenige der mich die ganzen Tage genervt hat!“, schimpfte sie. „Bitte was?!“, schrie ich. Ich war mit einem Mal so wütend! Während ich mir Sorgen gemacht hatte, hatte sie mich einfach ignoriert und als nervig empfunden. War das jetzt die Rache für das Missverständnis mit Monika? „Hast du dir auch nur mal im Geringsten überlegt warum ich so oft angerufen habe? Du wolltest nur eine Freundin besuchen, nicht mich aus deinem Leben werfen!“, entgegnete ich gereizt und versuchte meine Wut unter Kontrolle zu bringen. „Dich aus meinem Leben werfen? Das würde ja bedeuten, dass ich dich in meinem Leben haben wollte.“, erwiderte sie und sah recht verwirrt drein. Ich gab mir größte Mühe meine Wut unter Kontrolle zu halten. „Was ist nur mit dir los? Du verhältst dich ja so als würden wir uns nicht kennen und heute zum ersten Mal sehen!“, zischte ich und versuchte mich weiter zusammen zu reißen. Wie so oft, wenn sie Nervös war, biss Sarah sich auf die Unterlippe und starrte an mir vorbei in die Leere. Sie sah plötzlich so verängstigt aus und ich bereute sofort meine Reaktion. Sie war so in Gedanken vertieft, dass sie nicht einmal mitbekam wie ich sie langsam in meine Arme nahm und sanft den Rücken strich. Erst als sich ihre Freundin näherte, schrak sie hoch, stieß mich von sich und rannte in die Wohnung. „Es tut mir unheimlich leid.“, entschuldigte sich Selina und schloss die Tür hinter sich. „Gib ihr einfach Zeit. Wenn alles gut geht wird sie sich wieder erinnern.“ Abrupt blieb ich stehen. „Erinnern? Was ist passiert?“, wollte ich wissen. „Lass uns bitte draußen weiter reden. Ich werde alles erklären.“, bat sie und wir gingen eine Runde spazieren.
Sarah
Alles schien wieder gut zu werden, nur meine Erinnerung ließ noch auf sich warten. Kaum dass mich Matthias zu Selina nach Hause gebracht hatte klingelte es. „Erwartest du jemanden?“, rief Selina aus der Küche und eilte zur Sprechanlage. „Ja?“, meldete sie sich. Kurz darauf zog sie die Luft scharf ein und schaltete das Telefon auf Stumm. „Du errätst nie wer unten vor der Tür steht!“, flüsterte sie und fuhr ohne auf eine Antwort zu warten fort: „Es ist Max! Soll ich ihn reinlassen?“ Nach kurzem Überlegen nickte ich und wartete bis er oben angekommen war. „Wenn was ist, ruf einfach!“, flüsterte Selina und lies mich alleine im Türrahmen stehen. Während ich wartete, hatte ich das Gefühl mein Herz würde aussetzen. Zum einen war ich gespannt darauf wer mich die ganze Zeit versuchte zu erreichen, aber zum anderen hatte ich auch Angst, da ich nicht wusste wie ich mit ihm vor meinem Unfall stand. „Was gibt’s?“, begrüßte ich ihn, als er mich fast erreicht hatte. „Ich wollte nur mal bei dir nach dem Rechten sehen.“, grüßte er mich und wollte mich umarmen, doch ich wich unbewusst zurück, woraufhin er in seiner Bewegung inne hielt. Nachdem er mich kurz eingehend betrachtet hatte, fragte er mich: „Ist dein Handy kaputt?“ „Nein, warum fragst du?“, entgegnete ich verwirrt. „Na ich hab dich zig Male angerufen und dir Nachrichten geschrieben. Ich hab mir echt Sorgen um dich gemacht!“ Bevor ich auch nur richtig überlegen konnte rutschte mir die folgende Antwort raus: „Also du bist derjenige der mich die ganzen Tage genervt hat!“ „Bitte was?!“, schrie er, woraufhin ich mich erschrocken noch enger an den Türrahmen drückte. „Hast du dir auch nur mal im Geringsten überlegt warum ich so oft angerufen habe? Du wolltest nur eine Freundin besuchen, nicht mich aus deinem Leben werfen!“, entgegnete er wütend. Warum ich plötzlich in den Abwehrmodus geriet und ihn weiter reizte, weiß ich bis heute nicht. „Dich aus meinem Leben werfen? Das würde ja bedeuten, dass ich dich in meinem Leben haben wollte.“, erwiderte ich und überlegte fieberhaft woher ich ihn wohl kennen müsste. Ich war so vertieft in meinen Gedanken, dass ich nicht mitbekam was er weiter gesagt hatte, geschweige denn wie er mich in den Arm genommen hatte. Erst als Selina kam um nach dem Rechten zu sehen, schreckte ich aus meinen Gedanken. Ich stieß Max von mir und rannte in die Wohnung. Plötzlich fühlte ich mich so hin und her gerissen. Auf der einen Seite war Matthias, bei dem ich mich wohlfühlte und jedes Mal Schmetterlinge im Bauch hatte. Und jetzt war da Max. Es fühlte sich alles so vertraut mit ihm an und doch hatte ich ein wenig Angst vor ihm. Warum konnte ich mich einfach nicht erinnern?
Max
Nachdem Sarah in die Wohnung gestürmt war und ihre Freundin mit entschuldigend die Tür schloss, machte ich mich tieftraurig auf den Weg zurück ins Auto. Da es schon spät war fuhr ich in ein Hotel in der Nähe um dort die Nacht zu verbringen. Während ich auf den erlösenden Schlaf wartete, kreisten meine Gedanken natürlich um Sarah. Was war nur mit Sarah los? Warum wollte sie mich plötzlich nicht mehr in ihrem Leben haben? Hatte sie etwa kalte Füße bekommen? Oder hatte sie mir alles einfach nur vorgespielt? Zweiteren Gedanken verwarf ich schnell wieder, denn dafür glaubte ich Sarah einfach viel zu gut zu kennen. Schließlich hatten wir ja schon genug miteinander durchmachen müssen. Mit diesen Gedanken fiel ich in einen unruhigen Schlaf.
„Du hast Nerven!“, schimpfte Sarah. „Was gibt dir das Recht hier einfach so aufzutauchen?“ „Was mir das Recht gibt?“, zischte ich zurück. „Ich denke mal der Fakt das ich dein Verlobter bin, ist Recht genug!“ Statt zu antworten, verfiel Sarah in schallendes Gelächter. Voller Wut packte ich sie an den Armen und hielt sie fest. „Du tust mir weh! Lass mich los!“, wehrte sie sich. „Erst verrätst du mir was das hier soll!“ „Was wohl.“, hörte ich eine männliche Stimme hinter mir. „Sie ist hier um mich zu heiraten!“, erwiderte er und trat hinter mir hervor. Er war etwa so groß wie ich, hatte rot-blonde Haare und Sommersprossen im Gesicht. Ungläubig wanderte mein Blick von Ihm zu Sarah und zurück. „Lass mich endlich los.“, zischte Sarah und wandte sich in meinem Griff. „Und wer ist dieser Clown?“, fragte ich, ihre Wehr ignorierend. Doch mein Gegenüber schien das nicht lustig zu finden und verpasste mir einen linken Hacken, woraufhin ich mit Sarah in meinem Griff zu Boden ging. Ehe ich wieder ganz bei Sinnen war, hatte der Fremde Sarah schon aufgeholfen und stand mit ihr im Arm vor mir. Erst jetzt realisierte ich überhaupt was hier vor sich ging. Sarah stand tatsächlich in einem weißen Kleid vor mir, hinter ihr standen plötzlich ihre besorgten Eltern. „Du kannst gerne bleiben und uns danach gratulieren. Solltest du aber weiter Ärger machen, werf ich dich höchstpersönlich vor die Tür!“, drohte der Fremde und führte Sarah zum Altar. Ungläubig verfolgte ich die Zeremonie. Mein Schlimmster Alptraum schien gerade wahr zu werden. Tief traurig beobachtete ich wie der unbekannte Sarah zu sich zog um sie zu küssen. Plötzlich wurde alles schwarz um mich herum. Das nächste was ich mitbekam war wie ich ihren Namen schrie und schweißgebadet im Bett aufwachte. Es dauerte eine kleine Weile bis ich realisierte, dass es zum Glück nur ein böser Alptraum gewesen war.
Sarah
„Was ist passiert? Ist alles ok?“, wollte Selina wissen und sah mich besorgt an. „Ja klar, was soll schon sein? Warum fragst du?“, erwiderte ich so gelassen wie möglich, denn meinen momentanen Gefühlszustand konnte und wollte ich ihr gerade nicht offenbaren. „Du siehst aus als hättest du ein Gespenst gesehen! Dir ist sämtliche Farbe aus dem Gesicht gewichen!“, erklärte sie und sah mich weiterhin eindringlich an. „Es ist nichts. Ich bin nur müde, das ist alles.“, erwiderte ich und täuschte ein gähnen vor. „Na gut.“, gab Selina nach. „Wenn du doch noch reden willst, weist du ja wo du mich findest. Dann wünsche ich dir eine gute Nacht.“, verabschiedete sie sich und drückte mich. Nachdem Selina das Wohnzimmer verlassen hatte, richtete ich die Couch her und zog mich um. Wie jeden Abend seit dem Unfall betrachtete ich Gedankenverloren den Ring an meiner Kette, den ich tagsüber unter meinem Oberteil trug. Kurz darauf bekam ich eine Nachricht von Matthias. „War schön mit dir heute Abend. Ich bin so froh, dass wir eine zweite Chance gemeinsam erhalten haben. Schlaf gut meine Liebe.“ Kaum hatte ich die Nachricht gelesen, verlor ich mich in einem Strudel von Gedanken. Was meinte Matthias mit „zweiter Chance“, was war vorher passiert? Warum war ich nur so zwiegespalten? Auf der einen Seite fühlte ich mich wohl bei Matthias und hatte Schmetterlinge im Bauch, wenn ich auch nur an ihn dachte. Auf der anderen Seite war aber auch Max. Bei ihm hatte ich von Anfang an ein Gefühl von Vertrautheit und Sicherheit, aber ich hatte auch ein wenig Angst vor ihm. Ich spürte dass er viel Wut in sich trägt und konnte ihn schwer einschätzen. Mit dem Entschluss das ganze morgen mit Selina und Matthias zu besprechen verfiel ich dann doch noch in einen unruhigen Schlaf.
Am nächsten Morgen besprach ich das Ganze mit Selina. „Gute Frage. Ich denke du solltest ihm eine Chance geben sich zu erklären, vielleicht meint er einfach eine zweite Chance weil du den Unfall überlebt hast. Was diesen Max betrifft, lern ihn doch erst einmal genauer kennen. Ich bin mir sicher, dass Matthias nichts dagegen haben wird.“, empfahl sie. „Du hast Recht. Ich werde einfach mal mit beiden sprechen.“, erwiderte ich und beschloss Max zu schreiben und mit Matthias zu sprechen. Nachdem ich die Nachricht an Max abgeschickt hatte, verabschiedete ich mich von Selina und machte mich auf den Weg in den Park wo ich mich mit Matthias traf. „Was meinst du eigentlich damit, wenn du sagst, dass du über deine zweite Chance dankbar bist?“, stellte ich ihn zur Rede, als wir in einem einigermaßen abgelegenen Bereich des Parks waren. Es dauerte eine kurze Weile bis ich eine Antwort erhielt. „Nunja, ich bin natürlich froh, dass du den Unfall überlebt hast.“, stammelte er, doch ich war mir sicher, dass das nicht alles war. „Und sonst nichts?“, hakte ich nach, woraufhin er einmal tief ein und ausatmete. „Früher oder später wirst du dich eh daran erinnern können. Vor deinem Unfall hatten wir einen heftigen Streit gehabt. Da dieser aber einfach nur aus meiner Dummheit rührte, war ich sehr froh, dass du dich daran nicht mehr erinnern konntest.“, erklärte er. Damit ich nicht weiter nachfragen konnte, zog er mich zu sich und küsste mich.
Max
Nach dem gestrigen Ereignis war ich mehr als überrascht als ich die SMS von Sarah erhielt. Sie entschuldigte sich und war einverstanden mich näher kennenzulernen. Zwar verstand ich nicht was sie mit näher kennenlernen meinte, aber ich war froh das sie bereit war mich zu treffen. Wie vereinbart holte ich sie von ihrer Freundin ab um mit ihr einen Kaffee trinken zu gehen. Während wir darauf warteten, dass unser Kaffee „Trinktemperatur“ erlangte, war Sarah auffällig still und ich erkannte dass sie nervös war, da sie sich immer wieder auf die Unterlippe biss. Um sie ein wenig abzulenken, erzählte ich ein wenig von Zack und wie es so auf der Arbeit lief, doch es schien als würde sie nicht zuhören und in ihrer eigenen kleinen Gedankenwelt sein. „Woher kennen wir uns eigentlich?“, fragte sie irgendwann aus heiterem Himmel. Ich beschloss einfach das Spielchen mitzuspielen und erzählte ihr wie wir uns kennengelernt haben. „Damals waren wir in Hof in derselben Schülerbetreuung und haben die Nachmittage zusammen verbracht. Doch dann bist du mit deinen Eltern hier her gezogen und wir haben jeglichen Kontakt verloren. Später hast du mich durch deine Cousine kontaktiert, was ihr übrigens viel Mut abverlangt hatte.“, erzählte ich, während ich sie genau beobachtete. „Warum brauchte sie Mut?“, wollte sie wissen. „Nunja. Mein Ruf war damals nicht der Beste. Ich galt als Rowdy, launisch und aggressiv.“, erwiderte ich wahrheitsgemäß. „Und bist du es immer noch?“, fragte sie weiter. „Dank dir nicht mehr. Du hast mich gelehrt geduldig und demütig zu sein.“, erwiderte ich und legte meine Hand auf ihre, die auf dem Tisch ruhte. Rot anlaufend, zog Sarah ihre Hand zurück, was mich noch weiter verwunderte. Insgesamt verhielt sie sich mir gegenüber sehr fremd. „Was ist denn mit dir los? Du verhältst dich ja gerade so als wären wir Fremde. Liebst du mich denn nicht mehr?“ Erschrocken sah sie mich an. „Wie nahe standen wir uns denn?“, fragte sie mit zitternder Stimme. Da ich wusste, dass sie die Kette mit dem Verlobungsring versteckt unter ihrem Oberteil trug, erwiderte ich nur: „Schau dir deine Kette genau an, dann weist du es.“ Ich konnte beobachten wie sie plötzlich blass wurde. „Bedeutet das, dass wir Verheiratet sind?“, stotterte sie. Doch bevor ich überhaupt antworten konnte, war sie schon aufgesprungen und aus dem Café gestürmt. Schnell sprang ich auf und eilte ihr hinter her. Recht schnell holte ich sie ein und konnte gerade sie gerade noch auffangen um einen Sturz zu verhindern. Sofort brach sie in Tränen aus, blieb aber in meinen Armen. Ich führte sie zu einer nahegelegenen Bank wo wir uns gemeinsam hinsetzten. Sanft wog ich sie in meinen Armen und wartete darauf dass sie sich wieder beruhigte.
Sarah
Ich fühlte mich plötzlich wie eine Verräterin. Unfall hin oder her, wie konnte ich sowas wichtiges nur vergessen? So sehr ich mich auch schämte, änderte es nichts an der Tatsache, dass ich mich immer noch nicht erinnern konnte. Ich wusste einfach nicht wie ich das Ganze handhaben sollte. Während ich versuchte mich zu beruhigen, überlegte ich ob und wie ich Max am besten von meinem Unfall erzählen sollte. „Wirst du mir je verzeihen können?“, schluchzte ich und wartete gespannt auf seine Antwort. „Wie könnte ich denn nicht?“, erwiderte Max, wodurch ich neuen Mut fassen konnte. „Es tut mir unendlich leid und es war auch alles keine Absicht!“, fuhr ich fort. „Bevor du weiter redest, lass mich dir bitte noch ein was sagen.“, wurde ich von Max unterbrochen. „So sehr ich es mir auch wünsche endlich mit dir verheiratet zu sein, sind wir noch nur verlobt. Und egal was du glaubst das ich dir nicht verzeihen könnte, bin ich mir 100% sicher, dass es nicht so schlimm ist wie du glaubst und zudem es auch sicher eine einfache Erklärung dafür gibt.“ Als ich in seine dunkelgrünen Augen sah, konnte ich erkennen, wie ernst er es meinte. Also erzählte ich ihm alles an was ich mich erinnern konnte. Angefangen von meinem Unfall bis hin zu wie es zu meiner Beziehung mit Matthias kam. „Und du kannst dich an nichts was vorher passiert ist erinnern?“, wollte Max wissen. „Nein. Der Arzt meinte es wäre nur für kurze Zeit, aber bis jetzt hat sich da nichts getan.“, erwiderte ich traurig. „Und was sagt dir momentan dein Gefühl?“ „Momentan bin ich mir unsicher wem ich überhaupt Glauben schenken kann.“ „Hm. Das versteh ich. Aber ich verspreche dir, ich werde mich nicht aufdrängen. Wenn du einverstanden bist, würde ich noch ein paar Tage bleiben damit du mich besser kennenlernen kannst. Solltest du dann feststellen, dass du nichts mehr für mich empfindest werde ich dich natürlich in Ruhe lassen. Was sagst du dazu?“ Nachdem Max mir diese Frage gestellt hatte merkte ich wie sein Herz anfing schneller zu schlagen und mir war klar, dass er alles was er sagte ernst meinte.
Noch am selben Abend beschloss ich Matthias zur Rede zu stellen. Da er eh bei uns zum Filmeabend dabei war und ich nicht alleine mit ihm sein wollte, packte ich diese Gelegenheit beim Schopf. Als Selina kurz in der Küche war, um Popcorn zuzubereiten, begann ich mein Fragespiel. „Seit wann sind wir eigentlich zusammen?“ „Kurz bevor du von hier weggezogen bist, waren wir schon ein Pärchen und haben seit dem eine Fernbeziehung geführt. Mal warst du mich besuchen, mal hab ich dich besucht.“, erklärte er. „Deshalb war ich also vor meinem Unfall hier?“, bohrte ich weiter. „Ja, diesmal warst du an der Reihe mich zu besuchen.“, erwiderte er leicht nervös. „Hm. Und seit wann sind wir verlobt?“ „Bitte was?“, wurden wir von Selina unterbrochen. Diese hatte vor Schock fast die Schüssel mit Popcorn fallen gelassen. Auch Matthias sah mich fragend an. „Oder wie erklärst du mir das hier?“, wollte ich wissen und hielt ihm die Kette mit dem Ring hin. „Der ist nicht von mir!“, wehrte er sich und sprang vom Sofa auf. „Matthias ich denke es ist Zeit für…“, mischte sich Selina ein, doch Matthias unterbrach sie harsch. „Halt du dich da raus! Das ist etwas zwischen mir und Sarah!“ „Dann erzähl mir doch bitte worüber unser Streit war.“, bat ich Matthias. „Ich sagte dir doch dass er bedeutungslos war. Glaubst du mir denn nicht?“ „Momentan weiß ich nicht wirklich ob ich dir alles glauben kann. Bisher bist du meinen Fragen immer irgendwie ausgewichen.“ Ich atmete einmal tief ein und aus. „Auch wenn ich dich wirklich lieb gewonnen habe und jedes Mal Schmetterlinge im Bauch habe, denke ich dass es das Beste ist das Ganze langsam und erstmal als Freunde anzugehen, bis ich mein Gedächtnis wiedererlangt habe.“ „Und warum jetzt dieser plötzliche Sinneswandel?“, fragte Matthias und packte mich wütend bei den Armen. „Nun ich habe heute mit Max gesprochen und erfahren, dass ich mit ihm verlobt war!“ „Und das kaufst du ihm tatsächlich ab?“, erwiderte Matthias erbost. „Warum sollte ich nicht? Er ist meinen Fragen im Gegensatz zu dir nicht ausgewichen. Und im Moment kenne ich ihn genauso wenig wie ich dich kenne!“, wehrte ich mich. „Überleg es dir genau was du sagst! Sonst wirst du es noch bereuen!“, drohte er. „Alles was ich weiß ist, dass ich mich an nichts erinnern kann! Und wenn du mich weiter so behandelst, ist zwischen uns endgültig Schluss!“, zischte ich und befreite mich aus seinem Griff. „Es ist denke ich besser, wenn du jetzt gehst.“, mischte sich Selina wieder ein und begleitete ihn aus der Wohnung. „Das tut mir alles so leid! Das wollte ich wirklich nicht.“, begann sie sich zu entschuldigen, doch ich wehrte sie einfach ab. „Ich denke ich gehe jetzt besser schlafen. Morgen treffe ich mich wieder mit Max.“, erwiderte ich und verschwand ins Bad um mich fertig zu machen. Nachdem ich fertig war beschloss ich meine Eltern anzurufen und um Rat zu fragen. „Hallo Schatz, schön dass du dich meldest. Dein Vater und ich haben uns schon Sorgen gemacht! Wie geht es dir?“, begrüßte mich meine Mutter. „Hi Mom. Mir geht’s soweit gut. Aber ich brauche dringend deinen Rat!“, erwiderte ich. „Klar doch. Wie kann ich meiner Prinzessin helfen?“ Ich erzählte ihr alles was ich wusste. Ich erzählte ihr von dem Unfall, von meinem Gedächtnisverlust, von meinem Dilemma mit Max und Matthias und alles was mir sonst so einfiel. „Was soll ich denn jetzt nur tun?“, beendete ich meinen Bericht. „Oh Schätzchen. Das ist wirklich eine schwierige Situation. Aber du wirst auch dieses Hindernis meistern. Max liebt dich und Matthias wird das sicher verstehen. Gib beiden einfach genug Zeit und sei ehrlich, dann wird das alles schon werden!“, versuchte sie mich zu ermutigen. „Du hast ja Recht Mom. Ich muss einfach auf unsere Liebe vertrauen.“, verabschiedete ich mich. Gedankenverloren lag ich nun im Bett und wartete darauf, dass der Schlaf mich doch endlich einholen würde.
Max
Die folgenden Tage waren recht schwierig für mich. Sarah war einverstanden sich mit mir zu treffen. Zu sehen wie sie mich wie einen Fremden behandelte brach mir fast das Herz. Sie war mir gegenüber sehr unsicher, wusste nicht wie sie sich verhalten sollte. Doch mit diesem Gefühl war sie nicht allein. „Ich habe letztens mit Matthias gesprochen.“, unterbrach sie die eingetretene Stille. „Und? Was hat er gesagt?“, fragte ich mit pochendem Herzen. „Sagen wir mal er war nicht gerade begeistert. Aber ich habe alles unter Kontrolle. Mach dir keine Sorgen.“, erwiderte sie und lächelte mich aufmunternd an. „Gut. Ich vertraue dir. Das habe ich schon immer und werde ich auch weiterhin.“, versicherte ich ihr und lächelte zurück. Bei den vergangenen Treffen hatte ich Sarah immer mehr von unserer gemeinsamen Vergangenheit erzählt, doch leider hatte das ihre Erinnerungen nicht wirklich zurück gebracht. Auch wenn Sarah es verbergen wollte, merkte ich wie unsicher sie war und wie sehr sie sich dafür schämte, dass sie sich nicht erinnern konnte. „Wie geht’s deinen Eltern?“, fragte ich um sie ein wenig abzulenken. „Soweit gut. Sie machen sich zwar Sorgen um mich, aber sie sind insgesamt froh, dass es mit gut geht.“, erwiderte sie und war kurz darauf wieder tief in Gedanken versunken. „Ich fahre morgen wieder nach Hause, möchtest du das ich dich mitnehme?“, fragte ich mit pochendem Herzen, doch sie reagierte nicht. Um sie zurück in die Gegenwart zu holen, hielt ich sie am Arm fest und zog sie zu mir um sie in den Arm nehmen zu können. „Wie soll es nur weiter gehen?“, seufzte sie mehr zu sich selbst als zu mir. „Alles wird gut werden. Du wirst sehen, bald ist alles wieder wie es war.“, beruhigte ich sie und strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Plötzlich klingelte ihr Handy und sie schrak auf. „Was gibt’s?“, meldete sie sich und löste sich aus meiner Umarmung. Sie lief ein wenig weiter um Abstand zwischen uns zu bringen, bevor sie weiter sprach. „Du weist genau wie ich das meine!“, hörte ich sie zischen. „Nein das ist kein Scherz!“, entgegnete sie dem Gegenüber. „Und dich kenne ich genauso wenig! Akzeptier es einfach.“ Zwar hörte ich nicht was die Person am anderen Ende der Leitung sagte, aber es musste ihr recht nahe gehen, denn sie wurde mit einem Mal blass. „Untersteh dich! Sonst….“, sie wurde anscheinend unterbrochen. „Sonst wirst du schon sehen zu was ich in der Lage bin!“, schrie sie und legte erbost auf. „Du musst sofort gehen!“, schrie Sarah panisch und eilte auf mich zu. Sie packte mich am Handgelenk und wollte mich von hier wegzerren, doch ich blieb einfach stehen. „Willst du mir nicht erzählen was los ist?“, fragte ich stattdessen woraufhin Sarah mit dem Kopf schüttelte. „Damit muss ich alleine fertig werden.“
Sarah
Das Gespräch mit Matthias heute Morgen lag mir noch quer im Magen. Als ich ihm erzählt hatte, dass ich mit ihm lediglich eine Freundschaft möchte, wurde er sehr wütend. Natürlich wollte er wissen, was meinen „plötzlichen Sinneswandel“ hervorgerufen hatte. Ich erklärte ihm, dass ich vor meinem Unfall mit Max verlobt war. „Und das kaufst du ihm tatsächlich ab?“, erwiderte Matthias erbost. „Warum sollte ich nicht? Im Moment kenne ich ihn genauso wenig wie ich dich kenne!“, wehrte ich mich. „Überleg es dir genau was du sagst! Sonst wirst du es noch bereuen!“, drohte er und lies mich im Park zurück. Mir war klar, dass dies nicht alles war, aber ich war froh, dass er nicht handgreiflich geworden ist. Als ich vom klingeln meines Handys aus meinen Gedanken gerissen wurde, fand ich mich in Max’s Armen wieder. Da es Matthias war, der anrief und ich nicht wollte das Max es mitbekam, löste ich mich aus der Umarmung und brachte einen gewissen Abstand zwischen uns. „Sag mal hast du das heute früh tatsächlich ernst gemeint?“, begrüßte mich Matthias. „Du weist genau wie ich das meine!“, entgegnete ich. „Das ist doch wohl ein schlechter Scherz!“ „Nein das ist kein Scherz!“, erwiderte ich energischer. „Aber du kennst ihn doch kaum, bist du dir sicher, dass du ihm vertrauen kannst?“ „Dich kenne ich genauso wenig! Akzeptier es einfach.“ „Gut. Dann musst du es auch akzeptieren, wenn deinem angeblichen Verlobten ausversehen etwas passieren sollte.“, brummte er bedrohlich. Plötzlich wurde es mir anders. Ein kurzer Flashback (bildlicher Rückblick) in dem ich Max verletz an Ketten hängen sah bereitete mir große Sorgen. Ob Matthias schon einmal so etwas getan hat? „Untersteh dich! Sonst…“ „Sonst was?“, unterbrach er mich. „Sonst wirst du schon sehen zu was ich in der Lage bin!“, schrie ich und legte auf. Dieser Flashback versetzte mich in Panik. „Du musst sofort gehen!“, wandte ich mich an Max und packte ihn beim Handgelenk um ihn von hier weg zubringen. Doch ich hatte keine Chance, er blieb einfach stehen. „Willst du mir nicht erzählen was los ist?“ fragte er was ich mit einem Kopfschütteln verneinte. „Damit muss ich allein fertig werden.“ Mir wurde klar, dass ich sehr vorsichtig an diese Sache rangehen musste. „Willst du nicht langsam nach Hause kommen?“, fragte Max und zog mich sanft zu sich. Statt auf eine Antwort zu warten führte er mich in Richtung Wiese, setzte sich hin und zog mich zu ihm herunter. „Lass uns die Sonne noch ein wenig genießen.“, sagte er und legte sich auf den Rücken. Ich tat es ihm gleich, legte aber meinen Kopf auf seine Brust um seinem beruhigenden Herzschlag zu lauschen. Warum ich das tat, wusste ich selbst nicht, doch es fühlte sich einfach richtig an. Es dauerte auch nicht lange bis alles um mich herum dunkel wurde.
Das nächste an das ich mich erinnern konnte, war wie ich Max wieder in Ketten hängen sah. Erschöpft ließ er seinen Kopf hängen und ich erschrak als ich erkannte, dass sein Oberkörper mit Schnittwunden und blauen Flecken übersäht war. Ich versuchte zu ihm zu gelangen, doch leider wurde ich selbst von Ketten an meinem Handgelenk zurückgehalten. Mit Tränen in den Augen musste ich zusehen wie er von jemanden angeschrien und weiterhin misshandelt wurde. Immer wieder schlug die Person auf ihn ein, solange bis Max das Bewusstsein verlor. Sichtlich zufrieden wandte sich die Person danach mir zu. Panisch versuchte ich mich von den Ketten loszureißen und schlug wie wild um mich, doch ich war nicht stark genug. Erschöpft fiel ich schluchzend zu Boden und sofort wurde wieder alles schwarz um mich herum. Das nächste woran ich mich danach erinnern konnte, war Matthias über mir gebeugt vorzufinden. „Schön dich wieder bei Bewusstsein zu sehen.“, begrüßte er mich mit einem höhnischen Lächeln. „Ich war gerade dabei mich mit Max zu unterhalten. Doch leider ist er nicht bereit dich mir zu überlassen. Was sagst du dazu meine Liebe?“ „Du bist echt das Letzte!“, zischte ich und spuckte ihm verächtlich vor die Füße, woraufhin ich eine saftige Ohrfeige als Antwort erhielt. „Das wirst du bitter bereuen, denn jetzt werde ich Max nicht verschonen!“ Wütend sprang er auf, zückte ein Messer und stach auf Max ein. So schnell ich konnte stand ich auf und warf mich, mit dem Rücken zu Matthias, dazwischen. Zwar spürte ich keine Schmerzen, doch ich merkte wie die Kraft aus meinen Beinen wich. Mit allerletzter Kraft klammerte ich mich an Max, bevor alles wieder um mich dunkel wurde. „Max, nicht!“, schrie ich und wachte erschrocken auf. Sofort nahm mich Max beruhigend in seine starken Arme. Es dauerte eine Weile bis ich erkannte, dass mir keine Gefahr drohte und ich sicher im Auto unterwegs war.
Max
Dieses vertraute Gefühl als Sarah bei mir auf der Brust eingeschlafen war, fühlte sich unbeschreiblich gut an. Es gab mir die Zuversicht, dass sie im Unterbewusstsein immer noch das Vertrauen und die Liebe zu mir beibehalten hatte. Leider dauerte dieses Gefühl nicht lange an, da sie anfing sich unruhig zu bewegen. Als ich sie fester hielt, damit sie sich nicht verletzte, fing sie an um sich zu schlagen. „Sarah, wach auf! Es ist nur ein Alptraum, du bist in Sicherheit. Ich pass auf dich auf.“, versuchte ich sie zu wecken, doch es half nichts. Letztendlich gab sie schluchzend ihre Wehr auf. Plötzlich beschlich mich ein ungutes Gefühl, denn die letzten Male in denen ich Sarah mit solch heftigen Alpträumen erlebt hatte, war nach der ganzen Sache mit Jeanine und als sie um meine Sicherheit bangte. Auch wenn ich ihr jetzt erst einmal nicht helfen konnte, wusste ich das ich etwas unternehmen musste und zwar so schnell wie möglich! Obwohl mein Chef sehr verständnisvoll war und mir versicherte, dass ich mir so viel Zeit wie nötig nehmen konnte, musste und wollte ich natürlich sobald wie möglich wieder nach Hause und diesen Alptraum hinter mir lassen. Also löste ich mich vorsichtig von Sarah, stand auf und trug sie zum Auto. Wieder klammerte sie sich unbewusst an mich, so als wollte sie mich nicht mehr loslassen. Kurzerhand fuhr ich zu Selinas Wohnung, packte mit ihr alles zusammen und erklärte ihr, dass ich mit Sarah zurück nach Hof fahren würde. „Das ist eine gute Idee. Ich denke es ist besser so. Vielleicht hilft die vertraute Umgebung ihrem Gedächtnis auf die Sprünge.“, stimmte mir Selina zu. „Es tut mir alles so leid!“, seufzte sie. „Du bist ja nicht daran schuld. Das Sarah glaubt Matthias zu lieben, hat ja mit dir nichts zu tun.“, versuchte ich sie zu beruhigen. „Ich bin mir da leider nicht ganz so sicher.“, stammelte sie und lies sich aufs Sofa fallen. Als Sarah mich besuchen kam, wusste ich gar nicht warum. Sie hatte mich von der Praxis abgeholt und gleich die nächste Kreuzung hatte und jemand die Vorfahrt genommen. Da Matthias schon früher in Sarah verliebt war und sie nie etwas von dir erzählt hatte, dachten wir es wäre einen Versuch wert. Dass Matthias jetzt aber Sarah dazu zwingen will, konnte ich nicht ahnen. Es tut mir wirklich leid!“, schluchzte Selina. Ich setzte mich neben sie und versuchte sie zu beruhigen. „Es ist nicht deine Schuld. Es ist einfach alles ein dummer Zufall. Das kriegen wir schon wieder hin. Du wirst schon sehen, alles wird gut werden!“ Mit dem Versprechen mich zu melden, sobald es Neuigkeiten zwecks Sarahs Gesundheit geben sollte, verlies ich ihre Wohnung.
Max
Sarah hatte so ziemlich die ganze Fahrt verschlafen. Wir waren gerade in Leimitz unterwegs als Sarah wieder unruhig wurde. Da wir eh auf unseren Weg nach Hause an unserem Hügel vorbei fuhren und dieser nur noch zwei Straßen weiter war, beschloss ich einfach dort zu halten. Kaum das ich angehalten hatte, wurde Sarah auch schon nach mir rufend wach und schlug wieder um sich. „Schhh… Du bist in Sicherheit. Alles ist gut.“, beruhigte ich sie und hielt sie fest bis sie sich beruhigt hatte. „Wohin bringst du mich?“, fragte sie als sie erkannte, dass wir nicht mehr in Plauen waren. „Nach Hause. Ich denke es wird Zeit, dass du in eine weitere vertraute Umgebung kommst. Oder was denkst du?“, erklärte ich ihr. Statt zu antworten, legte sie einfach ihre Arme um meine Hüfte und drückte mich. „Alles was ich will, ist dich in Sicherheit zu wissen und meine Erinnerungen endlich wieder zu haben!“, erwiderte sie nach einer Weile. „Du wirst sehen, alles wird gut werden!“, versicherte ich ihr und küsste ihre Stirn. Sarah löste sich ebenfalls von mir uns sah mir tief in die Augen, so als ob sie etwas in ihnen suchen würde. „Vertraust du mir?“, fragte sie nach einer Weile. „Das habe ich schon immer und werde ich auch weiterhin!“, erwiderte ich worauf hin Sarah mich innig küsste. „Wofür war das denn?“, fragte ich verblüfft, denn dies war das erste Mal seit dem Unfall, dass sie sich mir gegenüber nicht mehr so fremd verhielt, geschweige denn mich geküsst hatte. „Zum Abschied.“, erwiderte sie mit Tränen in den Augen. „Abschied? Was hast du vor?“, wollte ich wissen. „Ich habe beschlossen wieder zu meinen Eltern zu ziehen und noch einmal ganz von vorne zu beginnen.“ „Ist das dein Ernst? Was willst du damit bezwecken?“, fragte ich leicht erzürnt. „Da wir es anscheinend nie leicht miteinander hatten und ich Angst habe mich nie wieder erinnern zu können, denke ich, dass es besser ist getrennte Wege zu gehen.“, erklärte sie. Plötzlich hielt ich es nicht mehr aus, bevor ich etwas sagen oder tun konnte was ich im Nachhinein bereuen würde, stieg ich aus dem Auto und lief erst einmal wütend vor dem Auto auf und ab um in Ruhe nachzudenken und wieder runter zu kommen. Was sie wohl diesmal dazu veranlasste?
Sarah
Ich war am Ende mit meinen Nerven! Ich wusste einfach nicht wie es weiter gehen sollte. Zwar fasste ich immer mehr vertrauen zu Max, doch die Alpträume machten mir Angst. Was wenn ihm tatsächlich etwas wegen mir zustoßen sollte? Ich wusste, dass ich damit nicht leben konnte, also fasste ich schweren Herzens den Entschluss mich in Zukunft von ihm fernzuhalten und mit Ihm Schluss zu machen. Kaum dass ich ihm dies mitgeteilt hatte, war Max aus dem Auto gestürmt und lief gerade vor dem Auto energisch hin und her. Nun konnte ich in Ruhe meinen Tränen freien Lauf lassen. Ich war einfach nur noch mit meinen Nerven am Ende, war mir denn nie ein Happy End gegönnt? Da ich es selbst nicht mehr in Max Nähe aushielt, stieg ich ebenfalls aus dem Auto und rannte an Max vorbei, den Hügel hinauf. Oben Angekommen, genoss ich erst einmal die Ruhe, die mich mit einem Mal überkam. Ich setzte mich auf einen der Steine, schloss meine Augen und atmete tief durch. Dieser Ort hatte etwas Beruhigendes an sich, er schenkte mir inneren Frieden. Trotz das alles so fremd für mich war, kam es mir trotzdem alles so vertraut vor. Ob ich hier schon einmal war? Als es hinter mir raschelte, öffnete ich die Augen und sah wie Max ebenfalls gerade oben ankam. Kurz blieb er unsicher stehen, so als wollte er mir meinen Freiraum lassen, doch ich wandte mich wieder von ihm ab und brach erneut in Tränen aus. Als er mein Schluchzten mitbekam, eilte er sofort zu mir und kniete vor mir nieder. „Vertraust du mir?“, fragte er und hielt mich an den bebenden Schultern fest. Da ich nicht in der Lage war zu antworten, nickte ich einfach nur mit dem Kopf. „Und warum willst du deine Sorgen dann nicht mit mir teilen? Erzähl mir doch bitte war dich so bedrückt.“, bat er mich und hielt sanft mein Kinn, sodass ich ihn ansehen musste. „Ich - Ich kann nicht.“, schluchzte ich und senkte wieder meinen Blick. „Dann lass mich dir wenigstens ein wenig aus unserer Vergangenheit erzählen.“, bat er mich und zog mich zu ihm herunter. Gemeinsam saßen wir gegen die Steine gelehnt als er mit seiner Erzählung begann. „Wie wir uns kennengelernt und in einander verliebt haben, habe ich dir ja schon erzählt.“, begann er und legte seinen Arm um mich. „Doch was wir alles schon durchgemacht haben, das habe ich dir bis jetzt noch nicht erzählt. Aber ich denke es ist an der Zeit, dass du alles erfährst.“ Ich lehnte meinen Kopf gegen seine Brust und lauschte gespannt was er mir so zu erzählen hatte. Je mehr er erzählte, desto mehr schien es als würde meine Erinnerung zurückkommen. Er erzählte von unserer Entführung, von Jeanine und Kristian, erzählte von den mehrfachen Trennungen und dem Tod seiner Mutter. Als er von der Begebenheit erzählte wo er im Gefängnis, war mir als würde sich eine Blockade in mir lösen. Plötzlich konnte ich mich wieder an so ziemlich alles erinnern! „Damals dachte ich, ich hätte dich für immer verloren!“, unterbrach ich ihn. „Nicht nur du. Auch ich dachte es wäre alles damit vorbei, besonders als dein Vater dir jeglichen Kontakt mit mir verboten hatte.“, erzählte er weiter, ohne überhaupt realisiert zu haben was ich gerade gesagt hatte. Vorsichtig löste ich mich aus seiner Umarmung. Er schien völlig in Gedanken versunken zu sein, denn er starrte in die Leere und eine Träne lief ihm die Wange runter. Um ihn zurück in die Gegenwart zu bringen, nahm ich sein Gesicht in meine Hände, küsste zuerst seine Tränen weg und dann ihn so innig als wäre es das erste Mal. „Heißt das du hast es dir anders überlegt?“, fragte Max erstaunt. „Warum sollte ich es mir anders überlegen?“, erwiderte ich mit einem breiten Grinsen. „Ich verstehe.“, seufzte er traurig und machte Anstalten aufzustehen, doch ich hielt ihn zurück. „Du hast es wirklich nicht leicht mit mir.“, neckte ich ihn. „Ich habe dank dir meine Erinnerung wiedererlangt!“ ungläubig starrte er mich Max an. „Und das ist nicht wieder einer deiner Scherze?“, vergewisserte er sich zögernd. „Du willst also Beweise?“ Max nickte. „Ok. Als wir uns zwei Jahre nach der ersten Trennung wieder gesehen haben, hast du mir als ich wieder zu Hause in Plauen war geschrieben, dass du in einer Beziehung wärest. Doch ich habe das nicht einfach so auf mir sitzen lassen und habe bei nächster Gelegenheit bei dir Sturm geklingelt und dich zur Rede gestellt!“, erzählte ich und sah wie Max kurz überlegte, ob er mir dieses Ereignis nicht schon erzählt hätte. Um ihn endgültig zu überzeugen fügte ich ein Detail hinzu, dass er sicher nie erwähnt hätte - seine „ergatterte“ Ohrfeige. Wie in Zeitlupe konnte ich beobachten, wie Max’s Trauer in Freude umschlug. Überglücklich nahm er mich in seine Arme und drückte mich so fest an sich, als würde er mich nie wieder loslassen wollen. Eine Weile blieben wir so eng ineinander verschlungen sitzen, denn keiner traute sich irgendetwas zu tun oder zu sagen um diesen Moment nicht zu ruinieren. Das Klingeln meines Handys zerstörte letztendlich dann doch diesen einzigartigen Moment. „Geh nicht ran.“, bat mich Max und ich zog es tatsächlich in Erwägung, doch als ich sah wer mich anrief, wurde mir dann doch anders. Noch bevor ich den Anruf unterdrücken konnte, hatte der Anrufer schon von selbst aufgegeben - dachte ich zumindest, denn ein paar Sekunden später klingelte es erneut. Ich wollte eigentlich nicht ran gehen, doch ich wusste, wenn ich Matthias weiter ignorieren würde, hätte dies Konsequenzen, also ging ich ran. „Was ist?“, fragte ich mit klopfenden Herzen und versuchte mich von Max zu lösen, doch er ließ es nicht zu. „Wo bist du?“; zischte Matthias. „Geht dich gar nichts an!“, zischte ich zurück. „Und wie mich das was angeht! Wir waren verabredet!“ „Dir bin ich gar nichts schuldig! Falls du es vergessen haben solltest: Als ich mit dir Schluss gemacht habe, hast du jegliches Recht an mir verloren!“, versuchte ich Matthias klar zu machen und spürte wie Max mich aufmunternd drückte. „Und du scheinst vergessen zu haben, zu was ich in der Lage bin!“, brummte Matthias. „Muss ich dich daran erinnern, dass dein Lover darunter leiden wird, wenn du nicht gehorsam bist?“ Verächtlich lachte ich auf. „Gehorsam!? Merk dir eines Matthias! Ich bin nicht dein Eigentum! Ich werde es dir gerne noch einmal erklären, ich bin mit Max verlobt. Wenn du willst, können wir gerne Freunde bleiben, aber glaub ja nicht das je mehr daraus werden wird.“, erklärte ich und wartete kurz auf eine Reaktion. „Ach ja. Und solltest du irgendwelche Dummheiten machen, wirst DU es bereuen! Haben wir uns da verstanden?“, drohte ich. Ich konnte genau hören, wie Matthias gerade vor Wut schnaubte. „Wir sprechen uns noch!“, schnaubte er und legte auf. Ich hatte ein ungutes Gefühl. Was hatte er nur vor? Konnte ich Max davor beschützen?
Max
Endlich hatte ich sie wieder! Überglücklich hielt ich sie in meinen Armen - und ganz ehrlich? Ich wollte sie nie wieder los lassen! Doch leider wurde dieser wunderbare Moment vom Klingeln ihres Hadys unterbrochen. Ich bat Sarah nicht ran zu gehen, doch meine Bitte war vergeblich. Als das Telefon erneut klingelte, ging sie ran und wollte sich von mir lösen, doch diesmal lies ich es nicht zu. Ich zog sie wieder an mich und beobachtete besorgt das Telefonat. Sarah war sehr angespannt und sah besorgt aus. Als ich dann erfuhr wer es war, der anrief, wurde mir auch bewusst warum. Es schien als würde Matthias Sarah drohen, doch sie blieb standhaft. So sehr sie auch versuchte ihre Sorge zu verbergen, ich wusste genau sie galt mir. Jetzt wurde mir auch klar warum sie mit mir Schluss machen wollte - Sie wollte mich schützen! „Willst du mir immer noch nicht sagen, was dich bedrückt?“, fragte ich sie erneut, doch Sarah war schon wieder tief in Gedanken versunken und bekam die Frage gar nicht mehr mit. Sie stand auf und lief vor mir besorg auf und ab. Leicht beunruhigt beobachtete ich das Schauspiel ein paar Minuten, bevor ich ebenfalls aufstand und sie erneut in meine Arme nahm. „Du wirst sehen, es wird alles gut werden. Wir werden auch dieses Hindernis gemeinsam meistern!“, versuchte ich sie zu trösten. Da ich keine Reaktion bekam, legte ich meine Finger unter ihr Kinn und zwang sie somit mich anzusehen. In ihren Augen konnte ich sowohl Trauer und Sorge als auch Wut erkennen. „Hör zu Sarah. Wir haben schon so viel gemeinsam durchgestanden, da werden wir auch dieses Problem gemeinsam lösen können.“, versicherte ich ihr und strich ihr die Tränen von den Wangen. „Schon, aber…“, wandte sie ein, doch ich unterbrach sie indem ich ihr meinen Finger auf den Mund legte. „Nichts aber! Ich habe versprochen immer auf dich aufzupassen. Und um mich brauchst du dir nun wirklich keine Sorgen machen! Nichts und Niemand kann mir je etwas anhaben!“, versicherte ich ihr mit einem breiten Grinsen. Und es schien zu wirken, denn Sarah legte lächelnd ihren Kopf auf meine Brust. „Du weist immer das Richtige zu sagen!“, flüsterte sie.
Sarah
Max hatte es geschafft mir wieder den nötigen Mut zu geben. Als ich dann endlich alleine war, rief ich Matthias erneut an um ihm meine Beziehung zu Max erneut klar zu machen. „Sarah Süße, bist du dir sicher, dass du ihm wirklich vertrauen kannst?“, tat Matthias besorgt. „Ja das bin ich. Ob du es glauben willst oder nicht, ich habe meine Erinnerung wieder erlangt. Und eines weis ich sicher, wir waren nie zusammen! Es tut mir natürlich leid, wenn ich dir jetzt falsche Hoffnungen gemacht habe, aber alles was wir je sein können, ist höchstens gute Freunde.“, entschuldigte ich mich. Natürlich wusste ich, dass ich keinen Grund dazu hatte, aber ich wollte ihn nicht noch weiter verärgern. „Und du bist dir zu 100% Sicher?“, hakte er nach, was ich mit einem einfachen Ja bestätigte. „Nun gut, dann werde ich das wohl oder übel hinnehmen müssen.“, seufzte er bedrückt und wünschte mir alles Gute. Aber so wirklich glauben, dass alles vorbei war konnte ich nicht. Doch die folgenden Wochen belehrten mich eines Besseren. Für Max und mich kehrte langsam wieder die Normalität ein und wir fuhren mit der Planung der Hochzeit fort. Selina kam zu Besuch und erzählte mir, dass Matthias jemand neues gefunden hätte. und sehr glücklich darüber sei, dass ich dank meiner Erinnerung „Schluss“ gemacht hatte. Somit hatte sich doch noch alles zum Guten gewendet. Jetzt konnten wir beide endlich aufatmen.
Max
So unfassbar wie es mir auch schien, aber es sah so aus als wäre jetzt wirklich alles überstanden! Der Tag der Hochzeit war nun endlich gekommen. „Bist du soweit?“, fragte mich Zack und sah mich prüfend an. „Wie sehe ich aus?“, entgegnete ich nervös. Zack lachte. „Du hast schon schlimmer ausgesehen!“ Aufmunternd klopfte er mir auf die Schulter. „Es wird schon nichts mehr schief gehen! Du bist dir sicher, Sarah ist sich sicher und alles andere ist ein Problem von morgen! Alles was jetzt zählt ist das ihr euch liebt und den ewigen Bund der Ehe eingeht!“ Ich nickte. „Was würde ich nur ohne dich machen? Du wusstest schon immer das richtige zu sagen!“ Noch bevor es emotional werden konnte, klopfte es an der Tür. „Bist du soweit?“, fragte Sarahs Vater durch die Tür. Ich atmete noch einmal tief ein und aus und öffnete die Tür. „Weglaufen ist jetzt wohl nicht mehr möglich.“, scherzte ich nervös. „Nope. Das hättest du dir eher überlegen müssen.“, erwiderte ihr Vater und grinste mich an. Gemeinsam machten wir uns auf dem Weg zum Standesamt wo ich Sarah treffen würde. Sie hatte darauf bestanden mich erst dort zu treffen um mich mit dem Kleid zu überraschen. Die Wartezeit erschien mir eine Ewigkeit zu sein. Doch letztendlich setzte die Musik ein und Sarah trat ein. Als ich sie so in ihrem cremefarbenen Kleid erblickte, konnte ich mein Glück mal wieder kaum glauben. Wieder stellte ich mir die Frage was sie in mir sah und mit welchem Recht ich sie verdient hatte. „Ich liebe dich.“, hörte ich Sarah flüstern als sie bei mir ankam. Jetzt schien alles perfekt.
Sarah
„Mom, jetzt reis dich doch mal zusammen! Es ist meine Hochzeit, also ein freudiges Ereignis und keine Trauerfeier.“, versuchte ich meine schniefende Mutter zu beruhigen. „Meine Prinzessin ist endlich erwachsen. Außerdem habt ihr so viel durchgemacht, da kann ich nicht anders als mich zu freuen.“, erwiderte sie und drückte mich. Kurz darauf klopfte es und meine Cousine trat ein. „Wow, du siehst umwerfend aus.“, pfiff sie anerkennend durch die Zähne. „ich hatte ja auch eine gute Modeberaterin.“, gab ich das Lob zurück. „Bist du dir 100% sicher dass du das durchziehen willst? Noch kannst du abhauen.“, scherzte sie. „Ja bin ich mir. Eins kannst du mir glauben: Max würde mich überall finden!“, erwiderte ich und öffnete die Tür. Ich wusste Max würde ungeduldig werden wenn ich nicht demnächst auftauchen würde. Die Musik begann und ich betrat den Raum. Es war eine kleine Feier im Standesamt. Dabei waren meine Eltern, Selina, meine Cousine Jasmin, Jeanine und Kristian und natürlich Zack und seine neu Verlobte Monika. „Ich liebe dich.“, flüsterte ich als ich bei Max angekommen war und nahm seine Hand in meine. Händchenhaltend standen wir nun vor dem Standesbeamten. Ich war so aufgeregt, dass ich gerade mal mitbekam wann ich „Ja“ sagen musste. Als dann der Beamte uns nun offiziell für Mann und Frau erklärte und mich Max zu sich zog um mich zu küssen, hatte ich das Gefühl gleich in Ohnmacht zu fallen. Doch seine starken Arme hielten mich so fest, dass ich mich dennoch in Sicherheit wusste. Nun war es endlich und endgültig: Wir würden für immer zueinander gehören!
THE END <3
Tag der Veröffentlichung: 08.10.2017
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