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Babys baden – Tanten taufen

Früh am Morgen machte ich mich auf den mühsamen Weg zu meinem Gartenzaun. Ich hatte schlecht geschlafen, da ein paar Katzen die halbe Nacht lang unter meinem Fenster miaut hatten und war deshalb nun hundemüde. Die singenden Vögel fielen mir nicht auf; die duftenden Blumen nahm ich nicht wahr; den Postboten, der vor der Pforte stand und mir die Zeitung und den restlichen Klimbim entgegenstreckte, bemerkte ich nicht. Erst nachdem ich den Briefkasten in aller Gemächlichkeit auf- und wieder zugeschlossen hatte, erregte er durch ein äußerst unfreundliches »Sie pennen wohl noch!« meine Aufmerksamkeit.

Langsam drehte ich mich zu ihm um – langsam vor Müdigkeit – und sah ihn mit nur halb geöffneten Augen an – nur halb geöffnet vor Schläfrigkeit. Er jedoch schien meine bedächtigen Bewegungen und meine verkniffene Miene für die grimmige Antwort auf seine Barschheit zu halten.

»I-ich mein ja nur«, stotterte er kleinlaut, überreichte mir eilig die Post und verschwand.

 

Beim Frühstück warf ich zunächst einen Blick in die Zeitung. – Außer einem Artikel über zwei Taschendiebe, die auf der Flucht vor der Polizei zuerst ihre Beute und dann ihre Hosen verloren hatten, stand nichts Außergewöhnliches drin. – Dann nahm ich mir die Briefe vor.

Das erste Schreiben, eine Rechnung, beförderte ich auf meinen knapp zehn Zentimeter hohen »Umgehend erledigen!«-Stapel.

Der zweite Brief, es war eigentlich eine Postkarte, kam von einem gewissen Freddy aus Schottland, der – wenn ich den Kontext seiner Botschaft richtig verstand – die Absicht hatte, mich zu …

»… heiraten?!«

Ich las ein zweites Mal, um sicher zu gehen. Ja, da stand »heiraten«; nicht »be-raten« oder »ver-raten«, sondern »hei-raten«.

Hastig drehte ich die Karte herum. Das Foto auf der Vorderseite zeigte einen Rothaarigen im Kilt, der in einen Dudelsack blies. »Na, das ist er hoffentlich nicht, dieser Freddy«, murmelte ich und aß auf den Schreck hin erst mal einen Butterkeks.

Der dritte und letzte Brief enthielt ein hellblaues, in der Mitte gefaltetes Kärtchen, mit dem Julian und Lara, die in irgendeiner – ich wusste nicht genau, in welcher – Weise mit mir verwandt waren, zur Taufe ihres Sohnes einluden. Über der linken Seite der Karte prangte ein Storch, der ein weißes Beutelchen im Schnabel trug, auf der rechten Seite fand ich die Informationen, wann und wo dem Kleinen das

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Cover: Canva
Tag der Veröffentlichung: 09.06.2015
ISBN: 978-3-7368-9907-0

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