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Wie alles began

Ich hasse das. Ich komme am abend von der Arbeit nach Hause, bin erschöpft, müde und hungrig. Ich gehe durchs Treppenhaus und an jeder Tür, an der ich vorbeikomme, steigt mir ein Duft von wunderbar riechendem, frisch zubereitetem Essen in die Nase. Es scheint mir, als würden in meinem Wohnhaus lauter eifrige Hausfrauen wohnen, deren größtes Ziel darin besteht, pünktlich zum Feierabend ihres Mannes ein warmes Gericht auf den Tisch zu zaubern. Und zwar jeden Tag etwas anderes. Und ich dachte schon, dieses Bild der Frau wäre längst überholt.Im vierten Stock angekommen, läuft mein Mund beinahe über vor lauter Speichelfluss. Bevor ich meine Wohnung betrete, atme ich nochmal tief ein.

 

Ich gehe rein. Mein Magen grummelt und ich werde immer frustrierter. Ein Blick in den Kühlschrank macht es auch nicht besser. Es ist nichts brauchbares dabei. 

Ich habe mich also mal wieder für den Lieferdienst entschieden. Pizza von Joeys. Da weiß ich was ich habe und außerdem sind mir meine Cornflakes heute morgen ausgegangen. Um das warten zu überbrücken, werfe ich mir schnell einen Müsliriegel ein, den ich noch auf dem Sofatisch gefunden habe. 

Ich muss dringend wieder einkaufen gehen. 

Das ist noch so eine Sache, die ich hasse. Wenn es nur das Kochen alleine wäre. Das ganze fängt ja schon viel früher an. Zuerst einmal muss man sich Gedanken darüber machen, was man kochen möchte. Dafür gibt es lauter ausgefallene Kochbücher oder Magazine um sich inspirieren zu lassen. Zum Beispiel das Jerusalem Kochbuch von Ottolenghi: Israelische und palästinensische Klassiker, neu interpretiert.

Ich scheitere doch schon an Nudeln mit Soße. Erst hat man zu viel Soße, so dass es am nächsten Tag wieder Nudeln geben muss, davon bleiben dann welche übrig und das ganze Dilemma beginnt von vorne.

 

Wenn man sich nun doch für ein Gericht entschieden hat, dann geht’s ab zum Supermarkt. 

Dann muss man alles mögliche zerschnippeln. Man braucht ein Brett fürs Fleisch, eins fürs Gemüse, eine Schale zum anrühren, ein Topf, ne Pfanne. Und eine Spülmaschine habe ich natürlich auch nicht. Das heißt, den ganzen Dreck, den ich in der Küche veranstalte, muss ich am Ende per Hand wieder abwaschen. Den ganzen Aufwand kann nur ein richtiger Geschmacksorgasmus wieder gut machen.

Doch alles, was ich bei meinen bisherigen Kochversuchen so fabriziert habe, war alles andere als genießbar.

 

Ich hasse kochen! Warum ist das nur so schwer?

Wieso kann kochen nicht sein wie flirten?

Du ziehst dir was süßes an, trägst etwas Rouge auf, klimperst mit den Augen, wackelst ein wenig mit dem Hintern und schon liegen dir die Männer zu Füßen.

So habe ich bisher noch jeden Mann rumbekommen. Ganz gleich ob Jurist, Feuerwehrmann, Pilot, Künstler oder Koch.

Ja, das ist es!

Ein Koch, ich brauche einen Koch.

Wieso bin ich da nicht früher draufgekommen?

 

Schon meine Mutter sagte immer, ich solle mich mehr auf meine Stärken konzentrieren, anstatt an mich an meinen Schwächen festzubeißen.

Und meine größte Stärke sind Männer. Es gibt nichts, was ich besser beherrsche.

 

Voller Motivation mümmle ich mich gemeinsam mit der gerade eingetroffenen Pizza aufs Sofa und aktualisiere mein Tinderprofil. Ich suche nun ausschließlich nur noch nach Köchen und konnte für die kommende Woche schon mehere Dates verabreden. 

Ich freue mich auf eine vielversprechende Zukunft, doch bis dahin genüge ich mich an meiner Pizza für alle Fälle. 

 

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Tag der Veröffentlichung: 16.03.2019

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