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Red Flame

Prolog

 

Es war Nacht und dunkle Wolken verdeckten den Himmel. In einem großen dunklen Wald befand sich eine kleine Landstraße, auf welcher ein schwarzer BMW fuhr. Im Auto saß eine kleine Frau, ein ebenfalls kleiner Mann und auf der Rückbank ein Mädchen mit schönem, langen schwarzem Haar. Sie blickte müde aus dem Fenster und beobachtete die dunklen Tannen. In der rechten Hand hielt sie ihren kleinen Stoffhund als sie plötzlich laut aufschrie. Zitternd drückte sie sich an den Sitz und fing leise an zu weinen. Ihre Mutter drehte sich besorgt um und fragte:“ Alice, was hast du ...“ Sie verstummte als ein riesiges Monster mit langen Krallen und zwei mächtigen Schneidezähnen auf die Fahrbahn sprang und das Auto anbrüllte. Alice schrie noch lauter und warf sich hinter die Sitze. „Mama! Mama! Sag doch was!“, brüllte sie erstick durch die ganzen Tränen, die ihre Wangen hinunter liefen. Ihre Eltern bewegten sich nicht und sagten auch nichts. Sie starrten das Monster, das gerade durch die Scheibe griff und ihren Vater aus dem Auto riss, nur an. Plötzlich schrie ihr Vater und versuchte sich zu wehren, doch das Monster brüllte nur noch lauter und mit einem qualvollen Laut warf es den Mann auf die nasse Straße. Alice weinte noch lauter und riss an der Autotür und sprang mit einem großen Satz heraus. Sie sah nur noch wie die Tür aufflog und das Monster das Auto in den Wald warf. Mit dem Rücken auf dem Boden kroch Alice vom Monster weg. Als es das Mädchen entdeckt hatte brüllte es erneut und schnappte nach Alice. Sie warf sich aber an die Seite und schlug dem Monster auf die Hand. Erstaunt blickte sie ihre Hand an die jetzt rot glühte. Das Monster war zurück gewichen und sah sie verwundert an. Alice aber stand auf und rannte auf das Monster los. Sie wusste nicht warum sie das tat aber sie wollte sich nur noch für ihre Eltern rächen. Mit aller Kraft sprang Alice und schlug dem Monster in den Bauch. Dann viel sie. Mit einem dumpfen Ton schlug sie auf den Boden. Es wurde leichenstill. Alice sah nur noch wie das Monster den Kopf nach hinten warf und verschwand, dann fiel sie in Ohnmacht.

 

Eine liebevolle Stimme ließ Alice blinzeln und sie öffnete ihre Augen. Sie sah eine schöne Frau mit schulterlangem, rotem Haar vor ihrem Bett stehen. Langsam richtete sie sich auf und blickte sich um.

Sie befand sich in einem  kleinen, weißen Raum, in dem in der einen Ecke ein Waschbecken und eine Dusche angebracht war und an der anderen Seite ein großes Fenster offen stand. Alice lag auf einem Krankenbett und war an viele Schläuche angeschlossen, welche runter von ihrem Bett in einen Kasten liefen. Sie blickte wieder die Frau an die sie immer noch anlächelte. Alice würgte ein paar Wörter aus sich heraus:“ Was ist mit mir passiert?“ Sofort sank sie wieder in ihr Bett und atmete laut. Die Frau meinte nur:“ Du bist seid ungefähr zwei Jahren bewusstlos und liegst in diesem Bett. Deine Eltern sind nach einem Unfall spurlos verschwunden und ich“ , sie zeigte auf sich und meinte:“ Ich bin deine Tante und werde auf dich aufpassen. Du kommst mit mir nach New York, na ja nicht direkt in die Stadt, also ein bisschen außerhalb...ach egal. Ich werde dich morgen mitnehmen.“ Sie steuerte auf die Tür zu, drehte sich aber noch einmal um und lacht:“ Ach, ich heiße übrigens Sandra.“ Dann ging sie durch die Tür und verschwand. Zwei Jahre ohnmächtig? Ich? Unfall? Meine Eltern sind weg. Ich werde sie nie wieder sehen und ich weiß nicht mal mehr wie sie aussehen? Toll. Alice lehnte sich gegen die Bettkante und nagte an ihrer Unterlippe. Sie hatte noch nie gewusst dass sie eine Tante hatte und dass die neben New York wohnt! Sie strich sich ihre Haare aus dem Gesicht.

Sie wusste, dass sie nun bei ihrer Tante wohnte, aber sie war ihr trotzdem noch fremd. Sie kannte Sandra nicht und außerdem lachte sie nur. Alice grinste und legte sich wieder hin.

 

Kapitel 1

 

„Also was sagst du dazu Z?“, fragte mich gerade Leonie, die sich total darüber aufregt, dass zwei Jungs sie gefragt haben mit ihnen auf die Party am Freitag  zu gehen obwohl sie einen Freund hat. Also mal im Ernst: Was interessiert mich das?

Ich kramte gerade in meinem Schließfach und höre nebenbei Musik, als mich auf einmal jemand auf die Schulter klopft. Sofort drehte ich mich um und schaute dem Feind in die Augen, oh ich meine dem Jungen... Ich schnappte nach Luft. Leonie kicherte und warf ihr Haar zurück. Ich sah ihm in die Augen, es war Erik! Erik Night! Der wohl coolste und beliebteste Junge der ganzen Schule. Ich lächelte ihn schief an und murmelte:“ Hey, was möchtest du denn?“ kann mich mal jemand erschießen? Das war wohl das Dümmste das man sagen kann, wenn man mit Erik Night redet! Ich schaute an Erik runter auf seinen einfach perfekten Oberkörper. Erik war ein großer Junge, ungefähr 1.89 groß,  mit wuscheligen braunen Haaren und leuchtenden grünen Augen. Er hatte eine wundervolle Figur und trug immer ein  Hemd und eine Jeans. Jeder liebte ihn! Er lachte und meinte nur:“ Ich wollte dich etwas fragen, möchtest du mit mir auf die Party? Ich meine nur ich finde dich echt süß und...“ Ich hatte das Gefühl ich kippe gleich um. ER will mit MIR zur Party, ich glaube es nicht. Also mal im Ernst, die drei Jahre die ich auf diese Schule gehe, hat mich noch nie ein Junge gefragt. Ich würde eher als Freak benannt. Jetzt will gerade er  mit mir auf die Party. Ich stand immer noch wackelig auf den Beinen, als es mir gelang  eine Antwort heraus zu würgen:“ Oh, ja, also ich meine, ich würde gerne mit dir auf die Party.“ ,Ich hasste mich. Ich kann nicht mit Jungs reden. Er aber grinste nur und gab mir einen Luft Kuss. Leonie starrte mich mit offenem Mund an. Sie guckte mich beleidigt an und meckert:“ Na toll, von meinem Problemen willst du nichts hören aber selber hast du mit dem geilsten Jungen der Schule ein Treffen. Und du hast doch nichts zum Anziehen! Oh Gott, Oh Gott, Oh Gott, das kann ja was werden. Na ja, ich habe eh nichts mit all dem zu tun, schön viel Spaß.“ Sie drehte sich um und warf ihr Haar zurück. Ich schüttelte nur den Kopf als ich mein Schließfach zu knallte und in den Englischkurs lief. Ich hatte gerade meine Tasche neben meinen Platz geschmissen und meinen I Pod rausgeholt, als ich erschrocken bemerke, dass Erik seinen Tisch neben meinen Tisch stellte und mir kurz zulächelte. Dann kam endlich der Lehrer und ich packte mein I Pod weg.

Nach der Schule ging ich zu meinem VW Käfer, öffnete die Tür, warf meine Tasche auf den Beifahrersitz und startete den Motor. Ich rollte die Einfahrt hinunter auf die Straße  und fuhr nach Hause. Auf dem Weg dachte ich über das Ereignis mit Erik  nach und warum er mich auf einmal mag. Er war erst vor kurzem auf die Schule gekommen und von Anfang an hat er sich nicht für mich interessiert und jetzt mag er mich plötzlich. Also ich wohnte seit drei Jahren mit meiner Tante in einem kleinen Haus in der Rootsstreet. Eigentlich war ich ein ganz normales Mädchen, nur langsam dachte ich etwas anderes. Ich sehe manchmal eigenartige Schatten und meine Haare werden rot wenn ich mich aufrege. Ich wusste auch nicht warum das so ist aber es gibt eine alte Sage, eine Sage, die über eine andere Welt in der Menschen mit besonderen Gaben zu Drachenkrieger ausgebildet werden. Man sagte, diese Gabe erkennt man an verschiedenen komischen Dingen die dann passieren, ich selber habe nie daran geglaubt, aber, ob es wohl doch stimmt? Ich wusste es nicht. Ich blieb an einer Ampel stehen  und schüttelte den Kopf. Also bitte Alice, reiß dich zusammen. Du kannst doch nicht an so etwas glauben! Das gibt es nicht, es ist nur eine Sage, es ist nur eine Sage... Diesen Satz sagte ich  mir den ganzen Weg lang laut vor Ich. Bin. Nicht. Durchgeknallt.  Ich biege in die Einfahrt ein und stelle meinen Käfer auf seinen Platz. Dann gehe ich in das kleine Fachwerkhaus in die Küche, packte mir eine Flasche Cola und ging die Treppen hinauf in mein großes Zimmer. Ja es war groß, sogar riesig. Sandra wollte mich aufheitern, nachdem ich erfahren habe, dass meine Eltern tot sind. Sie sollen bei einen Auto Unfall ums Leben gekommen sein, sind aber spurlos verschwunden, nur mich hat man bewusstlos auf der Straße gefunden. Ich war wohl knappe zwei Jahre bewusstlos. Als ich dann aufwachte nahm mich Sandra mit hier hin, und nun lebe ich hier schon seit drei Jahren und immer passieren Dinge, die man sich nicht erklären kann. Ich ging in mein Zimmer, trank einen Schluck und schmiss mich auf mein Bett. Immer wieder dachte ich über die Sage nach. Drachenkrieger werden als normale Menschen geboren, aber in ihrem Zwölften Lebensjahr stellt sich heraus, was sie wirklich sind. Ein geheimes Portal führt nach Astragon, das Land der Drachen. Ich hielt es nicht mehr länger aus. Ich sprang auf und griff nach meinem I Pod. Ich googelte nach der Sage und fand einen langen Text darüber:

 

Es gibt ein Land unter unserer Erde, das sich Astragon nennt. Es heißt, dass Menschen ab dem zwölften Lebensjahr Schatten und andere Dinge sehen können, die wir Menschen nicht sehen können. Außerdem werden ihre Haare und Augen rot oder blau wenn sie verärgert sind. Menschen sehen zwar, was passiert, aber das Monster können sie nicht sehen. So ein Mensch, mit einer Fähigkeit die auch rote -und blaue Flamme genannt wird, sind am ersten Anblick des Monsters erstarrst. Es heißt die Herzen der Krieger sollen aus einer roten oder blauen Flamme bestehen, die ihnen eine Besondre Kraft gibt. Heute sind immer noch Drachenkrieger unter uns, aber seit Jahrtausenden keine rote Flamme mehr. Warum, weiß niemand. Doch man hat herausgefunden, dass jeder mit solch einer Kraft sofort nach Astragon kommen soll, weil sie dort als Krieger ausgebildet werden. Wir haben von einer ehemaligen blauen Flammen erfahren, das die Dämonen fähig sind, auf die Erde und nach Astragon zu gelangen. Diese Informationen hat uns Sara Rummy, eine blaue Flamme, übergeben.

Ich starrte den Bildschirm an und zitterte am ganzen Körper. Ich bin eine rote Flamme! Eine Kriegerin die schon seit Jahren ausgestorben ist! Ich muss nach Astragon. Ich brach auf meinem Bett zusammen und fing an zu weinen. Ich habe gedacht, mein Leben wär endlich mal normal. Endlich habe ich einen Freund gefunden, gehe auf eine Party, habe das erste Mal richtig eingeparkt, und jetzt das! Ich nahm noch ein Schluck Cola und riss mich zusammen. Wenn das meine Bestimmung ist, dann muss ich der auch folgen. Doch warum Erfuhr ich das gerade jetzt, und warum ich?

 

 Auf dem Weg nach unten überlegte ich, wo dieser Eingang sein könnte. Er könnte ja überall auf der Welt sein oder... Ich brach meine Gedanken ab. Nein, das kann nicht sein. Plötzlich kam mir eine Idee. Seit Jahren darf ich eine Tür des Kellers nicht öffnen, vielleicht wollte Sandra mir verheimlichen, dass es hinter dieser Tür ein Portal in eine andere Welt gab. Die Idee war zwar völlig bescheuert, je länger ich aber darüber nachdachte, so neugieriger wurde ich. Sandra weiß von mir! Ich stürmte in die Küche und stellte meine Cola weg. Dann rannte ich in den Keller und schlich zu der Tür. Sie war verschlossen aber ein kleiner Spalt, wo man durchgucken konnte, war da. Leise schaute ich durch den Spalt. Doch ich konnte nichts erkennen. „Ahh!“, schrie ich und stolperte nach hinten. Ein Monster, was aussah wie ein Stier auf zwei Beinen, hatte mich gesehen und Brüllte durch die Tür. Mein Herz flüchtete die Treppe hoch als das Monster an der dicken Holztür rüttelte. Ich schrie um Hilfe, wusste aber, dass mir keiner helfen konnte. Ängstlich sah ich zu wie sich die Tür immer weiter öffnet. Dann sprang das Schloss auf und mit einem lauten Brüllen kam das Monster auf mich zu. Ich konnte ausweichen, worüber ich sehr erstaunt war, und mir ein Stück Tür schnappen, was ich auch nicht glauben konnte, und stellte mich so hin das ich es gut treffen konnte. Hallo, was ist eigentlich mit mir los! Das habe ich niemals im Kurs für kleine Mädchen gelernt! Das Monster rappelte sich auf und brüllte so lange bis längliche, grüne Fäden aus seinem Mund hingen. Ich unterdrückte ein Gefühl von Übelkeit. Es griff mich wieder an, doch ich konnte erneut ausweichen und schlug ihm mit dem Stück Tür sein rechtes Horn ab. Jetzt schrie das Monster und packte mich mit seinen fetten Händen. Ich stöhnte auf und schaute dem Dämonen voller Angst in die grünen Augen. Er schnappte nach mir, aber ich konnte ihm noch rechtzeitig das linke Horn abhacken. Der Dämon schleuderte mich gegen die Wand. Ich blieb liegen. Mir tat alles weh und ich konnte mich nicht bewegen. Toll! Das ist also mein Ende. Von einem ekelhaften Monster aufgefressen. Ich find plötzlich an, an die schöne Zeit, die ich hier erlebt habe zu denken. Ich dachte an Sandra und an Erik, wie er mir einen Luft Kuss gab. Doch die Bilder von Erik und Sandra ließen ein unbekanntes Feuer in mir auflodern und ich spürte wie sich Adrenalin in meinem Körper sammelte. Ich will noch nicht sterben, ich habe doch noch ein ganzes Leben vor mir! Ich merkte, wie mein ganzer Körper warm wurde und sah, wie sich meine Haare sich langsam rot färbten. Meine Wunden verschwanden auf erstaunlicher Weise und mir ging es auf einmal besser, nein mir ging es sogar richtig gut. Ich stand auf und sah dem Monster in die Augen. Ich konzentrierte mich und nahm ein Stück Holz. Es war so still, dass man meinen schnellen Atem hören konnte. Es war ganz klar: Ich bin sauer! Mit einem albernen Gebrüll rannte ich auf den Dämon zu und sprang vor seinem Kopf. Noch im Flug holte ich aus und schlug im in die Augen bevor ich dann wieder auf dem Boden landete. Der Dämon brüllte wieder auf, löste sich  dann aber plötzlich wie im Film in hunderte kleine Stücke auf, welche langsam auf den Boden glitten und dort nacheinander verschwanden. Ich legte keuchend das Holz weg und rannte die Treppe rauf. Oben knallte ich die Tür zu und sank auf den Boden. Ich hatte keine Wunden, aber ich keuchte immer noch. Ja, es ist alles wahr. Das im Internet, die Sage, alles. Ich muss nach Astragon, so schnell wie möglich. Aber wie? Ich weiß nicht wo ich hin muss und was ich machen soll. Die Haustür ging auf und Sandra kam herein. Als sie mich erblickte schrie sie auf und schmiss ihre Sachen weg. Sofort kam sie auf mich zu gerannt und nahm mich in den Arm. Ich fing an zu weinen, mal wieder. Ich bin so eine Heulsuse! und kuschelte mich in ihren Arm. Sie streichelte mir den Kopf und  flüsterte mir immer wieder: „ Es wird alles gut, Süße,“ zu. Ich wusste, dass ich das, was gerade passiert ist Sandra eigentlich nicht sagen dürfte aber es kam dann doch aus mir raus gesprudelt: „Ich war eben im Keller und als ich die Tür erreichte war dort ein Spalt offen und dann schaute ich herein und... Ein Dämon ähnliches Fiech sprang plötzlich aus der Tür und hatte mich angegriffen aber auf seltsame Weise konnte ich mich verteidigen, also ich meine, ich konnte kämpfen, richtig kämpfen und dann habe ich ihn irgendwie umgebracht. Ich bin nicht verwundet, weil sich meine Haut dann von selber geheilt hat und...“, ich stoppte und schaute Sandra an. Ihre Miene war nicht erstaunt oder erschrocken wie ich es eigentlich dachte, sie schaute eher liebevoll und verständlich. Das verstand ich nicht, trotzdem hatte ich so ein Gefühl das sie schon lange von meiner Gabe wusste, aber das kann doch nicht sein. Sandra sagte mir nur endtäuscht: „ Ich wusste, dass du eine rote Flamme bist, wollte es dir aber noch nicht sagen. Ich weiß auch, dass du jetzt nach Astragon musst, und ich weiß, wie du dahin kommst. Ich durfte es dir einfach nicht sagen!  Es war viel zu gefährlich dir zu erklären, was du bist und dich deine Kräfte ausprobieren zu lassen, also dachte ich, ich halte es vor dir geheim. Aber ich sage dir, du kommst nur bei Vollmond durch das Portal. Und Vollmond ist erst in...“ sie holte ihren Kalender aus der Tasche und blätterte in im rum. Dann sah sie mich an und ergänzte:“ In einer Woche, also am nächsten Freitag ist Vollmond.“ , sie grinste mich an und stand auf. Dann ging sie in die Küche und machte sich einen Kaffee. Na super, eine Antwort, die mir hilft, war das ja nicht gerade. Also am Freitag kann ich also in ein anderes Land, lerne Kämpfen und, diese Woche ist die Party und ich habe nichts zu anziehen! Es war mir in dem Moment plötzlich egal was mich in Astragon erwartet, erst einmal musste ich mich um die Gegenwart kümmern- egal was in meinem Kopf gerade passierte. Es war einfach alles zu viel für mich und Sandra hatte mir immer gesagt: „Sollte es dir einmal zu viel werden, hör einfach auf daran zu denken und konzentriere dich auf was ganz anderes, dann ist es nachher meist einfacher zu verstehen.“ Als ich mir Sandras abwesenden Blick als sie das gesagt hatte wieder ins Gedächtnis rief, zuckten meine Mundwinkel leicht nach oben. Plötzlich kam es mir so vor als hätte sie diese Worte genau für diesen Moment bestimmt. Ich sprang mit neuer Hoffnung auf und rannte in mein Zimmer. Nun, dann wollen wir Sandras Rat mal folgen, dachte ich mir und grinste. Oben angekommen riss ich den Kleiderschrank auf und wühlte zwischen meinen Hosen und T-Shirts herum und sang auf mein Bett. Wenn ich das mit Astragon wirklich durchziehen wollte, musste ich die letzte Woche aber noch einmal ausnutzen! Ich hatte nichts zum Anziehen. Ich muss noch einkaufen gehen. Ich schaute zu meinem Sparschwein. Dann zwinkerte ich ihm zu und ging zu ihm hin: „ Nun Kumpel, dein Ende ist wohl gekommen.“ sagte ich und nahm das Schwein. Ich hob es hoch und warf es mit voller Kraft auf den Schreibtisch, sodass es in hundert Teile zersprang, die weit durch mein Zimmer flogen. Ohne weiter nach zu denken, wühlte ich im Scherbenhaufen und holte einen Zehner und einen Hunderter hervor. Außerdem fand ich noch ein bisschen Kleingeld. Damit rannte ich die Treppe hinunter und stürmte durch die Tür auf meinen Käfer zu. Ich sprang auf den Vordersitz und legte den Gang ein. Mein Motor brummte leise als ich die Straße in Richtung Stadt entlang fuhr. Also, was soll ich den anziehen? Ein Kleid, eine Bluse? Als ich auf den Parkplatz vom Laden parkte beschloss ich, mich nach einem Kleid umzuschauen. Ich wollte dieses wahrscheinlich letzte Mal einkaufen genießen, weil ich in Astragon bestimmt nicht bummeln gehen werde. Ich ging durch die Tür und steuerte auf die Abteilung für Kleider zu.  Mit meinen I Pod im Ohr wühlte ich die Ständer durch und blieb bei einem wunderschönen, schwarzen Kleid hängen. Es ging mir bis zu den Knien und hatte einen weiten Ausschnitt. Dieser war mit kleinen Diamanten bestickt, die wie kleine Ranken von meinen Schultern bis zu meinem Bauch gingen. Ich nahm es und kaufte mir dazu noch passende Schuhe mit Absatz und eine Strumpfhose. Außerdem besorgte ich mir noch eine schöne Kette und ein Armband. Passende Ohrringe hatte ich schon. Als ich alles bezahlt hatte, kroch ich in meinen Käfer, machte Musik an und fuhr nach Hause. Eins ist sicher, so hübsch habe ich mich lange nicht mehr angezogen. dachte ich. Froh darüber, dass ich etwas Schönes gefunden hatte ging ich in mein Zimmer und zog mich um. Nach dem Zähneputzen sprang ich in mein Bett und fiel sofort in einen tiefen Schlaf.

 

 

Kapitel 2

 

 

Ich lief über ein grünes Feld auf dem ein großer Berg stand und ließ meine Haare im Wind wehen. Ohne nachzudenken rannte ich und rannte. Am Berg angekommen klopfte ich an einer Tür, welche im Berg eingebaut war. Die Tür sprang auf und ich ging durch einen langen Gang, welcher kein Ende nehmen wollte. Plötzlich blieb ich vor einer Tür stehen und hörte zwei Männerstimmen, die sich gegenseitig anbrüllten. „Ich möchte nicht mit dir streiten Bruder, aber ich kann nicht zulassen, dass du zu mir nach Astragon  kommst. Astragon ist mein Land und ich werde es auch weiter regieren!“ , sagte gerade jemand. Die andere Stimme war rauer, die antwortete:“ Ach, Bruder, das tut mir aber leid. Ich werde aber von nun an Astragon regieren. Wenn du etwas dagegen hast, dann sag es mir. Ich werde dich nicht daran hindern, doch wenn du meinst zu Kämpfen, dann hast du keine Chance. Ich habe die beste und größte Dämonenarmee die du je gesehen hast, also gib auf oder stirb.“ Er lachte hämisch und sah seinen mit vor Schreck geweiteten Augen Bruder an. Dieser antwortete ärgerlich: „Dämonen? Deine Armee sind Monster! Wie kannst du es nur wagen meine Herrschaft in Frage zu stellen. Außerdem, wir haben eine Change dich zu besiegen, vergiss das nicht!“ Der andere lachte wieder:“ Ich denke, zehntausend Dämonen werden mit deinen Kriegern schon klar kommen, und, ich dachte, Drachen können nur von roten Flammen geritten werden, und die fehlen dir ja, oder?“ Er lachte mit einer grausamen dunklen Stimme, die mich erschaudern ließ.

Ich stellte mich kerzengrade auf und keuchte schlimm. Schweißtropfen liefen von meiner Stirn und ich rieb mir den Kopf. Es war nur ein Albtraum Alice Tulip, nur ein Albtraum. Erschöpft sang ich in mein Kissen. Wenn es nun wirklich eine Nachricht an mich war, die mich warnen sollte? Ich wollte es nicht glauben. Nach Astragon soll Krieg kommen? Das wollte ich einfach nicht glauben. Ich musste nach  Astragon und die anderen Krieger warnen. Aber ich muss noch bis Freitag warten. Ich spähte auf meinen Wecker, noch eine halbe Stunde dann muss ich aufstehen. Ich stand schon mal auf und schlenderte ins Bad unter die Dusche. Ich ließ mir heißes Wasser auf den Kopf laufen und schloss die Augen. Für einen Moment spülte ich meine Sorgen weg und dachte an die schönen Momente, die ich noch erleben werde, das Treffen mit Erik, meinen eigenen Drachen zähmen. Ich weiß, dass ich eine schlimme und ernste Zukunft haben werde, aber ein paar schöne Momente werde ich auch noch haben. Ich stellte die Dusche ab und schnappte mir ein Handtuch. Mit dem Handtuch rubbelte ich mir meine nassen Haare trocken, bevor ich es auf eine Heizung legte. Danach zog ich mich an und putzte die Zähne. Sauber und trocken packte ich meine Sachen und ohne über das, was mich noch erwartete  nachzudenken, rannte ich die Treppe herunter. Unten saß Sandra am Küchentisch und begrüßt mich:“ Na, gut geschlafen, ich hoff du bist nicht zu müde für heute Abend.“ Sie zwinkerte mir zu aber ich verdrehte nur die Augen. Ich soll für die Party zu müde sein? Niemals! Also ehrlich wie kann sie so etwas denken! Ich antwortete nur:“ Guten Morgen, und ja ich habe gut geschlafen.“ Ich setzte mich an den Tisch und nahm mir einen Toast mit Käse. Es tat gut etwas zu essen und einfach mal nur über die Gegenwart nachzudenken. Ich aß mein Brot und trank einen Kaffee. Er schmeckte zwar ekelhaft, aber ich wollte so schnell wie möglich wach werden, weil ich nicht total fertig aussehen wollte, wenn ich vor Erik treten, das ist klar, also nahm ich meine Tasche, verabschiedete mich von Sandra und sprang in meinen VW Käfer. Als ich die Straße entlang fuhr, versuchte ich mich wie immer mit lauter Musik abzulenken.

 

 

 Ich sang gerade Hangover mit, als ich auf den Schulparkplatz zusteuerte. Dort sah ich Eriks BMW neben einem freien Parkplatz. Erik kletterte aus seinem Auto und winkte mich übertrieben in die Lücke. Mein Herz machte einen Satz, Erik hat mir einen Parkplatz frei gehalten! Und er wartet auf mich! Voller Freude sprang ich aus dem Auto und wollte sofort in seine Arme laufen, doch dann erinnerte ich mich, das er mich nur zu einer Party eingeladen hatte - erstmal. Er gab mir einen Kuss und mein Gesicht bekam eine noch rötlichere Farbe. Meinen Körper durchlief ein warmes Kribbeln und ich  musste mich zurückhalten nicht einfach zufrieden zu seufzen. Von den einerseits peinlichen, anderseits aber auch  schönen Gefühlen, die er mir gebracht hatte, schlenderte ich immer noch mit einem leichten Kribbeln auf meiner Haut in den Kunstkurs. Wie konnte man einen nur so beeinflussen? Dort stellte er gruseliger Weise seine Leinwand neben meine und wir holten unsere Kittel und Pinsel. Leonie hatte ihre Leinwand auch neben meiner und begrüßte mich mit ihren alt bekannten Sprüchen:“ Das Schäfchen hat den Wolf doch zur Taube gezähmt, was? Also ich möchte euch Täubchen nicht unterbrechen, aber wäre es möglich, die beste Freundin zu begrüßen?“ Leonie kreuzte ihr Arme vor der Brust und blickte mich schief an. Ich lachte und umarmte sie als ich mit hoher Stimme zurückträllerte:“ Hey, ABF. Wie schön dich zu sehen! Ich habe dich ja so lieb!“ lachend umarmte ich sie noch einmal fest. Sie aber verdrehte nur belustigt die Augen und wendete sich ihrer Leinwand zu. Ich gab Erik rasch einen Kuss, lächelte Leonie frech an und wartete, bis Frau Walki kam.

Frau Walki betrat den Raum und wir begrüßten sie. Bevor sie anfangen konnte zu sprechen, fing der Lautsprecher an zu dröhnen: „ Liebe Schüler, ich muss euch mitteilen, dass die Party wegen dem Wetter auf Donnerstag verschoben wird. Ich wünsche euch noch einen schönen Tag und hoffe, dass ihr wegen den Termin Änderungen keine Zeit verliert.“ Ich und Leonie schauten uns verdattert an. „ Noch zwei Tage warten!“ grummelte Leonie bevor sie sich zu ihrer Farbe umdrehte. Ich schüttelte den Kopf und sagte: „Dann haben wir wenigstens noch Zeit uns Klamotten zu.“ Obwohl ich schon welche habe. Leonie drehte sich um und schaute mich verärgert an, dann zuckte sie mit ihren Schultern und murmelte noch etwas wie: „ Hast recht.“  Erik sagte nichts sondern redete mit einem anderen Jungen. Der hat es doch bestimmt nicht gehört, wehe der kommt nicht! Dann fing Frau Walki an zu erklären dass wir unsere Gefühle in einem Bild ausdrücken sollten und wir fingen an. Mein Bild hatte zwei Hälften, glaubte ich zu mindestens. Die eine war rot und warm, die andere war blau und dunkel. Gestalten waren dort in einer Reihe aufgestellt und eine kleine Gestalt erklärte ihnen etwas und... Ach du scheiße ne! Erschrocken trat ich einen Schritt von der Leinwand weg. Erik bleibt der Mund offen, als er das Bild sah. Leonie grinste nur und meinte:“ So schlimm ist das gar nicht, das man sich nicht gleich davor erschrecken muss.“ Ja, Leonie konnte nicht wissen, warum ich zurück geschreckt bin, aber das war die dümmste Feststellung seit Jahren! Schulterzucken sah ich sie an und antwortete:“ Na ja, du hast recht. Ich war nur verwirrt, was ich für Gedanken habe.“ Wir wendeten uns wieder unseren Bildern zu. Ich wusste nicht genau, was mir das Bild sagen wollte, aber ich meinte dass es die Dämonen-Armee und ihren Anführer darstellen sollte. Nach einiger Zeit ging Frau Walki zu jedem Schüler, um dessen Bild zu bestaunen. Als sie bei mir stehen blieb, nickte sie nur und brummte:“ Ziemlich unterschiedliche Gefühle hast du Alice, du kannst deine Gefühle aber sehr gut darstellen, mach weiter so.“ Ich nickte nur und malte mit unterschiedlichen Gefühlen weiter.

Nach der Kunststunde schlenderten  Leonie, ihr Freund, mein fast Freund und ich zum Mensatisch und aßen unser Essen. Es gab einen Tisch, wo wir immer saßen. Er stand in einer etwas geschützten Ecken im Raum und besaß eine gelbe Fläche. Nachdem wir unser Essen geholt hatten, schlenderten wir zum Tisch und setzten uns hin. Es gab mal wieder Nudeln mit Pilzsoße, mein Lieblingsgericht und dazu trank ich mal wieder eine Cola. Als ich mir gerade einen Löffel Nudeln in den Mund stopfte erklärte gerade Maik, Leonies Freund:“ Ich freue mich schon richtig auf heute Abend. Es heißt es soll die besten Pizzabrötchen der Stadt geben!“ Ich verdrehte die Augen und meinte:“ Du musst auch immer nur ans Essen denken, nicht? Achja, die Party wurde übrigens verschoben, hast du das nicht mitbekommen?“ „ Ne.“ Gab der zurück und Erik und Leonie lachten. Maik sah mich fragend an, ich lächelte aber nur schief und beschäftigte mich wieder mit meinem Essen. Leonie erzählte wieder eine von ihren Geschichten, als ich mein Essen unglaublich ansah. Es bewegte sich und ich dachte, ich sah ein Bild, auf dem man  mehrere Dämonen in einer Höhle arbeiteten sah. Sie trugen Große Eier die aussahen wie ein Stein von einem Nest zum anderen. „ Alice, alles okay?“ Alle sahen mich fragend an. Ich nickte nur und sah mich um. Werde ich jetzt noch verrückt? Alles war wie gewohnt und meine Nudel sahen wie Nudeln aus, doch das, was ich gesehen habe, war nicht gut. Die Dämonen waren noch nicht genug. Sie stellten noch mehr Dämonen her, immer größer wird die Armee. Erschrocken klappte mir der Mund auf als ich Erik in die Augen sah. Er schaute mich besorgt an und ich dachte, ich sah nicht richtig. Eriks Augen wurden gerade blau! Er sah mich an und dann wurden seine Augen blau. Ich glaube es nicht, ich meine sie sind doch Grün, nicht blau! Ich gab ihm ein Zeichen, dass er sofort mit mir nach draußen kommen soll. Er lächelte und folgte mir. Ich spurtete nach draußen und drehte mich um. Erik fragte mich:“ Was hast du denn, ich unterhielt mich gerade mit Maik. Und warum hast du die ganze Zeit so erschrocken geguckt?“ Ich drehte die Augen und antwortete:“ Also, das war nicht wichtig, ich habe nur nachgedacht. Und Maik kann warten, also eine Frage: Kennst du die Sage von Astragon? Also die Sage von dem Drachenland?“ Er sah mich an und flüsterte:“ Ja, ich kenne die Sage. Und ich weiß, dass du eine rote Flamme bist, wenn du darauf hinaus willst.“ Ich sah in erstaunt an. Woher weiß er dass ich eine rote Flamme bin und erstmal: Er ist eine blaue Flamme! Dann weiß er wohl auch, dass ich nach Astragon muss. Und verdammt noch mal, warum wissen alle von Astragon, nur ich nicht? Ich starrte ihn immer noch an. Er lachte mich wieder an und zog etwas aus seiner Tasche. Es war ein Brief mit einem roten Siegel, auf dem ein Drache abgebildet wurde. „ Was ist das für ein Brief?“, fragte ich. Er erklärte mir:“ Das ist ein Brief vom König von Astragon. Kaligola, also der König, hat zu mir gesagt, ich soll diesen Brief der roten Flamme geben. Komm mit.“ Während wir nach draußen gingen redete er weiter: „ Kaligola wusste es gibt eine rote Flamme und sagte zu mir ich soll sie finden. Als ich dich sah, wusste ich es sofort. Also öffne den Brief, bitte.“ Wie blieben im Gang stehen und er reichte mir den Brief. Ich nahm ihn mir und öffnete ihn.

Liebe rote Flamme,

Ich, Kaligola, König von Astragon möchte dir sagen, dass ich schon lange auf dich warte. Wie du bestimmt schon weißt habe ich mich mit meinen Bruder gestritten, er hat eine Dämonen Arme erstellt und möchte mich stürzen. Und wie du bald wissen wirst können nur Drachen Dämonen töten, und nur eine rote Flamme kann einen Drachen reiten. Ich wollte dich einladen und möchte dass du zu mir kommst. Nur du kannst Astragon retten, bitte komm und helfe mir.

Ich warte auf dich Alice Tulip.

Liebe Grüße Kaligola.

„ Woher weiß er wie ich heiße?“, fragte ich Erik. Er schüttelte nur den Kopf und antwortete:“ Ich weiß es nicht.“ Ich schüttelte ebenfalls den Kopf. Egal was ich bin, aber Astragon ist in Gefahr. Ich musste endlich dort hin  und tun, was sie von mir wollen. „ Also, ich habe gesehen und gehört, dass ich nach Astragon muss, weil das Land in Gefahr ist, aber was habe ich damit zu tun?“  fragte ich Erik. Er war einfach so bezaubert dass ich ihn nicht böse anschauen konnte, sein wunderschönes Lachen ließ mich erzittern. Ich wusste dass dies albern war, aber es passierte einfach. Erik antwortete mir mit einer leiser Stimme:“ Weißt du nicht, dass Drachen nur von roten Flammen geritten werden kann? Und weil seit Jahren keine roten Flammen mehr geboren wurden, sind auch keine Drachen mehr geschlüpft. Wenn du nicht schleunigst nach Astragon kommst, wird Kaligolas Bruder es angreifen und Astragon wird vernichtet werden. Ich weiß, das ist noch alles neu für dich, aber wir sind wirklich in Gefahr!“ Mir stockte der Atem. Hat er gerade Wir gesagt? Also das geht echt zu weit. Ich verstehe nichts mehr von dem, was gerade passiert. Am liebsten wäre ich im Boden versunken und als ganz normalen Mädchen wieder aufgetaucht. Ich möchte mich wie alle anderen schminken und mit meinen Freundinnen über Jungs unterhalten und nicht um ein Land, in dem es Drachen gibt, kämpfen. Ich wollte immer nur normal sein, aber es geht wohl nicht, zu mindestens bei mir. Als mir das erneut richtig klar wurde stöhnte ich auf. „Also möchtest du mir jetzt sagen, dass ich die einzige Hoffnung bin, die Astragon noch hat? Und ich dachte ich führe endlich mal ein normales Leben und bekomme sogar einen Freund, aber nein.“ Schon wieder stöhnte ich. Erik  war seinen Kopf in den Nacken und lachte. Er kriegte sich sogar fasst nicht mehr ein und ich spürte wie die bekannte Wärme in meine Wange an fing zu brennen. Dann endlich antwortete er mir:“ Ich kann dir versichern, dass es in Astragon mindestens genau so normal anläuft wie hier. Du musst nicht in einem Kerker angekettet ohne Pause kämpfen, keine Angst“ Wieder lachte er. Meine Wangen wurden rot und ich blickte die gelb gestrichene Wand neben Mir an. Nachdenkend nagte ich an meiner Unterlippe. Ich weiß nicht mehr was ich sagen wollte. Mit hangenden Kopf ging ich zurück in die Mensa. Ich hatte keinen Hunger mehr und schon gar keine Lust auf die Schule also meldete ich mich krank.

 

 

Kapitel 3

 

 

Zu Hause legte ich mich auf mein Bett und machte die Augen zu. Alles wird sich ändern Alice, bleib stark! Ich fing an zu weinen. Tränen liefen an meiner Wange hinunter und fielen schließlich auf mein T-Shirt. Mit dem Kopf in meinen Händen vergraben saß ich da. Einerseits freue ich mich auf das zusammen sein mit Erik, anderseits bin ich am Boden zerstört weil ich die einzige Hoffnung der Erde bin und nichts kann, alles läuft bei mir schief! Klar er sagte mir, es wäre nicht so schlimm aber nichts ist besser als das normale Leben. Wieder fing ich an zu weinen. Ich hielt diesen Druck einfach nicht mehr aus, egal was passiert, wenn es Krieg gibt werde ich es wohl nicht überleben. Ich schüttelte den Kopf um diesen Gedanken zu verscheuchen. Es war klar, dass ich dies nicht denken durfte aber alles was ich kann, ist mir einzureden, dass mein Leben im Arsch ist. Ich schleifte mich in die Küche und nahm mir eine Cola aus dem Kühlschrank. Mit roten Augen und einem sehr müdem Blick setzte ich mich aufs Sofa und schaltete den Fernseher an. Nebenbei dachte ich darüber nach ob es in Astragon auch Fernseher gab, wenn nicht, dann währe das schrecklich! Ich lächelte durch meine Tränen hindurch und schaltete die Programme durch. Es kam eine Sendung über die Bank und über Tiere in Afrika. Ich stoppte als ein Mann gerade in den Nachrichten berichtete, dass es einen Einbruch in der Bank meiner Tante gab. Eine Kamera zeigte zwei Männer mit schwarzen Masken die mit Pistolen auf meine Tante zielten. Sie hob die Hände und sprach etwas. Die Männer aber brüllten sie an und packten ihr am Arm, Sandra packte dem Mann plötzlich am anderen Arm und drehte ihn um. Der Mann schrie, zielte aber mit seiner Pistole auf Sandra. Bevor er abdrückte gab Sandra ihm das Geld. Dann kam wieder der Sprecher ins Bild. Er meinte sie hätten die Diebe schon gefangen und keinem anderen ist etwas passiert. Erleichtert ließ ich mich wieder in das Sofa sinken und schaltete wieder um. Bei einer meiner Lieblings Sendungen stoppte ich erneut und packte die Fernbedienung weg. Ich legte meine Füße auf den Wohnzimmertisch und machte es mir gemütlich. Als ich fast eingeschlafen war riss jemand die Tür auf. Das erste was ich zu hören bekam war Sandras aufgeregte Stimme:“ Mach sofort den Fernseher an!“ Ich rappelte mich auf und schnaubte ärgerlich:“ Es kam schon, kein Grund mich so zu wecken.“ Ich betonte so und zeigte auf ihre nasse, kaputte Jacke und auf ihr vor Schreck bleich aussehendes Gesicht. Sie ließ ihre Tasche fallen und blickte mich ärgerlich an. Ich versuchte zu grinsen, aber Sandra konnte ich nichts vormachen, das wusste ich. „Na ja, wenn du es ja schon gesehen hast, dann weißt du ja auch sicherlich das ich fast ermordet wurde!“ brummte sie mich an. Dann zog sie ihre Jacke aus und schlenderte in die Küche. Ich brummte ihr hinterher: „ Ach ja die Party wird auf Donnerstag verschoben, sie wollten wegen dem Wetter noch etwas warten.“ Sie nickte nur und ging weiter. Nun konzentrierte ich mich wieder auf den Fernseher.

 

 

                   Erik

 

 

Erik parkte seinen BMW und schloss die Haustür eines Einfamilienhauses auf. Leise trat er hinein und schleuderte seine Tasche in die Ecke. „ Verdammt noch mal!“ brüllte er: „ Warum muss ich dieses Mädchen eigentlich finden und nach Hause bringen? Diese Schule ist der langweiligste Ort an dem ich je gewesen bin.“ Das Wort Schule spuckte er förmlich aus. Er ging in eine Küche und machte den Kühlschrank auf, aus dem  er  sich eine Cola nahm und in das Wohnzimmer schlenderte. Erleichtert ließ er sich auf ein rotes Ledersofa sinken und nahm einen Schluck. Ein paar Sekunden blieb er so liegen und genoss dieses Gefühl. In Astragon gibt es keine richtigen Pausen, wo man alleine auf einem Sofa liegen kann und für einen Moment alle vergessen kann, nein, dort gibt es zu viele Dinge über die man nachdenken muss und es gibt so viele anderen Dinge die man tun kann. Hier ist es langweilig und faul. Plötzlich klingelte sein Handy. Erik nahm sein I Phone und schaute auf den Bildschirm. Dann ging er erfreut rann: „ Kaligola! Schön dass du auch mal wieder anrufst, was ist denn los?“ „ Erik, ich freue mich auch aber es gibt wichtigeres! Also hast du die rote und hat sie meinen Brief gelesen?“ Sagte eine raue Stimme. „ Ja “ antwortete Erik: „ Sie hat es selber heraus gefunden und weiß schon von allem Bescheid, aber das nächste Tor nach Astragon kommt erst in einer Woche wieder. Das heißt wir müssen noch ein bisschen hier bleiben und außerdem muss sich Alice erst daran gewöhnen.“ Kaligola brummte: „ Eine Woche ist zu lang und ich denke, die Rote wird sich schnell daran gewöhnen, ich allerdings habe mehr Angst um dich Erik, es kann sein, dass sie von Dämonen beobachtet wird und diese könnten den Auftrag haben, sie zu töten. Die Rote kann mit ihnen fertig werden, du aber könntest Probleme dabei bekommen.“ „ Möchtest du damit sagen, dass ich zu schwach bin, mich gegen so ein paar lächerliche Dämonen zu wären? Und das Mädchen heißt Alice und nicht die Rote!“ verärgert legte er auf und lies seine Kopf in ein Kissen fallen. Er war ein ausgebildeter Krieger und kein Baby mehr! Das sein König so etwas zu ihm sagen konnte. Er schüttelte den Kopf und legte sein Handy auf den Tisch. Wenn das stimmt was Kaligola sagte, dass Alice getötet werden soll, dann muss er sofort nachschauen wie es ihr geht. Das letzte was er jetzt wollte war, dass die Einzige Hoffnung Astragons wegen seiner Faulheit getötet wird. Ach, Kaligola meinte doch, sie könnte auf sich selbst aufpassen, warum sollte ich das tun? Ich meine ich hab besseres zu tun als einem fremden Mädchen zu helfen! Sie ist nicht fremd, sie braucht dich... Plötzlich durchschoss diese Stimme Eriks Gedanken. Was war das? Er stand blitzschnell auf und tat komischerweise das, was ihm die Stimme gesagt hatte (oder wie es nach im gingen wollte sie das damit sagen) und zog seine Jacke an. Er wusste sofort, dass es etwas mit Alice Sicherheit zu tun hat und stürmte eilig durch die Tür. Es war schon dunkel geworden als er auf sein Auto zu raste. Dort riss er die Tür auf und startete den Motor, danach fuhr er so schnell er konnte in Richtung Alices Haus. Er wusste nicht was aber etwas sagte ihm, dass Alices in Gefahr ist.

 

 

          Alice

 

 

Ich rannte in mein Zimmer und schmiss mich auf mein Bett. Ein Schmerz hatte sich in meinen Kopf ausgebreitet und kroch langsam nach unten in meine Beine. Schreiend biss ich in mein Kopfkissen und versuchte so die Stiche in meinem Kopf zu verhindern. Es fühlte sich so an als würde mich jemand überall mit einem Messer schneiden, jemand drückte die Klinge langsam in meine Haut und zog sie lachend zu sich hin. Ich spürte das Blut leicht aus meinen Wunden fließen, es lief meine Wange hinunter und ließ den Schnitt brennen. Auf einmal fingen meine Hände an zu brennen, ich sah förmlich wie die Flammen sich in meine Hände gruben, immer weiter sogen sie das Blut aus meinen Händen. Ich sterbe! Ich löse mich auf! Hilfe... Ich fing an zu weinen. Erstickt unter den ganzen Tränen, fing ich wieder an zu schreien. Ich krümmte mich und weinte, immer wieder spürte ich diesen Schmerz, als würde jemand meine Wunden aussaugen, mit seiner Zunge fuhr er über die tiefen Schnitte und lachte. Seiner... Plötzlich kam es mir wie ein Schlag ins Gesicht. In dem Moment kam einer durch meine Tür gestürmt und nahm mich in den Arm. Leise schüttelte er mich und flüsterte mir immer etwas zu wie „ Alles wird gut, ich bin ja da“  oder „ Du bildest dir das nur ein“  Langsam kam ich wieder zu mir und die Schmerzen hörten auf. Ich fühlte wie jemand meinen Kopf zwischen seine Hände nahm und mir in die Augen schaute. Erst dann erkannte ich Erik, sofort kam ich wieder zu mir und sah in an. Seine schönen blauen Augen waren feucht und man sah, dass er geschwitzt hatte. Er lächelte mich an und ich lächelte wie immer zurück. „ Hey“  flüsterte er sanft: „ Alles wird gut, ich bin ja da. Du hattest eine Vision von den Dämonen. Diese Mistviecher schicken ihrem Opfer meist Träume, damit es ihnen schlecht geht.“ Wieder sah ich in seine schönen Augen und musste schief lächeln, auch wenn das kein bisschen in die Situation passte und es wahrscheinlich total dumm aussah. Ich merkte erst jetzt, dass Erik geweint hatte. Seine Augen waren rot und feucht, doch anscheinend wollte er es nicht zugeben, denn als er bemerkte, dass ich seine Augen anglotzte wischte er mit seinem Arm einmal darüber und lächelte wieder. Doch ich löste mich aus seinem Griff und sah in gerade an. „ Erik, was ist los mit dir?“, fragte ich ihn. Er stand auf und drehte sich um. Dann sah er wieder mich an und meinte gespielt lächelnd:“ Ach nichts ist los, ich dachte nur... ich meine Zuhause habe ich etwas gespürt, ich habe gespürt, dass du in Gefahr warst. Ich wusste nicht woher das kam aber dann überlegte ich ob wieder ein Dämon kam und bekam Angst.“ Er stoppte kurz und ich überlegte was er jetzt sagen könnte doch dann flüsterte er:“ Ich hatte Angst um dich, Alice.“ Ich erstarrte. Ich wurde knallrot und schaute weg. Auch Erik war jetzt zu meiner anderen Wand geschlichen und schaute sich die Poster an. „ Twillight, ist das dein Ernst?“ Ich nickte knapp und lachte. Er zog eine angewiderte Grimasse und zeigte auf ein Foto von „ Edward“ Ich verdrehte die Augen und lehnte mich an meine Bettkante. Nun betrachteten wir uns eine lange Zeit gegenseitig. Er besaß einen gut durchtrainierten Körper und besaß ein schönes, rundes Gesicht ohne Falten oder Pickel. Fies! Ich glaube, ich fing an, ihn zu mögen, ich mein also richtig zu mögen. „ Hey,“ meinte ich:“ Wie ist das eigentlich so in Astragon? Ist da normale Schule oder wie?“ Er seufze kurz und setzte sich neben mich aufs Bett „ Also in Astragon ist es eigentlich genau so wie in einem Internat.“ erklärte er: „ Du bewohnst jeweils zu zweit ein Zimmer und gehst auch zur Schule. Die Schule ist tausendmal besser als deine, denn als Fächer gibt es Latein, Reiten, kämpfen, also mit Bogen und Schwert, und rote Flammen haben Unterricht über die Drachen. Wer gut darin ist bekommt seinen eigenen Drachen.“ Die Sache mit den Dämonen war schnell vergessen. Erik erzählte mir von seinen Freunden und anderen tollen Dingen in Astragon. Ich selber hörte geduldig zu und legte vorsichtig meinen Kopf auf seine Brust. Leicht senkte und hob sie sich und er legte den Arm um meine Schultern. Leise gab er mir einen Kuss und ich schlief mit dem Gedanken, dass  doch etwas zwischen uns lief, ein.

 

„ Alice?“ hörte ich die Stimme meiner Tante. Ich blickte auf und sah wie sie sich an den Türrahmen lehnte und die Arme überkreuzte und mich mit hochgezogener Braue anschaute. Dann nickte sie in meine Richtung und ich drehte mich automatisch um. Neben mir lag ein schlafender Erik der noch immer seinen Arm um mich gelegt hat. Ich lächelte meine Tante verlegen an und versuchte ihr so leise wie möglich zu erklären, dass heute Nacht nichts zwischen uns gelaufen ist. Sandra allerdings ließ die Arme fallen und ging zum Bett. Dort flüsterte sie mir zu: „ Ich weiß, Alice. Essen steht unten, ich bin auf der Arbeit und danach noch mit einer Freundin essen, ja?“ „ Okay, bye. Und danke.“ Antwortete ich. Sie winkte mir zu und schloss leise die Tür. Ich legte den Kopf unter Eriks Kinn und atmete seinen Duft ein, er roch himmlisch. „ Morgen Z.“ hörte ich Erik Murmeln und kurz danach gab er mir einen Kuss. „Warum nennst du mich eigentlich Z?“ fragte ich ihn und gähnte laut. Erik lachte und erklärte mir: „ Ich dachte ich gebe dir einen Spitznamen, und weil mir bei Alice nichts einfiel, habe ich Z für Zicke genommen.“ Ich lächelte, warf ihm eins meiner Kopfkissen ins Gesicht und kroch aus meinem Bett. Dann ging ich zu meinem Kleiderschrank und zog ein gelbes T-Shirt und eine schwarze Jeans heraus und trottete zum Bad. Erik blickte mir nach, als wollte er auch in Richtung Bad,  aber als ich den Kopf schüttelte ließ er sich enttäuscht wieder auf mein Bett fallen. Ich zuckte kurz mit den Schultern und verschwand dann im Bad.

 

 

Kapitel 4

 

                

„Ich weiß nicht.“, brummte ich Erik an. Er und ich sind in die Stadt gegangen, denn ich brauchte unbedingt ein neues T-Shirt. Erik hatte sofort ja gesagt, als ich ihn gefragt hatte mitzukommen, was mich nicht wenig gewundert hat, denn er ist ein Junge, doch anscheinend mag er Shoppen  genauso wie ich. Wir waren gerade an einem T-Shirt vorbeigekommen, was mich so zum Nachdenken gebracht hatte, dass Erik beschloss es mir kaufen zu wollen und ich hatte ihn dankbar angelächelt. Er selber meinte, gelb wäre am besten, ich aber zögerte noch zwischen rot und pink. Erik versuchte verzweifelt mich umzustimmen mit Kommentaren wie: „Ich finde in dem gelben siehst du noch hübscher aus als du eh schon bist“( was ich natürlich total süß fand ) aber irgendwas störte mich daran. Auf dem T-Shirt war eine rote Rose abgebildet, die langsam immer weiter von einer schillernden Flamme verschluckt wurde und irgendetwas an diesem Bild gefiel mir nicht so richtig. „Okay ich nehme es, aber nur weil du so süß bist.“ Lachte ich und zog eins in meiner Größe heraus. Erik zog mich an sich und legte seine Lippen langsam auf meine. Ich erzitterte am ganzen Körper als ein warmes, schönes Gefühl durch mich hindurch floss. Ich meine, ich küsste ihn gerade nicht zum ersten Mal, doch haben sich seine Küsse noch nie so vertraut angefühlt. Seine kalten Lippen brachten mich erneut zum Zittern, doch auf seltsame Weise fühlten sie sich erwärmend und weich an. Ich erwiderte seinen Kuss mit einem freudigen Kribbeln im Bauch und vergrub meine Finger in seinem kurzen Haar. Plötzlich lösten sich seine Lippen von meinen und ein wenig benommen schaute ich zu ihm hoch. „Ich liebe dich.“ Hörte ich ihn flüstern. „Ich liebe dich auch.“ Gab ich ohne nachzudenken zurück. Wieder druckte er seine Lippen auf meine und er zog mich noch enger an sich. Erneut erwiderte ich die erst sanften Berührungen seiner Lippen, woraufhin seine Hand langsam um meine Hüfte kroch und er mich mit der anderen noch enger an sich heranzog. Sein Kuss wurde intensiver und ich spürte das freudige Verlangen, was von ihm ausging. Die Berührungen wurden immer wilder und ich spürte wie er mit seiner Zunge an meinen Zähne stupste. Sofort öffnete ich meinen Mund und ließ seine Zunge hineingleiten. Er erkundete jeden Winkel meines Mundes und unsere Bewegungen wurden immer vertrauensvoller. Seine Zunge tanzte mit meiner und ich spürte, wie mein Herz aus der Brust schlug. Ohne nachzulassen legte ich beide Arme um seinen Hals und ließ das T-Shirt auf den Boden fallen. Doch auf einmal wurde Erik sanfter und kurz danach lösten wir uns voneinander. Verlegen hob ich das T-Shirt wieder von Boden auf und spürte, wie meine Wangen heiß wurden. Ich schaute in Eriks tief blaue Augen und mein Herz begann erneut zu rasen als ich dieses Verlangen in ihnen entdeckte. „Was war das denn?“ hörte ich mich fragen, mein Blick aber immer noch auf Eriks Augen geheftet. Erik sah für einen kurzen Moment ziemlich geschockt aus, als er ärgerlich brummte: „ Der Beginn einer Verbindung, scheiße aber auch!“ Plötzlich spürte ich einen tiefen Stich in Meiner linken Brust und wandte meinen Blick von ihm ab, damit er den Schmerz in ihm nicht wahrnahm. Doch er ließ sich nichts anmerken und lächelte wie immer vor sich hin. Ich beschloss, es einfach nicht mehr ernst zu nehmen und lächelte so gut es ging zurück. Wir schauten uns noch mal an, dann gingen wir, ohne dass ich weiter versucht hatte herauszufinden was er sagen wollte, Hand in Hand bezahlen und er brachte mich nach Hause. Vor meiner Haustür sah er mir noch einmal tief in die Augen: „Tut mir leid, Z. Aber ich muss jetzt nach Hause. Morgen ist wieder Schule.“ Ich sah ihn traurig an und überlegte kurz, ob ich ihn zum Abschied küssen sollte, ließ es dann aber doch bleiben: „Okay, wir sehen uns morgen.“ Ich winkte im noch mal zu und ging dann in Gedanken versunken ins Haus.

Dort traf ich unvermeidlich mit Sandra zusammen, die ein ziemlich neu aussehendes, rotes Kleid trug und sich solange wie ich sie kenne, dass erste mal wieder etwas mehr geschminkt hatte. Ihre Haare waren hochgesteckt und sie trug hellroten Lippenstift, der gut zu ihrem Kleid passte. Ich sah sie entsetzt an und bevor sie etwas sagen konnte, sprudelte es so aus mir heraus: „Wo möchtest du hin? Wer ist es? Und wann kommst du wieder?“ „Ich möchte zu Jens, meinen neuen Büronachbar. Und ich komme wahrscheinlich um 12 Uhr wieder, mein Schatz.“ Sie schaute mich schief an und lächelte frech. Meine Kiefer klappten nach unten und ich brachte nur ein leisen “Schitt“ von mir und ohne was zu sagen ging ich nach oben in mein Zimmer. Sandra schaute mir fragend nach. Na super, jetzt bekomme ich einen Onkel! Auf gewisse Weise freute ich mich für sie, aber wenn sie sich jetzt nur noch mit ihm triff kann ich die letzten 4 Tage nicht mit ihr verbringen, bevor ich nach Astragon reisen musste. Stöhnend setzte ich mich auf mein Bett und dachte kurz an morgen. Englisch, wir haben morgen Englisch! Ich vergaß das mit Sandra und konzentrierte mich wieder darauf, dass ich morgen wieder mit Erik Englisch hatte und morgen Freitag war. Ich stand auf, schaltete meine Musikanlage an und fing an zu tanzen. Ich drehte mich und sang ein wenig schief mit, nebenbei öffnete ich meinen Kleiderschrank und zog das schwarze Kleid an mich. Es roch noch nach dem neuen Waschmittel von Sandra. Ich liebte es, mich vor den Spiegel zu stellen und ein paar Posen auszuprobieren, also ging ich zum Spiegel und zog mein T-Shirt aus. Über meine Hose zog ich dann das Kleid und schaute mich an. Meine schwarzen Haare gingen mir schon weit über die Schultern und waren leicht gewellt. Eigentlich hasste ich meine Haare, doch Leonie meinte immer wieder, es wären die tollsten der Welt denn sie würden so aussehen als würden sie leuchten, ich dachte natürlich das wäre nur so geredet aber jetzt  glaube ich es langsam doch. Ich zog mein Kleid wieder aus und ließ meine Schultern fallen. Auf seltsame Weise fing ich an mich an mein neues Leben zu gewöhnen, ich meine, die Dinge die ich jetzt „ kann“ sind echt cool. Aber trotzdem hätte ich mir das nie denken können, dass ich die letzte Hoffnung einer Fantasiewelt werden würde. Belustigt schüttelte ich den Kopf und lachte. Nebenbei schaute ich auf meine Uhr und sofort meldete sich mein Magen. Ein leichtes Schwindelgefühl überkam mich und ich wusste, dass es Zeit war zu essen, deshalb zog ich mir mein T-Shirt wieder an und ging in die offene Küche. Dort öffnete ich den Kühlschrank in dem ich eine Pizza und eine Packung Würstchen fand. Ohne zu überlegen schnappte ich mir die Pizza, schaltete den Backofen an und schmiss sie hinein. Dann endlich stolperte ich zum Sofa und schaltete den Fernseher ein. Die Werbung sagte das heute „Herr der Ringe“ kam, ein Film, den ich seit ich hier bin schon so oft gesehen hatte, aber immer noch nicht langweilig finde, auch wenn das kindisch kling. Zu Orlando Bloom kann man einfach nicht nein sagen! Auch wenn Erik süß ist, aber ich war immer noch ein riesiger Fan von Orlando. Ich lächelte und wartete auf das Klingeln meiner Eieruhr. Als ich so in den Fernseher starrte und alles um mich herum ausblendete wollte, erkannte ich im Bild neben dem Fernseher plötzlich zwei Menschen. Es waren zwei Männer die sich gegenseitig schupsten und anbrüllten. Ich strengte mich an vielleicht doch noch etwas zu verstehen und dann endlich erkannte ich zwei dunkle, aber bekannte Stimmen. Vorsichtig, ohne das Bild aus den Augen zu lassen, stand ich auf und schlich näher an das Bild. Leicht gebückt und mit großen Augen starrte ich die Männer verdattert an. Plötzlich erkannte ich eine Stimme die rief:“ Ich warne dich Bruder! Meine Dämonen haben alle roten Flammen ausgeschaltet, du weißt dass du mich nicht besiegen kannst! Gib mir deine Krone und ich verschone dich.“ Er gab dem verletzten Mann noch einen kräftigen Schlag vor die Brust, bis er endgültig zusammenbrach und ihn nur noch mit einem Auge halb anschaute. „ Haa.“, lachte er:“ Wenn du mich jetzt tötest, bekommst du die Krone nie ohne meine Unterschrift und mein Siegel, gib auf! Töte mich! Aber es bringt dir gar nichts!“ Er lachte laut, fing aber dann an zu husten. Das Husten wurden schlimmer und es wurde mehr zu einem würgen. Der Mann fasste sich keuchend an die Kehle und fing an, in großen Mengen Blut zu spucken. Der Boden wurde rot und er konnte nicht mehr aufhören. Ich schrie laut auf, kam aber nicht von den Bildern weg. Ich sah, wie der Mann kopfüber nach vorne kippte und sich bei jedem Würgen vor Anstrengung krümmte. Sein Körper zitterte und er war kreidebleich: „Du hast verloren Bruder!“ würgte er lachend. Aber anstatt zu lachen spuckte er erneut und das Blut fing an aus seinen Augen zu laufen er keuchte laut auf und schrie vor Schmerz. Man sah alles im seinem Gesicht bluten, er zitterte stark und krümmte sich erneut. Schreiend warf er sich auf den Boden und hörte nicht auf. Sein Bruder hingegen grinste nur und sah dem Geschehen ohne zu zucken zu. Plötzlich wurde ich nach hinten gerissen und auf den Boden gelegt. Ich weinte schrecklich und schlug schreiend um mich, meine Arme verkrampften sich und ich fing an zu brechen. Das war wirklich zu viel für mich. Erst nachdem ich mich ordentlich übergeben hatte setzte ich mich gerade hin und hielt mir die schmerzende Stirn. „ Wie geht es dir?“, fragte mich plötzlich eine bekannte Stimme. Ich schaute mich um und erkannte leider, dass der, der mir die ganze Zeit geholfen hatte Erik war. Mein Mund klappte auf und ich versuchte im Erdboden zu versinken aber leider funktionierte dies nicht, doch anstatt ein angeekeltes oder abweichendes Gesicht zu machen schaute mich dieser besorgt an. Ich lächelte verlegen und sagte:“ Ja, danke mir geht’s gut. Ich... Entschuldigung, das ist mir gerade ziemlich peinlich.“ Mit zitternden Knien kroch ich auf das Sofa. Genau in diesem Moment klingelte meine Eieruhr und Erik musterte mich noch einmal sorgfältig, ging dann aber zum Ofen und holte die Pizza heraus. „ Was dagegen wenn ich heute Nacht hier bleibe?“, fragte er mich, als er die Pizza auf den Tisch stellte. „Ich habe auch etwas Gesehen und wurde aber durch ein Gefühl geweckt, das mich dazu brachte wieder zu dir zu kommen. Ich weiß das klingt kindisch, aber ich habe Angst, dass dir wieder etwas passiert.“ Er lächelte mich verlegen an und legte mir den Arm auf meine Schulter. „ Natürlich, ich mag es sowieso nicht wenn ich alleine bin.“ Brachte ich zurück. Erik umarmte mich und gab mir einen Kuss auf die Wange: „Danke, ich werde dich bis morgen wohl nicht mehr aus den Augen lassen.“ Ich verdrehte die Augen und er fing an, die Pizza in Teile zu schneiden. „Warum bist du überhaupt alleine hier? Ich meine wo ist Sandra?“, Erik nahm sich eins der Stücke und schaute in den Fernseher. Er  war wirklich der beste Freund, den man sich wünschen könnte. Er tat so als wäre nichts gewesen, und genau das liebte ich so an ihm. Ich würde alles dafür geben, dass wir immer zusammen bleiben könnten. Aber wenn ich darüber nachdenke, was ich in der nächsten Zeit alles erleben werde, ist das wahrscheinlich nicht möglich. Ich meine, er hat bestimmt andere Freunde, wahrscheinlich auch eine Freundin. „Sandra ist mit einem Mann essen gegangen.“, antwortete ich und stopfte mir eine Pizza in den Mund. “ Okay, und was war eben eigentlich los?“ mir blieb das Stück Pizza im Hals stecken und kam sofort wieder hoch, doch bevor ich das Sofatreffen konnte, schaffte ich es noch zum Mülleimer zu stolpern. Von wegen Er lenkt vom Thema ab! Erik legte seine Pizza weg und kam zu mir. Vorsichtig strich er mir eine Strähne aus dem Gesicht und legte mir den Arm um den Hals. „Hey, es ist alles gut. Ich wollte nicht, dass es dir schlecht geht.“ Ich versuchte zu lächeln und fing langsam an ihm zu erzählen, was ich gesehen habe. Als ich ihm alles hautnah erzählt hatte zog er nachdenklich die Augenbraue hoch, kratzte sich am Kopf und biss in ein Stück von seiner Pizza ab. Dann sagte er: „Ich glaube, dass diese Männer, die du gesehen hast der König und sein Bruder waren. Wenn es so ist müssen wir so schnell wie möglich die Wachen informieren, das sie den König den ganzen Tag schützen. Seine Bruder kann in nicht töten, aber er kann in so stark verletzen das er in einiger Zeit an den Wunden sterben könnte. Wenn das so wäre, könnte das ein sehr schwerer Rückschlag für Astragon werden.“ Ich nickte benommen und drehte mich wieder zum Fernseher um. Es war klar dass wir sehr bald in Astragon auftauchen sollten, denn wie es in den Bildern nachgestellt wird, ist es dort schon ziemlich ernst geworden. Doch leider geht das erst in ein paar Tagen, also abhaken und die nächsten Stunden genießen!

 

„ Los jetzt, sonst kommen wir noch zu spät!“ Leonie und ich machten uns bei mir zuhause für die Party fertig und ich versuchte mich immer noch zwischen meinen Schwarzen und meinen Silbernen Pomps zu endscheiden. Schnell nahm ich mir doch die schlichten schwarzen und stolperte hinter Leonie die Treppe herunter. Sie hatte sich ein wunderschönes, blaues Cocktailkleid angezogen und ihre langen, dunkelroten Haare mit einer Spange zusammengebunden was ihr schmales Gesicht äußerst hervorbrachte. Zu dem Kleid trug sie noch eine silberne Halskette von Maik und ebenfalls schwarze Pomps. Unten angekommen schnappte ich mir meine Jacke, schlüpfte in meine Schuhe und ging hinaus. Draußen ist es schon dunkel geworden und ich erkannte die schwachen Umrisse von Eriks Auto, was er vor unserm Haus geparkt hatte. Voller Freude rannte ich zum Auto und wurde sofort von Erik begrüßt. „ Du siehst Wundervoll aus!“  sagte er mir und gab mir einen raschen Kuss bevor er mir die Autotür öffnete und ich mich reinsetzte. Meine Wangen liefen rot an und ich schaute schnell aus dem Fenster, bevor er mir das anmerken konnte. Der Wagen setzte sich in Bewegung und die Landschaft fing an am Auto vorbeizuziehen. Maik drehte das Radio auf und es spielte einen Song von Lady Gaga, worauf Erik nur die Augen verdrehte und genervt stöhnte. Leonie beschäftigte sich damit ihr Make up aufzufrischen, also lehnte ich meinen Kopf gegen die angenehm kühle Fensterscheibe und beobachtete die Landschaft. Wie es wohl in Astragon aussehen würde? Erik  hatte mir schon oft versichert, dass es in Astragon fast genauso wie hier ist nur dass das verhalten und Benehmen dort anders ist- was ein Wunder. Die Zeit verstrich wie im Flug und ich schaute gerade wieder raus als Erik auf den Schulparkplatz einbog und sich nach einem Parkplatz umschaute. Mein Herzschlag beschleunigte sich, als ich aus dem Auto stieg und mich bei Erik einhakte. Zusammen gingen wir in Richtung Turnhalle und ich strich  mir noch einmal durch meine Haare. Das Wetter war angenehm warm und es gab keine Wolken am Himmel weshalb ich meine Jacke im Auto ließ- ich konnte sie mir ja hohlen, wenn ich sie brauchte. Am Eingang der Tür bekamen wir einen Stempel Auf dem Arm und wurden dann rein gelassen. Von innen kam laute Musik und Leonie zog uns beide auf die überfüllte Tanzfläche. Bevor sie uns alleine ließ warf ich ihr noch einen bösen Blick zu, sie aber zwinkerte mich nur an und wackelte unübersehbar mit der Hüfte. Erik nahm mich leicht in den Arm und sah mich lachend an. Ich ließ es zu doch als er plötzlich anfing zu Tanzen hielt ich erschrocken die Luft an. Das letzte was ich konnte ist Tanzen, doch es kam noch schlimmer- er konnte Tanzen! Plötzlich rief er mir durch den Lärm hindurch etwas zu was ich als ein: „ Atmen!“ verstand woraufhin ich einmal tief Luft holte. Ich merkte, dass nicht er mir die Sprache verschlagen hatte, sondern diese wundervollen, aber auch Angst einjagenden grünen Augen, welche mich von der anderen Seite der Turnhalle anstarrten. Sie gehörten einem Atem beraubend gut aussehenden Jungen der mich schon länger beobachtet hatte. Plötzlich lächelte er und kam auf mich zu...

 

 

Kapitel 5

 

 

Erik hatte ihn auch entdeckt und stellte sich jetzt schützend vor mich. „ Scheiße.“  zischte er und schob mich mühsam durch die Menschen zu den Umkleiden. Bevor ich ihm meine Frage an den Kopf werfen konnte, stieß er mich in eine Umkleide und verschloss die Tür. Ängstlich rutschte ich an die hintere Wand des Raumes und versuchte zu verstehen was hinter der Tür passierte, doch man konnte nichts hören. Also wartete ich erst einmal ein bisschen ab. Als mein Puls sich wieder beruhigt hatte, schlich ich mich in Richtung Tür um herauszufinden was Erik tat. Von draußen hörte ich ihn sich mit einem anderen Jungen unterhalten. Er klang so, als würde er den Jungen kennen was mich nicht wenig wunderte. Gerade hörte ich Erik fragen: „ Was machst du hier? Warum bist du nicht in Astragon!“  genervt antwortete der Fremde: „ Ich mache das gleiche wie du, ich suche nach einer roten Flamme und wie ich sehe hast du deine schon gefunden.“ Erik brummte etwas Unverständliches bevor er genervt sagte: „ Ich habe sie nicht nur für mich gefunden, sie wird und alle retten. Ich werde sie sicher zu Kaligola bringen und mehr nicht.“ Der Junge lachte, es war so ein Wundervolles lachen, ein Lachen wie ich es noch nie gehört habe. „ Wie ich sehe hast du sie doch für dich genommen, oder du versuchst es wenigstens. Wenn du so weiter machst hast du bald als erstes deinen Drachen!“  „ Mann, ich möchte keinen Drachen, ich liebe sie. Ich weiß nicht wieso aber vom ersten Moment an als ich sie kennen lernte habe ich mich zu ihr hingezogen gefühlt!“  Erik klang verzweifelt als er von seinen Gefühlen erzählte doch der andere gab nicht nach. „ Genau!“  gab er zurück: „ Ich weiß was du willst aber eins sage ich dir, das Mädchen hinter dir gehört mir.“ Erik brummte erneut und ich hörte etwas gegen eine Wand knallen. Erik hatte den Fremden gegen die Wand gerammt, der ihm daraufhin einen Schlag ins Gesicht verpasste und ihm noch einmal wegen mir drohte. Kurze Zeit später ging er wieder in die Halle und Erik gab endlich die Tür frei. Wütend stieß ich sie auf und traf fast Erik, der mich mit Sorgevollen Blick ansah. „ Was sollte das denn!“  schrie ich ihn an und strich mein zerknittertes Kleid glatt. Er lächelte traurig und meinte: „ Das erkläre ich dir später, lass uns erst noch ein bisschen die Party genießen.“ Daraufhin nahm er meine Hand und zog mich von den Umkleiden Weg, was ich als Zeichen wahrnahm, dass diese Unterhaltung jetzt beendet war. Enttäuscht folgte ich ihm und kurz danach befanden wir uns wieder auf der Tanzfläche. Erik tat so als wäre nichts passiert um meinen Fragen aus dem Weg zu gehen, doch nach einer Stunde ich hatte keine Lust mich von ihm ignorieren zu lassen, also zog ich ihn aus der Halle. Draußen angekommen zerrte ich ihn weiter bis in eine dunkle Ecke des Parkplatzes. Dort sah er mich auffordernd an. „ Jetzt reichts, wer war das und was meinte er mit „Du hast sie für dich genommen“?“ Ich stützte meine Hände in die Hüfte und sah in böse an. „ Es ist nichts, er macht nur wieder seine Scherze.“ „ Achja, und wer ist ER?  Was ist hier überhaupt los?“  ich fing verzweifelt an zu brüllen. Erik erschrak über meinen plötzlichen Ärger und zuckte zusammen. Er legte die Hände in den Nacken und wandte seinen Blick von mir ab. Dann nahm er seine Hände wieder herunter, lächelte und schaute mir in die Augen: „ Du siehst so süß aus wenn du dich aufregst! Der Junge ist ein alter Klassenkamerad von mir. Er ist anscheinend auch losgeschickt worden um eine rote Flamme zu suchen und als er dich sah, beschloss er wohl, dass du seine wärst.“ Ich schüttelte den Kopf und fragte in langsam genervt. „ Was meinst du mit „Ich wäre seine?“ Ich dachte du hättest mich gefunden und liebst mich!“ Ups, das war wohl zu weit hergeholt! Ich merkte wie ich rot würde doch Erik störte das wohl nicht. Er nickte nur leicht  und erklärte weiter: „ Rote Flammen können Drachen reiten, sie bekommen als Neuling einen jungen Drachen und ziehen in auf. Zwischen einer roten Flamme und ihren Drachen besteht eine besondere Verbindung, welche nur sie verstehen. Wenn sich jetzt eine rote Flamme in eine Blaue verliebt entsteht nach einiger Zeit auch eine Verbindung, welche aber nicht so groß ist. Diese Verbindung wird durch das Verhalten der blauen Flamme gestärkt, das heißt wenn die blaue Flamme sich besonders für die Rote interessiert, kann es sein das sie so eine starke Verbindung bekommen, dass die blaue ebenfalls einen Drachen reiten kann, aber das ist ziemlich schwer zu erklären.“ Ich schaute auf den Boden und nagte nachdenkend an meinen Fingernägeln, eine Angewohnheit welche ich mir eigentlich abgewöhnt hatte. „ Das heißt, wenn du die ganze Zeit mit mir flirtest, bekommen wir eine so starke Verbindung, dass du auch einen Drachen reiten kannst?“ „ Ja, denn du kannst mir dann etwas „beibringen“ was mich zum Drachenreiter macht. Zu mindestens sagt das unsere Lehrerin.“  versicherte mir Erik. Ich verstand plötzlich was Erik wirklich von mir wollte, warum bin ich da denn nicht früher drauf gekommen? Er liebte mich nicht, er braucht mich nur, um so einen bescheuerten Drachen reiten zu können! Empört schlug ich seine Arme weg als er versuchte mich zu umarmen. Er sah mich mit traurigen und auch gequälten Blick an woraufhin ich in automatisch tröstend anlächelte- er war einfach so süß! „ Du liebst mich nicht oder? Der andere Kerl hatte recht, du möchtest wahrscheinlich nur einen Drachen reiten und dachtest, komm die kennt das nicht, schmeiß dich mal an die rann und du bekommst nen Drachen und wirst der Held von Astragon nicht wahr?“ ich hatte aufgehört ihn zu bemitleiden und schrie jetzt über den Parkplatz was den anderen Gästen natürlich nicht entging. Erik konnte diesem plötzlichen Meinungswechsel nicht direkt folgen. „ Nein!“  sagte Erik verzweifelt und versuchte mich zu beruhigen: „ Ich liebe dich! Du bist so ein Wundervoller Mensch und mir ist es egal, ob du Drachen reiten kannst oder nicht, ich möchte nur mit dir zusammen sein. Was Damen meinte, ist nur bei ihm und ein paar andere Kerle, sie werden versuchen dich für sich zu gewinnen. Sie benutzen einen Vorteil dieser Verbindung und lassen dich von ihnen angezogen fühlen! Als er dich in der Halle ansah, hast du da nicht etwas gespürt? Genau das ist eine hinterlistige Art die in Astragon vor langer Zeit verboten wurde!“ Ich erschauderte bei den Gedanken an die tiefen grünen Augen und dieses Gefühl, ein Gefühl was meinen ganzen Körper zum Beben brachte. Damen. Sein Name rauschte mir durch den Kopf und Erik musste mich erst wieder aus meinen Gedanken zurückhohlen. Als die Bilder von ihm aus meinen Gedanken verschwanden fühlte ich plötzlich eine stechende lehre in meinem Herzen, so etwas hatte ich noch nie erlebt. Erik hatte genug und zog mich in Richtung Auto ohne mir weiteres zu erklären. Leonie und Maik mussten sich wohl ein Taxi bestellen, denn Erik hatte mich behutsam auf den Beifahrersitz gedrückt, bevor er dann selber auf der Fahrerseite einstiegen war. Ohne mich zu wehren ließ ich ihn losfahren, als ich meinen Kopf an das kalte Fensterglas lehnte wurde es schließlich still. Leise gab ich mir ein paar Vorwürfe darüber wie ich Erik bloß so etwas unterstellen konnte, ich meine er war der letzte dem ich das zutrauen würde. Alleine dieser Blick mit dem er mich immer ansah verriet einem, dass er etwas für mich endfand. „ Sorry, ich wollte dich nicht beschuldigen aber als du das erklärt hast... ich meine, es kam so ein Hintergedanke und ich dachte jetzt wird mir alles klar.“ Erik gab mir einen Kuss. Meine Wangen liefen rot an und ich schaute wieder aus dem Fenster. Plötzlich erkannte ich, dass wir schon kurz vor meinem Haus waren, schnell kramte ich meine Jacke und meine Tasche auf dem Schoß zusammen und stieg hinter Erik aus dem Auto. Er nickte zur Tür und ich schloss sie auf. Als ich meine Sachen im Flur angestellt hatte legte er seinen Arm um meine Hüfte und zog mich ins Wohnzimmer. Dort angekommen setzte ich mich auf eins der Sofas und beobachtete Erik dabei wie er unseren DVD Schrank aus einander nahm. „ Was machst du da?“ , fragte ich ihn neugierig. Er zog eine DVD heraus und antwortete mir: „ Ich dachte wir könnten einen ruhigen Abend ungestört zu zweit verbringen, vergiss nicht morgen müssen wir packen.“ Sofort löste sich die Freude in Luft auf als ich mir schmerzlich klar machte weshalb er überhaupt da war. Morgen, morgen beginnt ein neues Leben, mit Erik...ohne Sandra, Leonie und Maik. Erik setzte sich neben mich und wuschelte mir einmal durch meine schwarzen Haare. Er hatte die DVD schon eingelegt als ich herausfand das es einer meiner Lieblings Filme war- Titanic. Verwundert Blickte ich in seine leicht grünen Augen, die gegen Damens nur noch halb so Dolle strahlten. Als er gerade auf Play drücken wollte, hob ich blitzschnell die Hand und verschwand noch einmal im Bad. Dort zog ich mir schnell bequemere Sachen an, bevor ich mich wieder neben Erik auf das Sofa setzte. Er lächelte mich an und legte seinen Arm um meine Schultern woraufhin ich mich dankend bei ihm einkuschelte.  Seine Haut war angenehm warm und fühlte sich komisch weich an. Lächelnd schaute ich in den Fernseher. Ich würde diesen Abend genießen, das wusste ich jetzt schon.

Als ich plötzlich mitten im Film anfing zu weinen nahm Erik meinen Kopf zwischen seine Hände und sah mich ernst an: „ Was ist los? Ist etwas passiert?“ Ich musste lachen. Jetzt kamen mir auch Tränen vom lachen was Erik aber überhaupt nicht witzig fand. „ Was ist los?“, brüllte er mich genervt an doch ich kugelte mich immer noch lachend auf seinem Schoß. Als ich mich wieder halbwegs unter Kontrolle hatte erklärte ich Erik. „ Verdammt noch mal, die Stelle war so traurig!“ Wieder musste ich lachen und Erik sah mich immer noch verständnislos an. Plötzlich warf er seinen Kopf in den Nacken und fing auch an zu lachen. Sein tiefes, schönes Lachen halte durch das ganze Wohnzimmer und ich schloss meine Augen um mich ganz auf ihn zu konzentrieren. „ Ich dachte du hättest wieder etwas von Astragon gesehen! Jag mir doch nicht so einen Schrecken ein.“ tadelte er mich, lachte aber immer noch. Ich zog mich am Kragen seines Hemdes hoch und gab ihm einen langen Kuss. Er erwiderte ihn und wir schauten beide wieder in den Fernseher.

Als der Film vorbei war ging ich hoch in mein Zimmer und Erik folgte mir. Sandra ist mit der Arbeit für eine Nacht weg das hieß sie würde heute nicht mehr wieder kommen. Als ich Erik sagte ich würde schnell duschen und mich umziehen gab er mir noch einen raschen Kuss und verschwand dann in unserem Gäste Bad am Ende des oberen Flures. Er war als erstes fertig und lag schon auf der rechten Seite meines Großen Doppelbettes. Als ich aus dem Bad kam lächelte er mich an und schaute unangenehme Weise auf meine Hüften. Ich trug nur eine kurze Stoffhose welche eine Wunderbare Sicht auf meine Beine frei gab, was Erik anscheinend auch schon herausgefunden hatte. Mit rot angelaufenen Wangen kletterte ich zu ihm ins Bett und kuschelte mich unter die Bettdecke. Ich spürte Erik seine Arme um mich legte und mich erfüllte eine bekannte Wärme. Solange Erik da ist dachte ich mir wird es in Astragon wohl nicht so schlimm sein.

 

Rumms! Ich schreckte hoch und blickte mich ohne Luft zu holen im Zimmer um, nichts war passiert. Vorsichtig kletterte ich unter der Kuscheligen Bettdecke hervor und setzte behutsam einen nach dem anderen Fuß auf den kalten Parkettboden. Ich horchte auf, schon wieder machte es klirrende Geräusche, diesmal aber leiser. Ich horchte noch einmal auf. Das Geräusch kam aus der Küche, soweit war ich mir sicher. Erik? Langsam drehte ich mich um und schaute auf die andere Seite meines Bettes, Erik schlief. Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken und ich musste ein zittern unterdrücken. Was mag das wohl sein? Neugierig drehte ich mich wieder in Richtung Tür und stand vorsichtig auf. Ich setzte einen Fuß nach dem anderen vor mich und gelangte ohne einen Laut zu machen bis zu meiner Zimmertür- nichts. Ich ging weiter und wäre fast über ein T-Shirt von Erik gestolpert welches er mitten auf den Flur hatte liegen lassen. Männer! Ich lächelte und machte einen Bogen um das T-Shirt um danach weiter bis zur Treppe zu schleichen. Plötzlich stoppte ich wieder, ein stöhnen!  Dann wurde es still im Raum und ich konnte meinen schnellen Herzschlag hören. Zitternd legte ich meine Hand auf das Treppen Geländer und versuchte soweit die Treppe herunter zu kommen, dass ich einen Blick auf die Küche werfen konnte- und tatsächlich. Unten bewegte sich ein Schatten um die Ecke und es roch nach Speck und gekochten Eiern. Verwirrt ging ich dir Treppe weiter runter, erschrak aber plötzlich als auf einmal ein Kopf um die Küchenecke schaute und mich mit einem freudigen „ Guten Morgen!“ begrüßte.  „ Ahh!!!“ schrie ich ihn an und sprang gefühlte drei Meter in die Höhe. Meine Tante hatte mich nur verständnislos angesehen und sich wieder der Küche zu gewannt. Verlegen merkte ich, dass Erik sofort die Treppe runter gerast kam und mich mit sorgevollen Augen begutachtete. Ich lächelte ihn schief an und zeigte mit einem Zimmer auf Sandra, die jetzt vor der Treppe stand und uns beide beobachtete. „ Was denn?“, fragte ich beide als sie mich immer noch anstarrten. Erik war der erste der antwortete: „ Deine Augen, sie leuchten knall rot.“ Verwirrt rannte ich in den Flur und blieb bei einem an der Wand hängenden Spiegel stehen. Tatsächlich, meine sonst eher braunen  Augen hatten eine leuchtend, rote Farbe angenommen, was mich im dunklen Flur echt Furcht einflößend aussehen ließ. Ich schlenderte wieder in die Küche wo Erik gerade Sandra half den Tisch zu decken. Komischerweise hatten Eriks Augen ebenfalls angefangen blau zu leuchten, was sie eigentlich nur taten wenn er große Gefühle zeigte oder kämpfte. Ich legte den Kopf schief und versuchte meine Gedanken so zu ordnen. dass ich vielleicht auf den Grund kommen konnte, doch nach einiger Zeit gab ich es auf und half den anderen beim Tischdecken.

Nachdem das viele Essen was Sandra seltsamer weise für mich gemacht hatte auf dem Tisch verteilt war setzten wir uns hin und Frühstückten. Erik hatte sich gegenüber von mir hingesetzte damit er mich nicht aus den Augen lassen konnte. Er kümmerte sich wirklich um mich! Süß!!!! Es verstrichen mehrere Minuten im Schweigen bis ich mich dazu durch dringen konnte es zu unterbrechen. „ Warum leuchten unsere Augen eigentlich? Es ist doch nichts Wichtiges passiert!“ Erik und Sandra sahen erst mich an und dann tauschten sie untereinander Blicke. Doch dann erklärte mir Erik: „ Heute ist der Tag an dem das Tor zu Astragon wieder aufgetaucht ist und damit wir diesen Tag nicht vergessen hat man unsere Augen so, sag ich mal gebaut das sie an diesem Tag leuchten.“ „ Als wären es riesige Glücksgefühle  die euch an diesen Tag heimsuchen.“  hatte Sandra seinen Satz beendet. Erik nickte. „ Mhh, okay. Ich hab da noch eine Frage: Ist es in Astragon wirklich so wie hier? Ich meine, Erik hatte mir ja erklärt das es in Astragon so eine Art Internat gibt und wir dort zur Schule gehen werden, aber... so ganz kann ich mir das noch nicht vorstellen.“ Sandra hatte sich gerade ein Brot geschmiert und Erik vergnügte sich noch an einem Ei als mich beide belustigt anlächelten. „ Ich verstehe das, ich wollte das auch erst nicht glauben.“  sagte Sandra. Erik warf ihr plötzlich einen warnenden Blick zu woraufhin Sandra noch dazu erklärte: „ Als mir Erik das alles erzählt hatte.“ Jetzt blickte Erik zufrieden wieder auf seinen Teller und ich schob diese Gedanken erstmal zur Seite. Denn ich musste mich  zuerst um andere Dinge kümmern. „ Also ist es wirklich so wie in der Schule?“  fragte ich noch einmal. Jetzt antwortete mir Erik: „ Es ist nicht ganz genau wie hier. Wir haben andere Fächer, andere Kulturen und wir haben statt einer Arbeit nur einmal im Jahr ein Turnier, auf welchen wir getestet werden. Die Schüler Wohnen in zwei große Gebäuden wie in einem Internat jeweils zu zweit in einem Zimmer. Aber wir Schüler nennen es Schule.“ Er lächelte: „ So das muss erst einmal reichen. Den Rest siehst du ja wenn wir da sind.“ Obwohl ich immer noch nicht zufrieden war hielt ich die Klappe um Erik nicht unnötig aufzuregen. Nachdem ich zwei Brötchen in mich hinein gestopft hatte und drei Eier verputzt hatte ließ ich mich mit viel zu vollem Bauch aufs Sofa fallen und half noch nicht einmal mit aufzuräumen.  Sandra schien das nicht zu stören denn sie räumte mit Erik alles wieder in die Küche und verabschiedete sich dann für zwei Stunden. Sie meinte sie müsste noch etwas erledigen, wollte uns aber bis zum Tor begleiten. Diese letzten zwei Stunden verbrachte ich mit Erik zusammen auf dem Sofa und in der Stadt. Wir hatten uns dort mit Leonie und Maik verabredet, denn ich wollte ihnen noch auf wieder sehen sagen. Ich konnte es natürlich nicht zu auffällig machen, denn die beiden wussten ja von nichts. Nachdem ich sie dann Beide vor ihrem Auto in den Arm genommen hatte und mit meinen Tränen kämpfen musste, fuhren Ich und Erik wieder nach Hause.

 

Ich war gerade dabei meine wichtigsten Sachen in einen kleinen, schwarzen Koffer zu stopfen als auch schon die Haustür auf ging und Sandra hereinkam. Nachdem mich Erik fast eine halbe Stunde überreden musste nur meine wichtigsten Sachen einzupacken, hatte ich ziemlich spät eingesehen dass er Recht hatte und angefangen neu zu packen. Zu Sandras Erleichterung konnten wir so noch ein bisschen Zeit miteinander verbringen. Erik hatte ebenfalls seine Sachen gepackt und Sandra hatte mir erklärt wie ich einen Koffer am besten zubekam. Ich hatte zwar schon ein, zweimal einen Koffer gepackt doch als Erik mir sagte ich sollte nur das wichtigste mitnehmen war mir nicht bewusst das er so einen kleinen Koffer gekauft hatte. Er ging mir gerade mal zu den Knien! Also musste ich mit Sandra noch einmal das nötigste vom wichtigsten suchen und es dann in den Koffer stopfen. Als wir endlich fertig waren, war es schon Nachmittag, was hieß wir waren ziemlich spät dran. Das dachte sich Erik wohl auch denn er wirkte ziemlich hektisch als er unsere Koffer in den Kofferraum schmiss und mich und Sandra dazu brachte endlich einzusteigen. Sandra setzte sich auf die Rückbank und ich leistete Erik auf den vorderen Plätzen Gesellschaft. Als Erik den Motor startete und den BMW die Straße runterrollen ließ blickte ich mich noch einmal traurig nach unserem Haus um. Es stand dort, wie immer waren die braunen Fenster geschlossen und die Sonne strahlte auf die weiße Hauswand. Es sah aus wie jeden Morgen wenn ich zur Schule fuhr mit dem Wissen am Nachmittag wiederzukommen und es genauso wieder vorzufinden. Nur das es diesmal das letzte Mal war und das es beim losfahren schon Nachmittag war. Wir Bogen um die Ecke.

 

 

Kapitel 6

 

 

Tja, nun war es nicht mehr da. Das Haus, mein Leben, meine Sachen und meine Welt, die Erde. Alles musste ich jetzt verlassen. Es war unheimlich, diese Lehre zu spüren, die man empfand wenn man jemanden oder etwas Wichtiges verloren hatte. Mir kamen die Tränen und ich blickte schnell aus dem Fenster damit Erik es nicht bemerkte. Eine Träne nach der anderen rollte meine blasse Wange hinunter und verwandelte sich ohne dass ich es verhindern konnte langsam in einen Fluss. Schluchzend lehnte ich meinen Kopf gegen die von der Sonne aufgewärmte Fensterscheibe und schaute mir die Landschaft an. Meine Heimat... Doch so schlimm wird es auch wieder nicht. Ich hatte nicht viele Freunde, nur Leonie und Maik, na ja und Erik- aber der bleibt mir ja. Wenigstens etwas. Und mir blieb natürlich dieser supersüße Damen. Als ich mich gerade fragen wollte, wann ich ihn wohl das nächste mahl sehen würde Schrie mich Erik auf einmal an: „ Runter!“ , und ohne das ich mir klar werden konnte was geschah fühlte ich schon Eriks warmen Körper auf meinem und hörte Sandras entsetzten Schrei. Es knallte laut und das Auto fing an sich zu bewegen. Mir wurde mulmig im Magen, als sich das Auto samt Insassen in die Höhe hob und uns kräftig durchschüttelte. Erik lag immer noch schützend auf mir und versuchte gerade hektisch die Autotür zu öffnen. Als ich verstanden hatte  was er wollte richtete ich mich so gut es ging auf und half ihm die verbogene Tür zu öffnen. Das Auto hatte aufgehört uns zu schütteln, drehte sich jetzt aber fast einmal um die eigene Achse woraufhin ich mir das Gefühl unterdrücken musste zu brechen. Plötzlich spürte ich wie ein Ruck durch meinen Körper ging und dieses Gefühl wurde kurz danach von dem Gefühl eingeholt zu fallen. Es war nur von kurzer Dauer aber in diesem Moment schnellte mein Puls derartig in die Höhe das ich glaubte gleich ohnmächtig zu werden, doch das einzige was ich sah waren Eriks wunderschönen, blauen Augen die mich traurig ansahen. Dann wurde es schwarz. Ich spürte noch den Schmerz des Aufpralles. Ich war aus ungefähr 20 Metern Höhe in die Tiefe gestürzt, mitten in den Graben einer Landstraße, und hatte überlebt. Unter mir regte sich etwas, doch sein Körper fühlte sich kalt und schwer an. „ Erik!“  schrie ich und war von einen Moment auf den anderen in die Luft gesprungen. „ Erik, oh mein Gott! Steh auf, bitte!“ Schon wieder rollten Tränen aus meinen Augen, diesmal aber vor Verzweiflung. Erik hatte mich mit seinen starken Körper aufgefangen und hätte er nicht diesen fast unzerstörbaren Körper wären wir wohl jetzt beide tot. Plötzlich hörte ich über mir etwas entsetzt Kreischen. Sandra! Ruckartig löste ich mich von Erik und starrte in die Luft. Dort hing Eriks Auto in der riesigen Hand eines fast 30 Meter großen Dämonen der gerade den Inhalt des Wagens untersuchte. Als er aber enttäuscht feststellte, dass er nicht das enthielt was er gesucht hatte, knüllte er das Auto wie ein Stück Papier zusammen und warf es in den Wald. Aus dem Auto kam nur noch ein gedämpfter Schrei, dann wurde es still. Der riesige Dämon schaute sich jetzt nur noch in der Gegend um, doch ich sah rot. Meine Harre hatten sich dunkelrot gefärbt und meine Muskeln spannten sich bereit für einen Kampf an. Kurz bevor ich auf den Dämonen losgehen konnte packte mich Erik am Arm und zog mich in den Wald. Obwohl es schon langsam dunkel wurde konnte man noch die leuchtend grünen Blätter des Waldes erkennen. Ich hatte angefangen, mich heftig gegen Eriks Griff zu wären um wieder zu Sandra zu gelangen, doch er hielt ihn fest in seiner Hand und zog mich mit sich. Aus meiner Wut wurden schon wieder Tränen und nach einigen Minuten gab ich es auf mich von Erk zu befreien und ließ mich nur noch als heulendes Bündel elend hinter ihm her schleifen.

 

Sandra war tot. Dieser Gedanke kletterte von meinen Kopf direkt in mein Herz und ließ mich erstarren. Sandra war immer wie eine Mutter für mich gewesen. Sie hat sch immer um mich gekümmert und mich behandelt wie ihre eigene Tochter. Von dem Moment an als ich mich nicht mehr an meine Eltern erinnern konnte war SIE meine Mutter- und nun war sie tot. Ich war alleine. Ich hatte keine Familie, keinen Onkel, keine Oma, ich hatte nur Sandra. Erik legte seinen starken Arm um meine Schulter und ich legte schniefend meinen Kopf auf seine.

Wir waren weiter gelaufen, immer weiter durch den Wald bis wir an einem alten Friedhof mitten auf einer Lichtung angekommen waren. So wie er aussah war er schon lange verlassen, doch mitten zwischen den Gräbern befand sich eine alte Kapelle welche ein paar kaputte Fenster hatte. Ich wusste immer noch nicht genau, wo Erik mit mir hin wollte oder wo wir uns überhaupt befanden. Als ich ihn gefragt hatte, was wir hier wollten, hatte er geantwortet dass wir hier nach Astragon kämen. Ich vertraute ihm, doch als er meinte wir könnten noch nicht durchs Tor, setzte ich mich wieder verzweifelt hin und wünschte mir, ich säße jetzt einfach Zuhause und es wäre nichts passiert.

Nach einigen Minuten hatte ich endlich aufgehört zu weinen und wusch mir mit meinem Ärmel die Tränen aus dem Gesicht. Erik hatte mir immer wieder zugeredet, dass uns der Dämon nicht finden könnte und das wir schon bald in Sicherheit kämen, doch das brachte Sandra auch nicht wieder zum Leben. Anders als der Tot meiner Tante, machte mir aber auch der Gedanke Sorgen, ohne Sachen ein anderes Leben anfangen zu wollen, wie absurd es auch klang. Das einzige was ich noch besaß war meine dunkle Jeans, meinen hellgrünen Pullover und das weiße Topp was ich darunter trug- und natürlich meine Unterwäsche. Außerdem blieb mir noch mein Handy und meine alten Kopfhörer, doch mehr trug ich nicht bei mir. Ich rieb mir den Kopf. „ Geht’s wieder?“, fragte mich Erik mit besorgter Stimme. Natürlich, meine Tante ist nur gerade gestorben und ich habe mein altes Leben verloren- aber ja! Mir geht’s gut.

Wieder kauerte ich mich verzweifelt zusammen und begann zu weinen  - armer Erik.

 

 

Erik

 

 

Erik schaute auf Alice zusammengekauerten, schlanken Körper. Ihre langen, pechschwarzen Haare umrahmten ihre nassen, braunen Augen, die sich leicht rot gefärbt hatten. Sie hatte vor kurzem wieder aufgehört zu weinen, doch es könnte jeden Moment einen neuen Ausbruch geben. Alice tat ihm leid, doch er musste sich zusammenreißen. Kaligola hatte befohlen, sie zu finden und heile nach Hause zu bringen, mehr nicht. Woher sollte er wissen, dass aus so einem kleinen Trick, so ein Elend wurde? Er schüttelte seinen Kopf. Alice begann erneut zu schluchzen und Erik kauerte sich widerwillig neben sie.

Er spürte ihre Wärme, als er seinen Arm behutsam auf ihre Schultern legte und mit seiner Hand ihre rote Strähne aus dem Gesicht wischte.

Er musste diese Verbindung trennen, so schnell er konnte, doch was würde dann passieren? Wenn er es ihr jetzt sagen würde, wie würde sie reagieren? Würde sie ihn hassen und auf der Erde bleiben wollen? Er wusste, dass er der einzige Grund war, warum sie mit nach Astragon kam. Doch als sie ihre Tante verloren hatte, verstärkte sich ihre Bindung sehr. Würde er es schaffen, ohne sie zu sehr zu verletzen, diese Verbindung zu trennen?

Würde er es überhaupt schaffen, sie gehen zu lassen?

Plötzlich hörte Erik ein lautes Knacken. Es schien von weiter weg zu kommen. Blitzschnell sprang er auf und stellte sich schützend vor Alice. „ Was hast du?“ fragte sie. Es blieb ruhig und Erik wandte sich wieder Alice zu. Nein, er würde es nicht übers Herz bringen, sie wieder herzugeben. Wie sie dort saß, mit glänzenden Augen und ihren schmalen Armen, sah sie wunderschön aus - doch was sollte er Kaligola erzählen?

„ Alice...“ , fing er an zu erklären. „ Du... Ich... Wir...“ . Er stoppte und faltete seine Hände hinter dem Kopf. Wie sollte er ihr bloß erklären, dass sie aufhören soll zu weinen, weil sie sonst nicht pünktlich nach Astragon kämen? Wieder schaute er ihr in die Augen: „ Alice, wir müssen los! Es dauert nicht mehr lange, dann haben uns die Dämonen eingeholt!“ Ohne dass er ausreden konnte, stand Alice plötzlich vor ihm und funkelte ihn mit leuchtenden Augen an – in der Tat, sie war sauer auf ihn. Warum genau wusste er nur nicht. „ Dann lass uns endlich gehen! Was stehen wir hier auch so blöd rum?“ Brüllte sie. Erik seufzte: „ Wir können nicht! Wenn du nicht langsam aufhörst zu weinen und Rachepläne Für Sandra zu schmieden, kommen wir hier nie lebend weg!“  Unabsichtlich hatte Erik angefangen, auch vor Verzweiflung zu brüllen, woraufhin Alice wieder anfing zu weinen. „ Jetzt bin ich auch noch Schuld, dass wir nicht nach Astragon kommen!“ schluchzte sie. „ Mein Leben ist gerade voll im Arsch und ich muss nun mal weinen, ich bin auch nur ein halber Mensch! Lass uns doch einfach gehen.“ Erik fing an innerlich zu glühen. Auch wenn er sie lieb hatte, seine Aufgabe war es, sie nach Astragon zu bringen, Verbindung hin oder her! „ Du darfst nicht weinen, denn wenn du weinst, lässt du automatisch deinen Ärger raus und der lässt deine Haare und Augen nun mal rot werden! So könnte dich jeder daran erkennen und dich entweder sofort auf einen Drachen setzten und Jondolar angreifen lassen oder dich einfangen, töten und ihm übergeben, damit er sie in Ruhe lässt! Also reiß dich zusammen oder ich muss dich auf andere Weise zum Schweigen bringen!“ Das hat gesessen! Alice zuckte zusammen. Plötzlich verwandelten sich Alice Tränen in ein kleines Feuer, welches sich immer weiter auf ihrem Körper ausgebreitet hatte, ohne ihr etwas anzuhaben. Fast schon Geschmeidig kroch es von ihrem Kopf, über ihre Brust, bis zu ihren Beinen und ließ sie in einem dunklen, anmutigen Licht erstrahlen. Erik erschrak – so etwas hatte er noch nie gesehen.

 

 

Alice

 

 

Es war ein überwältigendes Gefühl. Ein Kribbeln durchzog meinen gesamten Körper und ließ mich wieder in neuer Kraft erstrahlen. Es fühlte sich gut an, diesen warmen Hauch auf meiner Haut zu spüren, der mir sagt „ Mach was du für richtig hältst“. Ich wusste nicht wie mir geschah, als sich ein ähnlich gutes Gefühl in meinen Händen staute und mich dazu brachte, diese Gefühle raus zulassen.

Mit einem triumphierenden, erleichterten Schrei gab ich ihnen freien Lauf und merkte zu spät, was ich angerichtet hatte...

 

 

Kapitel 7

 

 

„ Nein!“ schrie ich mit verzweifelter Stimme. Das beruhigende Gefühl verschwand und ich brach zusammen. Eine plötzliche Erschöpfung zog mich auf die harte Erde, ohne dass ich mich wehren konnte. Meine Glieder taten weh und ich sah nur noch verschwommen, wie sich Erik in einer riesigen Flamme wandte und vor Schmerz schrie. „Nein!“ flüsterte ich noch einmal, dann sank ich endgültig zusammen.

 

Mein Kopf stieß an etwas Hartes und ich gab ein gedämpftes „Aua!“ von mir, doch als ich versuchte meine Augen zu öffnen, erkannte ich nur einen kleinen Schimmer. Wieder einmal blinzelte ich und langsam konnte ich die Holzwände einer Truhe erkennen, die mich rechts und links umgaben. Als ich versuchte mich auf meine Hände zu stützen um eine andere Position einzunehmen, stieß ich heftig mit meinem Kopf gegen eine weitere Wand. „Aua!“ schrie ich jetzt genervter durch den Lichtspalt. Ich schaffte es mich nach kurzer Zeit in eine seitliche Position zu bringen und war gerade damit beschäftigt heftig gegen das Holz zu hämmern, als sich plötzlich die Decke über mir bewegte und ich einen stechenden Schmerz in den Augen spürte. Eine riesige Menge Licht durchflutete jetzt meine Kiste und ich konnte mich endlich richtig aufrichten. Mit einem erleichterten Stöhnen schaffte ich es, mich aus der Kiste zu befreien und landete auf einem roten, weichen Teppich. Auf dem Boden liegend betrachtete ich staunend meine Umgebung. Ich befand mich in einem kleinen Raum mit einem großen Fenster und gegenüber von dem lag eine Schiebetür, die in einen schmalen Gang führte. Das helle rot des Teppichs bedeckte nicht nur den Boden, sondern auch noch zwei gegenüber stehende Bänke. Über den Bänken waren zwei Ablagen für Gepäck befestigt, auf denen eine schwarze, große Tasche und eine braune Ledertasche abgestellt waren.

Ich schaute aus dem länglichen, leicht geöffneten Fenster und betrachtete eine grüne Landschaft aus Hügeln und einzelnen Wäldern die an mir vorbei rauschte. Mit einem nervösen Kribbeln im Bauch betrachtete ich das Schauspiel noch für ein paar Sekunden, bevor ich mich wieder umdrehte. Auf jeweils einer der Bänke saßen ein erschöpfter Erik und ein leicht altertümlich aussehender fremder Junge mit kurzen, schwarzen Haaren und einem ovalem Gesicht. Er trug ein dunkelgrünes T-Shirt und eine braune, knielange Lederhose. In den Taschen der Hose befanden sich ein längliches Messer und ein kleiner Gegenstand, der aussah wie ein Taschenmesser. Dann wandte ich meinen Blick wieder zu Erik und plötzlich schossen mir die Erinnerungen wieder in den Kopf. „ Oh mein Gott!“ rief ich erstickt und rannte auf ihn zu: „ Wie geht es dir? Sind die Wunden sehr schlimm?“ fragte ich ihn als ich mich hektisch auf seinen Schoß geschmissen hatte: „ Oh, es tut mir ja so leid!“ Ich musterte ihn genauer, doch mehr als leichte Rötungen an seinen Armen und Beinen konnte ich nicht erkennen. Er schmunzelte und meinte rasch: „ Mir würde es viel besser gehen, wenn du nicht auf meinen Beinen sitzen würdest, die Brandwunden machen sich schon noch etwas bemerkbar.“ Ich kletterte rasch neben ihn auf die Bank und schaute mit roten Wangen auf meine Schuhe.

Erik sah gequält aus, al er sich zwang, in meine Augen zu schauen. Ich erschrak und robbte noch weiter an die Wand. Hatte er Angst vor mir? In seinen Augen war Furcht, anderseits aber auch großes Verlangen. Ja, er hatte Angst vor mir. Vor mir, meiner Nähen und dem, was ich mit ihm gemacht hatte. Doch man spürte, dass er mich liebte und es am liebsten vergessen würde. Der andere Junge hatte uns beobachtet und brach das Schweigen mit seiner etwas höheren Stimme: „ Hi, ich bin Jackson, aber du kannst mich auch Jack nennen. Ich bin ein Kumpel von Erik und du bist...?“ „ Alice.“ Brummte ich und lächelte, dann wandte ich mich wieder Erik zu. „ Na dann, Alice. Du bist also diese „Rote Flamme“ von der Erik sprach. Also ne Flamme bist du ja schon mal, ist das jetzt deine neue?“ Die letzte Frage war an Erik gerichtet, doch ich brachte sowieso nichts mehr raus. Ich bin eine Flamme? Was denkt sich dieser Oberschnösel überhaupt? Erik hatte sich inzwischen wieder beruhigt und sprach gerade mit Jack. „ Sie ist nicht meine Freundin, also nicht ganz...“    „ Ach komm!“ lachte Jack: „ Kein fremdes Mädchen schmeißt sich auf deinen Schoß wenn sie sich Sorgen um dich macht.“   „ Ach halt doch den Mund!“ zischte Erik ihn an. Jack lachte wieder: „Ich verstehe immer noch nicht warum Sahra und du Schluss gemacht habt, so ganz kann diese Alice mit Sacha nicht mithalten.“   „ Hallo, ich bin immer noch da!“ Ich hatte das Gespräch belauscht, doch als der Name Sacha genannt wurde, musste ich sofort empört dazwischen fragen: „ Erik wer ist Sacha?“ Erik stöhnte genervt und Jack wandte sich blitzschnell zu mir um: „ Sacha, meine Liebe, ist der Himmel!“   „ Jack!“ Erik funkelte Jack böse an und trat ihm gegen sein Knie, dann wandte er sich zu mir: „ Tut mir leid Alice. Jack, ist ein wenig... anders.“  „Danke für deine Bemühungen drum herum zu reden, süßer. Aber sagen wir es mal so.“ Jack legte seine stämmigen Beine aufeinander und schaute mich an: „ Ich stehe auf Männer, also mach dir bitte keine Hoffnung.“ Er zwinkerte mir übertrieben zu und ich verdrehte die Augen. „ Hab ich mir schon irgendwie gedacht.“ Flüsterte ich und wandte mich wieder der Landschaft zu. Die Hügelige Landschaft hatte sich inzwischen in eine flache Felder Landschaft verwandelt auf der hin und wieder ein kleiner Bauernhof zu sehen war. Ich schaute wieder in das Innere des Zuges. Auch wenn es draußen aussah wie im Mittelalter, besaß dieses Land schon bequeme Züge und schwule Penner. Ich musste mir ein Lachen verkneifen als ich meinen Blick auf Jacks komisches T-Shirt richtete. Ich erkannte plötzlich ein rot schillerndes Zeichen auf seiner linken Brust und beugte mich ein wenig vor um es besser erkennen zu können. „ Was ist das?“ fragte ich ihn und zeigte nebenbei mit meinem Finger auf das rötliche Männchen, welches in seiner rechten Hand ein Schwert in die Höhe hielt. Jack lachte Stolz und erklärte mir. „Dieses Zeichen bedeutet so viel wie der Mentor einer Schwertkämpfer Gruppe zu sein. Ich habe beim Jährlichem Klassen Turnier als Bester abgeschlossen und bilde jetzt schon seit fast einem Jahr meine Eigene Schwertkämpfer Gruppe aus!“ Ich zog eine Augenbraue hoch: „ Jährliches Turnier? Schwertkämpfer? Ausbildung?“ Jack verdrehte die Augen und Erik sprang für ihn ein: „ Du musst noch viel lernen, wirklich! Ich habe dir doch schon einmal erklärt, dass es in Astragon Schulfächer und verschiedene Klassen gibt. Ab der achten Klasse gibt es Jährlich ein Turnier zwischen den Klassen bei dem ein Sieger ausgewählt wird, der danach sozusagen als Hilfslehrer einspringt. Dieser bildet dann, jeweils in seiner Kategorie, eine Gruppe von Kriegern aus.“ Jack nickte und meinte noch: „ Es gibt zum Beispiel Schwertkämpfer, Bogenschütze, Heiler oder Sperrkämpfer. Im seltensten Falle werden auch Magier ausgebildet. Erik und ich sind beide Schwertkämpfer!“ „Genau, doch bei blauen Flammen gibt es so gut wie keine Magier. Soweit ich weiß waren früher eigentlich immer rote Flammen Zauberer, denn diese bekamen die Magie von den Drachen.“ Schloss Erik den Vortrag ab und schaute auf seine Uhr.  „ „Wir sind schon fast da.“ „ Das heißt ich kann zaubern?“ verblüfft starrte ich ihn an. „ Keine Ahnung.“  Meinte er dann nur und legte so seine Füße auf die Bank, dass er mir mit seinen Turnschuhen in die Oberschenkel rammte und ich genervt zu Jack flüchten musste. „ Sorry.“ Murmelte er und schloss die Augen. „ Wie komme ich überhaupt in diesen Zug? Und warum habt ihr mich in einen Stauraum unter einer Bank gesteckt?“ Ich schaute die beiden herausfordernd an und Erik öffnete seufzend seine Augen. „ Das ganze lief ungefähr so: Nachdem du in einer Flamme aufgegangen bist, hast du zwei Feuerbälle auf mich geschossen. Das sah zwar verdammt cool aus wie der erste an mir vorbeirauschte, doch als der zweite mich am Bein traf, fingen plötzlich meine Klamotten an zu brennen. Ich konnte mich noch rechtzeitig an einen Fluss retten, bevor ich ernsthafte Wunden davontrug. Mein Handy hatte das ganze Gott sei Dank überlebt, so konnte ich Jackson anrufen und mit ihm beten, mich und dich nach Astragon zu begleiten.“ Erik stoppte als Jack plötzlich das Wort ergriff: „Also nahm ich gestern Abend das klingelnde Telefon und ging verwirrt dran. Erik sollte eigentlich wiederkommen, ohne vorher Kontakt mit jemandem aus Astragon aufzunehmen. Doch als er mir die Situation am Telefon beschrieben hatte und mich bat zu der alten Kapelle zu kommen, packte ich ein paar frische Sachen für ihn in einen Koffer und reiste in deine Welt. An der Kapelle angekommen, traf ich auf einen angekokelten Erik und ein bewusstloses Mädchen. Ich kümmerte mich zusammen mit Erik, der sich inzwischen Frische Sachen angezogen hatte, um das Mädchen, also um dich. Jetzt mussten wir dich nur noch in den Zug bekommen, ohne dass dich einer sieht. Als einzige Lösung sah dein kleiner Freund da.“ Jack zeigte auf Erik „ Dich in eine Tasche zu stopfen und in der mit zu schmuggeln.“ Erik funkelte Jack böse an bevor er sich mit einem Knallroten Kopf zu mir umdrehte. Empört öffnete ich den Mund, doch bevor ich etwas sagen konnte, schluckte ich die Worte wieder herunter. Erik versuchte Verzweifelt die Situation zu verbessern: „ Mir fiel keine andere Möglichkeit ein, dich unbemerkt in den Zug zu bekommen. „ Jaja.“ Lachte Jack und sagte zu mir gewandt: „ Ich musste ihn noch ausreden, dich mit dem anderen Zeug zusammen in den Gepäckwagen zu stopfen. Deshalb nahmen wir dich mit und legten dich in die Kiste.“ Mir klappte der Kinnladen herunter. Ich bin halt nur lästiges Gepäck, ja? Ich wurde wütend und spürte wie wieder diese vertraute Wärme in mir aufstieg. Ich wusste sofort das sich durch die Wärme auch meine Haare und Augen färbten, doch ich war ziemlich überrascht, als plötzlich Erik mit seiner Jacke auf mich zuraste und mir diese über den Kopf zog. Das einzige was ich noch mitbekam, war das Jack mich ziemlich bescheuert angeglotzt hatte, dann würde es dunkel. Ich protestierte lauthals, doch als mich Erik das dritte Mal bat, still zu sein, gab ich auf und er fuhr erleichtert von mir ab. „ Idiot.“ Murmelte ich durch den Stoff der Jacke und versuchte mich zu beruhigen. Ich dachte an das, was mir Sandra immer gesagt hatte, wenn ich sauer war. „ Ruhig atmen Süße.“ Hatte sie mir zugeflüstert und ich hatte die Augen geschlossen und angefangen ruhig zu Atmen. „So, und jetzt denk an was Schönes.“ Ich holte tief Luft und rief mir ein paar Bilder in meinen Kopf. Ich stellte mir vor wie mich Erik das erste Mal küsste. Wir standen in dem Einkaufszentrum und er drückte seine Lippen behutsam auf meine. Dann liefen wir plötzlich durch einen Wald aus lauter, hellgrün leuchtende Buchen. Wir hielten uns an den Händen und Erik lächelte mich an. Ich lächelte zurück. Plötzlich stellten sich meine Nackenhaare auf und ich erkannte diese tiefen, grünen Augen die mich vollkommen durcheinander brachten. Doch bevor ich ihnen näher kommen konnte schreckte ich auf. Ich hob meine rechte Hand und zeigte mit dem Daumen in die Höhe, um Erik klarzumachen, dass es vorbei war. Ich fühlte wie er langsam das Gewicht von meinem Kopf nahm und atmete erleichtert auf. Als er mir die Jacke vor den Augen wegzog, blickte er mir in die Augen und nickte. Dann ließ er sich wieder langsam auf seinen Platz sinken. Jack fing an fröhlich zu pfeifen und ich warf ihm einen warnenden Blick zu. Er verstummte und lächelte mich verschmitzt an. Ich verdrehte die Augen und beugte mich langsam zu ihm herunter. „ Was zum Teufel sollte das? Wir sind hier doch alleine, mich sieht doch keiner!“ flüsterte ich ihm zu woraufhin er ebenfalls den Kopf etwas senkte und meinte: „ Eigentlich schon, aber hier befinden sich kleine Kameras in den Wallgongs. Mit denen kann man Schmuggler oder andere Personen aufspüren, die hier gar nicht reingehören. Diese kleinen Dinger nehmen zwar keinen Ton auf, geben dafür aber ein verdammt scharfes Bild ab.“ Ich lehnte mich wieder zurück. Ein Mädchen mit roten Harren bekommt mehr Aufsehen als ein angekokelter Junge der einem Mädchen eine Jacke über den Kopf zieht? Willkommen in einer anderen Welt. Ich musste plötzlich lächeln.

 

 

Kapitel 8

 

 

Plötzlich gab der Zug ein lautes pfeifen von sich und ich hörte draußen vor dem Wallgong Schritte. Eine laute Männerstimme rief durch den Flur: „ Liebe Fahrgäste. Wir werden in ca. 15 Minuten in Astragon eintreffen, ich bitte sie ihre Kabinen ordentlich zu verlassen und wünsche ihnen noch einen schönen Tag. Es lebe Astragon und unser König Kaligola!“ Denn letzten Satz sprach er mit so einer festen Stimme, dass ich zusammenzuckte. Ich hätte nie gedacht, dass Menschen so an einer Person und einer Stadt hängen können, doch dieser Gedanke hinterließ eine wollige Wärme in meinem Körper.

Ich hörte nur noch ein paar große Schritte und ein leises Klacken, das war der Mann verschwunden. Ich schaute aus dem Fenster und rutschte automatisch näher an die Scheibe, als ich statt einer öden Landschaft, eine Art Dorf aus vielen Höfen und Weiden erblickte fiel mir der Kinnladen herunter. Ich öffnete das Fenster und streckte  meinen Kopf nach draußen, wo ich sofort eine Windböe ins Gesicht bekam. Ich atmete laut ein und spürte einen neuen, eher salzigen Geschmack auf meiner Zunge. Es roch nach frischem Grass und Tieren, ein Geruch, den ich schon lange nicht mehr wahrgenommen hatte.

Auf einmal spürte ich wie sich Erik neben mir ebenfalls aus dem Fenster lehnte und tief einatmete. „ Endlich wieder zu Hause.“ Murmelte er und schloss die Augen. Der Wind blies durch seine braunen Haare und lies in unnatürlich jung wirken. Ich wandte mich von ihm ab und beobachtete die Menschen, die nacheinander langsam aus ihren Häusern kamen und uns zuwinkten. Sie lächelten breit und mir kam ebenfalls ein Lächeln auf die Lippen, als ich Erik dabei beobachtete, wie er zurück winkte. Ich unterdrückte das Verlangen, ebenfalls zu winken und schaute stattdessen nach vorne. Wir fuhren direkt auf eine riesige Stadt zu, welche von einer hohen, Sandfarbenen Mauer umgeben war. Über der Mauer ragten ein paar Hausdächer hervor, die mit Ziegelähnlichen, braunen Platten bedeckt waren. In der Mitte der Stadt erkannte man eine Große Turmspitze, auf der eine Flagge im Wind wehte. Ich versuchte etwas auf der Flagge zu erkennen, sah aber nur die rötliche Farbe mit der sie bestickt war. Plötzlich spürte ich etwas an meiner Seite, dass mich heftig nach rechts schubste und sich zwischen Erik und mich quetschte. Erik lachte laut und stieß Jack in die Flanke: „ Tja, jetzt bist du nicht mehr der beste in Astragon, was Schwertkämpfen angeht.“ Jack schnaubte und murmelte: „ Als wenn du nach 3 Jahren auch nur irgendeine Chance gegen mich hättest! Du konntest auf der Erde nicht einmal richtig trainieren, also legt dich bitte nicht mit dem Falschen an.“ Erik brummte verärgert und Jack schaute lachend in Richtung der riesigen Stadt.  „ Aber.“ Erik drehte sich mit dem Oberkörper zu mir und Jack und hob den Kopf. „ Wenn du DER beste bist, warum hat Kaligola dann mir die Aufgabe gestellt, Alice zu suchen und heile nach Hause zu bringen, um sie danach mit auszubilden?“ Das hatte gesessen und Jack dachte erstmal nach. „ Wahrscheinlich weil du älter bist als ich und vor drei Jahren mehr Erfahrung hattest, was Kämpfen und die Erde angeht. Aber wir sprechen ja nun auch nicht über früher, sondern über Heute.“ Erik grinste und ließ sich wieder auf seinen Platz fallen. Jack tat es ihm nach, doch ich blieb noch eine Weile am Fenster stehen und beobachtete die Leute, die mit all ihrer Hoffnung auf eine Rettung warteten. Mich.

 

Kaligola hörte die Tür seines großen Büros aufspringen und ein Junge kam herein. Der schlanke, blonde Diener verbeugte sich kurz bevor er anfing zu berichten: „ Der Zug trifft in fünf Minuten am Bahnhof ein, Sir. Man sagt es gab einen kleinen Zwischenfall in einem der Wagons, sonst sind aber keine Fehler aufgetreten.“ „ Danke, Junge. Du kannst jetzt gehen. Schicke mir bitte die Wachen rein.“ Der Diener verbeugte sich noch einmal bevor dieser wieder durch die Tür verschwand und diese mit einem dumpfen Knall zufiel. Kaligola seufzte. Erik hatte ihm zwar versichert, er hätte eine Rote gefunden, doch so ganz konnte er es immer noch nicht glauben. Sollte wirklich ein neunzehn Jähriges Mädchen die Rettung seines Königsreichs sein? Oder sollte er doch noch einmal mit seinem Bruder Sprechen? Er Schüttelte den Kopf. Laut Erik konnte dieses Mädchen sogar in die Zukunft sehen. Er hatte erst laut gelacht als ihm das gesagt wurde, doch als Erik sagte, er meinte das ernst und dieses Mädchen hätte seine Zukunft gesehen, wurde er stutzig. Sein Bruder sollte ihn schlagen und gar töten? Natürlich, nachdem was er beim letzen Gespräch mit ihm herausgefunden hatte, konnte es ja nur so kommen. Das sein Bruder eine Dämonenarmee erschaffen hatte, nur um ihn vom Tron zu stürzen, ist erschütternd genug, doch die Erkenntnis, dass er ihn jetzt töten wollte ließ ihn erschaudern. „ Warten wir ab.“ , flüsterte er zu sich und nahm seinen Umhang von der Stuhllehne. Im selben Moment kamen die Soldaten durch die Tür und grüßten ihm indem sie sich einmal vor ihm verbeugten. Kaligola hob den Kopf und trat in die Mitte der vier Männer. Dann befahl er ihnen mitzukommen und er trat durch die Tür. Hinter der Tür befand sich ein langer Flur mit einem dunklen Holzparkett und hellen Wänden, der an vielen Türen vorbei zu einer Treppe führte. Kaligola trat diese hinunter und kam in eine große Halle, an deren Ende sich eine große Holztür befand. Einer der Soldaten öffnete diese und sie traten auf einen großen Innenhof, der von einer Mauer umgeben war und auf dem sich ebenfalls noch drei Gebäude befanden. Kaligola führte die Soldaten nach links zu einem großen Holztor, das nach seinem Befehl sofort mit einem lauten Quietschen geöffnet wurde. Vor dem Tor warteten noch drei Soldaten, die sich ebenfalls zur Begrüßung verbeugten. Kaligola hasste es von so vielen Leuten bewacht zu werden, aber nachdem dieses Mädchen gesagt hatte, dass ihn sein Bruder töten wollte, bestanden seine Leibwächter darauf ihn rund um die Uhr zu beobachten. Zusammen mit den Soldaten schlich er durch die Gassen der Stadt. Das Haupttor Astragons befand sich am Ende einer breiteren Straße, welche  von der Mittelstadt bis zum Marktplatz, der vor dem Tor stattfand, führte. Der Boden war aus groben, eckigen Steinen Gelegt worden, weshalb man oft stolperte wenn man nicht aufpasste. An den Rändern der Straße lagen Häuser, die aus hellerem Sandstein gebaut waren und kleine, dreckige Fenster besaßen. Hin und wieder waren Seile zwischen den Holzdächern gespannt worden, auf denen die Frauen ihre Wäsche auf hingen. Kaligola mochte diese Idee, es war eine einfache, aber auch knifflige Überlegung seines Volkes und er beobachtet schon lange den Vorschritt Astragons. Er fand dies sehr unterhaltsam, wie sich die Stadt genauso verändert wie ihre Bewohner. Er musste lächeln. Die Gruppe hatte den Marktplatz erreicht, auf dem sich jetzt nur ein paar Menschen herumtrieben, die für morgen schon einmal ihre Stände vorbereiteten. Es gab jeden Samstag einen großen Wochenmarkt, auf dem die Bauernhöfe am Rande von Astragon ihre Ernte an die Bewohner der Stadt verkauften. Eine Frau zeigte plötzlich vorsichtig auf Kaligola und flüsterte ihrer Freundin etwas zu, die ihn mit großen Augen anstarrte. Kaligola seufzte.

 

 

Kapitel 9

 

 

Alice

 

Der Zug war an einem großen Bahnhof in der Nähe der Stadt stehen geblieben, auf dem eine Menge Menschen standen und dem Zug zuwinkten. Ich hatte mein Handy unter dem Sitz gefunden, unter dem ich am Anfang aufgewacht war und steckte dieses in meine Hosentasche. Erik sprach zwar davon, dass normale Handys hier nicht funktionierten, aber es war mit das einzige was ich noch von meinem alten Leben hatte. Ganz hatte ich den Sinn von Eriks, Kaligolas und Jacks Handy eh noch nicht verstanden, aber ehrlich gesagt wollte ich das erst mal sowieso nicht. Technik konnte ich eh noch nie ausstehen, bis jetzt. Jetzt vermisste ich sie langsam.

Erik führte mich aus unserer Kabine auf einen kleinen Flur, dessen eine Seite voller Fenster war. Ich schaute hinaus, erkannte aber nur einen alten Bahnhof, der aus einem großen Holzgebäude und einem breiten Holzbalkon bestand. Jack schubste mich sanft von hinten weiter und wir kamen zu einer kleinen Schiebetür, die von einem etwas breiteren Mann geöffnet wurde. Er beachtete uns gar nicht sondern Blickte nur mit einem leeren Gesichtsausdruck in Richtung Stadt. Ich ging verwirrt an ihm vorbei und erschreckte mich fast zu Tode, als ich ihn aus Versehen mit meinem Ellenbogen getroffen hatte und er sich plötzlich grunzend umgedreht hatte. Ich entschuldigte mich kurz und der Mann wandte sich wieder der Stadt zu. Erik legte seine warme Hand in meine und zog mich vorsichtig durch die immer dichter werdende Menschenmenge. Jack folgte uns leichtfüßig und trug dabei den Rucksack, der kurz zuvor noch auf einer Ablage im Zug gelegen hatte. Als wir das Hölzerne Gebäude fast erreicht hatten, wurde Erik plötzlich von einer anderen Person aufgehalten, welche ihn umarmte und lachend scherzte: „ Erik alter Kumpel! Dich habe ich aber lange nicht mehr gesehen? Du siehst ja noch genauso scheiße aus wie vor drei Jahren!“ Erik erwiderte die Umarmung und grunzte belustig. „ Tja, ich freue mich auch dich wieder zusehen Phil, aber ich muss jetzt echt los.“ Sagte Erik mit einer etwas hektischen Stimme. Phil ließ enttäuscht den Kopf hängen und machte sich daran ein paar Neulinge zu begrüßen, die verzweifelt versuchten in der Menschenmenge nicht unterzugehen. Erik zog mich weiter und wir erreichten mit drei großen Schritten die Eingangstür des Bahnhofes, durch die wir schnell hindurch schlüpften. Das Innere des Gebäudes erinnerte mich an einen alten Westernfilm, den ich vor ein paar Tagen mit Erik gesehen hatte. Ich hatte noch nie Western geguckt, doch Erik bestand darauf, dass ich diesen Film mit ihm schaute. Der Gauner dieses Filmes ist immer in eine Bar gegangen, wessen Einrichtung so ähnlich aussah wie die des Bahnhofes. Die Möbel bestanden aus hellem Holz, genauso wie der Boden. In der Mitte einer großen Eingangshalle befand sich ein an der Decke hängender Kronleuchter, der durch den Wind der offenen Tür heftig ins Schwanken kam. Im Gebäude roch es nach altem Holz und Kerzen. Erik führte mich zu einem Tresen, hinter dem ein älterer Mann in ein Buch schaute. Erik räusperte sich und der Mann hob den Kopf. „ Ja?“ fragte er mit einer dunklen Stimme. Erik kramte etwas aus seiner Tasche und gab es dem Mann, welcher sich den Inhalt des Zettels durchlas und uns dann durch eine weitere Tür neben dem Tresen führte. Ich ließ mich wie immer mitziehen und hielt nach Jack Ausschau. Jack war verschwunden, genauso wie Eriks Rucksack. Doch plötzlich drückte Erik meine Hand fester und ich strich mir eine Strähne aus dem Gesicht. Der ältere Mann hatte uns zu einem Hinterausgang geführt, vor dem zwei Soldaten und eine Kutsche warteten. Bevor ich etwas sagen konnte verbeugte sich der ältere Herr vor mir und verschwand. Die zwei Soldaten wiederholten diese Gäste und führten Erik und mich zu der Kutsche. Ja, jetzt vermisste ich die Technik.

Als wir uns von dem Soldaten die Tür öffnen ließen um einzusteigen fragte ich Erik: „ Woher wissen die alle von mir?“ Erik bedankte sich kurz bei den Soldaten die jetzt vor uns auf den Kutschbock setzten. „ Die wissen von dir weil es ihnen jemand erzählt hat.“ Murmelte er und schaute aus dem schmalen Fenster der kleinen Kabine. Er zog den Kopf wieder rein und der Wagen setzte sich in Bewegung. Die Räder stolperten über den Grasweg und ich wurde heftig gegen die Kutschenwand geschleudert. „ Alles okay?“ fragte mich Erik und ich nickte noch etwas benommen. „Ich verstehe das nicht ganz. Warum sagt ihr es dem Typen eben und den Soldaten, aber dem Zugführer zum Beispiel nicht?“ ich drehte mich zu Erik und sah ihm in seine grünen Augen. Dann schaute er aus dem Fenster und überlegte scharf. „ Ich meine damit, dass einer am Anfang von dir wusste und jedem, der von dir wissen musste, etwas gesagt hat. Diese haben ihm dann einen Eid geschworen, nichts zu erzählen.“ Ich kaute auf meiner Unterlippe herum. „ Das heißt, dass Kaligola als erstes von mir wusste, das dann dir erzählt hat, du hast es Jack erzählt und Kaligola hat es dann dem Mann am Bahnhof erzählt?“ Erik musste laut loslachen bevor er mir erklärte. „ Nicht ganz. Als erstes wusste eigentlich ich von dir, denn Kaligola hatte schon Jahre lang seine Stärksten Krieger auf die Erde geschickt, doch er wusste nie wann einer dich findet. Als ich dich dann endlich gefunden hatte, habe ich es ihm sofort berichtet und er hat mir den Brief geschickt. Mhh... danach wusste eigentlich keiner so richtig von dir bis ich Jack wegen der kleinen Panne an der Kapelle anrufen musste. Die Soldaten und der Mann, der uns eben nach draußen gebracht hat, wussten nichts von dir, sie wusste nur das du eine sehr wichtige Person bist.“ Erik zwinkerte mir zu und ich wurde wieder an die Kutschenwand geschleudert. Als ich meinen Blick aus dem kleinen Fenster neben mir richtete, merkte ich dass wir vor kurzem die Gleise des Zuges überquert hatten. Wir fuhren ungefähr mit vierzig Meter Entfernung  von der Mauer auf einen alten Grasweg entlang und steuerten auf eine zweite große Mauer zu, die seitlich aus der Grundmauer ragte. Ich hatte diese Mauer vorher noch nicht gesehen, jetzt konnte man aber die Runde Grundform der Stadt gut erkennen. Man hatte ein kleineres Rechteck an die Runde Mauer gebaut, welches das Tor der Stadt erst vor den Anreisenden verstecken sollte.  Der Weg machte eine Biegung und wir fuhren für ein kleines Stück  die zweite Mauer entlang in Richtung eines großen Turmes. Am Turm gab es noch eine Kurve, die auf einen platt getretenen, breiten Platz führte. Auf einer Seite des Platzes ragte die helle Mauer aus der Erde, in der sich ein riesiges Holztor befand. Vor dem Tor blieb die Kutsche stehen und ich hörte wie einer der Soldaten vom Bock sprang und Erik und mir die Tür öffnete. Ich stieg nach draußen und mir schlug sofort eine Windböe entgegen. Ich strich mir meine Haare wieder aus dem Gesicht, bevor ich merkte wie warm es eigentlich war. Als sich die Soldaten von uns verabschiedeten und zum Tor gingen, zog ich mir rasch meinen grünen Pullover über den Kopf und zog mein weißes Top glatt. Den Pullover band ich mir um meine Hüfte und Erik führte mich zu einer kleinen Tür, die versteckt im großen Tor lag. Die Soldaten redeten gerade mit einer weiteren Person, die hinter dem Tor stand und durch einen kleinen Schlitz im Holz schaute. Dann verschwand dieser und kurz danach öffnete sich die kleine Holztür. Ich schlüpfte hinter Erik durch die Tür und befand mich kurze Zeit später auf einem belebten Platz der von zwei Stallungen umrahmt wurde. Mit dem Rücken zum Tor beobachtete ich wie ein paar Männer und Frauen Pferde vor den Gebäuden rechts und links von mir putzten und sattelten. Vor mir befand sich in 30 Meter Entfernung ein weiteres Holztor vor dem acht Männer standen und mich beobachteten. Ich spürte wie meine Wangen rot anliefen und richtete meinen Blick schnell wieder auf die Ställe. In einer Box, ungefähr 10 Meter von mir entfernt stand ein schwarzer Hengst der mich mit großen Augen anstarrte. Ich ging einige Schritte auf ihn zu um ihn besser betrachten zu können, woraufhin dieser fröhlich wieherte. Ich musste lächeln und trat mit ein paar großen Schritten auf seine Box zu. Erik wollte mir folgen, hielt aber abrupt an, als der Hengst mir seinen Kopf hingegen streckte und ich ihn am Kopf streichelte. Er lächelte. Ich drehte mich erfreut um und rief mit kindlich fröhlicher Stimme: „ Sie nur, ich glaub der mag mich!“ Erik schüttelte fassungslos seinen Kopf und kam auf mich zu. Plötzlich schnaubte der Hengst auf und ging ein paar Schritte nach hinten, als sich Erik ihm nähern wollte. Ich blickte das Pferd verwirrt an und dann Erik, der auch ein paar Schritte zurück gemacht hatte. In seinen Augen funkelte Wut und ich erkannte, dass sie sich leuchtend blau gefärbt hatten. Der Hengst hatte sich wieder mit dem Kopf aus der Box getraut und wieherte mich jetzt auffordernd an. Ich streichelte ihn kurz, eilte dann aber wieder zu Erik. „ Anscheinend mag er dich nicht.“ Stellte ich lachend fest und Erik grunzte laut. „ Er mag niemanden.“ Dann ging er auf die acht Männer zu, die uns langsam näher kamen.

 

Meine Knie ließen auf einmal nach als wir die Männer fast erreicht hatten. Ich bin Erik lachend hinterher geeilt, als mir plötzlich ein brennender Schmerz ins Gehirn schoss. Ich hatte laut aufgeschrienen und mir die Hände um den Kopf gelegt, doch der Schmerz ließ nicht nach. Ich konnte mir nicht erklären woher er kam, doch ich wollte nur dass es aufhörte. Erik drehte sich erschrocken um als ich plötzlich in mich zusammenbrach. Der Schmerz hatte nachgelassen und mir wurde Schwarz vor Augen, ich hörte nur noch Eriks verzweifelte Rufe und die schnellen Schritte der Männer. Meine Augäpfel drehten sich nach innen und ich stöhnte gequält auf, bevor ich meine Hände sinken ließ und endgültig zusammen sank.

 

 

Erik

 

 

Erik hielt sich verzweifelt die Stirn. Er war so weit gekommen! Kaligola hatten ihn freundlich begrüßt, als Alice plötzlich laut aufschrie und hinter ihm zusammenbrach. Sämtliche Bürger, die sich an den Ställen befanden, kamen nun angerannt um zu helfen. Sie riefen wild durch einander und merkten gar nicht das Kaligola und seine Soldaten versuchten, sie davon abzubringen und ihn durchzulassen. Erik hatte plötzlich genug, schnappte sich einen zierlichen Mann, der gerade versuchte Alice auf die Seite zu drehen und schleuderte ihn an die Seite. Plötzlich würde es still und Erik wurde mit entsetzten, vor Schreck geweiteten Augen angeglotzt. Er räusperte sich, bevor er mit fester Stimme sagte: „ Bitte lasst den König und seine Soldaten durch und geht wieder an die Arbeit. Hier ist nichts Schlimmes zu sehen! Na los!“ Die Leute gingen langsam wieder zu den Ställen und ihren Pferden und Kaligola schaffte es, endlich sich neben Alice zu Knien und ihr zu helfen. Erik ging ebenfalls neben Kaligola in die Hocke und beobachtete ihn dabei wie er Alice etwas zuredete. Seine Augen hatten eine dunkelblaue Farbe angenommen, die von seinem Kopf hinunter zu seinen Händen ging. Wie eine Flamme breitete sich ein blauer Schimmer über seine Handgelenke aus und fraßen sich in Alice. Kaligola murmelte immer noch ein paar Worte bevor Alice plötzlich anfing vor Schmerzen zu stöhnen. Erik wollte reflexartig nach Kaligolas Arm greifen, damit er aufhörte, doch einer der Soldaten hielt ihn zurück. Doch dann bewegte sich Alice und hielt sich mit der rechten Hand den Kopf. Kaligola richtete sich zufrieden auf und der blaue Schimmer verschwand. Da blieben nur noch ein kleines, blaues Funkeln in seinem Auge und die Falten, die sich vor Anstrengung gebildet hatten. Erik nahm Alice’ Hand, um sie kurz danach errötet wieder loszulassen. Alice richtete sich auf und sah ihm in die Augen, dann blickte sie zu Kaligola. „ Danke.“  murmelte sie mit noch etwas benommener Stimme. Kaligola nickte lächelnd und sprach mit freundlichem Ton: „ Nein, ich danke dir. So lange habe ich auf dich gewartet, und jetzt stehst du endlich vor mir!“ Erik erwischte Alice dabei wie sich ihre Wangen leicht röteten und sie lächelte. Dann half er ihr aufzustehen und ging ein paar Schritte an die Seite. „ Anscheinend hat Erik doch nicht so gut auf dich aufgepasst wie er meinte.“ Erik zuckte zusammen. Alice runzelte verwirrt die Stirn und schaute zu ihm rüber. Erik erfasste etwas ähnlichem wie Panik und er fühlte wie seine Hände ins Schwitzen kamen. Er hatte noch auf sie aufgepasst! Kaligola sprach weiter, diesmal aber an ihn gerichtet: „ Alice hat einen Virus eines Ulks in sich, Erik. Dieser Virus wird von einer Unterart der ursprünglichen Dämonenart dazu benutzt, dessen Besitzer furchtbare Schmerzen leiden zu lassen. Wie du eben gesehen hast, kann er Alice jeden Moment Schmerzen zufügen. Egal wann, egal wo.“ Erik merkte das jetzt nicht er, sondern Alice zusammen zuckte. „ Was genau heißt das jetzt?“ stammelte sie etwas unschlüssig. „ Das heißt, dass du verdammt große Schwierigkeiten hast, hier etwas zu lernen oder zu Kämpfen, weil du jeden Moment einen Rückfall bekommen könntest.“ Eriks Muskeln krampften sich zusammen und ihm wurde schwindelig. Er hatte es dazu gebracht, dass die letzte Hoffnung Astragons ein Pflegefall wird. Er war kein großer Krieger mehr, er war ein Idiot.

 

 

Kapitel 10

 

 

Ich hatte noch nicht ganz verstehen wollen, was Kaligola mir sagte, doch er meinte es wirklich ernst. Diese Anfälle, die ich letzte Zeit hatte, kamen von einem Dämon. Genauer gesagt ein Ulk.

 Wir waren samt der Soldaten durch einen geheimen Gang, der durch ein paar Häuser führte, in die Stadt gelangt und kamen endlich vor einen weiteren Tor wieder an die Oberfläche. Langsam hasste ich diese Tore, denn wieder einmal musste es geöffnet und mit einem lauten Knall wieder geschlossen werden. Erik erklärte mir, dass es in dem Tor eigentlich noch eine kleinere Tür wie am ersten Tor gab, doch diese sei aber kaputt und musste repariert werden. Nachdem wir aus dem stickigen, dunklen Tunnel wieder in die Stadt kamen, wunderte ich mich, dass es dort so anders aussah. Wir waren aus einem kleineren Gebäude aus sandfarbigem Stein auf einen kleinen Platz gekommen, welcher mit grauen, viereckigen Steinen gepflastert war. Die Steine waren relativ klein, nicht größer als ihr halber Fuß, doch sie gaben ein schön festes Muster auf dem man gut laufen konnte. Von diesem Platz führte ein ebenfalls gepflasterter, schmaler Weg durch eine Menge aneinander stehende Häuser. Das Tor führte auf einen großen Platz, der von einer kleineren Mauer umgeben war. Auf diesem Platz standen drei riesige Gebäude. Anders als die Häuser außerhalb der Mauer waren diese aus grau und aus großen Steinen. Die Dächer waren mit Ziegelähnlichen, roten Platten bedeckt die sich durch die Sonne leint rosa färbten. „ Das ist mein Zuhause. Ich meine, unser Zuhause.“ Erik legte mir vorsichtig einen Arm über die Schulter und machte eine einladende Geste, um mir das Anwesen zu zeigen. Kaligola schickte die Soldaten wieder auf ihre Posten und führte uns in das ältere der beiden gegenüberstehenden Häuser. Im Inneren des Gebäudes befand sich eine alte Treppe aus Holz, die in mitten einer großen Eingangshalle aus dem Boden ragte. Über der Treppe hing ein ebenfalls uralter Kronleuchter, welcher von Kerzen erhellt wurde. Ihm Mitten des Raumes herrschte im Gegensatz zu draußen eine angenehme Temperatur und der hellere Marmorboden ließ den Raum mulmig warm wirken.  Dadurch, dass die Möbel des Hauses aus dem gleichen dunklen Holz wie die Treppe waren, wurde der Effekt gleich wieder zerstört. Ich erschauderte bei den plötzlichen Gedanken an Zuhause und lief Erik schnell hinterher, der mit Kaligola die Treppe hochging. Im oberen Stockwerk befand sich ein langer Flur der auf beiden Seiten der Treppe bis zu den jeweiligen Hauswänden führte. An beiden Seiten des dunklen Ganges befanden sich in unregelmäßigen Abständen schwere Holztüren mit goldenen Klinken. Der Gang war mit dunklen Holzparkett ausgelegt und besaß cremefarbene Wände, die durch den Staub schon ziemlich alt aussahen. Die beiden Männer bogen rechts ab und folgten dem Gang bis zu einer der hinteren Türen auf der linken Seite des Ganges. Kalogola öffnete diese, blickte sich noch einmal um und ging dann hinein. Erik und ich folgten ihm und Erik schloss hinter uns die Tür, die mit einem leisen Klacken zu viel.

Im inneren des Raumes roch es stickig und ich musste husten. Kaligola hatte sich hinter einem alten Schreibtisch auf einem Sessel niedergelassen und zeigte nun mit einer Hand auf die beiden Stühle, die gegenüber von ihm standen. Ich musste ruckartig an das Büro meines Direktor denken und fühlte plötzlich einen kleinen Stich im Herzen. Erik setzte sich und ich tat es ihm vorsichtig nach. Die Stühle waren ungewöhnlich bequem und für einen kurzen Moment schloss ich die Augen und musste Gähnen. Sofort entschuldigte ich mich wieder bei Kaligola und Erik musste sich ein lachen verkneifen.  Idiot, dachte ich und musste ebenfalls lächeln. „ Nun.“ , es war Kaligola der sich hinten in seinen Sessel gelehnt hatte und jetzt die angenehme Stille brach. „ Herzlich willkommen in Astragon, Alice Tulip. Ich hoffe, du fühlst dich schon ein wenig heimisch.“ Ich zuckte zusammen, als mein Name erwähnt wurde und musste kurz überlegen wer gesprochen hatte. Ich musste, nachdem Erik mich angelächelt hatte, unwillkürlich an Sandra denken und sofort hatte sich eine verschlingende Lehre in mir ausgebreitet. Ich schluckte und zwang mir ein Lächeln auf. „ Danke, ja es gefällt mir hier sehr.“ Und das war sogar nicht gelogen! Kaligola lächelte zufrieden und wandte sich dann zu Erik. „ Ich danke dir, dass du Alice zu uns gebracht hast Erik und hoffe du fühlst dich bald wieder wie Zuhause. Damit du dich erst einmal wieder einleben kannst, gebe ich dir die nächste Woche frei. Doch ich verlange, dass du dann dein Training wieder aufnimmst! Jackson wird dir dabei helfen, also ich erwarte dich dann am nächsten Montag pünktlich auf dem Trainingsplatz.“ Erik nickte und ich blickte zu einem Fenster, welches sich an der Wand neben Eriks Stuhl befand. Ich erkannte draußen einen kleinen Park, in dessen Mitte sich ein Brunnen befand. Ich blinzelte einmal, bevor ich auf dem Brunnen eine Statue entdeckte, welche die Form einer wunderschönen Frau hatte. Ihr langes, gewelltes Haar hatte sie zu einem Zopf gebunden, der ihr über die rechte Schulter viel, und so ihre rechte Brust verdeckte. Sie trug ein langes Kleid, welches mich an die Kleider aus unserem Geschichtsbuch erinnerte und ich musste plötzlich lächeln.

Kaligola bemerkte meine Unaufmerksamkeit und räusperte sich einmal, bevor er wieder das Wort ergriff. „ Nun kommen wir wieder zu dir Alice. Wie du bestimmt schon weißt, handelt es sich bei dir um eine verloren gegangene Kriegerart, welche in früheren Zeiten mit in dieser Welt lebte. Doch sie wurde Jahr für Jahr weiter von unseren Feinden ausgerottet, wodurch sich der Zustand von Astragon ziemlich verschlechtert hat. Unsere Stärke und unsere Kriegerzahl sinkt und wir haben einige unserer besten Heiler verloren. Unser Volk hat somit nur eine einzige Hoffnung: Das unser rotes Kriegervolk zurückkehrt.“ Ich wusste, wovon er sprach und blickte erneut aus dem Fenster. Mir wurde es langsam genug immer als letzte Hoffnung bezeichnet zu werden, also beschloss ich einfach nicht weiter zuzuhören. Ich wollte es einfach nicht glauben das ich mich nun in einer Welt befand, die mit meiner eigentlich rein gar nichts zu tun hat. Es gab einfach keine Heiler und Drachen, genauso wenig wie es böse Dämonen und Portale gab. Ich seufzte und strich mir meine Harre hinter das Ohr.

Leider wurde mir gerade wieder bewusst, dass es das alles doch gab. Oder war es doch nur ein Traum? Plötzlich kam mir ein weiterer Gedanke. Wahrscheinlich träumte ich das alles nur!

Sandra hatte mir mal erzählt, dass es Träume gibt, die einem manchmal wie Tage vorkommen. Und ich lächelte erneut. Natürlich träumte ich nur! Was hatte ich mir überhaupt dabei gedacht? „ Alice!“ Ich riss mich aus meinen Gedanken und starrte in die Richtung, aus der Kaligolas Stimme kam. Er hatte sich mit seinem Ellbogen auf die Tischplatte gestützt und schaute mir jetzt direkt in die Augen. „ Ich bitte dich Alice. Mein Volk braucht dich! Innerhalb dieser Gebäude, innerhalb der Schule ist es vielleicht noch vollkommen normal und ruhig, aber außerhalb der Mauern gibt es Streit. Manche Familien und Bewohner haben sich eine eigene Meinung aufgebaut. Sie beten nicht mehr zu unserer Göttin Nyl, nein! Sie beten zu IHM! Sie beten den Herrscher des Erdreiches an, eines der wohl schlimmsten Kreaturen Astragons. Die Völker denken, Nyl hätte sie im Stich gelassen, indem sie ihnen die roten Flammen wegnahm. Sie glauben du und die Götter habt Astragon verlassen, um sie zu bestrafen.

Es ist eine Schande zu sehen wie sie sich opfern, um euch zu vernichten, ja um euch zu strafen!“ „Kaligola, es ist genug!“ Erik war plötzlich aufgesprungen und hatte den alten König zurück gedrängt, bevor er mir zu nahe kommen konnte.  Kaligola hatte sich, als er sprach immer weiter zu mir nach vorne gelehnt und mit so einer verzweifelten Stimme gesprochen, dass ich fast aufgesprungen und weggelaufen wäre. Ich bemerkte erst jetzt, dass Tränen meine Wange herunter liefen und ich meine Hände zu Fäusten geballt hatte. Ich wusste nicht genau wovon Kaligola sprach, aber eins wusste ich: Mein Leben, dass ich jetzt hatte, wurde gerade eben vernichtet.

 

 

Kapitel 11

 

 

 Erik

 

Erik sah nur noch wie Alice mit hochrotem Kopf und gefärbten Haaren aus der Tür stürmte und sie mit einem heftigen Knall wieder zuwarf. Kaligola war wieder auf seinen Stuhl gesunken, von wo er jetzt Erik anstarrte. Erik blickte von ihm zur Tür und von der Tür wieder zu ihm. Irgendetwas sagte ihm er solle Alice hinterher laufen, doch als er gerade aufstehen wollte hielt der König ihm am Arm. Sehnsüchtig blickte er noch einmal zur Tür, durch die Alice gerade verschwunden war bevor er sich wieder mit dem Gesicht zum Pult in den Sessel fallen ließ. Kaligola zog etwas aus seiner linken Jackentasche und gab es Erik. Dieser erkannte, dass es sich um einen kleinen Schlüsselbund hielt. „ Was ist das?“ , fragte er und nahm Kaligola die Schlüssel ab. Dieser nahm sich etwas aus einem kleinen Regal neben ihm und zündete es mit einem Streichholz an, was bis eben noch auf dem Tisch gelegen hatte. Es handelte sich um eine Uhralte Art von Zigaretten, die nur noch in einem einzigen Dorf außerhalb von Astragon hergestellt werden. Erik wusste von ihnen, da Kaligola vor ca. fünf Jahren angefangen hatte zu rauchen. Er wollte ihn immer davon abhalten, doch Kaligola hatte ihn nur genervt weggeschickt. Kaligola nahm ein paar Züge aus der Zigarette bevor er wieder zu Erik sprach: „ Die Schlüssel in deiner Hand sind einer meiner größten Besitztümer, Erik. Ich bitte dich sehr gut auf sie aufzupassen und niemanden davon zu erzählen, auch der Roten nicht! Sie sind die Schlüssel zu ein paar geheimen Gängen unter dem Schloss, welche seit Jahren nicht mehr benutzt wurden. Ich weiß nicht genau warum ich sie gerade dir gebe, aber ich denke dass du einer der wenigen bist, der versteht sie zu benutzen.“ Der alte Mann stieß einen kleinen Rauchring aus und beobachtete, wie dieser in die Luft stieg. Erik zog verwirrt die Augenbrauen hoch und blickte auf den Gegenstand in seiner Hand. Woher sollte er wissen wie er sie benutzt?

„ Aber wo liegen diese geheimen Gänge? Und warum behältst du sie nicht einfach?“ fragte Erik.

„ Ich würde sie ja behalten, wenn ich nicht jede Minute Angst haben müsste überfallen zu werden oder von jemandem umgebracht zu werden. Ich bin in Gefahr, und um uns zu retten musst du etwas über Astragon wissen, etwas was mit diesem Schlüssel zu tun hat.“

 

Ich wusste ehrlich gesagt überhaupt nicht wo ich hin sollte, als ich das Büro des Königs verlassen hatte. Ich bin einfach aufgesprungen und aus der Tür gerannt, bevor jemand etwas sagen konnte. Irgendetwas in Kaligolas Stimme hatte mich so verletzt, dass ich es einfach nicht mehr ertragen konnte dort zu sitzen. Plötzlich hatte ich bei seinen Worten eine unfassbare Wut gespürt, eine Wut die ich noch nie gespürt hatte. Fast hätte ich den Mann angefallen und ihm den Hals umgedreht, doch ich konnte mich noch rechtzeitig zurückhalten. Etwas von mir gefielen seine Worte wohl überhaupt nicht, auch wenn ich noch nicht ganz verstand was das sollte. Sie beten zu Ihm? Und es wäre eine Schande zu sehen wie sie sich opfern um  sie zu vernichten? Wen wollen sie vernichten?  Und wer war er, dieser komische ER...

Ich würde es herausfinden, dass wusste ich: aber wann? Ja, wann würde ich diesen Traum endlich verstehen? Wahrscheinlich nie.

Ich war bei der alten Treppe angekommen und entschied mich sie wieder runter zu laufen. Meine Hände glitten über das glatte Holz des Geländers bevor ich meinen Fuß auf den kalten Marmorboden setzte. Sofort steuerte ich auf die riesige Eingangstür zu, durch die wir am Anfang gekommen waren und öffnete sie. Draußen begegnete ich zwei Soldaten, die sich bei meinem Anblick erst einmal erschreckten. Ohne sie weiter zu beachten rannte ich mitten auf den riesigen Hof und blieb dann endlich bei einem großen Baum stehen, der von einer weißen Bank umgeben war. Ich ließ mich auf die Holzbretter fallen und blickte noch einmal in die Richtung aus der ich gekommen war, doch die zwei Soldaten waren nicht zu sehen. Erleichtert lehnte ich meinen Kopf gegen den Kühlen Stamm des Baumes und atmete aus. Ohne mich weiter zu bewegen schloss ich die Augen und saß einfach da. Nach kurzer Zeit öffnete ich meine Augen wieder, woraufhin ich heftig blinzeln musste. Die riesige, hell leuchtende Sonne schien mir direkt in die Augen. Einige Sekunden später hatten sich meine Augen an das Licht gewöhnt und ich erkannte plötzlich eine große Gestalt die sich zwischen mich und die Sonne stellte. Noch bevor ich zurückschrecken konnte, stockte mir der Atem. Vor mir stand gerade Damen, der viel zu gut Aussehende Kerl aus der Disco, mit dem sich Erik so gestritten hatte. Ich wollte etwas sagen, doch die Worte blieben mir im Hals stecken als mich plötzlich wieder diese wundervollen, grünen Augen ansahen. In Damens Gesicht bildete sich ein lächeln, was mir Rest gab. Ich lächelte einmal und warf meine Haare zurück bevor ich aufstand und ihm in die Augen guckte. Durch das aufstehen würde Damen zwar kleiner, ich schaute ihm trotzdem noch auf die Brust. Ich reckte meinen Hals und erkannte, dass ich mich nur wenige Zentimeter von ihm entfernt hingestellt hatte. Verlegen machte ich einen Schritt zurück und stieß dabei fast an die Bank, die sich immer noch hinter mir befand. Damen fand das anscheinend ziemlich lustig, denn ich erwischte ihn dabei wie er sich das Lachen verkneifen musste, bevor er völlig den Faden verlor. Ich spürte wie diese bekannte wärme meinen Körper hinauf schoss und sich meine Wangen knallrot färbten.  „ Da bist du ja wieder, ich wusste doch, dass du es warst als ich dich hier gesehen habe. Wo ist denn dein kleiner Freund aus der Disco?“ Ich bekam Gänsehaut als er anfing zu sprechen und musste plötzlich stottern als ich versuchte zu antworten. „ Erik? Der ist ähm.. der ist irgendwo anders hingegangen... denke ich.“ Damen lächelte wieder und ich wandte meinen Blick von seinem Perfekten Gesicht. „ Achso, na dann habe ich dich ja endlich mal ganz alleine für mich.“ Ich dachte meine Knie gaben nach, als er seinen Arm um meine Hüfte legte und von oben auf mich hinunter schaute. Ich verzog mein Gesicht zu einem scheußlichen grinsen und versuchte mich aus seinem Griff zu befreien, doch mein Körper gehorchte nicht mehr. Damens grüne Augen zogen mich in seinen Bann, aus dem ich mich nicht mehr befreien konnte und ich musste ihn einfach nur noch anstarren. Plötzlich kamen seine Augen näher und ich spürte wie mein Herz mir bis zum Hals schlug. Die Augen schlossen sich und ich fühlte, wie sich seine Lippen auf meine legten. Sofort spielten meine Gefühle verrückt und ich hatte kurze Zeit Angst, in Ohnmacht zu fallen. Mein Herz begann zu rasen und ich bekam Gänsehaut. Doch so schnell diese Gefühle begangen hatten, verschwanden sie auch wieder denn Damen löste sich ruckartig von mir. Ich sah wie Erik ihn von mir weg zog und sich zwischen uns schob. Kurz blickte er zu mir, doch in seinem Gesicht sah ich nichts außer Hass. Diesen Ausdruck in seinen Augen hatte ich nicht erwartet und ich wäre fast nach hinten rüber gekippt, doch plötzlich vielen mir Erik Worte wieder ein.  Damen lachte und Blickte in Eriks Augen. Obwohl Erik nicht gerade klein war, überragte ihn Damen doch über einiges und sah mit seiner schmalen Figur einfach himmlisch aus. Er war vom äußerem her komplett anders als Erik, der durch seinen eher kräftigen, trotzdem schlanken Körper und den kurzen Harren erstaunlich klein wirkte. Bevor ich begreifen konnte was geschah, schob sich Damen plötzlich an Erik vorbei und stand mit seinem Arm um meine Hüfte gelegt neben mir. Ich konnte es mir nicht verkneifen, rot zu werden und schaute schnell auf den Boden, bevor Erik etwas merkte. Doch dieser sah erstaunlicherweise nicht mich böse an, sondern Damen. Dieser grinste nur noch breiter und bemerkte mit seiner dunklen Stimme. „ Du bist ja auch wieder da. Und ich dachte sie wäre komplett alleine hier.“ Er schaute auf mich hinab und ich musste seinen Blick einfach erwidern. „ Naja.“ , brummte Erik: „ Wie man sieht ist sie aber nun mal nicht alleine, also nimm deinen schmutzigen Arm von ihr und verschwinde!“ „ na, na!“ Damen nahm seinen Arm von meiner Hüfte und ging um Erik herum. Ich fühlte plötzlich wie seine Wärme schmerzhaft von mir gerissen wurde und erkannte Erik, wie er mit traurigen Augen zu mir hinüber schaute. Damen umkreiste ihn immer noch: „ Ich hab mich gefragt, wer Alice jetzt eigentlich trainieren soll und habe kurzerhand beschlossen, dass ich das wohl übernehmen werde.“ Er machte eine kurze Pause und blieb lächelnd vor Erik stehen. Dieser ballte seine Hände zu Fäusten und starrte zu mir herüber. Damen sprach weiter: „ Ich habe Kaligola schon um seine Erlaubnis gebeten und er hat dankend zugesagt. Das heißt, dass ich Alice von nun an trainiere.“ Bei seinen letzten Worten lächelte er zu mir hinüber und mein Herz schlug automatisch höher. Ich konnte mir nicht erklären was Damen mit mir machte, aber es war verdammt noch mal nicht normal! Wenn er mich nur ansah, spielten meine Gefühle schon verrückt. Doch die Vorstellung, mit Damen trainieren zu dürfen, war schon ziemlich verlockend und ich konnte nicht anders als wieder zurück zu lächeln. Andererseits wollte ich mir auch nicht vorstellen, was er mit mir trainieren wollte. Oder was er damit meinte.

Damens Blick hatte Erik den Rest gegeben. Noch bevor ich es verhindern konnte, stürzte er sich auf ihn und ich sah die beiden zu Boden fallen. Erik hatte seinen Arm um Damens Hals gelegt und zog dessen Kopf kräftig zu sich hin. Damen versuchte, sich aus Eriks Griff zu befreien und trat immer wieder mit seinen Füßen in dessen Richtung. Nach ein paar versuchen traf er sein Ziel und Erik wurde nach hinten geschleudert. Hektisch versuchte ich die beiden auseinander zu bringen, doch als ich gerade zu Erik gehen wollte, warf sich Damen auch schon wieder auf ihn. Diesmal war es Damen, der Erik versuchte die Luft wegzudrücken und ich hörte diesen etwas leise murmeln: „ Lass deine Finger von ihr! Du hast nicht das Recht, sie zu trainieren, weder noch hast du die entsprechende Ausbildung dazu. Alice braucht einen richtigen Lehrer, und nicht so einen wie dich!“ Daraufhin schlug er Damen seinen Arm ins Gesicht und befreite sich aus dessen Griff. „ Na toll! Und wer soll sie deiner Meinung nach trainieren?“ Damen war aufgesprungen und stand dem ebenfalls stehenden Erik gegenüber. Beiden liefen Schweißperlen übers Gesicht und ihre Brust hob und senkte sich sehr schnell. „ Alice mag mich! Gib es auf Erik. Du hast bei ihr einfach keine Chance mehr.“ Keuchte Damen und Erik ballte seine Hände wieder zu Fäusten, doch dieses Mal konnte ich noch früh genug dazwischen gehen. „ Hallo, ich bin auch noch hier! Es kann doch nicht sein das ihr euch wegen so einer Scheiße jetzt prügelt!“ Ich hatte mich zu Erik gestellt und hielt diesen jetzt am Arm fest. „ Ihr stellt euch an wie kleine Kinder.“ Bemerkte ich und sah beide vorwurfsvoll in die Augen. „ Wie wäre es wenn ihr euch mal bitte wieder vertragt! Ich komme gerade aus einer komplett anderen Welt wo man weder kämpfen noch Zaubern oder was weiß ich noch alles muss und ich hätte mir echt mehr Hilfe gewünscht. Wie wäre es, wenn Damen mich im Kämpfen trainiert und du mir den Rest zeigst? So ne Art Pate auf einer neuen Schule?“ Die letzten Worte waren an Erik gerichtet und ich lächelte ihn aufmunternd an. Dieser aber ließ seine Schultern senken und schaute gekränkt auf den Boden. „ Es ist eh zu spät, mach doch was du willst!“ , mit diesen Worten drehte er sich um und rannte zu einem riesigen Haus, das ungefähr zwanzig Meter von uns entfernt lag. Damon schaute ihm zufrieden nach bevor er wieder zu mir kam. Ich stand immer noch mit Fassungslosen Blick da und starrte ihm hinterher. „ Hey, der kriegt sich bestimmt wieder ein mach dir da mal keine sorgen.“ Damen legte mir seinen Arm um die Schultern und flüsterte mir leise ins Ohr. Ich drehte mich dankbar zu ihm hin und versuchte zu lächeln. Natürlich tat er das. Hoffentlich. Ich mochte Erik. Ich mochte ihn sogar sehr, doch irgendwas an Damen ließ mich ihn immer wieder vergessen. Damen nahm seinen Arm von meiner Schulter und redete wieder im normalen Ton, als wäre nichts passiert: „ Na komm, ich zeige dir am besten mal dein Zimmer. Hast du gar kein Gepäck?“ Ich zuckte zusammen und erinnerte mich plötzlich an den Unfall im Wald, doch ich ließ mir nichts anmerken und schüttelte nur abneigend den Kopf. „ Nein, nein. Ich brauche kein Gepäck von Zuhause.“ Von Zuhause... Leider wurde mir wieder klar, dass Astragon ja jetzt mein Zuhause war. Damen zuckte nur mit den Schultern und gab ein „ Okay“ von sich, bevor er meine Hand nahm und mich hinter ihm her zog. „ Ey!“ blaffte ich ihn an und zog meinen Arm weg. „ Ich kann sehr gut selber laufen!“ Damen lachte wieder und mir wurde schlagartig warm ums Herz und ich fühlte wie sich meine Wangen mit Blut füllten. Damen ging weiter und ich musste leicht stottern als ich meine Stimme wieder erhob: „ Ähm, sei mir nicht böse aber... ich würde jetzt gerne nach Erik suchen, ähm, wir können uns ja später noch einmal treffen.“ Damen hatte sich schlagartig umgedreht und ich erkannte für kurze Zeit wie sich seine Augen stark blau färbten, doch dann lächelte er wieder und meinte: „ Schade, aber es war schön dich wieder zu sehen.“ Daraufhin verschwand er und ließ mich allein zurück. Traurig blickte ich ihn hinterher, erinnerte mich aber wieder daran, dass ich Erik suchen wollte. Ich musste ihm diese Situation unbedingt erklären.

 

 

Kapitel 12

 

 

Als ich zu dem Gebäude gerannt war, wo Erik hingelaufen ist musste ich leider feststellen, dass die Tür geschlossen war. Ich hatte versucht anzuklopfen, doch niemand hatte mir geöffnet also ließ ich mich mit dem Rücken zur Wand auf den Boden sinken und legte meinen Kopf auf meine Hände. Ach Sandra! Warum bist du nicht hier? Eine Träne lief meine Wange hinunter und ich fing sie mit einem Finder an meiner Wange auf. Erstaunt blickte ich auf die Träne, die langsam an meinem Finger hinunter lief und ich konnte erkennen, dass sie anfing sich immer mehr rot färbte, bis sie am Ende aussah wie frisches Blut. Meine Augen weiteten sich und ich bekam einen Schrecken als die Träne plötzlich von meinem Finger fiel und beim Aufprall auf den Boden zurückgeworfen wurde und ein paar Meter von mir entfernt auf dem Boden liegen blieb. Ich blinzelte und stand langsam auf, um zu sehen was passiert war und musste auf einmal lächeln, als ich nicht die Träne, sondern eine kleine, rote Kugel dort auf dem Boden fand. Sie war gerade mal so groß wie ein Apfelkern und ich hatte Angst sie zu zerbrechen als ich sie hochhob. Doch in dem Moment, als ich die Kugel berührte tauchten plötzlich endlos viele kleine Bilder vor meinem Auge auf und ich musste voller Freude feststellen, dass es Bilder von mir und Sandra waren. Schon längst verschwundene Erinnerungen kamen in mir hoch und ich musste an die Zeit mit Sandra denken. Wieder bildeten sich Tränen in meinen Augen, doch diesmal waren es Freudentränen und ich machte keine Anstalten sie zu verhindern. Die Bilder wurden unschärfer und ich konnte sie bald nicht mehr erkennen, bevor sie dann ganz verschwanden und ich wieder den riesigen Innenhof Astragons vor mir sah. Die Kugel befand sich immer noch in meiner Hand, doch jedes Mal wenn ich versuchte sie hin zulegen und wieder aufzuheben passierte nichts. Enttäuscht wischte ich mir die Tränen aus den Augen und blickte wieder zu dem hellen Gebäude. Die Kugel steckte ich in meine Hosentasche, konnte aber der Versuchung nicht wieder stehen sie noch einmal mit meinen Händen zu umschließen, doch nichts passierte.

Ich wollte gerade wieder gehen als mir plötzlich ein Blondhaariger Junge entgegen kam. Er war etwas kleiner als Erik und hatte ein sehr schmales Gesicht. Seine Tasche hatte er über seine Schulter gelegt und starrte mit seinen kleinen braunen Augen auf den Boden. Als er mich entdeckt hatte, schaute er schnell wieder auf den Boden und ging an mir vorbei. „ Warte!“ , rief ich und hielt ihn am Arm fest. Blitzschnell drehte er sich um und starrte mich mit funkelnden Augen an. Doch dann wurde seine Miene wieder weicher und ich ließ seinen Arm los. „ Kannst du mir bitte helfen? Ich suche einen relativ großen Jungen mit braunen Harren und blauen Augen... Ähm, er ist vor kurzem in dieses Gebäude gelaufen, die Tür ist aber verschlossen.“ Er musterte mich amüsiert und musste plötzlich lächeln. Dabei wurden seine Augen noch kleiner und man erkannte nur noch einen Schlitz. Doch dann antwortete er: „ Kein Wunder, das Gebäude vor dem du stehst ist der Jungentrakt, da kommen nur Jungs rein.“ Er lächelte wieder bevor er noch anmerkte: „ Du bist neu hier oder? Ich hab dich hier nämlich noch nie gesehen. Was den Jungen angeht kann ich dir leider nicht weiterhelfen, denn es gibt viele Jungs mit braunen Haaren.“ Er wollte schon gerade wieder umdrehen als mir plötzlich etwas einfiel: „ Er heißt Erik. Erik Night, er war hier mal ein ganz guter Kämpfer.“ Daraufhin runzelte der Junge die Stirn. „ Erik ist schon seit Monaten weg. Niemand weiß wo er hin ist aber man sagt, er wurde von Kaligola persönlich irgendwo hingeschickt.“ Ich musste kurz nachdenken bevor ich erklärte: „ Ja das stimmt aber ich bin vor kurzem mit ihm nach Astragon gekommen. Er sollte mir eigentlich mein Zimmer zeigen, doch irgendwie ist er hier rein verschwunden.“ Ich zeigte auf das Gebäude und der Junge nickte verständnisvoll. „ Gut, eigentlich ist das verboten aber wir können ja mal eine Ausnahme machen. Achja ich bin Jonas, nett dich kennen zu lernen.“ Er streckte mir die Hand entgegen und ich nahm sie, um ihm die Hand zu schütteln. Daraufhin erwiderte ich: „ Gleichfalls, ich bin Alice.“ Jonas lächelte mich mit Freundlichen Augen an und drehte sich dann zur Tür des Jungentraktes um. Ich beobachtete wie er einen goldenen Schlüssel aus seiner Jackentasche zog und diesen in das Schloss der Holztür steckte. Er sah sich noch einmal zu  mir um bevor er den Schlüssel nach rechts drehte und die Tür mit einem leisen Klacken aufsprang. Klar, ein Schlüssel. Warum ist mir das nicht gleich eingefallen? Über mich selbst kichernd trat ich hinter Jonas durch die Tür und er verschloss diese wieder. Hinter der Tür befand sich ein hell erleuchteter Raum dessen Decke sich  bis zum zweiten Stockwerk erstreckte. Einen Meter über der Eingangstür begann eine riesige Glasfront, die bis zur Decke des zweiten Stockwerkes reichte. In Mitten des Raumes lag ein großer Teppich der die Gestalten vieler Krieger zeigte. Die verschiedenen Kämpfer stürmten aufeinander zu oder bekämpften sich auf einem Großen Feld. Ich richtete meinen Blick wieder auf das Innere des Raumes und musste feststellen, dass mich der Raum an eine Umkleide in der Turnhalle erinnerte. An den Wänden befanden sich große Regale, die aussahen wie Mittelalterliche Schließfächer aus altem Holz. Die Türen der einzelnen Fächer wurden mit einem kleinen Schloss verschlossen, auf dem jeweils ein Name eingeritzt war. Jeder der Regale besaß sechs von diesen ungefähr einen halben Meter langen Fächern und rechts und links befanden sich drei dieser Regale. Zwischen ihnen war noch ein bisschen Platz, wo sich jedes Mal ein Blumenpott mit dunkelblauen Tulpen befand. Vor den Fächern standen ein paar Bänke und ich nahm auf einer dieser Bänke Platz. Jonas ging zu einem Fach hinten rechts im Raum und öffnete das Schloss. In das Innere des Faches legte er seinen Rucksack, bevor er sich ein paar Sandalen ähnliche Schuhe herausnahm und sich auf eine der Bänke setzte. Dort wechselte er seine Mittelalterlichen Lederschuhe mit den Sandalen, bevor er das alte paar ebenfalls in dem Fach verstaute. Dann verschloss er alles wieder und kam auf mich zu. „ Was du hier siehst ist die Eingangshalle. Weil sich unsere Zimmer im zweiten Stock befinden und wir nicht immer genug Zeit haben unsere Sachen dort zu wechseln, ließ Kaligola diese Fächer bauen. Nun kann jeder der etwas für das Training braucht hierher kommen und es aus seinem Fach hohlen. Außerdem haben wir dann in unseren Zimmern mehr Platz.“ Jonas lächelte und zog mich an meiner Hand weiter zum hinteren Teil des Raumes. Dort öffnete er eine weitere Tür, die in einen dunklen Flur führte. Er nahm so selbstverständlich meine Hand das ich keine Change hatte zu protestieren. Der Flur wurde von ein paar hellen Lampen erleuchtet, in denen jeweils eine kleine Flamme vor sich hin flackerte Jonas ging weiter voran und ließ meine Hand dabei nicht los, doch ich wollte ihn auch nicht verärgern, also ließ ich es geschehen. Der Gang führte uns zu einer weiteren Tür die sich mit einem leisen quietschen öffnete und wir gingen hindurch. Hinter der Tür befand sich ein großer Raum an dessen Seiten immer kleinere Sofaecken aufgebaut worden waren. Hoffnungsvoll blickte ich mich nach einem Fernseher um, doch ich konnte keinen enddecken. Enttäuscht ließ ich meinen Blick wieder sinken und Jonas zog mich weiter hinter sich her. Ich hatte keine Ahnung wo er genau hinwollte, doch ich hoffte, dass er mich zu Erik bringen würde damit ich mich endlich wieder mit ihm vertragen konnte. Ich vermisste Erik und musste schmerzhaft an seinen Gesichtsausdruck denken, als mich Damen umarmte. Konnte er etwa denken, ich wollte mehr von Damen als von ihm? Ich werde es wohl hoffentlich herausfinden.

Im hinteren Teil des Raumes befand sich eine kleine Wendeltreppe unter der sich wieder einmal eine braune Holztür befand. Als Jonas diese öffnete musste ich kurz blinzeln, um mich an das plötzlich so helle Licht zu gewöhnen. Eine leichte Brise strich mir durch das Haar und ich musterte meine Umgebung genau. Wir waren durch eine Tür nach draußen gelangt, wo ein breiter, mit Steinen ausgelegter Weg zu einer riesigen Grasfläche führte, auf der sich ein paar kleine Geräte befanden. Um den Platz herum ragten Dunkle Tannen aus der Erde, die verhinderten, dass man hinter den Platz sehen konnte. Ich hörte ein leises Geplätscher von einem Bach, konnte aber nirgendwo einen entdecken. Jonas war plötzlich stehen geblieben und riss mich aus meinen Gedanken in dem er mir leicht gegen den Oberarm schlug und mit dem Kopf in eine Richtung nickte. Ich folgte seinen Bewegungen mit dem Auge und erkannte Erik, der gerade dabei war einer Holzpuppe den Kopf abzuschlagen. Elegant setzte er einen Stoß nach dem anderen und nach jedem seiner Hiebe mit dem Schwert ächzte die Puppe noch mehr. Erik konzentrierte sich voll und ganz auf seine Bewegungen. Er setzte einen Fuß vor dem anderen um im nächsten Moment mit einer schnellen Drehung nach hinten auszuweichen und mit einem heftigen Hieb mit dem Schwert wieder nach vorne zu springen. Erstaunt beobachtete ich das Schauspiel und konnte meine Augen nicht von diesen anmutigen Bewegungen nehmen. Jede von Eriks Drehungen und Hiebe verschmolzen nacheinander zu einem Tanz, einem Tanz ganz allein mit seiner Waffe, dem Gegner und seinem Geist. Ich merkte, dass Jonas ebenfalls sprachlos war und Erik mit einem fast gekränkten Blick beobachtete. Als er bemerkt hatte das ich ihn beobachtet hatte blickte er einmal beschämt auf den Boden bevor er meinte: „ Das ist echt ein Wunder! Erik hat Monate lang nicht trainiert und kämpft noch genau so gut wie vorher! Erkennst du diese Vollkommenheit in seinen Schritten? So etwas bekommt noch nicht mal der Kriegsgott selbst hin!“ Ich nickte nur und kaute auf meiner Unterlippe herum. Schon wieder wurde ein Gott erwähnt, doch diesmal der Kriegsgott. Oder war diese Nyl ihr Kriegsgott? Von einem lauten krachen wurde ich wieder aus meinen Gedanken geholt und musste mit Schrecken feststellen, dass Erik der Puppe gerade mit zwei gekonnten Hieben den Kopf abgeschlagen hatte. Es hatte so ausgesehen als wäre es für ihn das Einfachste der Welt. Noch schwer atmend ließ er sein in der Sonne glänzendes Schwert sinken und ließ es dann mühelos in der an seiner rechten Seite befestigten Scheide verschwinden. Das Glitzern erlosch, genauso wie das tiefblaue funkeln in Eriks Augen und er blickte sich kurz zu uns um. Mein Herz machte einen Satz als ich seinen Blick auf mir spürte, er ließ ihn doch schnell wieder abschweifen und kam auf uns zu. „ Du weißt, dass es Mädchen nicht erlaubt ist hier rein zu kommen, Jonas?“ brummte Erik und beäugte Jonas dabei mit einem kritischen Blick. Dieser lief plötzlich kreidebleich an und stammelte mit geknickter Stimme: „ Ich ähm... Es tut mir Leid Erik, aber sie hatte dich gesucht und hatte so verzweifelt gekuckt und... das passiert nie wieder!“ Daraufhin wandte Erik seinen Blick wieder zu mir: „ Du hast nach mir gesucht?“ „ Natürlich habe ich das!“ grummelte ich und verschränkte die Arme vor der Brust. „ Ich dachte du wärst mit Damen mitgegangen!“ Plötzlich hatte sich Eriks gekränkter Gesichtsausdruck verändert und es lag wieder wie beim alten Erik ein leichtes Lächeln auf seinen Lippen und seine Augen funkelten vor Freude. „ Natürlich bin ich nicht mit Damen mit! Was sollte ich denn bei dem? Ich kenne den ja noch nicht mal!“ Ich tat so als wäre ich beleidigt, spürte dann aber plötzlich Eriks Arme auf meinen Hüften und hörte ihn leise in mein Ohr flüstern: „ Du hast ja Recht, wie ich je so was denken konnte!“ Jonas räusperte sich einmal, bevor er dann mit leicht verwirrter Stimme sagte: „ Okay, nett sich kennen zu lernen Alice. Ich lasse euch beiden dann besser mal alleine.“ Dann drehte er sich auf dem Absatz um und flüchtete zur Tür. Erik löste sich leicht von mir und rief ihm noch hinterher: „ Danke das du sie zu mir gebracht hast! Du hast was gut bei mir.“ Daraufhin rief uns Jonas noch kurz ein „kein Problem“ zu, bevor er die Tür hinter sich zuknallte. Erik drückte mich fester an seinen warmen Körper und ich hörte, wie ich ein zufriedenes Seufzen von mir gab. Er nahm sich eine Strähne meiner Haare und küsste sie, bevor er mir wieder in die Augen sah: „ Es tut mir leid das ich dich so allein gelassen habe, passiert nie wieder versprochen!“ Bei seinen letzten Worten hatte er einen dieser Hunde Blicke aufgesetzt und schaute jetzt schmollend auf mich hinab. Ich konnte meinen Blick nur mühsam von ihm lösen und schaute mich deshalb noch einmal um. „ Was ist das hier?“ Ich drängelte mich aus Eriks Umarmung los und machte einen Schritt auf die große Wiese zu. Erik folgte mir und blieb direkt neben mir stehen. „ Das ist unser Trainingsplatz. Jedes Gebäude hat so einen. Er ist so was ähnliches wie bei den Menschen der Sport und Geräte Raum. Wie heißt das gleich noch mal?“ „ Fitnessstudio.“ Ergänzte ich seinen Satz und er nickte fröhlich. „ Genau! Hier vertreiben wir uns meist die Zeit und üben. Ich hab gerade auch noch einmal getestet ob ich noch mit einem Schwert umgehen kann, aber ich bin ein wenig aus dem Training.“ Daraufhin ließ er seinen Blick zu der am Boden liegenden Puppe gleiten und ich drehte mich erstaunt zu ihm um. „ Aus dem Training nennst du das? Ich hab noch nie in meinem Leben etwas so kraftvolles und perfektes gesehen! Aus dem Training, das ich nicht lache!“ Blaffte ich ihn an und machte auf dem Absatz kehrt. Erik folgte mir etwas genervt und hielt mich am Arm fest. „ Lass mich los.“ Brüllte ich ihn an und versuchte mich zu erfreuen doch Erik hatte mich schon in seine Arme geschlossen und flüsterte mir in mein Ohr: „ Bitte Alice, versuche dich zu beruhigen! Dich darf niemand erkennen. Ich werde es dir erklären wenn die Zeit dafür gekommen ist, aber bitte, habe

Geduld!“ Erst jetzt bemerkte ich die wohl bekannte warme die in mir aufstieg und versuchte sie durch langsameres Atmen zu verdrängen. Nach einer Gefühlten Ewigkeit gelang es mir dann auch und Erik ließ mich los. Seufzend ließ ich meine Schultern fallen bevor ich dann wieder zu Erik hochsah. „ Danke, ich hab mich irgendwie noch nicht ganz unter Kontrolle.“ Murmelte ich und Erik lächelte aufmunternd. „ Das kommt ja alles noch. Soll ich dir als Trost vielleicht endlich mal dein Zimmer zeigen?“ Blitzschnell heiterte sich meine Miene wieder auf und ich wippte ungeduldig wie ein kleines Kind auf meinen Füßen auf und ab. „Was für ein Zimmer?“ fragte ich Erik der meine Reaktion wohl ausgesprochen witzig fand. „ Du bewohnst zusammen mit einer anderen aus der achten Klasse eines der Zimmer im Mädchentrakt. Sie sollte eigentlich schon längst auf dich warten.“ „ Na dann nichts wie los!“ dränget ich ihn und er musste schon wieder lachen.

 

 

Kapitel 13

 

 

Als wir zu einem der großen, schmalen Gebäude auf dem Innenhof kamen, hatte sich in meinem Magen ein unwohles Gefühl breit gemacht. Ich fing plötzlich an zu zweifeln, ob es mir in meinem Zimmer überhaupt gefällt. Was ist wenn mich die Mitbewohnerin nicht mag? Oder ich sie? Könnte ich mich wirklich Zuhause fühlen, so ohne wirkliche Privatfähre? Je länger ich mir diese Fragen stellte, desto unwohler fühlte ich mich und ich musste mich echt zusammenreißen, vor der großen Holztür nicht einfach umzudrehen und weg zu rennen. Erik zog einen Schlüssel aus seiner linken Hosentasche und steckte diesen in das dafür passende Loch in der Tür. Die Tür ließ sich mit einem leichten Knacken öffnen und Erik drückte sie behutsam ins Innere des Gebäudes. Als ich Erik durch den breiten Türrahmen nach innen folgte, musste ich erst einmal am Eingang stehen bleiben und Luft holen. Mit vor Staunen weit geöffneten Augen musterte ich meine Umgebung. Erik schaute nicht weniger erstaunt durch die riesige Eingangshalle, an dessen Ende sich eine ca. fünfzehn Meter große Statur aus reinem, leicht Gold glänzenden Marmor befand, welche die stolze Gestalt einer Frau annahm. Ihr schlanker, aber kräftig gebauter Körper wurde  von einem großen Tuch bedeckt, welches ihr von der rechten Schulter einmal um die Hüften gebunden war. Der leicht herunter fallende Stoff reichte bis auf dem Boden und überdeckte die Füße der Frau. Ihre gewellten Haare fielen ihr noch leicht um die Hüfte und waren hinter ihrem Gesicht zu einem kleinen Zopf zusammen gebunden, der verhinderte das sie ihr in das Gesicht viel. Das Gesicht der Frau war zu einem stolzen lächeln geformt, welches aber gleich eine Unbeschreibliche Liebe ausstrahle, das ich mich plötzlich in Bewegung setzte und auf die Frau zuging. Erik bemerkte meine plötzlichen Bewegungen und wurde aus seinem Staunen herausgerissen. Geschwind folgte er mir und konnte mich noch rechtzeitig am Arm halten, bevor ich die Gestalt berühren konnte. Widerwillig löste ich meinen Blick von dem Gesicht der wunderschönen Frau und starrte Erik böse an. Dieser blickte nur noch einmal nach oben bevor er sprach: „ Ich habe dieses Gebäude noch nie zuvor betreten, ich wusste aber auch nicht das ihr hier einer so edle Statur von Nyl habt! Das ist wohl mit das Wertvollste was wir besitzen.“ „ Gibt es nicht noch mehr von diesen Staturen?“ fragte ich ihn und betrachtete dabei Stirn runzelnd die mit Stoff bedeckten Füße vor mir. „ Wir besitzen viele Staturen unserer Götter, doch noch nie habe ich eine in solch einer große gesehen. Sie ist wahrscheinlich noch viel wertvoller als der Teppich im Jungentrakt.“ Gab Erik zurück und ich erinnerte mich sofort an den großem Teppich in der Eingangshalle mit dem Schließfächern. „ Was haben die Bilder auf diesem Teppich zu bedeuten?“ Erik überlegte kurz bevor er antwortete: „ So weit ich weiß ist auf im der Beginn der Zeit der zwei Brüder abgebildet. Eine frühere rote Flamme soll ihn gestickt haben, noch bevor es passiert war. In alten Sagen wird erzählt, sie konnte in die Zukunft  sehen, so ähnlich wie du jetzt, nur das ihre Visionen und Bilder noch genauer und realer waren. Sie hat mit dem sticken des Teppichs begonnen und hundert Jahre zum fertig stellen des Kunstwerkes gebraucht. Doch genau konnte nie bestätigt werden, weil die Macherin des Teppichs nach seiner Herstellung verschwunden war. Man sagt sie sollte sich selbst geopfert haben als sie versucht hatte die Zukunft zu verhindern.“ „ Wie sollte sie das denn hinbekommen? Ich dachte es wäre Unmöglich die Zukunft zu verändern?“ „ Das stimmt so nicht ganz, durch alles was du gerade tust, jede Endscheidung, jedes Handel veränderst du unsere Zukunft. Du kannst es nicht verhindern, denn bei jeder deiner Endscheidungen wird dein Schicksal neu bestimmt.“ „ Aber warum sollte sie wissen wie sie die Zukunft verhindern konnte?“ „ Das lag an ihr.“ Gab Erik Schulter zuckend zurück und schaute wieder zu der Marmor Nyl. Ich ließ meinen Blick noch einmal durch den Raum schweifen und bemerkte, dass auch der Boden und die Säulen an den Wänden des Raumes ebenfalls aus hellem Marmor bestanden. Die Wände des Raumes besaßen die gleiche cremefarbige Struktur wie die Wände im Hauptgebäude und an ihnen hingen viele verschiedene Gemälde, auf denen immer andere Orte und Zeiten dargestellt wurden. Der Raum war fast genauso groß wie die Eingangshalle im Jungentrakt und besaß ebenfalls eine große Fensterfront. Die Fenster ähnelten denen einer Kirche, denn durch die vielen verschieden farbigen Gläser ließen sie ein wolliges, gelbes Licht in den Raum fallen. Links und rechts von der Statur befand sich jeweils eine kleine, braune Holztür, welche im Schatten der Statur noch kleiner wirkte. Ich konnte meinen Blick nur mühselig von der Pracht des Raumes abwenden und konzentrierte mich daher wieder auf Erik. Ich hatte gar nicht mitbekomme, dass Erik sein lässiges Hemd und seine lange Jeans gegen ein dunkelblaues T-Shirt und eine braune Lederhose gewechselt hatte. Seine neuen Sachen erinnerten mich sehr an Jacks Mittelalterkleidung, welche durch Eriks verwuschelten Haare und seinem leicht dreckigen Gesicht noch echter erschien. Sollte jeder so alt wirkende Kleidung tragen? Ich werde es wohl noch heraus finden. Daraufhin lächelte mich Erik aufmunternd an und ging auf eine der kleinen Türen zu. Sie öffnete sich leise und hinter befand sich ein kleiner Gang. Im Gegensatz zur Eingangshalle wurde der Raum nur von schwachem Licht durchflutet und die Wände bestanden aus Holz, welches von dunkelroten Tüchern bedeckt wurde. Der Boden wurde ebenfalls von einem roten Teppich bedeckt, welche leicht golden schimmernde Ränder besaß. Erik ergriff erneut meine Hand und zog mich hinter sich durch den Gang. Am Ende des schmalen Ganges bogen wir links ab und kamen zu einem kleinen Treppenhaus. Wir folgten den schmalen Stufen nach oben bis wir im zweiten Stock ankamen. Dort kamen wir in einen kleinen Raum, dessen Wände von hellem Putz bedeckt waren. Nach beiden Seiten führte jeweils ein Gang aus dem Raum hinaus. „ Hier oben befinden sich die Zimmer“ Erik hatte mich vor sich her die Treppe hochgeschoben und war jetzt endlich vor den zwei Gängen stehen geblieben. Ich schaute mich noch einmal genau in meiner Umgebung um und musste mit Schrecken erkennen, dass es hier oben keine einzige Lampe gab. Das bisschen Licht im Raum kam durch eines der Fenster über der Treppe und von zwei großen Kerzen die am Ende des Raumes standen. „ Gibt es hier gar keine Lampen?“ fragte ich Erik mit einem ungutem Gefühl im Magen und schaute mich noch einmal hoffnungsvoll nach irgendetwas Strom betriebenes um, doch ich konnte nichts enddecken. Erik musterte mich mit einem amüsierten Lächeln bevor er mit ernster Miene zurückgab: „ Alice, ich weiß es klingt komisch aber hier in Astragon kennen wir keinen Strom. Bei uns fehlen uns einfach die Stoffe für eure zusammengesetzte Energie, wir benutzen von klein an das Feuer.“ Daraufhin musste ich erstmal schlucken. Mir war klar geworden, dass es hier nicht viel Technik gab aber zu wissen, dass es hier überhaupt keinen gab ließ mich ziemlich an meinem neuen Leben zweifeln. Wie sollte ich das hier bloß schaffen? Ihn meiner Welt war ich auf den Strom angewiesen. „ Alice?“ Erik war zu mir rüber gekommen und legte behutsam seinen Arm um meine Schulter. „ Ich weiß es ist schwer. Was meinst du was ich gestaunt habe, als ich das erste Mal in deine Welt kam! Diese Fortschritte waren für mich wie Dinge in einem nie da gewesenen Traum und ehrlich gesagt, ohne den Kontakt zur anderen Welt würde es Astragon wie du es hier siehst nicht geben.“ Ich nickte und wischte mir die Tränen aus dem Auge. Ich zog voreilige Schlüsse! Bei Sandra war öfters mal der Strom ausgefallen und wir haben es uns einfach mit Kerzen auf dem Sofa gemütlich gemacht. Warum sollte es hier nicht auch so sein? Ich zog mich langsam wieder aus Eriks Umarmung und blickte ihm in die Augen: „Warum habt ihr hier kein Strom wenn ihr wisst wie er produziert wird?“ Mit verschränkten Armen musterte ich Erik. Dieser zog die Augenbrauen zusammen und überlegte kurz. „ Das ist eine wirklich komplizierte Frage und ich kann sie dir ehrlich gesagt nicht beantworten, aber wenn du es unbedingt wissen möchtest wüsste ich einen den du Fragen könntest.“ „Und wer wäre das?“ fragte ich erneut und Erik überlegte wieder: „ So weit ich weiß könnte dir Erigan helfen. Er ist ein sehr erfahrener Biologe und Priester Astragons und weiß sehr viel über unser Land. Das einzige was ich dir sagen kann ist, dass es uns in Astragon einfach nicht möglich ist solche Dinge herzustellen. Ich selber habe noch nie darüber nachgedacht wieso.“ Bei seinen letzten Worten bildeten sich tief Falten auf seiner Stirn und in seinen Augen bildete sich ein unbekanntes Funkeln. „ Wieso ist es euch nicht möglich?“ frustriert fragte ich Erik weiter der aber auf meine neue Frage genervt die Augen verdrehte. „ Ich kann dir bei solchen Fragen wirklich nicht helfen. Bevor ich in deiner Welt auf die Suche geschickt wurde brachte man mir nur das Wichtigste über Astragon und seine Sitten bei, doch für diese Art von Fragen bin ich nicht zuständig. Hab Geduld, du wirst nach der Zeit alles erfahren. Aber jetzt komm es wird schon spät! “ich blickte enttäuscht aus dem Fenster und musste mit Schrecken feststellen, dass es draußen wirklich schon langsam dunkel wurde. Als ich meinen Blick wieder zu Erik schweifen ließ, sah ich ihn gerade in einen der beiden Gänge verschwinden. Hastig folgte ich ihm und als ich wieder neben ihm stand konnte ich eine erneute Frage nicht unterdrücken: „ Wie spät ist es überhaupt?“ Erik ließ seinen Blick ebenfalls aus dem Fenster am Ende des Ganges schweifen bevor er Schulter zuckend antwortete: „ Ich schätze mal so acht Uhr.“ „ Acht Uhr?“ Wiederholte ich verblüfft und beobachtete die untergehende Sonne im Fenster. Mir war gar nicht klar geworden wie viel Zeit schon vergangen war seit dem wir aus dem Zug gestiegen waren und plötzlich fühlte ich eine bekannte Übelkeit. Ich hatte ganz vergessen etwas zu essen, wofür sich jetzt mein Magen beschwerte. Glücklicher weise hatte Erik das Grummeln meines Bauches nicht bemerkt, denn dieser blieb endlich vor einer der schweren Holztüren stehen und klopfte mit seiner Faust gegen das helle Holz. Auf der Tür war eine kleine silberne 11 zu sehen, eine kleine Zahl, die auf jeder dieser Türen zu sehen war. Die Tür öffnete sich und es schaute ein zierliches, blondes Mädchen aus der Tür. Sie trug ein dunkelblaues Top und dazu einen dunkelbraunen kurzen Rock, wodurch man direkten blick auf ihre blassen Beine hatte. Ihre Haare trug sie kurz und bei jeder kleinen Bewegung ihres Kopfes wirbelten die hellblonden Wellen wild um ihn herum. Ihre Nase war schmal, genauso wie die zart rosa Lippen und ihre Haut war relativ blass. Doch im Gegensatz zu ihrer schmalen Gesichtsform stachen ihre großen, runden Augen einem sofort in den Blick und war man erst einmal in ihrer blau-grünen Schönheit gefangen, konnte man sich nur schwer wieder lösen. Sie öffnete die Tür jetzt ganz und ich merkte erstaunt, dass sie mich einige Zentimeter überragte. Durch den plötzlichen Größenunterschied stellte ich mich reflexartig etwas auf die Zehenspitzen, um nicht die Kleinste zu sein. Durch diesen Schwindel erreichte ich die Größe des Mädchens fast, doch schon nach einigen Sekunden gab ich es auf und ich ließ mich wieder auf meinen ganzen Fuß fallen. Erik und das blonde Mädchen gaben sich kurz die Hand, bevor sie ihre Aufmerksamkeit mir zuwandte. „ Hallo ich bin June, dein Name ist dann wohl Alice nicht wahr? Ich freue mich schon lange darauf dich endlich kennen zulernen!“ Bei dem Klang ihrer schönen Stimme horchte ich auf. Der Klang passte perfekt zu ihren anmutigen Bewegungen und ließ jedes Gehöhr dahin schmelzen. Die einfachen Worte klangen bei ihr wie Gesang, nicht zu tief, nicht zu hoch. Ich kannte nur wenige Menschen mit so einer gleichmäßigen Stimme und merkte, wie bei jedem Wort ein leichtes Gefühl von Neid in mir aufstieg. „ Ja ich bin Alice... Ähm ich freue mich auch sehr dich kennen zulernen.“ Ich hätte am liebsten die Zeit zurückgedreht und noch einmal von vorne angefangen so aufgeregt und ängstlich klang ich. June hingegen schien es gar nicht bemerkt zu haben, denn sie lächelte nur einmal herzhaft und trällerte mit ihrer schönen Stimme: „ Super! Dann kommt doch rein, ihr müsst doch nicht hier auf dem Gang stehen.“ Ohne auf eine Antwort zu warten drehte sie sich blitzschnell um und schwebte voraus in das Zimmer. Erik und ich folgten ihr schweigend und ich musste automatisch lächeln, als wir den kleinen Raum betraten. Das Innere des Zimmers war komplett anders, als ich es mir vorgestellt habe und passte überhaupt nicht zu June. Er wirkte erstaunlich groß für den geringen Platz der vorhanden war. Seine Wände waren zum Teil mit Holz verkleidet, zum Teil in einem schönen hellblau gestrichen. Das Muster erinnerte mich an die alten Fachwerkhäuser am Rande New Yorks, nur das die Flächen zwischen den Holzbänken in einem Hellblau und nicht in weis erstrahlten. Auf dem Boden befand sich das gleiche helle Holz wie auch im Flur und durch das schwache Abendlicht, dass durch ein großes Fenster an der hinteren Wand des Raumes herein geworfen wurde, könnte man den Staub auf dem Boden gut erkennen. An beiden Seiten des Zimmers stand jeweils in der hinteren Ecke ein schmales Bett mit einem kleinen Nachttisch. Vor den Betten befanden sich zwei identische Schreibtische mit einem alten Holzstuhl und noch ein kleiner Schrank. Er war nicht breiter als einen knappen Meter, reichte aber fast bis zur Decke des Zimmers. Auf der rechten Seite erkannte ich noch eine  weitere Tür, die es diesmal nur auf dieser Seite gab. Doch je länger ich den Raum betrachtete, desto mehr kleine Unterschiede fielen mir auf. Wie zum Beispiel die kleine Statur, die sehr große Ähnlichkeit mit der aus der Eingangshalle besaß. Sie stand auf dem kleinen Tisch neben dem Bett auf der linken Seite. Neben ihr entdeckte ich noch eine halb runter gebrannte Kerze, ein sehr alt aussehendes Buch und einen mit einer klaren Flüssigkeit gefüllten Becher. Auf dem Bett lagen eine ordentlich zusammen gefaltete Decke und ein Kissen. Der Schreibtisch war außer einer braunen Tasche und einer weiteren Kerze leer. „ Naja, meine Arbeit ist hier wohl erledigt. Wir sehen uns dann Morgen und bring Alice bloß wieder mit!“ Erik war ungeduldig im Raum auf und ab gelaufen als ich mir die Zeit genommen hatte ihn genau zu betrachten. Man sah im an, dass er sich in diesem Gebäude nicht wohl fühlte und ich erwiderte seinen Blick etwas traurig als er sich mir zuwandte. „ June wird sich jetzt um dich kümmern, wir sehen uns morgen wieder. Schlaf gut.“ Ich überlegte kurz ob ich ihn vielleicht Küssen sollte, ließ es dann aber doch bei einer festen Umarmung. Als Erik die Tür hinter sich schloss seufzte ich tief und ließ mich auf das Bett auf der rechten Seite fallen. Nachdem June mir erklärt hatte, dass die rechte Seite des Zimmers mir gehörte und mich kurz in ein paar Regeln was die Möbel und das Thema zusammen Wohnen anging eingeweiht hatte, war das letzte bisschen Licht am Himmel verschwunden. Laut June durfte ich mit den Möbeln der rechten Seite anstellen was ich wollte und im hohen Schrank hatte man schon Kleidung für mich zurecht gelegt, also setzte ich mich noch einmal auf um den Kleiderschrank genau unter die Lupe zu nehmen. Im leichten Licht der Kerzen, fiel es schwer etwas zuerkennen, doch nach einiger Zeit gewöhnten sich meine Augen an das schwache Licht. Zu meinen Erstaunen befand sich in den in drei Fächer aufgeteilten Schrank fast nur blaue oder braune Sachen. Das untere der Fächer war auch das größte und auf aus Holz geschnitzten Kleiderbügeln hingen verschiedene Arten von Hosen und Oberteilen. Ich ließ meine Hand über eines der blauen, langärmligen Shirts schweifen und zog es heraus. Es lag ungewöhnlich leicht in meiner Hand und hatte die gleiche dunkelblaue Farbe wie das Top von June. Auf der rechten Seite war auf die Brust ein kleines goldenes Zeichen eingestickt, welches das gleiche Symbol wie das von Jacks T-Shirt hatte. Ein kleines Männchen streckte anmutig seine Waffe zum Himmel und wurde von einem schmalen Kreis umrahmt. Ich steckte das Shirt wieder in den Schrank um gleich danach eine kurze, schwarze Shorts heraus zu ziehen. Sie trug kein Symbol, besaß aber seltsame Taschen an beiden Seiten und eine für mich unbekannte Naht an der Vorderen Seite. Sie erinnerte ein bisschen an das binden von Schnürsenkeln und ich schaute reflexartig zu meinen Schuhen herunter. Enttäuscht stellte ich fest, dass sie durch das viele laufen schon ein wenig kaputt waren. Auch die Shorts hing ich zurück in den Schrank, bevor ich eines der schmalen Fächer im oberen Teil durchsuchte. Dort fand ich ein paar weiße Hemden, ein hellbraunes Lederwams und ein paar Hosen zum unterziehen. Dinge wie Socken oder auch einen BH waren nicht vorhanden, weshalb ich mir schwor auf meine gut aufzupassen. June hatte sich in der zwischen Zeit umgezogen und trug jetzt ein einfaches, weißes Nachthemd. Sie reichte mir ebenfalls eines der Hemden und streifte mir mein weißes Top über den Kopf. Ich hielt mitten in der Bewegung inne als ich Junes interessierten Blick auf meinen Brüsten spürte. Die röte schoss mir in die Wangen und ich bemerkte ein belustigtes Funkeln in ihren Augen als sie meinen schlicht weißen BH musterte. „ Was ist das?“ fragte June plötzlich und ich konnte nicht anders als los zu prusten. Erschrocken glitt June einen Schritt zurück, weshalb ich von einem neuen Lachkrampf ergriffen wurde. Nach einiger Zeit konnte ich mich wieder aufrichten und wischte mir die Tränen aus dem Gesicht bevor ich June versichert: „ Mir geht’s gut, tut mir Leid wenn ich dich erschreckt habe. Weißt du wirklich nicht was das hier ist?“ Fragte ich sie und deutete dabei auf meine Brust. Das blonde Mädchen Schüttelte den Kopf und antwortete: „ Ich habe so etwas noch nie wirklich gesehen. Wir haben ähnliche Lederriemen zum bedecken der Büste aber die tragen nur wenige.“  Ich nickte und zog den Rest meiner durchschwitzen Kleidung aus, welche ich dann  auf einen der  alten Stühle hängte. Dann streifte ich mir das Nachthemd über den Kopf und legte mich schlafen. Als Kissen wurde mir nur ein mit Federn gefüllter alter Sack angeboten, doch ich nahm es dankend an mich. Das kleine Stück Stoff, welches June als Decke bezeichnete, ließ ich auf der Kante des Bettes liegen. Mir war sowieso warm genug. Es dauerte einige Zeit bevor ich in einen unruhigen Schlaf fiel, begleitet mit wirren Träumen und den Herzzerreißenden Bildern von Sandra, wovon ich des Öfteren hoch schreckte. Als ich eine Gefühlte Ewigkeit da gelegen hatte, überrumpelte mich meine Müdigkeit dann doch und ich fiel in einen ruhigen Schlaf. 

 

 

Kapitel 14

 

 

Warme Sonnenstrahlen fielen durch das offene Fenster in das Zimmer und ließ es in einem wundersamen Licht erstrahlen. Vogelgezwitscher drang durch die schmale Wand ins Innere und ich streckte mich ausgiebig, bevor ich mich aufrichtete. Meine Muskeln schmerzten und ich zuckte erschrocken zusammen, als ich June fest schlafend neben mir liegen sah. Der Nebel in meinem Gedächtnis legte sich langsam und die Erinnerungen an den Vortag trafen mich nun klar und deutlich. Ich kauerte mich auf meinem Bett zusammen und wischte mir eine Strähne aus dem Gesicht. Einzelne Tränen liefen meine Wange herunter und ich schnappte mir ein Kissen, um es fest an mich zu drücken. Ich fühlte mich seltsam einsam und wippte nun stärker weinend hin und her. Den Kopf auf die Knie gelegt und das Kissen fest in meinen Armen ließ ich den Schmerzen freien Lauf. Das was gestern geschehen ist, war einfach zu viel für mich gewesen. Plötzlich von seinem einem Leben in das vieler hundert anderen rein gerissen zu werden, lag mit so einem Druck auf mir, dass ich es nicht verhindern konnte, mich zu fragen was wohl geschehen wäre, wenn ich gar nicht hierhergekommen wäre. Ich säße wahrscheinlich jetzt neben Leonie Im Unterricht oder mit Sandra am Küchentisch, ohne von meiner Eigentlichen Bestimmung zu wissen. Ich würde mir keine Sorgen um meine Zukunft machen, nein. Alles wäre einfach, normal. Wieder umschlang ich meinen Körper fester und fing an zu weinen. Warum ich ? Ich dachte Krampfhaft über diese Frage nach, ohne jedoch zu einer Antwort zu kommen. Wie soll ich die Zukunft verstehen wenn ich noch nicht mal meine Vergangenheit kenne? Wer weiß ob nicht alles, was mit Sandra erzählt hat, eine Lüge war? Genauso wie sie meine Gestalt Jahre lang vor mir verborgen hatte. Plötzlich würde ich wütend und die schon so bekannte Wärme breitete sich in meinem Körper aus. Sie erfühlte meinen Körper mit Trost und ich war auf einmal dankbar, dass ich sie hatte. Sie spendete mir Trost und ohne es zu merken, nahm ich mir eine meiner rot leuchtenden Strähnen zwischen die Finger. Mir war nie aufgefallen wie schön meine Haare waren. Im Licht der Sonne schienen sie sogar zu brennen. Ich erschrak, als sich June plötzlich bewegte und genüsslich gähnte. Als sie ihre Augen langsam öffnete war ihr Blick auf mich gerichtet und ich schnappte mir automatisch sie Kleine Decke, um sie mir um den Kopf zu wickeln.

Doch June schien es kein bisschen zu überraschen, denn sie richtete sich ganz auf, ohne den Blick von mir abzuwenden und legte ihren Kopf schief. „ Es stimmt.“, hauchte sie kaum hörbar durch ihre schmalen Lippen und lächelte. Es war ein wundervolles lächeln und langsam ließ ich die Decke wieder sinken. Zu meiner Überraschung fing June an zu lachen und in ihrem Lachen konnte man die Freude die von ihr ausging fast spüren. „ Das ich das noch erlebe!“ jauchte sie und ihre blonden Locken flogen nur so umher. „ Du bist wunderschön! Diese roten Haare, als würden sie brennen!“ Ich schaute sie fragend an, begann dann aber auch zu lachen. Es war erstaunlich zu sehen wie die Menschen hier auf mich reagierten, als wenn ich irgendein grüner Maas Mensch wäre. „ Danke.“ stotterte ich immer noch lächelnd und legte das Kissen an die Seite. Ich fühlte mich besser, so viel war klar und langsam erlosch die Wärme wieder. Meine Haare waren wieder Pechschwarz und ich lächelte June zu. Diese erwiderte mein Lächeln und sprang von ihrem Bett. Elegant schlich sie zu ihrem Schrank und fing an, ihn im herumzuwühlen. Ich stemmte mich ebenfalls aus dem Bett und ging zum Fenster. Frische Luft schlug mir entgegen und ich schloss kurz die Augen um tief einzuatmen. Draußen erkannte man einen kleinen Garten, der mich an den erinnerte, den ich auch neben dem Haus von Kaligola gesehen hatte. Kleine Wege aus Kies führten zwischen den einzelnen Beeten herum, welche von ebenfalls kleinen Hecken umgeben waren. Wieder erkannte ich die Frau, die auch in der Eingangshalle stand. Sie stand mit all ihrer Schönheit mitten in solch einem Beet, was sie Pflanzen noch wertvoller erschienen ließ. „ Nyl.“ Flüsterte ich ihr zu, erfreut darüber, dass ich ihren Namen noch kannte. Doch dann drehte ich mich um und ging ein kleines Stück in Richtung Zimmertür. June war fast fertig und zog sich gerade einen der blauen Pullover über den Kopf. Ich blickte zu meiner Jeans und dem weißen Top, entschied mich dann aber doch für den Schrank. Es sollte wohl einen Sinn haben das sie mir Kleidung zurecht gelegt hatten dachte ich mir und öffnete beide Schranktüren. Der Inhalt des Schrankes sah in dem vielen Licht noch seltsamer aus als am Abend und ich blickte mich kurz zu June um. Sie trog einen eleganten Rock, der ihr bis über die Knie reichte und hatte über den blauen Pullover eine ebenfalls schön bestickte Weste gezogen. Wieder zum Schrank gewand beäugte ich die verschiedenen Hosen und Röcke. Ich blieb an einem wieder blauen Roch hängen und zog ihn heraus. Er reichte mir knapp zu den Knien und lag locker um die Hüften. Dazu schnappte ich mir eines der Tops und einfaches Lederwams. Es war in einem dunklen braun und ziemlich glatt. Als ich mir beides überstreifte erinnerte es mich ein wenig an einen Anzug ohne Ärmel. Alles saß perfekt und das Wams betonte meine Weiblichen Vorzüge am Oberkörper so, dass es mich unbekannt elegant aussehen ließ. Kleine Stickereien oder Taschen hier und da nahmen das schlichte von der Kleidung, genauso wie die Details an Junes. Plötzlich verstand ich den Sinn dieser Sachen. Zusammen wirkten sie wie ein elegantes Kleid, ließen einen aber die Freiheit die man zum Bewegen und Kämpfen brauchte. Erfreut darüber, dass es mir aufgefallen war, sah ich zu June rüber. „ Und, geht das so?“ fragte ich sie und drehte mich dabei einmal um die eigene Achse. Sie klatschte erfreut in die Hände und antwortete: „ Ja! Du siehst Wundervoll aus.“ Dann ging sie zu der schmalen Tür an meiner Zimmerseite und öffnete sie. „ Wenn du dich waschen möchtest kannst du das hier. Ein Eimer Wasser steht für dich schon hier, den Rest siehst du sofort.“ Skeptisch blickte ich zu der Tür, hinter der sich anscheinend das Badezimmer befinden sollte. Wir haben hier keinen Strom. Plötzlich hallten mir Eriks Worte durch den Kopf und langsam ging ich auf June und die Tür zu. Sie lächelte aufmunternd und ich trat hinein. Erschrocken zog ich die Luft ein. Vor mir befanden sich ein kleiner Waschtisch aus Holz, daneben zwei Eimer und ein kleiner Hocker. In den Holztisch war ein kleines Becken aus Stein eingelassen und über ihm hing ein winziger Spiegel. An der Wand gegenüber stand ein kleiner Schrank auf dem ein Stapel Handtücher lagen. June war nun neben mich getreten und legte mir behutsam die Hand auf die Schulter. „ Ich weiß es ist nicht viel aber es ist in Gegensatz zu den anderen wenigstens ein kleiner Waschraum.“ Versuchte sie mich aufzumuntern doch ich brachte kein Wort heraus. June trat einen Schritt vor und nahm einen der beiden Eimer und stellte in auf den Rand des Waschtisches. „ Hier, das Wasser ist sauber. Du kannst dich damit waschen.“ Ich nickte kurz und June verließ den Raum wieder. Seufzend trat ich vor den Spiegel und erschrak ein weiteres Mal. Vor mir stand eine Komplett andere Alice. Meine Augen waren durch die Wimperntusche schwarz unterlaufen und meine Wangen gerötet. Meine sonst sehr glatten Haare waren durch die unruhige Nacht aufgeraut. Durch die Mittelalterliche Kleidung wirkte mein Körper ungewohnt schmal. In Gegensatz zu Junes durch trainierte Oberarme ähnelten meine eher denen eines Skeletts. Warum auch nicht? Ich musste ja nie wirklich trainieren und an unserer Schule galten breitere Arme immer als nicht gerade hübsch. Doch bei solchen Situationen wünschte ich mir doch manchmal mehr Kraft und Erfahrung zu besitzen. Gerade jetzt in Astragon. Ich schaute mich im Zimmer nach einem Band zum zusammenbinden meiner Haare um, konnte aber nichts finden. Nachdenklich ließ ich meinen Blick durch den Waschraum gleiten bis ich an einem alten Stück Stoff hängen blieb. Ich nahm es zwischen die Finger und riss ein Stück an der Seite ab. Mit einem kurzen ratschen löste sich ein dünner Streifen vom Stoff mit welchen ich mir die Haare zu einem Pferdeschwanz zusammenband. Sie reichten mir immer noch über die Schultern und wirkten zu dem strengen Kleid etwas zu jung. Danach füllte ich etwas von dem Wasser aus dem Eimer in die kleine Waschschüssel und wusch mir das Gesicht. Es war sehr blass und man konnte, wenn man genau hinsah einen kleinen roten Schimmer in meinen Augen erkennen. Frisch gewaschen und angezogen verließ ich zusammen mit June unser Zimmer. Wir folgten den schmalen Gang den Erik und ich am vorigen Tag durchquert haben zu der Treppe. Unten in der großen Eingangshalle blieb June plötzlich stehen und drehte sich zu der Statur. Sie verbeugte sich einmal und murmelte ein paar Worte. Plötzlich spürte ich ein leichtes Flimmern in der Luft und ich bekam am ganzen Körper Gänsehaut. Die Worte, die June ausgesprochen hatte, verliehen der um liegenden Luft eine unglaubliche Kraft, welche meinen Geist zum auf horchen brachte. Verwirrt schüttelte ich das Gefühl aus meinem Körper und folgte June, die sich wieder auf den Weg gemacht hatte. Erst jetzt bemerkte ich die Waffe an ihrer linken Seite und zog die Luft ein. An ihrer Hüfte baumelte ein elegantes Langschwert. Es war ziemlich schmal und bog sich an der Spitze etwas nach innen. Die Klinge war von einem langen Muster überzogen, welche sie vom Griff bis zur Spitze mit einer kleinen Ranke bedeckte. Am oberen Teil der silbernen Waffe erkannte ich etwas in kleiner Schrift geschrieben. Ich strengte mich an, könnte aber nichts erkennen. June lief in einem hohen Tempo und ich lag schon etwas zurück, doch mit ein paar großen Schritten hatte ich sie eingeholt. Mein Blick viel wieder auf ihr Schwert und ich musste enttäuscht feststellen, dass die Worte in einer ganz anderen Sprache dastanden. Nachdenklich zog ich die Augenbrauen zusammen und fragte an June gerichtet: „ Die Worte auf deinem Schwert, was bedeuten sie?“ June drehte ihren Kopf zu mir und lächelte. „ Le´ Victar´, das heißt so viel wie „ Immer Sieger“.“ „ Le´Victar`“ wiederholte ich leise. „ Welche Sprache ist das?“ June blieb ruckartig stehen. „ Hast du noch nie von der Argenta´Liguä´, der uralten Sprache gehört?“ „ Nein.“ Hauchte ich und schüttelte leicht den Kopf. June wirkte erst erstaunt, wurde dann aber ernst. „ Die alte Sprache ist die Sprache unserer Vorfahren und der Drachen. Mit ihr was es uns möglich, uns mit den Drachen zu verständigen. Heute können nur noch sehr wenige die Worte doch es heißt das der, der in der alten Sprache eine Lüge erzählt, bis auf sein Ende von Unglück verfolgt  wird.“ Ich nickte aufmerksam und lächelte. Eine Sprache der Drachen! Was es nicht alles gab.

June musste ebenfalls lächeln, ging dann aber weiter. Wir befanden uns auf dem großen Platz um den Baum unter dem ich vor wenigen Stunden noch mit Damen stand. Anstatt zu dem großen Jungentrakt zu gehen, führte mich June zu dem gegenüber liegenden Kuppelgebäude. Es war aus ähnlichem Sandstein wie die der Stadt und besaß eine über die Mitte ragende Dachkuppel, ähnliche wie die Moscheen der Muslime. Vor ca. einem Jahr waren wir mit der Klasse zu so einer Gefahren. Um die Kuppel wurde das Dach wieder Flach. Wir gingen durch ein weit geöffnetes Tor an der Vorderseite des Gebäudes und fanden uns in einer riesigen offenen Halle wieder. In der Mitte der Halle befand sich ein breiter Brunnen mit einer Marmor Statur eines großen Mannes. Seine Haare hingen glatt um sein schmales Gesicht und reichten ihm fast bis zu den Schultern. Er hatte einen starken Körperbau und trug einen einfachen Kriegsrock und ein glattes Wams. In seiner rechten Hand lag ein  einfacher Speer, in der linken hielt er ein Buch. „ Das ist Plato´, Gott der Inneren Stärke und des Wissens.“ Flüsterte mit June zu und ich betrachtete den Mann noch einmal. Deshalb das Buch dachte ich mir und wandte mich zum Rest des Raumes. Um den Brunnen verteilt gab es vier kleine Räume, welche ähnlich Rund wie die Kuppel und in die Wand gehauen waren. Eine kleine Stufe trennte sie von dem Hauptteil des Raumes. Der Boden bestand aus einfachem Stein und besaß hier und da kleine Bilder, die wahrscheinlich von einem Meißel oder ähnliches dort reingeritzt worden sind. Kleine, leicht rötliche Lichter erhellten die einzelnen Räume und ließen mich einen Blick auf die vielen Bücher an den hinteren Wänden richten. Einzelne Schüler saßen schon auf einen der Böden vor den Büchern und unterhielten sich lautstark miteinander. Als mir ein bekannter brauner Lockenkopf auffiel, musste ich mich zusammenreißen, nicht auf Erik zuzurasen und ihn in die Arme zu schließen. Es war alles noch so neu und unbekannt doch immer wenn ich in Eriks Gesicht sah, hatte ich ein Gefühl von Geborgenheit.

Es beruhigte mich seinen warmen Atem zu spüren und seine Stimme zu hören. Ich lächelte breit als er mich ebenfalls entdeckte und lächelnd auf mich zukam. Ich machte mir keine Notizen von den anderen im Raum, welche uns misstrauisch beobachteten und ließ mich in Eriks breite Arme fallen. Reflexartig zog ich seinen Duft ein und legte meinen Kopf auf seine warme Brust. Doch viel zu schnell drückte Erik mich behutsam von sich und schenkte mir noch ein wundervolles lächeln. Er wollte gerade seinen Arm um meine Schultern legen, als ich den länglichen  Pfeil sah, der direkt auf mich zuraste.

 

 

Kapitel 15

 

 

Ich reagierte nicht. Mein Körper war Steif und fühlte sich Blei schwer an. Es waren nur wenige Sekunden doch es kam mir vor als würde es in Zeitlupe laufen. Der Pfeil raste auf mich zu, doch bevor er meinen Körper durchschlagen konnte, wurde ich blitzschnell zur Seite gezogen. Nur wenige Zentimeter neben meiner Stirn ragte der immer noch zitternde Pfeil aus der Wand.  Kurze Zeit wurde die Welt um mich schwarz und ich fürchtete in Ohnmacht zu fallen, blieb aber doch auf den Beinen. Ich hatte das Gefühl sie bestanden nur noch aus Wackelpudding und ich ließ mich gegen Erik fallen. Dieser legte mir seinen Arm um die Hüfte um mir Halt zu geben. Kurze Zeit holte ich einfach nur tief Luft bevor ich meinen Blick in die Richtung, aus dem das Geschoss gekommen war, richtete. Ihre Haare waren in einem sehr hellen Blond und ihre hellblau leuchtenden Augen fixierte mich und Erik, als würden sie versuchen uns alleine damit zu töten. Sie war schlank und hielt einen schmalen Langbogen in der rechten Hand, immer noch auf mich gerichtet. Als sie bemerkte, dass ich sie beobachtete ließ sie böse lächelnd den Arm sinken und warf ihr Haar zurück. Ich spürte wie sich Eriks Muskeln unter meinen anspannten und musste nicht einmal hinsehen um zu wissen, dass er das Mädchen mit genauso einen finsteren Blick anstarrte wie sie uns zuvor. Ich wollte ihn gerade fragen, was mit dem Mädchen sei als dieses ein paar Schritte auf uns zu machte. Erik reagierte sofort und schob mich nicht gerade vorsichtig hinter sich worauf ich mich natürlich leise beschwerte. Hinter der blonden Gestalt tauchten plötzlich zwei weitere Frauen auf. Eine hatte pechschwarze Haare wie meine, die ihr fast bis über die Hüfte vielen. Die andere besaß eine dunkelrote kurz schnitt Frisur. Ihre Haare standen wie in einer perfekten Welle von ihrem Kopf ab und verliefen  in einer Welle leicht nach hinten. Sie waren beide nicht gerade kleiner als die blonde Frau, weshalb ich mich plötzlich doch hinter Eriks Rücken versteckte. „Sacha.“ Eriks Blick wurde noch finsterer und seine Stimme hörte sich ungewohnt bedrohlich an. „Erik.“ Gab diese nicht weniger erfreut wieder. „Auch wieder da? Dürfte ich bitte wissen wo du warst, dass du mich einfach so alleine gelassen hast!“ Bei ihren letzten Worten sprang sie einen Schritt nach vorne und traf Erik am Hals mit einen ihrer Pfeile. Dieser schrie aber nicht auf sondern drückte die scharfe Spitze mit einer Hand zur Seite. Ich atmete erleichtert aus als ich sah, dass Sacha ihm kein Schaden zugefügt hatte. „Ich wüsste nicht was dich das angehen sollte.“ Brummte Erik ohne jedoch einen Schritt vor Sacha zurück zu weichen. Diese ließ von ihm ab und lächelte lässig. „Oh, mich geht das sogar sehr viel an. Weißt du nicht mehr? Wir waren mal zusammen bevor du Drecksack dich einfach verpisst hast!“ Jetzt lachte auch Erik und entspannte sich ein wenig. „Ich hab dir doch gesagt, dass ich nichts mehr von dir will! Ich musste etwas für Kaligola erledigen und hatte einfach keine Zeit mehr für dich.“ Sachas Lächeln verschwand und sie stemmte die Hände in die Hüfte. „Achja? Aber für sie hast du auf einmal wieder Zeit oder was?“ Zischte sie und zeigte dabei auf mich. Als ihr Blick meinen traf zuckte ich erschrocken zusammen. Das blaue Schillern in ihren Augen hatte sich in ein wütendes Feuer verwandelt, was jetzt versuchte mich alleine durch Blickkontakt zu verschlingen. Mir war plötzlich klar dass es keine einfache Eifersucht war was Sacha endfand, es war tiefer Hass. Egal wie, aber dieser Blick sagte mir, dass sie mich töten würde, wenn der richtige Zeitpunkt kam. Meine Knie ließen plötzlich nach und ich musste mich an der Wand festhalten, um nicht umzufallen. Erik hatte davon anscheinend nichts mitbekommen, da er immer noch Sacha böse beäugte. „Lass es sein Sacha, das war eine einmalige Sache mit uns und jetzt ist es vorbei also lass mich und Alice bitte in Frieden.“ „Alice also.“ Sie machte einen bedrohlichen Schritt nach vorne, schob Erik an die Seite und kam mit ihrem Gesicht so nah das ich nicht anders konnte als ihr in die Augen zu schauen. „Nimm dich in Acht Alice. Erik ist mein Freund  und ich lasse es nicht zu das so eine kleine Schlampe mir das versaut.“ Daraufhin drehte sie sich zu ihren Freundinnen um zu gehen, warf Erik aber noch einen gespielt freundlichen Luft Kuss über die Schulter zu. Dieser wandte sich nur Kopfschüttelnd wieder zu mir. Jetzt wo Sacha weg war bekam ich plötzlich meine Stimme wieder und funkelte Erik böse an: „ Kannst du mir bitte erklären was das sollte? Dieses Mädchen hätte mich gerade fast umgebracht!“ Ich sah das Eriks Augen bei meinen Worten besorgt funkelten doch er kreuzte nur seine Arme vor der Brust und lächelte: „ Ach, ich hab dich doch gerettet! Mach dir da mal keine Sorgen drum. Was Sacha angeht... Ich war mal eine Zeit lang mit ihr zusammen aber für mich war es nie ernst. Als ich sie dann, um dich zu suchen, verließ, drehte sie plötzlich voll am Rad. Das wird besser glaub mir.“ Ich hoffte mir nur still, dass es so wäre und wollte gerade was erwidern als ein kleiner Mann auf uns zukam. Er reichte Erik gerade mal bis zum Kinn, war als ungefähr so groß wie ich. Er hatte einen ziemlich Runden Bauch und trug ein Bademantel ähnliches Gewand, welches er sich einmal um den ganzen Körper gewickelt hatte. Seine Gesichtszüge wirkten in Gegensatz zu seinen Körper sehr streng und ernst und seine Augen leuchteten in einem hellen grün. Als er und Erik sich ausgiebig begrüßt hatten wandte sich der Mann zu mir und reichte mir seine Hand. Ich schüttelte sie höfflich und er stellte sich vor: „Sei gegrüßt Alice, es ist mir eine Ehre dich kennen zu lernen! Ich bin Erigan und unterrichte hier in diesen Räumen. Kaligola berichtete mir von deiner Herkunft und ernannte mich zu deinem leiblichen Mentor.“ Ich runzelte die Stirn und schaute Erik verwirrt an welcher an mich gerichtet erklärte: „Jede wichtige Person, wie du zum Beispiel, bekommt hier in Astragon einen Mentor, welcher einem in kürzester Zeit alles erklärt und für seine Fächer auch zuständig ist. Er wird dir in Thema Unterricht nicht mehr von der Seite weichen.“ Bei seinen letzten Worten zwinkerte er mir kurz zu und lächelte. „Genau!“ auch Erigan lachte und klopfte Erik auf die Schulter. „Ich werde dir alles Wichtige zum Thema unserer Biologie und der uralten Sprache unterrichten.“ „ Erigan ist einer der wenigen die, die alte Sprache noch beherrschen.“ Unterbrach Erik ihn und Erigans Augen begannen zu funkeln. „ Leider bin ich das. Die Argenta´ liqua ist eine so wunderbare und einzigartige Sprache!“ „Werde ich sie denn auch lernen müssen?“ fragte ich ihn verblüfft und hoffte inständig ein nein zu hören. „ Natürlich! Und ich persönlich werde sie dir beibringen.“ Super.  „Naja, wir haben dich schon in eine der achten Klassen gesteckt und du bekommst täglich Nachhilfe Unterricht, weshalb es dir nach einiger Zeit dort nicht mehr so schwer fallen sollte!“ „Welche Klasse ist Erik?“ fragte ich plötzlich dazwischen und Erigan beäugte mich einen Moment lang verwirrt bevor er antwortete: „Erik sollte eigentlich in die zehnte und letzte Klasse wird aber durch seinen Ausfall erst einmal in der neunten bleiben.“ Ich wollte protestieren doch Erigan und Erik bestanden darauf mich in eine Klasse nur eine unter Eriks zu stecken. Freunde wird man hier wohl nur schwer finden wenn die erst einmal mein Können bewundern dürfen.

Nun gut alle bestanden darauf und ich befand mich nur wenige Minuten später vor einen der kleinen Räume in den Wänden. Erfreut erblickte ich Junes helle Haare in einen der Ecken bevor mich Erigan sanft nach vorne schubste. Nur wenige Sekunden später waren sämtliche Augen in diesem Raum auf mich gerichtet und die allzu bekannte wärme schoss meine Wangen hoch. „ Nun, wir können noch eine neue Schülerin in unserer Klasse begrüßen, seit lieb!“ In diesem Moment fühlte ich mich wie früher in der Schule als ich zum ersten Mal nach meinem Unfall einen Klassenraum betrat. Die Lehrer könnten es sich natürlich nicht nehmen lassen der ganzen Klasse davon zu erzählen und es hatten mich einige Verwirrt, andere besorgt und andere wieder gar nicht angeschaut. In so einem Moment wurde man dann wieder voll klein und würde am liebsten auf den Hacken kehrt machen und aus der Tür stürmen. Genauso ging es mir gerade wieder nur das ich diesmal keine Tür hatte. Schade. Ich spürte die abweichenden Blicke der Mädchen und sah wie mich einige der Jungs interessiert von oben bis unten musterte, was mich dazu brachte noch roter anzulaufen. Unter weiteren Blicken der Jungen und Mädchen schlich ich zu June herüber, die mir Gott sei Dank in eine der Ecken Platz gemacht hatte. Ich spürte nur noch wie mir einer der Jungs spielerisch auf den Hintern klapste was mit lautem Gelächter der Kumpels belohnt wurde bevor Erigan den Unterricht begann. Erik hatte Recht, es war genauso wie bei uns.

 

Der Unterricht bei Erigan war erstaunlich interessant. Wir unterhielten uns gerade über die alte Kultur Astragons, welche in Gegensatz zu ihren Bewohnern ziemlich cool war. Am meisten hatte mich die Sache mit dem Zug interessiert, da ich mich schon vorher gefragt hatte wie sie an diese Art von Technik kamen so ganz ohne Strom. Ich schaffte es nicht mehr über ihn zu erfahren da sobald ein lauter Gong den Raum erfüllte alle redend aufsprangen. Erigan, welcher sich nach der Stunde zu uns gesellte versprach mir aber das wir dieses Thema nächstes Mal weiterführen und ich nickte dankbar. June zog mich hinter sich her nach draußen und blieb dort aufgeregt vor dem Gebäude stehen. Das plötzliche helle Licht der Sonne stach in meine Augen und ich hielt mir die Hand vors Gesicht um diese abzuhalten. Erst als June ungeduldig an meinem Arm zupfte bemerkte ich das andere Mädchen, welche auch schon im Klassenraum bei uns gesessen hatte. Sie besaß eine ähnlich perfekte Figur wie June und hatte lange, hellbraune Haare die sie zu einem Zopf nach hinten zusammengebunden hatte. Ihre Haut war sehr dunkel und sie besaß ein sehr freundliches Gesicht. Ich mochte sie sofort. Das Mädchen hob grüßend die Hand und lächelte. „ Das ist Sophie, eine sehr gute Freundin von mir. Sie ist Sperrkämpferin und ich wollte euch beide gerne mal vorstellen.“ June war zu mir herüber getreten und legte mir einen Arm um die Schulter und zeigte mit einer freundlichen Handbewegung auf Sophie. „ Ähh, ja nett dich kennen zu lernen.“ Brachte ich lächelnd heraus und streckte ihr die Hand entgegen. „ Ich bin Alice, die neue Mitbewohnerin von June aber anscheinend weißt du das ja schon.“ Sophie nahm höflich meine Hand und schüttelte sie. „ Ja in der Tat. June hat mir schon so viel vorgeschwärmt!“ erzählte sie und lächelte dabei zu June rüber. Ich musste ebenfalls lächeln und merkte wie ich rot anlief. „Wie geht’s jetzt eigentlich weiter?“ fragte ich und wechselte dabei das Thema. June schien es gar nicht zu bemerken und redete einfach auf mich los. „ Hast du deinen Unterrichtsplan noch gar nicht bekommen? Also nach Geschichte kommt das Körperliche Training. Wir müssen jetzt gleich zu den Stallungen und werden danach weiter zum jeweiligen Training gehen. Du Alice kommst einfach mit mir mit.“ Mein Blick wanderte zu Sophie die gerade einen der Jungs beobachtete, die ebenfalls aus dem hellen Gebäude kamen. Ihre braunen Augen funkelten leicht auf als der Blick eines schlanken, blonden Junges zu uns hinüber glitt und ich musste lächeln.

June schien das gar nicht zu bemerkten da sie mich kurzer Hand an den Arm fasste und in Richtung großen Baum in der Mitte der Gebäude zog. Einige Schüler hatten sich schon in kleinen Gruppen vor dem großen Tor in der Mauer zusammengefunden und redeten wild durcheinander. Zu meinem Bedauern war auch der Junge dabei, der mir am Morgen so herzhaft in den Po gekniffen hatte. Ich wusste nicht genau wo es hin ging aber nach einiger Zeit öffnete sich die kleine Tür des großen Tores und die Gruppe bewegte sich nach draußen. Die kleinen hellen Steine des Bodens leuchteten in der warmen Mittagssonne und ich zog mir die kleine Weste, die ich immer noch trug, über den Kopf bevor ich meinen Blick wieder nach vorne wandern ließ. Die Wände der schmalen Häuser schienen bei der Sonne noch höher und ich versuchte schnell, nicht den Anschluss an die Gruppe zu verlieren. Es war ziemlich unwahrscheinlich, dass ich hier je wieder alleine zu Recht fand. Wir zogen durch die schmalen Straßen, welche von lauten Stimmen erfüllt waren, und kamen nach einiger Zeit an einer etwas größeren Straße an. Die dichten Häuser waren verschwunden und immer mehr kleinere Gassen und Höfe tauchten zwischen den älter aussehenden Häusern auf. Im Gegensatz zu den anderen Häusern waren diese sehr klein und heruntergekommen und bestanden zum größten Teil aus Holz. Ich zupfte June kurz an ihrem Pullover und sie wandte ihren Blick zu mir. Ich zeigte in die Richtung aus der wir gekommen waren und fragte sie: „Was ist das hier?“ June nickte zu einen der kleinen Häuser und erwiderte: „Hier sind wir im Bereich der einfachen Bauern. Viele die keinen eigenen Hof mehr haben oder um die kältere Zeit in die Stadt kommen haben hier ein kleines Haus oder teilen es mit einer anderen Familie. Die normalen Bürger Astragons können sich eins der größeren Häuser leisten, an denen wir gerade vorbei gekommen waren. Es gibt hier auch noch ein Armenviertel aber das liegt auf der anderen Seite der Stadt. Komm, wir erreichen gleich dem Marktplatz am Tor.“ Daraufhin ging sie wieder der Gruppe nach und vor uns tauchte wirklich die große Hauptmauer mit den Toren auf. Davor sah man sämtliche Bürger sich auf dem riesigen Marktplatz tummeln und ich musste mich diesmal wirklich beeilen um in der Menge nicht unterzugehen. Mein Blick wanderte zwischendurch zum strahlend blauen Himmel und ich musste mir die Hand vor die Augen halten um das Licht der weit oben stehenden Sonne abzuhalten. Hatten wir also jetzt schon Sonntag?

 

 

 

Kapitel 16

 

 

Der Marktplatz war nicht gerade klein und es dauerte eine Gefühlte Ewigkeit uns durch die tausenden von Menschen zu quetschen. Von überall hörte man Menschen rufen oder Kinder nach ihrer Mutter schreien. Ich hatte durch die Hitze wie die meisten der Bürger heftig angefangen zu schwitzen was den Weg bis zu dem großen Tor noch schlimmer schienen ließ. Als wir das Holztor endlich erreicht hatten, warf ich einen schon überfrohen Blick nach hinten, wo sich die Menschen immer noch gegenseitig durch die Gassen zwischen den Ständen trieben. Ein ziemlich großer Junge hatte sich vor der Gruppe zu einem der Soldaten gestellt und versuchte nun die Gruppe zum Schweigen zu bringen. Seine Haare waren pechschwarz und lagen ihm lang um das ganze Gesicht. Seine Augen hatten eine gleichzeitig schöne und bedrohliche dunkle Farbe und schauten auf jeden der Schüler herab, als wurden sie vermuten, dass einer von ihnen gleich tot umfiel. Seine Kleidung war im Gegensatz zu den der anderen schwarz und das einzig blaue was er trug war ein Tuch, was er um sein rechtes Handgelenk gewickelt hatte. Seine Gesichtszüge ließen ihn sehr jung erscheinen und nicht gerade unaktraktiv. Als endlich alle ihre Aufmerksamkeit dem Typen zugewandt  hatten, öffnete der Soldat das kleine Tor, welches in das Große mit eingebaut worden war und wir folgten dem schwarzhaarigen nach draußen. Ich erkannte diesen Hof sofort wieder und mein Blick wanderte zu der Stelle, an der ich am vorigen Tag noch durch einen Damonen  zusammengebrochen war. Ich erschauderte, als ich mich an das Gefühl erinnerte und richtete meinen Blick schnell wieder zu dem großen Jungen. Dieser war gerade dabei die Gruppe an einen der Ställe auf der rechten Seite zu versammeln und ich gesellte mich schnell dazu. Zu meiner Freude erkannte ich plötzlich das Schnauben des schwarzen Hengstes der mich von der anderen Seite am hinteren Tor beobachtete. Ich lächelte und winkte der schönen Gestalt zu bevor June sich es neben mir bequem machte und mich verwirrt ansah.

Plötzlich erfüllte eine wundervolle dunkle Stimme den Hof und ich erkannte, dass der schwarzhaarige Junge angefangen hatte zu reden. Zu meinem Erstaunen handelte es sich bei diesem Kerl um meinen neuen Lehrer und ich spürte wie meine Wangen rot anliefen als er mich ansah. „Ok, gut das wir uns jetzt hier alle versammelt haben und auch ruhig sind.“ Dabei ließ er seinen Blick zu ein paar Jungs wandern die bei dieser Bemerkung anfingen zu lachen. „Wir werden heute erst einmal nur auf den Übungsplatz gehen, da wir es mit neuen zutun haben. Ich verspreche euch aber, dass wir das Training im Wald bald wieder aufgreifen werden. Na also, wir treffen uns dann draußen. Falls einer Fragen zu seinem Pferd oder den Unterricht hat, soll er bitte zu mir kommen. In 15 Minuten seid ihr draußen also macht schnell!“ Bei den Wort Pferden zog sich plötzlich mein Magen zusammen. Ich hatte schon eine leise Vermutung was diese Stunde anging, aber das ich jetzt ernsthaft auf eines dieser Pferde steigen muss brachte meine Knie zum wanken. June lächelte mich noch einmal aufmunternd an, bevor sie wie die Anderen in den Ställen verschwand. Ich schluckte und schlich langsam zu dem süßen Lehrer. Dieser lächelte erfreut als er mich sah und musterte mich einmal von oben bis unten bevor er mir lächeln die Hand gab. „Du musst die Neue in der Klasse sein. Ich hab von dir gehört und es ist mir eine Ehre dich unterrichten zu dürfen. Nun ja, ich bin Andrew aber bitte nenn mich einfach nur Andy.“ Er zwinkerte mir kurz zu und ich erwiderte sein Lächeln knall rot. „Ja danke, Andre... äh ich meine Andy. Ich bin Alice und muss ihnen leider mitteilen, dass ich soweit ich weiß noch nie auf so einem Ding saß.“ Ich deutete auf eines der Pferde und Andrew lachte plötzlich. Es war ein echt gutes Lachen. Oh man es ist dein Lehrer Alice! „Keine Angst, diese Dinger nennen sich Pferde und solange du dir nicht ganz sicher bist ob du schon mal auf einem gesessen hast können wir es immer noch versuchen.“ Er lachte wieder und ich musterte ihn mit einem beleidigten Blick. Er jedoch drehte sich nur kurz um und hob etwas von einer kleinen Truhe auf bevor er mir erklärte: „Ok, ich denke diese Sachen müssten dir passen. Zieh dich bitte dahinten um und wir treffen uns wieder hier und suchen dir ein nettes Pferdchen aus ja?“ Ich nickte und trottete ein bisschen nervös zu den kleinen Umkleiden an der großen Mauer.

Die Sachen die er mir gegeben hatte passten wirklich und schon wenige Minuten später befand ich mich wieder bei Andrew. Ich trug eine braune Hose, welche in den Innenseiten meiner Oberschenkel einen Rutschfesten Stoff besaß. Meinen Pullover hatte ich behalten nur meine Sandalen musste ich gegen ein paar feste, hohe Stiefel eintauschen. Sie bestanden aus Leder und bedeckten ca. ein Drittel meiner Unterschenkel. Erst jetzt fiel mir auf das Andrews Hose ebenfalls so etwas besaßen, nur seine Schuhe waren ganz normale geschlossene. Er schenkte mir zur Begrüßung ein Lächeln und ich konnte es nicht verhindern schon wieder rot zu werden. „Wie ich sehe passen dir die Sachen ja. Sehr gut. So jetzt suchen wir noch ein Pferd für dich... folgst du mir bitte?“ Ich tat was er sagte und folgte ihm zu den Ställen etwas weiter hinten im Hof. Andrew steuerte auf ein dunkelbraunes Pferd zu, welches an seinem linken Auge eine kleine Narbe besaß. Es schaute mich freundlich an, doch als ich versuchen wollte es zu streicheln sprang es plötzlich zurück. Nur wenige Ställe neben uns hatte der schwarze Hengst begonnen wild zu schnauben und gegen die Boxen Tür zu treten und ich eilte schnell dem Lehrer hinterher der versuchte ihn zu beruhigen. Doch das Pferd machte unbeeindruckt weiter und langsam schien die Boxentür den Druck der Tritte nicht mehr auszuhalten. Andrew fluchte laut und ich machte ein paar erschrockene Schritte zurück. Kurz danach gab die Halterung der Tür mit einem großen Krachen nach und Andrew sprang mit einem großen Satz in meine Richtung, bevor der Hengst in erwischen könnte. Ich war von den Boxen weggetreten und stand jetzt wie versteinert im Hof als das schwarze Ungeheuer in einem rasenden Galopp auf mich zukam. Die pechschwarzen Augen fixierten meine und ließen mich erschaudern. Doch plötzlich geschah etwas Seltsames. In meinem Kopf hallte plötzlich eine vertraute Stimme wieder und ich bekam am ganzen Körper Gänsehaut. „Halt dich fest...“ sagte sie mir und ich gehorchte. Anstatt an die Seite zu treten wartete ich bis das schwarze Pferd mich erreicht hatte und hielt mich an seiner langen Mähne fest. Mit einem kräftigen Ruck wurde ich vom Boden Gerissen und ich konnte mich nur schwer auf den Rücken des Tieres heben, bevor dieses beide Hufe in den Boden rammte um nicht in die Soldaten vor den Toren zu rasen. Ich spürte wie sich die Muskeln unter mir blitzschnell bewegten und wusste sofort wie ich mich halten sollte als der Hengst auf dem Absatz kehrt machte und zu dem offenen Haupttor am Ende rannte. Ich erkannte wie Andrew sich schnell eines der anderen Pferde gesattelt hatte und mir nun hinterher raste. Der Hengst brachte mich wieder auf den sandigen Platz vor dem Tor und ich erkannte den Weg auf dem Erik und ich am Anfang gekommen waren. Mein Griff, immer noch fest in der Mähne vergriffen, gab mir das bisschen Sicherheit die ich brauchte und ich versuchte diesmal wieder die Kontrolle über dieses Vieh zu bekommen. „Lass das.“ Ich zuckte erschrocken zusammen und hätte fast die Mähne losgelassen als die friedliche Stimme wieder in meinem Kopf auftauchte. Verwirrt blickte ich auf den Hengst herunter und starrte schon wieder in diese tiefdunklen Augen. „Hör auf Alice, alles wird gut.“ Die Augen leuchteten noch einmal kurz auf bevor sie sich wieder nach vorne richteten und ich es geschehen ließ. Die schnellen Bewegungen des Pferdes setzten mich schon bald in eine Art Trance und ich kam erst wieder zu mir als ich spürte wie das Pferd langsamer wurde bis es schlussendlich anhielt. Mit einem gequälten Stöhnen ließ ich mich vom Rücken des Pferdes fallen und landete doofer Weise nicht auf meinen Füßen sondern im Staub unter mir. Das Fell des Hengstes war komplett nass was es noch mehr zum Glänzen brachte und er atmete schnell. Ich selber spürte nur noch wie verdammt doll mir meine Beine wehtaten und robbte zu einem großen Baum. Wir waren an einem kleinen Fluss zum Stehen gekommen, ganz nah an einem Waldrand. Ich hörte das leise Vogelgezwitscher und das Plätschern des Baches. Für kurze Zeit schloss ich meine Augen, doch als ich sie wieder öffnete starrte ich wieder direkt in diese glänzenden Augen. „So lange habe ich auf dich gewartet Alice. Ich habe immer auf dich gewartet wie ich es deiner Mutter versprochen hatte.“ Plötzlich legte sich meine Unsicherheit und mein Blick wurde Kristallklar. „Du..., du kanntest meine Mutter?“

 

 

Erik

 

 

Das Kampftraining tat im gut. Sogar sehr gut. Die ganzen Monate wo er nach Alice gesucht hatte hatten ihm immer seine Arme gekribbelt. Er hasste es wenn er nicht kämpfen durfte. Das Gefühl, was im das Schwingen seines Schwertes gab war einfach unbeschreiblich. Schon oft hatte er versucht es zu verhindern, zu unterdrücken, doch es brachte ihm einfach eine Art von Befriedigung. Kaligola hatte zu ihm gesagt es wäre normal doch immer wenn er die Anderen danach fragte konnte niemand sein Endfinden nachvollziehen. Er wollte nicht das Alice in kämpfen sah. Kämpfen wie eine ihrer Maschinen, ganz auf sich und den Feind gestellt und nur mit einem Ziel, dem Ziel zu töten. Er wusste warum Kaligola nicht ihn ausgewählt hatte sie zu trainieren, denn es wäre viel zu gefährlich gewesen. Er konnte in einem Kampf nicht mehr unter Freund und Feind unterscheiden. Zu sehr war er auf sein Ziel fixiert. Jack hatte ihn Gott sei Dank in seine Gruppe mit aufgenommen so das er mit dem kämpfen nicht ganz wieder von vorne in der 9 anfangen musste. Er war einfach zu gut. Einer der Schläge kam auf ihn zu und er hob schnell seinen Arm um in abfangen zu können. Hinter diesem Schlag folgte ein zweiter, diesmal von unten. Doch der Junge hatte etwas nicht bedacht. Eriks Schwert fing den Schlag unten ab und sauste dann noch mit dem gegebenen Schwung wieder von oben auf den Jungen herab. Dieser musste sein Schwert blitzschnell nach oben ziehen um den tödlichen Schlag ab zu wären und ließ Erik so seine Seite schutzlos da. Mit einer schnellen Drehung um die eigene Achse feuerte Erik sein Schwert in die Seite des Jungen und brachte es kurz bevor es Haut erwischen konnte zum Stehen. Schwer atmend ließ er es dort einige Sekunden bevor er es sinken ließ und grinsend einen Schritt zurück machte. Sein Gegner Blicke immer noch überrascht auf die Stelle, an der ihn eben fast ein Schwert getroffen hätte. Erik jedoch war sein Sieg klar und er machte wieder einen Schritt nach vorne um den Jungen die Hand zu geben. Dieser erwiderte die Geste, sah aber nicht gerade glücklich aus. „Du hast gut gekämpft. Das war ein kleiner Fehler, kann jedem Mal passieren.“ Munterte Erik ihn auf und klopfte ihn lachend auf die Schulter. „Mann Junge, wie machst du das?“ Jack war nun vom Rande der Kampffläche gekommen und gesellte sich zu Erik. „Was mach ich?“ gab dieser zurück und blickte seinen Freund verwirrt an. „Erik, du bist jetzt Monate weg gewesen ohne auch nur einmal dein Schwert zu schwingen und besiegst einer meiner besten Schüler mit so einer Geschwindigkeit!“ Erik zuckte mit den Schultern und schaute in Richtung der anderen Schüler. „Ich weiß doch auch nicht wie ich as mache. Ich denke ich kämpfe einfach ganz gut und hatte einen schlechten Gegner. Und was die Geschwindigkeit angeht.“ Er lächelte kurz und stieß Jack das Schwert leicht in die Seite. „In Gegensatz zu euch allen hier habe ich schon als ganz kleines Kind gekämpft und nicht mit Bauklotzen gespielt. Das macht die Übung.“ Jack lächelte zurück und schüttelte nur leicht den Kopf. „Die Übung, klar.“ Daraufhin ließ Erik sein Schwert wieder in der Scheide verschwinden bevor er sich mit Jack zusammen wieder auf den Weg zu den Umkleiden macht. Er hatte dieses Gefühl seiner Waffe an der Seite so vermisst. Zu wissen, dass sie da ist und das man sie jeden Moment nutzen könnte ließen seine Fingerspitzen wieder kribbeln. Es war schon etwas spät geworden und Erik wusste, dass der Unterricht für heute erstmal vorbei war. Er hatte versprochen einer seiner Freunde noch zu besuchen und machte sich auf den Weg um sich umzuziehen. Alle seine Kleider lagen noch genau dort wo er sie in seinem Schrank zurückgelassen hatte. Er schaute sich um als er wieder in seinem Zimmer stand. Er hatte es mit einem weiteren alten Freund geteilt, leider wurde der kurz nachdem Erik in die andere Welt geschickt worden war ebenfalls als Sucher losgeschickt. Kaligola hatte ihn nur erklären können das er an einer ganz anderen Stelle der Welt war, mehr hatten sie von ihm wohl noch nicht mitbekommen. Andere befürchten schon er wäre tot oder versuchte gar nicht erst wieder nach Hause zu kommen. Die Technik, auch wenn es bei uns was anderes war, hat ihn schon immer sehr interessiert. Plötzlich fiel Erik etwas Kleines, Blinkendes hinter seinem Nachttisch auf. Er bückte sich um es aufzuheben und hervor kam eine kleine Kette. Er musste seine Augen zusammenkneifen um bei dem schlechten Licht etwas zu erkennen doch dann erkannte er etwas. Es war ein kleiner Drache. Sein Kopf war schmal und spitz und sein Körper besaß eine Schlangenähnliche Form. Von seinem Kopf bis zu der Schwanzspitze liefen winzig kleine Stachel und auf seinem Kopf besaß er zwei riesige Hörner. Der lange Körper des Drachens umfasste eine Art Kiste, welche außer einem kleinen Schloss vollkommen ungeschmückt war. Erik betrachte die Kette noch einmal auf seiner Hand. Dann wurde im Schlagartig klar wem sie gehörte. Sacha hatte diese Kette getragen, immer. Egal ob sie gerade bei ihm war, ausreiten oder auch kämpfen. Ein weiteres Mal betrachtete Erik die Kette genauer und machte einen Schritt auf das Fenster zu. Auf einmal erkannte er es. Die Augen des Drachens leuchteten rot und es schien als würden sie Erik alleine mit dem Feuer was in ihnen loderte umbringen wollen. Der griff des Tieres verfestigte sich noch einmal um die Truhe und Erik machte ein Schritt zurück. Er wusste nicht genau was es war aber diese Kette hatte mit Magie zu tun. Und Magie wurde schon seit Generationen nicht mehr ausgeführt. Erik packte seine Sachen wieder zusammen und zog sich schnell seine Schuhe an. Wenn er Erigan noch treffen wollte, musste er schnell machen da es schon dunkel wurde. Mit großen Schritten überquerte er den Innenhof und kam zu dem Kuppelgebäude mit den Lehrräumen drin. Vorsichtig öffnete er die Tür und schloss sie wieder hinter sich. Mit festen Schritten umrundete er einmal den kleinen Brunnen. „Erigan?“ rief er und stolperte fast über ein Buch was auf dem Boden lag. „Hier!“ Er erkannte die Stimme sofort und lief erfreut in die Richtung aus die sie kam. Erigan saß in einem kleinen Gewächshaus neben dem Schulgebäude und hatte die Augen geschlossen. Als er Erik hörte öffnete er diese und drehte sich freundlich lächelnd zu dem Jungen um. Erik war in Erigans Armen aufgewachsen. Der alte Lehrer war wie ein Onkel für ihn gewesen und er genieste immer noch jede Minute mit ihm.

„Na komm, setz  dich.“ Erigan klopfte auf den Boden neben sich und Erik ließ sich auf den Boden fallen. Das Wetter war sehr schön und die warmen Strahlen der Sonne schienen durch das Glas. „So, weswegen kommst du den noch zu dieser Zeit?“ Erigan hatte eine kleine Blume gepflügt, die neben ihm wuchs. Sie war in einem wunderschönen dunkelrot und passte genau zu dem Mantel des alten Mannes. Erik kramte die Kette aus seiner Hosentasche und legte sie behutsam auf seine Hand. „Die hier habe ich in meinem Zimmer gefunden. Ich vermute, dass sie Sacha gehört da ich so eine schon öfters an ihr gesehen habe. Ich erhoffte, dass du mir mehr darüber sagen könntest.“ Erigan blickte einmal zu Erik, dann nahm er vorsichtig die Kette von seiner Hand und hielt sie vor sein Gesicht. Erik legte leicht den Kopf schief und beobachtete den alten Mann wie er die Kette von seiner Hand hingen ließ und langsam drehte. Hin und wieder hörte er ein leises Murmeln, konnte aber keine wirklichen Worte verstehen. Dann nahm Erigan die Kette wieder zwischen die Hände und betrachtete sie von nahen. Als die Augen des Drachens plötzlich wieder anfingen rot zu glühen und sich der Körper fester um die Truhe wandte erkannte Erik ein leichtes Lächeln auf dem Gesicht des alten Mannes. Verwirrt beobachtete er ihn weiter doch Erigan blickte nur zu Erik hoch und drückte ihn die Kette wieder in die Hand. „Nun Ja.“ Brummte er: „Eine sehr schöne Kette hast du da. Einem Mädchen von hier gehört sie sagst du?“ Erik nickte und Erigans lächeln wurde breiter. „So ein Schmückstück habe ich schon lange nicht mehr gesehen. Es handelt sich hierbei um eine Wächterkette. So eine Kette stellten damals meist die roten Flammen zusammen mit ihren Drachen her. Sie wurden zusammen mit dem Geist eines Drachens verbunden sodass immer ein Teil eines Drachens in ihr steckt. Diese Kette sollte eine sehr wichtige Sache in einem Leben eines Reiters schützen. Durch sie konnte man davon ausgehen das niemand diesem Gegenstand oder auch Menschen etwas antun konnte. Doch nur sehr wenige nutzen diese Kraft um einen Menschen zu schützen da der Zauber sehr viel eigene Kraft raubte. Das interessante an dieser hier jedoch ist das sich noch immer ein Geist in ihr befindet. Normalerweise stirbt mit dem Tod eines Drachen auch dessen Schutz.“ Erik hatte die meiste Zeit nach vorne geschaut und zugehört. Nun schaute er Erigan in die Augen und man konnte die Falten, die sich auf seiner Stirn bildeten genau erkennen. „Das heißt, der Drachen dem dieser Geist gehört, ist wohlmöglich noch am Leben?“ „Genau. Das müsste aber auch heißen, dass dieser Reiter noch lebte.“ Eriks Augen weiteten sich und Erigans Lächeln war nun so breit das es fast von einer Gesichtshälfte bis zur anderen Reichte. Erik schaute noch mal auf den kleinen lebendigen Drachen in seiner Hand und plötzlich entstand auch auf seinem Gesicht ein breites Lächeln.

 

 

Kapitel 17

 

 

Ich wollte es nicht glauben. Trotz des Protestes meines Körpers war ich aufgestanden und zu dem Hengst getreten um ihn direkt in die Augen sehen zu können. Dies erwies sich aber blöderweise wegen meiner Größe nicht gerade als einfach. „Das macht doch alles keinen Sinn!“ schrie ich das Pferd an und musste plötzlich über mich selbst lachen. Du redest mit einem Pferd Alice! Mein Lachen wurde verzweifelter und verwandelte sich schon bald in lautes Schluchzen. Nicht nur das ich gerade dachte dieses Pferd redete mit mir, nein jetzt behauptet diese Vieh aus einer komplett anderen Welt auch noch es kannte meine Mutter! Meine Mutter? Meine Mutter war vor Jahren in meiner Welt gestorben. „Das macht alles so keinen Sinn!“ Meinen Tränen freien Lauf lassend stieß ich mit meinen Fuß so fest ich konnte gegen einen Stein. Dieser flog im hohen Bogen in den kleinen Fluss neben uns und wurde von der reißenden Strömung mitgerissen. "Beruhige dich Alice. Ich wollte dir nicht wehtun.“ Da! Schon wieder diese Stimme! Gleichzeitig weinend und lachend schaute ich dem schwarzen Tier in die Augen und verstummte kurz danach. In den Augen war etwas Menschliches zu erkennen. Es sah verdammt so aus als wäre das Pferd wirklich gekränkt und würde sich Sorgen um mich machen. „Ach Alice, du wirst auch noch verrückt! Jetzt denkst du schon so nen blödes Pferd redet mit dir und würd dich auch noch verstehen! Na du blödes Vieh, bist du jetzt traurig!“ Ich sprang vor dem Pferd auf und ab und schnitt ein paar meiner schlimmsten Grimassen bevor ich mich umdrehte und versuchte herauszufinden, wo ich war. Doch plötzlich hörte ich ein genervtes schnauben hinter mir und kurz danach lag ich mit dem Rücken auf dem Boden und hatte einen riesigen Pferdekopf gegen meinen gedrückt. „Falls du meinst dich über mich lustig machen zu müssen na schön aber ich wurde vorgewarnt! Falls du es in Betracht ziehen solltest könnte das blöde Pferd jetzt alleine wieder nach Hause laufen und die Prinzessin hier sitzen lassen. Aber falls es dich interessiert ich kenne dieses Land besser als jeder andere und mich würde es sehr überraschen wenn du alleine wieder nach Astragon zurückfinden solltest ohne vorher von einen der Drachen in Stücke zerrissen zu werden. Also bitte reißen sie sich jetzt zusammen und hören sie mir zu!“ Das hatte gesessen. Mit vor Schreck geweiteten Augen starrte ich den Hengst an. Der meinte das wirklich ernst. „Du verstehst mich?“ fragte ich vorsichtig und das Pferd ließ mich wieder aufstehen. „Ja, genau wie andere Tiere habe ich es gelernt mich mit dir zu verständigen. Das geht aber nur durch deinen Geist, das heißt nur du kannst mich verstehen.“ Ich runzelte die Stirn und setzte mich etwas bequemer hin. „Aber warum behauptest du meine Mutter zu kennen? Ich habe dich noch nie in meinem Leben vorher gekannt genauso wenig wie meine Mutter. Die ist nämlich schon seit Jahren tot.“ Die Miene des Hengstes veränderte sich schlagartig und mir war klar, dass ich ihn damit wohl ziemlich gekränkt hatte. „Sie ist tot? Sie hatte mich zwar vorgewarnt dass das passieren wird aber... nun ja mein Beileid Alice. Das tut mir wirklich leid.“ „Ähm, danke.“ Ich wusste noch immer nicht mit der Situation umzugehen und rieb mir die Augen um auch sicher zu gehen dass das doch keine Einbildung ist. Doch das sprechende Pferd war noch immer da. „Woher kennst du mich?“ fragte ich das schwarze Pferd und dies blieb für einige Zeit still. Doch dann endlich antwortete es. „Es scheint alles anders gekommen zu sein. Es tut mir leid aber falls es so ist, ist dies nicht der richtige Zeitpunkt darüber zu sprechen.“ „Was? Nein! Ich habe dich was gefragt Pferd!“ „Dornac!“ Die schillernden Augen kamen wieder viel zu na und ich nickte schnell. „Dornac, endschuldige. Also woher kennst du mich?“ „Jeder neugeborene Krieger bekommt hier ein eigenes Fohlen. Deine Mutter hat unseren Geist schon sehr, sehr früh miteinander verbunden. Durch die Magie war es uns möglich im Geiste miteinander zu reden. Meine Aufgabe ist es also dich zu begleiten, was ich auch immer getan habe. Doch dann als du älter wurdest sagte mir deine Mutter die müsste dich in Sicherheit bringen und ich dürfte nicht mitkommen. Sie hatte mir befohlen, egal was passiert, hier auf dich zu warten.“ „Meine Mutter kannte Magie? Wie kann das sein!“ „Dir ist klar Alice, dass du und deine Mutter aus Astragon stammt?“ Nein. Ich stammte aus einer ganz normalen Familie in einer ganz normalen Welt. Was sollte ich denn noch alles erfahren was in meinen Leben so schief gelaufen war? Konnte ich mir überhaupt noch sicher sein das irgendwas an meiner Vergangenheit stimmt! „Nein, das weiß ich nicht oder wusste es erst einmal noch nicht. Du willst mir also sagen, dass meine Mutter zaubern konnte, du mein Sprechender Beschützer bist und ich aus diesem verdammten Loch hier komme?“ „Ja.“ Dornac schaute mich genauso verwirrt an wie ich ihn und ich versteckte mein Gesicht in meinen Händen. „Ach ihr könnt mich doch alle mal am A*!“

 

Sollte es euch je mal passieren, dass jemand euer ganzes Leben auf den Kopf stellt, dann bedenkt eins: Immer ruhig bleiben, anderes bringt sowieso nichts. Genau das dachte ich mir auch als ich Dornac, meinen Geistlichen Beschützer, darum bat mich wieder zum Trainingsplatz zu bringen. Dieser gehorchte und ich zog mich mit Hilfe eines Steines auf den schwarzen Rücken. Als ich mich wieder fest in der Mähne verankert hatte bat ich Dornac diesmal etwas langsamer zu machen und er fiel in einen etwas langsameren Galopp. „Wie großzügig.“ Hatte ich vor mich her gemurmelt bevor ich auf seinem Rücken in einen tiefen Schlaf viel. Der Rücken dieses Pferdes war für mich wie ein zweites paar Beine und ich hatte das Gefühl, dass ich auch auf seinem Kopf schlafen könnte, ohne runter zu fallen. Und das gefiel mir.

Als wir am eigentlichen Trainingsplatz ankamen war die Sonne schon fast hinter den Mauern verschwunden. Ich erkannte noch einzelne Schüler die ihre Pferde führten oder absattelten. Am äußeren Rande des Großen Erdplatzes erkannte ich Andrew mit einem Mädchen und einem Jungen reden. Den hellen Kopf von June erkannte ich sofort und ich bat Dornac leicht flüsternd hier anzuhalten. Dieser gehorchte und ich ließ mich von seinem Rücken fallen. Kurze Zeit hatte ich Angst meine Beine würden wieder nachgeben doch dann landete ich plötzlich in Andrews Armen. Dornac versuchte gerade June davon abzuhalten ihn ein Halfter über zu ziehen doch ich blickte nur einmal böse zu ihm rüber und er verstand. Die Umstände, dass ich gerade vollkommen fertig in Andrews Armen lag ließen mich mal wieder rot anlaufen und ich war froh, dass er auch schon auf dem Weg war mich zu einer Bank zu tragen. Ich sah nur noch wie June Dornac in Richtung Stallungen brachte bevor ich auch schon auf der Bank saß und Andrew sich neben mich setzte. Seine Augen waren sehr dunkel und ich musste mit Freude feststellen, dass er sich wohl wirklich Sorgen um mich gemacht hatte. Was wahrscheinlich auch daran lag dass das meine erste Stunde war... Aber er hatte sich Sorgen gemacht! „Mach so was nie wieder Alice oder ich muss Kaligola sagen er soll dich aus meinem Unterricht nehmen.“ Ups. Andrews Müdigkeit hatte sich in Wut verwandelt und seine Bedrohlich schönen Augen starrten mich mit aller schwärze böse an. Ich sank noch tiefer zusammen und die röte auf meinen Wangen hatte sich in ein komplett Gesicht verdeckendes Rot verwandelt. „Tut, tut mir wirklich leid.“ Murmelte ich und wartete gespannt auf eine Antwort. Doch Andrews Züge wurden wieder weicher und er schüttelte plötzlich lachend den Kopf. „Ach weißt du was, ich kann das einfach nicht mit diesem ernsten Lehrer spielen. Da sitzt ein nicht gerade zwei drei Jahre jüngeres Mädchen vor mir und sieht aus als würde es gleich im Boden verschwinden.“ Der plötzliche Wechsel von Andrews Ton erschrak mich noch mehr und ich konnte nicht anders als ihn mit offenen Mund an zu starren. Andrew jedoch blickte nicht zu mir sondern beobachtete einen der Schüler. „Das ist echt verrückt. Vor nicht mal einem Jahr war ich genauso ein Schüler und jetzt hatte man mich darum gebeten zu unterrichten! Ich meine ich habe das reiten schon immer geliebt aber das es so kommen würde hätte ich nie gedacht. Ich meine Schau mich doch mal an sehe ich etwa aus wie ein Lehrer?!“ Erwartungsvoll starrte Andy mich an und kurze Zeit starrte ich immer noch mit offenem Mund zurück bevor ich endlich die Stimme wieder fand. „Ähm, nein. Also nicht wirklich.“ Ehrlich gesagt so was von überhaupt nicht. Was war eigentlich mit mir los das ich jetzt auf jeden neuen Typen stand? Hat wohl was mit dem Klima zu tun. „Ja genau! Deswegen ja. Ich weiß nicht ob ich das überhaupt schaffe hier zu unterrichten. Weißt du eigentlich dass du, wenn du mich so anstarrst, echt verdammt dämlich aussiehst?“ Wie bitte? Wie kommt er denn jetzt darauf? Also das war echt zu viel, Lehrer oder nicht! Ich sprang plötzlich von der Bank auf und drehte mich blitzschnell zu Andy hin. „Wer glaubst du eigentlich wer du bist? Sie dich doch mal an mit deinen verdammt perfekten schwarzen Haaren und den Armen und...“ Ich stockte genauso plötzlich wieder als ich begriff was ich da sagte. Andrew jedoch schien das ganze sehr zu gefallen, da er jetzt bei dem Versuch ebenfalls auf zu stehen lachend wieder nach hinten kippte und es erst beim zweiten Versuch schaffte. Der plötzliche Größen Unterschied der dabei entstand ließ mich einen Satz nach hinten machen, doch ich wurde von Andrew Griff um meinen Arm abgehalten. Die paar Zentimeter, die sich jetzt nur noch zwischen unseren Gesichtern befanden brachten nicht ziemlich viel. Das Blut in meinen Wangen schoss nach oben und mein Puls spielte verrückt. „Weißt du überhaupt was für eine verdammte Anziehung du auf Männer hast?“ Andrews Stimme war kaum noch ein flüstern und ich schaffte es nicht zu antworten als sein Gesicht sich plötzlich noch näher an meinem befand. Andrew begann mich zu küssen und zog meinen Körper noch enger an sich und ich konnte nicht anders als meine Arme um seine Schultern zu legen und den Kuss zu erwidern. Kurze Zeit blieb für mich die Zeit stehen. Andrew Kuss fühlte sich einfach zu gut an doch genauso plötzlich wie es begonnen hatte schob er mich auch wieder von sich. Ich schaffte es grad noch so nicht hinzufallen und drehte mich verdammt sauer um meine eigene Achse. Hinter uns war June nicht mehr als Zehn Meter von uns entfernt stehen geblieben und man brauchte nicht viel um zu erkennen, dass sie das Lachen nur schwer zurück halten konnte. Das Ganze war verdammt peinlich und ich konnte nicht anders als auf den Boden zu starren. Andrew war der erste der seine Worte wieder fand. „Ja, schön dass du wieder gesund da bist. Ähm, die Sachen kannst du behalten wir sehen uns dann wahrscheinlich morgen. Gute Nacht.“ Seine Miene war steinhart und ich fühlte einen leichten Stich im Herzen als er sich ohne was Weiteres zu sagen umdrehte und ging. „Gute Nacht.“ Murmelte ich ihn hinterher bevor ich mich zu June umdrehte und wir uns entgegen kamen. Länger konnte sie ihr Lachen jedoch nicht zurückhalten und wälzte sich eine Zeit lang nur vor mir auf dem Boden. Als sie sich wieder einigermaßen eingekriegt hatte legte sie mir nur den Arm um die Schulter und meinte: „Jetzt auch noch mit einem Lehrer. Du bist echt der Hammer Süße!“ Ich drückte die Lippen auf einander und schaute zu der großen hellen Mauer. Das war wohl nun wirklich mein neues Zuhause. Ich hatte jetzt was mit fast zwei älteren Jungs und meinem Lehrer. Willkommen Zuhause. Ich wollte erst den Weg lang ernst bleiben doch June brachte es auf den Heimweg doch soweit, dass ich in ihr Lachen mit einstieg und wir völlig fertig endlich vor unserem Zimmer ankamen. Nummer 11.

Als wir beide fertig in unseren Betten lagen hörte ich plötzlich June fragen: „Das wird aber nicht ernstes mit dir und Andrew?“ Ich schmunzelte und versicherte ihr: „Glaub mir, dass war ne einmalige Sache. Ich weiß selber nicht wie das kam ich meine er hat mich zuerst geküsst.“ „Dein ernst, wie wars?“ Daraufhin gab ich keine Antwort mehr sondern löschte nur die kleine Kerze und machte die Augen zu. June folgte meinem Beispiel und drehte sich zur Wand um. „Danke.“ Flüsterte ich ihr noch kurz zu bevor ich mich, so glücklich wie die letzten Tage noch nie, ebenfalls umdrehte und kurz danach einschlief.

 

 

 

Kapitel 18

 

 

June brauchte ganze drei Anläufe um mich endlich aus dem Bett zu bekommen. Ich hatte sehr schlecht geschlafen und einen eigenartigen Traum mit einem Sprechenden Pferd und dann tauchte da plötzlich meine Mutter auf. Sie war kaum zu erkennen und verschwand fast ganz im Nebel. Die Frau war wunderschön und besaß die gleichen Pechschwarzen Haare wie ich. Sie hatte ein paar unhörbare Worte geflüstert und ist dann zusammen mit dem Pferd ganz verschwunden. Ich wollte ihr hinterher renne, fiel aber hin und landete plötzlich ich Andrews Armen. Seine perfekt schwarzen Augen brachten mich fast zum dahin schmelzen und gerade wo er seine Lippen behutsam auf meine legte bekam ich mit Junes Kissen einen übergebraten. June, die zufrieden über ihre Leistung war mich aufgeweckt zu haben, verschwand im Bad und ich raffte mich mit einem lauten Stöhnen auf. Meine Knochen taten von dem Ritt am vorigen Tag höllisch weh und als ich in das Fenster starrte erkannte ich, dass ich geweint hatte. Meine Augen waren tief unterlaufen und immer noch etwas feucht. Ich konnte mich nur noch sehr wenig an meine Mutter erinnern und es kam nicht oft vor das ich von ihr träumte, doch wenn es so kam sah ich immer genauso aus wie jetzt. June hatte das Bad wieder verlassen und ich stolperte zu meinem Schrank um mich fertig zu machen. „Na, schön geschlafen?“ June trällerte irgendein Lied vor sich hin und bemerkte meine schlechte Laune anscheinend nicht. „Naja.“ Brummte ich bevor ich mit den neuen Klamotten in dem kleinen Bad verschwand. June schien das wohl nicht zufrieden zu stellen denn ich hörte ihre Stimme vom anderen Ende des Zimmers. „Naja ist ja nicht so gut, du weißt aber hoffentlich das du mir wenn’s dir schlecht geht alles sagen kannst?“ „ja wem soll ich es denn sonst sagen?“ brüllte ich zurück und machte mich daran mein Gesicht so gut es ging in Ordnung zu bringen. „Ja was weiß ich! Wir haben heute Montag, das heißt wir haben keinen festen Unterricht. Jeder von uns macht heute irgendwelche anderen Fächer oder geht in die Stadt. Soweit ich weiß solltest du heute aber Erigan bei dem Schulgebäude treffen, vielleicht eine Einzelstunde.“ „Aha.“ Ich hatte nicht wirklich Lust heute auch nur irgendwas zu tun aber nun gut. „Was machst du heute?“ ich war fertig und kam wieder aus dem Bad. Ich trug wieder einen schlichten Rock und dazu diesmal ein einfaches Top mit großem Ausschnitt. „Ich nehme an einem weiteren Schwertkämpfer Kurs teil.“  „Aha.“ Ich lächelte dankbar als ich June vor mir mit einem Tablett mit Brot und was Zutrinken vor mir sah. „Einer der Hausfrauen bringt uns jeden Morgen was vorbei. Ich werde dich heute Abend dann glaub ich das erste Mal mit in den Gemeinschaftsraum mitnehmen wo wir alle essen. Bis dahin, frag einfach wenn du Hunger hast.“ June lächelte mich aufmunternd an und gab mir ein Stück Brot. Ich erwiderte das Lächeln und folgte June hinaus. Als wir bei der riesigen Nyl Statue vorbeikamen verbeugte ich mich einmal kurz bevor ich lächelnd nach draußen trat. Es war ein herrlicher Tag. Mal wieder. Die Sonne war gerade aufgegangen und ließ das letzte bisschen Kälte verschwinden. Am Himmel stand keine einzige Wolke und ich atmete tief die Luft ein. Vor dem Gebäude tat sich schon etwas. Mehrere Schüler liefen auf dem großen Hof auf und ab und unterhielten sich. Ich erkannte Sophie die bei unserem Anblick freundlich winkte. „Also Alice.“ June war stehen geblieben und beäugte mich unschlüssig. „Glaubst du, du schaffst es alleine zu Erigan hinter den Schulgebäuden.“ Ich überlegte kurz doch das wäre doch gelacht wenn ich das nicht hinbekäme. „Klar.“ „Super, danke! Also viel Spaß wir sehen uns heute Abend.“ Sie winkte mir noch einmal zu bevor sie zu Sophie lief. Ich winkte zurück und begann ebenfalls zu laufen. Vor mir erstreckte sich das Moschee ähnliche Schulgebäude und ich aß den letzten bissen meines Brotes bevor ich die Klinke runterdrückte und in den stickigen Raum trat. Schwaches Licht schien durch die Staubigen Fenster. Das Wasser des Brunnen erfüllte den Raum mit einem lauten Geplätscher und ich verbeugte mich ebenfalls lächelnd vor der männlichen Statue. Soweit ich es verstanden hatte, besaßen die Einwohner Astragons wie zum Beispiel die alten Römer viele Götter. Das ich bis jetzt erst zwei kannte ließ mich jedoch kurz stoppen. Wenn es hier sogar Drachen und Magie geben sollte, warum sind ihre Götter nicht auch echt? Mein Blick wanderte vorsichtig wieder zu der Statue doch nichts war passiert. Mit einem unguten Gefühl im Nacken durchquerte ich mit ein paar schnellen Schritten den Rest des Mittelteils des Raumes. Immer wieder drehte ich mich kurz um, um sicher zu gehen, dass mich die Statue nicht beobachtete. Anstellerei ja, aber ich war mir sicher das die Statue es auf mich abgesehen hatte. Endlich am anderen Ende des Raumes angekommen wusste ich nicht weiter. Vorsichtig schielte ich in die verschiedenen Klassenräume, doch niemand war zu sehen. Nach dem vierten Raum stoppte ich als mir eine kleine, offene Tür auffiel. Sie befand sich an der Hinteren Wand von einen der Räume und leichtes Licht fiel durch sie nach innen. Ich durchquerte den Raum und ging gespannt durch die kleine Tür. Sie führte zu meinem Erstaunen nicht nach draußen sondern in eine Art Wintergarten der an das große Gebäude mit angebaut war. Die Kuppel war vollgestellt von bunten Pflanzen die ich nicht kannte. Es war sogar fast unmöglich die hintere Wand des Gebäudes zu erkennen. Ein frischer Duft erfüllte den Raum und es war durch die warme Luft leicht stickig. Ich ließ die Tür hinter mir zufallen und machte ein paar Schritte auf eine der Pflanzen zu. Vorsichtig streckte ich meine Hand nach der pechschwarzen Rose aus um sie berühren zu können. Ihre Blüten kamen mir nicht echt vor so wunderschön leuchteten sie. Immer weiter streckte ich meine Hand nach dem mit Dornen bestickten Stiel aus, wurde dann aber plötzlich von einer Hand nach hinten gerissen. „Bist du verrückt geworden?“ schrie es mich von hinten an und schaute erschrocken in Erigans Gesicht. Als dieser mich erkannte wurde seine Miene weicher und er ließ mich los. „Alice, endschuldige aber diese Rose dort ist Lebensgefährlich.“ Mit einer freundlichen Geste bot er mir an mich auf eine kleine Bank zu setzten und ich ließ mich langsam nach hinten fallen. Als Erigan ebenfalls neben mir Platz genommen hatte begann ich ihn zu fragen: „Wieso, was ist denn an der Blume so gefährlich?“ Erigan rückte sein komisches Kleid glatt bevor er antwortete: „Diese Rose dort nennt man schwarzer Schatten und die Dornen dieser Art beinhalten ein sehr, sehr gefährliches Gift. Einmal gestochen bleib die Dorne in deinem Fleisch hängen und beginnt in deine Haut mit einzuwachsen. Es gibt keine Change sie wieder loszuwerden und hat sie einmal angefangen ihr Gift zu verteilen dauert es nicht mal eine Nacht und du stirbst an den Qualen.“ Erschrocken wanderte  mein Blick zu der wunderschönen Pflanze und ich schluckte. „Aber keine Angst, normalerweise weiß das jeder hier von klein an.“ Ich nickte etwas abseits und riss meine Augen von der Rose los. „Du wolltest mich sehen?“ fragte ich den alten Mann und dieser räusperte sich kurz. „Ja genau. Kaligola hat mir die Aufgabe erteilt dich in eines der größten Geheimnisse Astragons ein zu weihen. Ich bin sehr geehrt das er mir dies zutraut doch ich bekomme Hilfe. Ich bitte dich mir den Rest des Tages zu folgen und jeden Schritt den du machst bei dir zu behalten. Niemand darf davon erfahren wo wir waren außer, er weiß davon. Habe ich dein Wort Alice Tulip?“ Stirn runzelnd nickte ich doch Erigan blickte mich noch ernster an. „Das ist kein Witz Alice. Bitte, sprich meine Worte nach: Et nominar´dea Nyl me´ducanta´.“ Leise wiederholte ich die Worte und ich hatte plötzlich für kurze Zeit Gänsehaut. Egal wie aber diese Worte besaßen eine ähnliche Kraft wie die, die June vor der Nyl Statue gesprochen hatte. Ich blickte zu Erigan der zufrieden lächelte und fragt ihn neugierig: „Was bedeutet das?“ Erigan lächelte breiter und beugte sich leicht zu mir. „Mit diesen Worten bittest du die Göttin Nyl, dir zu helfen keine Lügen oder Geheimnisse zu erzählen. Sie bedeuten so viel wie: im Namen der Göttin Nyl, hilf mir keine Schande zu sprechen.“ Ich musste kurz überlegen bevor mir klar wurde das Erigan mich manipuliert hatte. Sollte das Stimmen dass diese einfachen Worte verhindern könnten, dass ich irgendwas Unerwünschtes sagte, war mein Versprechen nun Realität. „Aber ich würde nie irgendwelche Lügen.“ Ich stockte plötzlich und musste Husten. Mein Hals begann zu kratzen und ich schluckte einmal kräftig. Erigan lachte fröhlich vor sich hin und ich könnte nicht anders als verwirrt den Boden anzustarren. Das konnte einfach nicht wahr sein! Das alles hier. „Nun denn.“ Erigan stand auf und ich tat es ihm gleich. „Nachdem wir ja jetzt sicher sein können das du dein Versprechen hältst, folge mir.“ Erigan wollte schon auf die kleine Glastür zugehen doch ich kam ihm zuvor. „Aber wie kann es sein das eine einfache Sprache so viel Macht besitzt?“ Erigan blieb stehen und blickte mir direkt in die Augen. „Die Uhralte Sprache ist keine einfache Sprache. Sie wurde von den Drachen selbst entwickelt, von denen sie genau wie wir ihre Kraft zieht. Diese Sprache ist die direkte Verbindung zwischen den Menschen und  den Gestalten dieser Welt. Wenn du ihre Worte sprichst ist es dir nicht möglich Lügen zu erzählen. Sie beinhaltet die einfache, natürliche Wahrheit welche den Menschen schon lange verloren ist. Sie haben begonnen  zu Lügen in ihrer eigenen Sprache und die Wichtigkeit der Wahrheit fast vollkommen vergessen. Nachdem wir die Verbindung durch die Roten Flammen zu den Drachen verloren hatten, starb diese einmalige Sprache bei den Bürgern aus. Sie verloren den Glauben an die Magie der Drachen, deshalb ist  es so wichtig ist das du hier bist. Nur durch dein Bild können wir den Bürgern Astragons weiß machen das diese Magie nicht verloren gegangen ist. Nun, folge mir jetzt bitte und zwar ruhig.“ Ich wollte schon die nächste Frage stellen doch Erigan war schon hinter der Tür verschwunden.  Hastig machte ich mich daran ihn zu folgen und achtete schon nach kurzer Zeit nicht mehr wo genau wir jetzt hinwollten.

 

Ich riss den Kopf nach oben als ich plötzlich halb am Schlafen gegen Erigans kräftigen Rücken lief. Ich konnte mich nur noch daran erinnern dass wir das Schulgebäude verlassen hatten und durch die elend langen Gänge des Hauptgebäudes, Kaligolas Sitz, geirrt sind bevor wir vor einer kleinen Treppe anhielten. Wir befanden uns in einer Art Keller, dessen Wände aus einfachen, groben Stein gebaut waren. Der Boden fühlte sich an wie platt getretene Erde und die einzigen Lichtquellen waren zwei sehr alte Fackeln an den Wänden. Als ich meinen Blick wieder zu der Treppe wandte erkannte ich einen anderen Mann, der lässig am Geländer lehnte. Er war Mitte dreißig und trug eine einfache Hose mit einem Wams. Seine dunklen Haare um wirbelten seinen Kopf mit Locken und seine buschigen Augenbrauen ließen die himmelblauen Augen noch mehr hervor stechen. Ich blinzelte einmal bevor ich die Hand des Mannes entgegen nahm und sie schüttelte. Seine grobe Stimme halten von den engen Wänden wieder und ich bekam Gänsehaut. „Sei Gegrüßt. Ich bin Leonard.“ „Alice.“ Gab ich freundlich zurück und Leonard erzählte weiter. „Ich wurde mein Leben lang dafür ausgebildet wie meine Generationen vorher die Rote Flamme, die es nach Astragon schaffte auszubilden. Ich bin einer der sehr wenigen Menschen der über diese Kenntnisse und Übungen verfügt und es ist mir eine Ehre dich vorzubereiten zu dürfen.“ „Vorbereiten wofür?“ Erigan lachte und schob mich sanft hinter Leonard die dunkle Treppe runter. Die beiden Fackeln in den Händen der Lehrer erhellten den Raum fast ganz und ich konnte nichts erkennen als einen Tunnel mit dreckigen Wänden. Eine gefühlte Ewigkeit führten mich die Männer durch den Gang bevor etwas Licht in Sicht kam. Plötzlich stoppte Erigan und ich drehte mich zu ihm um. Der alte Mann beobachtete mich kurz bevor er begann zu reden. „Ich weiß Alice, dass du diese Geschichte mit Magie nicht richtig glaubst doch ich bitte dich für diesen Moment die Situation einfach auf dich wirken zu lassen. Du betrittst nun ein fast heiliges uraltes Bauwerk der Flammen und ich möchte einfach, dass du dies bedenkst. Nun weiter Leonard.“ Ich drehte mich wieder in Richtung Licht und mein Magen drehte sich um. Die Kammer mit Licht war eine Art langer Gang und wir durchquerten den breiten Flur. Nicht lange und wir kamen an eine weitere Öffnung durch die Licht fiel. Diesmal aber nicht das schwache von Feuer sondern eher grelles wie Tageslicht. Ich schluckte und kniff die Augen zusammen als mir das grelle Licht in die Augen fiel. Meine Augen brauchten noch einen Moment bevor sie sich an das Licht gewöhnt hatten doch dann wurde alles ganz klar. Mein Kinn fiel herunter und die Gänsehaut verteilte sich auf jeden kleinen Punkt an meinem Körper. Wir standen auf einer Art Plattform und vor uns erstreckte sich das wohl mächtigste was ich je in meinem Leben gesehen hatte. Unter uns ging es mehrere Meter nach unten und die Decke befand sich in einer unbeschreiblichen Höhe über uns. Die Höhe ermöglichte uns gerade über die Spitzen der Bäume zu schauen welche sich im ganzen Raum verteilten. Es gab einige die Höher waren und aus den Blätterkronen heraus ragten. Das Licht kam aus einer riesigen Öffnung am Ende der Halle und ließ die Höhle im Tageslicht erstrahlen. Vögel kreisten über die Wälder und hin und wieder konnte man kleinere Rehe auf Lichtungen erkennen. Die verschiedenen Farben der Bäume und Blumen erfüllten sogar an manchen Stellen die kalten Wände der Höhle und beim genaueren Hinschauen erkannte man hin und wieder einen kleineren Felsvorsprung oder sogar eine Höhle. Doch das war nicht genug. Mit großen Augen bestaunte ich die Landschaft als sich plötzlich das wunderschönste Lebewesen das ich je auf diesem Planteten zu Sicht bekommen hatte direkt von einen der Lichtungen erhob. Die Schläge der mächtigen Flügel brachten die Bäume nah der Lichtung ins Schwanken als sich das Tier erhob. Tausende von Schuppen glitzerten durch das grelle Tageslicht auf dem Körper des Tieres und der riesige Körper begann in unsere Richtung zu fliegen. Erigan rief bei dem Anblick des mächtigen Drachens laut auf vor Freude und ich musste ebenfalls breit lächeln. Dass ich so etwas Schönes sehen durfte war einfach unglaublich. Die Schuppen des Drachens erstrahlten in einem hellen blau genau wie die mit breiten Federn bestickten Flügel. Am Ende der breiten Schwingen besaß das Tier eine Art Kralle, so groß wie ein ganzer Unterarm. Der Kopf war breit und zwei kleine Hörner ragten aus dem der Stirn. Aus den Nasenlöchern kam Rauch und als das Tier das Maul öffnete kamen hunderte von scharfen Zähnen zum Vorschein. Ich erschauderte als mir plötzlich bewusst wurde das dies kein Traum war. Diese wundersame Gestalt kam gerade wirklich mitten auf uns zugeflogen und ich versuchte ein paar Schritte zurück zu machen. Mein Körper hinderte mich dabei leider da er vom Anblick des Drachens immer noch stock streif war. Auch Leonards Gesicht wurde weißer als der Drache uns fast erreicht hatte. Erst vom nahen wurde mir seine gewaltige Größe klar und ich hatte Angst meine Beine würden unter mir nachlassen. Der Körper hatte alleine die Größe eines ein Familien Hauses und zusammen mit dem langen Hals und dem breiten Schwanz fasste er bestimmt ganze drei Fußballfelder. Mir vorzustellen vor so einem Ding zu stehen oder sogar zu sitzen war unmöglich. Der Drache hatte uns erreicht und mein Herz rutschte mir nun endgültig in die Hose. Mit ein paar kräftigen Schlägen mit den riesigen Flügeln setzte das Tier auf den Boden auf und ich wurde von einem heftigen Windsturm nach hinten gerissen. Mein Hintern tat weh und rieb ihn mir kurz bevor Leonard mir die Hand gab. Ich schaute wieder zu dem Drachen zu dem jetzt Erigan gegangen war. Die Lippen des alten Mannes bewegten sich nur sehr leicht und man konnte überhaupt nichts hören doch der Drache reckte interessiert den Hals. Es schien wirklich so als würde er Erigan verstehen. Kurze Zeit tauschten die beiden sich aus, dann richteten sich die riesigen blauen Augen in meine Richtung und Erigan wandte sich ebenfalls um. Ich schluckte und versuchte dem Blick auszuweichen doch dann erklärte Erigan freundlich. „Komm Alice, nicht so schüchtern. Er möchte dich gerne kennen lernen.“ Bei Erigans Worten hob der Drache seinen Kopf wieder ohne mich aus den Augen zu lassen und kurze Zeit später schaute er aus gefühlten dreißig Metern auf mich herab. Ich erzwang mir ein Lächeln und schluckte die plötzliche Übelkeit schnell herunter.

 

Was immer dieses Ding war, langsam war es nicht mehr witzig. Erigan lächelte fröhlich in sich hinein ohne mitzubekommen das meine Farbe im Gesicht langsam komplett verschwunden war. Der Drache hatte sich netterweise neben uns hingelegt, den Kopf über beide nach vorne ausgestreckte Vorderbeine gelegt und beobachtete mich weiter. Zu meinem Erstaunen reichten mir die nur wenige Meter weiter weg liegenden Krallen des Drachens so bis zur Hüfte. Sollte er sich kurz dazu endschließen sie zu strecken wäre ich wahrscheinlich in kurzer Zeit tot und würde zwischen den scharfen Krallen stecken. Ich versuchte die Gedanken abzuschütteln und gab mir einen Ruck. „Ähm, ja. Sei gegrüßt Drache... ich bin Alice.“ Ich versuchte zu lächeln sah aber eher aus als hätte ich irgendwas verschluckt. „Save´ Alice.“ Ich zuckte zusammen als ich ihn meinem Kopf wieder eine Stimme hörte. Sie war nicht so dunkel und hatte einen schon fast honigsüßen Klang. Ich wusste nicht genau was er mit Save´ meinte, meinen Namen jedoch hatte ich klar verstanden. Erigan erkannte meinen verwirrten Blick und versuchte mir zu helfen. „Das ist Saecleres. Er ist fast der einzigste Drache der die Alte Sprache noch beherrscht und sich mit den Menschen verständigt. Er verbindet sich genau wie andere Lebewesen mit unserem Geist, um mit uns zu sprechen, kann jedoch nur die Alte Sprache. Save´ Alice heißt zum Beispiel Sei gegrüßt Alice.“ Ich nickte und verbeugte mich lächelnd vor Saecleres. Der alte Drache neigte ebenfalls den Kopf und mein lächelnd wurde breiter. Die Unsicherheit in meinem Kopf legte sich langsam wieder. Erigan wandte sich wieder zu mir: „Ich habe in gerade erklärt das du die Alte Sprache noch nicht beherrschst. Er war einverstanden uns einen späteren Zeitpunkt noch einmal hier zu treffen und ich sollte die ausrichten, dass er glaubt, du wärst ein sehr starkes Mädchen. Er mag dich Alice, unterschätze dieses Geschenk nicht.“ Ich schielte kurz zu Saecleres, dann wieder zu Erigan. „Wie sage ich also danke und auf wieder sehen in der Alten Sprache?“ „Wir sagen so viel wie doco´ et seva´re.“ Mir waren diese Wörter vollkommen fremd doch sie hatten einen echten Reiz wenn man sie aussprach. Der Drache begann plötzlich sich aufzurichten und ich machte erschrocken einen Satz nach hinten. Die Augen des Tieres gehörten wieder Erigan und seinen Worten und ich wartete gespannt. Leonard hatte das ganze geschehen von etwas abseits mit angehört. Seine Augen waren von einem Schatten bedeckt und es schien als würde er schlafen. Wieder begann Erigan zu übersetzen. „Saecleres hat sich sehr gefreut dich kennen zu lernen. Er bittet dich jedoch noch einmal, niemanden von hier unten zu erzählen und dein Wort auch zu halten. Er weiß dass dieser Besuch sehr kurz war doch er weiß auch, dass es für dich von großer Bedeutung ist ihn gesehen zu haben. Er möchte sich hier verabschieden und hofft auf ein schnelles wieder treffen.“ Kurz danach fügte er noch hinzu. „Es war sehr gut von dir dich ihm so offen zu zeigen. Ich hatte eine ganz andere Reaktion erwarten, doch durch dein Verhalten hast du ihn schnell dazu bekommen dich zu mögen. Und das ist bei dieser Art von Drachen nicht einfach.“ Wieder konnte ich nur nicken und mich vorsichtig den Drachen zuwenden. Denk dran Alice er mag dich. „Doco´ et seva´re.“ Bei den Worten hellten sich die Augen des Drachens auf und es schien fast so als würde er sich freuen. „Seva´re.“ Antwortete der Drache bevor er seine riesigen Flügel ausstreckte. Ich hielt mir schnell die Arme vors Gesicht um den Wind der einzelnen Schläge nicht abzubekommen, würde jedoch einige Meter weiter nach hinten geblasen. Auch Erigan und Leonard versuchten sich vergeblich auf dem Boden zu halten und als der Wind sich legte war der Drache schon fast wieder hinter den Bäumen verschwunden.

 

 

Kapitel 19

 

 

Der Rückweg verging in wenigen Sekunden. Ich war so in meine Gedanken vertieft, dass ich gar nicht mehr mitbekam  wo genau mich die beiden Männer jetzt hinführten. Ich stand gerade vor einem Konflikt mit zwei verschiedenen  Lösungen: Entweder glaube ich meinen Augen einfach mal und versuche wenigstens etwas mit diesen neuen Bildern klar zu kommen, oder ich halte mich weiter an den gesunden Menschenverstand und versuche alles Logisch zu sehen. Wenn es überhaupt ginge. Die Erkenntnis, dass die Menschen hier wie im frühen Mittelalter lebten und sich auch schon Jahre lang so benahmen ist ja noch real. Mit der neuen Lebensweise habe ich mich ja auch schon abgefunden. Das dies aber eine komplett andere Welt sein soll in der es Fabelwesen und sprechende Pferde gibt... wir wollen sehen. Lass es auf dich zukommen Alice.

Mir war klar das Erigan das mit dem Drachen und der Geheimhaltung ernst meinte auch wenn ich noch nicht ganz verstand warum. Wenn die Menschen hier doch so dringend Drachen  brauchen, sollten sie nicht längst von ihm wissen müssen? Andererseits ist es ja auch so das nur Leute wie ich mit den Drachen klar kommen, und weil ich ja nun nach Ansagen des Königs die einzige bin sollte ich auch nur davon wissen. Weiß Kaligola überhaupt von dem Drachen? Doch muss er ja. Wir waren wieder auf dem großen Hof zwischen den Schulgebäuden angekommen und der Sonne nach zu urteilen war es ungefähr Spät Mittag. Unter dem großen Baum mit der Bank entdeckte ich plötzlich Damen welcher lässig mit dem Rücken am dicken Stamm lehnte und uns beobachtete.  Ich lächelte kurz und auf seinem Gesicht entstand ebenfalls ein Lächeln. Erigan bemerkte den Jungen und blieb stehen. Bevor er mich zu Damen gehen ließ umfasste er meine Schultern und schaute mich mit seinen dunklen Augen an. „Ich möchte dass du es geheim hellst, Alice. Vergiss das nicht.“ Ich nickte kurz und Erigan ließ mich los. Damen lief schon ungeduldig auf und ab als ich mich schnell noch von Ergian und Leonard verabschiedete. Mit einem freudigen Gefühl im Bauch näherte ich mich dem großen Jungen und Damen zog mich zur Begrüßung in seine Arme. Für kurze Zeit war ich in seiner Umarmung gefangen und atmete nur tief seinen wundervollen Geruch ein bevor er mich leicht von sich wieder wegdrückte. Ob ich wollte oder nicht ich hatte seine tiefgrünen Augen vermisst. Ich zuckte leicht zusammen als er mit seiner tiefen Stimme anfing zu reden: „Ich hab dich vermisst, Süße. Kaligola hatte mich für diesen Nachmittag zu dir geschickt um dir ein bisschen mehr von unserer Anlage hier zu zeigen.“ Ich erinnerte mich wieder an seine und Eriks Streiterei darüber wer mich trainieren durfte und lief plötzlich leicht rot an. „Ähm, ja klar gerne. Das stimmt bis jetzt hab ich noch nicht viel gesehen.“ Damen nickte leicht und stimmte mir etwas verärgert zu. „Ja bis jetzt warst du ja erst in den Unterrichtsräumen und beim Stall. Ich habe gehört du hast Bekanntschaft mit dem neuen Lehrer Andrew gemacht.“ Als er bemerkte wie mein Gesicht bei seinen Worten knall rot anlief wurde sein Blick wütend und seine Hände ballten sich zur Faust. Ich machte Reflexartig einen Schritt nach hinten was Damen noch mehr verärgerte.

Doch bevor ich mir Gedanken darüber machen konnte abzuhauen lächelte er schon wieder und nahm meine Hand. Ich ließ es zu um ihn nicht noch mehr zu verärgern und so gingen wir Hand in Hand über den staubigen Boden. Das erste was Damen mir zeigen wollte war ein großer Garten hinter Kaligolas Gebäude. Ich erinnerte mich sofort an den Ausschnitt den ich vor wenigen Tagen aus Kaligolas Büro gesehen hatte und lief auf die Statue zu. Ich konnte nicht genau erkennen ob es sich bei dieser Frau um Nyl handelte, da die Statue von oben bis unten von einer Art grünen Gewächs umgeben war. Aus der Ferne war mir das gar nicht aufgefallen. Damen jedoch schien den Garten nicht sonderlich interessant zu finden da er schon wieder ein anderes Gebäude ansteuerte, was ein wenig hinter der Hausecke von Kaligolas Gebäude herausragte. Ich versuchte ihm so schnell wie möglich zu folgen und kam gerade wieder bei ihm an als er kurz vor einer Art Zelt stehen blieb. Es sah aus wie ein Wintergarten da die Wände größten Teil aus Glas bestanden und von einem riesigen, hellen Tuch bedeckt wurden. Das Gebäude war von mehreren Bäumen umgeben und man konnte hinter ihm durch ein paar Blätter gerade so die Mauer erkennen, die das Schulgelände umgab. Im innerem des Gebäudes befanden sich Tische und mehrere Sitzecken und das ganze erinnerte grob an ein Schnell Restaurant aus der anderen Welt. Die Möbel bestanden fast alle aus einem schönen hellen Holz und die wenigen Wände waren mit Kerzen und Blumen geschmückt. „Was ist das?“ hatte ich Damen gefragt bevor dieser schon wieder abhauen konnte. „Unser Speiseraum. Hier gibt es morgens und abends immer in verschiedenen Schichten etwas zu Essen für alle Schüler. Hast du Lust mich heute Abend zu begleiten?“ Ich überlegte nicht lang als ich antwortete: „Geht leider nicht June wollte mir das hier schon zeigen aber vielleicht ein anderes Mal.“  Damen nickte und ich folgte im weiter zum nächsten Gebäude. Ich wurde langsamer als ich bemerkte dass wir nicht auf das Schulgebäude zuliefen sondern auf eine schmale Gasse welche dieses von der Mauer trennte. Stutzig blieb ich stehen doch Damen quetschte sich durch das Loch und ich eilte ihm nach. Hinter der Lücke kam nicht etwa ein dunkler Keller zum Vorschein sondern eine riesige, von kleinen Hütten und Bäumen umgebende Wiese. Einzelne Stellen waren schon so platt getreten, dass dort kein Gras mehr war und Staub fegte über den Platz. Ich erkannte zwischen den Bäumen Zielscheiben, welche alle nebeneinander ca. dreißig Meter von Platz entfernt standen. Damen führte mich zur Mitte des Platzes und dann zu einer der kleinen Hütten, wo er einen Schlüssel aus seiner Tasche zog. „Kaligola hat mir einen Schlüssel für die Schwerterkammer gegeben und meinte ich sollte dich heute mal ins Training einführen.“ Ich blieb ruckartig stehen wobei meine Haare noch mehr aus meinem Zopf fielen und sich um mein Gesicht legten. „Schwertkammer?“ fragte ich laut und hatte das Gefühl dass die Frage eher an mich gerichtet war. „Ja.“ Damen drehte sich stirnrunzelnd zu mir um und fixierte mich mit seinen grünen Augen. „Hat Erik dir nicht erklärt dass wir hier alle mit einer Waffe umgehen können?“ „Doch.“ Murmelte ich und kaute auf meiner Unterlippe. Klar hatte er mir das gesagt aber ich bin noch nicht wirklich davon ausgegangen das ich wirklich mit einem Schwert kämpfen sollte. Ich meine Hallo, ein echtes Schwert! Ich verletze mich doch nur. Damen hatte meine Unsicherheit wohl bemerkt da er jetzt Lachend den Schuppen öffnete und kurz danach mit einem alten Schwert wieder herauskam. Es war vielleicht gerade einen Meter lang und bestand aus einer einfachen, silbernen Klinge. Der Griff bestand aus dem gleichen Material und um seine Hand nicht zu verletzen war etwas Stoffartiges darum gewickelt. Damen lehnte das Schwert an die Holzwand und verschwand noch einmal in der Hütte. Als er dann mit zwei kleinen Holzschwertern herauskam, welche gerade mal so groß wie mein Unterarm waren, brach ich völlig aus. „Ist das dein ernst? Auch wenn ich so ein Ding noch nie angefasst habe aber du willst jetzt nicht ernsthaft das ich mit so einem kleinen Holzschwert kämpfe!“ Ich war noch gar nicht fertig als ich plötzlich eine Holzspitze an meiner Kehle spürte und Damens warnende Stimme hörte: „Dieses Holzschwert hier kann dir schon genug Schaden zufügen dass du gleich bei den anderen in der Krankenstation landest also halt dich bitte zurück. Für dich klingt das ganze vielleicht witzig aber du bist nicht mehr in deiner alten Menschenwelt-klar? Also reiß dich bitte zusammen und nimm die Situation hier ein bisschen ernster. Du bist nun mal jetzt kein Mensch mehr sondern eine rote Flamme, ein Krieger. Bitte, nimm das Schwert und mach einfach mal das was man dir sagt.“ Ich nickte und mein Hals wurde wieder frei gegeben. Damen hatte recht, ich war nun in einer völlig anderen Situation aber er muss doch auch verstehen das es nicht leicht für mich ist das alles hier einfach mal zu glauben. Hier mitzuspielen.

 

Ich nahm also mein kleines Holzschwert und schon nach kurzer Zeit standen Damen und ich- beide mit Waffen- allein auf der riesigen Rasenfläche und beobachteten uns. Damen hatte mir erklärt ich sollte mich total auf seine Bewegungen konzentrieren und warten bis er angreift, bevor ich den Angriff blockieren sollte. Wie auch immer ich das anstelle sollte. Also begannen ich und der große Junge uns zu umkreisen und ich fixierte immer Damens Waffe. Die Zeit verging als wären es Stunden und langsam verschwand meine Aufmerksamkeit. Es dauerte nicht lange bis ich herausfand, dass ich einen großen Fehler gemacht hatte. Mein Auge nicht mehr auf Damen gerichtet nutze dieser die Change und sprang nach vorne. Mit einer ruckartigen Bewegung schlug er mir von unten mein Schwert aus der Hand und drehte sich blitzschnell einmal um die eigene Achse bevor er sich meinen Arm schnappte und mich in den Schwitzkasten zog. Ich gab einen leisen Schrei von mir und Damen ließ mich frei. Leicht bestürzt blickte ich in Damens Gesicht und dieser sammelte mein Schwert wieder auf und gab es mir. „Ok du hast wirklich keine Ahnung was du machen sollst nicht wahr?“ Ich nickte leicht und lief rot an. „Also gut. Hör zu, wenn du jemanden in einem Zweikampf schlagen möchtest darfst du ihn niemals aus den Augen lassen. Egal wie lange dein Gegner braucht, du musst immer aufmerksam sein. Genauso wichtig ist, dass du dem Gegner immer in die Augen schaust. Das Gesicht des Angreifers verrät mehr über sein nächstes Handeln als alles andere. Beobachte also immer seine Blicke, wo er hinschaut, ob er überlegt. Mit ein bisschen Übung kannst du bald nur durch weinige Blicke herausfinden wie dein Gegner als nächstes Angreifen wird. Und noch etwas, dein Schwert ist dazu da die ersten Schläge in einem Kampf ab zu wären. Angreifen tust du erst wenn der Angriff deines Gegenübers vorbei ist. Noch mal.“ Wieder stellten wir uns wenige Meter auseinander und begannen uns zu drehen. Diesmal beachtete ich Damens Tipp und schaute ihm direkt in die Augen. Als er meinen angestrengten Blick erwiderte musste er plötzlich lächeln und ich passte schon wieder nicht auf. Ein weiteres Mal wurde mir mein Schwert blitzschnell aus der Hand geschlagen und ich bekam ein Schwert in den Rücken. Langsam begann das ganze hier mich zu ärgern. Stinksauer hob ich das Schwert auf und wie stellten uns hin. Diesmal würde ich es schaffen und wenn ich mich dabei umbringen würde. Ich beobachtete Damens Miene und erkannte wie sein Blick von meinem Schwert zu meinem linken  Arm huschte. Dann hob er kurz die Augenbraun und lächelte kaum merklich. Im selben Moment sprang er nach vorne doch ich hatte ihn durchschaut und sprang zur Seite. Mit seinem linken Arm wollte er meinen Arm schnappen und mich so auf den Boden bringen doch jetzt fasste er verwirrt in das Lehre. Mit einem nicht gerade kontrollierten aber schnellen Schlag rammte ich ihm mein Schwert in den Rücken, doch Damen konnte sich fangen und drehte sich lächelnd um. „Respekt!“ Er ließ sein Schwert sinken und kam zu mir. Ich war jetzt schon aus der puste. „Du bist schnell!“ Damens Lob brachte mich ebenfalls zum Lächeln und ein bisschen Stolz weckte sich bei mir. Wir wiederholten diese kleinen Kämpfe noch einige Male, doch außer meiner Geschwindigkeit konnte Damen keine wirklichen Fähigkeiten feststellen. Völlig aus der Puste packten wir die Schwerter wieder in den Holzschuppen und Damen begleitete mich noch einmal zu meinem Zimmer wo ich hoffte June zu treffen damit wir zum Abendessen konnten. Meine Arme waren ungewohnt schwer und meine Beine taten mir weh aber das Kämpfen machte mir Spaß und ich freute mich schon fast auf das nächste Mal. Kriegerin halt. Ich lächelte.

 

 

 

Kapitel 20

 

 

Wir sind wie erwartet nicht lange im Zimmer geblieben sondern gleich wieder raus und auf den großen Schulhof. Die Sonne verschwand schon langsam hinter den hellen Steinen der Mauer als wir an dem großen offenen Zelt ankamen. Anstatt wieder durch den Garten zu gehen nahmen wir diesmal den Weg gleich neben Kaligolas Gebäude. Wie die anderen war er nicht aus Steinen sondern einfach nur getrocknete, platt getretene Erde wie der Rest der Wege. Man hörte leichtes Vogelgezwitscher hinter den Bäumen und wir setzten uns bei den schönen Wetter weit nach außen an eine der geöffneten Wände. Ähnlich wie bei uns mussten wir uns dann abwechselnd Essen  von der kleinen Holztheke in mitten des Raumes holen. Nachdem wir uns jeder etwas von der riesigen Fleisch und Gemüse Auswahl geholt hatten, setzte sich plötzlich Erik zu uns an den Tisch und neben ihm ein etwas kleinerer, rothaariger Junge. Er besaß kleine Sommersprossen und trug ein einfaches, weißes Hemd in dem sein schmaler Körper noch kleiner wirkte. Seine Augen waren braun und er hatte so einen süßen Dackelblick wie es manche Jungs hatten. Sie hatten sich ebenfalls schon etwas zu Essen besorgt und stellten ihren Teller auf den Tisch. Ich blickte in Eriks Augen doch anstatt den Blick erwidert zu bekommen Lächelte er und zeigte zu dem schmalen Jungen. „Ich wollte dir Jonas vorstellen, ein Kumpel aus meiner alten Schwertkampfgruppe. Ich hab ihn heute zum ersten Mal wieder gesehen und dachte ihr wolltet euch mal kennenlernen.“ Ich nickte kurz und lächelte, gab dem Jungen aber kein Wort. Zu sehr beschäftigte es mich das Erik mich nicht einmal begrüßt hatte. Hatte er schon wieder mitbekommen das ich mit Damen trainiert habe? Ich konnte immer noch nicht verstehen warum beide Jungs so Eifersüchtig auf einander sind und das alles nur wegen mir... aber nun gut ich fang ja sowieso mit jedem was an. Hat das wohl etwas mit meiner Kriegerart zu tun? Erik hatte mir ja erklärt dass es zwischen roten und blauen Flammen eine sehr tiefe Verbindung geben kann und wenn die ganzen Männer hier seit Jahren keine rote Flamme mehr gesehen haben, vielleicht überrumpelt sie das einfach. Dachte ich wirklich grad darüber nach, dass die Männer wegen meiner... Schönheit... verwirrt waren? Selbstsüchtiges ich. Ich ließ meine Gedanken verschwinden und schaute wieder zu meinen Freunden.

Jonas schien nicht wirklich gesprächig zu sein, da er den Blick immer nur auf dem Essen gerichtet hatte und nichts sagte. Erik jedoch schien sich auf einmal blendend mit June zu verstehen, denn beide unterhielten sich lautstark über das kämpfen und lachten fröhlich. Ich grunzte leise und machte mich alleine über mein Essen her. Ich hatte sowieso keine Lust mit irgendwem zu reden.

Als June meine Abwesenheit bemerkte schenkte sie mir ein aufmunterndes Lächeln und lehnte sie sich kurz zu mir rüber. „Hey, auch wenn Jonas von dir nichts wissen darf heißt das nicht, dass ihr euch nicht unterhalten dürft.“ Flüsterte sie mir ins Ohr und ich erwiderte verwirrt ihren Blick. „Darf er nicht? Wieso?“ fragte ich sie ebenfalls leise. „Nur wenige dürfen das aber Erik und ich dachten du könntest vielleicht doch etwas Gesellschaft haben. Also, Freundschaften ja aber du bist eine blaue Flamme!“ Ich nickte immer noch verwirrt musste aber lächeln als ich Jonas interessierten Blick bemerkte. Als er sah dass ich ihn beobachtete schaute er schnell weg und mein Lächeln wurde breiter. June hatte vielleicht Recht, Freunde könnten einem gut tun. Ich hatte keinen Hunger mehr und da sich Erik immer noch mit June unterhielt versuchte ich Jonas Aufmerksamkeit zu gewinnen. Als er meinen Blick bemerkte fragte ich freundlich: „Hi, ich bin Alice. Nett dich kennen zu lernen.“ Jonas Miene wurde auf einmal heller als er endlich eine Antwort bekam. „Ebenfalls. Wie geht es dir so?“ fragte er mich und strich einmal durch seine kurzen Haare. „Gut.“ Erwiderte ich und wurde mit Junes belustigtem Augenzwinkern belohnt. Mit einem leichten Kopfschütteln wandte ich mich wieder Jonas zu, der mich immer noch anlächelte. „Erik meinte er kennt dich vom Schwertkämpfen? Oder kannst du noch etwas anderes?“ Jonas lachte doch dann wurde er plötzlich wieder ernst. „Das Schwert ist meine natürliche Waffe doch jeder hier an der Schule muss mindestens noch mit Bogen oder Messer umgehen können. Bogen ist bei mir auf jeden Fall besser als Messer, einfacher.“ Ich nickte und überlegte ob mir Damen das kämpfen mit einem Bogen auch noch beibringen würde. Mal sehen. „Seit wann trainierst du das denn schon das du es kannst? Wie lange dauert so etwas.“ Fragte ich ihn, da es mich kurz interessierte wie lange ich wohl brauchen werde bis ich Damen mit einem Schwert ernsthaft verletzten konnte. Nicht das ich das wollte. Aber man könnte ja sicher gehen, dass man sich auch wehren kann wenn es zu einem Kampf kommt wie Erik immer so schön vorher sah. Langsam kam ich glaub ich doch in diese andere Welt Kriegs Sache rein. Und ich hatte Lust zu lernen mit einer Waffe umgehen zu können. Jonas hatte etwas überlegt bevor er antwortete: „Ich mache das schon seit ich als kleiner Junge hier auf die Schule kam. Wie lange weiß ich gar nicht mehr aber ich habe mit dem Bogenschießen begonnen als ich 13 war. Jetzt bin ich 17.“ „Oh.“ Ich hatte gar nicht gewusst das man schon ab so einen jungen Alter hier auf die Schule kommen konnte und es überraschte mich. „Warum warst du schon mit so Jungen Jahren auf der Schule?“ „Meine Eltern waren gestorben.“ Jonas hatte mir zugehört und nebenbei gegessen doch auf meine Frage hob er den Kopf und musterte die Landschaft. „Das tut mir leid, Das wusste ich nicht.“ Mir war klar, dass es überhaupt nichts brachte mich zu endschuldigen doch Jonas dankte mir trotzdem. Es wurde still zwischen uns und ich beobachtete ihn dabei, wie er abwesend in seinem Essen herumstocherte. „Wieso denn?“ fragte ich vorsichtig. „Autounfall.“ Sagte er starr und es war offensichtlich, dass er nicht die Wahrheit sagte. Ich traute mich aber auch nicht wirklich weiter nach zu fragen. Sein Blick verriet zu viel über ihn. Ich blickte ebenfalls aus dem Fenster und auf die langsam hinter den Bäumen verschwundene Sonne. Nur noch ganz leichtes rotes Licht bedeckte den Himmel und die Gebäude der Schule.

Erik durchbrach die Stille. „Also ich bin fertig mit Essen, es wird ja bald auch schon dunkel.“ Wie Recht er hatte. June schien ebenfalls der gleichen Meinung zu sein da sie aufstand und sich ihren Holzteller und Becher nahm. Ich und Erik taten es ihr nach und auch Jonas folgte uns. Als wir das Geschirr zurück zur Mitte des Raumes brachten gesellte ich mich zu Erik und konnte es mir nicht verkneifen ihn von der Seite anzusprechen. „Hi, schön dich wieder zu sehen. Ich hatte gehofft wir sehen uns öfters.“ Bei den letzten Worten machte ich eine traurige Miene doch Erik beachtete mich nicht einmal. „Ja schade.“ Brummte er und ließ mich am Ende der Gruppe stehen. Eine alt bekannte Lehre breitete sich in meiner Brust aus und ich musste meinen Blick von ihm abwenden um nicht in Tränen auszubrechen. Was hatte ich ihm denn getan?

 

Ich stellte mir die Frage noch eine ganze Zeit lang bis wir uns vor dem Gebäude von den beiden Jungs verabschiedeten und uns auf dem Heimweg machten. Jonas gab mir zum Abschied lächelnd die Hand und Erik erwiderte mein Tschüss mit einem leichten Gemurmel. Das Loch in meiner Brust wurde größer.

Es tat weh zu sehen, wie er mich ignorierte ohne zu wissen wieso. Als wir im Zimmer ankamen konnte ich die Tränen kaum noch zurückhalten. Ich warf mich auf mein Bett und versuchte die Tränen zu verdrängen. June schien es zu bemerken und warf mir einen traurigen Blick zu. „Ach Alice, er ist nur verwirrt wegen der Sache mit der Verbindung. Kaligola hatte ihm verboten eine mit dir einzugehen.“ Versuchte sie mich aufzumuntern. Ich erstarrte plötzlich mitten in der Bewegung und schaute sie an. „Es wurde ihm verboten? Wie meinst du das?“ June wurde plötzlich klar dass sie zu viel gesagt hatte und hielt sich erschrocken die Hand vor den Mund. Sie sah nicht so aus als würde sie mir antworten und ich legte einen noch traurigeren Blick auf. Bei dem Anblick konnte sie nicht anders und ließ seufzend die Schultern fallen. „Kaligola hatte Angst einer der Boten die er in die andere Welt schickte könnte sich in dich verlieben und anders herum.“ Erklärte sie mir. „Ihm war klar dass es diese Verbindung zwischen zwei Menschen gibt und das sie dich, falls du deinen Partner verlierst, innerlich zerstören wird. Er konnte das Risiko nicht eingehen und verbat es jedem sich mit dir näher ... na ja zu treffen oder so.“ Das schockte mich plötzlich. Also war es Erik eigentlich von seinem eigenen König verboten mich zu mögen? Und Damen auch? Was für ein Schwachsinn. Das heißt Erik hält sich von mir fern da er sonst bestraft oder sogar schlimmeres wird. Ich ließ meinen Kopf wieder in das weiße Kissen fallen und kämpfte gegen die Lehre in meiner Brust an. Es kann also sein das er mich mag es aber nicht darf und sich deswegen so mies verhält. Und ich bin auch noch so doof und versuche wieder zu ihm zu gehen und das alles so wie vorher wird? Es wird nie mehr so wie vorher! Erik und ich durften uns einfach nicht lieben.

 

Die neue Sicht auf Eriks Abstand war auch nicht besser als die alte und so kam es das ich die ganze Nacht wach lag und weinte. Früher habe ich das oft getan und fühlte mich immer besser doch als ich diesen Morgen wieder aus meinem Halbschlaf erwachte fühlte ich mich so elend wie noch nie. Meine Beine und Arme waren schwer wie Blei und mein Kopf tat höllisch weh. Meine Augen waren verweint und rot und es hatten sich riesige dunkle Augenringe unter meinen Augen gebildet. Meine Haare waren zerzaust und ich musste sie wieder zu einem Zopf zusammenbinden um sie unter Kontrolle zu bringen. Es war Anfang der Woche was hieß das es heute wieder ganz normal zur Schule ging. Meinen Stundenplan wusste ich schon längst nicht mehr und wo ich hin musste ebenfalls. Als June und ich es endlich geschafft hatten aus mir einen wieder halbwegs schönen Menschen zu machen und es mir schon besser ging machten wir uns auf den Weg nach draußen. Ich hielt mich wieder total an June doch plötzlich erkannte ich Jonas der vor unserem Gebäude wartete. Als er uns beide entdeckte hellte sich seine Miene auf und er kam uns entgegen. Doch plötzlich musterte er mich und sein Blick wurde mit leidend. „Oh Gott, Alice. Du siehst ja schrecklich aus!“ nah super das hatte mir jetzt den Tag versaut. „Gleichfalls.“ Gaffte ich ihn an. Er lächelte und unsere Gruppe wurde plötzlich von noch jemandem besucht. Sie war gerade mal so klein wie ich und besaß lange dunkelblonde Haare. Ihr Körper war ungewohnt schmal doch man konnte die Muskeln ihrer Arme gut erkennen. Sie besaß ein schönes Gesicht, sehr schmal doch passend zu ihrem Körper. Ihre braunen Augen wurden von einer kleinen Nase und einem schmalen Mund umrundet. Bevor sie zu June ging nahm sie Jonas einmal in den Arm und die beiden küssten sich zur Begrüßung. Als ich die beiden da so fröhlich sah konnte ich es nicht verhindern, dass ein kleiner Flug von Neid in mir aufstieg. War es bei Erik und mir vor wenigen Tagen nicht noch genauso? Nachdem das Mädchen und Jonas sich begrüßt hatten sprang wie zu mir und gab mir lächelnd die Hand. Doch kurz danach beschloss sie doch mich einmal kräftig in den Arm zu nehmen. Ich erwiderte die Umarmung überrascht und blickte June hilflos an. Sie und Jonas fingen an zu Lachen und das Mädchen ließ mich wieder los und sprang zu Jonas. „Hey ich bin übrigens Jo. Nett dich kennen zu lernen! Jonas hatte mir von dir erzählt und meinte wir könnten uns mögen.“ „Ja klar ähm danke. Ich bin Alice.“ Antwortete ich zögernd und lächelte. Jo erinnerte mich an irgendwen doch ich wusste nur nicht genau wen. „Also Jo ist Bogenschützin, einer der besten hier. Ich dachte sie könnte dir diese Sportart etwas näher bringen.“ Jonas versuchte echt sich um mich zu kümmern und bei Jos fürsorglichem Blick wusste ich plötzlich wieder an wen sie mich erinnerte. Leonie. Meine alte beste Freundin aus der Menschenwelt. Bei den Gedanken an Leonie und Maik wurde ich plötzlich von Heimweh erfasst und meine Brust stach. Ich musste die Tränen zurück halten und gegen das bedrückende Gefühl in meinem Inneren ankämpfen. Die Gruppe vor mir schien das Gott sei dank nicht mitzubekommen und nach einiger Zeit hatte ich mich wieder eingekriegt. Ich musste mein altes Leben und dessen Lügen endlich abschließen und nach vorne sehen. Vor mir standen jetzt meine neuen Freunde und ich tat gut daran sie nicht zu verlieren.

 

Nachdem wir einen Plan zum Thema Bogenschießen -Nachhilfe gemacht hatten und ich jetzt also sechs Tage in der Woche neben dem Schwertkämpfen auch noch das Bogenschießen lernen musste, machten wir uns auf den Weg zum Schulgebäude. Ich verabschiedete mich von Jo und Jonas und folgte June zu meinem Klassenraum. Sie betrat den offenen Raum aber wir waren ein bisschen zu spät, das heißt die ganze Klasse starrte uns an. Ich versuchte mich halbwegs hinter June zu verstecken, konnte aber den Blicken nicht entgehen. Ich ließ mich einfach neben June fallen, die sich irgendwo in den hinteren Teil des Raumes gesetzt hatte. Eregan begrüßte uns alle und der Unterricht begann.

 

Nachdem der Unterricht beendet worden war verabschiedete ich mich kurz von June um Erigan noch etwas zu fragen. Der alte Mann suchte etwas zwischen den Bücherregalen an den Wänden des Klassenzimmers herum und drehte sich überrascht um als er mich bemerkte. „Alice! Was für eine Überraschung. Und wie geht es dir? Hast du dich schon gut eingefunden?“ Die Miene des Lehrers hellte sich auf und er legte eines der alten Bücher das er aus dem Schrank genommen hatte an die Seite. Ich nickte und erwiderte: „Mir geht’s sehr gut Danke. Langsam fang ich echt an mich hier zurecht zu finden und meine neuen Freunde helfen mir dabei. Naja, der eigentliche Grund weshalb ich hier bin ist das ich eine Frage an dich habe. Als ich hier ankam hatte mich Erik schon vorgewarnt das wir hier keine Art von Strom besitzen doch es hatte mich schon etwas geschockt. Jetzt frage ich mich aber schon lange, warum gibt es hier keinen wenn ihr sogar eine Eisenbahn habt?“ Erigans Stirn legte sich bei meiner Frage in Falten und er drehte sich wieder zu den Bücherregalen. Ich beobachtete ihn beim Nachdenken und nach kurzer Zeit richtete er seine alten Augen wieder auf mich. „Das ist eine sehr gute Frage die ich oft gestellt bekomme. Ich habe sie bis jetzt noch nicht jedem beantwortet da ich nicht versichern kann das meine Antwort stimmt aber du hast recht, wir haben die Eisenbahn von den Menschen warum nicht den Strom. Nun gut, ich kann versuchen es dir zu erklären aber das dauert. Setz dich doch erst mal.“ Ich tat was er mir sagte und wir setzten uns auf einen kleinen Hocker auf dem er auch immer während des Unterrichts saß. Bevor der alte Mann anfing zu erklären ließ ich meinen Blick noch einmal durch das Gebäude schweifen. Es war so offensichtlich wie viel die Leute hier aus meiner Alten Welt kopiert hatten. Simple Ideen wie die Cafeteria oder Teile des Schulgebäudes erinnerten so stark an die Menschenwelt das es fast unmöglich war zu glauben ich befinde mich in einer anderen Welt mit anderen Sitten. Als ich schon wieder begann darüber nach zu denken interessierte mich die Antwort auf meine eine Frage noch umso mehr. Erigan hatte es sich bequem gemacht und begann mit seiner tiefen Stimme zu erzählen. „Diese Welt hier besteht nicht nur aus Astragon. Sie ist mindestens genauso groß wie die der Menschen doch unsere Stadt hier wird von den anderen Gebieten getrennt. Das gesamte Tal was wir Astragon nennen wird von einer riesigen Bergkette umgeben. Sie geht einmal ganz um unser Land rum und ist so hoch, dass man ihre Spitze mit dem bloßen Auge gar nicht mehr erkennen kann. Uns Menschen und auch den meisten Drachen ist es unmöglich die Berge zu überqueren, was heißt das es auch keinen außerhalb möglich ist. Hier kommt man weder heraus noch herein und wir haben begonnen damit zu leben. Das Tal gibt uns alles was wir brauchen zum Leben das schon seit einer langen Zeit.“ Er machte eine kurze Pause und ich fragte dazwischen. „Wie kamt ihr dann hier in das Tal? Also ihr Menschen.“ Erigan lachte. Sein Gesicht wurde von tiefen Falten durchzogen und seine Augen verschwanden unter den kleinen Falten darunter. Plötzlich wirkte er ungewohnt alt und zerbrechlich. Wie er da saß, alt und ausgetrocknet. Das Lachen des Mannes schallte durch das hohe Gebäude und ich musste ebenfalls lachen. Es tat gut einfach mal wieder los zu lassen. Los zulassen von den Dingen die hier geschehen, meinem Schicksal. Der alte Mann hatte sich wieder gefasst und zog seinen Mantel zu Recht. „Wir Krieger waren schon seit an beginn diesen Landes hier in Astragon. Unsere Welt wurde von unserer Göttin Nyl erschaffen zusammen mit ihren Lieblingstieren, den Drachen. In der Menschenwelt gingen die Götter schon vor langer Zeit unter und die Menschen verloren den Glauben an sie. Sie hatten begonnen die Drachen auszurotten als wären es Monster da sie glaubten sie würden Schande über ihr Dorf bringen. Drachen und Götter waren vergessen und so mussten sie sich an einen anderen Ort zurückziehen. Nyl also machte es sich zur Aufgabe einen neuen Platz für ihre Schützlinge zu suchen und erschuf so eine neue Welt. Zusammen mit allen anderen Göttern durchbrach sie die Mitte der Dimensionen und eine zweite Welt kam zum Vorschein, nur das sie was die Rohstoffe und andere Stoffe anging anders war als die Menschenwelt. Nyl musste ihre Menschen an die neuen Verhältnisse anpassen und wählte dafür dieses Tal. Hier konnte sie uns im Auge behalten und wir uns weiterentwickeln ohne gestört zu werden. Nachdem Nyl ihren hier einen neuen Lebensraum gegeben hatte musste sie es nun mit den Menschen machen. Also schickte sie zwei ihrer Söhne in Gestalt eines Menschen auf die Welt um jeweils zwei Menschen, Mann und Frau, etwas zu schenken. In der Nacht legte sie zwei Jungen Paaren einen blauen Edelstein in ihr Bett und benutzte seine Magie um die Menschen zu ihr zu hohlen. Durch den Geist der Steine war es ihr möglich in den Geist der vier Menschen einzudringen und sie zu verändern. Nun hatte sie die Kontrolle und gab den Menschen den Auftrag nicht wieder in ihre alte Welt zurückzukehren sondern in ihre eigene und dort eine Stadt zu errichten. Noch mit Nyls Kraft und ihrem Geist verbunden begannen die Menschen, Nyl nannte sie ihre blauen Flammen, eine Stadt zu errichten und sich zu vermehren.“ „Warum blaue Flamme?“ Ich hatte bis dahin gespannt zugehört, fasziniert von der Geschichte und wollte eigentlich nicht, dass er aufhört zu erklären. Doch Erigan war nicht gerade begeistert davon das ich in unterbrochen habe und musterte mich mit einem strengen Blick. „Wenn du mich erzählen lässt, könnte ich dir das auch beantworten. Also las mich bitte ausreden unterbrich mich nicht.“ Ich konnte nicht anders als nicken und entschuldigte mich kurz. Das schien Erigan zu reichen da er begann weiter zu erzählen. „Dadurch das Nyl in den Geist der Menschen eingedrungen war hinterließ sie bei jeden der vier etwas. Sie hinterließ bei jedem eine Art neue Quelle von Leben um sie das machen zu lassen was sie wollte. Von dem Tag an ließ nicht ein Herz wie du es hast die vier leben sondern eine besondere Art von Flamme die auch den Göttern Leben verleiht. Durch diese Flamme, du musste bedenken, dass nach unserem Glauben die Flamme der Götter blau ist, könnte Nyl ihre neue Menschenart erschaffen und sie an ihr Umfeld anpassen. Denn ein Problem der neuen Welt war das den Menschen bekannte, wichtige Stoffe fehlten. Und eines davon braucht ihr in eurer anderen Welt um Strom zu erzeugen.“ Es schien als wäre das Erigans Erklärung da er aufstand und sich wieder den Büchern zudrehte. Aber war das wirklich so einfach? Fehlte es hier einfach an einem Stoff wie aus Chemie den man zur Herstellung von Strom benötigt? Anscheinend. Es wäre logisch und würde meine Frage bis aufs letzte beantworten doch es konnte nicht so einfach sein. Wieder etwas was ich einfach hinnehmen und glauben musste.

Plötzlich schoss mir aber noch eine weitere Frage in den Kopf und ich drehte mich wieder zu Erigan.

„Aber das waren doch nur blaue Flammen? Ich bin aber doch eine rote oder nicht. Wieso gibt es dann zwei verschiedene Arten? Eine lebend eine fast ausgestorben.“ Auf diese Frage war der alte Mann wohl nicht vorbereitet da er sich plötzlich mit großen Augen umdrehte und mich anschaute.

 

 

Kapitel 21

 

 

Erik zog seinem braunen Hengst leicht an den Zügeln um ihn langsamer werden zu lassen. Mit zusammengekniffenen Augen versuchte er die Gestalten, welche sich hinter einem großen Fluss niedergelassen hatten zu erkennen. Doch es machte keinen Sinn. Er hob die Hand und brachte die große Gestalt unter sich zum Stehen. Der Hengst rammte auf den schnellen Befehl beide Vorderhufe in den trockenen Boden und kam nach ein paar Meter rutschen endlich zum Stehen. Seine beiden Verfolger taten es ihm nach und sie kamen wenige Meter vor dem reißenden Flussbach zusammen. Mit einer Stillen Bewegung deutete Erik auf die Gruppe dünner Gestalten und seine Gefährten folgten mit ihren Blicken seinem Zeigefinger. Auch sie mussten sich anstrengen bei dem dicht bewachsenen Wald etwas zu erkennen doch langsam kamen Männer zum Vorschein. Erik hatte Recht behalten, sie hatten sich für eine Rast niedergelegt und um etwas aus dem Fluss zu trinken. Doch welche Gruppe Wanderer oder Kaufmänner trauten sich so weit in diesen Wald? Und dann auch noch auf die anderen Seite des Flusses. Er beobachtete das treiben weiter als ihm plötzlich eine erschreckende Erkenntnis kam. Die Gestalten waren sehr groß, unnatürlich für normale Männer. Ihre Rücken waren leicht gekrümmt sodass es aussah als würden die gebückt laufen und ihre Körper bestanden aus nichts als Knochen. Je länger man sie betrachtete, desto mehr wurde einen bewusst wie wenig diese Dinger den Menschen doch ähnlich sahen. Sein Blick wanderte zu seinen beiden Gefährten, zwei Jungen. Der eine war älter und erfahrener als er, konnte Erik jedoch im Kampfe nicht im weitesten Gefährlich werden. Der andere ähnelte für sein junges Alter eher noch einem Kind, hatte jedoch eine Schwertführung wie jeder Erfahrene gute Krieger. Erik hatte sich bei Kaligola eigesetzt ihn bei sich aufzunehmen und ihn auszubilden, allein deshalb weil der Junge keine Eltern mehr besaß. Erik hatte Mitleid mit ihm als er ich alleine und halb verhungert auf dem Marktplatz beim Klauen erwischt hatte, eigentlich etwas wofür Menschen verbannt wurden, doch er wusste das der Junge es bereute und keine Wahl gehabt hatte. Also nahm Erik ihn mit zu sich auf sein Zimmer in der großen Schule Astragons und gab ihm Nachhilfe. Die er beim Kämpfen mit seinem Langschwert schon nach einem Testkampf nicht mehr gebraucht hatte, so gut führte der Junge seine Klinge. Gespannt wanderten die tiefblauen Augen des Jungen von einer Gestalt zur anderen, immer bereit einen Befehl auszuführen. Er war ein guter Krieger, und das machte Erik Stolz.

Der Schüler auf dem brauen Hengst richtete seinen Blick wieder auf das Getümmel der anderen Flussseite als ihm plötzlich ein Bild ins Gedächtnis schoss. Jetzt wusste er wieder woher die verkrüppelten Gestalten kannte, sie waren Boten Jondolars!

Erik hatte dieses Bild schon einmal gesehen als er mit einer anderen Gruppe Krieger als Junge zum ersten Mal mit auf einen großen Ritterzug mitdurfte. Zu elft waren sie Unterwegs bis hinter die Grenzen zu den alten Bahnschienen. Es war Gefährlich und Erik war sehr Aufgeregt gewesen was sich auf seinen ebenfalls noch jungen Hengst übertragen hatte. Erik erwischte sich dabei wie er behutsam die Flanke des Braunen Hengstes streichelte, seines Hengstes. Er war mit das meiste was Erik hier in Astragon vermisst hatte. Genau wie früher hatte er dem Pferd den Hals gestreichelt als der Anführer der Gruppe plötzlich die Hand hob. Die Krieger kamen zum Stehen und machten genau die Feststellung  wie Erik jetzt. Jondolars Krieger waren in Richtung Kaligolas Reich geschickt worden um zu Spähen. Doch er hatte nicht damit gerechnet das Kaligola ebenfalls Krieger ausschickte und so nutze Eriks Gruppe den Überraschungseffekt und tötete das feindliche Lager bis auf den letzten Mann. Doch diesmal waren sie nur zu dritt und das wäre ihr schneller Tod sollten sie jetzt Angreifen. Doch noch etwas anderes beunruhigte Erik, noch nie in den letzten Hunderten von Jahren hatte sich Jondolar so weit hinter die Grenzen der Stadt Astragon getraut. Es war kein gutes Zeichen und das wusste Erik also gab er den beiden Gefährten den Befehl umzudrehen und grub seinem Pferd die Stiefel in die Flanke. Die beiden Männer verstanden und folgten ihm in einen schnellen Galopp. Es würde vielleicht einen Tagesritt dauern bis sie sie Stadt erreichten was Erik dazu brachte sein Pferd noch mehr anzutreiben.

 

 

Alice

 

Erigan schien keine wirkliche Antwort auf meine Frage eingefallen zu sein. Ich verstand auch nicht warum er auf diese einfache Frage so reagierte, irgendwann war doch klar dass ich sie stellen würde. Immerhin hatte ich ein Recht darauf zu erfahren was ich jetzt eigentlich wirklich war. Mal abgesehen davon das ich eine erfundene Gestalt einer Göttin bin die ihren Haustieren was zum Spielen bieten wollte oder wie auch immer man das jetzt sehen konnte. Ich war immer noch dabei den alten Mann vor mir gespannt zu mustern und wartete auf eine Antwort. „Alice, also ich muss sagen, dass ich diese Frage nicht erwartet habe.“ Setzte er an. „Doch mehr als jeder andere hast du wohl darauf eine Antwort verdient. Ich weiß nur nicht genau wie viel ich dir von deiner Vergangenheit und Herkunft erzählen darf. Es ist nun mal so, dass schlechte Gedanken uns eher innerlich zerstören als weiter zu helfen. Ich hoffe du kannst das verstehen.“ Nein konnte ich nicht. Es war mir langsam aufgegangen warum so viel vor mir geheim gehalten wurde aber ich hatte mittlerweile das Gefühl als wäre ich ein Kleinkind. „Nein.“ Gab ich zurück und Erigan ließ ungeduldig die Schultern fallen. „Ich werde dir das wichtigste sagen, doch verstehe das es noch lange nicht alles ist. Es wird der Zeitpunkt kommen an dem du es erfährst.“ Erklärte der alte Mann und machte es sich wieder gemütlicher. „Wie ich eben schon erklärt habe kommt unsere Welt und auch unser Leben, Seele wie ihr es nennt, von unserer Göttin Nyl. Doch einst gab es nur eine Art von Menschen hier. Es waren die blauen Flammen die hier gelebt haben und diese Stadt angefangen haben zu errichten. Viele Jahrhunderte lebten die alleine und friedlich in ihren Dörfern bis zu einem Tag. An diesem Tag kam es dazu, dass eine Mutter mit zwei Kindern Schwanger wurde. Sie konnte es vorerst vor ihrem Ehemann geheim halten doch im letzten Monat kaufte ihr Mann ihr die ausreden nicht mehr ab. Er hielt sie zur Rede, da er sich hundertprozentig sicher sein konnte das er nicht der Vater dieser Kinder war. Er war die Zeit vor der Schwangerschaft zu lange auf Reisen und von ihr getrennt. Da es nun klar war das seine Frau von einem anderen Mann Schwanger war schmiss er sie raus aus seinem Haus. Ohne irgendwelche Hilfe gebar die Mutter also ihre Söhne in einer staubigen Gasse des Armenviertels und hatte keine Change sie und sich selber zu ernähren. Als sie versuchte bei anderen Familien und ihren Häusern Zuflucht zu finden wies man sie zurück und so kam es das die Mutter einen ihrer Söhne in der Nacht vor den Toren der Hauptburg zurücklies und mit dem anderen aus der Stadt flüchtete. Sie versuchte in den Dörfern die um Astragon verteilt waren Hilfe zu finden doch auch dort wies man sie ab. Also verschwand die Mutter mit ihrem einem Sohn weit hinter den alten Bahnstrecken im Wald und zog ihn mit aller Kraft alleine groß. Als der Sohn dann groß genug war alleine zu Leben erklärte die Mutter ihm ihre Geschichte und verstarb vor seinen Augen. Ihr zweiter Sohn war mittlerweile am Burghof aufgewachsen da er als kleines Kind von der Königin selbst vor den Toren gefunden wurde. Er wusste von seiner eigentlichen Vergangenheit nichts und führte ein wundervolles Leben als einziger Sohn des Königs.

Doch es merkte auch niemand wie sein eigentlicher Bruder vor Schmerz im Wald unterging und dann wenige Wochen später sich aufmachte nach Astragon. Der Grund dafür war der silberne Schimmernde Ring an der Hand seiner verstorbenen Mutter, welche ihn nie abgenommen hatte. Der Sohn war so von Hass zu seinem Vater erfüllt das er noch in der Nächsten Nacht als er in Astragon angekommen war den alten Gatten aufsuchte und ihn mit sich nahm. Den Ring von ihm und seiner Mutter ließ er in der alten Hütte liegen, zusammen und tot. Man sagt von da an nur der Sohn wäre zu einem Monster geworden und hätte aus Hass die halbe Stadt zerstört. Doch in Wirklichkeit hatte er seinen Bewusstlosen Vater mitgenommen, zurück über die Grenzen der alten Bahnschienen bis zu einem riesigen Berg, spitz wie Glasscheiben, und hatte ihn dort mit in eine Höhle genommen. Er hatte den fast vollständig ausgehüllten Berg entdeckt als er nach einem Grab für seine Mutter suchte. Es kam also soweit das er mit seinen bloßen Händen eine Grube in den Stein schlug, seine tote Mutter hineinlegte und seinen Vater aufweckte. Das letzte was der arme Mann gesehen haben soll war der Leichnam seiner mageren, alten Frau bevor sein Sohn in neben sie in die Grube stieß und mit den letzten Worten „Für immer und ewig“  den Steinschutt über sie verteilte. Der Mann soll noch ganze drei Tage geschrien haben bevor er an den Massen über ihm erstickte.“ Ich schluckte. Alleine die Vorstellung ekelte mich an und ließ mich erschaudern. Doch Erigan war noch nicht fertig. „Das war etwas was du auf jeden Fall wissen solltest aber das Ende kann ich dir nicht ganz erzählen, verstehe das bitte. Jahre vergingen bis Jondolars Vorfahren zum ersten Mal begangen ihre Armeen aufzustellen. Der erste böse Anführer begann mithilfe von Missgestalten eine neue Lebensform zu erschaffen die er sich dann zu Sklaven machte. Mit ihrer Hilfe konnte er auch die für sich gewinnen und weitere Arten, sagen wir mal züchten.“ „Titanen?“ fragte ich dazwischen. „Titanten. Halb Mensch halb Stier halb irgendwas. Sie waren einst immer friedliche Bewohner bis sie durch Jondolars Familie zu den Feinden gekommen waren. Sie sind eine unser mächtigsten Gegner da sie, je älter sie werden, immer weiterwachsen. Man sagt sogar es soll einen geben der eine Größe von fast 50 Meter erreicht hat aber bewegen kann er sich wegen seines Alters wohl nicht mehr.“ Das waren die Dinger die unser Auto in der Menschenwelt angegriffen haben! „Nun denn.“ Erigan erzählte weiter. „Die Titanen waren also unser neuer Untergang da blauen Flammen unmöglich ist sie zu töten. Die normalen Dämonen und Unterarten können mit Geschick durch ein Schwert vernichtet werden doch die Haut eines Titans, egal welche Größe, kann nur Feuer durchbrechen. Als Nyl die Unruhe bemerkte schickte sie also eine zweite Art unserer einen in ihre Welt, Menschen verbunden mit dem Geist eines Drachen. Zu einem Leben mit ihm für immer bestimmt. Mit der Hilfe des Drachenfeuers gelang es also Astragon den Feind zurückzuschlagen. Und so kam es das sich ab sofort immer rot und blau zusammen taten und jedes zehnte Mal kam eine neue rote Flamme zur Welt und wurde verbunden mit ihrem Drachen. Dadurch wurde die Stadt von nun an weiter verteidigt…“ „Alice!“ Ich schreckte hoch als plötzlich Erik durch die Große Holztür des Gebäudes kam und mit schnellen Schritten auf mich zukam. „Alice, ich hab mir solche Sorgen gemacht warum warst du nicht bei den anderen beim Unterricht.“ Die plötzliche Angst und Sorge in seiner Stimme beunruhigte mich und ich klammerte mich fest in seine Umarmung. Ich hatte ganz vergessen das June schon auf mich wartete und das ich längst bei den anderen in den Unterrichtstunden sein müsste. Wie lange haben ich und Erigan wohl hier gesessen? „Was ist passiert?“ jetzt war Erigan aufgestanden und musterte Erik. „Wir waren ausreiten und die Gegend kontrollieren als wir plötzlich weit vor der Grenze der alten Bahnschienen am großen Fluss eine Gruppe Späher Jondolars Truppen enddeckten. Wir sind schnellst möglich zurückgekommen um es zu berichten und ich habe sofort nach Alice gesucht. Als sie dann plötzlich nicht auf dem Übungsfeld war habe ich das schlimmste befürchtet doch June konnte mir sagen das sie noch bei dir war.“ Bei seinen letzten Worten schaute er wieder runter zu mir in meine Augen. „Mach das nie wieder Alice. Bleib gefälligst immer in der Nähe von June während des Unterrichts, was meinst du was ich mir alles ausgemalt habe wer von Jondolars Leuten dir als erstes das Schwert in die Brust rammt.“ Plötzlich erkannte ich einen leichten Schimmer in seinen Augen doch er wandte sich schnell genug von mir ab. Mein Herz jedoch machte einen Satz als mir klar würde wie wichtig ich trotz des Verbots für Erik war. Als wäre nichts passiert begann Erik mich wieder zu ignorieren. Mir war klar dass er sich seinen Ausbruch gerade wahrscheinlich nicht mehr verzeihen kann doch dass er mir jetzt schon wieder auswich machte mich nur noch trauriger.

Ohne dass ich Erigan noch eine weitere Frage stellen konnte nahm Erik mich am Arm und zog mich raus aus dem kalten Gebäude. Ich erschrak als ich erkannte wie weit die Sonne schon am Himmel stand und folgte Erik so schnell ich konnte. Ich erkannte wo er mich hinbringen wollte und musste automatisch seufzen als wir den Kampfplatz erreichten. Ohne sich zu verabschieden verschwand Erik wieder und ich steuerte June entgegen die schon mit einem zweiten Bogen in der Hand auf mich zugelaufen kam.

 

Das Bogenschießen viel mir zu Jos überraschen ziemlich leicht als ich es ein paarmal ausprobiert hatte. Wir hatten uns mit den anderen Schülern auf einer großen Rasenfläche versammelt und in einer Reihe aufgestellt um auf die zwanzig Zielscheiben schießen zu können. Ich stand mit Jo zusammen an einer der letzten am Rand zur Mauer und ließ mir gerade zeigen wie hoch ich meinen Arm halten sollte wenn ich zielte. Ohne Probleme hatte ich die Zielscheibe bei meinem fünften Versuch getroffen und dieses Bild wiederholte sich danach jedes Mal. Jedes Mal wenn ich an der dünnen Sehne zog und sie mir so nah ans Gesicht hielt das ich sie schon spürte überkam mir plötzlich ein Gefühl von Wiederholung. Es kam mir so vor als hatte ich dies schon einmal getan, mit so einem Bogen und auch hier auf dieser Fläche. Oder war es eine andere? Plötzlich verschwand das Bild wieder und ich ließ erschrocken die Sehne los. Der schwarze Pfeil schoss nach vorne und verfehlte knapp sein Ziel. Erschrocken ließ ich den Bogen fallen und tat einen Schritt zurück. Die anderen Schüler waren gerade dabei gewesen die Pfeile wiederzuholen und einer war hinter meine Zielscheibe getreten. Der blonde Junge starrte mich jetzt mit Angsterfüllten Augen an, mein Pfeil wackelte immer noch im Stamm dicht neben ihm wo er stecken geblieben war. Die anderen Schüler bemerkten die Unruhe und schon nach wenigen Sekunden starrten mich sämtliche Blicke unserer Gruppe verständnislos und Hasserfüllt an. Mir war klar was ich gerade für ein Risiko eingegangen war und das ich den Jungen fast getroffen und sogar vielleicht getötet hätte doch ich hatte keine Change mich zu Bewegen. Meine Muskeln schmerzten wie als würde das Blut in ihnen kochen und Bilder rasten an meinem Auge vorbei. Bilder von Sandra, Eriks Auto. Sie zeigten die Stelle als wir mit Erik in meiner alten Welt auf dem Weg zum Tor nach Astragon waren. Noch einmal durchlebte ich den schlimmen Unfall doch diesmal aus der Sicht des Angreifers, des Titans. Doch genauso schnell die Bilder begonnen hatten, so verschwanden sie auch wieder und mit ihnen der Schmerz. Langsam sankt ich auf meine Knie und vergrub meinen Kopf in meinen Händen.

Ich hatte wieder einen Anfall bekommen, eine Vision so eines blöden Dämons wie Kaligola erklärt hatte und habe deswegen fast einen anderen Menschen umgebracht. Wie sollte es mit mir weiter gehen wenn ich immer noch so ein Risiko darstelle als tickende Zeitbombe. Wie sollte ich überhaupt ein Leben führen so?

Ich sah June die sich aus der Gruppe der anderen getrennt hatte und zu mir kam. Sie hatte Mitleid wie es in ihren Augen zu erkennen war doch ich wusste auch das sie durch meine Reaktion etwas eingeschüchtert war. Immerhin war es ihre Aufgabe aufzupassen dass weder mir noch jemand anderen durch mich etwas passiert. Die anderen hatten sich wieder beruhigt und ich konnte nichts anderes als dem armen Kerl neben meinem Pfeil einen endschuldigen Blick zuzuwerfen. Er lächelte Gott sei Dank zurück und zeigte mir damit dass er es mir nicht übel nahm also konnte es weitergehen. Natürlich wusste niemand außer June woher der Anfall kam weshalb ich nach dem Unterricht sämtliche Schüler darüber diskutieren hörte welche Krankheit oder Geister ich mir wohl eingefangen hatte. Doch zu meiner Erleichterung war der Tag schon so gut wie rum und wir trafen uns nur noch einmal kurz mit Jonas und Jo zum Essen bevor wir beide ins Bett gingen. Erik kam leider nicht zum Essen und auch auf allen Trainingsplätzen konnte ich ihn nicht finden. Wahrscheinlich hatte er wegen den Fremden genug zu tun.

 

 

Kapitel 22

 

 

Meine Anfälle hatten sich in den letzten Wochen nicht wiederholt. In meine Tage war ein ganz normaler Ablauf gekommen, ich hatte feste Freunde gefunden und auch in all den Fächern in denen ich unterrichtet würde war ich sehr gut. Die Nachhilfe die mir in allen Kampfarten angeboten wurde half mir sehr und durch meinen unbekannten Vorteil dass ich eine rote Flamme war konnte ich es mitlehrweise locker mit meinen Klassenkameraden aufnehmen. Wie Damen es mir schon von Anfang an gesagt hatte war ich sehr schnell was mir eine große Siegchange einfuhr. Ich verstand mich ebenfalls immer besser mit Damen was auch davon kam das es Erik immer noch so gut es ging vermeiden wollte das wir beide uns sahen. Doch je mehr ich mich in Astragon einlebte, desto schwieriger war es auch meine eigentliche Bestimmung von mir fern zu halten. Immer wieder kam es beim Kämpfen dazu das ich mich zu sehr ärgerte und meiner Kraft freien Lauf ließ also kam es auch immer mehr zu interessierten Tuscheln zwischen anderen.

Eines Tages jedoch hielt mich Erigan nach beenden des Unterrichts zurück und wir trafen uns mit einem alten bekannten wieder. Leonard führte uns erneut durch die dunklen Keller des Geheimversteckes der Drachen. Wieder erleuchtete nur eine kleine Fackel den dunklen Gang und ich musste mich anstrengen nicht zurückzufallen. Er kam mir das zweite Mal noch länger vor bis wir endlich den etwas breiteren Gang aus glattem Stein erreichten und es heller wurde. Doch anstatt auch diesen zu durchqueren und zu der riesigen unterirdischen Höhle zu kommen bogen wir nach einigen Metern in einen weiteren Gang ab in dem es wieder ungewohnt dunkel wurde. Als ich schon den Boden fast nicht mehr sehen konnte verschwand Leonard plötzlich und wenige Sekunden später erfüllten nacheinander mehrere Fackeln an der Wand den eher kleineren Raum in dem wir uns befanden mit Licht.  Ich kniff die Augen zusammen und versuchte zu erkennen wo wir waren und als auch die letzte Fackel an der Wand aufloderte war es endlich hell genug. Wie ich erwartet hatte befanden wir uns in einem kleinen Raum dessen Wände komplett aus dem dunklen Stein der Höhle bestanden. Sie waren leicht feucht und ich spürte die Kälte der Erde in allen Knochen. In der Mitte des Raumes stand eine Art großer Tisch, der ebenfalls aus Stein war. Als ich Erigan aus der Tür folgte konnte ich erkennen war das für ein Tisch war. Zu meinem Erstaunen besaß er keine glatte Fläche sondern kleine Rechteckige Fächer die vielleicht 30 Zentimeter in den Tisch gingen. In den Fächern befand sich jeweils ein Runder Stein, aufgebettet in altem Stroh. Im flackern des Kerzenlichtes glänzte die Raue Oberfläche der verschieden farbigen Steine sehr und ich konnte ihre gesamte Größe bewundern. Alle besaßen die gleiche, ovale Form und passten von der Größe etwa genau auf meinen Unterarm. Bei genaueren betrachten jedoch erkannte ich das sie sich nicht nur in der Farbe unterschieden, sondern auch in Form und Größe. Auch wenn sie für so glatte Steine alle sehr groß waren gab es jedoch kleine die grade in meinen Unterarm passten, aber auch welche die locker die Größe eines Oberschenkels besaßen. Ihre Formen änderten sich von leicht bis stark Oval es gab aber sogar welche die waren komplett Rund. Als ich weiter an den vielen Fächern langging und leicht die Steine streifte blieb ich plötzlich ruckartig stehen. Ich hatte gerade einen weißen, fast grauen Stein gestreift der im Gegensatz zu den anderen nicht nur hässlich war sondern auch sehr klein. Seine Oberfläche war überhaupt nicht glatt und ähnelte schon fast der Wand des Raumes, die Form erinnerte eher an einen Versuch ein Ei aus Stein zu schlagen. Doch es gab etwas anderes was mich zum Stehenbleiben brachte. Beim Streifen der Oberfläche wurde plötzlich die bekannte wärme meines Körper ausgelöst. Glücksgefühle durchstreiften meinen Körper und die Kälte des Raumen viel von mir ab. Doch beim wieder loslassen des Steines verschwanden die Eindrücke genauso schnell wie sie gekommen waren. Ohne nachzudenken berührte ich die raue Oberfläche erneut und wieder durchströmten mich Glücksgefühle. Fasziniert von der Kraft des Steines merkte ich gar nicht wie Erigan und Leonard mich beobachteten. Sie tuschelten etwas untereinander bevor Leonard sich langsam zu mir gesellte. Seine kalte Hand berührte meine Schulter und ich schreckte zusammen. Bevor ich ihm jedoch vor Schreck eine rein hauen konnte, hielt er meinen Arm fest und beäugte mich mit Amüsierten Blick. „Ich wollte dich nicht erschrecken Alice das tut mir leid aber ich wollte nur kurz nachsehen was du da die ganze Zeit so interessiert anstarrst.“ Scherzte Leonard und deutete mit seinem Blick auf den runden Stein. Ich lächelte etwas verlegen da er mich beobachtet hatte bevor ich ihm ernst antwortete. „Ich habe keine Ahnung. Im Gegensatz zu den anderen Steinen ist der hier echt hässlich aber als ich ihn berührt habe, da…“ Weiter kam ich nicht. Ich konnte mir keine Beschreibung für diese Gefühle ausdenken geschweige denn es erklären. Doch Leonard lachte: „Das sind keine Steine, Rote. Das sind Eier.“ „Eier?“ „Ja, uralte Dracheneier.“ Ich starrte den großen Mann ungläubig an. „Das sind doch keine Eier! Die sind doch viel zu hart und riesig.“ Daraufhin antwortete Erigan mit seiner tiefen Stimme: „Die Dracheneltern aber auch. Bedenke, dass der Drache, den du gesehen hast gerade mal die Hälfte der normalen Größe erwachsener Blaudrachen hatte. Er war sehr klein für seine Art. Und die Ähnlichkeit mit Steinen soll die Eier beschützen, zum Beispiel vor anderen Tieren.“ Ich nickte und mein Blick wanderte wieder zu dem hässlichen Ei. „Was bedeuten denn diese Gefühle jetzt?“ fragte ich den Mann und anstatt ihm antwortete jetzt Erigan. „Du wurdest auserwählt. Drachen suchen sich die eine Person bei denen sie schlüpfen wollen selbst noch im Ei aus um dann auch von ihnen geritten zu werden. Denn es gibt immer nur höchstens drei Menschen die einen Drachen überhaupt reiten dürfen. Das ist ein sehr großes Glück das schon in der ersten Bruthöhle ein Ei auf dich reagiert. Die Verbindung zwischen einem Reiter und einem Drachen hält von diesem einem Moment ewig an. Das ist jetzt dein Drache und du bist seine Reiterin, so hat unsere Göttin das gewollt.“ Ich verstand nicht direkt und meine Stirn zog ich schon so in Falten das es wehtat. Mein Drache? Hat mich mal überhaupt einer gefragt ob ich so ein Vieh haben will? „Und wenn ich den Drachen gar nicht möchte?“ Auf diese Frage bekam ich nur ein lautes Lachen beider Männer und mal wieder in den letzten Wochen fühlte ich mich fehl am Platz.

Doch je lauter die Männer lachten, desto klarer wurde mir die Situation. Beide meinten es wirklich ernst und nicht nur Erigans Worte sondern auch die vertrauten Gefühle des Eis machten mir das klar. Darin lag einfach so eine Wirklichkeit das ich mir die Trennung von diesem Ei gar nicht mehr vorstellenkonnte. Du klingst verrückt Alice. Doch es stimmte. Nachdem sich Erigan und Leonard so richtig haben gehen lassen wurden auch sie wieder ernst und ich bekam von Erigan vorsichtig das graue Ei in die Arme gelegt. Es war sehr schwer und in der ersten Sekunde hätte ich es fast fallen gelassen durch das plötzliche Gewicht auf meinem Armen. Doch nach kurzer Zeit gewöhnte ich mich daran und mit meinem neuen kleinen Freund im Arm führten mich Erigan und Leonard aus dem kalten Zimmer heraus. An das schlechte Licht der Fackeln gewöhnt erkannte ich plötzlich die vielen anderen Gänge die rechts und links im Hauptgang in die Wände verliefen. Ich fragte mich ob sich wohl in jedem dieser Gänge ebenfalls Dracheneier befanden die auf ihren Reiter warteten und dann überkam mich ein anderes Gefühl. Wenn ich die einzige noch lebende rote Kriegerin bin, heißt das diese Eier werden nie schlüpfen? Wenn sie ohne eine rote Flamme nicht schlüpfen können, wie viele Jahre würden wohl auf die wie lange sie hier schon liegen noch draufkommen? Wird am Ende überhaupt eines von ihnen überleben?

Bei dem plötzlichen Gedanken war ich wohl stehengeblieben da mich Leonard jetzt von hinten weiter aus dem Gang raus drängte. Ich umschlang das merkwürdige Ding in meinem Arm noch mehr und die Wärme die davon ausging breitete sich erneut in meinem Körper aus. Durch den plötzlichen Effekt müsste ich lächeln und zum ersten Mal Freute ich mich auf meinen kleinen Drachen. Wie er wohl aussehen wird? Der Weg führte uns wieder den alt bekannten Gang entlang bis wir in dem kleinen Raum kurz unter Kaligolas Gebäude wieder ordentlich Licht bekamen. Doch anstatt die Treppe raufzugehen hielt mich Erigan zurück und gab mir seine Tasche die er um die Hüfte trug. Früher hätte ich dazu Handtasche gesagt, jetzt traute ich mich aber noch nicht einmal daran zu denken. Die dunkle Stimme riss mich aus meinen Gedanken. „Niemand darf von diesem Drachen erfahren. Noch nicht einmal June darf ihn sehen weshalb du mir schwören musst ihn zu verstecken. Auch wenn es nicht leicht wird muss er in den nächsten Tagen bei dir bleiben falls er schlüpft und auch danach braucht ihr eine Woche um Kontakt aufzubauen. Dann kannst du mit ihm runter in die Höhle und ihn wann immer du willst besuchen, aber bitte immer allein und ungesehen. Das ist jetzt unser Geheimnis und bis er schlüpft, möchte ich von euch nichts mehr wissen. Es wäre zu gefährlich für beide.“ Die Tatsache so etwas vor sagen wir allem zu verstecken könnte etwas schwer werden aber dann kam Leonard zu Hilfe. „Erigan hat Recht doch solange es noch ein Ei ist kann es jeder wie du am Anfang für einen einfachen Stein halten. Du kannst also etwas in die Öffentlichkeit musst aber immer aufpassen wie lange jemand das Ei zu Gesicht bekommt denn unsere Schüler sind nicht doof. Noch etwas. Drachen sind von Geburt aus Selbstversorger, also versuche nicht ihn einzusperren. Solange er alleine ist um zu Jagen oder anderes ist er für uns ein wilder Drache, nur mit dir zusammen darf ihn keiner sehen. Halt dich einfach versteckt ihr beide schafft das schon.“ Bei seinen letzten Worten glitt sein Blick zu dem Ei in meinem Arm und wurde weich. Mann konnte spüren wie Leonard den Anblick des vielleicht neuen Drachens genießt. Ich bedankte mich kurz bevor ich von Erigan die Tasche bekam und meinen neuen Schützling behutsam darin versteckte. Dann trennten sich unsere Wege und ich trat mit der Tasche im Arm zurück ins Sonnenlicht. Aber diesmal nicht alleine.

 

Zu meinem Glück schienen die meisten Schüler gerade mit dem Mittagsunterricht beschäftigt zu sein da nur einer älteren Frau über den Weg lief die sich wohl auf der Suche nach ihrem Enkel verlaufen hatte. Blöd war das ich ihr gar nicht helfen konnte da ich die meisten anderen Jungen aus den älteren Gruppen gar nicht kannte. Also endschuldigte ich mich nur kurz bei ihr bevor ich wieder zu meinen alten Plan zurückkehrte. Ich suchte immer noch nach einem geeigneten Versteck für meinen kleinen Freund. Ich hatte den Platz hinter dem Schulgelände im Gedächtnis, wo Erigan auch sein Gewächshaus hatte. Er lag etwas abseits und hinter dem Kuppelgebäude befanden sich ein paar dicht aneinander stehende Bäume. Also schlenderte ich immer noch mit der Tasche im Arm den Kiesweg entlang wobei die kleinen Steine quietschend unter meinen Füßen wegrutschten. Es war deutlich kälter geworden so hatte ich das Gefühl und so stellte ich mir die Frage ob es hier sowas wie Schnee und Winter überhaupt gibt. Sollte es das war die Vorstellung bei Schnee in meinem kalten Bett zu liegen echt grausam. Und plötzlich begann ich mich wieder zu erinnern. Lange hatte ich nicht mehr über Vorteile der Menschenwelt nachgedacht, da e mir sonst immer zu viel Schmerzen bereitet hat an Sandra zu denken. Doch der Gedanken an ein kuscheliges Sofa neben einer Heizung bereitete mir plötzlich etwas Heimweh und ich schüttelte den Kopf um den Gendanken zu verdrängen.

Wieder bei mir erreichte ich endlich das Schulgebäude und machte mich daran es zu umrunden. Nun gab es anstatt dem Kiesweg nur noch Gras und ich konnte mich fast lautlos hinter dem Gebäude bewegen. Zu meinem Glück hatte ich die Baumgruppe noch richtig in Erinnerung und brauchte mit meiner Tasche nur noch zwischen den Blättern hindurchschlüpfen, dann war ich verschwunden. Zwischen den Bäumen und unter den Blättern war es ungewohnt kühl und ich hielt es für den perfekten Ort für ein Drachenei. Meiner Meinung nach würde nie jemand auf die Idee kommen hinters Schulgebäude zu laufen um da in die Büsche zu klettern und wenn hätte er dann wohl schon so viel getrunken das er das Ei glatt übersieht. Und außerdem hielt ich es anfangs auch für einen Stein, warum sollten andere es nicht genauso tun? Schweren Herzens also ließ ich mich auf die Knie fallen und legte die Tasche genau neben mich. Dann hob ich das Ei vorsichtig aus dem Stoff und platzierte es auf meinen Schoss. Schon fast zärtlich ließ ich meine Hand über die Raue Oberfläche streichen und beobachtete die Reaktion. Doch außer dem warmen Kribbeln geschah nichts. Also zögerte ich nicht lange und kramte ein paar Blätter zusammen um daraus ein Nest zu formen. Als ich meiner Meinung nach genug Blätter auf meinem Haufen hatte legte ich das Drachenei darauf und tarnte es noch mit ein paar extra Blättern. Sicher ist sicher. So lag mein kleiner freund also im Sicheren und ich hob meinen Blick. Sonnenstrahlen schienen durch das grüne Blätterdach und ich hörte ein paar Vögel zwitschern. Lange war es schon nicht mehr so ruhig gewesen und ich seufzte laut. Ich verstand immer noch nicht genau warum ich das Ei verstecken sollte, gerade vor June oder Erik. Erik… Die beiden wussten von mir und das ich einen Drachen bekommen sollten, warum dürfen sie ihn dann nicht sehen? Es war wieder so eine Frage, auf die ich nicht wirklich eine Antwort erwartete und wusste dass ich auch keine bekommen würde. Es ist eine von diesen Fragen die einfach da sind. Um nicht weiter darüber nachzudenken richtete ich noch einen letzten Blick auf das Ei bevor ich wieder aus dem Busch kroch. Ich blickte mich noch einmal um, dann verließ ich den Platz so schnell ich konnte bevor mich einer zu sehen bekam. Zu meiner Überraschung hatte ich es gerade bis zur Pause geschafft und konnte also am Nachmittagsunterricht noch teilnehmen. Ich hatte Reitstunde wieder am Ende der Stadt und folgte meinen Mitschülern durch die engen Straßen.  

 

 

Kapitel 23

 

 

Wir waren am großen Stadttor angekommen und hatten den ungewohnt leeren Marktplatz überquert als uns Andy zu den Ställen führte. Wir haben seit dem Zwischenfall mit dem Kuss nicht groß miteinander geredet und Andy scheint die Situation immer noch sehr peinlich zu sein. Ich hatte versucht die Sache so gut es ging zu ignorieren und meinem Reitlehrer aus dem Weg zu gehen. Nach meiner ersten Bekanntschaft mit Dornac war ich viel besser geworden was das Reite anging und hatte gelernt in Selbständig zu pflegen und aufzusatteln. Das ich mit dem Pferd sprechen konnte hatte ich bis jetzt noch geheim gehalten und ich hatte jede freie Stunde geübt uns über unsere Gedanken miteinander zu verständigen. Ich war gerade dabei einen hellbraunen Ledersattel auf Dornacs Rücken zu platzieren als Andy zu meiner Box kam und mich beäugte. Ohne mich aus den Augen zu lassen strich er über Dornacs schwarzes Fell, welcher darüber nicht gerade sehr erfreut wirkte. Mach dass er seine dreckige Hand da wegnimmt. Ich musste plötzlich anfangen zu Lachen als Dornacs Stimme durch meinen Kopf hallte und Andy zog fragend eine Augenbraue hoch. „Ich glaub Dornac möchte nicht das sie ihn streicheln.“ Überrascht über meine harten Worte und dem Sie als Anrede zog er die Hand weg und wischte sie sich an seiner Hose ab. „Achja? Dann sollte er sich lieber daran gewöhnen denn ich bin auch sein Lehrer und kann ihn anfassen wann ich möchte. Ich erwarte dich vor dem Übungsplatz, Tulip.“ Ich überhörte Dornacs Kommentare da ich viel zu viel damit beschäftigt war beleidigt zu gucken da Andy mich mit meinem Nachnamen angesprochen hatte. „Ich war es nicht der als erstes geküsst hat vergiss es nicht Andy.“ Daraufhin schnaufte der junge Mann einmal bevor er sich umdrehte und verschwand. „Gerade noch rechtzeitig, ich war kurz davor ihm meinen Huf in den Allerwertesten zu rammen“. „Halt den Mund, schlimm genug dass er einen auf verletzt tut obwohl er eine Schülerin geküsst hat.“ Daraufhin schnaubte der Hengst einmal und ich konnte endlich meinen Sattel festziehen.

Ich führte Dornac hinaus aus dem zweiten Stadttor bevor ich mich in seiner Mähne festhielt und mit einem Satz auf seinen Rücken zog. Als könnte er es kaum noch erwarten spürte ich wie Dornac unter mir ungeduldig zu tänzeln begann und ich musste ihn per Stimme ermahnen als wir am Trainingsplatz ankamen. Viele der Schüler waren dort schon am Reiten oder kämpften auf den Pferden miteinander. Sie benutzen dafür Holzschwerter zur Sicherheit doch jedes Mal wenn jemand einen Schlag damit abbekam konnte ich den Schmerz in den Augen des Reiters von weitem erkennen. Es dauerte noch eine Gefühlte Ewigkeit bis Andy mit den anderen Schülern angeritten kam, stolz auf seinem Grauschimmel  saß er da und redete mit den anderen. Als er jedoch nach vorne blickte und mich sah erstarb sein Lächeln und er wurde wieder ernst. „Wir reiten heute aus, immer in kleinen Gruppen. Es gibt zwei Teams die jeweils ein Tuch in der Farbe blau oder grün besitzen. Ziel ist es dieses Tuch des Gegnerischen Teams an sich zu nehmen, ohne verletzt zu werden.“ Ein paar der Schüler jubelten und begannen schon Teams zu bilden. Ich wurde zu der grünen Truppe zugeteilt und musste mit einem Mädchen aus meinem Überlebenskurs zusammen reiten. Diesen Kurs bin ich erst vor kurzen beigetreten, Kaligola hatte ihn einführen lassen um Schülern das Überleben in der Wildnis näher zu bringen. Nach meiner Theorie sollen so nicht gefallende Krieger in einer Schlacht sich verstecken und Tage lang auf Hilfe warten können. Sollte es überlebende in einem Krieg geben. Das Mädchen hieß Arila und ritt auf einer Hellbraunen Stute. Ihre dunkelblonden Haare gingen ihr fast bis zur Hüfte und sie war auffallend groß und dünn. Unsere Truppe bestand aus sieben Reitern und Arila und ich ritten in Richtung Osten. Die anderen Reiter ritten zu dritt und ebenfalls zu zweit und die dreiergruppe hatte unser Tuch. Arilas und meine Aufgabe war es also die andere Gruppe zu finden und ihnen das Tuch abzunehmen. Als ich Dornac bei einem Stillen ritt einen Waldweg entlang das ganze erklärte richteten sich seine Ohren auf und er wurde schneller. Ich liebte dieses Pferd.

„Was tust du eigentlich die ganze Zeit?“ Arilas Frage riss mich aus meinen Gedanken und ich blickte zu ihr rüber. Sie saß genauso entspannt wie ich in dem großen Sattel und beobachtete den Weg vor ihr. „Was meinst du?“ Ich wusste wirklich nicht genau was sie von mir wollte und wartete auf eine Antwort. „Du schaust so oft zu deinem Pferd, es sieht fast so aus als würdet ihr euch Unterhalten. Wie süß der schwarze immer die Ohren hebt wenn du Lächelst.“ Mir war nie vorher in den Gedanken gekommen das unsere Unterhaltungen so auffällig waren und ich war mit der Frage überfordert. „Ich weiß auch nicht. Wir haben halt was Besonderes aber Reden können wir nicht miteinander.“  Ich hing hinter meine Lüge noch ein halbwegs glaubwürdiges Lächeln an und Arila blickte wieder nach vorne.

Wir waren noch nicht lange unterwegs als ich plötzlich hinter ein paar Bäumen drei weitere Reiter enddeckte. Sie wurden von einem lauten Gelächter begleitet weshalb ich mir sicher war das es Schüler waren. Ich brachte Dornac zum Stehen und zischte unauffällig zu Arila hinüber. Auch diese blieb darauf stehen und beobachtete die Landschaft. Ich hielt mir einen Zeigefinger vor den Mund und zeigte danach mit der anderen Hand zu der Gruppe Reitern. Diesmal erblickte auch Arila sie und nickte mir zu. „Sie sind zu dritt, das heißt die werden das Tuch haben.“ Flüsterte sie ohne sie aus den Augen zu lassen. „Wir müssen versuchen näher ran zu kommen, warte bis sie uns den Rücken zugekehrt haben dann durch die Bäume hinterher. Versuch den Reiter mit dem Tuch zu finden.“ Arila gab mir ein Zeichen das sie es verstanden hatte und wir warteten. Ein plötzliches Kribbeln durchzog meinen Magen und ich spürte wie sich mein Herzschlag verdoppelte. Jetzt oder nie Alice, beeindrucke Andrew. Die Gruppe hatte uns nun den Rücken zugekehrt und ich gab Dornac ganz leicht das Zeichen voran zu gehen. Geübt langsam folgten wir der Gruppe durch die Bäume hindurch und bei jedem Schritt den die Pferde machten knackte das Laub unter uns. Doch die Gruppe war zu laut um uns hören zu können. Wir hielten uns geduckt und kamen nun immer näher zu dem Waldweg. Ich suchte die Pferde nach etwas blauen ab und erkannte endlich ein kleines Blaues Tuch was im Wind wehte. Das Tuch gehörte dem Reiter rechts außen und ich musste nur zwischen den Bäumen bleiben um ihn von der Seite überraschen zu können. „Arila, Rechts hat das Tuch. Du musst versuchen auf die linke Seite zu kommen und auf mein Zeichen Krach zu machen. Ich versuchte solange du sie ablenkst ihnen das Tuch zu nehmen.“ Ich wusste das ich mich kurz halten musste da uns nicht mehr viel Zeit blieb doch schon wenige Sekunden später ließ sich Arila zurückfallen und überquerte weiter hinter mir den schmalen weg. „Mach leise.“ Befahl ich Dornac und dieser kam meiner bitte nach und seine Schritte wurden vorsichtiger. Ich kam dem blonden Jungen mit dem Tuch immer näher, doch dieser unterhielt sich immer noch lautstark mit seinen Gefährten. Ich suchte den Wald links nach Arila ab und entdeckte sie etwas hinter der Gruppe hinter ein paar Bäumen. Mit meinen Fingern stieß ich einen Vogel ähnlichen laut aus und Arila begann mit einem Stock gegen einen Baum zu schlagen. Die Unterhaltung wischen den Schülern verstummte und ihre blickte richteten sich erschrocken nach links. „Jetzt!“ Ich rammte dem Hengst meine Beine in den Bauch und dieser sprang mit zwei großen Sätzen aus dem Wald heraus. Bevor die Gruppe auch nur eine Change hatten etwas zu tun war ich schon bei dem blonden Jungen und ergriff im Galopp das blaue Tuch. Gott sei Dank war es nicht allzu fest und ich hatte es in wenigen Sekunden dem Jungen abgenommen. Dachte ich. Ich erschrak und viel bei Dornacs Vollbremsung fast vom Pferd als vor mir plötzlich zwei weitere Reiter der blauen Gruppe auftauchten. Sie hielten jeweils einen langen Stock in der Hand und lächelten als sie meine vor Schreck geweiteten Augen sahen. Sie trieben ihre Pferde vorwärts und als ich versuchte Dornac umzudrehen versperrten die anderen drei aus der Gruppe mir schon den Weg. Meine Sicherheit verschwand und ich suchte verzweifelt nach einem Ausweg. Die Reiter mit den Stöcken kamen immer näher und ich spürte wie mir mein Herz in die Hose rutschte. Diese Schüler nahmen das Spiel ernst genauso wie sie die Stöcker in ihren Händen ernst meinten. Einer der Schüler holte gerade mit dem Stock aus als ein Ruf von links durch den Wald schallte und ein langer Stock nun auf mich zugeflogen kam. Ich fing ihn direkt aus der Luft und wehrte noch einmal rechtzeitig den Schlag des Reiters vor mir ab bevor mich dieser am Kopf getroffen hätte. Das blaue Tuch immer noch in der Hand parierte ich Schlag für Schlag der Gegner und Kämpfte mir so eine Lücke in den Kreis. Doch kurz bevor ich fliehen konnte reagierte ich zu spät und einer der Stöcke traf mich direkt über dem Auge. Ein stechender Schmerz breitete sich sofort in meinem Kopf aus und ich schaffte es nur noch mit Dornacs Hilfe zu fliehen. Verzweifelt versuchte ich das Blut zu stoppen was aus der Wunde lief und konnte nur noch mit einem Auge sehen. Doch nach wenigen Sekunden wurde der Schmerz auch wieder weniger und ich traf Arila wieder, die mi bei meiner Flucht gefolgt war. „Wir haben es geschafft! Jetzt aber schnell zurück die Wunde sieht schlimm aus.“ Das blaue Tuch in meiner linken Hand spendete mir etwas Trost und zusammen trabten wir zurück zur Stadt. Da wir das Tuch bekommen haben war das Spiel nun zu Ende und wir warteten auf die anderen Schüler die bis zu einer bestimmten Zeit wieder da sein sollten. Nebenbei ließ ich Dornac neben mir etwas Grasen und Arila hatte begonnen mein Auge zu untersuchen. Als wir Andy das blaue Tuch überreichten bekam ich nicht mehr als ein lobendes Nicken und noch nicht mal meine Wunde hatte ihn interessiert. Ich hoffte, dass Andy der einzige Feind blieb den ich in den Schulmauern besaß.

 

Mein Unterricht war für diesen Tag vorüber und ich hatte es mir zu einer Gewohnheit gemacht jeden Abend zu meinem kleinen Versteck hinter dem Schulgebäude zu gehen. Mit dem Ei ist bis jetzt noch nichts passiert und langsam bekam ich Zweifel ob dieses Drachenbaby wirklich für mich bestimmt war. Ich blickte mich aufmerksam um bevor ich ganz nah an der Hauswand hinter dem Gebäude verschwand. Für einen kurzen Moment hielt ich die Luft an als ich volle Sicht auf die fast leere Fläche hatte doch es war niemand zu sehen. Es war mir schon eins zwei Mal passiert dass ich ein Paar oder eine Gruppe Jungs beim Schulschwänzen hier traf doch niemand hatte sich je für den kleinen Busch interessiert. Wenn sie wüssten. Ein Schritt vor den anderen, erst langsam dann immer vertrauter, machte ich auf mein Baby zu bevor ich mich noch ein letztes Mal umschaute und in den Bäumen verschwand. Da lag es. Immer noch unverändert auf einem Haufen Laub brütet es vor sich hin. Fast schon liebevoll strich ich mit meiner Hand über die raue Oberfläche des Eis bevor ich mich hinsetzte und es auf meinen Schoß hob. Es war schwer, doch ich hatte durch das lange so an Muskeln gewonnen das es mir vorkam als hebe ich einen kleinen Kieselstein. Geistesabwesend streichelte ich das Ei weiter. Wie lange war ich jetzt schon hier? Meine Erinnerungen an meine alte Heimat verschwanden immer mehr und ich hatte mich so an das Leben hier gewöhnt dass die Vorstellung wieder zurückzukehren fast lächerlich erschien. Ich hatte so viele neue Freunde und Interessen in dieser Welt und das Leben ohne Strom hatte eine so entspannte Art. Man fühlte sich frei von allem und es kam mir zum ersten Mal so vor als würde ich wirklich Leben. Doch zurück zu meiner Frage. Ich musste mich wirklich anstrengen und zählte die Tagen und Wochen. Am Ende gab ich es bei vielleicht einem halben Jahr auf und entspannte mich wieder. Ein halbes Jahr. Es war schon so viel Zeit vergangen. Dann plötzlich kam mir ein neuer Gedanken, wie lange hatte ich Erik jetzt nicht mehr gesehen? Er war mir zwar schon des Öfteren in der Freizeit begegnet doch wir haben schon eine Ewigkeit nicht mehr miteinander gesprochen. Wieder begann sich in meiner Brust ein Loch zu bilden doch diesmal verwandelte sich die Trauer blitzschnell in Wut. Er wusste doch das er mit mir keine Verbindung eingehen darf, warum hatte er es dann getan? War ihm überhaupt klar wie sehr er mir damit wehtat? Einer der Stöcke landete mit einer riesen Geschwindigkeit an einen der Baumstamme und zerbrach dort in tausend Einzelteile. Ich war wütend und ich spürte genau, dass ich mich kurz vor einem Ausbruch befand. Wieder hob ich einen der Stöcke in die Luft und zielte auf einen der Baumstämme. Mein Herzschlag hatte sich fast verdoppelt und ich spürte eine bekannte Wärme in meinen Fingerspitzen kitzeln. Doch kurz bevor ich den zweiten Stock losließ hörte ich plötzlich Stimmen. Es waren mindestens drei und sie kamen von draußen. Blitzschnell entspannte ich mich wieder und sprang auf die Füße. Ich durfte nie wieder die Kontrolle über meine Ausbrüche verlieren sonst würde ich deshalb irgendwann noch auffallen und sterben. Schnell legte ich das Ei wieder auf seinen alten Platz und streute etwas Laub darüber Dann horchte ich noch einmal nach diesen Stimmen. Sie schienen näher zu kommen und ich bekam Schweißnasse Hände. Wenn sie mich jetzt enddecken, sehen sie vielleicht auch das Ei und meine Tarnung ist vorüber. Als würde es sie auch nur etwas aufhalten drückte ich mich in die letzte Ecke meines Verstecks und versuchte die Luft so gut es ging anzuhalten. Es wurde Mause still und ich hörte nur noch meinen eigenen Atem. Doch dann plötzlich blitze ein Bein durch die dichte Blätterwand vor mir durch und ich drückte mich vor Schreck noch mehr an die Schulmauer. „Was ist denn? Komm endlich!“ Eine Stimme, die eines Mädchens drang zu mir durch und mein Herz blieb stehen. „Ich komme.“ Ein weiteres Mädchen hatte geantwortet und ich spürte wie sich die Person hinter den Blättern bewegte. „Ich dachte ich hätte irgendwas gehört.“ Die beiden Fußspitzen begangen sich langsam zu mir zu drehen und ich schloss vor Angst das bewusst sein zu verlieren die Augen. Mein Atmen ging nur noch stoßweise und ich versuchte so leise zu sein wie nur möglich. Dann endlich würdigte das Mädchen vor mir dem Busch noch einen letzten Blick bevor sie kehrt machte und sich von mir weg bewegte. Ich atmete einmal tief durch bevor ich es wagte mich aufzusetzen. Immer noch aufgeregt von dem ganzen Adrenalin in meinem Körper horchte ich noch einmal nach den Stimmen doch die Schritte schienen sich zu endfernen. Ich hatte es überstanden. Ich verharrte noch ein paar Minuten unter der Blätterwand bevor ich sie vorsichtig wieder verließ. Es war Zeit etwas zu Essen doch nach der ganzen Aufregung wollte ich nur noch in mein Bett. Mit letzten Kräften schleppte ich mich in mein Zimmer und begann mich in dem kleinen Bad zu waschen. Der Spiegel, der vor der Waschkuhle an der Wand hing, war alt und verdreckt doch erfüllte seinen Zweck noch. Ich hatte mich vom Aussehen sehr verändert und das überraschte mich jedes Mal. Ich war gefühlt dünner geworden als ich vor einem halben Jahr war und meine sonst etwas speckigen Arme und Beine waren nun von Steinharten Muskeln durchzogen. Meine Haut hatte eine gesunde, dunkle Farbe angenommen und war etwas verdreckt da ich keine Change hatte mich zu schminken. Meine Haare, die ich aus Gewohnheit immer als einen lockeren Zopf trug, waren länger geworden und reichten mir schon fast bis zum Hintern. Außerdem wirkten sie bei dem Späten Licht noch schwärzer und schienen wie immer etwas rot zu leuchten. Aber nur ganz leicht.

Als ich mir mein Nachthemd angezogen hatte legte ich mich in das kleine Bett und nahm mir zum Einschlafen noch ein Buch. Erigan hatte es mir aus der Bibliothek mitgegeben wie er es öfters machte um mich etwas zu beschäftigen. Die Bücher in der Bibliothek waren alt und sehr weise und wirkten mit ihren dunklen Lederbänden als hätten sie schon Jahrhunderte dort gelegen. Ich hatte diese Räume schon immer sehr faszinierend gefunden und nahm mir oft die Zeit sie zu besuchen. Das Buch von Erigan lehrte das uralte Wissen über Pflanzen und was für Heilkräfte sie besaßen und ich fraß das Wissen fast schon in mich hinein. Ich wusste das jedes Wissen über die Natur mir hier in dieser Welt sehr helfen könnte weshalb ich fast meinen gesamten Tag mit lernen verbrachte. Wenn ich nicht grad mit Dornac oder einem Freund unterwegs war pflegte ich es immer etwas zu lesen oder Erigan um Rat zu fragen. Doch dieses Mal schaffte ich nicht viel und der Schlaf überkam mich früher als ich dachte. Ich träumte ruhig und lange.

 

 

Kapitel 24

 

 

Der nächste Tag war ungewohnt kühl und der sonst immer blaue Himmel wurde von dunklen grauen Wolken bedeckt. Ich streifte mir auf dem Weg zum Unterricht eine Jacke aus hellem Wildleder über und zog sie eng um meinen Körper. Heute trug ich mal wieder eine Hose und darüber ein einfaches Hemd, nicht stattlich für eine Frau aber weit bequemer als ein Kleid. Wie immer traf ich June, Jonas und Jo vor dem großen Schulgebäude und wir gingen zu unserem Unterricht. Ich wusste dass meine Reitstunde heute ausfallen würde, da Andy mit ein paar anderen Soldaten in den Wald geschickt worden war. Warum konnte ich leider nicht mehr herausfinden doch mir war es recht ihm nicht zu begegnen. Also trainierte ich mit Jo und den anderen wie jeden Montag Bogenschießen, indem ich erstaunlich gut war, und machte mich nach dem Unterricht nachmittags auf dem Weg zum Stall. Zu meiner Überraschung wurde ich jedoch vor dem großen Haupttor von einer starken Hand zurückgehalten und landete kurz danach in Damens Armen. Wie Erik hatte ich ihn schon lange nicht mehr gesehen und verschluckte mich fast als ich ihm in seine wunderschönen grünen Augen blickte. Nach einer peinlichen Ewigkeit schaffte ich es endlich mich von ihm loszumachen und einen gesunden Abstand zwischen uns zu bringen. Knallrot blickte ich beschämt auf meine Füße und versuchte meinen Herzschlag wieder zu ordnen. Diese Ausbrüche, jedes Mal wenn ich Damen traf, waren nicht normal und mussten verhindert werden. Was hatte Erik gesagt, er versuchte mich zu benutzen und uns eine Verbindung aufzudrängen? An den Gedanken seiner beruhigenden Stimme jedoch riss ich mich zusammen und sprach so ernst es ging zu Damen. „Schon dich wiederzusehen, Damen. Du versperrst mir nur leider den Weg.“ Ich verschränkte die Arme vor der Brust und hob drohend das Kinn. „Unverschämt wie immer.“ Bei seinen Worten zuckte ich leicht zusammen und verlor sofort meine Haltung als ich erkannte dass er sich über mich lustig machte. „Was möchtest du?“ „Dich sehen, dir etwas zeigen.“ Vorsichtig nahm Damen meine Hand und begann mich aus dem Tor zu führen. Doch ich redete weiter: „Was denn zeigen? Ich darf nur auf dem direkten Weg zu den Ställen sonst darf ich das Gelände nicht verlassen.“ Wieder lachte Damen und gab zurück: „Als wenn dich das je davon abgehalten hätte mal ein paar andere Straßen zu erkunden. So unsichtbar wie du dich fühlst bist du dabei übrigens nicht.“ Als ich verstand das er mich bei meinen kleinen Ausflügen erwischte die ich auf dem Weg zum Stall öfters machte musste ich plötzlich schlucken. Als wenn er meine Gedanken hören könnte versicherte er mir: „Alles gut, ich hab niemanden etwas gesagt. Ich mach es doch selber fast täglich.“ Und genau in dem Moment verließen wir die bekannte enge Straße zum Stall und bogen in eine noch kleinere Seitenstraße ein. Die hellen Wände der Häuser schienen mich fast zu erdrücken und ich war froh als wir endlich wieder eine etwas breitere Straße erreichten. Wie die andere war sie belebt von vielen Menschen und ein paar hatten vor ihren Häusern einen kleinen Stand um ihr Geld zu verdienen. Immer noch folgte ich Damen dessen Blick jetzt immer geradeaus vor seine Füße gerichtet war. Seine Haare waren länger geworden und lagen langsam schwer über seine Schultern. Damit sie ihm nicht ins Gesicht fielen wurden sie hinter seinem Kopf von einem ähnlichen Band zusammen gehalten wie was ich mir gemacht hatte um einen Zopf zu tragen. Ich wusste nicht wohin Damen mich führte und bekam auch nie eine Change ihn zu fragen so ein Tempo legte er vor. Es fühlte sich an als liefen wir schon mindestens zehn Minuten durch die Straßen der Stadt als er endlich vor einem Holztor mitten auf der Straße stehenblieb. Als hätte jemand eine Wand dort hinstellen wollen versperrte sie uns den Weg und wir wurden langsamer.  „Was ist das hier?“, fragte ich und betrachtete dabei weiter das alte Tor. „Hast du schon mal von dem Armenviertel hier in der Stadt gehört?“ Damen drehte sich zu mir um und beantwortete jetzt endlich meine Fragen. Ich nickte und überlegte kurz wann ich das erste Mal von diesem Stadtteil gehört hatte. Vielleicht bei Kaligola? Oder hatten sich ein paar Schüler im Unterricht darüber unterhalten? Ich kam jedenfalls nicht drauf und setzte hinter mein Nicken doch noch ein schüchternes Kopfschütteln. Damen lachte verführerisch und strich sich eine seiner Haarsträhnen aus dem Gesicht. Dann schaute er noch einmal rüber zum Tor bevor er mir begann zu erklären: „Du kennst ja nur unsere liebe Schule oder wie ihr sie immer nennt und den südlichen Teil unserer Stadt. Doch viele vergessen dabei den nördlichen. Denn obwohl Kaligola immer so perfekt tut und behauptet die Stadt wäre am Blühen wie noch nie, vergisst er immer eines: Die armen Bauern und Kinder ohne Eltern die eine andere Change haben als sich mit den ärmsten Verhältnissen abzugeben die dieses Land hat. Und so, liebe Alice, entstand das Armenviertel. Ein Haufen voller betrunkener und Diebe so wie es die Außenbewohner immer nennen. Ein paar Tore aus altem Holz soll diesen Abschaum von ihrer Stadt fernhalten und so das ach so tolle Bild nicht verunstalten. Doch ihr denkt falsch. Wir sind Menschen genau wie ihr und müssen alles dafür tun unseren Kindern und Geschwistern nicht beim Verhungern zuzugucken und nur sehr wenige schaffen es aus dieser Hölle, und wieso? Weil dein toller König nichts für uns tut!“ Beim Sprechen wurde Damen immer lauter und seine Gesichtszüge wurden Steinhart. Ich konnte nur zusehen wie er sich in seinen Ärger über die Stadt und den König immer weiter hineinsteigerte und überlegte sogar kurz umzudrehen und so schnell es ging hier weg zu kommen. Ich fragte mich auch was Damen mit Außenbewohnern meinte, etwa die Bürger die nicht im Armenviertel lebten? Aber er ist doch selbst so einer? Ohne es mitzubekommen setzte ich langsam immer einen Schritt nach den anderen nach hinten, um möglichst viel Abstand zwischen mich und den Fluchenden Damen zu bringen und mein Magen begann langsam zu kribbeln. Ich wusste das es Angst war die mich dazu trieb und ich versuchte sie zu unterdrücken. Als jedoch Damen bemerkte wie ich ängstlich immer weiter die Straße runter schlich wurden seine Züge auf der Stelle wieder weicher und er machte ein paar Schritte auf mich zu um mich in den Arm zu nehmen. Ich ließ es zu um ihn nicht noch mehr zu verärgern und kurze Zeit nahm er wieder meine Hand und führte mich zurück zum Tor. „Es tut mir leid.“ Flüsterte er mir in Ohr: „Du musst etwas wissen bevor ich dich mitnehmen kann. Ich bin nicht so wie oder die anderen Schüler bei ihren Eltern und Familien aufgewachsen. Ich wuchs als Kind hier im Armenviertel auf da mich meine Eltern schon als kleiner Junge ausgesetzt hatten. Mein Vater machte mir immer wieder klar ich war damals ein Unfall und er wollte nie Kinder und meine Mutter hatte keine Change sich von ihm zu trennen, zu sehr war sie auf sein Geld angewiesen.“ Nun bekam ich Mitleid mit Damen und war es diesmal die seine Hand fester drückte. „Das tut mir leid.“, versuchte ich ihn zu trösten doch er erzählte weiter. „Ich lernte also schnell mich zu verteidigen, mich alleine durchzuschlagen und zu rauben. So schaffte ich es mich alleine durchzuschlagen. Doch eines Tages erwischten mich ein paar Krieger der Schule bei einem Raub und nahmen mich mit zu Kaligola. Doch so einfach wie du denkst hab ich sie nicht gehen lassen. Ich schaffte es einen von ihnen zu töten und zwei zu verletzen bevor sie mich überwältigten und das erstaunte den König. Er nahm mich zu sich auf und ließ mich durch meine Erfahrung im Kämpfen in der Schule Unterricht nehmen. So schaffte er es mich von meiner Schiefen Bahn abzuhalten doch eines habe ich nie vergessen. Den hasserfüllten Blick meines Vaters als er mich vor diesem Tor aussetze und die Trauer in den Augen meiner Mutter, kurz danach gefolgt von Schmerz weil mein Vater sie dafür schlug. Niemals werde ich ihm das verzeihen.“ „Das musst du auch nicht.“ Ich wusste dass meine Worte nicht gerade helfen würden doch etwas anderes bekam ich grad nicht zustande. „Danke.“ Damens Blick lag voller Schmerz und doch versuchte er seine Züge in den Griff zu bekommen. „Ich bin dir sehr dankbar dass du versucht das zu verstehen. Es ist komisch von jemandem zu hören der seine Eltern auf den Tod nicht ausstehen kann und sich an seinem eigenen Vater am liebsten Rächen möchte, doch du versuchst es trotzdem. Komm mit, ich möchte das du die wirkliche Stadt kennenlernst bevor Kaligola sonst was mit dir macht.“ „Was meinst du damit?“ Was würde Kaligola mit mir machen? „Ich erkläre es dir beim Gehen, wir haben nicht mehr viel Zeit und kommen bei deiner Fragerei nicht voran.“ Ich musste mich zurückhalten ihn nicht schon wieder etwas zu fragen und stattdessen beobachtete ich ihn dabei wie er mit einer Hand gegen das Holztor klopfte. Kurz danach öffnete sich eine kleine Lucke auf meiner Augenhöhe und Damen bückte sich etwas herunter um dem Augenpaar dahinter etwas sagen zu können. Einige Zeit passierte gar nichts und dann plötzlich öffnete sich das gesamte Tor mit einem lauten Knacken. Wieder folgte ich Damen und wir kamen an einem kleinen schmalen Mann vorbei dem Damen heimlich eine Münze zusteckte. So kam also ein Schüler des Königs hinter die Tore des Armenviertels. Ich zwang mir ein Lächeln auf als wir an dem grimmigen Mann vorbei liefen und erschrak bei seinem Anblick. Unter den dicken alten Stoffen die er um den Körper gewickelt trug befand sich ein fast aufs Ganze abgemagerter Körper und die Augen des Mannes schimmerten nur noch blass. „Zu deiner Frage.“ Damen begann beim weiter laufen zu reden und beruhigte mich dadurch etwas. „Wir beide besitzen ein kleines Geheimnis. Außer uns weiß keiner hier davon und das soll auch so bleiben. Doch dieses Geheimnis bedeutet für manche, zum Beispiel auch Kaligola, sehr viel um gegen einen gewissen Feind etwas auszurichten. So versucht Kaligola dich in kürzester Zeit zu einer Kampfmaschine rann wachsen zulassen und kann es sich nicht leisten das dir irgendetwas geschieht. Also auch der Verbot die Stadt zu sehen. Meine Worte bedeuteten nur das Kaligola dich benutzt für seine Zwecke. Es liegt ihm genauso wenig an dir wie er sich um diese Menschen hier kümmert.“ Bei diesen Worten zeigte Damen mir mit einer weiten Armbewegung auf die vielen Bettler und dünnen Kinder und ich musste meinen Blick abwenden um nicht loszuheulen. So viel Leid auf einmal hatte ich in meinem Leben noch nicht gesehen und wollte es auch ehrlich nicht. Ich musste kurz überlegen bevor mir klar wurde das Damen in Rätseln sprach damit die Bewohner der Häuser nichts mitbekamen. Damit sie nicht herausfanden was ich wirklich bin. Und im nächsten Moment machte ich mir die Bedeutung seiner letzten Worte klar. „Du Lügst.“ Murmelte ich und versuchte dabei nicht hoch zuschauen. „Ich Lüge nie.“ Antwortete Damen. „Ich bedeute Kaligola sehr viel und ich bin mir sicher dass diese Menschen hier ihm auch etwas bedeuten.“ Daraufhin schleuderte Damen zu mir rum und war blitzschnell an meiner Seite. Schon wieder bekam er einen unkontrollierten Wutausbruch. Mit einem Arm umschlang er meinen Hals und mit den Anderen zeigte er wie wild um sich. „Diese Menschen soll er Mögen? Hast du dich überhaupt einmal richtig umgesehen diese Menschen hier wurden von allen Göttern verlassen sie leiden schon ihr Leben lang!“ Er musste sich sehr zurückhalten nicht noch lauter zu werden und merkte wie die Menschen um uns herum Aufmerksam wurden. Ich versuchte zuerst meinen Blick wieder von allen abzuwenden aber Damen klammerte meinen Kopf so fest dass ich keine andere Change hatte als mich umzusehen. Wir waren ein Stück gelaufen und auf einen kleinen Platz gekommen. Es war dunkel und in der Mitte befand sich ein alter Brunnen. Doch es plätscherte kein Wasser mehr aus der Statue die ihn schmückte und zu meinem Erschrecken war das Wasser in der rauen Schale nicht blau sondern rot. Ein Mann lag dort und nur sein rechter Arm und sein rechtes Bein hingen über den Rand hinaus. Am Kopf des Mannes befand sich eine große Platzwunde und das dunkle Blut lief von dort in seinen schmalen Kopf hinunter und verteilte sich so schnell in dem Wasser als würde es diesen Teil der Erde erobern wollen. Doch mein Blick wanderte weiter. Die Häuser rund um den Platz waren alt und zum Teil mit altem Holz erneuert. Verblasste und kaputte Stoffe ließen sich vom Wind trocknen und landeten teilweise wieder auf den verdreckten Boden. Schimmel hatte sich dort verteilt, ernährt von den Ausscheidungen der Menschen die diese einfach auf die Straße geworfen hatten. Nicht nur Alte lagen in einer Schattigen Ecke des Platzes, auch eine Menge Kinder versuchten hier etwas Schlaf zu bekommen. Ihre Arme waren dünner als ein einfaches Schwert und ihre Haut war dunkel vom ganzen Dreck. Anstatt Freude war das einzige was man in den Gesichtern der Kinder sah Schmerz und Hunger. Immer weiter begann ich zu verstehen suchte den Platz nach Dingen ab und verzweifelte. Ich spürte wie sich Damens Griff lockerte und für kurze Zeit befürchtete ich ohne seinen Halt zusammen zu brechen. Zu sehr fraßen sich die schrecklichen Bilder in meinen Kopf und vertreiben dort letzte Hoffnungen. Ich versuchte zu reden brachte jedoch außer einem traurigen Aufschrei keinen Ton hervor und ließ mich erleichtert in Damens Arme fallen als dieser mich wegtrug. Weg von dieser Dunkelheit weg von diesem Schmerz. Damen hatte Recht, diese Menschen hatten sogar die Götter schon lange verlassen.

 

 

Kapitel 25

 

Erik

 

Seit längerer Zeit schickte Kaligola nun Truppen von Soldaten in den Wald und den Rest seines Reiches doch außer ein paar Gruppen von Wanderern und Kaufleuten war niemand mehr gesehen worden. Erik wusste dass sich die Situation mit den Feinden wieder verbessert hatte und die losgeschickten Soldaten immer unvorsichtiger bei ihrer Aufgabe wurden, trotzdem schickte er immer wieder ein paar seiner Männer an die Grenzen. Er hatte seit dem er wieder hier ist sein altes kleines Heer wiederbekommen und musste feststellen wie sehr es sich verändert hatte. Von den knappen hundert Männer die Kaligola seinem Sohn anvertraut hatte waren nur noch circa zwanzig Männer übrig geblieben und für die hatte Erik so gut wie nie Verwendung. Neben seinem normalen Training begann Erik die Stadt noch genauer unter die Lupe zu nehmen. Auch wenn Kaligola immer behauptet das sich hinter diesen Mauern nur treue Männer befinden, hatte er ein dummes Gefühl das dem nicht so sei. Mit zwei seiner Freunde und auch Mitglieder seiner Soldaten suchte er in seiner Freizeit immer wieder in den hintersten Ecken der Stadt nach untreuen Männern oder illegalen Handel, hatte aber bis jetzt keinen Erfolg.

 

Immer wieder versetzte der große Junge der Strohpuppe vor ihm einen Schlag mit seinem Schwert. Alte Strohhalme flogen aus dem Stoff heraus und breiteten sich auf der kahlen Erde unter ihm aus. Auch wenn die Klinge stumpf war hieb er Wunden in den Körper der Puppe als würde ein Troll persönlich darauf einschlagen. Erik besaß Kraft in den Armen wie kein anderer und war im Kampf zu schnell für jeden seiner Soldaten. Vom Kind an hatte er trainiert und das war der wohl verdiente Preis. Schweißtropfen liefen ihm über die blasse Stirn und die Sonne brannte ihm auf der Haut. Immer wieder drang der gleiche dumpfe Ton aus der Puppe wenn er sie traf und er endspannte sich. Als er in seinem Tack vor Erschöpfung schon langsamer wurde riss ihn plötzlich ein Knacken aus der Konzentration und das Schwert wirbelte durch seine Arme blitzschnell herum. Ein kleiner Junge, vielleicht dreizehn Jahre alt duckte sich vor ihm mit vor Schreck geweiteten Augen und blickte erstaunt auf die glänzende Spitze der Kling kurz vor seinen Augen. Laut seiner Kleidung ordnete Erik ihn zu einen der Hausdiener ein und mit den dünnen Ärmchen die er besaß war es ihm wahrscheinlich nicht einmal möglich ein Schwert überhaupt zu heben. „Ähm endschuldige Prinz Erik ich weiß dass man sie nicht bei ihrem Training stören darf aber der König schickte mich um sie zu holen.“ Stotterte der Junge und war blass als hätte er einen Geist gesehen. Erik hasste es wenn ihn die jungen Diener mit Prinz ansprachen, ließ das Schwert aber sinken. „Danke mein Junge. Merk dir bitte noch etwas. Ich bin zwar Kaligolas Sohn, aber kein Prinz, hast du das verstanden? Und stör mich wirklich nicht mehr wenn ich Kämpfe das hat einem Jungen schon mal den Kopf gekostet.“ Sprach Erik und setze dabei eine möglichst Ernste Miene auf. Der Junge vor ihm Schlucke einmal schwer nickte aber dann und drehte auf dem Absatz um und rannte davon. Wie er die Angst der Diener verabscheute. Doch um der bitte des Jungen nachzukommen brachte Erik das Schwert wieder zu einen der Hütten am Trainingsplatz und machte sich von dort aus auf den Weg zu seinem König.

Die kleinen Steine auf dem Hof vor Kaligolas Gebäude waren noch etwas heiß von der Sonne und man konnte kleine Grasbüschel erkennen die in der Hitze mutig aus der Erde ragten. Normalerweise müssten die Gärtner des Hofes dieses Grün längst entfernt haben doch es beruhigte Erik zu sehen wie sich etwas gegen die Meinung des Königs durchsetzte. Auch wenn Kaligola Erik als kleinen Jungen ausgenommen hatte und er so zu seinem Vater wurde nervte es den Jungen Soldat immer auf seinen Vater zu hören. Er wüsste dass es Kaligola gesundheitlich immer schlechter ging und dass bald er das Erbe des Königs antreten muss doch bis dahin stand er voll unter seinem Befehl. Wie oft hatte Erik ihm gesagt er wollte kein Prinz sein und noch weniger bald der König doch er hatte keine Change. Außer ihm hatte Kaligola keine Kinder und somit gab es auch keinen anderen Erben. Doch genauso wie er es verabscheute von den Dienern als eine Art Gott angesehen zu werden genauso war ihm klar dass es in dieser Welt nur so ging. Sollte Astragon irgendwann keinen König mehr haben würde es die Stadt wahrscheinlich in einen Zustand versetzen wie im Armenviertel. Die Bürger brauchten seit dem die roten Krieger nicht mehr da waren jemanden an den sie sich halten können und der ihnen einen Sinn gab diese Stadt zu halten. Jondolar sollte nie eine Change bekommen die Stadt für sich zu gewinnen und so einen großen Schatten über das einst so blühende Land zu legen. Das wäre nicht nur der Untergang Eriks Familie sondern auch der ihrer Göttin Nyl. Von der hatte sich nämlich jeder von Jondolars Gefolge abgewendet sodass ihr einst so perfektes Land droht zu zerbrechen.

Erik nahm als er die dunkle Treppe in der Eingangshalle hochging zwei Stufen auf einmal und kam so schneller als gedacht zu dem Büro des Königs. Die Tür quietschte leicht als er sie öffnete und Kaligola wandte sich auf seinem Stuhl gleich zu ihm. „Erik mein Sohn, gut das du da bist.“ Sprach er und deutete mit einem freundlichen Kopfnicken auf einen der Stühle vor seinem Tisch. Erik setzte sich und erwiderte freundlich: „Ich freue mich auch sehr mein König. Darf ich erfahren warum du mich bei meinem Training unterbrichst?“ „Natürlich!“ Erigan klang fröhlicher als er eigentlich wollte und legte gleich wieder eine Ernste Miene auf als er weitersprach. „Du weißt ja dass wir jedes Jahr die Prüfungen für die achten Klassen veranstalten. Auch dieses Jahr werden dort unsere vier besten Kämpfer der achten Klassen gegeneinander antreten doch weshalb ich dich hergerufen habe ist.“ Der alte Mann schien nicht ganz zu wissen wie er sich ausdrücken sollte und suchte verzweifelt nach Worten. „Du magst Alice ja sehr gerne, auch wenn ich es dir von Anfang an verboten habe. Und es ist so dass wir beide von Alice eigentlicher Identität wissen. Also ist es für dich hoffentlich wie für mich nicht so sehr erschreckend das sie schnell Vorschritte macht. Doch die Menge an Vorschritten die sie macht ist ungewöhnlich.“ Erik spürte wie Kaligola versuchte die Worte aneinander zu reihen sodass er es nachvollziehen konnte doch er verstand. Alice machte wirklich beeindruckende Vorschritte und die Male die Erik ihr heimlich beim Trainieren zusah konnte man erkennen wie schnell sie war. „Ich weiß von ihren Vorschritten, mein König. Also warum sollte ich herkommen?“ Langsam wurde Erik wirklich ungeduldig es war noch so ein schöner Abend zum Trainieren doch er musste hier in diesen stickenden Räumen sitzen. Kaligola seufze und ließ die Hand auf die Holzplatte seines Tisches sinken: „Alice wird dieses Jahr an den Spielen teilnehmen mein Junge, und meiner Meinung nach wird sie es unmöglich überleben.“ Erik zuckte zusammen und starrte den König an: „Bist du wahnsinnig sie hat nicht den Hauch einer Chance!“ fuhr der Soldat den Mann an. „Sie ist erst seit einem halben Jahr auf dieser Schule und hat keine Ahnung wie sie mit solchen Spielen umgehen soll. Allein die Wettkämpfe davor sind für sie mehr als unfair.“ „Wie Recht du hast.“ Die Stirn des alten Mannes legte sich in Falten als er begann nachzudenken. „Aber ich sehe da keine einzige Möglichkeit. Sie wird sich in den Wettkämpfe ohne viel Mühe mit den anderen Schülern messen können vergiss nicht sie Kämpft nicht mit den besten der Stufe.“ „Aber es wär verrückt!“ Erik konnte die Worte des Königs nicht verstehen und wurde sichtlich unruhig. „Sie darf nicht einmal an den Wettkämpfen teilnehmen lass sie da raus.“ „Und wie meinst du soll ich das den anderen erklären ohne dass sie Aufsehen erregt? Erik diese Schülerin hat sich in den letzten Monaten schon zu viele Aktionen geleistet wenn ich sie jetzt nicht wie jeden an den Spielen teilnehmen lasse werden die anderen Schüler noch misstrauischer und versuchen herauszufinden wer sie ist. Meine Schüler sind zwar treu aber dumm sind sie nicht.“  „Sie wird Wochenlang alleine in der Wildnis sein vergiss nicht wo sie herkommt.“ Daraufhin wurden Kaligolas Züge wieder entspannter und er versuchte so positiv wie möglich zu klingen. „Deshalb habe ich dich her gerufen. Du wirst sie in der nächsten Zeit auf die Spiele vorbereiten du hast selber schon einmal dran teilgenommen. Zeig ihr wie sie überlebt und kein Risiko eingeht. Sie ist stärker als wir denken und vielleicht wird sie es schaffen.“ „Vielleicht?“ Kaligola lächelte: „Hoffentlich, mein Sohn. Hoffentlich.“

Damit drehte der König sich zu einem der Fenster und die Diskussion war somit beendet. Erik erhob sich von seinem Stuhl, verneigte sich einmal höflich bevor er die Tür laut hinter sich zuschlagend verschwand.

 

 

Alice

 

Ich öffnete meine Augen erst wieder als Damen mich vorsichtig versucht ab zusetzten. Ich merkte dass ich in seinen Armen immer noch geweint hatte da sein Hemd Tränen durch nässt um seinen Körper viel. Unsere Umgebung war beruhigender als zuvor, wir waren die einzigen in einer kleinen trockenen Gasse und umgeben von Fässern. Die meisten leer.

Ich wusste dass ich schrecklich aussah und versuchte meine Haare soweit es ging hinters Ohr zu streichen. Als Damen begann sich noch einmal in der Gasse umzusehen und zu testen ob uns jemand gefolgt war wurde ich unruhig. Was passierte jetzt? Was wollte Damen mit mir in einer verlassenden Gasse im hintersten Ende der Stadt? Und im nächsten Moment wurde mir noch etwas bewusst. Ich hatte keine Ahnung wo wir waren. Ich hatte nicht die Chance zu fliehen da ich nicht wusste wo ich war und wie ich es schaffen sollte an Hilfe zu kommen. Die verhungerten Kinder würden es wohl kaum schaffen mich vor Damen zu beschützen. Für diesen Gedanken hätte ich mir am liebsten selbst eine geohrfeigt da ich ernsthaft von Kindern, die nie in ihrem erbärmlichen Leben Hilfe bekommen hatten, Hilfe erwartete. Doch trotzdem bekam ich Angst. Leider wusste ich langsam nur zu gut das der immer so nette und hinreißende Damen doch eine Seite besaß die ich lieber nie hätte kennenlernen dürfen. Als ich geistesabwesend nach meinem Schwert griff was eigentlich an meiner Hüfte hängen sollte traf es mich wie ein Schlag. An dem Gürtel wo ich mein Schwert befestigt hatte war nichts und Gänsehaut verbreitete sich plötzlich über meinen gesamten Rücken. Hilflos auf meiner Unterlippe kauend ließ ich meinen Blick hektisch durch meine Umgebung schweifen und suchte sie nach irgendeiner Waffe ab. Doch außer ein paar Brettern und den Fässern war die Gasse leer. Ich versuchte mich zu beruhigen indem ich mir einredete ich könnte die Bretter als Waffe benutzen wie ich es schon einmal getan habe und mein Atem verlangsamte sich wieder. Immer und immer wieder zog ich die stickige Luft ein und ließ sie langsam wieder endgleiten bevor ich meinen Kopf hob und Damen in die Augen schaute. Ich wusste dass ich nicht so Hilflos war wie bei unserer ersten Begegnung und da ich mit ihm trainiert hatte. Ich kannte jeden seiner Bewegungen und war somit wenigstens nicht im Nachteil. Als Damen bemerkte dass ich mich wieder gefasst hatte schenkte er mir ein prüfendes Lächeln und ließ sich auf eines der Holzfässer fallen. Ich blieb aus Sicherheitsgründen stehen. „Wo sind wir hier?“ Ich setzte mehr Selbstbewusstsein in meine Stimme als ich eigentlich hatte und sie klang etwas schwach. Doch Damen schien dies nicht zu stören denn der legte seine Hände ordentlich auf seinen Schoß und antwortete mir: „Am einzigen ungestörten Platz im Armenviertel. Ich komme hier oft her wenn ich etwas Zeit für mich brauche deshalb weiß ich das. Ich dachte nach deinem Zusammenbruch brauchtest du etwas Zeit für dich.“ Das stimmte natürlich dachte ich und erwischte mich dabei wie ich Damen dankend anlächelte. „Doch warum hast du mich nicht einfach wieder nach Hause gebracht?“ ich hing sofort die nächste Frage dran um ein unangenehmes Schweigen zu verhindern. Auf diese Frage ließ Damen genervt die Schultern sinken und erwiderte erneut: „Da ich dich sonst wahrscheinlich nicht wiedergesehen hätte. Du wärst verschwunden hättest vielleicht sogar irgendwen von unserem Ausflug erzählt und ich wäre eingesperrt worden. Dazu kommt noch dass du mich wahrscheinlich eh nie wiedersehen wolltest da du Angst vor mir hast. Jetzt musst du mir noch vertrauen und das verschafft mir Zeit“  Ich wusste das er Recht hatte und konnte nicht dagegen tun als meine Hände anfingen zu zittern. Ich hatte Angst vor ihm wie sehr ich mich auch dagegen wehrte und es blieb mir keine andere Chance als zu versuchen in ruhig zu behalten und zu fliehen. Doch wohin? „Zeit wofür?“ fragte ich stattdessen und lenkte mich somit etwas ab. Der schlanke Junge schien kurz zu überlegen was ich damit meinte bevor er lächelnd scherzte: „Um dich besser kennen zu lernen. Erik hatte mir bei unserer ersten Begegnung kaum Zeit gelassen mehr als deinen Namen zu erfahren. Und das wollte ich nachholen.“

Ich verstand plötzlich nicht was er meinte. „Wir hatten genug Zeit uns beim Training kennenzulernen du weißt mehr über mich als die meisten die ich zu meinen Freunden zähle. Also was möchtest du wirklich?“ Ich wurde wieder einmal ungeduldig doch Damen blieb ruhig. „Nicht das kennenlernen. Ich möchte nicht irgendeinen Smal talk darüber führen wie es dir geht oder was du gerade machst Ich möchte deine Geschichte kennen und ich will das du auch meine erfährst. Du sollst doch die sein die unsere Stadt rettet, wie genau hast du dir das vorgestellt Täubchen?“ Ich stockte als er mich nach diesem Vogel benannte und wurde mir der Situation nicht mehr klar. Wer war der Mann vor mir auf dem Fass und wo war der Damen geblieben in den ich mich kurze Zeit verliebt hatte? „Der Mann vor mir ist verrückt.“ Ich merkte gar nicht dass ich die letzten Worte laut vor mir her genuschelt hatte und erwiderte Damens fragenden Blick mit meinem. „Also.“ Damen kam zurück zu seiner Frage. „Wie hast du dir das mit der Rettung der Stadt vorgestellt?“ Ich ruderte hilflos etwas mit meinen Armen herum um mir Zeit zu verschaffen doch meine Stimme versagte. Ich hatte keine Antwort auf diese Frage wie sehr ich mich auch anstrengte und diesmal fragte ich mich in Gedanken selber. Genau, Alice. Wie hast du dir das vorgestellt? „Ich… Ich weiß es nicht.“ Brachte ich mit etwas Mühe hervor und Damens dunkles Lachen umhüllte die Stille. „Die kleine Süße Alice.“ Seufze der Junge vor mir und schüttelte unglaubwürdig mit dem Kopf. „Es war so klar das Erigan keinen besseren Plan hatte als das hier. Er ist einfach schon immer eine Schande für die Stadt gewesen und auch sein ach so toller Sohn Erik kann es nicht besser. Sie wollen es sich nicht bewusst machen aber der Krieg hat begonnen. Zwar noch nicht vor den Toren Astragons aber schon bevor du überhaupt hier her kamst waren wir schon alle verloren. Nyl hat versagt, ihre Welt versinkt genauso im Chaos wie die der Menschen. Eigentlich möchte ich nur helfen rote Kriegerin.“ „Helfen?“ „Haben sie dir schon von der Geisterwelt erzählt? Ich vermute nicht aber das hätten sie. Nach dem man stirbt, kommt man an einen Ort, schöner als alles was du dir je vorstellen kannst. Die Götter selbst leben dort und sorgen dafür dass es einem an nichts fehlt. Ist es nicht ein toller Gedanke mal einfach so zu Leben ohne hass, Schmerz und Krieg.“ Bei seinen letzten Worten verschwand Damens Aufmerksamkeit und an seinen Augen konnte man erkennen dass er sich grad überall befand aber nicht bei mir in der Gasse. Ich nutze den Moment um meine Gedanken einmal zu ordnen. Ich verstand einfach nicht worauf Damen hinauswollte. Er sprach in Rätseln und ich schaffte es einfach nicht sie zu lösen. Ein Ort voller Liebe? „Der Himmel?“ fragte ich laut und holte Damen aus seinen Träumen. „Besser.“ Gab dieser darauf nur zurück und wieder versuchte ich ihn zu verstehen. Vorsichtig versuchte ich mich ihm etwas zu nähern. „Damen, ich verstehe das eine Kindheit in diesem Umfeld nicht schon gewesen sein muss doch was habe ich damit zu tun? Du musst mir schon genauer erklären was hier los ist damit ich dir helfen kann. Oder du mir.“ „Was von dieser Welt übrig geblieben ist, ist nur noch ein Haufen Dreck. Doch vom ersten Tag an als ich von dir gehört habe musste ich das wir sie zusammen retten können. Du und ich werden den Menschen ein Leben in ewige Liebe verschaffen und diese Welt hier wieder neu aufbauen. Mit deiner Macht können wir es vollbringen und den Taten der Sünder Rächen.“ Ein kleines glitzern in seinen Augen bestätigte mir meinen Verdacht das Damen verrückt war. Wenn ich das hier überstehen will muss ich es schaffen ihn nicht weiter zu verärgern ich musste ihn wieder zu dem alten Damen machen. „Aber du kannst nicht alle Menschen hier töten. Sie haben mit dem Krieg nichts zu tun. Das ist alles und allein die Schuld von Jondolar und nur durch seinen Tod bringen wir es wieder in Ordnung. Doch nicht indem wir zusammen das ganze Volk auslöschen. Außerdem besitze ich diese Kräfte gar nicht die du dir erhoffst.“ Meine Stimme klang bittend und ich legte beim Sprechen behutsam meine Hand auf Damens Arm um ihn zu beruhigen. Dieser suchte wieder meinen Blick und ergriff mit seiner Hand meine. „Ich weiß dass du mehr Macht besitzt als du dir je vorstellen kannst. Doch alle Bürger hier haben unter ihren Sünden schon mehr gelitten als sie ertragen müssten, Nyl will es das wir das hier beenden. Warum sonst habe ich dich in deiner alten Welt gefunden.“ Ich entzog ihm meine Hand und versuchte ernster zu werden. „Ich werde dir bei diesem Vorhaben nicht helfen. Das ist verrückt genauso wie du es bist und du solltest dich Schämen so etwas überhaupt nur zu sagen.“

„Das ist die falsche Endscheidung, Rote!“ Und wieder verwandelte sich der schöne Junge in ein Monster und er sprang auf um mit mir auf Augenhöhe zu sprechen. Soweit es bei unserem Größenunterschied auch gehen mag. „Du wirst mich nicht aufhalten können, wenn du mir eben nicht an der Seite stehen möchtest muss ich es halt anders Regeln. Zu lange habe ich dir gegenüber Geduld gezeigt.“ Zu meiner Überraschung traf mich daraufhin seine schmutzige Hand mit voller Wucht an der Wange und ich sank durch den Schmerz zusammen. Ein Ohrenbetäubendes Pochen schien meine Wange zu lähmen und ich spürte wie sich langsam Tränen in meinen Augen bildeten. Es tat höllisch weh und nicht nur aus Schmerz sondern auch durch Endtäuschung begannen die Tränen meine Wange herunter zu rollen. Ich wollte nicht dass es so kam und die Erkenntnis, dass der Junge, für den vor kurzer Zeit noch mein Herz geschlagen hatte jetzt mich geschlagen hatte, löste noch mehr Schmerz in mir aus. Aus Rache. Ich spürte den salzigen Geschmack der Tränen in meinen Mund gemischt mit dem Dreck der von meiner Haut wusch und wischte mir mit meinen Handrücken den Mund ab. Als der Schmerz langsam verklang hob ich mich wieder auf meine Füße und wischte mir den Rest der Tränen aus dem Gesicht. Damen hatte sich ein paar Meter von mir entfernt und ich konnte ihm ansehen dass auch ihm nicht gefiel was er gerade getan hatte. „Es tut mir leid.“ Hörte ich ihn murmeln und meine Trauer verwandelte sich sofort in unglaubliche Wut. „Es tut dir leid?“ schrie ich ihn an und schnappte mir plötzlich blitzschnell eines der alten Bretter die ich vorher entdeckt hatte. Ich spürte wie eine Wärme mich umhüllte und erkannte dass meine Haare wiedermal rot glühten. Mit der neuen Kraft rannte ich auf den Jungen zu und versuchte ihm mein Brett über den Kopf zu ziehen doch Damen schaffte es auszuweichen. Kurz verblüffte mich das etwas doch ich fasste mich wieder und erhob erneut das Brett zum Schlag. Doch wieder wich mir Damen kurz bevor ich ihn traf aus und ich begann vor Wut wieder zu weinen. Als ich ihn zum dritten Mal Angriff hob der Krieger plötzlich seinen Arm und fing meinen damit ab. Mit aller Kraft wurde ich von meinem Brett getrennt und in seine Arme gezogen. Doch diesmal gab ich nicht auf. Ich strampelte heftig mit den Beinen, versuchte mich zu befreien und schaffte es sogar einmal Damen in die Hand zu beißen sodass dieser mich losließ. Doch nicht allzu lange. Er schaffte es noch einmal kurz bevor ich fliehen konnte mich zu überwältigen und in weniger als ein paar Sekunden wurde mein Rücken von Damens Körpergewicht in den Dreck gedrückt und ich spürte seine warmen Lippen auf meinen. Der Kuss kam so unerwartet das ich aufhörte mich zu wehren und ihn erwiderte. Ein Zittern wanderte durch meinen Körper aber diesmal war es ein aufgeregtes Gefühl von Glück. Ich konnte mich nicht dagegen wären wie sehr mein Körper Damen wollte und ließ es zu. Als er seine Lippen wieder von meinen löste ließ er mich aufstehen, hielt mich dabei aber an meiner Hand fest. „Hörzu, schöne. Ich möchte dir nichts tun. Geh mit mir eine Verbindung ein und es wird alles anders werden. Ich weiß das du es auch möchtest also lass es einfach zu.“ Kurz dachte ich wirklich darüber nach Damen erneut zu Küssen doch dann schoss mir plötzlich etwas anderes durch den Kopf. Erik wie wir bei dem Ball vor einem halben Jahr Tanzten, eng umschlungen wie er mich nach der Begegnung mit Damen nach draußen schleppte und mich vor ihm warnte. Davor warnte eine Verbindung mit ihm ein zugehen da er dies alles nur Plante um an meine Kräfte zu kommen und als würde jetzt endlich alles aufgeklärt werden verstand ich Damens Rätsel plötzlich. Er wollte mich nicht weil er mich liebte Damen war es der sich an seinen Vater rächen wollte. Er war es der mir das ganze nur vortäuschte um an den Drachen zu kommen und dachte automatisch an das Ei im Gebüsch hinterm Schulgebäude. Damen war gefährlich, nicht nur für mich sondern für die gesamte Stadt und mein Blick wanderte zu seinem Schwert was an seinem Gürtel hing. Blitzschnell griff ich danach und stieß es durch Damens muskulösen Körper. Wie durch einen weichen Käse grub es sich durch sein Fleisch und ich ließ es auf der Stelle los. Damens vor Schreck geweiteten Augen suchten erst mich und dann wanderten sie zu seinem Schwert was aus seiner Seite klaffte und er umschlang es mit seinen Händen. Es kam mir vor wie Stunden als sein Griff stärker wurde und er die scharfe Klinge mit einem Ruck wieder aus seinem Körper zog. Er taumelte ein paar Schritte nach hinten, ließ das blutbeschmierte Schwert dabei neben sich fallen und drückte mit einer Hand auf die offene Wunde. Sie blutete weniger als ich erhofft hatte und ich merkte dass ich keinen wunden Punkt getroffen hatte. Seine Rippen hatte ich knapp verfehlt und wichtige Organe waren weiter links vom Einstich. Vom Schock noch gelähmt war es mir erst nicht möglich mich zu bewegen meine Glieder wollten mir einfach nicht gehorchen doch dann endlich tat sich etwas. Ich wusste dass ich handeln musste und drehte sofort um und rannte aus der engen Gasse. Ich hörte wie Damen hinter mir vor Schmerz aufstöhnte und dann wie er ein Stück seiner Kleidung zerriss. Er machte sich einen Verband. Es war noch hell und vor der Gasse war ein kleiner Platz ähnlich wie der am Anfang des Armenviertels nur ohne Brunnen. Endtäuscht musste ich feststellen das keine Menschenseele zu sehen war und es sah auch nicht so aus als würde ich öfters jemand langkommen. Damen hatte Recht gehabt die Gasse ist ein ungestörtes Plätzchen.

Hinter mir hörte ich plötzlich wie Damen sein Schwert wieder aufhob und mit langsamen Schritten aus der Gasse kam und mein Magen schnürte sich zusammen. Ich war unbewaffnet und keiner wusste dass ich hier war und auch das Verhandeln dürfte mit Damen diesmal ausfallen. Als würde es irgendetwas bringen schnappte ich mir einen alten Stock der auf dem Boden lag und drehte mich um. Damens Augen glühten blau als würden sie brennen und sein Gesicht war zu einer hässlichen Grimasse verzogen, fast wie ein lächeln.

 

Kapitel 26

 

Es lag leichter Tau auf den einzelnen Blättern der Büsche die sich um die Nase des Hirsches wandten. Sonnenstrahlen leuchteten wie Taschenlampen durch das dichte Blätterdach und ließen den Wald in einem märchenhaften grün erstrahlen. Die junge Frau die dem ausgewachsenen Hirsch folgte musste die Zweige mit ihren Händen vor ihrem Gesicht an die Seite schieben um das Tier nicht aus den Augen zu behalten. Die Blätter unter ihren nackten Füßen kribbelten etwas doch sie war es gewöhnt. Schnell und flink lenkte sie ihren schmalen Körper durch den Wald immer weiter fast lautlos flog sie über die Erde. Ihr dichtes blondes Haar reichte ihr bis über den Hintern und war an den Seiten zusammen mit schönen Blüten nach hinten geflochten. Ihr Blick lag weich aber auch konzentriert auf den Weg vor ihr und ihre Moosgrünen Augen flogen immer wieder zu dem Hirsch. Sie wusste nicht genau wie lange sie dem Tier schon folgte doch nach einiger Zeit blieb es plötzlich ein paar Meter vor ihr stehen und stellte sich vor Schreck auf die Hinterbeine. Schneller als sie reagieren konnte fluchtete das Tier neben ihr vorbei und verschwand den Weg den sie gekommen waren. Auf der makellosen Haut der Stirn des Mädchens bildeten sich leichte Falten und diesmal noch vorsichtiger als vorher nährte sie sich der Stelle wo der Hirsch Angst bekommen hatte. Erst konnte sie nichts erkennen doch dann sah sie etwas. Zwei riesige Monster kehrten ihr den Rücken zu und waren dabei ein kleines Hirschjunges zu verspeisen. Mit klauenartigen Händen rissen sie einzelne Stücke aus dem Tier heraus und stopfen es sich in ihren mit spitzen Zähnen geschmückten Mund. Die Statur der Wesen erinnerte sie an die von ihr lange nicht mehr gesehenen Menschen doch die Haut war schuppig und voller Falten. Außerdem war ihr noch nie ein Mensch begegnet der Ähnlichkeiten mit einem Raubtier besaß. Sie war unbewusst immer ein Stückchen näher getreten und zuckte zusammen als unter ihr ein kleiner Stock knackte auf den sie ausversehen getreten war. Für einige Sekunden hielten die Wesen inne und lauschten. Das Herz des Mädchens machte ein paar schnelle Sätze und sie hielt die Luft an um nicht noch mehr Geräusche zu machen. Doch als sie dachte die Monster hätten sie nicht entdeckt drehten sich plötzlich beide blitzschnell zu ihr um und begutachteten sie mit ihren hässlichen, roten Augen. Als hätten sie ihr Essen vergessen ließen sie das Fleisch fallen und machten einen Satz auf das Mädchen zu. Bevor die Wesen sie erreichten erfüllte noch ein schriller Schrei die dichten Wälder und sie hörte einzelne Vögel vor Schreck von den Bäumen auffliegen. „Bellum!“

 

Erik

 

Als er sich mit seinem Schwert an der Hüfte erneut zum Trainingsplatz aufmachte durchzog in plötzlich eine leise Stimme. Erik… Er kannte die aus dem nichts kommende Stimme doch kurz musste er überlegen woher. Dann plötzlich viel es ihm wieder ein und er drehte auf den Absatz um und rannte zum Tor der Schulgebäude. Es war ein Gefühl was ihn schon einmal vorgewarnt hatte als Alice in Schwierigkeiten steckte. Seine Alice. Wie beim ersten Mal konnte er es sich nicht erklären doch er wusste genau wo er hin musste. Und das ließ ihn noch etwas schneller rennen als er es eh schon tat.

Kapitel 27

 

Alice

 

An Damens Schwert klebte immer noch sein eigenes Blut und es schimmerte rot in der Abendsonne. Wenn ich sogar kurz darüber nachdachte, hatte das ganze glitzern sogar etwas Schönes doch dann musste ich wieder zurück in die Gegenwart wechseln. Ich stand etwas an der Seite des Platzes und hatte weiterhin hilflos den dünnen Stock zum Angriff erhoben. Wenn ich Glück hatte konnte ich damit Damens Schläge vielleicht zwei oder dreimal abwehren doch ich wusste auch das die glitzernde Klinge in dem richtigen Winkel einfach durchschlagen könnte. Doch ich musste es trotzdem versuchen. Ich konnte erkennen das Damens vor Wut zerrissenes Gesicht auch mit Tränen getränkt war und wusste genau das es auch Damen nicht leicht viel mich Anzugreifen. Er war mit unserem Verhältnis das Risiko eingegangen dass auch er große Gefühle für mich entwickelte und das es ihm schwer fallen könnte mir etwas zu tun. Doch die Erkenntnis dass ich ihn fast erstochen hätte müsste ihm mehr wehtun als er es jemals bei mir getan hatte und im selben Moment tat er mir leid. Ich hatte schon öfters davon gehört das Überlebende nach einen Vergangenen Krieg sich selbst umgebracht hatten weil sie im Kampf ihren Partner oder ihre Partnerin verloren hatten und mit dem Gedanken einfach nicht mehr leben wollten.

Ich strafte mich wie so oft jedoch einfach dafür das ich mein Schwert wieder im Zimmer gelassen hatte nur weil mich das Gewischt an der Seite störte. Ich dachte sogar kurz darüber nach ob es nicht besser gewesen wäre wenn ich gar nicht erst aufgestanden wäre. Was ist wohl besser? Ohne etwas tun zu können im Schlaf zu sterben oder noch im ehrenhaften Kampf durch ein Schwert im Körper zu ersticken. Die erste Möglichkeit tat wohl einfach weniger weh.

Damen hatte mich mittlerweile erreicht und holte mit der Klinge nach mit aus. Ich schaffte es einen Satz zur Seite zu machen und ihm auszuweichen. Auch dem nächste Schlag der meinen Kopf treffen sollte konnte ich durch ein schnelles ducken ausweichen. Von Training wusste ich dass das Ausweichen mir zwar Zeit schenken würde ich es aber länger als zehn Minuten nicht durchziehen könnte. Irgendwann würde mir die Kraft fehlen und ich wäre nicht schnell genug und dann würde mich kein Holzschwert treffen sondern ein echtes den Körper durchtrennen. Doch auch beim dritten Versuch von Damen mich mit einem Schnellen Schritt zu treffen wich ich nach hinten aus und verschaffte uns so einen kleinen Abstand zu einander. Damens Blick wurde noch verzweifelter und diesmal Schrie er laut auf als er mit dem Schwert nach vorne gerichtet auf mich zu stürmte. Ich sprang im letzten Moment an die Seite und stolperte über einen Stein. Dabei ließ ich den Stock fallen und schlug nicht gerade weich auf den Boden auf. Mit einem lauten Uff fing ich mich auf und rollte vor Schreck an die Seite. Sekunden danach rammte Damen seine Klinge neben meinem Kopf in den staubigen Boden und ich bekam Dreck ins Gesicht. Mit einer schnellen Bewegung befreite ich mich davon und sprang auf. Ich hielt Ausschau nach meinem Stock und erblickte ihn wenige Meter neben mir. Schnell rannte ich darauf zu und hob ihn auf sodass ich gerade noch einen Schlag von Damen blocken konnte. Gott sei Dank hielt das Holz dem Druck stand und verschaffte mir erneut Zeit. Unser kleiner Tanz zog sich weitere Minuten in die Länge und ich schaffte es immer nur gerade noch so auszuweichen oder einen Schlag zu blocken. Nebenbei dachte ich immer fieberhaft darüber nach wie ich das ganze irgendwie beenden könnte doch Damen war klar im Vorteil. Nach einer Gefühlten Ewigkeit spürte ich wie meine Glieder langsam müde wurden und sie fühlten sich an wie schwere Steine. Bei einem Versuch von Damen meinen Kopf zu treffen schliff seine Klinge sogar kurz meine Wange und ich spürte wie das kalte Blut aus der Wunde schoss. Ich konnte nicht mehr. Damen hatte mich mit ein paar heftigen Schlägen an den Rand des Platzes getrieben und versuchte mich jetzt mit mehreren schnell aufeinander kommenden Schlägen zu durchlöchern. Die ersten schaffte ich zu blocken doch plötzlich schlug der Junge mir meinen Stock aus der Hand und ich fiel nach hinten an einer der Hauswände. Schweiß lief mir übers Gesicht und ich zog verzweifelt nach Luft. Meine Wange schmerzte und meine Glieder ließen sich kaum noch bewegen. Ich machte mir klar dass ich verloren hatte. Ich hätte einwilligen sollen um zu überleben doch so Stelle ich für Damen nur noch eine Gefahr da. Als ich meine müden Augen nach oben richtete sah ich das auch Damen leicht außer Atmen war und nach Luft rang und kurz durchzog mich ein Gefühl von Stolz. Vielleicht ist es doch besser im Kampf zu sterben da man so weiß das man versucht hat den Tod zu bekämpfen. Wenn Damen recht hatte und ich wirklich in den Himmel kam? Zu meiner Göttin Nyl.

Damens Schwert lag leicht an meiner Kehle und mich durchzog ein kalter Schauer als ich die eisige Klinge spürte. „Ich habe dich wirklich für kurze Zeit fast geliebt, kleine Rote. Du hast mehr an dir als ich am Anfang dachte und fast hast du es geschafft mich davon abzuhalten dich zu töten. Doch das du es dann bist die es wagt mir den Rest meines erbärmlichen Herzens auch noch zu brechen, Respekt. Doch nun stirb wie es ein falsches Wesen wie du verdient hast.“ Rang Damen nach Luft und nahm die Klinge von meinem Hals um auszuholen. Ich schloss die Augen und spürte wie erneut ein paar Tränen meine Wange hinunter rollten. Doch diesmal aus reiner Angst vor dem endlosen schwarzen Tod. Meine Atemzüge wurden ruhiger und ich wartete auf Damens schlag. Doch es kam nichts.

 

Als ich die Augen wieder öffnete blinzelte ich ein paarmal da sich meine Augen wieder an die Sonne gewöhnen mussten doch dann sah ich es. Damen befand sich wieder in der Mitte des Platzes und war in einem heftigen Schlagaustausch mit einem anderen Jungen verwickelt.  Er war kleiner als Damen doch man konnte auch klar sehen dass er schneller war. Dann plötzlich erkannte ich die brauen strubbeligen Haare und die geschwungenen Bewegungen und versuchte aufzustehen. „Erik!“ rief ich doch keiner der beiden schien auf mich zu achten. Zu sehr waren sie in einem Kampf verwickelt. Mein Hals und mein gesamter Körper schmerzte doch ich seufze erleichtert als mir klar wurde das mich Erik gerade noch so gerettet hatte. Wie auch immer er hier her gefunden hatte doch ich war in dem Moment noch nie so glücklich ihn zu sehen. Dadurch dass Damen nach unserem Kampf schon geschwächt war und dass er durch seine Wunde schon eine Menge an Blut verloren hatte sah es zuerst so aus als wäre es für Erik kein Problem mit ihm zu kämpfen. Er parierte jeden Schlag als wäre es ein Training und setzte Damen danach sofort einen doppelt so schweren hinterher. Man sah das Damen immer mehr schwitzte und von Erik nach hinten getrieben wurde und für kurze Zeit dachte ich der Kampf wäre schon endschieden, doch dann wurde Erik aus heiterem Himmel sein Schwert aus der Hand geschlagen und er schaffte es gerade noch so auszuweichen. Damen hatte anscheinend noch nicht aufgegeben.

 

Erik

 

Er hielt Ausschau nach seinem Schwert und sah es wenige Meter neben ihm liegen. Er hatte nicht aufgepasst als Damen ihm das Schwert wegschlug und das war ein Fehler. Auch wenn der Junge schon geschwächt war wusste Erik wie gefährlich er war und ohne zu zögern griff er zu seinem Schwert. Gerade noch rechtzeitig erwischte der es und der Kampf konnte weitergehen. Erik musste sich Zeit lassen um Damen so viel wie möglich zu schwächen also begann er erneut jeden Angriff des Gegners zu blocken. Obwohl die Sonne nicht mehr direkt am Himmel stand war es noch sehr heiß und Erik musste feststellen dass auch er ins Schwitzen kam. Doch er wusste dass es nicht mehr lange dauern würde und entwickelte noch einmal neue Kräfte zum Angriff. Als die Klingen sich kreuzten hinterließen sie wie oft ein lautes Klirren und manchmal flogen sogar Funken. Beide Jungen dachten gar nicht daran aufzugeben und kämpften mit allen Mitteln. Erik schaffte es nicht sich nach Alice umzuschauen und machte sich immer mehr sorgen wie es um sie stand. Auch wenn auf dem ersten Blick nicht sie sondern Damen die größte Wunde davongetragen hatte konnte es immer sein das sie in der Zeit wo er kämpft seine Hilfe gebrachen könnte. Als er kurz versuchte sich umzuschauen wurde dieser Versuch gleich von einem besonders heftigen Schlag seines Gegners unterbrochen und er konzentrierte sich wieder auf den Kampf. Als auch Erik langsam immer müder wurde unterbrach Damen plötzlich seine Schwerthiebe und es wurde still. Der vom wilden Kampf aufgewirbelte Staub legte sich langsam und Erik erkannte die alte Frau die sich aus einen der neben Gassen den Kampf nährte. Nun war sie endlich gekommen. Erik ließ sein Schwert sinken und suchte jetzt endlich nach Alice die wenige Meter hinter ihm noch immer an der Hauswand kauerte. Wie es aussah war sie nicht verletzt und nur sehr erschöpfte und für einen kurzen Moment war der Junge erleichtert. Doch dann musste auch er sich wieder der blonden Frau zuwenden. „Du hast es geschafft.“ Eriks Worte waren erstaunlich weich als er die Frau begrüßte und auf sie zuging. Er stellte sich schützend neben sie und war erneut überrascht wie groß die schlanke Frau doch war. Damen rang etwas abseits nach Luft und seine glitzernden Augen schienen das ganze nach einer Antwort zu durchkämmen. Die Frau ergriff als erste wieder das Wort: „Damen, mein Junge.“ Bei den ruhigen Worten rissen sich die Augen des Jungen plötzlich vor erstaunen weit auf und Erik sah das er ungläubig den Kopf schüttelte. „Mutter?“ krächze er mit einer tiefen Stimme und ließ auch seinen Schwertarm fallen. Bei seinen Worten hörte Erik wie Alice hinter ihm einmal vor Schreck laut einen Hustenanfall bekam und er musste lächeln. Wieder war es die Frau die sprach: „Mein Sohn. Wie groß und schön du geworden bist. Und so gut trainiert! Wie ich sehe hast du es geschafft ein Leben aufzubauen wie ich es immer gehofft hatte.“ Damens Blick war verwirrt und er überlegte für kurze Zeit. „Wie du es gehofft hast? Du warst es doch die mich damals nicht verteidigt hat als mich Vater vor den Toren ausgesetzt hatte!“ Daraufhin zuckte die Frau gekränkt zusammen und wandte ihren Blick ab. „Ich hatte keine Change! Dein Vater hat mich damals geschlagen, er wollte es so. Ich konnte mich nicht dagegen wären er war einfach zu stark.“ Die Worte schienen Damen jedoch nicht zu reichen da er jetzt sichtlich vor Wut kochte. „Du hättest dir Hilfe holen können wie jede andere Mutter es auch getan hätte das rechtfertigt es nicht!“ „Ich weiß.“ Die Stimme der Frau war schwach. „Nichts wird meine Tat jemals rechtfertigen. Ich habe sie begangen und allein das zählt. Doch hör mir bitte zu und gib mir die Change dir alles zu erklären.“ In ihrer Stimme lag etwas Hoffnung und Erik wartete gespannt auf eine Reaktion. „Nichts kannst du mir erklären. Ich werde mich an meinem Vater Rächen für seine Tat und wenn ich es mir Recht überlege bist du auch nicht ganz unschuldig. Oder hast du meinen Vater nach meiner Geburt verlassen?“ „Ich habe ihn verlassen, jedoch nicht gleich nach deiner Geburt. Ich hatte einfach Angst vor dem was dann passieren könnte. Ich war jung und allein. Erst als ich ein zweites Mal schwanger wurde da habe ich den Mut gefunden mein Kind zu retten indem ich nach seiner Geburt geflüchtet war. Ich versteckte mich außerhalb der Stadt in einem Kloster doch ohne das Kind.“ Diesmal horchte auch Erik interessiert auf. Davon hat sie ihm nicht erzählt als er sie von der Stimme in seinem Kopf geführt in der Stadt getroffen hatte. Erik war einfach nur noch gerannt und hatte sich führen lassen und als er sich plötzlich in einer kleinen Straße wiederfand und diese Frau entdecke die Damen so verdammt ähnlich war. Dann plötzlich wusste er was sein Verstand von ihm wollte. Die Frau erzählte ihm von Damens Vergangenheit und das sie zu ihm wollte um sich zu vergewissern das er lebt. Und Erik wurde erneut von seinen Gefühlen zu Alice geleitet und war schon ohne sie vorweggerannt. „Du warst erneut schwanger? Wieder von diesem Monster?“ Damens Stimme riss ihn aus seinen Gedanken und er horchte wieder auf. „Was ist mit diesem Kind passiert? Hast du es auch einfach im Armenviertel gelassen damit es da ohne jede Hilfe einfach alleine überleben kann? So wie der Plan bei mir ausgesehen hatte? Bloß kein weiteres Maul zu Stopfen das konntest du dir einfach nicht leisten!“ Wieder schien die Frau sehr gekränkt und Erik unterdrückte das Gefühl sie in den Arm zu nehmen und zu trösten. „Nein. Diesmal hab ich endschieden was mit dem Kind passiert und habe es vor die Burgmauern ausgesetzt in der Hoffnung die Königsfamilie würde es dort finden. Ich hoffte dass sie das Kind erneut aufnahmen wie sie es schon einmal getan hatten und so geschah es auch. Mein Sohn wurde der neue Sohn des Königs und lebte von da an im Königshaus.“ Plötzlich war nicht nur Alice es die sich wieder vor Schreck verschluckte sondern auch Erik blieb kurz das Herz stehen und er dachte in Ohnmacht zu fallen. Wenn er sich nicht irrte war laut Erzählung die magere Frau neben ihm die Frau, die ihn als kleines Kind vor den Mauern des Schulgebäudes aussetzte. Und das bedeutete auch dass Erik neben seiner eigentlichen Mutter stand, die Mutter nach der er sein Leben lang gesucht hatte. Damens Kopf hatte mittlerweile die Farbe einer Tomate angenommen und er sah nicht weniger überrascht aus wie jeder andere. „Das ist eine Lüge!“ schrie er seine Mutter an und sein Blick wechselte dabei immer wieder zwischen Erik und der blonden Frau. „Das würde ja bedeuten das…“ Die letzten Worte hatte sich auch Erik gerade zusammengereimt und seine Verwirrung vermischte sich langsam mit ungläubiger Verzweiflung. „Damen ist niemals mein Bruder.“ Hörte Erik sich selbst sprechen und erntete damit einen genervten Blick des anderen Jungen. „Den Umständen endsprechen doch. Ich hätte euch nicht trennen sollen doch wie hätte es anders gegangen? Als du geboren wurdest Erik hatte ich Damen schon mindestens ein Jahr nicht mehr gesehen.“ Die alte Frau blickte ihre beiden Söhne liebevoll an und Erik merkte wie sehr es sie freute ihre Söhne wiederzusehen. Doch Damen war es der das ganze jetzt alles andere als erfreute und als wäre es nicht genug fixierte er Erik mit einem Blick als hätte er gerade sein ganzes Leben zerstört. Und das hatte er wahrscheinlich auch. Ohne darauf zu achten ob ihn jemand zuhörte begann Damen etwas zu sagen mehr an sich gerichtet als an jeden anders. „Du kommst also auf die Idee dein erstes Kind alleine im schlimmsten Viertel der Stadt unterzubringen nur weil du Angst vor deinem Mann hattest und möchtest diesem danach erklären das du ein Jahr danach bei deinem zweiten Kind doch abgehauen bist. Dann plötzlich hast du es geschafft meinen Vater zu verlassen deinen Sohn ohne Probleme ein Leben zu verschaffen wovon dein anderer Sohn nur träumen konnte und dann willst du dich auch noch dafür endschuldigen? Du hast mir meine gesamte Kindheit zur Hölle gemacht und dazu gebracht meinen Bruder zu hassen, weil er etwas hatte was ich nicht habe. Wegen dir hätte ich meinen Bruder, deinen Sohn, gerade fast umgebracht und glaub mir ich wollte es nie lieber tun als jetzt.“ Das Wort Bruder spuckte er geradezu aus und hob bei den Worten sein Schwert. Erik sah nur noch wie sein so lange verschollener Bruder auf ihn zuraste mit einer Wut in den Augen die er noch nie zuvor bei jemandem gesehen hatte und diesmal schaffte Erik es nicht sein Schwert zu heben und sich zu verteidigen. Zu sehr war er von dem Anblick gelähmt.

 

Kapitel 28

 

Alice

 

Ich hatte immer noch nicht die Kraft gefunden aufzustehen hatte das ganze Geschehen dennoch miterlebt. Es kam mir vor wie ein Traum und ich musste mir immer noch klar machen was hier gerade geschah. Als ich dachte die geheimnisvolle Frau hatte es gerade geschafft Damen aus seinem Wahnsinn zu befreien sah ich plötzlich wie dieser sein Schwert hob und auf seinen reichen Bruder losging. Jetzt war wohl er daran Schuld das es ihm so schlecht ging und kurze Zeit war ich davon überzeugt Erik würde sich verteidigen. Doch dann stellte ich mit Schrecken fest das er sein Schwert gegenüber seinem Bruder nicht hob und keine Anstalten machte auszuweichen. Damen würde ihn mit seinem Schwert durchbohren und ihr Blut würde sich darauf vermischen. Das Blut zweier Brüder die sich durch ihre Vergangenheit hassen gelernt haben und am Ende gegenseitig in den Tod stürzen. Ich konnte nicht mehr schnell genug reagieren und ging für kurze Zeit davon aus Erik würde sterben doch dann wendete sich das Blatt plötzlich. Kurz bevor Damen Erik erreichte schmiss sich ihre Mutter zwischen ihre Söhne und Damens Schwert durchrammte den Körper der Frau. Ihre Augen weiteten sich kurz vor Schmerz und sie blickte hinab auf das Schwert in ihrer Brust bevor sie plötzlich nach Eriks Schwert griff und dessen Klinge blitzschnell in den Brustkorb ihres älteren Sohnes rammte. Das ganze ging so schnell das ich fast vergaß was gerade passierte als plötzlich die alte Frau und Damen zusammen sanken. Erik blieb immer noch auf der gleichen Stelle wie angewurzelt stehen und blicke auf seine tote Familie herab als hätte auch er noch nicht ganz verstanden was gerade passiert war. Damen hatte in seinem Rausch seine Mutter getötet als diese sich vor Erik stellte um diesen zu schützen. Daraufhin hatte sich die Frau das Schwert aus Eriks Hand gegriffen und damit Damens Brust durchstochen. Doch diesmal klaffte die Wunde direkt über seinem Herzen und das letzte Leben verließ den Körper des großen Jungen. Es war alles viel zu schnell vorbei und ich wollte noch nicht wahr haben das Damen jetzt gestorben war. Mit wackeligen Beinen richtete ich mich auf und humpelte zu den beiden Leichnamen in die Mitte des Platzes. Damens sonst so lebhaftes Gesicht war jetzt steif wie das einer Stein Statue und ich spürte einen leichten stich in meinem Herzen. Auch Erik hatte sich wieder gefangen und kniete jetzt neben seiner Mutter. Tränen liefen seine Wange hinunter als er ihre schmale Hand ergriff um sie zu halten. Zu meiner Überraschung begann die Frau sich kurz zu bewegen und Erik versuchte sofort ihr aufzuhelfen. Doch die Frau entzog sich ihm. Aus der Wunde die Damens Schwert zwischen ihren Brüsten hinterlassen hatte floss das Blut nur so heraus und ich wusste dass ihre Lunge beschädigt war. Sie würde nicht überleben. „Mein Sohn.“ Die Stimme der Frau klang schwach doch sie war immer noch da. „Ich habe bei euch versagt. Bei beiden. Ich hätte euch niemals allein lassen dürfen weder Damen noch dich. Ich bin eine schlechte Mutter und habe es nur verdient durch meinen eigenen Sohn zu sterben. Bitte tu mir einen gefallen und verzeih mir meine untreue.“ Die Tränen in Eriks Gesicht wurden mehr und einzelne Tropfen fielen neben ihn auf den staubigen Boden. „Nein, du hast nicht versagt! Du hast dich führ das richtige endschieden du darfst noch nicht sterben.“ Erik hielt die Hand seiner Mutter fester und versuchte seiner Stimme stärke zu verleihen. Doch die Augen der Frau wurden blasser und langsam fingen sie an zu versagen. „Ich werde hier nicht mehr gebraucht. Bitte verzeihe mir meine Taten und behalte mich als deine Mutter in Erinnerung. Ich wünschte ich hätte mehr Zeit gehabt dich kennenzulernen.“ Das Sprechen fiel ihr sichtlich schwerer und wieder versuchte Erik sie durch aufrichten bei ihm zu behalten. „Nein!“ Die Frau beäugte Erik streng. „Lass mich gehen aber verzeih mir…“ „Ich verzeihe dir! Danke Mutter.“ Daraufhin bildete sich in dem schönen Gesicht ein Lächeln und ihre Augen wanderten zufrieden zum feuerroten Abendhimmel. Dann erschlaffte der Körper der Frau und Eriks Gesicht verzerrte sich vor Schmerz. „Nein bitte du darfst nicht gehen! So lange habe ich auf dich gewartet lass mich jetzt nicht allein.“ Doch genauso wie er wusste auch ich dass es nichts mehr half und weil ich nichts Besseres wusste kroch ich zu Erik herüber und nahm ihn in den Arm. Wie ein kleines Kind wiegte ich ihn von rechts nach links und sprach ihn dabei beruhigende Worte ins Ohr. Der sonst immer so taffe Junge sank in sich zusammen und versteckte sich in meinen Armen. Als ich den glühenden Abendhimmel dabei betrachtete tröstete mich die Farbe und ich versuchte mir klar zu machen dass ich beide im Himmel wiedersehen würde. Ich würde Damen wieder in die Arme schließen wie ich es vor kurzer Zeit hätte machen sollen. Und dann plötzlich begann auch ich wieder zu weinen und so verbrachten wir noch einige Zeit an der alten Gasse.

 

Nachdem wir beide bis spät in die Nacht auf dem alten Platz gesessen hatten und uns gegenseitig getröstet hatten überlegten wir nun wie wir Damen und seine Mutter hier wegbekommen sollten. Uns beiden viel es sehr schwer sie einfach hier zu verbrennen weshalb Erik sich nach einigem Überlegen auf den Weg machte um sein Pferd zu holen. Zusammen mit dessen Hilfe schafften wir es die Körper versteckt auf einem alten Karren zu binden und sie so aus der Stadt zu bringen. Da der Mond schon weit über der Stadt stand und die Nacht hell erleuchtete schafften wir es ohne ein auffälliges Feuer durch die Menschenleeren Straßen nach draußen. Die Zeit verging kriechend und es kam mir vor als wären wir schon Stunden gelaufen als Erik sein Pferd plötzlich auf einer kleinen Lichtung zum Stehen brachte. Er blickte mir einmal tief in die Augen bevor ich ihm die Körper wieder loszubinden und in die Mitte der Lichtung zu schaffen. Dort legten wir sie dicht nebeneinander bevor Erik sein Pferd festband und wir schweigend begannen Holz zu sammeln. Als ich meiner Meinung nach genug trockene Zweige aus dem Wald geholt hatte verließ ich die Lichtung doch noch einmal um nach etwas Anderen Ausschau zu halten. Auch wenn es verrückt war begann ich eine Waldblume nach der anderen zu pflücken bis ich irgendwann einen ganzen Straus zusammen hatte. Mit diesen kehrte ich endlich zu Erik zurück der sich neben seinem Hengst ins hohe Graß gesetzt hatte und geistesabwesend mit einem Ast spielte. Ich nährte mich Damens Leiche und spürte erneut das mein Herz mich davon abhalte wollte ihn anzuschauen doch ich musste. Hatte er es wirklich verdient zu sterben? Ich legte den Strauß neben mich auf den Boden und ging in die Hocke. Dann strich ich eine blonde Haarsträhne aus Damens kaltem Gesicht und griff nach der ersten Blüte um diese behutsam um sein Gesicht zu legen. Das wiederholte ich  solange bis sein ganzer Oberkörper von Blüten umgeben war. Es sah so aus als würde er auf ihnen Schlafen und ich wendete meinen Blick ab. Als ich mich wieder gefasst hatte legte ich den Rest der Blumen in die schmalen Hände der Frau bevor ich mich wieder erhob. Ich erschrak als ich Erik sich plötzlich hinter mir bewegen hörte und nach Stunden auch wieder seine schöne Stimme. „Hör nicht auf. Du singst so schön.“ Ich errötete als mir bewusst wurde das ich bei meiner Arbeit die ganze Zeit gesungen hatte. Ein wunderschönes Lied was Sandra immer mit mir gesungen hatte als ich traurig war und ich drehte mich zu Erik um. „Es tut mir leid, ich hatte nicht bemerkt dass ich gesungen hatte.“ „Es muss dir doch nicht leid tun!“ erwiderte dieser hektisch. „Wie gesagt du singst sehr schön.“ Wieder errötete ich und ließ es zu das Erik seinen Arm um mich legte als er aufstand und zu mir kam. Ich wusste nicht was ich antworten sollte deshalb gab ich Erik eines der Streichhölzer das ich immer bei mir trug und nickte ihm auffordernd zu.  Erik atmete laut ein bevor er eines der kleinen Stöckchen blitzschnell über die grobe Fläche seines Messers zog sodass es Feuer fing. Als er das Stöckchen in den Haufen vor uns warf ließ er die vorher eingezogene Luft wieder weichen und drückte mich fester an sich. „Danke dass du hier bist. Ich hatte immer daran geglaubt meine wirkliche Mutter einmal kennenzulernen das ich es aber dann bin der sie kurz danach beerdigt hätte ich mir zu erträumen gewünscht. Ich hoffe es geht ihr gut wo sie jetzt ist und auch Damen ist endlich von seinem Hass befreit.“ „Ja das hoffe ich auch.“ Hauchte ich kaum hörbar und beobachtete wie Damens Körper langsam begann als erstes Feuer zu fangen. Kurz danach wurde auch seine Mutter von den orangenen Flammen umgeben und ich dachte mir lautlos wie friedlich sie doch nebeneinander aussahen. Als wären es wirklich nur noch ihre Körper die dort verbrannt wurden und ihre Seelen wären längst in die Freiheit geflohen. „Ich kann es immer noch nicht glauben das Damen wirklich mein Bruder war. Wie lange haben wir uns schon in der Schule getroffen und immer gehasst. Meinst du das ist normal für Geschwister dass sie sich nicht ausstehen können?“ Erik klang nicht wirklich so als würde er eine Antwort erwarten und ehrlich gesagt hätte ich ihm auch keine geben können. Ich habe nun mal keine Geschwister. Oder vielleicht doch? Plötzlich war ich es die sprach: „Er hat mich versucht zu töten, warum tut es trotzdem so weh in zu verlieren?“ Als Erik spürte wie sehr mich das bewegte spannte er sich plötzlich an und seine Umarmung wurde steif. War er Eifersüchtig? Doch das musste er gar nicht sein. Erik ist es doch den ich von Anfang an geliebt habe und nicht Damen. Immerhin hat er mich nur benutzen wollen und hatte sogar vor mich zu töten. Doch dann musste ich mir noch etwas anderes klar machen. Er hatte nicht versucht mich zu töten. Er wollte das ich mit ihm am Leben bleibe und als ich in abgewiesen habe war er sichtlich gekränkt. Immerhin hatte er mich geküsst und ich war es dir ihm als erstes das Schwert in die Brust rammte.

Damens Körper brannte nun ganz und das Feuer begann sich durch seine Haut zu fressen. Funken flogen in den Abendhimmel hinauf und vermischten sich mit dem glitzern der Sterne. Ich war es die Damen das Herz gebrochen hatte und die ihn erst zu seinen Taten getrieben hatte. Hätte ich ihm nicht sein Herz gebrochen wäre das alles gar nicht passiert und er wäre noch am Leben und plötzlich blickte ich mit ganz anderen Augen auf sein Körper hinab. „Ich habe ihn getötet.“ Schrie ich Erik an und dieser fiel vor Schreck fast hinten rüber. Ich hörte wie sein Hengst etwas hinter uns begann ungeduldig herum zu albern und spürte dass ihm das Feuer nicht ganz geheuer war. Noch immer aufgewühlt kämpfte ich mich aus Eriks Umarmung und sank auf die Knie.  Elendig schniefend begann ich vom Boden unter mir einzelne Grasbüschel herauszureißen um meine Wut unter Kontrolle zu bekommen. Erik machte immer noch über meine Reaktion erschrocken ein paar Schritte an die Seite und schaute sich hilflos um. Anscheinend dachte er ich hätte einen meiner Anfälle und ich erwischte mich dabei wie ich es mir fast wünschte. Die ungeheuren Schmerzen die mir die Monster zutragen waren gar nichts gegen das Schuldgefühl mit dem ich gerade kämpfte und ich wusste mit nicht anders zu helfen als mich auf dem kühlen Boden zusammen zu kauern und Damen beim Verbrennen zuzuschauen. Den Damen der mich geliebt hat und dem ich das Herz gebrochen hatte.

Und als hätte ich es nicht anders erwartet war es wieder Erik der es schaffte mich zu beruhigen. Wie er es schon so oft bei meinen Ausbrüchen getan hatte flüsterte er mir auch dieses Mal wieder beruhigende Worte ins Ohr sodass mein Körper sich wieder stabilisierte. „Denk das nicht, du hast ihn nicht getötet. Es war seine schlimme Kindheit und seine Mutter die ihn dazu brachte zu dem zu werden der er war und daran zu sterben. Sein Gedanke war getrieben von Rache und das kann jeden Menschen zerstören auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussieht. Du hast alles richtig gemacht.“ Meine Wut verließ meinen Körper genauso wie mich auch die Wärme verließ die es so oft schaffte meine Haare rot zu färben. Plötzlich war alles wieder normal und mein Hass war wie weggeblasen. Nur die Schmerzen des Verlustes prägten jetzt noch meinen Körper.

 

Damals

 

Ein besonders verregneter Herbsttag machte Astragon zu schaffen und Erigan wickelte seinen Mantel noch fester um sich um nicht zu nass zu werden. Das der König ihn auch immer in so unpassenden Momenten herrief. Vor dem schweren Holztor des königlichen Gebäudes blieb er stehen und klopfte ein paarmal mit seinem Gehstock gegen die Tür. Sekunden später öffneten zwei Soldaten ihm das Tor und er machte sich daran schnell einzutreten. Drinnen war es warm und Erigan befreite sich von seinem nassen Gewand bevor er die Stufen hochtritt zum Büro seines Königs. Als er kurz anklopfte und dann die Tür öffnete sah er, dass Leonard auch schon da war. Die beiden hatten sich als er eingetreten war interessiert zu ihm umgeschaut und beäugten ihn jetzt erwartend. „Du bist zu spät.“ In der Stimme des Königs lag etwas Belustigendes und Erigan zuckte einmal mit den Schultern bevor er in einem gemütlichen Sessel Platz nahm. „Das tut mir leid, ich wurde von einem meiner Schüler aufgehalten.“ Antwortete Erigan und versuchte extra so endschuldigend wie möglich zu klingen. Die Männer lachten und Leonard, der neben ihm saß, klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter. „Meine Freunde.“ Als der König das Gespräch eröffnete richtete sich die ganze Aufmerksamkeit auf ihn. „Ich muss euch etwas mit meinem größten Vertrauen mitteilen und ich bestehe darauf dass es bei uns bleibt. Ich möchte keine unnötige Unruhe schaffen weshalb ich es auch erstmal ein paar Tage für mich behalten habe. Ihr wisst von meinem verbannten Bruder Jondolar? Lange Zeit habe ich nichts mehr von ihm gehört. Doch vor ein paar Tagen weckte mich ein beunruhigender Traum in dem er nach langer Zeit wieder zu mir sprach. Er berichtete mir von einer Bedrohung und das er die Möglichkeit sieht das es Krieg geben wird. Jondolar drohte mir die Stadt mit einer noch nie da gewesenen Streitmacht anzugreifen wenn ich sie ihm nicht überlassen würde.“ Beide Freunde horchten Erschrocken auf und wechselten besorgte Blicke. „Wo her soll er eine ganze Streitmacht bekommen? Er wurde tief in den Süden verbannt wo es nichts als Steine und Sand gibt, es ist noch nie passiert das dort Lebewesen gesehen wurden!“ Kaligola wies Erigan mit einer Handbewegung darauf hin abzuwarten. „Ich weiß es auch noch nicht genau. Ich habe die letzten Tage darüber nachgedacht und glaube dass es eine Falle von ihm sein könnte. Ich glaube ihm nicht. Doch trotzdem sollten wir das weiter im Auge behalten. Denn erst gestern begegnete er mir erneut doch diesmal mitten am Tag und ich sah eine neue Art von Streitmacht. Wesen die ich noch nie in meinem Leben gesehen habe und das in einer große, geradezu tödlich für unsere Soldaten. Sie erinnerten mich an eine Unterart der Bergtrolle was gefährlich für uns wäre da diese Art nur von Feuer getötet werden kann. Unsere Waffen haben keine Change gegen ihrem gepanzerten Körper. Doch wie ich es vermutet habe sieht es ganz klar so aus das Jondolar noch keine fertige Streitmacht besitzt. Doch er arbeiten daran.“ Daraufhin wusste Erigan nicht was er antworten sollte. Die schlimmsten Befürchtungen haben sich erfüllt und der verbannte Bruder des Königs hat es geschafft sich wieder herzustellen. Nachdem sie einst vor vielen Jahren das mächtige Königreich Jondolars Blute durch die damaligen noch Lebenden roten Krieger vernichtet haben, dachten sie eigentlich dieses Heer wurde endgültig zerstört. Gerade auch wegen dem Preis den Astragon dafür zahlen musste. Im Kampfe sind so weit man weiß fast alle Roten Flammen untergegangen und die letzten Lebenden eine davon die den König selbst gestürzt hatte waren seitdem verschwunden. „Nun, sollte es dazu kommen, dass Jondolar erneut plant mich zu stürzen sollten wir uns vorbereiten. Ich weiß von ein paar wenigen roten Kriegern die ohne ihren Drachen in die Menschenwelt geflüchtet waren um dort als Mensch zu überleben. Unsere einzige Change wäre es diese zu suchen und vielleicht sogar ihre Nachkommen nach Astragon zu bringen.“ „Das ist ein Wettlauf gegen die Zeit! Wenn es wirklich noch unklar ist wie stark Jondolar zu diesem Zeitpunkt ist kann niemand voraus sagen wann es zum Krieg kommen könnte. Was ist wenn wir es bis dahin nicht geschafft haben ein paar Krieger zu finden?“ Diesmal war es Leonard der sich einmischte. „Es besteht keine andere Möglichkeit. Wir müssen darauf vertrauen das wir es schaffen und bis dahin unsere Krieger soweit es geht auf den Kampf vorzubereiten. Wenn Jondolar eine Streitmacht aufstellt, müssen wir das auch.“ „Aber was ist mit dem Frieden. Mein Freund? Die Bürger!“ Erigan sträubte sich bei der Vorstellung wieder so viele zu verlieren wie in den letzten Kämpfen. „Der Frieden ist nie ganz hergestellt worden! Wir haben zwar den damaligen Herrscher getötet doch ihr habt es ja selbst erlebt. Sein Sohn hat überlebt und niemand konnte damals wissen das er es plant die Sage weiter zu führen.“ Daraufhin schwiegen beide Lehrer und der König sprach wieder etwas ruhiger. „Wir haben uns also geeinigt. Ich habe schon ein paar Krieger herausgesucht die für uns in die Menschenwelt gehen um dort nach Nachkommen der alten Krieger zu suchen und mein Sohn selbst wird einer davon sein. Es fällt mir schwer ihn gehen zu lassen doch die Königsfamilie selbst muss bei dem Plan ebenfalls mithandeln und ich werde hier gebraucht.“ Die Gruppe nickte zustimmend und es kam wieder zum leichten Schweigen. Dann ergriff Erigan das Wort. „Doch sollte es Nachkommen der roten Seite geben, haben diese niemals einen Drachen oder eine Waffe gesehen. Nach unserem Stand über die Menschenwelt gibt es dort weder Fabelwesen noch Krieger. Wie möchtest du sie also in der kurzen Zeit zu einem Kämpfer ausbilden? Du musst sie auch erstmal an einen Drachen binden und das kann bei manchen Jahre dauern bis ein Drachenbaby sie als Elternteil auswählt und schlüpft. Wir haben auch niemanden der mit der Magie vertraut ist.“ „Aber Erigan, du und Leonard, ihr beide habt jedes Buch über die Rote Rasse gelesen und studiert. Ich darf doch wohl erwarten das ihr etwas Kenntnisse über sie besitzt?“ „Natürlich, doch nur Theoretisch. Praktisch kann sie keiner von uns beiden ausführen.“ Leonard bestätigte das mit einem Nicken. „Gut. Dann schicke ich hier in Astragon ebenfalls einen Vertrauten los der sich auf die Suche nach einem Menschen machen soll der Kenntnisse über die Magie besitzt. Wir müssen es versuchen wenn wir Jondolar noch einmal aufhalten wollen solange er noch nicht seine ganze Macht besitzt.“ Wieder betretendes Schweigen zwischen den Männern und man hörte von draußen den Regen gegen die Scheibe klatschen. Es erschien sogar ein heller Blitz der dicht von einem lauten Donner gefolgt wurde. „Gut, dann machen wir das so. Aber nach meinem Wissen ist es gefährlich einen Roten Krieger aus der Menschenwelt gleich in den Kampf auszubilden. Diese Art von Kriegern haben in ihrer jugendlichen Zeit eine starke Wachstumsphase was ihr Kräfte angeht und wenn man sie darin erwischt und sie nicht lehren kann die Kräfte zu kontrollieren ist es nicht nur für sie sondern auch für uns gefährlich. Es ist vergleichbar mit dem Wachstumsschwung eines sechszehn Jahre alten Jungen. Ihr Körper beginnt stark Muskeln aufzubauen entwickelt Kräfte und wird groß doch wir bezeichnen sie trotzdem noch als Kind da ihr Verstand länger braucht erwachsen zu werden als ihr Körper. Ähnlich ist es bei einer roten Flamme wo der Körper beginnt Magie zu entwickeln die Person selber aber ohne Hilfe nicht in der Lage ist von Wissen diese Magie zu kontrollieren. Somit kommt es bei ihnen schnell zu unkontrollierten Wutausbrüchen und manchmal zu unbewussten Anwendung von Magie. In diesem Fall kommt eine plötzliche Trauer oder Wut nicht von der Person selber doch sie wird von der Kraft des Körpers stark vergrößert und es kommt einen so vor als wäre der Teufel selber grad am Werk obwohl die Kriegerin sich nur ärgert das ihr Stift runtergefallen ist. Die Person könnte bei solchen Ausbrüchen schnell etwas Falsches tun und irgendwen verletzten obwohl sie es gar nicht wollte. Die Krieger brauchen in der Zeit eine gute Ausbildung und einen ruhigen Umgang zu viel Trauer und Schmerz auf einmal zerstört ihren Verstand.“ Kaligola überlegte. „Und wenn wir eine erwachsenen Krieger finden?“ Erigans Kopfschütteln machte schnell klar dass es Hoffnungslos war. „Wenn ein Krieger in seinem zwanzigsten Lebensjahr die Zeit wo er wächst überstanden hat und bis dahin kein Kontakt zu Magie hatte ist es zu spät. Jede Fähigkeit darin wurde verdrängt und er wäre mit einem ganz normalen Krieger zu vergleichen. Kein Drache würde ihn mehr als würdig sehen da er einfach schon zu alt war. Nur solange auch noch der Körper des Menschen wächst, wächst auch der Drache. Es besteht keine Möglichkeit darin.“ „Na dann ist es ja noch wichtiger dass mein Bote einen Magie Beherrschenden findet bevor es meine Krieger schaffen ein Nachkommen der Art zu finden. Ich danke dir für diesen ehrlichen Rat doch ich sehe die einzige Möglichkeit erneut zu siegen darin es wenigstens zu probieren. Wir hoffen das es klappt.“ Der König machte eine Handbewegung die zeigte dass seine Freunde gehen sollten und als er sich zu seinem Fenster drehte sah der Mann für Erigan plötzlich zehn Jahre älter aus. „Wie ihr wünscht.“ Antwortete der Lehrer bevor er sich zusammen mit Leonard erhob und den Raum verließ. Wie oft hatte er sich gewünscht dass so etwas nicht passieren würde und jetzt ist es da. Kaligola hatte Recht, wenn sie Jondolar ein zweites Mal besiegen wollten brauchten sie erneut die Hilfe ihrer stärkeren Art. Sonst müssten die Bürger heute schon mal anfangen zu beten wenn sie die Stadt heile verteidigen wollten.

 

Kapitel 29

 

Nachdem wir die beiden Leichname verbrannt hatten waren wir zusammen auf Eriks Pferd wieder zurück zur Stadt geritten und hatten uns dort getrennt. So gerne ich mich für seine Hilfe bei ihm Bedank hätte und ihn Umarmen wollte ich konnte es nicht. Zu sehr hatte ich Angst davor er würde mich wegdrücken oder sogar anschreien. Also machte ich mich trauriger als je zuvor auf den Weg zu meinem Zimmer und legte mich erschöpft Schlafen. Mein Leben ging echt den Bach runter und jedes Mal wenn ich das Gefühl hatte ich hatte einen Tiefpunkt überstanden kam auch schon der nächste und ließ mich wieder zusammenbrechen. Ich glaubte nicht mehr daran dass mein Leben normal wäre, schon lange nicht mehr. Manchmal ertappte ich mich dabei wie ich mir wünschte es wäre alles nur ein sehr langer Traum und wenn ich aufwachte wäre ich nie in diese neue Welt geraten. Doch dann überkam mich auch oft ein anderes Gewissen. Wollte ich überhaupt noch aus Astragon fort? Ich musste nicht lange überlegen um festzustellen dass die Antwort nein war und dann machte ich mir jedes Mal klar dass es richtig ist. Alles was geschieht hat auch einen Sinn ob es jetzt gut war oder nicht. Der Schlaf kam nicht so einfach wie ich es erhofft hatte. Ich wälzte mich lange Zeit unruhig in meinem Bett hin und her und wurde von wilden Träumen gequält. Die Ereignisse der letzten Tage ließen mich auch unter meiner dünnen Decke nicht in Ruhe und so kam es das ich mich nach langer Zeit endlich in den Schlaf weinte. Das ich trotz der sonst noch ruhigen Nacht nicht viel Schlaf abbekommen hatte merkte ich als ich von June geweckt wurde und versuchte aufzustehen. Alle meine Knochen taten mir weh und ich hatte sehr große Kopfschmerzen vom weinen gestern Nacht. June merkte das es mir schlecht ging und kam nach dem waschen zu mir ans Bett. Behutsam legte sie einen Arm um meine Schulter als sie sich zu mir setzte und lehnte den Kopf darauf. „Was ist los?“ Ihre Stimme klang wie süßer Honig bei meiner trüben Stimmung und ich schloss für kurze Zeit die Augen und genoss das Gewicht auf meiner Schulter. „Nichts“ stieß ich nach einer Weile hervor ohne mich zu bewegen. Das Gewicht verschwand und Junes prüfender Blick musterte mich von der Seite. Ihre Stimme war voller Sorge. „Nichts? Du siehst aus als wäre gestern einer gestorben!“ Ich drehte mich weg. June sollte das zucken in meiner Miene nicht sehen was mich davon abhalten sollte wieder loszuheulen. „Wirklich.“ Mein Blick war selbstbewusster als ich mich fühlte. „Alles ist gut.“ Doch dann brach mein grad neu gebauter Damm wieder und ich konnte meinen Blick nicht schnell genug wieder zum Fenster wenden. Junes schmale Hände umfassten plötzlich meinen Arm und zwangen mich ihr in die Augen zu sehen. „Ist klar, glaubst du ernsthaft ich würde das nicht sehen?“ Ich zuckte erschrocken zusammen als mir bewusst wurde wie verletzt meine Freundin klang und schloss die Augen um ihrem Blick zu entgehen. „Ok vielleicht hast du Recht es tut mir leid.“ Murmelte ich. „ Aber ich weiß nicht ob ich es schaffe schon darüber zu Reden.“ Oder es überhaupt darf. „Ich verstehe. Dann erzähl es mir wenn du es kannst. Doch du weist das ich immer für dich da bin und dass es gefährlich werden könnte wenn du mir manches nicht erzählst?“ Daraufhin ließ sie mich los und erhob sich von meinem Bett. Ohne mich eines weiteren Blickes zu würdigen durchsuchte sie ihren Kleiderschrank und ließ mich sitzen. Ich wusste nicht ob sie mich noch verstand ich antwortete trotzdem. „Ich weiß danke June.“

Natürlich war es falsch ihr nichts zu sagen doch ein ungutes Gefühl hielt mich davon ab. Es würde sowieso bald jemand bemerken das Damen nicht mehr da war doch niemand wusste von seiner Mutter. Wie es sich anhörte war die alte Frau sehr alleine und hatte bestimmt keinen der sie so schnell vermissen würde. Und wenn Ich erstmal mit seinem Tot in Verbindung gebracht werde könnte es ganz schnell für mich ausgehen. Immerhin trägt der Tatort viele meiner Spuren. Ich beschloss erst einmal mich mit Erik über die Folgen zu unterhalten bevor ich es jemanden sagen würde. Endlich wieder mit einem Plan schaffte auch ich es mich anzuziehen und raus zu kommen ohne mir weiteres anmerken zu lassen und so kam es das ich kurze Zeit später wieder auf einem Trainingsfeld stand und mich von einen meiner Mitschüler verprügeln ließ. Meine Knochen schmerzten bei jeder kleinen Bewegung und ich spürte wie meine Wunde auf meiner Wange wieder aufriss und warmes Blut hinausquoll. Doch ich zwang meinen Körper wieder und wieder dazu schnell auszuweichen und mi nichts anmerken zu lassen zu sehr hatte ich Angst davor für Damens tot verantwortlich gemacht zu werden. Doch es war nicht gerade einfach auf dem kleinen Feld zu stehen und auf fröhlich zu machen wenn mir klar wurde das ich noch vor kurzer Zeit mit Damen hier trainiert hatte. Doch mit jedem Schlag zu den ich meinen Körper zwang wurde ich mehr mit meiner Trauer fertig und lernte zu vergessen. Es würde nicht das letzte Mal bleiben das ich eine geliebte Person verloren hatte und das wusste ich also musste ich endlich damit klarkommen das es auch ein Leben danach geben muss. Das Leben ist zu kurz um lange zu Trauern. Der Himmel war grau und es schien nicht so als würde sich das noch einmaländern und als es dann auch noch anfing zu regnen beschlossen wir den Unterricht ausfallen zu lassen und ich machte mich auf den Weg zur Bibliothek. Das letzte Stück des Weges rannte ich und hielt mir dabei meine Tasche über den Kopf um nicht allzu nass zu werden doch es half nichts. Mit triefenden Haaren betrat ich den warmen Raum und zog tief die Luft ein. Es roch nach alten Büchern und duftenden Kerzen und plötzlich fühlte ich mich etwas besser. Ich ging an freien Tagen gerne in die Bibliothek und auch dieses Mal stellte ich meine Tasche an einen der freien Plätze ab bevor ich mir ein Buch holte.

Die Bücherregale standen gerade angeordnet um den freien Platz mit den Tischen herum und bildeten eine Art dichten Wald. Zwischen den Regalen war so wenig Platz das sich zwei Menschen mit mühe aneinander her quetschen mussten und die Bücher selbst standen so hoch das man die oberen Fächer nur mit einer kleinen Leiter erreichen konnte. Da durch die großen Fenster an der Seite durch das schlechte Wetter kaum Licht in den Raum kam wurde er von vielen kleinen und großen Kerzen erleuchtet. Doch zwischen den Büchern waren diese zu gefährlich, weshalb man sich selber eine zum Tragen mitnehmen musste um etwas erkennen zu können. Ich schlich meine gewohnte Runde durch die Bücherreihen und hielt nur immer kurz an um mein kleines Licht auf eines der Bücher zu halten. Mir wurde sehr schnell klar dass ich eigentlich keine Ahnung hatte was ich suchte und ich blieb ruckartig stehen. Mein Blick wanderte nach oben zu den obersten Reihen und mein Kerzenlicht folgte ihm. Alle Bücher hier waren sehr alt und teilweise in einem sehr schlechten Zustand was sie aber noch wertvoller machte. Es fühlte sich jedes Mal so an als würde man Jahrhunderte lang in der Zeit zurückreisen und ich behandelte die Bücher wie ein eigenes Kind. Als ich gerade weitergehen wollte stach mir plötzlich ein Blutroter Band eines Buches ins Auge. Ich konnte erkennen dass das Buch schon sehr alt sein müsste und stellte fest dass es sich in der fast obersten Reihe befand. Suchend blickte ich mich nach einer Leiter um und fand eine wenige Meter rechts von mir. Meine kleine Kerze stellte ich auf den Boden und macht mich auf den Weg die Leiter zu holen. Sie war schwer doch für mich war es kein Problem mehr sie hochzuheben. Als ich die Leiter neben der Kerze abstellte und mit dieser das Regal erklomm kam mir plötzlich ein Haufen Staub entgegen und ich fiel fast von einen der Stufen hinten rüber. Es schien so als hätte hier oben seit langer Zeit schon keiner mehr nachgesehen und die Bücher waren so zu gestaubt dass ein einfaches Pusten schon eine Staubwolke erzeugte. Ich suchte nach dem roten Band und fand es nicht weit von meinem Kopf entfernt neben ein paar besonders Alten Bänden. Es war selber so sehr voller Staub dass das rot des Bandes in einem dunklen Ton strahlte. Doch als ich es mit etwas Mühe ergriff und etwas Staub abfiel leuchtete es noch mehr in einer orangenen Farbe. Ich kletterte die Leiter herunter und stellte meine Kerze erneut ab. Dann wischte ich behutsam mit einer Hand über die Vorderseite des Buches und drehte mich ruckartig um damit ich keinen Staub ins Gesicht bekam. Als die Wolke sich wieder gelegt hatte betrachtete ich den Einband zum allerersten Mal genau. Der Umschlag des Buches war aus einer Art weichen Fils und strahlte in einem Königsrot. Es waren ein paar unleserliche Worte mit goldenem Faden in den Einband gestickt worden und mit der gleichen Farbe umrahmten kleine Verzierungen den Schriftzug. Auch wenn ich die Schrift nicht lesen konnte hatte sie etwas gleichzeitig schönes aber auch Vertrautes. Ohne zu zögern ließ ich die Leiter stehen nahm mir meine Kerze und kehrte zurück ins Licht zu meinem Tisch. Doch ich musste leider feststellen dass ich auch dort die Schrift nicht selbst lesen konnte und fand mich damit ab das es eine fremde Sprache sein müsste. Ich stellte alles auf den Runden Holztisch ab und setzte mich auf einen der Stühle bevor ich vorsichtig die erste Seite des Buches öffnete. Diesmal war die Schrift in einem dunklen Blau und es sah aus als wäre sie von Hand geschrieben worden. Auch wenn es gerade bei alten Büchern üblich war das sie von Hand geschrieben worden waren war dieses etwas anderes. Und zwar war die Schrift genauso wie die auf dem Einband unleserlich und ich vermutete wieder in einer anderen Sprache. Endtäuscht führ ich mit den Fingern über die schön geschwungene Handschrift und wünschte ich könnte sie lesen. Noch mit etwas Hoffnung blätterte ich weiter doch auch auf der nächsten Seite war nichts Neues. Wie die Seite davor war das schmale Papier von oben bis unten von Hand voll geschrieben und ich erkannte kein einziges Wort. Doch ich legte es nicht weg sondern überlegte etwas. In Gedanken blätterte ich wieder auf die erste Seite und betrachtete sie. Auf den ersten Blick war nichts Besonderes festzustellen doch was mich wunderte war das es weder ein Inhaltsverzeichnis noch irgendeine Karte oder Informationen gab. Das Buch begann sofort mit Text und auch als ich auf die letzten Seiten blätterte war nichts außer eng geschriebener Text zu erkennen. Das war für Bücher dieser Bibliothek nicht üblich und meine Fingerspitzen begannen vor Neugier zu kribbeln. Noch nie habe ich mir so sehr gewünscht etwas Lesen zu können und als wenn es irgendetwas bringen wurde suchte ich die Seiten weiter nach irgendeinem Anhaltspunkt ab. Seite für Seite immer nur Schrift doch plötzlich tauchte etwas Weiteres auf, ein Bild, von Hand gezeichnet. Es bedeckte eine halbe Seite und war mit einer Art Kohle gezeichnet. Das Motiv war schon etwas verwischt doch ich konnte trotzdem erkennen was dargestellt wurde. Und als ich das erste Mal in diesem Buch etwas verstand traf mich die Erkenntnis mit solcher Wucht dass ich mir vor Schreck die Hand vor den Mund schlug.

 

Kapitel 30

 

Zu sehen war die detailgetreue Darstellung eines Eis. Doch nicht eines normalen Hühner oder Vogeleis sondern die eines riesigen etwas komisch geformten Eis. Eines Dracheneis. Die Form erinnerte mich an eines der Eiern das ich in den Höhlen unter der Erde gesehen hatte da es komplett Rund war und die Oberfläche etwas Rau. Plötzlich wurde mir vor Aufregung schlecht und ich konnte nicht anders als schnell weiterzublättern. Wieder kam Seite für Seite Text bevor ich erneut an einem kleinen Bild hängen blieb. Wieder war es handgezeichnet doch diesmal zeigte es etwas anderes. Zu sehen war ein Tisch auf dem Eierschalen verstreut lagen. In der Mitte des Bildes waren Umrisse eines Art Hundes zu sehen doch die Qualität war so schlecht das es schwer zu erkennen war. Erst auf den zweiten Blick erkannte ich den dünnen Hals und die kleinen Flügel an den Seiten des Tieres und ich lehnte mich in meinen Stuhl zurück. Ich hatte kein normales Buch gefunden und als mir das klar wurde stellte ich schnell meine Tasche vor mir auf den Tisch um mich vor Blicken anderer zu schützen. Es war Quatsch doch ich fühlte mich sicherer als ich das Drachenbaby weiter betrachtete. War die Zeichnung real und hier hatte wirklich jemand ein echtes Drachenbaby beim Schlüpfen beobachtet oder war es nur Fantasie. Mein Gedanken schweifte zu meinem eigenen kleinen Ei hinterm Schulgebäude und mir wurde warm ums Herz. Vielleicht hatte ich eine Art Tagebuch gefunden in dem jemand beschrieb wie er einen Drachen aufwachsen sah. Aber was bringt mir das wenn ich das Ganze nicht lesen konnte? Ich strich ein letztes Mal über die Zeichnung und blätterte weiter. Diesmal folgten Bilder in immer kleineren Abständen und alle zeigten den kleinen Drachen. Einmal beim Fressen, dann auf einer Wiese und beim letzten hoben die kleinen zierlichen Flügel ihn mit Mühe in die Luft. Doch je mehr Bilder ich betrachtete und studierte, desto unwohler fühlte ich mich. Ich grub gerade in sehr Privaten Erinnerungen eines anderen Menschen und wusste nicht einmal wem sie gehörten. Ich versank immer weiter in den Erinnerungen und der Drache auf den Bildern wuchs. Bald erreichte er auf dem Bild dargestellt die Größe eines Pferdes und auch seine Klauen wurden immer Angsteinflößender. Wenn es wirklich echte Bilder waren die ich hier sah, wie würde dann mein kleiner Drache aussehen? Als ich merkte dass ich schon mindestens zwei Stunden in der Bibliothek saß traf ich eine Endscheidung. Es war nicht erlaubt Bücher ohne sich vorher einzutragen länger als eine Woche zu behalten doch ich beschloss den vielleicht drei Zentimeter dicken Band in meine Tasche zu verstecken und mitgehen zu lassen. So verstaubt wie die Bücher waren würde ihn so schnell keiner vermissen und mich dann eh nicht mehr damit in Verbindung bringen. Schweißperlen liefen mir den Rücken herunter als ich mich erhob und die Tasche fest an mich pressend den Raum verließ. Die alte Frau am Tresen vorm Eingang lächelte mir freundlich zu und ich lächelte so gut es ging zurück. So lange ich diese Bibliothek jetzt schon besuchte habe ich mich immer eintragen lassen und wäre nie auf die Idee gekommen ein Buch zu stehlen und als ich endlich aus dem Warmen Gebäude wieder in den Regen trat atmete ich erleichtert aus.

Als ich endlich draußen in den Regen getreten war entspannte ich mich wieder etwas und ließ meine Arme von der Tasche los. Der Boden war von den plötzlichen Wassermassen ganz aufgeweicht und die Flüssigkeit quoll durch meine offenen Schuhe und umgab meine Füße. Ich störte mich nicht weiter daran sondern schlug den Weg zum Schulgebäude ein. Es war außer dem Dröhnen der auf den Boden prasselnden Tropfen totenstill und nicht ein einziger Vogel war zu hören. Mich umgab plötzlich ein ungutes Gefühl und als ich vor das große Tor des Kuppelgebäudes trat machte ich mich daran schnell darin zu verschwinden. Da meine Kleidung größten teils aus Leder bestand hatte das Buch in meiner Tasche und mein Oberkörper nicht viel Nässe abbekommen und ich strich beim Gehen behutsam über den weichen Einband meines Schatzes. Ich hoffte Erigan trotz des Unterricht Ausfalles hier zu treffen und machte mir keine Mühe leise zu sein. Mit schnellen Schritten durchquerte ich die einzelnen Räume bevor ich den letzten Ort besuchte wo er sich aufhalten konnte. Die kleine Tür zu seinem Wintergarten war nur angelehnt und ich schob sie mit einem leichten Quietschen nach innen. Wie erhofft saß der alte Mann auf einer Bank mitten zwischen den vielen grünen Pflanzen. Dem leuchtenden Grün der Blätter konnte der Regen unter dem Glas nicht anhaben wodurch die Ansammlung an Pflanzen im Vergleich zu draußen noch mehr strahlte. Es roch nach Blumen und frischer Erde und unter dem Schutz der Kuppel waren auch wieder ein paar Insekten zu hören.

Als der alte Mann mich bemerkte bewegte er sich nicht von der Stelle sondern lächelte nur etwas. Wie gewohnt ließ ich mich neben ihm auf die Bank fallen und stellte die Tasche auf den Boden. Sollte ich ihm meinen Fund wirklich zeigen? Was ist wenn er herausfand das es gestohlen war, wurde er mich melden? Unsicher rutschte ich auf der Bank hin und her und wartete darauf das Erigan das Wort ergriff. „Was ist los?“ Seine offene Art war völlig unerwartet und ich bemerkte gar nicht wie ich ihn für kurze Zeit überrascht anstarrte. „Was denn?“ fragte der alte Mann und neigte den Kopf interessiert etwas zur Seite. „Darf ich nicht Mal als Lehrer die Höflichkeiten lassen und neugierig sein?“ Immer noch etwas durcheinander musste ich plötzlich lachen und hielt mir genauso schnell beschämt die Hand vor den Mund. In den Monaten die ich jetzt schon von Erigan unterrichtet wurde war es immer oberste Priorität Höflich zu sein. Ich erkannte Erigan als meinen Meister und es war unerwünscht seinen Meister derart auszulachen. Sowieso war es wichtig alles zu tun um immer zu zeigen, dass der Lehrer als Person über einem Lag. Zuerst hatte mir diese Strenge Probleme bereitet doch nach einiger Zeit erkannte ich den Vorteil darin. Egal was der Mann erzählte, ich traute mich gar nicht wegzuhören und es nicht zu lernen. Somit kam ich was mein Grundwissen ankam in einer beeindruckenden Geschwindigkeit voran. Als ich endlich meine Stimme wiedergefunden hatte ordnete ich ein paar Worte zusammen um zu antworten. „Nein, natürlich ist es ihnen frei überlassen. Ich war über die Frage nur etwas… überrascht.“ Erigan blickte mich belustigt an bevor er wieder seine Pflanzen betrachtete. „Ich bin heute zu ihnen gekommen, weil ich sie etwas fragen möchte.“ Nervös knetete ich meine Hände als ich nach den richtigen Worten suchte. „Ich war heute wieder in der Bibliothek und habe nach einen Buch gesucht als ich auf etwas Interessantes gestoßen bin.“ Ich nahm meine Tasche um das Buch daraus zu holen und es Erigan zu zeigen. „Ich dachte mir da es so alt aussah würde etwas Wichtiges darinstehen und so war es auch, nur leider ist es mir nicht möglich es zu lesen. Nur durch ein paar Zeichnungen kann ich mir den möglichen Inhalt denken und würde gerne von ihnen Wissen was es damit auf sich hat.“ Gespannt, nicht sicher ob meine Worte so richtig gewählt worden waren, wartete ich auf eine Antwort. Als Erigan die Vorderseite des Buches betrachtete weiteten sich seine Augen interessiert und ein Keines Lächeln umspielte seine Lippen. Genauso wie ich es vor wenigen Minuten getan hatte öffnete jetzt auch mein Lehrer das kostbare Buch und strich behutsam über die schöne Schrift. Seite für Seite schien der alte Mann zu lesen und mit jedem Umblättern hellte sich seine Miene sichtlich auf. Als er das erste Bild erreichte stoppte er plötzlich und sah mich an. „Ich danke dir vielmals dass du diese Schrift endlich zu mir gebracht hast. Wie lange habe ich das Buch in meiner Persönlichen Sammlung vermisst. Du hattest Recht was den Inhalt betrifft es ist kostbarer als jeder Schatz der im Königshaus zu finden ist. Wieso fragst du dich?“ Nun auf das Bild deutend forderte er mich auf es mir noch einmal anzusehen. „Diese Zeichnungen kommen mir bekannt vor wie meine eigenen Gemächer. Ein damaliger guter Freund von mir hat sie verfasst. Es ist sein Tagebuch als er noch sehr jung war.“ Ich sank zurück in an die Lehne und begann in meinem Kopf zu rechnen. Das bedeutete ja das Erigan mit einem Jungen zu tun hatte, der einen Drachen besaß oder beobachten konnte. Bedeutete das dass… „Wie alt seit ihr mein Herr?“ Erst als mir die Frage schon raus gerutscht war wurde mir klar wie unhöflich es war einen Mann so etwas zu fragen und ich wollte am liebsten im Boden versinken. Doch auch dieses Mal ließ sich Erigan nicht aus der Ruhe bringen und er antwortete mir. „Älter als du glauben magst. Mein genaues Alter beträgt zu Zeit zweiundachtzig Jahre.“ Zweiundachtzig? Ich musste mich zurückhalten ihn nicht mir allzu prüfenden Blick zu betrachten und konzentrierte mich deshalb wieder auf etwas anderes. „Sie haben also den Untergang der Roten Krieger und den Sieg gegen Jondolars Vater noch in jungen Jahren miterlebt?“ „Ja“ „Und das bedeutet dieses Tagebuch könnte wirklich einem Roten Krieger gehören?“ „Ja“ Falten bildeten sich auf meiner Stirn als ich die Schrift im Buch noch einmal betrachtete. „Können sie mir beibringen diese Aufzeichnungen zu lesen bedeutet dies dass ich endlich etwas von einem echten Drachenreiter zu meinem Drachenei hören würde?“ Erigan nickte statt zu antworten und reichte mir das Buch nachdem er es wieder schloss. Dann sagte er: „Lege das Buch wenn du wieder gehst in eines der Bücherregale im Unterrichtsraum aber verstecke es etwas. Ich denke es ist Zeit dich endlich vertrauter mit der alten Sprache, der Drachensprache, zu machen. Wir werden nun an jeden Unterrichtstag noch eine Stunde dranhängen wo wir uns genau hier treffen und zusammen lernen. Ich möchte das du Papier und Schreibmaterial mitbringst sonst habe ich nichts mehr zu sagen. Es war gut von dir mit dem Buch zu mir zu kommen, doch erwische ich dich nochmal ein Buch aus der Bibliothek zu endwenden hängen wir noch zwei Stunden Strafarbeit hinten dran.“ Ich machte mich gerade daran aufzustehen als ich bei seinen letzten Worten erschrocken zusammenzuckte und ihm ein endschuldigendes Lächeln schenkte. Knallrot verließ ich den kleinen Dschungel und atmete erschöpft aus. Noch länger Unterricht dachte ich die vielen Stunden machten mich fertig. Das Buch versteckte ich wie von Erigan verlangt in einen der Regale an der Hinteren Wand der offenen Klassenräume etwas hinter einem Buch für Pflanzenkunde. Das konnte ich mir merken da ich dieses Buch schon öfters ausgeliehen hatte. Dann verließ ich das Warme Gebäude und endschied mich dazu etwas essen zu gehen.

 

 

Der Essensaal war wie erwartet voll und von jeder Seite trafen einen verschiedene Gespräche oder Gelächter. Meine Tasche immer noch umgehängt stellte ich mich seufzend zu den anderen hungrigen Schülern in die Schlange und wartete darauf mir ein Tablett nehmen zu können. An den Wänden des offenen Gebäudes brannten einzelne Kerzen und warfen in der Dämmerung kleine Schatten vor sich auf die Tische.  Es kam einen so vor als würde eh keiner ein Wort verstehen was der Sitznachbar grad zu Jemandem sagen wollte da das Geschrei der Krieger immer lauter wurde und ich beobachtete ein paar Schüler rechts von mir um die Lautstärke zu verdrängen. Es waren vier Schüler vielleicht zwei drei Jahre jünger als ich und einer der Jungen erzählte gerade von einem Messerwurf Training und seine Augen leuchteten dabei nur so vor Aufregung. Der Junge hatte wohl zum ersten Mal die Mitte der Zielscheibe getroffen, die auf einen Baumstamm gemalt worden war, und hatte deshalb ein sehr großes Lob von seinem Ausbilder bekommen. Er fuchtelte wild mit den Armen durch die Luft als er seinen Freunden das Geschehen in allen Einzelheiten wiedergab. „Das war perfekt hat der Alte gesagt! Als ich ihn gerade fragen wollte was er meinte klopfte er mir anerkennend auf die Schultern und deutete nach meinem Messer. Er hat mir sogar angeboten ob ich vielleicht an einem seiner Wettkämpfe teilnehmen möchte die er mit den Älteren Schülern veranstaltet. Könnt ihr das glauben!“ Daraufhin kam von den anderen Jungen ein anerkennendes Raunen und das Gesicht des Jungen begann noch mehr zu strahlen. Ich richtete meine Aufmerksamkeit wieder nach vorne als ich plötzlich von etwas nach hinten gerissen wurde. Ohne zu wissen was überhaupt geschah landete ich mit meinem ganzen Gewicht auf meinem Hintern und seufzte erschrocken auf. Ein Schmerz schoss durch meinen Rücken und durch den ganzen Körper und für kurze Zeit hatte ich Angst bewusstlos zu werden da mir die Luft wegblieb. Als der Schmerz abgeklungen war rieb ich mir verärgert den Hintern und sah mich nach dem Täter um. Nicht weit von mir entfernt hatte sich eine große Menschenmenge zusammengefunden und beobachteten alle gespannt etwas zwischen ihnen. So sehr ich mich auch anstrenge ich konnte nicht erkennen was da so interessant war und so richtete ich mich mit einem kläglichen Stöhnen wieder auf. Ich musste für einen kurzen Moment inne halten da es sich anfühlte als hätte ich mir den gesamten Rücken gebrochen doch dann zwang ich mich voran. Ich kämpfte mich durch die eng aneinander stehenden Schüler, woraufhin ich genervtes Gemurmel erntete und kam endlich bis zum Rand des Menschenkreises. In der Mitte der Schüler war ein großes freies Stück des Essenssaals zu sehen in dem zwei Jungen miteinander kämpften. Erleichtert stellte ich fest dass keine Waffen im Kampf eingebunden waren und versuchte verzweifelt die beiden Jungen zu erkennen. Es stellte sich heraus das einer der beiden ein Junge aus Eriks alter war, ich hatte ihn schon des Öfteren mit ihm beim Training gesehen als ich versucht hatte mit Erik zu reden. Dann erkannte ich auch das zweite vor Anstrengung gerötete Gesicht und wollte fast schon dazwischen springen als ich bemerkte dass es Erik selber war. Ich hätte niemals von ihm erwartet ihn in solch einer Situation wiederzusehen und war schon fast etwas verärgert dass er sich auf solche Kinderein einlässt. Kurz überlegte ich mich gar nicht mehr um ihn zu kümmern und einfach zu gehen doch etwas hielt mich zurück. Ich wollte unbedingt wissen warum sich die beiden Jungen lautstark mitten beim Essen prügeln. Beim Versuch genau dies herauszufinden lies ich meinen Blick durch die Menschenmenge streifen und erkannte plötzlich ein mir bekanntes Gesicht. Saskia, Eriks Ex- Freundin, stand etwas weiter abseits zwischen den Reihen und lächelte amüsiert. Ihre Hellblonden Haare fielen ihr in leichten Wellen über die schmalen Schultern und ihre blauen Augen funkelten böse. Verärgert darüber wie sie die beiden Jungen anschaute bahnte ich mich entschlossen einen Weg durch die anderen Schüler zu ihrem ach so perfekten Gesicht. Als ich sie schon fast erreicht hatte hörte ich plötzlich einen der beiden Kämpfer in der Mitte laut ausstöhnen und ein leises Raunen ging durchs Gebäude. Verzweifelt versuchte ich zu erblicken wer getroffen worden war wurde aber plötzlich von den Schülern zur Seite gedrückt. Wie ein Schwarm ängstlicher Fische versuchte plötzlich jeder der Schüler die Gruppe zu verlassen und zu ihren Tischen zurück zu kommen. Einer der Lehrer war mit ein paar Wachen gekommen und scheuchte jetzt jeden an die Seite der es auch nur wagte den Kämpfenden zuzurufen. Noch einmal gab ich mir einen Ruck und kämpfte mich gegen den Strom verrückter Krieger nach vorne. Ich musste wissen ob es Erik gut ging und so schaffte ich es endlich zu der Stelle zu kommen und erblickte Erik auf dem Boden liegend an einen der Tische. Er hatte sich zusammengekauert und aus seiner Stirn lief Blut. „Erik!“ Blitzschnell rannte ich zu ihm, warf meine Tasche an die Seite und berührte seinen Arm. Er zitterte. Ich setzte mich hin bevor ich Eriks Kopf auf meinen Schoss legte und ihn in eine gestreckte Position brachte. Tränen liefen meine Wange hinunter als ich ihm behutsam über die klaffende Wunde an der Stirn strich und seinen Arm streichelte. „Alles wird gut was machst du denn auch immer für Sachen.“ Hörte ich mich selbst flüstern und blickte auf den immer noch zitternden Körper hinab. Er verliert zu viel Blut! Schoss es mir plötzlich durch den Kopf und ohne zu zögern wiederholte ich genau das, was ich durch so viele Bücher gelernt hatte. Mit einem Ruck riss ich ein Stück von meinem Shirt ab und faltete es zusammen, Dann drückte ich den Stoff auf die Platzwunde und riss ein zweites ab um das erste Stück am Kopf zu befestigen. Als ich das ganze festzog wurde das Blut schon weniger und ich atmete erleichtert auf. Erik beruhigte sich langsam und hörte auf zu zittern und als ich mich vergewissert hatte das es ihm gut ging suchte ich nach dem anderen Kerl mit dem Erik sich geprügelt hatte. Er hockte erschöpft an einer Holzbank und sein rechtes Auge war blau angelaufen. In seiner linken Hand erkannte ich eine kleine Holzvase an der Blut klebte und Wut stieg in mir auf. Die wurde sogar noch größer als ich neben ihm eine besorgte Saskia erblickte die sich um sein Auge kümmerte.

Wut stieg in mir auf und ich musste mich zurückhalten nicht einfach auf die beiden loszugehen. Doch als ich mich gerade von ihnen abwenden wollte hielt mich meine Neugier zurück. Ich wollte unbedingt wissen was diese blonde Schlampe mit dem ganzen zu tun hatte. Doch bevor ich sie etwas fragen konnte hielt mich diesmal der Lehrer zurück indem er ein Gespräch mit beiden anfing. Wütend schnaufend stand ich auf. Doch plötzlich spürte ich etwas meinen Fußknöchel packen und wurde ruckartig zurückgehalten. Erik hatte sich zur Seite gedreht und seine rechte Hand umfasste jetzt meinen Fuß. Sein Blick war für kurze Zeit auf mein Gesicht gerichtet dann sank er erschöpft wieder auf den Rücken. Vor Schreck atmete ich scharf ein und ließ mich nicht wenig später wieder auf die Knie fallen. „Erik?“ meine Stimme zitterte als ich schon fast vermutete er wäre gar nicht mehr ansprechbar. Dann auf einmal erreichte nur ein Hauch seiner Stimme mein Ohr: „Bleib hier, bitte!“ Der Wunsch der von ihm ausging versetzte mir einen Stich in der Brust und ich nahm seine Hand. „Es kommt sicher gleich Hilfe. Halte noch etwas durch.“ „Mir geht’s gut.“ Er hustete. „Ich wollte nur nicht dass du schon wieder gehst. Ich wollte dich sehen.“ Dann passierte plötzlich etwas Unerwartetes als Erik plötzlich seine freie Hand hob und damit mein Gesicht berührte. Zärtlich streichelte er über meine Wange und schaute mir dabei mit seinen vor Kraft glänzenden blauen Augen in meine. Schmetterlinge in meinem Bauch schlugen plötzlich Purzelbäume und ich lief knallrot an. Wie lange hatte ich mich in der letzten Zeit nach seiner Nähe gesehnt! Erik entzog sich meiner einen Hand und richtete sich stöhnend auf. Mit seinem ganzen Körper lehnte er sich an einen der Sitzbänke und nahm nun auch mit seiner anderen Hand mein Gesicht. Und ehe ich es überhaupt verstand küsste er mich. Es war kein normaler Kuss wie wir ihn oft hatten. Genauso einen Kuss wollte ich von ihm, einen der mit zeigte wie sehr auch er mich vermisst hatte. Ich wünschte mir der Kuss würde niemals enden doch nur wenige Sekunden später verließ dem verletzen Erik auch der Rest seiner Kräfte und er musste von mir ablassen. Jetzt waren auch endlich ein paar Heiler zu uns gekommen und drückten mich zur Seite. Für einen kurzen Moment wollte ich mich wehren doch dann sagte ich nur noch schnell. „Ich versuche zu dir zu kommen wir müssen reden!“

Die Zeit verging plötzlich wie im Flug. Es dauerte nur ein paar Sekunden da hatten die Heiler Erik auch schon auf einer Liege in Richtung Krankenstation weggebracht und ich saß, diesmal mit Essen, alleine an einem Tisch. Viele der Krieger die vor kurzer Zeit noch laut gelacht und sich unterhalten hatten waren jetzt schon fort. Nur noch ein paar einzelne Gruppen oder allein sitzende Spätesser wie ich waren noch am Essen. Doch ehrlich gesagt kam mir die Stille gerade Recht. In meinem Kopf wirbelte es nur so vor Gedanken und ich musste meinen Kopf schon mit einer Hand stützen um nicht vor Erschöpfung umzufallen. Das Ganze mit Saskia und Erik verwirrte mich sehr. Egal was ich versuchte ich schaffte es einfach nicht Eriks Kuss aus meinem Kopf zu bekommen. Warum hatte er das getan? So lange sind wir uns aus dem Weg gelaufen, mal wieder, und jedes Mal kommt ein Moment wo er mich glauben lässt alles wäre wieder gut. Es ist genauso wie bei Damens tot als wir endlich wieder miteinander gesprochen hatten, er mich aber danach trotzdem wieder ignoriert hatte. Was würde er dieses Mal tun? Schaffe ich es mit ihm zu reden? Auf einmal hatte wieder ein ganz anderes Thema die Aufmerksamkeit meines Kopfes erobert und ich hörte nicht auf darüber nachzugrübeln. Erst kam die Geschichte mit dem Drachen doch es schien als wäre das einfach nach hinten geschoben worden. Ich stocherte gähnend in meinem Salat rum und seufze. Als ich merkte das ich keinen Hunger mehr hatte stand ich auf, nahm mein Tablett und brachte es zur Küche. Ich stellte es vorsichtig auf den dafür vorgesehenen Tresen und eine der Köchinnen nickte mir dankend zu. „Bis bald.“ Rief ich ihr zu bevor ich mich auf den Weg zu meinem Schlafzimmer machte.

 

Kapitel 31

 

Ich wachte morgens nicht mal wieder von Junes Kissen im Gesicht sondern von etwas ganz anderen auf. Ich hatte die gesamte Nacht kaum geschlafen da mir immer nur ein einziger Gedanke durch den Kopf schoss: Ich wollte Erik sehen. Doch bevor ich ihn besuchen konnte wurde mir klar dass ich zum Unterricht musste. Ich überlegte kurz zu schwänzen doch gerade die Stunden im Schwertkampf waren sehr wichtig für mich. Ich musste stärker werden ob ich wollte oder nicht und das nicht nur für die Spiele der achten Klasse sondern auch für etwas weit heftigeres, was mich bald erwarten wird. Das wusste ich. Also streifte ich mir wie immer meine enge Hose und eine weite Bluse über den Körper bevor ich meine langen Haare zu einem Zopf flocht und nach draußen verschwand. Das schlechte Wetter des vorigen Tages wiederholte sich und der Himmel war bedeckt von dichten grauen Wolken. Ich zog den Kragen meiner Buse enger um mich und beschleunigte meine Schritte. Ich musste mich selbst immer wieder daran erinnern nach dem normalen Unterricht noch bei Erigan vorbeizuschauen für die extra Stunde. Es war ja nicht so das ich sowieso schon den ganzen Tag unterwegs war aber ich wusste selber wie wichtig die Alte Sprache für mich war. Ich musste dieses Buch unbedingt lesen! Also wohnte ich wie normal erst den Theoretischen und dann den Praktischen Unterrichtstunden bei bevor ich mich, noch durchnässt vom Schwertkämpfen draußen im Regen, auf zu Erigans kleinen Garten machte. Bevor ich durch die allzu bekannte Tür trat holte ich das Buch aus seinem Versteck und wischte mal wieder den Staub vom Einband. Ich hustete. Nicht dass ich mich jetzt noch erkältet hatte! Zu meiner Überraschung war Erigan noch nicht da und so setzte ich mich auf die kleine Bank und legte das Buch auf meine Oberschenkel. Träumend durchschweifte ich mit meinem Blick den wundersamen Raum und betrachtete alles. Nach einer Gefühlten Ewigkeit kam Erigan dann endlich zum Unterricht und ich musste mich zurückhalten nicht vor Erleichterung laut zu seufzen. „Endschuldige meine Verspätung, Alice.“ Erigans Stimme klang so ruhig wie immer und füllte die Luft mit einer Wärme, die man fast als Zuhause bezeichnen könnte. Ich nickte nur verständnisvoll und machte dem alten Mann Platz auf der Bank. Als Erigan es sich bequem gemacht hatte und er sich eine Pfeife angezündet hatte begann er zu sprechen. „Das Buch brauchen wir heute noch nicht. Ich werde dir zuerst einmal die Buchstaben der Sprache zeigen. Hol mir doch mal bitte etwas Papier aus dem Schulzimmer.“ Ich folgte seiner bitte und wenige Zeit später saß ich mit Feder und Papier an einem kleinen Tisch und zeichnete ein paar Buchstaben nach. Es fiel mir erstaunlich leicht die Schriftzeichen nachzuzeichnen, da sie meiner normalen Sprache sehr ähnlich waren. Sie unterschied sich nur durch die vielen geschwungenen Linien und Bögen um die Grundbuchstaben von den normalen Buchstaben und ähnelte eher meiner Schreibschrift. Nur dass die alte Sprache natürlich tausend Mal edler aussah als meine Schreibschrift. Ich lernte erstaunlich schnell und so kam es dass ich mich zwischenzeitig auch auf etwas anderen Konzentrieren konnte. So begann Erigan wieder etwas zu erzählen. „Du weißt wozu wir die alte Sprache lernen?“ Ich nickte. „Dann sag es mir!“ Ich blickte auf: „Die alte Sprache dient dazu sich mit den Drachen unterhalten zu können, da es denen leicht viel sie zu lernen. Außerdem war sie Mal eine weit verbreitete Sprache in Astragon.“ Als der alte Mann plötzlich anfing zu lachen hielt ich inne. „Was ist los?“ „Du musst noch so viel lernen mein Kind.“ „Dann bringen sie es mir bei!“ Plötzlich hörte Erigan auf zu lachen und sein Blick wurde ernst. „Setzen.“ Ich gehorchte und setzte mich wieder nachdem ich aufgeregt aufgesprungen war. „Die alte Sprache diente dazu sich mit den Drachen verständigen zu können, ohne dass es andere mitbekamen. Du musst wissen, dass die Drachenreiter zu früheren Zeiten nicht von jedem Geliebt wurden. Schon immer waren Blaue Flammen neidisch auf die Kraft die ihre neue Art von unserer Göttin bekommen hat. Um Feinden nicht die Change zu geben herauszubekommen was in den Gruppen der roten Flammen beschlossen wurde erfanden sie eine eigene Sprache, sodass sie vor lauschenden Leuten geschützt waren. Heute lernt jedes Kind dass es die Sprache gab weil die Drachen die unsere nicht konnten, doch in Wirklichkeit sind die Drachen so Weise, sie könnten jede Sprache der Welt sprechen wenn sie wollten. Und das besser als jeder einzelne Krieger.“ „Doch warum sollte sich jemand dafür interessieren worüber sie Sprachen?“ „Drache und Reiter stehen in einer sehr engen Bindung zueinander. Sie bestehen aus ein und derselben Lebensquelle, weshalb sie alles voneinander wissen. Wenn sich Drache und Reiter unterhielten, ging es meist um Themen die würdest du niemals mit jemanden Teilen weil sie so in deinem Gewissen verschwunden sind, als hättest du sie für immer wegsperrt. Und niemand der Reiter wollte dass ihre Geheimnisse einem anderen ins Ohr vielen der sie dann missbrauchen könnte. Dich quält doch bestimmt ein besonders peinlicher, oder schmerzvoller Gedanke über den du niemals mit jemanden reden könntest?“ Ich hörte auf zu schreiben und sackte zusammen. Sandra… „Wusste ich es doch, dein Drache wird davon wissen und dich darauf ansprechen.“ Wie der eines Führsorglichen Vaters bohrte sich Erigans Blick in mein Gehirn und ich zuckte zusammen. Ich redete deshalb mit niemanden über Sandras Tod, da es zu sehr wehtat mich an sie zu erinnern. Wieso sollte mein Drache mich auf so etwas ansprechen? Und plötzlich bekam ich Angst, Angst vor dem Moment wenn das graue Ei hinter den Bäumen schlüpfen sollte, was würde sich alles in meinem Leben ändern? Der alte Mann schien bemerkt zu haben wie sehr mich der Gedanke getroffen hat und nahm mir die Feder aus der Hand. „Wir machen wann anders weiter, jetzt räum noch etwas auf und dann darfst du gehen. Doch jetzt weißt du warum die alte Sprache entstand. Sie half den Reitern ihre Geheimnisse für sich zu behalten und durch sie nicht verletzt zu werden. Sie stärkte die Bindung zwischen Drache und Reiter gabs nur da sie nun ohne Angs zu haben ihre Gedanken teilen konnten.“

 

Wie nicht anders zu erwarten machte ich mich nachdem mich Erigan entlassen hatte sofort auf den Weg zu meinem besonderen Versteck. Es dauerte nur wenige Minuten da es gleich hinter dem Schulgebäude lag und ich wegen dem schlechten Wetter kaum Jemandem begegnete. Wie immer vergewisserte ich mich noch einmal ob mich jemand verfolgt hatte bevor ich zuerst meine Tasche durch die dichten Blätter warf und dann selber hindurchschlüpfte. Da es in der letzten Zeit so viel geregnet hatte sind die Blätter der Büsche um das zehnfache gewachsen und ich hatte kaum noch eine Change ohne einen Kratzer durch die dichte Blätterwand zu kommen. Deshalb hatte ich nachdem ich mich auf den halbwegs trockenen Laubboden fallen ließ einen riesigen Kratzer im Gesicht der sich pochend Bemerkbar machte. Ich wollte gar nicht erst darüber nachdenken wie ich das erklären sollte. Als ich den so behüteten Schatz langsam von den Blättern befreite schien es fast so als fiel mir vor Erleichterung eine schwere Decke vom Körper. Wie gewohnt blickte ich auf das große graue Ei, eigewickelt in weichen Blättern, und lehnte mich erschöpft mit den Rücken an einen der Bäume. Nach dem Unterricht mit Erigan hatte mich ein echt beklemmendes Gefühl nicht mehr loslassen wollen. Es schien mir fast so als hätte ich Angst, furchtbare Angst vor dem was in meiner Zukunft passiert.
Als ich mir selbst klar gemacht hatte dass alles gut wäre, wurde ich plötzlich noch einmal heftig erschüttert. Ich wollte grade das Ei wieder mit Laub bedecken als ich eine kleine Veränderung an der Schale des Eis entdeckte. Ich bückte mich etwas herunter um es besser sehen zu können und schlug erschrocken die Hand vor den Mund. Ohne es verhindern zu können floss erst eine Träne, dann eine zweite meine Wange hinunter. Das schlimme war ein nur minimaler Riss, gerade mal so groß wie eine Büroklammer, an der unteren Seite des Eis. Natürlich konnte ich nicht genau sagen woher die Öffnung kam, denn es könnte auch genauso gut sein dass jemand das Ei gefunden hatte und es irgendwie kaputt gemacht hat. Doch da ich noch nie in meinem Leben so ein stabiles Ei gesehen habe war klar dass der Riss von innen kam. Ich überlegte krampfhaft was ich jetzt tun sollte und nahm das EI in den Arm. Es fühlte sich so schwer und kühl an wie immer und für kurze Zeit drückte ich es an meine Brust wie ein eigenes Kind. Ruhig Alice, flüsterte ich mi selbst zu und hob mit etwas zitternden Händen das Ei vor mein Gesicht. Neugierig und gleichzeitig voller Angst ging ich mit meiner Wange ganz nah an die harte Schale heran. Ich drückte mein rechtes Ohr an die Schale und hielt für kurze Zeit erwartungsvoll die Luft an. Pock. Aufmerksam drückte ich das Ei noch mehr an mein Ohr. Pock. Schon wieder! Pock. Vor Schreck ließ ich das Ei auf den Boden fallen wo es ohne einen weiteren Kratzer an meine Knie rollte. Als wäre es eine Spinne an meinen Beinen robbte ich so schnell wie möglich nach hinten und unterdrückte einen Schrei. Aus dem grauen Ding kamen Herzschläge! Ganz langsame, ruhige Herzschläge kaum hörbar. Was auch immer in dem Ei war, es lebte.
Ich war noch nicht bereit dafür. Ich wollte das Buch unbedingt lesen bevor es dazu kommt dass das Ei schlüpft genauso wollte ich noch einiges vorher lernen. Ich hatte keine Ahnung wo ich den Drachen unterbringen sollte oder wo ich mich um ihn kümmern soll. Erigan hatte einen Fehler gemacht ihn mir so früh zu geben, ich kann das noch nicht! Ich wusste keinen Ausweg, also nahm ich das Ei vorsichtig, ohne mich um dessen jetzigen Zustand zu kümmern, in die Hand und huschte aus dem Gebüsch. Das Ei versteckte ich in meiner Tasche wie ich es schon einmal getan hatte und dann rannte ich. Es regnete mittlerweile in Strömen doch ich ließ mich von meiner klitschnassen Kleidung nicht aufhalten. Ich durchquerte das Schultor und bahnte mir einen Weg durch die engen Gassen der Stadt. Bei dem Wetter war kein einziger Bürger unterwegs und es machte sich ein unruhiges Gefühl in meiner Brust breit. Die dunkle und Menschenleere Stadt hatte etwas Beängstigendes und so war ich doppelt froh als ich den Marktplatz erreichte und somit auch das Tor zu den Stallungen. Der Soldat am Tor blickte mir fragend hinterher als ich mich an ihm langdrängelte und schüttelte abwertend den Kopf. Als ich die Box erreichte begrüßte mein Pferd mich mit einem freudigen Schnauben und ich streichelte ihm liebevoll die Nase. „Na mein großer.“ Flüsterte ich ihm zu und der schwarze Hengst schickte mir mit Hilfe seiner Gedanken eine liebevolle Berührung zu. Die Tasche legte ich schnell an die Boxen Tür bevor ich Sattel und Zaumzeug holte und es Dornac anlegte. Wie sehr es auch Spaß gemacht hatte ihn ohne alles zu reiten, nach seiner Aktion unseres Kennenlernens Vertraute ich meinem Pferd noch nicht so richtig. Was ist los? Dornacs Stimme erfüllte meine Gedanken und ich hielt kurz inne. „Frag nicht, ich muss hier nur einmal raus.“ Daraufhin ließ mich das Pferd in Ruhe und ich war noch nie jemandem so dankbar wie ihm in dem Moment. Er wusste dass es mir schlecht ging und nahm darauf Rücksicht. Nach einer gefühlten Ewigkeit konnte ich Dornac endlich aus seiner Box führen und ein Soldat öffnete mir das nächste und letzte Tor der Stadt. Die Tasche wieder um meine Schulter gehängt gelangten Dornac und ich nach draußen und uns schlug sofort ein heftiger Wind ins Gesicht. Der Hengst schüttelte angewidert den Kopf und ich sah vor meinen Augen plötzlich ein von ihm geschicktes Bild seiner warmen und trockenen Box. Als Antwort rammte ich ihm nur meine Hacken und die Flanke und er raste los, durch den Regen und über die weiten Felder vor der Stadt. Meine Kleidung war durchgeweicht und ich spürte wie die Kälte sich immer weiter in meinen Körper fraß doch es tat gut zu Reiten. Dornacs sich im Galopp gleichmäßig bewegende Muskeln gaben mir immer ein Gefühl von Freiheit und Glück sodass ich mich einfach nur leicht in den Bügel stellte um ihn leichter laufen zu lassen und die Augen schloss. Ich brauchte gar nicht lenken, da ich ihm mithilfe meiner Gedanken Bilder schickten konnte wo ich wollte und so erreichten wir nach einiger Zeit im Trab den dichten Wald den ich so sehr mochte. Der Wald faszinierte mich und ich fühlte mich in ihm wohl, gerade mit Pferd. Es kam mir vor wie eine Heimat die ich schon seit Geburt kannte und liebte. Als wir den dichten Blätterwald betraten wurde es spürbar kühler. Ich ließ Dornac Schritt laufen, was er deutlich genoss. Die Tasche mit dem Ei war durchgeweicht und noch schwerer als zuvor und ich hatte sie vor mir auf den Widerrist gelegt. So ritt ich noch einige Zeit durch das Land bevor ich meinte weit genug gekommen zu sein. Ich sprang mit einem Satz vom Pferd und befestigte die Zügel am Sattel damit sie nicht rutschten. Dann begann meine Suche.
Zu meiner Überraschung kam ich ziemlich schnell an einen geeigneten Platz, eine kleine Höhle verdeckt von Laub und Ästen, und blieb stehen. War es richtig? Ich verschwand in meinen Gedanken und mein Blick haftete auf dem Ei. Wie sehr es auch von mir verlangt wurde aber ich konnte es nicht. Ich konnte kein Baby heranziehen wo von ich rein gar nichts wusste und das schon gar nicht in einer Schule. Drachen sind immerhin wilde Tiere die Fleisch fressen oder nicht? Dann sollte der kleine es schaffen sich um sich selbst zu kümmern. Ich nahm das Ei aus der Tasche und legte es in einen zuvor zusammen gekratzten Laubhaufen in die kleine Höhle. Mein Bauch schmerzte und ich biss mir fest auf die Unterlippe um den kleinen nicht wieder an mich zu nehmen. Ohne eine Change zu geben es mir anders zu überlegen bestieg ich Dornac und nahm die Zügel auf. Ein letzter Blick ruhte auf der grauen Schale, dann galoppierte ich davon. Mit einem stechenden Schmerz in der Brust und Bauchschmerzen als hätte mir ein Drache selbst hineingeschlagen trieb ich mein Pferd weiter aus dem Wald heraus. Als würde jemand nach mir rufen hatte ich plötzlich das Gefühl es ginge jemanden sehr schlecht und ich musste mich zusammenreißen nicht anzuhalten.
Es dämmerte langsam und ich schreckte zusammen als ich mich an mein Treffen mit Erik erinnerte. Was ist wenn er schon auf mich wartete? Als ich Dornac wieder im Stall verstaut hatte lief ich so schnell es ging wieder zur Schule. Es hatte aufgehört zu regnen doch die Straßen waren noch nass. Kleine Bäche hatten sich an den Seiten der Wege gebildet und flossen langsam in Richtung der Mauern den Berg runter ab. Ich fragte mich ob Erik schon wieder in seinem Zimmer war oder noch auf der Krankenstation lag und ich beschloss zuerst da nachzuschauen. Die Krankenstation lag als eines der wenigen Gebäude die Schüler benutzen durften außerhalb der Schulmauern und etwas abseits im Wohnviertel. Von außen sah sie aus wie jedes andere Wohngebäude und ich musste mir noch einmal ganz genau sicher gehen bevor ich eine der Holztüren öffnete. Mir schlug sofort stickige Luft entgegen und ich würde sogar behaupten genau so richt es wenn man krank ist. Das ganze Gebäude unterschied sich nur darin von den anderen dass es nach kranken Leuten roch. Ich hustete kurz und hielt mir meine dünne Bluse vor den Mund. Im Gebäude war es sehr kühl, das Haus besaß kaum Fenster und ließ deshalb kaum frische Luft rein. Die Wände waren nicht wie die hinter der Schulmauer aus Wertvollen Materialien sondern aus einfachem Putz und in einem dreckigen weiß. Ich kam an einen kleinen Tisch an der ein junges Mädchen saß und sich geistesabwesend an den Nägeln kaute. Sie bemerkte gar nicht wie ich näher kam und erst als ich mich räusperte schreckte sie hoch. „Erik Night bitte.“ Das Mädchen überlegte kurz bevor sie vom Stuhl aufstand und hinter ihrem Tisch herkam. Mit einer Handbewegung forderte sie mich auf ihr zu folgen und ich folgte ihr schweigend. Ich wusste von früheren besuchen dass das junge Mädchen stumm war und somit redete ich nicht viel mit ihr. Wir kamen nach kurzer Zeit an eine Tür, geschlossen mit einem hellen Vorhang und sie schob ihn zur Seite. Ich bedanke mich mit einem Lächeln und trat hinein. Das Zimmer dahinter war klein doch ich hatte nicht wirklich Zeit mich umzusehen da mein Blick sofort an etwas anderem heftete. Erik lag mit einer Decke zugedeckt in einem einfachen Bett und ich musste leicht schmunzeln als ich erkannte dass das Bett zu kurz für ihn war und seine Füße über die Bettkante hinausragten. Er schien zu schlafen und somit ließ ich mich auf einen kleinen Hocker in einer Ecke des Zimmers nieder und wartete. Es war schon fast dunkel Draußen als sich Erik endlich bewegte und die Augen aufschlug. Für kurze Zeit schien er nicht mitzubekommen was passierte, doch dann entdeckten seine Augen mich und er richtete sich auf. „Alice.“ Er war ziemlich verschlafen und wischte sich mit den Händen durchs Gesicht. Ich zog meinen Hocker näher ans Bett und antwortete: „Hi Erik, schön dich wohlauf zu sehen. Wie geht es dir?“ „Naja.“ Erik nahm sich ein Kissen und stellte es an die Wand hinter ihm. Dann lehnte er sich dort an als wäre es eine lehne und sah mich erneut an. „Es ging mir ehrlich gesagt schon mal besser.“ Ich schmunzelte. „Wann darfst du wieder raus?“ fragte ich um ein Schweigen zu verhindern. „Ich schätze morgen oder übermorgen. Lange wollen die mich hier auch nicht haben!“ Ich nickte. „Du, weshalb ich wirklich hier bin, was ist gestern geschehen? Und lüg mich nicht an sei bitte ehrlich! Was hattest du mit Saskia zu tun?“ Als hätte Erik es gewusst seufze er auf und ließ sich noch tiefer ins Kissen fallen. Er hatte wahrscheinlich nicht wirklich Lust darüber zu sprechen, dass merkte man. „Es war nichts Ernstes.“ „Erik!“ „Ok ist ja gut. Du musst wissen, wir kamen gerade vom Sport. Und dabei hatten wir die Spiele der achten Klassen in einem Monat angesprochen. Ich weiß, dass ich nicht mehr daran teilnehmen darf, aber Saskia.“ Ich schauderte bei dem Gedanken gegen dieses Biest zu kämpfen. „Sie hatte mich auf dich angesprochen. Wir kamen in Streit und dann plötzlich hatte ich meine Wut nicht mehr unter Kontrolle und griff sie an. Mir war klar, dass es falsch war aber ich habe mich manchmal nicht unter Kontrolle das weißt du! Blöderweise hatte mich Saskias neuer Freund gesehen und ging auf mich los. Das war´ s.“ Ich spürte wie meine Hände nervös zu kribbeln begannen als ich seinen Blick sah als er von Saskias neuen Freund redete. War das etwa Eifersucht was dort in seinen Augen aufblitze? Ich versuchte mich zusammenzureißen und blickte an die kalte Wand. „Warum bist du auf sie losgegangen?“ Erik zuckte zusammen als ich ihn aus seinen Gedanken riss und überlegte kurz. „Also es war so, ich hatte ja erwähnt dass es um die Spiele geht.“ Ich nickte. „Und auch dass Saskia daran teilnimmt. Es ist aber so das Saskia eine sehr gute Kämpferin ist was bedeutet sie liegt bei den möglichen Gewinnern der Vorkämpfe unter den Top drei.“ „Was denn für Top drei?“ „Alle Schüler des Hofes legen vor den Wettkämpfen Tabellen und Wetten fest, lach nicht das ist hier wie eine Art Ritual!“ Ich wollte nicht lachen doch es ließ sich kaum verhindern. Wetten? Wie kindisch das einfach war selbst für den guten Erik! „Entschuldigung, red weiter.“ Beruhigte ich ihn und übergab ihm wieder das Wort. „Wenn du dich wieder gefasst hast, dass eigentliche Problem liegt darin das du auch dabei bist. Du stehst unter den Favoriten auf Platz drei. Deswegen war ich Saskia gegenüber etwas aggressiv. Sie hat mir gedroht dich im Finale...“ seine Stimme brach abrupt ab und ich schlug in leicht an die Schulter das er weiter redet. „zu töten.“ Ich sackte auf meinem Hocker zusammen und mein Blick wanderte wieder zu der Wand. Eine Wand so kühl und dunkel wie meine Gedanken an Eriks verrückte Ex- Freundin in dem Moment.

 

Kapitel 32

 

Wir saßen immer noch in Eriks Zimmer und ich hatte mich langsam wieder etwas stabilisiert. Saskia will mich töten? Wieso? Das sie sauer auf mich war wusste ich und das verstand ich bis zu einem guten Punkt auch aber gleich töten. Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken bei dem Gedanken gegen sie zu Kämpfen. Erik sah mich mitleidig von der Seite an und ich spürte wie er sich innerlich schon Vorwürfe machte mir das gesagt zu haben. Dann plötzlich versuchte er die Stille zu durchdringen und wechselte leicht das Thema. „Kaligola hat mir aufgetragen dich deshalb etwas mehr für das große Finale am Ende vorzubereiten. Ich habe schon einmal am Finale teilgenommen und weiß deshalb worauf es ankommt. Ich werde dir zuerst einmal zeigen wie du mehrer Wochen alleine überleben kannst, dass ist das wichtigste. Falls du es wirklich in durch die Spiele schaffst ist es von großer Bedeutung das du weißt wo du die besten Ziele findest.“ Durch den plötzlichen Gesprächswandel war ich etwas verwirrt und ich starrte nur still zum Bett hinüber. „Wenn das Finale so schlimm ist, warum kann ich dann nicht einfach in den Kämpfen davor extra verlieren?“ „Du darfst kein Aufsehen erregen. Die Schüler wissen wie gut du kämpfst und das würde zu Unruhen führen. Es darf einfach niemand auf deine wahre Identität stoßen, dass wäre viel zu gefährlich!“ Ich wusste das nur zu gut und verdrehte genervt die Augen als Erik das ansprach. „Ja klar. Dann sag mir doch bitte erstmal genau worum es in den Spielen geht, damit ich weiß was auf mich zukommt.“ Erik überlegte. „Bei den Jährlichen Spielen der achten Klassen geht es nicht nur darum die besten Krieger für den Platz eines Heerführers zu finden, wir lassen ein altes Fest zu Gunsten unserer Göttin Nyl weiterleben. Das Ziel des Spiels ist es das jeder Krieger in einer Zeit von drei Wochen oder sogar noch mehr ein Ei zurück zur Stadt bringt. Nicht einfach ein ganz normales Ei, ein junges Drachenei. Die Mitspieler sammeln in dieser Zeit Punkte. Punkte bekommst du zum Beispiel indem du dein Ei als erstes wieder zur Stadt bringt, aber auch indem du möglichst unverletzt bleibst und in Kämpfen meist als Sieger hervor gehst.“ „Kämpfe?“ „Ja manchmal gibt es Kämpfe untereinander um den Gegner davon abzuhalten möglichst viele Punkte zu sammeln. Aber die wohl wichtigsten Punkte bekommt man durch die Art des Eis, was man sammelt. Doch dazu erfährst du wann anders mehr. Das Spiel startet etwas außerhalb der Stadt auf einer weiten Fläche, wo alle Teilnehmer mit ein paar vorher zusammengestellten Sachen auf ein Signal in ein Naturgebiet Nord- östlich der Stadt auf suche gehen. Es gibt Grenzen die das Spielfeld darstellen und diese dürfen nicht überschritten werden. In den meisten Fällen starten die Spieler sogar mit ihren Pferden, falls sie denn darauf bestehen. Eine der wohl wichtigsten Regeln ist, das zwar untereinander gekämpft werden darf, es darf aber nicht getötet werden. Das heißt wenn Saskia versuchen sollte dich zu töten macht sie damit ihre ganze Kariere kaputt.“ Als würde mir das helfen schenkte mir Erik einen hoffnungsvollen Blick und ich versuchte ihn mit einem Lächeln zu erwidern.
Ich hatte ehrlich gesagt keine Lust mehr über die Spiele zu reden da ich eigentlich wegen was ganz anderen gekommen war. Ich wollte von ihm hören warum er mich im Speisesaal geküsst hatte und das nachdem er mich mal wieder Wochenlang ignoriert hatte. Kann er sich überhaupt noch daran erinnern? Bevor ich zu tief in meinen Grübeleien versinken könnte raffte ich mich auf und fragte ihn einfach. „Warum hast du mich geküsst? Ich halte das langsam nicht mehr aus immer von dir ignoriert zu werden als wäre ich Luft für dich und dann plötzlich küsst du mich oder zeigst mir auf irgendeine andere Art Zuneigung! Ich denke dass ist mein gutes Recht als Person zu sagen dass ich so was nicht mehr möchte, also warum tust du mir das immer wieder an?“ Ich merkte gar nicht dass ich immer lauter wurde und stoppte plötzlich als ich von draußen jemanden lachen hörte. Das stumme Mädchen vom Endfang? Hatte es etwa die ganze Zeit gelauscht? Sofort wurde ich leiser und als ich fertig war mit meinen Anschuldigungen blickte ich den Jungen vor mir erwartungsvoll an. Erik blieb stumm und starrte auf seine Hände. Eine gefühlte Ewigkeit verstrich und ich wollte schon fast wieder loslegen als Erik endlich etwas sagte. „Es tut mir leid.“ Mehr kam nicht aus seinem Mund und er vermied es mich anzusehen als er sich wieder hinlegte mit Blickrichtung zur Wand. Danke. Wut kochte in meinem Körper und ich konnte es nicht mehr kontrollieren wie sich die bekannte Hitze an meinem Körper zu schaffen machte. Egal dachte ich, es sieht ihr eh keiner! Immer weiter stieg meine Wut wandelte sich langsam in Verzweiflung und dann, ganz plötzlich schlug ich Erik völlig unerwartet ins Gesicht. Ich griff mir blitzschnell seinen Körper, zog in zu mir rüber und traf ihm mit der Flachen Hand auf die Wange. Erst einmal, dann ein zweites Mal bevor ich von ihm abließ und mich vor Schreck wieder beruhigte. Es hatte gut getan doch Eriks Überraschung über meine Reaktion war nicht zu übersehen. „Wa, Warum hast du das, ich meine?“ Ohne die pochende Wange zu beachten trafen sich endlich unsere Blicke und er stockte. „Halt, ich weiß warum du das getan hast. Und es war berechtigt.“

 

Erik

 

Nun war es soweit gekommen. Ihm war lange Zeit klar gewesen dass er mit seinem Verhalten Alice verletzte, er hatte trotzdem immer gehofft sie hätte ihn nicht darauf angesprochen. Wie ein egoistischer Idiot hatte er sich verhalten! Das arme Mädchen hatte ein schreckliches Schicksal und musste mit so viel gleichzeitig zurechtkommen. Aber ihre Reaktion und Frage war berechtigt. Warum hatte er das alles getan? Er wusste es selbst manchmal nicht. Normalerweise würde er nie so reagieren dass hatte er noch nie doch wenn er Alice gegenüber stand hatte er immer ein Gefühl von Verletzlichkeit, so stark er es noch nie erlebt hatte. Nur eine einfache Lüge oder ein abwertender Blick brachte ihn dazu Nächte lang zu grübeln. Erik mochte Alice dass konnte er sich nicht mehr ausreden und auch Kaligolas Drohungen halfen dort nichts mehr. Doch warum schaffte er es nicht es endlich offen vor ihr zuzugeben? Lieber ging er ihr aus dem Weg oder Verletzte sie, nur um nicht vor ihr zu stehen müssen und das Gefühl zu haben sich jedes Mal übergeben zu müssen. Ihm war übel vor Aufregung und er musste sich tiefer in sein Bett sinken lassen um sich nichts anmerken zu lassen. Wie erbarmungslos peinlich er war!
Erik merkte wie er Alice schon wieder warten ließ und sein Bauch krampfte sich zusammen. Jetzt sag ihr endlich was du Idiot! „Ich muss dir was erklären.“ Schon wieder versagte seine Stimme und er hätte sich dafür Ohrfeigen können. Alice wurde sichtlich unruhiger. „Ja das musst du!“ Der aggressive Ton ihn ihrer Stimme machten seine Bauchschmerzen nicht unbedingt besser und er biss sich warnend auf die Unterlippe. Dann endlich fand er seine Stimme wieder und versuchte sich zu erklären. „Ich habe immer versucht es mir auszureden seit dem ich dich kenne. Kaligola hatte es mir verboten und ich hatte selbst geschworen dass es nicht passieren würde. Doch ich mag dich Alice, sehr sogar! Dir aus dem Weg zu gehen war zwar eine Art Selbstschutz doch auch für mich nicht einfach. Du weißt gar nicht wie oft ich als du Training hattest am Rand gestanden habe und dir zugesehen habe, nur um dich zu sehen. Mein Plan dir aus dem Weg zu gehen hat für die erste Zeit immer funktioniert doch dann irgendwann begegneten wir uns doch und ich konnte mich nicht zusammenreißen.“ Er lächelte in sich hinein und merkte wie Alice Aufmerksamer wurde. „Ich habe dich meist immer dann geküsst, wenn ich wollte dass du aufhörst zu reden damit ich mich nicht irgendwie rechtfertigen musste. Es war falsch von mir und so erbärmlich das jetzt auch geklungen hat, es tut mir leid.“ Als er endlich fertig war, war es fast so als fiel eine Tonnenschwere Rüstung von ihm ab. Wie ein kleiner Junge wartete er Gespannt auf eine Reaktion seiner Angebeteten und fühlte sich gar nicht mehr Erwachsen.

 

Alice

 

Mein Herz machte einen Satz als sich Erik erneut entschuldigte und für kurze Zeit fühlte ich mich als würde ich Schweben, so glücklich war ich. Der große, starke Krieger hatte Worte von sich gegeben von denen wohl jedes kleine Mädchen träumt und es war wunderbar. Fast wie ein Traum. Ich kniff mir leicht in den Arm um dies zu testen und merkte wie ich erleichtert Aufatmete als nicht passierte. Also war es Wirklichkeit, Erik erwiderte meine Gefühle. „Es ist okay.“ Mehr wusste ich nicht darauf zu antworten und ich spürte förmlich wie auch Eriks Spannung von ihm abfiel. Dann wurde es plötzlich sehr still und unwohl in dem kleinen Raum und ich nahm meine Sachen bevor ich aufstand und den Raum verließ. Kurz vorm Vorhang drehte ich mich noch einmal zu ihm hin und lächelte. „Wir sehen uns dann hoffentlich morgen beim Abendessen.“ Erik lächelte zurück. „Ich verspreche es.“ Dann schob ich den Stoff zur Seite und rannte fast in das Mädchen vom Endfang. Ich atmete erschrocken auf und als das Mädchen merkte dass es erwischt wurde machte es sich ohne einen Blick aus dem Staub. Verärgert schüttelte ich den Kopf und machte mich auf den Heimweg. Zurück hinter die Sicheren Mauern der Stadt.

June lag schon auf ihrem Bett und blätterte in einem sehr alten Buch über Pflanzenkunde. Ich kannte es schon, es ging hauptsächlich um Giftpflanzen und wie man sie erkennt. Als ich den kleinen Raum betrat drehte sie sich zu mir um und lächelte mir über die Schulter zu. „Hi Alice.“ Ich fand meine Stimme auf die Schnelle nicht weshalb ich nur einfach kurz zur Begrüßung winkte bevor ich im Bad verschwand. Fertig gewaschen und umgezogen setze ich mich auf mein Bett und meine schwarzen Locken die mir langsam bis über den Hintern lagen fielen über meine Schulter. Als June erkannte wie ich mit der Haarpracht kämpfte um sie hinter meine Schultern zu bekommen setzte sie sich auf. „Du bräuchtest mal jemanden der dir die schwarzen Locken abnimmt, nicht war?“ Ich nickte und seufze laut um es noch zu unterstreichen. „Ja das wäre toll, nur leider weiß ich nicht wo ich damit hin soll. Und selber schneiden kann ich sie auch nicht, dass konnte ich noch nie.“ Das Mädchen vor mir überlegte. „Normalerweise machen es alle Bürger selber oder von Freunden oder Verwanden machen, ich wusste nicht warum man dafür irgendwo hinsollte. Aber schau, ich schneide mir die Haare selber und könnte das gerne für dich machen.“ Ohne auch nur auf eine Antwort zu warten stand sie auf und ging an ihren Schrank. Mit einer Schere kam sie zurück und setze sich im Schneidersitz dicht hinter mich auf mein Bett. Ich ließ es geschehen und versuchte mich möglichst grade hinzusetzen, wie man es als Kind immer gesagt bekommen hat. „Wie lang möchtest du sie denn haben?“ Schon vorsichtig mit der Bürste durch meine Haare gleitend hörte ich June fragen. Ich hatte ehrlich gesagt keine Ahnung. „Ich weiß es nicht, am besten wieder bis leicht über die Schultern und vorne ein paar weg.“ „Stufen?“ „Genau, danke.“ Dann machte sich meine Freundin auch schon ans Werk und ich spürte gleich wie das Gewicht auf meinem Kopf leichter wurde. „Wo warst du heute wieder?“ fragte June und schnitt konzentriert weiter.
Es brannte mir nur so in den Fingern ihr von Erik und mir zu erzählen doch ich hielt inne. Konnte ich ihr das wirklich anvertrauen? Doch dann hielt ich es nicht mehr aus und erzählte los. „Ob du´s glaubst oder nicht aber ich war heute Abend bei Erik auf der Krankenstation. Ich wollte wissen wie es ihm geht und ihm etwas Gesellschaft leisten. Und dann musste ich ihn auf die Prügelei mit Saskias neuem Freund ansprechen.“ June wusste schon davon da ich es ihr gestern erzählt hatte so nickte sie nur und schnitt weiter. Ich versuchte mich kurz zu halten. „Saskia hat es wohl auf mich abgesehen wenn ich es schaffen sollte ins Finale zu kommen. Sie hatte ihm gedroht mich zu töten und so ist er auf sie losgegangen und ihr Freund ging dazwischen. Doch viel wichtiger: Ich hatte Erik gefragt warum er mich ignoriert.“ Nun horchte June auf und hielt inne. Sie wusste zwar von gestern, aber nicht dass Erik mich geküsst hatte und so ließ ich das einfach weg. „Er gestand mir dass er mir nur aus dem Weg gegangen ist, weil er selbst nicht zugeben wollte dass er mich mag. Kaligola und er selbst hatten es ihm verboten und somit wollte er es zwangsweise verhindern. Doch in Wirklichkeit erwidert er meine Gefühle.“ „Das ist toll!“ June war so begeistert das sie mir fast mit der Schere in die Schulter piekste. „Aua!“ „Endschuldigung.“ Doch sie konnte sich ihr Lachen nicht verkneifen und wie so oft stieg ich mit ein.

Als June fertig war mit Haare schneiden ging ich in unser kleines Bad und stellte mich erwartungsvoll vor den Spiegel. Das Ergebnis überrascht mich und ich musste zweimal hinsehen bevor ich es bewerten konnte. Ich war so an die platten, langen Haare gewöhnt dass ich erst dachte einen fremden Menschen im Spiegel zu sehen. Meine Haare reichten mir noch bis über die Brüste noch um mein Gesicht rum hatte June ein paar einfache Stufen geschnitten die mein Gesicht viel mehr Runde verliehen. Es wirkte nicht mehr so schmal und blass sondern eher offen und freundlich und die beiden Gewichte auf meinem Kopf ließen sich kaum vergleichen. „Es ist super, Danke!“ rief ich June aus dem Bad zu und ich wusste genau dass es sie Stolz machte. June freute sich immer über Lob als hänge ihr Leben davon ab und es gab mir ein warmes Gefühl sie Glücklich zu sehen.
Ich war müde vom Tag und legte mich gleich Schlafen und ich merkte noch wie June meinem Beispiel in einer halben Stunden folgte. Ich träumte die Nacht kein bisschen doch als es draußen stockfinster war wurde ich plötzlich von einem starken Gefühl wach gerissen. Ich setzte mich auf und wischte mir über die Schweißnasse Stirn. Was war das? Ich versuchte mich wieder hinzulegen doch dass beklemmende Gefühl ließ mich nicht Schlafen. Also stand ich so leise wie möglich auf um June nicht zu wecken und schnappte mir eine Jacke. Es war kühl draußen und auch auf den Fluren des Gebäudes schauderte ich als der Wind meine nackten Beine streifte. Kurz überlegte ich mir statt meines Nachthemdes doch eine Hose anzuziehen doch ich verwarf es wieder. Ich würde nur June wecken. Ich trat in die Halle mit der großen Statue unserer Göttin und blieb dort stehen. Ich ging oft wenn ich nicht schlafen konnte runter zu der Statue und blieb dort eine weile. „Hallo Nyl, wie geht es dir heute Nacht?“ Es mag einen komisch vorkommen mit einer Statue zu reden doch mir half es meist mich zu beruhigen. Natürlich bekam ich von der goldenen Statue keine Antwort und nach kurzer Zeit überlegte ich wieder hoch zu gehen. Doch wieder stoppte mich ein unruhiges Gefühl. Was war bloß mit mir los? Das Gefühl betraf mich nicht körperlich sondern machte sich eher in meinen Gedanken breit, ähnlich wie es sich anfühlte wenn ich mit Dornac sprach. Plötzlich kam mir ein ganz anderer Gedanke. War es vielleicht Dornac der mir die Gefühle schickte? Steckte er etwa in Schwierigkeiten? Ohne zu überlegen trat ich hinaus ins freie und machte mich auf zum Stall. Schlafen konnte ich sowieso nicht und June wird mein Fehlen nicht bemerken wenn sie schläft. Und noch einmal in so kurzer Zeit lief ich durch die leeren Straßen der Stadt doch diesmal bei voller Nacht. Wie spät mag es wohl sein, fragte ich mich nebenbei und mein Blick schweifte zum Himmel. Der fast ausgefüllte Mond schickte ein paar Lichtstrahlen auf die Erde sodass ich genug erkennen konnte um mich zurechtzufinden. Seines Standes nach zu urteilen musste es zwischen null und zwei Uhr sein und es überraschte mich immer wieder wie warm die Spätsommer Nächte waren.
Doch bald bemerkte ich die Kälte doch etwas an den freien Beinen und war heilfroh als ich an einem alten Holzschuppen vorbei auf den Marktplatz trat. Mit zügigen Schritten überquerte ich diesen und kam zum kleinen Tor neben dem großen, welches die Stallungen und die Stadt von einander trennte. Eine Wache saß neben der Tür mit dem Rücken an die Sandfarbige Mauer gelehnt und ich schmunzelte als ich den Mann laut schnarchen hörte. Wenn der König das wüsste! Möglichst leise schlich ich mich an ihm vorbei und öffnete das Tor. Dies knarrte leicht als ich es öffnete und ich erschrak als sich das schlafende Bündel neben mir auf einmal bewegte. Doch er schien sich nur kurz umdrehen zu wollen und so atmete ich erleichtert aus und schloss die Tür hinter mir wieder. Dornac bemerkte mich sofort als ich mich ihm näherte und begrüßte mich wie immer mit einem Schnauben. Durch sein dunkles Fell war der Hengst in seiner Box kaum zu erkennen und musste mich anstrengen was zu sehen als er mir den Kopf aus der Box zustreckte. Was ist passiert? Dornacs Augen funkelten besorgt und ich streichelte ihm behutsam die Nüstern. „Alles ist gut. Ich hatte nur ein komisches Gefühl und Angst wie es dir geht.“ Daraufhin schnaubte der Hengst belustigt und verschwand in seiner Box. Zumindestens fand ich es sah aus als würde er lächeln und ich lächelte über mich selber als ich mir klar machte dass ich gerade gedacht habe mein Pferd lächelt. Naja immerhin kann es sprechen.
„Ich kann heute Nacht nicht mehr schlafen, wollen wir nicht eine Runde ausreiten? Die Wache schläft es wird keiner bemerken.“ Als Antwort kam der große Kopf wieder aus der Dunkelheit und ließ sich von mir aushalftern. Doch dann kam das nächste Problem. Die Tür nach draußen war verschlossen und die Schlüssel hatte die Wache am Mitteltor. Ich ließ mich auf einen Strohballen neben der Stallwand fallen und überlegte. Schaffte ich es die Schlüssel von seinem Hosenbund zu nehmen? Es brauchte einen Moment bevor ich mich dazu aufraffen konnte es zu versuchen doch als ich die Tür an der die Wache schlief öffnete überkam mich starker Schwindel. Die Aufregung ließ meine Hände schwitzen und mein Atem ging schneller. Ich schlüpfte erneut durch die Öffnung und landete neben dem schlafenden Soldaten. Sein Schnarchen war lauter geworden als zuvor und ich wedelte überrascht vor mir mit der Hand durch die Luft als ich etwas Widerliches Roch. Der Soldat stank entsetzlich und hatte wohl grade etwas Luft entweichen lassen, doch ich ließ mich nicht lange aufhalten. Mit der einen Hand hielt ich mir die Nase zu bevor ich mit der anderen an seine Hüfte griff und den Schlüssel suchte. Für kurze zeit zweifelte ich daran ob ich in wirklich dort gesehen habe doch dann bekam ich einen Bündel zu fassen und zog daran. Nichts geschah. Blitzschnell wanderten meine Augen auf das Gesicht der Wache doch nichts hatte sich geändert. Er schlief. Widerwillig ließ ich meine Nase los und griff auch mit der zweiten Hand an seinen Gürtel. Ich bekam einen Haken zu fassen an dem der Bündel hing und mit beiden Händen schaffte ich es die Schlüssel zu lösen und machte schnell ein paar Schritte weg vom Soldaten. Die Spannung fiel von mir ab und Glücksgefühle wärmten meinen Körper. Ich hatte es geschafft! Schnell verließ ich den Marktplatz wieder und nahm Dornac gesattelt aus der Box. Als ich die Tür am Haupttor mit mühe endlich geöffnet hatte führte ich Dornac heraus bevor ich mit einem Satz aufsprang. Den Schlüssel behielt ich bei mir um nachher auch wieder in die Stadt zu kommen. Auch wenn es riskant war sollte der Soldat aufwachen doch so wie der geschlafen hat lag er gerade im Tiefschlaf und würde höchstens in zwei drei Stunden aufwachen. Also ließ ich mich von meinen Gedanken führen und wir durchquerten schon wenige Minuten später den dichten Wald. Im zügigen Trab dauerte es nicht lange über die breite, kahle Fläche vor der Stadt zu kommen bis zu den dichten Wäldern. Würde man jedoch in die andere Richtung reiten, in der die Zuggleise liegen, würde es bei langsamem Reiten sogar einen Tag dauern bis man wieder auf Bäume treffen würde. Also besuchte ich diesen Teil des Landes nicht oft.
Der Kühle Wind streifte meine Beine die vom kratzigen Sattel schon aufgescheuert waren und fühlte sich an wie eine liebevolle Berührung. Ich versuchte die Schmerzen die mir jede von Dornacs Bewegungen zufügte zu ignorieren doch irgendwann schmerzte es so doll das ich mich vom Sattel hob und mich langsam auf Dornacs Hinterteil rutschen ließ. Sein weiches Fell tat so gut dass ich mich endlich entspannte und eines meiner Beine leicht anhob um den Schaden zu begutachten. Ich erschrak als ich die Wunden an den Unterseiten meiner Oberschenkel sah. Die Haut war durchgehend gerötet und an manchen Stellen waren blaue Flecke zu erkennen wo das Leder meine Haut eingeklemmt hatte. Manche der besonders gereizten Stellen waren sogar aufgekratzt und warmes Blut quoll daraus hervor. Ich hatte nicht erwartet das es so schlimm aussehen würde und ich konnte spüren wie jetzt auch Dornac unruhiger wurde als er meine Reaktion bemerkte. Ich tätschelte ihm liebevoll die Flanke und setze mich wieder stabil hinter den Sattel. Es war zwar ziemlich Gefährlich sollte sich der Hengst mal erschrecken doch noch länger auf dem Sattel zu sitzen hielt ich nicht aus.
Als ich mich in meiner Umgebung umsah um mich zu orientieren wo ich war kam mir die Gegend überraschend bekannt vor. Es waren Spuren zu erkennen die vor nicht langer Zeit ein einzelner Reiter in den Boden gemacht hatte und kurze Zeit später erblickte ich die kleine Höhle vom Vortag. Was hatte mich wieder hierher geführt? Zuerst wollte ich umdrehen und nach Hause reiten doch dann packte mich die Neugierte, begleitet vom Schmerz der sich in meinen Beinen breit machte.
Mit einem lauten Stöhnen ließ ich mich auf den Boden fallen und spürte sofort die kalte Erde unter meinen Füßen. Ich bat Dornac darum auf mich zu warten und wenige Schritte später stand ich auch schon vor der kleinen Öffnung im Hang. Die Dunkelheit verhinderte dass ich etwas sehen konnte und ich musste mich auf die Knie fallen lassen um etwas erkennen zu können. Vorsichtig steckte ich meine Hand in das schwarze Loch und tastete nach dem Ei. War es noch da? Immer tiefer tastete ich mich in der Höhle voran doch nichts war zu Spüren. Unruhe machte sich in mir breit und ich spürte wie Dornac versuchte mich im Gedanke zu beruhigen. Da! Endlich hatte ich den leinen Laubhaufen ertastet auf den ich das Ei gelegt hatte und steckte meinen Arm noch tiefer in die Erde. Es würde immer kälter und ich erschrak als ich etwas spitzes berührte und ein Schmerz in meinen Körper zuckte. Erneut berührte ich eine spitze Kante und ich erkannte endlich was ich da berührte. Der Boden war voller kratziger Eierschalen manche groß wie meine Hand, manche aber nur ganz klein.
Ich atmete aus. Das hatte nichts zu bedeuten. Immerhin war die Schale schon angebrochen als ich das Ei hier alleinließ. Das kleine Geschöpf kann nicht einmal die Größe haben einer Katze gefährlich zu werden. Und dennoch zog ich meine Hand behutsam wieder zu meinem Bauch und suchte etwas Anstand von der Höhle. Wer weiß was hier noch alles hinter den Blättern lauerte und es auf mich abgesehen hatte. Mein Blick suchte die Umgebung ab doch es war zu dunkel als dass ich etwas sehen konnte. Somit schaute ich mich ein letztes Mal um und schlich zurück zu meinem Pferd. Es war ein Fehler hierher zu kommen doch irgendetwas hatte mich dazu gebracht. Ich setzte meinen Fuß in den Bügel und wollte gerade aufsteigen als Dornac einen nervösen Schritt zur Seite machte. Ich ließ mich nicht ablenken und versucht mich erneut am Sattelbaum hochzuziehen doch Dornac wurde noch unruhiger und dann sah ich es. Nur wenige Meter von uns entfernt schillerten zwei identische, hellblaue Augen aus einem Gebüsch. Ihre Pupillen waren riesig und blitzen wild umher, wirkten wie ein Sturm im Meerblauen Himmel. Diesmal packte mich die Neugierde und ich zwang mich meine Angst für kurze Zeit runterzuschlucken. Nachdem ich mein Nachthemd glattgezogen hatte machte ich mich auf den Weg und versuchte dass kleine Tier besser erkennen zu können. Hätte ich doch jetzt eine Kerze bei mir! Zu meiner Überraschung kam mir das Tier zwar nicht näher, wich aber auch nicht zurück. Es blieb genau dort wo es saß und beobachtete mich. Je näher ich ihm kam desto mehr erkannte ich die Form des Geschöpfs und meine Augen wurden groß vor erstaunen. „Alles gut Dornac, er tut uns nichts.“ Beschwichtigte ich mein Pferd. Sei dir da nicht so sicher. Dornacs vorwurfsvoller Ton ließ mich schmunzeln und ich zeigte dem schwarzen Hengst einen Daumen nach oben, auch wenn ich mir sicher war, dass er dieses Zeichen nicht wirklich verstand.
grrr.“ Machte es plötzlich aus dem Gebüsch und vor mir stand seit sehr langer Zeit wieder ein Geschöpf der Göttin Nyl. Ein Drache.

Kapitel 33

 

Tate schreckte hoch und stieß sich fast den Kopf am Bett seines Bruders. Seitdem er in den letzten Jahren extrem gewachsen war passierte es ihm fast jeden Morgen und dafür hasste er sein kleines, stickiges Zimmer. Gerade mal ein einfacher Schrank und ein Hochbett hatten darin Platz und es nervte ihn ebenfalls mit sechszehn sich noch ein Zimmer mit seinem großen Bruder teilen zu müssen. Doch er wusste auch dass er den Göttern danken musste überhaupt ein eigenes Zimmer zu haben, denn das Dorf indem er lebte war sehr arm und somit auch seine Familie. Nachdem sein Vater vor ein paar Jahren an einer schlimmen Grippe gestorben war hatte sich seine Mutter mit einem anderen Mann verheiratet. Er war schrecklich, er war nicht nur fett und stank nach Bier er schlug ihn und seine Mutter wenn er zu viel getrunken hatte. Doch jedes Mal wenn er seine Mutter darauf ansprach versicherte diese ihm es sei das Richtige ihn geheiratet zu haben, da der alte Mann uns Essen und Kleider nach Hause brachte. Tate schnaubte verächtlich.

Er hatte ein dumpfes, leises Geräusch vernommen, zu weit weg um es genau identifizieren zu können. Als er ein weiteres Mal angestrengt lauschte entnahm er nicht als Stille und rieb sich genervt den schmerzenden Kopf. Er versuchte sich wieder hinzulegen und zog sich seine dünne Decke bis an sein Kinn. Das blaue Licht des Mondes schien durch ein kleines Fenster am Ende des Zimmers und ließ den Raum Silber glänzen. Er schätze die Zeit so auf zwei bis drei Stunden nach Mitternacht, was bedeutete er konnte noch ein paar wenige Stunden schlafen. Geschweige denn er würde es schaffen jetzt noch einmal einzuschlafen. Die Nacht war ungewöhnlich Still für ein armes Dorf am Rande eines Königreichs. Pratt, einst eine blühende Stadt geführt von einem gerechten König war unter der Herrschaft des neues Königs zu einer der ärmsten Gegenden des Landes geworden. Könige waren im Laufe der Zeit schon immer geizig und kaltherzig, doch der jetzige Herrscher der großen Festung übertraf sie alle. Die Bürger sollten ihm sein Abendessen vom Feld sammeln und sonst war es ihm ganz egal ob sie hungerten oder starben. Der König von Pratt handelte nur zu seinen eigenen Gunsten und ließ sein Land elendig verrotten. Er selbst war steinreich doch immer noch versuchte er seinen Wohlstand zu vermehren. Tate verachtete ihn dafür, doch sollte er seine Gefühle je öffentlich zeigen würde er gewiss am Pfahl enden. 

 

Die Augen des Jungen wurden immer schwerer und als sie endlich vor Erschöpfung doch noch zu vielen ertönte ein lauter Knall. Jetzt schreckte auch Tates Bruder aus dem Schlaf auf und man hörte seinen schnellen, lauten Atem. Stille. Was passiert hier? Bevor Tate seinen älteren Bruder etwas fragen konnte, sprang dieser mit einem Ruck von seinem Bett und landete direkt neben Tates Kopf. Wieder Stille. „Was zum Teufel ist hier…“ bevor der großgewachsene, schwarzhaarige Junge den Satz zu Ende sprechen konnte kam es Tate vor als würde der Boden erzittern. Der blonde Junge stand aus seinem Bett auf und legte seine Hand Flach auf den Boden. Ja, da war ein Beben, gleichmäßig und dumpf. Er begriff nicht woher das Beben kam, doch es würde stärker und kam immer näher. 

Im nächsten Moment erklangen durch die dünnen Bretter der Hütte aufgeregte Rufe der anderen Dorfbewohner und beide Jungen liefen erschrocken aus ihrem Zimmer, zum Zimmer ihrer Mutter. Doch bevor sie dort ankamen kam ihnen diese schon entgegen, mit einem ähnlich angsterfüllten Blick wie der ihrer Kinder. Aus dem Zimmer hinter ihr entnahm man das laute Schnarchen ihres Ehemanns der durch den vielen Alkohol am Vorabend immer noch tief schlief. Angeekelt wandte sich Tate ab und trat mit großen Schritten zum kleinen Fenster der Küche, wo er wie angewurzelt stehen blieb. Auch seine Mutter und sein Bruder hielten in der Bewegung inne, als sie erblickten was draußen das Erzittern der Erde verursachte. Eine riesige Gruppe dunkler Reiter kam im gestreckten Galopp direkt auf das schlafende Dorf zu, die Männer auf den Pferden hielten brennende Fackeln in den Händen, welche sie sobald sie die Häuser erreichten mit einem lauten Jubel auf dessen Dächer warfen. Die kleine Bäckerei nur wenige Häuser von der kleinen Familie entfernt, fing sofort Feuer und erhellte die Nacht mit einem bedrohlichen Funken. Spätestens jetzt war auch der Rest der Dorfbewohner wach geworden und schrien erschrocken auf als sie aus ihren Häusern die brennende Bäckerei entdeckten. Kurz danach fing auch das Haus neben der Bäckerei Feuer und ein weiteres erschrockenes Raunen ging durch die Häuser.

Die junge Frau, welche sich endlich von dem Schreck erholt hatte, wartete nicht lange und nahm die Hände ihrer Söhne. „Meine Kinder, meine lieben Kinder, tut mir den gefallen und lauft! Lauft los und dreht nicht um, bringt euch in Sicherheit.“ Tate schaffte es nicht einmal sie anzusehen. Es war als wäre er in einer zweiten Welt gefangen und die Worte seiner Mutter erschienen ihm wie ein gedämpfter Ton. „Lauft!“ schrie seine Mutter erneut, diesmal jedoch direkt in sein Gesicht. Tate rührte sich immer noch nicht. Er merkte wie sein Körper vor Angst steif geworden war und sein Herz raste als würde es gleich platzen. „Verdammt!“ ein plötzlich stechender Schmerz holte ihn aus seinem Traum als ihm seine Mutter mit der flachen Hand kräftig ins Gesicht schlug. Eine kleine Träne kullerte über seine pochende Wange, Tate reagierte jedoch trotzdem und verschwand in seinem Zimmer. Dort schnappte er sich als erstes seinen Kissenbezug und stopfte seine wenigen Kleider unsanft hinein. Dazu packte er noch ein paar Schuhe bevor er den kleinen Raum wieder verließ. Tate sah sich nach seinem Bruder um, jedoch waren er und seine Mutter nicht zu sehen. „Thomas!“ , Tates schriller Ruf erfüllte die Nacht, jedoch erreichte ihn keine Antwort und er blickte sich suchend um. Den Bezug immer noch in der Hand begann er etwas Brot und ein altes Stück Fleisch was er in der Küche fand hineinzuwerfen bevor er ihn sich über die Schulter warf und den Raum verließ. Als er den Hausflur betrat machte er einen schnellen Schritt zurück und hielt sich erschrocken die Hand vor dem Mund, als ihm eine Rauchwolke die Luft nahm. Die Haustür war auf und von draußen hörte man mit Angst gefüllte Schreie und das Gelächter der Angreifer. Tate konnte nichts erkennen, da nun schon fast alle Häuser der Straße Feuer gefangen hatten und der Rauch wie Nebel seine Sicht versperrte. Erneut rief er nach seinen Bruder: „Thomas!“

Seine Wange pochte durch den Schlag seiner Mutter immer noch und die neu entstandene Hitze ließ seine Haut förmlich Glühen. Ich muss hier weg, sagte er sich selber doch im Moment erkannte er endlich seinen Bruder der aus der kleinen Kelleröffnung des Hauses stieg. „Thomas, den Göttern sei Dank! Wo ist Mutter?“ Sein Bruder schaute ihn verblüfft an, deutete daraufhin zurück ins Haus. „Sie versucht die stinkende Ratte zu wecken, hoffen wir mal es gelingt ihr nicht.“ Der blonde Junge war immer wieder überrascht wie erwachsen sein zwei Jahre älterer Bruder klang mit seiner sehr tiefen Stimme. Dennoch war Tate es der für sein Wissen immer gelobt wurde. „Wir müssen hier weg, solange wir noch können.“ „Ich werde nicht gehen.“ Plötzlich erschien Tate der unerträgliche Lärm für kurze Zeit zu verstummen und er schaute seinen Bruder mit aufgerissenen Augen an. „Du hast richtig gehört, Bruder. Ich werde nicht wie ein verfluchter Feigling das Dorf im Stich lassen und einfach abhauen! Immer wieder übervielen die Räuber der Wälder in der letzten Zeit unser Dorf und raubten uns alles, was wir haben. Doch nun wollen sie es auch noch zerstören. Ich werde dies nicht dulden!“ Daraufhin erkannte Tate eine kleine Axt die sich sein Bruder kurz zuvor aus dem Keller geholt hatte und musste plötzlich ohne Grund grinsen. Seine Stimme besaß einen spöttischen Unterton als er zu Thomas sprach: „Du möchtest dich nicht ernsthaft dieser Gruppe bewaffneter Reiter mit einer kleinen, stumpfen Axt als einzelner entgegen Stellen? Das wirst du auf keinen Fall überleben!“ Die Miene des anderen Jungen verfinsterte sich und Tate spürte wie er seinen Bruder mit diesen Worten verletzt hatte. „Halt die Schnauze.“ Brachte dieser ihm nur entgegen und spuckte kurz vor ihm auf den Boden. „Du hast keine Ahnung wozu ich fähig bin.“ Tate seufze: „Das mag stimmen, ich weiß jedoch das du da draußen stirbst und das lasse ich nicht zu. Komm!“ Thomas Blick war unentschlossen, er Kämpfte mit seiner neu entstandenen Angst. „Du zweifelst, das sehe ich Bruder. Nun komm, wie Mutter es sagte.“ Tate machte einen Schritt näher zur Tür und hustete als er den dichten Rauch einatmete. Thomas Blick wanderte wild durch den Raum und sein Griff schloss sich fester um die Waffe. Für einen kurzen Moment dachte Tate wirklich er müsste seinen Bruder zurücklassen, doch das Thema war schnell vergessen als ein neues lautes Geräusch erklang und seine Mutter, zusammen mit seinem Stiefvater aus der Küche kam. Der Bauch des alten Mannes bebte als er einen großen Schritt machte und die durch den Alkohol getrübten Augen blickten orientierungslos durch die Gegend. Hass quoll in dem Jungen auf doch er zwang sich einen Schritt auf die beiden zu zumachen und seiner Mutter zu helfen den Mann zu stützen. Thomas blieb stark mit sich kämpfend wo er war und schaute seiner Familie dabei zu wie sie versuchten den Fetten Man aus dem Haus zu schaffen. „Wasss… isn… überhaupt…losss.“ Gurgelte dieser und versuchte sich den Griffen der beiden Helfer zu entziehen. Im selben Moment löste sich einer der Dachbalken des mittlerweile auch brennenden alten Hauses von der Decke und fiel mit einem riesigen Beben zu Boden. Der Aufschlag riss alle vier Personen für kurze Zeit aus dem Gleichgewicht und der fette Mann klappte nach vorne zusammen und viel direkt auf seine Knie.

„Aua!“ grunzte dieser daraufhin und Tates Mutter schrie genervt auf: „Thomas verdammt, jetzt hilf uns endlich!“ Ohne zu zögern warf dieser die Axt aus seiner Hand uns half seinen Stiefvater wieder aufzurichten und das Haus zu verlassen. Ein zweiter Balken stürzte herunter und das Haus wackelte bedrohlich über ihnen doch sie schafften es zusammen alle vier aus dem Haus auf die zerstörte Straße. Thomas zögerte kurz, drehte sich um und lief entschlossen wieder zurück ins Haus. Wenige Sekunden später kam er ebenfalls mit einen kleinen Beutel und der Axt wieder heraus. Die hilflosen, entsetzten Schreie waren weniger geworden und auch die Räuber haben sich in der kurzen Zeit mehr im Dorf verteilt, womit es die Familie einfacher hatte über die komplett zerstörte Straße zum Rand des Dorfes zu gelangen. Obwohl Tate sich seine stinkende Schlafkleidung vor den Mund halten musste und auch seine Augen verdeckte kamen sie relativ schnell weiter zur alten Bäckerei, die durch das Feuer schnell nur noch zu einer schwarzen Ruine heruntergebrannt war. Menschen, die es bis jetzt auch noch nicht geschafft hatten aus dem Dorf zu fliehen drängten sich an ihnen vorbei und Tate spürte wie plötzlich jemand versuchte ihm seinen Kissenbezug von der Schulter zu reißen. Ohne nachzudenken reagierte der Junge sofort und drehte sich zu der fremden Person, bevor er dieser mit der geschlossenen Faust einen Kinnhaken verpasste. Der dürre, große Mann taumelte durch die Wucht des Schlages nach hinten und ließ dabei den Beutel fallen. Tate bücke sich und hob diesen schnell wieder auf, spürte dabei den ängstlichen Blick des Mannes vor ihm. Für kurze Zeit tat dieser ihm sogar leid, doch gerade musste er an sein eigenes Leben denken und somit ließ er den Mann liegen und ging weiter. Sein Herz pochte immer noch so wild, dass sein Körper sich anfühlte, als würde er gleich in den Himmel aufsteigen. Adrenalin pumpte durch seine Muskeln und er hatte das Gefühl einfach loslaufen zu wollen und nicht stehenzubleiben. Einfach davon laufen, vor den Räubern, vor seinem Stiefvater, vor dem Hunger, vor seinem Leben.

Doch nun mussten sie erstmal versuchen aus dem brennenden Dorf herauszukommen. Plötzlich bemerkte Tate drei Reiter die ihn und seine Familie entdeckt hatten und misstrauisch seinen Bruder mit der Axt beobachteten. Einer der Männer, etwas kleiner mit einem dichten roten Bart, rief etwas zu seinen Partnern und diese nickten daraufhin. Dann gaben alle drei lachend ihren Pferden unsanft die Sporen und ritten im Galopp auf Tates Gruppe zu. Dieser erschrak und versuchte mit aller Kraft seine Mutter und ihren Mann zur Seite in eine Gasse zwischen zwei Häuser zu ziehen, blieb jedoch stehen als er bemerkte das diese von Meterhohen Flammenwänden versperrt wurde. „Gott!“ brummte er und steuerte seine Familie im selben Moment wieder auf die Straße. Doch die Reiter hatten sie zu seiner Überraschung schon erreicht und Tate wich in der letzten Sekunde einem festen Schwerthieb aus, welcher versuchte ihn von oben zu treffen. Gleich darauf folgte jedoch schon der nächste und diesmal spürte der Junge den Lufthauch der scharfen Klinge an seiner Wange vorbeiziehen. Ein Schaudern durchlief seinen Körper.

„Lauft! Aus dem Dorf in den Wald.“ Hörte man plötzlich Thomas Stimme aus dem hochgewirbelten Rauch schreien und Tate blickte sich unruhig nach ihm um. „Wir treffen uns dort.“ fügte sein Bruder nach kurzer Zeit hinzu und für einen kurzen Moment war Tate erleichtert zu wissen, dass er nicht alleine war. Sein Bruder würde ihm folgen. Wie von Thomas befohlen wich er einem Schlag der Räuber nach dem anderen aus und erreichte endlich seine Mutter. Diese kauerte  verängstigt an einer Hauswand und hob schützend die Arme vors Gesicht. Mit einem Ruck griff er nach ihren Armen und hob sie auf die Beine. So schnell sie konnten liefen sie dann gemeinsam aus dem Gewirr von Reitern und nach einigen Schritten konnte Tate wieder einigermaßen klar sehen. Doch plötzlich blieb seine Mutter wie angewurzelt stehen und sah zurück. „Wir können da jetzt nicht weg!“ sagte sie voller Sorge und Tate spürte wie er langsam unruhiger wurde. „Thomas wird nachkommen keine Sorge, komm endlich Mutter.“ Doch als seine Mutter immer noch keine Anstalten machte ihm zu folgen schnaufte er laut auf um sich gewaltsam ihren Arm zu schnappen. Doch seine Mutter schien sich kein bisschen für seine Worte zu interessieren und schrie plötzlich „Mein Mann!“. Auf einmal breitete sich die Wut in Tates Körper aus und ohne zu zögern holte er zum Schlag gegen seine Mutter aus. „Lass ihn doch einfach so liegen wie er es verdient hat, er hat dir nie etwas Gutes…“ doch kurz bevor Tates flache Hand die Wange seiner Mutter treffen konnte wurden beide durch einen lauten, schmerzerfüllten Schrei unterbrochen. „Ragnar!“ Nun erfüllte auch der Schrei seiner Mutter die in Flammen stehende Stadt und ohne zu zögern handelte der Junge. Er streckte einen Arm um ihre Hüfte und mit dem anderen ergriff er ihre Schultern. Dann zog er sie mit einem Ruck hoch und erschrak als er spürte wie wenig seine Mutter nur noch wog. Er hatte nie bemerkt wie sie in den letzten Jahren abgenommen hatte. Doch dadurch setze er sich ohne Probleme mit seiner zitternden Mutter in den Armen in Bewegung und rannte zum Ausgang des Dorfes. Mit jedem Schritt merkte er wie die Luft die er atmete besser wurde und sein Herzschlag begann sich langsam zu beruhigen. Sie schafften es! Mit einem Satz sprang er über einen brennenden Holzpfahl um danach sofort wieder über einige private Dinge anderer Dorfbewohner zu stolpern, welche diese wohl versucht haben noch vor dem Feuer zu retten.

Endlich erreichten sie das letzte Haus an der gepflasterten Straße und Tate konnte sich nicht davon abhalten  einmal stehen zu bleiben und sich umzuschauen. Der Lärm war weitgehend verschwunden und auch der Staub hatte sich im Laufe der Zeit wieder gelegt.  Mit Mühe konnte der Junge die Stelle erkennen wo sie vor Sekunden noch angegriffen wurden, doch es gab keine Anzeichen von seinem Bruder. Angst erfüllte ihn und er musste sich noch mehr anstrengen die Gegend mit den Augen abzusuchen. Kurz bevor er überzeugt davon war keinen Menschen mehr zu sehen blieben seine Augen an etwas dunklem Hängen, was etwas versteckt still auf dem Boden lag. Seine Muskeln verkrampften sich und Tate drehte für einen kurzen Moment ab, weil er sehen wollte wessen Leichnamen er dort sehen konnte.

Dieser Mensch war relativ groß und besaß einen stolzen Bauch welcher sich auch zu dem Zeitpunkt noch prall gefüllt zum Himmel streckte. Es war sein Stiefvater der dort tot im Dreck lag. Neue Kraft entwickelte sich in dem Jungen und mit seiner unter Schock stehende Mutter immer noch auf den Armen, verließ Tate nun endlich so schnell er konnte die Überreste seines ehemaligen Zuhauses.

 

Kapitel 34

 

Die Sonne ließ sich an diesem Tag unendlich Zeit endlich hinter den Baumspitzen hervorzukommen und als die ersten warmen Sonnenstrahlen Tates Haut wärmten streckte er sich leise. Sein Rücken und der ganze Rest seines Körpers Schmerzte unter jeder Bewegung und er spürte dass sich unter seinen Füßen einige dicke Blasen gebildet hatten. Das Schlafgewand was er immer noch an sich trug stank nach Rauch und für kurze Zeit wurde ihm schwarz vor Augen als er an die vergangene Nacht dachte. Doch zu dem Rauch gesellte sich auch der Geruch von nassem Gras und er spürte wie die Kälte seiner zum Teil nassen Kleidung in seine Knochen zog. Neben ihm begann sich auch eine zweite Person zu bewegen und er war in einer Sekunde hellwach als er sich zu seiner Mutter drehte. Ihre Haut war Bleich von der Kälte und auf ihrer Schulter erkannte Tate einen tiefen Schnitt, welchen einer der Räuber ihr zugefügt haben muss. Es hatte aufgehört zu Bluten und ihr von getrocknetem Blut durchtränkter Ärmel besaß mehrere Risse. Doch auf den ersten Blick verunsicherte nur eines den Jungen. Über der Wunde hatte sich eine dunkelrote Kruste gebildet, aus der zum Teil frischer Eiter floss. Blätter und Dreck klebte zusätzlich in der Wunde was Hundertprozent darauf hinwies das diese sich entzündet haben muss.

Der Junge sah sich mit zusammengebissenen Zähnen um. Nirgendwo konnte er Wasser oder etwas anderes entdecken mit dem er die Wunde seiner Mutter reinigen könnte. Panik ergriff ihn und er fühlte zur Sicherheit nochmal die Stirn seiner Mutter. Sie glühte. „Mutter.“ Seine Stimme klang sehr schwach doch trotzdem reagierte die junge Frau vor ihm. Sie versuchte sich aufzurichten, musste sich dann jedoch einen Arm vor den Mund halten da sie von einem heftigen Hustenanfall geschüttelt wurde. Es kam dem Jungen vor wie Stunden als endlich seine Mutter aufhörte zu husten und erschöpft wieder auf den Rücken sank. „Nein.“ Nun wurde seine Stimme immer verzweifelter und für kurze Zeit versuchte er den Gedanken zu verdrängen. Doch als seine Mutter ein weiteres Mal von einem Hustenkrampf ergriffen wurde kullerte ihm eine Träne die Wange runter. Tate sah ganz klar das seine Mutter neben der Endzündung auch an einer Rauchvergiftung litt. Sie musste sie sich zugefügt haben als sie versucht hatte ihren Mann zu retten. Wut kochte ihn ihm auf als er an den fetten alten Mann dachte. Seine Mutter schwebte wegen ihm nun in Lebensgefahr.

Plötzlich meldete sich auch noch Tates knurrender Magen zu Wort und er riss sich aus der Finsteren Zukunft seiner Mutter. Erstmal hieß es für jetzt einen Plan zu entwickeln wie er sich und seine Mutter am schnellsten in ein Dorf zu einem Mediziner brachte. In seinem alten Dorf bestand keine Chance jemanden zu finden, somit musste Tate in eines der anderen. Jedoch lag ihr Dorf weit abgeschieden von der Stadt und es dauerte somit Tage diese zu erreichen. Die letzte  Möglichkeit bestand darin seine Mutter zu einen der anderen Dörfer zu bringen und dort auf Hilfe zu hoffen.

Entschlossen dass er es schaffen würde, hob Tate sich auf die Beine und schaute sich ein weiteres Mal um, diesmal genauer. Sie befanden sich in einem kleinen Waldstück ganz in der Nähe seines alten Dorfes und sollten es schaffen, über den Haupt -Handelsweg in weniger als einem Tag zum nächsten Dorf zu kommen. Jedoch konnte Tate seine Mutter auf keinen Fall das ganze Stück tragen und ohne Proviant würden ihn die Kräfte viel zu schnell verlassen. Er dachte nach. Wenn er es schaffte seinen verloren gegangenen Beutel zu finden und dazu vielleicht etwas womit er seine Mutter ziehen konnte, sollte es für ihn kein Problem sein.

Von seinem Plan überzeugt zog er sein dünnes Oberteil aus und legte es behutsam über seine Mutter als Decke. Dann verließ er nur noch mit einer dünnen Hose gekleidet den Wald und zuckte zusammen als er die kalte Morgenluft auf seiner nackten Haut spürte. Die Blasen an seinen Fußsohlen machten ihm mehr zu schaffen als er gedachte hatte und somit kam es ihm vor wie eine Ewigkeit als er die verkohlten Reste des ehemaligen Dorfes erreichte. Für einen Moment blieb er von dem Trostlosen Anblick überrumpelt vor Schreck stehen und ließ den Moment auf sich wirken. Von den vielen Häusern standen meist nur noch einige Balken oder Reste des Erdgeschosses, der Rest lag verteilt als schwarz- grauer Staub auf dem Boden. Da fast alle Häuser im Dorf aus einfachem Holz erbaut worden waren hatte keines die Chance bekommen das Feuer zu überstehen und auch Möbel und Wertsachen lagen nur noch verstreut in der Asche. In den Überresten der alten Bäckerei erkannte Tate den alten Steinofen, der im Gegensatz zum Rest des Hauses noch stand. „Nur die Stärksten überleben.“ Flüsterte der Junge in die Stille des frühen Morgen und erinnerte sich dabei an ehemalige Worte seines Vaters. Immer und immer wieder hatte dieser versucht Tate und seinem Bruder klar zu machen in welcher Welt sie lebten und das sie nichts erreichen könnten wenn sie nicht dafür kämpften. Sein Bruder hatte diese Ratschläge immer ernster genommen als Tate, dennoch hatten sich diese Worte über die Jahre bei ihm eingebrannt, und als er nun den immer noch intakten Stein betrachtete fühlte es sich für ihn an als würde dieser diese Stärke vertreten. Nur die stärksten Rohstoffe überlebten das Feuer.

Tates Muskeln protestierten als er den kleinen Hügel heruntersprang auf dem er gestanden hatte und direkt über die Hauptstraße in das Dorf ging. Die Gegend war wie leer gefegt und es war so still das Tate seinen eigenen Atem vernehmen mochte. Schritt für Schritt kämpfte er sich durch das durch einander und erschrak als aus heiterem Himmel neben ihm ein paar Krähen in die Luft flogen. Tate wollte nachschauen an was sich die Tiere zuvor zu schaffen gemacht haben doch im nächsten Moment unterdrückte er einen Brechreiz als ihm der Gestank von verbrannten Fleisch in die Nase stieg. Einige Meter vor ihm, er nahm an es sei ein altes Schlafzimmer, lagen zwei verbrannte Leichen nebeneinander als würden sie schlafen. Die Hände der beiden Personen waren vor ihrem Tod in einander verschränkt und sie lagen immer noch in ihrem alten Bett. Angewidert hielt Tate sich die Hand vor den Mund und betrachtete die beiden Bürger. Diese hatten es nicht mehr geschafft vor dem Feuer zu fliehen, genauso wie einige andere in ihrem eigenen Zuhause gestorben waren. Der Junge versuchte sich zwischen den vielen Trümmern zu orientieren, hatte jedoch große Schwierigkeiten da das Dorf nicht mehr im geringstem Aussah wie zuvor. Als er einen weiteren verbrannten Leichnam direkt auf der Straße entdeckte bildete er sich ein diesen wieder zu erkennen und wenige Sekunden später stolperte er über seinen alten Bettbezug. Dieser war voll mit Staub und Asche, hatte das Feuer jedoch überlebt und auch der Inhalt war noch vollständig.

Er hatte Proviant und seine Sachen, nun fehlte ihm nur noch etwas um seine Mutter ins Dorf zu bringen. Solange er noch überlegte nach was er als nächstes Suchen würde holte er seine einzigen Schuhe aus dem Beutel und streifte sich diese über den wunden Fuß. Seine Blasen beschwerten sich schmerzvoll, es wurde jedoch einige Sekunden später sofort besser als er nicht mehr mit einfachen Holzschlappen über den kalten Boden laufen musste. Da er nun um einiges besser vorwärts kam erleichterte dies ihm nach einer Art Wagen oder einer Tragevorrichtung zu suchen. Doch wie zuvor beschrieben hatten die Fremden Angreifer alles für sie erreichbare bis aufs letzte zerstört und Tate musste voller Frust feststellen das er nichts finden würde. Doch er nahm es sich nicht sich wenigstens noch für einen Moment in den Häuserresten umzusehen. Statt einer Tragehilfe fand er somit wenigstens einen alten Kochtopf und dazu noch ein paar teure Glasbehälter, welche unter viel anderem Gerümpel das Feuer fast unbeschädigt überstanden hatten. Die Sonne stand nun schon gerade am Himmel als Tate endlich zu der kleinen Lichtung zurückkehrte auf der er seine Mutter zurück gelassen hatte. Die Frau lag immer noch auf der gleichen Stelle und es sah nicht so aus als hätte sie sich nur einen Zentimeter bewegt. Vorsichtig legte Tate den Beutel mit den neu gewonnenen Sachen neben sich auf dem Boden bevor er sich neben seine Mutter kniete. Sie schien ihn nicht zu bemerken und so holte er eine der kleinen Flaschen aus seinem Beutel und machte sich auf dem Weg aus einem nahe liegenden Fluss Wasser zu holen. Glücklicherweise fand er sofort einen klaren Bach in dem er die Flasche randvoll auffüllte. Mit dem frischen Wasser kehrte er zu seinen Sachen zurück und ließ sich ein zweites Mal neben seiner Mutter nieder.

Ihr Atem ging ruhig und ihr schmaler Brustkorb hob sich kaum sichtbar jedes Mal wenn sich ihre Lungen mit Luft füllten. Ohne weiter Zeit zu verschwenden tröpfelte Tate etwas von dem kühlen Wasser auf einen alten Lappen und legte diesen seiner Mutter behutsam auf die Stirn. Sie fühlte sich immer noch zu heiß an, der Junge versuchte sich jedoch einzubilden es wäre besser geworden. Als nächstes hob er den Kopf seiner Mutter mit einer Hand etwas an um ihr etwas von dem Wasser einzuflößen. Zuerst schien sie das Wasser nicht zu trinken doch dann bewegte sich ihr Mundwinkel etwas und sie begann es zu schlucken. Es tat ihr sichtbar gut und zu aller Letzt brach Tate ein Stück des trockenen Brotes ab, welches er aus ihrem Haus mitgenommen hatte. Da es mittlerweile viel zu hart geworden war tröpfelte er etwas Wasser auf das Brot und es aufzuweichen. Dann gab er auch die kleinen Stückchen seiner Mutter zu Essen bevor er sich selber was vom Brot abbrach und es aß. Es schmeckte nach nichts, dennoch fühlte sich das bisschen Essen so gut in Tates Bauch an das er genüsslich seufze. Nachdem er dann die letzten Tropfen Wasser aus dem Behälter getrunken hatte ging er ein weiteres Mal zu Bach um diesen zu füllen. Mit Aufgefüllten Proviant versuchte er nun sich endlich auf den Weg zu machen. Doch als er versuchte seine Mutter anzuheben, musste er leider feststellen dass der Beutel in seiner Hand ihn dabei zu sehr behinderte. Tate überlegte und dann viel ihm sein alter Ledergürtel ein der noch in seiner Hose steckte, die er in der Hektik des Feuers unachtsam in den Beutel geworfen hatte. Schnell legte er diesen auf den Boden und begann darin nach seinem Gürtel zu kramen. Für kurze Zeit dachte er, der Gürtel war nicht mehr da doch dann bekam er die Schnalle des Gürtels zu fassen und zog in mit einem Ruck aus der Hose. Er legte seinen Fund für kurze Zeit zur Seite und machte dann einen festen Knoten in den Beutel. Kurz darauf benutzte er beide enden der Gürtels um sie an zwei Ecken des Bezuges festzumachen. Er versuchte die Knoten so fest wie möglich zu ziehen und nachdem er beides gemacht hatte betrachtete er sein Werk. Die Idee war sehr simpel, dennoch mehr als nützlich. Durch den Gürtel konnte Tate sich seinen Beutel nun über eine Schulter auf seinen Rücken hängen. Der Gürtel verlief so lang über seine Brust, doch das störte ihn überhaupt nicht. Zudem hatte er jetzt beide Hände frei und konnte seine Mutter diesmal ohne Probleme anheben. Zwar wog diese nicht sehr viel, dennoch konnte er ihr Gewicht schon vom ersten Moment an deutlich spüren. Für kurze Zeit zweifelte Tate an der Umsetzung seines Planes, dennoch bis er die Zähne zusammen und machte sich auf den Weg. Er musste seiner Mutter helfen bevor sich ihre Endzündungen verschlimmern und sie wohlmöglich daran starb.

 

Kapitel 35

 

Mein Kopf wehrte sich immer noch dagegen die Situation als Realität zu erkennen. Er gab mir das Gefühl jeden Moment aufwachen zu können, was mir einen kleinen Stich versetzte. Solange hatte ich auf diesen Tag gewartet, lass ihn bitte nicht ein Gedankenspiel meines Gehirns sein! Immer näher kam ich dem Geschöpf doch egal wie viele Schritte ich auf den Drachen zu machte, er wich nicht einen Zentimeter zur Seite. Die blauen Augen fixierten mich als versuchte der kleine durch mich hindurch zu schauen. Ich ließ mich nicht beirren und unterdrückte das starke Pochen meines Herzes je näher ich dem Tier kam. Auch nach meinen Versuchen Dornac zu beruhigen machte mein Pferd keinerlei Anstalten sich zu benehmen und als ich mich nur noch ein einziger Meter vom Drachen trennte hatte der schwarze Hengst genug und galoppierte laut Schnaubend davon. Der plötzliche Lärm erschreckte das kleine Geschöpf und zum ersten Mal bewegte der Kleine sich vor meinen Augen als er seinen Kopf wegzog und sich hinter einem Gebüsch versteckte. Es dauerte nur wenige Sekunden doch auf einmal war es um mich herum Totenstill. Ich blieb wie angewurzelt stehen und blinzelte verdutzt als ich meine Umgebung betrachte. Plötzlich war es stockdunkel und ich war alleine auf der kleinen Lichtung mitten im Wald. Kalte Luft umfing meine Beine und mein Körper begann zu zittern. Für einen kurzen Moment fühlte es sich an als befände ich mich in einer anderen Welt, eine tief in meinen Gedanken verborgene Erinnerung traf mich mit einer solchen Wucht das ich nun gar nicht mehr wusste was nun Realität und was Traum war. Ich war wieder jung, gerade zehn Jahre alt und hatte mich mitten in der Nacht im Wald neben unserem Haus verlaufen. In meiner rechten Hand hielt ich meinen Stoffhund und mein ganzer Körper bebte weil ich so fror. Tränen kullerten aus meinen Augen, ich wusste nicht wo ich war und hatte Angst. Komplett alleine im dunklen Wald,  überall könnte ich die Geräusche wilder Tiere vernehmen. Doch auf einmal spürte ich etwas Warmes meine linke Hand nehmen und wenige Sekunden später fand ich mich in einer tiefen Umarmung wieder, immer noch zitternd. „Alles wird gut mein Schatz…“, flüsterte eine mehr als bekannte Stimme behutsam in mein Ohr.

So schnell wie die Erinnerung gekommen war, genauso schnell war sie auch wieder vorbei und ich wachte aus meinen Träumen auf als ich auf einen spitzen Ast trat. Ich sah alles wieder scharf und Geräusche erreichten mich wieder völlig klar. Ich riss mich zusammen und ging in die Hocke um den Busch vor mir besser betrachten zu können. Dann hielt ich ganz Still und streckte eine Hand zum Busch aus. Um meine Geste zu verdeutlichen pfiff ich einige Male wie ich es immer bei Dornac machte, wenn er zu mir kommen soll. Doch nichts bewegte sich. „Komm her mein kleiner, keine Angst.“, wieder pfiff ich und diesmal schien sich wirklich etwas hinter den Blättern zu bewegen. Ich lächelte und pfiff ein letztes Mal. Dann endlich lagen wieder die hellblauen Augen auf mir und versuchten sich jedes einzelne Detail meines Körpers einzuprägen. Automatisch machte ich dem kleinen nach und begann ihn mir genau anzuschauen. Seine Augen waren zum jetzigen Zeitpunkt riesig groß im Gegensatz zu seinem schmalen Kopf. Direkt dahinter ließen sich kleine Zacken erkennen, welche wahrscheinlich im Laufe der Zeit noch wachsen werden. Das Maul lief natürlich spitz vorne zusammen, ähnlich wie bei einem Pferd. Der mit blauen Federn besetze Hals war sehr kurz und saß auf einem ebenfalls sehr schmalen Körper. Auch wenn alles an ihm noch sehr klein und süß war, ließen sich am Ende seiner Klauen schon ganz kleine, Messerscharfe Krallen erkennen. Damit der kleine das Gleichgewicht nicht verliert, besaß er einen Schwanz der mindestens nochmal solang war wie der Rest seines Körpers. Doch am meisten beeindrucken mich die prächtigen Flügel rechts und links an seiner Schulter. Beim Heben seines Brustkorbes öffnete er sie jedes Mal ein wenig und die schienen genau wie der Schwanz noch etwas unsymmetrisch lang. Der ganze Körper war wie bei Küken von kleinen Flauschigen Federn überwachsen, nur an ein paar wenigen Stellen ließ sich erkennen, dass dort nachher Schuppen wachsen werden. Doch die Flügel waren anders. Dort schienen die kleinen Federn schon beim Schlüpfen abgefallen zu sein und über manchen der festen Hautlappen entwickelten sich schon fast wie Messer aussehende, weiße Federn. Auch der Rest des Drachens war neben den Augen weiß und deshalb bei der Dunkelheit besonders gut zu erkennen.

Nachdem ich den kleinen für eine kurze Zeit nur beobachtet hatte Strecke ich nun meine Hand wieder nach ihm aus und robbte dabei immer wieder ein kleines Stück nach vorne. Seine Krallen schienen zwar jetzt schon sehr scharf, ich war aber davon überzeugt, dass er mich nicht beißen konnte. Wir kamen uns immer näher, ein warmes kribbeln durchzog plötzlich die Luft.  Als wüsste der Drache genau was er tat streckte er mir seine kleine Schnauze entgegen. Ich öffnete meine Hand mit dem Handrücken nach oben sodass der kleine mit seiner Nase meine Hand berühren konnte. Doch im selben Moment wo sich unsere beiden Körperteile berührten begann mein Körper nach sehr langer Zeit wieder an zu leuchten. Doch diesmal war es nicht wie als wenn ich etwas emotional werde, dieses Mal stand mein Körper komplett in riesigen roten Flammen wie es schon einmal passiert war als ich Erik verletzt hatte. Die Flammen krochen von meinen Füßen hoch zu meinen Hüften, bahnten sich den weg bis hoch zu meinem Gesicht. Die so lang vermisste Hitze durchzog mich, wärmte meine Seele und heilte mich für kurze Zeit von all den schlechten Gedanken die ich bis dahin hatte. Als sich zum Ende auch meine Augen wieder färbten sah ich, sodass auch die Augen des Drachen die Farbe änderten und plötzlich begann mein rechtes Handgelenk zu glühen. Ich meine nicht wie mein gesamter Körper in Flammen stand, diesmal brannte es wirklich. Ich versuchte zu bewegen, das brennen abzuschütteln doch meine Haut wurde immer heißer. Der Schmerz fraß sich an nur einer Stelle in meine Haut und ich schrie als es fast nicht mehr auszuhalten war. Der Drache schien das gleiche zu spüren, auch er hatte Angst und versuchte sich zu befreien. Doch im selben Moment ließ der Schmerz uhrplötzlich nach als das Schmerzlose Feuer sich von mir auch auf den Drachen übertrug. Und wenige Sekunden später erlosch das Licht wieder und wir befanden uns zurück in kompletter Dunkelheit.

Es fiel mir für längere Zeit schwer zu sehen, da ich von dem plötzlichen Licht geblendet wurde. Doch als ich sah das der kleine Drache immer noch neben mit saß atmete ich erleichtert aus. Von den riesigen Schmerzen war kaum noch etwas zu spüren, mein Handgelenkt pochte nur etwas an der Stelle wo es so gebrannt hatte. Auch die blauen Augen des Drachens schienen erleichtert, dennoch etwas verwirrt und ich musste das Verlangen unterdrücken ihn in den Arm zu nehmen. Zu sehr hatte ich Angst vor einem erneuten Kontakt. Mein Blick wanderte auf die pochende Stelle, ich konnte ohne Licht jedoch nichts außer einem verbrannten Umriss erkennen. Der Drache schien soweit ich es erkennen konnte nichts anbekommen zu haben. Ich begann mich zu wundern wie er dann ebenfalls Schmerz gefühlt haben soll, doch Dornacs eindringen in meine Gedanken lenkte mich vom Thema ab. Er schickte mir einzelne Bilder davon wie er voller Angst in etwas Entfernung auf mich gewartet hatte und dann plötzlich das Feuer gesehen hatte, er fragte mich ob alles in Ordnung sei und ich wollte ihm gerade in Gedanken Antworten als mich ein neues Bild erreichte. Es zeigte mich aus erstaunlich klaren Augen von etwas weiter unten, wie ich dort saß mir das Handgelenk rieb und mich umschaute. Erschrocken blickte ich neben mich auf den Boden und sah den kleinen Drachen direkt neben mir mich mit den riesigen Augen beobachten.

 

Kapitel 36

 

Ich brauchte einen Moment bis ich verstand, dass es wirklich der kleine Drache vor mir war, der versucht hatte sich mit mir zu verständigen. Erneut schickte er ein paar unsichere Bilder aus seiner Sicht und ich konnte die Welt für einen kurzen Moment aus seinen Augen sehen. Dann kamen wieder fragende Gedanken von Seiten Dornacs und ich anwortete ihm schnell, dass bei mir alles in Ordnung sei und ich gleich wieder zu ihm komme. Ich schaute konzentriert dem kleinen Drachen in die Augen und streckte meine Hand nach ihm aus. Er zuckte zurück, immer noch verängstigt von unserer ersten Berührung. Ohne zu überlegen machte ich bei ihm das gleiche wie bei Dornac und teilte meine Gedanken mit ihm. Ich suchte in meiner Wahrnehmung nach ihm doch neben meinen eigenen Eindrücken und denen von Dornac fand ich nichts. Ich versuchte mich noch mehr zu konzentrieren und suchte weiter in meinen Gedanken, immer tiefer bis in den letzten Winkel meines Gehirns.  Tausende von Bildern rasten an meinen Augen vorbei, Dinge die Dornac gerade sah aber auch alte Eindrücke die er vor einiger Zeit mit mir geteilt hatte. Dann endlich, kurz bevor ich aufgeben wollte, fand ich einige sehr schwache Wahrnehmung eines dritten Lebewesens und hielt mich sofort daran fest. Ich zwang mich dazu mich nur auf dieses Bewusstsein zu konzentrieren und endlich wurden die Bilder und Gedanken klarer. Ich war erstaunt wie jung die Gedanken des kleinen Wesens noch waren und wie wenig sich der Kleine auf manche Sachen fokussierte. Seine Gedanken liefen auf keinste Weise strukturiert ab sondern flogen in einem unglaublichen Tempo von einer Sache zur anderen. Wie besessen versuchte der kleine Drache sich jedes einzelne Bild einzuprägen und jeden Geruch aufzunehmen und zu speichern. Wie ein Baby lernte der Drache extrem schnell und ich musste mich wieder etwas von seinen Gedanken trennen um mich nicht in ihnen zu verlieren. Nachdem ich meine eigenen Gedanken wieder geordnet hatte und mich von seinen Eindrücken trennen konnte machte ich mich daran die Quelle des kleinen Wesens zu finden. Wieder stürzte ich mich in seine Gedanken und versuchte so sein Bewusstsein zu erreichen. Doch wie zuvor fand ich bei ihm keine strukturierten Gedanken sondern sah nur immer wieder für eine kurze Zeit aus seinen Augen. Bilder von verschiedenen Pflanzen und dunklen Ecken des Waldes schienen mir in dem Moment so real dass es sich anfühlte als würde ich der kleine Drache sein. Auch Geräusche aus den  hintersten Ecken des Waldes schienen so real wie als würden sie mich durch meine Ohren erreichen. Doch das alles half nichts, denn ich wollte mit dem kleinen Tier direkt Verbindung aufnehmen um ihn zu beruhigen. Es kam mir vor als vergingen Minuten bis ich endlich nicht mehr aus den Augen des Drachen sah, sondern in meinem Kopf ein Bild von ihm wie er in Wirklichkeit neben mir saß. Erst zu dem Zeitpunkt merkte ich, dass ich die ganze Zeit über meine Augenlieder zusammengekniffen hatte und um mich selbst etwas zu lockern entspannte ich meine Muskeln ein wenig. Nun, da ich den Drachen in Gedanken vor mir hatte wie in echt auch, war es mir Möglich mit ihm zu Reden. Ich nutzte all meine Konzentration um dem kleinen Wesen zum ersten Mal ein paar Bilder zu schicken. Ich zeigte ihm einen kurzen Durchlauf einiger Eindrücke meines Lebens in Astragon und wie ich mit ihm hier in den Wald gekommen bin. Auch wenn ich spürte wie der Kleine bei dem Eingriff in sein Bewusstsein immer unruhiger wurde machte ich weiter und zeigte ihm meine Gefühle, meine Freunde und Erfurcht die ich empfand wenn ich den Kleinen betrachtete. Und im Laufe dieser Eindrücke beruhigte er sich und ließ mich immer leichter in sein Bewusstsein eindringen. Geschafft, sagte ich zu mir selbst und ließ von dem Kleinen ab.

Erschöpft ließ ich mich auf meine Knie sinken und atmete die kalte Luft ein. Ich war es nicht gewohnt dass das Eingreifen in andere Gedanken für mich so anstrengend sein konnte und überlegte kurz ob das bei jedem Drachen so sein würde. Doch ich hatte weder Kraft, noch Lust mir darüber jetzt Gedanken zu machen und öffnete nach langer Zeit endlich wieder die Augen. Der kleine Drache saß direkt vor mir und betrachtete mich als wäre ich auf einmal das Interessanteste war er je zuvor gesehen hatte. Zwar hatte ich seine Anwesenheit schon vorher gespürt, dennoch ließ mich die plötzliche Nähe zusammenzucken und ich atmete erschöpft aus. Zweiter Versuch. Wie ganz zu Anfang streckte ich wieder meine Hand aus und strich ihm dieses Mal ruhig über den Kopf. Dabei spürte ich die Verbindung zwischen uns, aber ich spürte kein weiteres Mal Schmerzen. Erleichtert ließ ich meine Schultern sinken und schaute mich um. Es war immer noch dunkel, dennoch würde es bald hell werden und somit musste ich langsam nach Hause. Vorsichtig griff ich dem Kleinen unter den Bauch und beruhigte ihn mit Gedanken.  Dieses Mal erreichte ich ihn deutlich einfacher und konnte ihm somit zeigen war ich vorhatte. Ich trug ihn wie ein Baby auf meinem Arm und unter seinen weichen Federn spürte man jeden einzelnen seiner Muskeln. Ich stand auf, drehte mich um und ging los, ohne das mich das Gewicht des Drachen störte. Dornac zeigte mir noch einmal genau wo er war und  so ging ich vorsichtig, ohne viele Geräusche zu machen, in Richtung des Pferdes. Der Drache beobachtete mich aufmerksam mit seinen großen Augen. Mein Pferd stand an einem großen Baum und ich begrüßte es, dabei stieß der kleine Drache mit seiner Nase an das unbekannte Tier. Dornac blieb ruhig und ich war froh, dass Dornac nicht schon wieder Angst bekam und weglief. Das aufsteigen war wegen dem kleinen Drachen dann doch etwas schwieriger und dauerte ein wenig, aber schließlich saß ich im Sattel. Ich zeigte Dornac in Gedanken, dass ich nach Hause wollte und er trabte ruhig durch den nächtlichen Wald. Ich unterhielt mich in Gedanken mit Dornac über das, was eben geschehen ist und über den kleinen Drachen. Ich glaube er ist eingeschlafen. Nach einiger Zeit verließen wir den Wald und ich hatte das Gefühl, die Dämmerung würde bereits einsetzen. Glücklich aber erschöpft ritt ich zurück  in Richtung der Stadt. Es war schön im Dunkeln über die Felder zu reiten, aber es dauerte nicht lange bis ich angekommen war. Ich stieg ab und bereute es, keine Jacke mitgenommen zu haben. Ich konnte den Drachen nicht verstecken und war deswegen besonders vorsichtig, dass mich keiner sah, während ich das Pferd absattelte und zurück in den Stall stellte. Den  Schlüssel des Wachmanns ließ ich auf die Schnelle einfach neben ihm fallen, er würde denken er hätte ihn im Schlaf verloren. Mich überkam eine plötzliche Müdigkeit und ich war froh, dass ich noch schlafen konnte. Schnell huschte ich nachdem ich die Stadt durchquert hatte durch die Gänge des Mädchentrakts zu meinem und Junes Zimmer und öffnete die Tür. Ich wischte mir den Dreck von meinen Füßen, dann legte ich eine Decke vor mein Bett. Darauf legte ich den kleinen Drachen, welcher sich sofort in die Decke einkuschelte, in sein Bett. Bevor ich jedoch einschlafen konnte begutachtete ich die Wunden an meinen Beinen. Sie hatten aufgehört weh zu tun und auch die offenen Wunden bluteten schon lange nicht mehr. Ich wusste, dass ich alles am nächsten Morgen sehr genau spüren würde, dennoch schien es mich für den Abend nicht mehr so sehr zu beeinträchtigen und ich rollte mich auf meinem Bett zusammen. Sofort wurde ich von Schlaf überrumpelt.

Eine kleine Bewegung auf meinem Bett weckte mich und verschlafen schaute ich mich um. Der Mond tauchte das Zimmer in ein schwaches Licht, sodass ich nur einzelne Umrisse von Gegenständen im Raum erkennen konnte. Doch es brauchte nicht viel Licht um zu erkennen dass das was ich plötzlich neben mir im Bett spürte der kleine Drache war, welcher langsam von meinen Füßen in Richtung Kopf schlich. Das Gewicht des kleinen Drachen drückte die Matratze kaum ein und er bewegte sich so leichtfüßig das man außer seinem ruhigen Atem nichts von ihm hörte. Bei der Vorstellung dass es sich bei diesem sehr leisen  Tier um einen Jäger handelte wurde mir kurz etwas mulmig im Magen. Doch dann streckte sich der kleine als er bei meinem Oberkörper angekommen bevor er sich kurz darauf neben mir zusammenrollte. Dabei berührte er mit seinem Rücken meinen Bauch und ich freute mich über die plötzliche Wärme die er mir spendete. Ich lächelte noch einmal tief in mich hinein und schlief kurz darauf ein weiteres Mal in dieser Nacht ein.

 

Kapitel 37

 

Das Wetter hatte sich im Laufe des Morgens zu einem sehr schwülen Sommertag entwickelt. Die Bäume des Waldes spendeten Tate jedoch etwas Schatten, was es leichter machte in der Mittagshitze voran zu kommen. Nachdem Tate nach kurzen Anfangsschwierigkeiten endlich die Hauptstraße ins nächste Dorf gefunden hatte, war die Temperatur schon so weit gestiegen das ihm ununterbrochen Schweiß von der Stirn lief.  Bis jetzt hatte er schon zweimal für kurze Zeit angehalten um seine Mutter für einen Moment abzulegen und etwas zu trinken. Seine Wasservorräte gingen langsam zu Ende und auch sein Essen musste er sich gut einteilen, damit es nicht frühzeitig ausging. Seine Mutter litt immer noch unter starkem Fieber doch im Laufe des Tages war sie in eine Art Schlaf gefallen, der ihr bei der Hitze sichtlich gut tat. Nun kämpfte Tate sich wie die Stunden davor den Kiesweg endlang und verspürte den Drang sich den Schweiß aus seinem Gesicht zu wischen.

Tates Arme wurden von dem ständigen Gewicht langsam taub und an seinen  Füßen bildeten sich trotz der Schuhe immer mehr blutige Blasen. Mit jedem Schritt musste der Junge sich auf die Zähne beißen, um wegen des Schmerzes nicht einfach anzuhalten. Er freute sich über die Idee mit der Tasche, da er so wenigstens keine Schwierigkeiten hatte seine Wertsachen zu transportieren. Sobald er Thomas wieder traf, so hatte er sich geschworen, würde er diesem seine Idee zeigen. Er wusste nur zu gut wie sehr sein Bruder neue Erfindungen wertschätzte, und schon als sie kleiner waren bauten sie aus allem was sie fanden neue Dinge. Die meisten davon waren nie wirklich sinnvoll, doch immer wieder kam es vor das einer der beiden etwas Neues erfand was ihnen den Alltag oder anderes erleichtern konnte. So auch dieses Mal.

Auch wenn Tate nun seit einem halben Tag unterwegs war, gab es noch keine Anzeichen von seinem Bruder und er wurde immer unsicherer. Vielleicht hätte er doch am Dorf bleiben sollen, weil sich sein Bruder dort mit ihm treffen wollte. Doch dann hätte Tate das Leben seiner Mutter gefährdet und er war sich sicher, dass Thomas genauso wie er zum nächsten Dorf gelaufen ist. Der Boden erschwerte jeden einzelnen Schritt, da man durch die vielen Steine aufpassen musste nicht auszurutschen. Außerdem ging es seit ungefähr einer Stunde stetig bergauf und Tates Oberschenkel brannten wegen der unbekannten Belastung. Einen Fuß nach dem anderen setze Tate an diesem Tag und jede Sekunde verstrich unendlich langsam. Als er das Ende des Aufstieges fast erreicht hatte, beschloss er noch einmal kurz Pause zu machen und stöhnte erleichtert auf als er seine Mutter ins weiche Gras ablegen konnte. Er streckte sich und seine Muskeln begannen sich langsam wieder etwas zu entspannen. Obwohl Tate erst sechzehn Jahre alt war besaß er fast so kräftige Oberarme wie jeder Erwachsene. Durch die harte Arbeit die er und sein Bruder verrichten mussten, war der Kinderspeck an seinen Armen verschwunden und man konnte besser erkennen, dass er und seine Familie in ärmlichen Verhältnissen gelebt haben. Tates Arme waren nicht besonders dick, dennoch zeichneten sich jeder einzelne Muskel deutlich unter seiner Haut ab. Auch seine Schultern waren breiter geworden und ließen ihn größer erscheinen. Tates Bauch war ebenfalls muskulös und seine Haut war von der Sonne gebräunt. Da er und sein Bruder nicht immer genug zu Essen hatten war sein Gesicht sehr schmal und seine Kieferknochen waren deutlich zu sehen. Dennoch zeigten seine strahlenden blauen Augen keine Anzeichen von Schwäche und verliehen ihm ein sehr Erwachsenes Aussehen.

Er suchte in seinem Beutel nach dem kleinen Behälter für Wasser, doch als er sich diesen an den Mund setze konnte Tate nur noch ein paar einzelne Schlucke trinken bevor das Wasser ganz leer war. Als er nun die leere Flasche in seiner Hand sah versetzen seine Schuldgefühle ihm einen tiefen Stich, da er seiner Mutter nichts mehr von dem Wasser gegeben hatte. Er seufzte und machte sich seiner Lage bewusst. Er brauchte Wasser, dringend, sonst würde er nicht bis zum nächsten Dorf kommen und seine Mutter hätte keine Chance auf Heilung. Dann blickte er kurz zu ihr und sah in ihr verschmutztes, aber entspanntes Gesicht. Die Sonne strahlte stark und wärmte seine Haut, was ihn dazu bewegte, aufzustehen und sich auf die Suche nach Wasser zu machen. Tate trug seine immer noch schlafende Mutter in den Armen und nutzte seine letzten Kräfte, er spürte seine körperliche Erschöpfung, gab aber nicht auf. Der Abstieg der Anhöhe begann und wenig später erreichte er einen kleinen Bach der sich seinen Weg durch den Kies bahnte. Tate begann zu grinsen und der Durst, den er die ganze Zeit versucht hatte zu unterdrücken, machte sich bemerkbar. Zügig trank er von dem klaren und kühlen Wasser und füllte den Behälter wieder auf, dann versuchte er seine Mutter ebenfalls zum Trinken zu bewegen. Sie konnte nur wenig von dem Wasser schlucken, dass meiste floss seitlich an ihrem Gesicht herunter und Tate hob sie einfach wieder hoch, um die staubige Straße weiter zu verfolgen. Er fühlte sich sehr viel kräftiger und ging zügig weiter, ohne wirklich zu bemerken, wie viel schwächer seine Mutter nun war. Nach einiger Zeit erblickte er am Horizont die Dächer eines Dorfes, wobei eine große Last von seinen Schultern abfiel. Als er am späten Nachmittag dann endlich das Dorf erreichte, musste er mit Schrecken feststellen, dass es nicht viel größer war als sein eigenes. Der Berg der sich zwischen den beiden Dörfern befand und über den sich die Straße erstreckte hatte nun seinen Fuß erreicht, denn das Dorf befand sich in einem kleinen Tal. Egal wohin Tate seinen Blick richtete, erkannte er nichts außer weitere mit dichten Wäldern bedeckte Hügel und manche waren so hoch, dass sich der Nebel an deren Spitzen sammelte. Auch die zuvor so störende Sonne schien in diesem Tal eher hinter den Hügeln zu verschwinden und gab Tate Hoffnung auf einen etwas kühleren Abend. Der mit Schotter bedeckte Pfad, dem er so lange gefolgt war, veränderte seine Struktur desto Näher Tate dem Dorf kam.  Der Kies wurde sichtbar härter und ebener, und auch die Gefahr auf den Steinen auszurutschen wurde weniger. Als der Junge das erste Mal an einigen einzelnen Häusern vorbei kam,  verwandelte sich die dreckige Straße in einen ordentlich gepflasterten Handelsweg und auch die Luft war plötzlich mit ganz anderen Düften erfüllt.  Der Griff um den Körper seiner Mutter entspannte sich etwas, als Tate nach langer Zeit wieder einigen Menschen begegnete, die ihn und seine Mutter misstrauisch anstarrten. Reflexartig wanderte sein schüchterner Blick zu seinen Füßen und ohne aufzuschauen bahnte sich Tate den Weg durch die immer voller werdende Straße. Die kleinen Häuser standen nun immer enger an einander und aus seinem Blickwinkel vermochte der Junge einige Läden und Stände zu erkennen, die zu dieser Zeit von vielen Kauflustigen besucht wurden. Neben dem dichten Staub der sich in den Gassen sammelte roch es in der vollen Straße vor allem nach Essen, und bei dem frischen Geruch nach Brot lief Tate das Wasser im Mund zusammen. Er musste sich zusammenreißen erst seiner Mutter zu helfen anstatt einfach seiner Nase zu folgen und zwang sich somit dazu einfach weiterzulaufen und dabei die Luft anzuhalten.

Je weiter er in das Dorf kam, desto schwieriger wurde es ohne mit misstrauischen Blicken beworfen zu werden voran zu kommen. Also entschloss sich der Junge an Rande des Dorfes nach Hilfe zu suchen. Und wie er gehofft hatte wurde es sofort leerer als er ans andere Ende des Dorfes gelangte und auch die Häuser standen nicht mehr so nahe zusammen wie in der Dorfmitte. Doch trotz des Versuches seinen Hunger zu ignorieren machte sich sein Magen plötzlich lautstark bemerkbar und Tate blickte sich suchend um ob ihn jemand gehört hatte. Doch es war niemand zu sehen. Nach kurzer Überlegung entschied er sich etwas zu Essen zu kaufen und hob suchend seinen Blick. Er fand eine kleine Bäckerei an der Ecke der Straße, und setzte seine Mutter daraufhin vorsichtig unter einen schattigen Baum in der Nähe und versprach ihr gleich zurückkommen. Schnell betrat er den türlosen Eingang des Geschäftes und blickte sich vorsichtig um. Als er in seiner Tasche jedoch nach etwas Geld suchte machte sich ein ungutes Gefühl in seinem Magen breit. Er hatte im Feuer keine Chance gehabt sich das wenige Geld was seine Familie besaß einzustecken und hatte somit nichts um das Essen zu bezahlen. Doch als sein Magen ein zweites Mal vor Hunger knurrte musste er dem Hunger nachgeben und blickte sich um.  Er wusste, dass das, was er vorhatte falsch war und anderen schadete, aber er sah in dem Moment keine andere Möglichkeit sich und seiner Mutter etwas Nahrung zu verschaffen. Da keiner zu sehen war, weder ein Kunde, noch ein Verkäufer, schnappt er sich schnell zwei frische Brote von der Ablage auf der Theke und versuchte unbemerkt die Bäckerei wieder zu verlassen. Adrenalin schoss durch seinen Körper, als er unerwartet in seiner hektischen Flucht gestoppt wurde. Jemand wollte die Bäckerei genau in dem Moment betreten, als Tate sie mit dem geklauten Essen verlassen wollte und sowohl aus Schock, als auch wegen dem Stoß den er erhielt, stolperte er ein paar Schritte zurück, bevor er sich wieder fangen konnte. Dann schaute er zum ersten Mal hoch und die letzten Sorgen fielen von ihm ab, als ihn die Erkenntnis traf. Derjenige, in den Tate hineingerannt war, war sein großer Bruder. Dieser schien genauso erschrocken wie Tate und für einen kurzen Moment starrten beide einander nur an. Doch dann spürte der Junge einfach nur Erleichterung, genau wie sein Bruder und beide schlossen sich in die Arme. „ Ich dachte schon, ich würde dich nie wieder sehen, als du einfach nicht mehr aufgetaucht bist.“, sprach Tate ihn an, nachdem Thomas ihn losgelassen hatte. „Ich konnte dich nicht mehr finden und hab einfach nur versucht, zu fliehen. Aber ich habe es geschafft ein paar Vorräte mitzunehmen. Ich kann mir vorstellen, dass du Hunger hast, aber leg das Brot besser wieder zurück, bevor es einer merkt.“ Reuevoll senkte Tate den Kopf, als sein großer Bruder ihn auf seine Tat hinwies. Er drehte sich also von seinem Bruder weg und genau in dem Moment, indem er die Backwaren an ihren ursprünglichen Ort legen wollte, kam eine dickliche alte Frau aus der Tür hinter dem Tresen heraus. Aufgebracht stampfte sie auf Tate zu, als sie dessen Bewegung falsch deutete. „Was hast du denn da vor, Junge!“ erhob sie ihre tiefe, kratzige Stimme bösartig und der Junge vor ihr wirkte plötzlich eher klein und hilflos. Tate wich erst einmal ein paar Schritte zurück in Richtung seines Bruders. Bevor der Jüngere eine Entschuldigung stammeln konnte, sprang Thomas ein und sagte der Frau, er würde dafür bezahlen. Danach sah die Frau zwar nicht glücklich aus, nahm das Geld aber an und verabschiedete die Brüder mit einem kurzen Nicken. So schnell es ging verließen diese die Bäckerei und Tate sprach seinen Bruder an, nachdem er einen großen Bissen von dem Brot abgebissen hatte. „Danke für das Essen. Ich habe Mutter mitgenommen, aber es geht ihr nicht gut, wir brauchen einen Arzt.“ Thomas wandte sich seinem Bruder zu und starrte ihn aus ungläubigen Augen an. „ Ich hätte nicht gedacht, dass du das schaffst. Der alte Herr hat es ja leider nicht überlebt, auch ich konnte es nur noch knapp schaffen den Reitern zu entfliehen. Wie Wilde haben sie versucht auf mich einzuhacken, aber rate mal wer Bekanntschaft mit meiner Axt gemacht hat.“ Für einen kurzen Moment haftete Tates Blick auf der alten Axt die Thomas etwas verdeckt an seinem Gürtel trug. Sie schien nicht weniger ungewöhnlich wie zuvor doch dann erkannte der Junge einige Blutspuren auf der alten Klinge und erschauderte. „Hast du... jemanden getötet?“ fragte er seinen Bruder und hoffte inständig er hätte es nicht getan. „Leider nicht, der Alte hat zwar eine tiefe Wunde, tödlich ist diese aber glaube ich nicht.“ Tate war erleichtert, aber gleichzeitig auch sehr geschockt von der plötzlichen Gleichgültigkeit seines älteren Bruders. „Wie kannst du so was sagen? Es ist dir nicht erlaubt diese Menschen zu töten.“ Thomas lachte übertrieben laut und antwortete mit mehr Spott in seiner Stimme als er wahrscheinlich wollte. „Und warum sollten dann die Räuber uns ausnehmen, verspotten und töten dürfen? Denk nach kleiner Bruder, ich habe nichts gemacht was die Kerle nicht auch verdient hätten.“ Tate wusste nicht was er darauf hätte antworten sollen, aber er fühlte sich plötzlich unwohl in der Gegenwart seines Bruders. Sein Bruder hatte Recht, wer gab den Männern einen Grund ein schutzloses Dorf einfach so in der Nacht zu überfallen? Warum sollten Menschen so etwas tun? „Das stimmt.“ Gab er nach kurzer Zeit etwas kleinlaut zu. „Dennoch kann  ich nicht verstehen warum du dich dann auch verhalten musst wie die sündigen Männer.“ „Ich werde immer so handeln wenn ich dabei mein Leben oder das von jemand anderem retten kann. Aber das verstehst du noch nicht, wenn du das Dorf nicht einmal zuvor verlassen hast. Die Stadt ist grausam im Umgang mit anderen Menschen. Soldaten des Königs schlagen Bürger einfach aus Spaß und niemand hält sie dabei auf, weil jeder einfach zu viel Angst davor hat. Auch die Räuber werden ihr gesamtes Leben lang weiterhin unsere Heimat angreifen weil sich ihnen einfach niemand in den Weg stellt. Manchmal gibt es um Tod zu verhindern keine andere Möglichkeit als selber zu töten, ich bestehe nicht drauf, dass du das verstehst.“ Thomas wandte sich daraufhin von seinem kleinen Bruder ab und ging zu seiner Mutter als er diese unter dem Baum entdeckte. Tates Schritte verlangsamten sich als sich sein Magen umdrehte.  Ein ekliger Geschmack verdarb ihm plötzlich den Appetit und Tate fühlte sich unwohl von seinem Bruder ertappt. Thomas hatte recht mit dem was er sagte. Tate hatte sein ganzes Leben lang immer nur in seinem Dorf gearbeitet und hatte das Dorf somit nicht einmal zuvor in seinem Leben verlassen. Er kannte einige Handelswege und war auch schon zwei oder drei Mal bei nächtlichen Wanderungen an den Rand einzelner Dörfer gekommen, dennoch hatte er nicht den Hauch einer Ahnung wie es in der Mitte des Königreiches aussah. Thomas hingegen musste für einige Zeit für einen fremden Mann arbeiten, der ihn öfters mit in das Zentrum des Landes genommen hatte. Doch hatte er noch nie zuvor erzählt was er an diesen Tagen gesehen hatte. Nachdem sein Bruder sich von ihm weggedreht hatte hielt Tate das Gespräch fürs erste für beendet und  joggte mit ein paar schnellen Schritten zu seiner Mutter. Thomas war schon vor ihm da gewesen und hatte seine Mutter in den Arm genommen, diese schien nach der langen Zeit endlich aufgewacht zu sein. Auch Tate bückte sich zu seiner Mutter herunter und gab ihr einen schnellen Kuss auf die Wange. Ohne zu zögern machte er sich daraufhin neben seinem Bruder breit und gab der jungen Frau den Rest seines noch leicht warmen Brotes, die diese dankend annahm. Es bereitete ihr große Anstrengung so viel zu Essen, dennoch schaffte es die Frau die Hälfte der Backware zu essen. Als Thomas ihr den Rest seines Brotes ebenfalls anbieten wollte lehnte seine Mutter ab, da diese es kaum noch schaffte aufrecht zu sitzen. Tate bemerkte aus den Augenwinkeln dass sein Bruder dadurch etwas gekränkt wirkte und fühlte zum ersten Mal so etwas wie Schadenfreude, dass der Jüngere der beiden Geschwister in einer Situation die Oberhand gewann. Als wollte er dieses Gefühl nur noch mehr auskosten holte er seinen mit Wasser gefüllten Behälter aus der Tasche und flößte seiner Mutter etwas davon ein. Da er dafür etwas mehr Platz brauchte war Thomas gezwungen sich etwas zurückzuziehen und sein Blick haftete verärgert auf Tates Rücken. Obwohl Tate das Gefühl wirklich mal gebraucht zu werden wirklich genoss war nun trotzdem keine Zeit für Streit und mit etwas Reue schenkte er seine Aufmerksamkeit wieder seinem großen Bruder. „Weißt du zufällig etwas wo wir über Nacht bleiben können?“ fragte er Thomas. Dieser überlegte kurz bevor er etwas entspannter als zuvor antwortete. „Als ich direkt nach dem Feuer noch einmal Zuhause war fand ich unter dem Bett unseres Stiefvaters einen Beutel mit Münzen. Es scheint als hätte er diesen dort schon für längere Zeit vor uns versteckt. Das Gute dabei ist aber, dass sich darin genug Geld befindet um für ein zwei Tage hier im Dorf auszukommen.“ Während er sprach holte Thomas einen einfachen Beutel aus Leder aus seiner Hosentasche und öffnete die dünne Schnur die dieses zusammenband. Zum Vorschein kam ein ganzer Haufen goldene Münzen, die jedoch durch die lange Zeit die sie schon bestanden verdreckt und verbogen waren. Dennoch war es Geld was der Junge Mann dort in der Hand hielt und Tate musste seine Freude zurückhalten damit keiner auf sie Aufmerksam wurde. Sollte jemand herausfinden dass die Geschwister so viel Geld bei sich trugen wären beide Brüder in Gefahr und das würde es nicht leichter machen ihre Mutter zu versorgen. Also steckte Thomas das Geld schnell wieder weg und beide stellten sich Aufrecht hin um nicht so zu wirken als würden sie etwas verheimlichen. „Ich könnte uns damit ein kleines Zimmer in einer der Gaststätten in diesem Dorf kaufen. Nachdem ich dann ein Einzelzimmer bekommen habe könntest du mit Mutter nachkommen und wir hätten einen sicheren Platz für heute Nacht.“ sagte Thomas fast flüsternd damit keiner sie hörte. Der Plan klang logisch und Tate zuckte kurz mit den Schultern bevor er fast gleichgültig erwiderte. „Okay, aber pass auf dich auf.“ „Ebenfalls, Bruder.“ Und ohne ein weiteres Wort zu sagen war Thomas auch schon verschwunden und Tate war ein weiteres Mal alleine mit seiner Mutter.

Die junge Frau schlief erneut und Tate setzte sich erschöpft von dem langen Fußmarsch neben sie in den Schatten. Unter den Blättern des Baumes war es angenehm kühl und der Junge streckte laut gähnend seinen Körper. Obwohl in dem Moment alles schmerzte, tat es gut die Muskeln strecken zu können und Tate merkte wie ihm langsam die Augen zu vielen. Seine Augenlider fühlten sich an wie Stein und kurz bevor er einschlief suchte er seine Umgebung noch mal nach etwas Auffälligem ab. Doch zu seinem Glück hatten sie einen sehr ruhigen Platz im Dorf gefunden und er lehnte sich mit gutem Gewissen an den rauen Stamm des Baumes. Das letzte was er noch vernahm war das leise Rascheln der Blätter über ihm und das Gleichmäßige Atmen seiner Kranken Mutter. Im nächsten Moment war der Junge eingeschlafen und bekam seit zwei Tagen zum ersten Mal wieder etwas Ruhe.

 

Kapitel 38

 

Der Morgen in Astragon versprach Regen, denn schon bevor die Sonne erste Strahlen auf die Stadt werfen konnte wurde sie von dicken Wolken verdeckt. Kaligola hasste solche Tage, da sich seine so geliebte Stadt in diesem Licht schnell in eine Art  dunkles Gefängnis verwandeln konnte. Es widerstrebte ihn die Stadt so zu bezeichnen und er ermahnte sich selbst ein weiteres Mal es zu unterlassen. Als der alte Mann die Treppe seines Gebäudes hochstieg hörte er die ersten Regentropfen gegen die Fenster schlagen. Er seufze. Sein dunkelrotes Gewand würde ihn zwar vor der Nässe schützen, dennoch bezweifelte er, dass seine teuren Sandalen aus Leder die Feuchtigkeit überstehen würden. Kaligola stieg über die letzte Stufe der Treppe als er besorgt feststellte wie schwer er atmete. Jeden Tag machte ihn sein Körper in der letzten Zeit drauf aufmerksam wie alt er geworden war und auch dieses Mal fühlte sich der Aufstieg der Treppe an als wäre er dreimal um sein gesamtes Reich gelaufen. Verärgert zwang er seine alten Beine dazu sich weiterzubewegen und zog sich am Geländer weiter hoch bis zum Flur in dem ersten Stock. Er wandte sich kurz darauf nach links und trug sich mit letzter Kraft in sein Schlafgemach. Er öffnete die schwere Holztür die sich mit einem lauten Krachen beschwerte und trat ein. Der Raum war im Gegensatz zum Flur angenehm warm und ein großer Kronleuchter an der ungewöhnlich hohen Decke der Räume tauchte den Raum in ein warmes Licht. Das Zimmer besaß zwei Fenster, welche sich beide  vom Boden bis zur Decke der Wand erstreckten. Der Regen war stärker geworden und der König wagte es nicht mal aus dem Fenster zu schauen. Der Boden war mit einem teuren blauen Teppich geschmückt und die Wände des Zimmers erstrahlten in einem weichen Gelbton. Der Mittelpunkt des edlen Raumes war ein riesiges Himmelbett, auf dem mindestens drei Personen Platz finden konnten. Der obere Teil des Bettes war aus dunklem Holz, in welches mit mühsamer Handarbeit tausende von Verzierungen geschnitzt wurden. Er wurde von vier ebenfalls geschmückten Holzstangen gehalten und ließ das Bett sehr teuer erscheinen. Die Matratze war mit blauen und goldenen Stoffen verziert und am Kopfende lagen mindestens zehn Kissen in den gleichen Farben. Trotz der beachtlichen Größe schien das Bett sehr verlassen und Kaligola musste zugeben, dass nur möglich war zu erkennen dass es benutzt wurde, weil zwei der Kissen auf der rechten Seite von einem Gewicht eingedrückt waren. Vor ein paar Jahren noch setze der Anblick seines Bettes nur gute Erinnerungen in Kaligola frei doch heute zeigte es ihm immer wieder aufs Neue wie einsam er eigentlich war. Nachdem seine letzte Frau ohne ein Zeichen mit deren beider Tochter verschwunden war, hatte er mit keiner anderen das Bett geteilt.

Eine der Kerzen erlosch als Kaligola auf einem großen Sofa Platz nahm, welches an der Wand zwischen den beiden Fenstern stand. Doch der König schien dies nicht bemerkt zu haben, da er sich immer noch in seinen Gedanken  befand. Erst als es einige Male hintereinander laut an der Tür klopfte wachte der Mann auf und hob seinen Blick zur Tür.  „Mein König, ist es recht dass ich eintrete?“ Erleichtert ließ der alte Mann die Schultern sinken als er hörte wer dort vor seiner Tür wartete. „Trete ein.“ Die Tür öffnete sich mit einem fast übermütigen Schwung und ein weiterer Man betrat das Zimmer. Kaligola erhob sich bevor er dem Mann eine Hand ausstreckte um ihn zu begrüßen. „Erigan mein Freund, wie schön dich zusehen.“ In dem Ausdruck in seinen Augen konnte man erkennen dass der König es ernst meinte und Erigan ergriff lächelnd dessen Hand. Daraufhin deutete Kaligola Erigan an sich zu setzten und beide nahmen auf dem Sofa Platz. Fast hätte Kaligola seinen Gast unfreundlicher Weise zurückgewiesen, so sehr litt er wieder an den Erinnerungen seiner Frau. Doch Erigan und der König kannten sich jetzt schon eine Ewigkeit und Kaligola empfand nichts als Vertrauen wenn er mit dem alten Man zusammen saß.

Als könnte dieser Gedanken lesen veränderte sich Erigans Miene und er wirkte auf einmal besorgt. „Geht es dir gut?“ fragte er den König und begutachtete ihn dabei von oben bis unten. Kaligola versuchte sich nicht anmerken zu lassen und winkte mit der Hand um vom Thema abzulenken. „Es ging mir nie besser.“ Log er und Erigan wirkte nur umso besorgter. „Ich glaube dir kein Wort.“ Sagte dieser. „Nein wirklich. Ich war nur grade etwas in Gedanken versunken und meine alten Knochen machen mir zu schaffen.“ „Ach das kenn ich nur zu gut.“ Erigans Stimmung hob sich sofort wieder und er griff sich an dem Rücken während er eine schreckliche Grimasse zieht. Der König musste schmunzeln und drehte sich ab damit sein alter Freund es nicht bemerkt. Doch dann erhob er seine Stimme und wurde ernst. „Ich freue mich wie immer über deine Besuche, dennoch habe ich dich mal wieder nicht ohne Grund zu mir schicken lassen. Du erinnerst dich als wir darüber gesprochen hatte das Jondolar wieder aus seinem Loch kriecht? Zum Begin waren es nur mehr oder weniger Gerüchte, dass mein Bruder planen sollte sich für den Tod seines Vaters und die Verbannung zu rächen. Doch vor wenigen Tagen erreichte mich die Nachricht eines Boten, dass Wandersleute aus einen der Dörfer ganz im Süden aus den verbotenen Ländern Rauch aufstiegen sahen. Doch es war nicht ein kleines Feuer tief in der kargen Landschaft, sondern sah eher aus wie tausende kleine Feuer auf einer riesigen Fläche verteilt, sehr nah an der Landesgrenze. Außerdem fanden diese Leute etwas abseits davon eine riesige Fläche abgeholzten Bodens am Rande des dunklen Waldes. Sie beschrieben es als hätte dort jemand ohne jede Rücksicht einfach den halben Wald abgeholzt und jedes bisschen Holz mitgenommen was sie dort fanden. Da frage ich mich nur, wofür?“ In Erigans Gesicht schienen sich tiefe Falten gebildet zu haben und er sah plötzlich erschreckend alt aus. Minuten verstrichen in denen der andere Mann über die Neuigkeiten nachdachte und Kaligola merkte wie er immer unruhiger wurde. Kurz bevor der König die Beherrschung verlor und Erigan einfach befehlen wollte zu reden bewegte dieser sich und begann zu sprechen. „Ich bin überrascht diese Nachricht schon jetzt zu hören. Natürlich können wir nicht Hundertprozent sagen dass das was der Bote sagt stimmt, doch sollte es der Wahrheit entsprechen...“ Schatten legten sich auf Erigans Züge und seine Stimme wurde leiser. „Sollte der Bote recht haben, kann ich nur vermuten das der Krieg vor dem wir uns schon so lange Fürchten eher kommt als wir je geglaubt haben. Mein König, die einzige Möglichkeit dies zu erklären wäre dass deine Träume die Wahrheit vorhergesagt haben. Jondolar scheint in den fruchtlosen Steppen wirklich eine neue Armee aufzubauen und versorgt seine Leute mit dem Holz des dunklen Waldes.“ Plötzlich lachte Erigan doch Kaligola erkannte dass dieses des Mannes eher Verzweiflung zeigte. Ein kalter Schauer ließ den König erschaudern, er konnte sich nicht daran erinnern so viel Trauer in den Augen seines Freundes gesehen zu haben. Als Erigan den Kopf hob um seinem Freund in die Augen zu schauen lief ihm eine Träne über die Faltigen Wangen und Kaligola zog erschrocken die Luft ein. „Ich hatte die ganze Zeit gehofft du würdest falsch liegen als du mir vor einigen Jahren sagtest wir müssten nach Kriegern suchen und uns vorbereiten. Ich hatte so sehr gehofft das alles wäre ein Irrtum, eine Art Traum. Wieso bin ich gezwungen auf meine alten Tage ein weiteres Mal mit ansehen zu müssen, wie unser Volk abgeschlachtet wird. So viele verloren im letzten Kampf ihr Leben, eine gesamte Rasse starb aus nur weil sie dieses verfluchte Land verteidigt haben. Und das alles-.“ Erigan machte eine Pause um sich die Augen zu trocknen. „Das alles nur wegen eines nie endenden Streits zwischen zweier Brüder.“ Kaligola wusste nicht was er tun sollte. Er wollte irgendwie versuchen seinen Freund zu trösten, doch er fühlte sich auf unbehaglicher Weise angesprochen. Hatte der Weise Mann Recht? War der einzige Grund das Menschen sterben müssen der sinnlose Streit zwischen seinem Vorfahren und dessen Bruder? Der König wagte es nicht auf diese Frage zu antworten weil er die Antwort schon kannte.

Es hatte aufgehört zu regnen und durch die dunklen Wolken vielen ein paar Sonnenstrahlen durch die Fenster. Es wurde sofort wärmer und auch der Raum in dem die beiden Männer saßen wurde mit einem freundlichen Licht geflutet. Kaligola fühlte sich schlecht weil er versuchte sich mit etwas abzulenken anstatt etwas zu sagen, doch bevor der König seine Stimme wieder finden konnte kam Erigan ihm dazwischen. „Endschuldige, mein König. Es war nicht meine Absicht sie zu beleidigen. Auch wenn eure Vorfahren nicht so ein Verhältnis gehabt hätten wurden Menschen im Krieg sterben. So ist es nun mal. Menschen sind egoistisch und streben immer nach Macht, es gibt immer ein paar Personen die für ihren persönlichen Nutzen ein ganzes Volk in Gefahr bringen und tot hervorrufen. So können die Wünsche einzelner Menschen noch so groß sein, dennoch ist das Leiden in dieser Welt nicht zu verhindern und immer präsent. Ich weiß ihre Besorgnis sehr zu schätzen und werde sofort weiter geben dass wir uns noch mehr darauf vorbereiten jeden einzelnen in dieser Stadt für den Kampf zu rüsten, dem es möglich ist eine Waffe zu führen. Endschuldigen sie mich bitte.“ Erigan richtete sich auf und neigte zum Abschied einmal ehrfürchtig das Haupt, dann verließ er ohne ein weiteres Wort das Zimmer. Der König fühlte sich wie ein hilfloses Kind als er seine Stimme immer noch nicht wieder fand und hatte nicht die Kraft seinen gekränkten Freund aufzuhalten, wie er es eigentlich hätte machen sollen. Er hatte das Gefühl sein Körper würde immer weiter im weichen Stoff des Sofas versinken und schämte sich für sein Verhalten. Seit er König ist kann er sich nicht mehr daran erinnern einmal so hilflos gewesen zu sein und für einen kurzen Moment wünschte er sich seine Frau wäre jetzt hier. Die damalige Königin wusste immer wie sie ihm helfen konnte falls Kaligola mal die Beherrschung verlor. Doch diesmal war der Man ganz alleine. Niemand konnte ihm in seinen Entscheidungen helfen und erst jetzt hatte er bemerkt das Erigan zusätzlich noch seine Anrede geändert hatte. Seit ein paar Jahren waren die beiden Männer von sie auf du gewechselt und der plötzliche Abstand den sein Freund gewählt hatte versetze dem König einen tiefen Stich ins Herz. Warum schaffte er es nicht stark zu bleiben und einen ruhigen Kopf zu bewahren, so wie es ein ehrenwerter König getan hätte?

Plötzliche Wut ergriff den alten König und er schlug mit einer geschlossenen Faust gegen die empfindliche Zimmerwand. Er durfte sich nicht so von seinem Bruder aus der Fassung bringen lassen. Die Zeit war gekommen, der Geschichte der zwei verfeindeten Brüder endlich ein Ende zu setzen.

 

„Tate. Tate? Bruder!“ Tate schreckte aus dem Schlaf und hielt sich wegen der plötzlichen hellen Sonne die Hand vor die Augen. Obwohl die Sonne schon fast hinter den hohen Bergkuppen verschwunden war, wurde der Junge noch von ein paar letzten Strahlen geblendet und musste sich davor schützen. Als sich seine müden Augen an die Sonne gewöhnt hatten nahm er die Hand wieder runter und schaute sich um. Er entdecke Thomas, welcher nachdem er seinen Bruder geweckt hatte nun auch sanft seine Mutter aus den Schlaf holte. Diese reagierte erst nach ein paar vorsichtigen Berührungen ihres Sohnes, schien sich dann jedoch in einem besseren Zustand zu befinden wie noch am Nachmittag. Mit einem Ruck kam Tate auf die Füße und merkte sofort wie sehr seine Muskeln dabei schmerzten. Trotz der paar Stunden Schlaf die Tate bekommen hatte war die Erschöpfung durch den langen Lauf noch deutlich zu spüren. Thomas jedoch schien obwohl er nicht einmal geschlafen hatte seit dem gestrigen Tag noch erstaunlich fitt. Als Tate sich neben seinen Bruder stellte wandte dieser sein Gesicht zu ihm und lächelte schwach. Tate vermutete dass sein Bruder ihn so etwas Hoffnung schenken wollte, konnte aber die Besorgnis in Thomas Augen sehen. Es wurde Nacht was bedeutete beide mussten bis zum nächsten Morgen warten nach einem Heiler für ihre Mutter zu suchen.

Als hätte Tate seine Gedanken laut ausgesprochen griff Thomas seine Schulter um sie tröstend zu drücken. „Wir werden schon jemanden finden, keine Angst. Ich konnte noch eines der Zimmer hier in der Nähe bekommen und wir haben sogar die Chance dort etwas zu Essen. Und morgen suchen  wir dann als erstes nach Jemandem der Mutter helfen kann.“ Tate wusste es zu schätzen wie sehr sich sein Bruder für ihn zuversichtlich klingen wollte, dennoch glaubte er ihm kein Wort. Es bräuchte schon die Hilfe der Götter damit seine sowieso schon geschwächte Mutter diese Nacht überlebte. Und die waren wohl in den letzten Tagen nicht besonders gut auf  Tates Familie zu sprechen, da sie auch  den Überfall auf ihr Dorf zugelassen hatten. Trotzdem schickte der Junge ein kurzes Stoßgebet zum Himmel bevor er anstatt eine Antwort zugeben einfach nur nickte. Sein Bruder schien sichtlich erleichtert dass Tate kein Gespräch mit ihm anfing und übernahm fürs erste die Rolle die drei zu führen. Schnell ging Thomas in die Hocke und strich seiner Mutter leicht über die Wange, bevor er sie auf den Arm nahm. „Ich kann sie auch tragen!“, bot Tate, der plötzlich seine Stimme wieder gefunden hatte, an, aber Thomas schüttelte nur den Kopf. „Du hast sie schon den gesamten Weg hier hin getragen, du brauchst eine Pause, außerdem weißt du nicht wo wir lang müssen.“ Tate ging also einfach langsam neben seinem Bruder her und als dieser in den engen Gassen zwischen den Häusern verschwand, folgte er ihm. Als sie die Straßen erreichten die Tate am Nachmittag schon einmal durchquert hatte, fiel ihm auf dass die Menschenmenge nun verschwunden war. Statt des offenen Marktes waren nun die meisten Tische entweder weggeräumt oder mit einer Decke geschützt abgebaut worden. Der Boden war von hunderten von Menschen platt getreten und überall lagen Reste von Lebensmitteln oder kleineren Dingen die fallen gelassen wurden. Da die Sonne nun komplett verschwunden war wurde es schwieriger sein Umfeld zu erkennen und einzig ein paar Fackeln warfen Licht auf die Straße. Thomas, der die junge Frau immer noch auf den Armen trug, blickte sich suchend um und schien erleichtert als er endlich fand was er suchte. Die kleine Gruppe blieb vor einem unauffälligen Holzhaus stehen, dessen Tür von einer Fackel rechts und links daneben beleuchtet wurde. Auf den ersten Blick schien nichts an dem Haus darauf Hinzuweisen das sich darin ein Gasthaus befand und Tate warf seinem Bruder einen skeptischen Blick zu. Doch dieser schien sich davon nicht beirren zu lassen und war auch schon vor die hölzerne Tür des Hauses gestiegen. Thomas drückte die Tür mit seinem Ellenbogen auf und betrat den offenen, muffig riechenden Raum. Im Haus war es unerwartet geräumig und das untere Stockwerk des Gasthauses war bis in die letzte Ecke mit Tischen vollgestellt. Sie schienen weder teuer noch sehr sauber doch erfüllten ihren Zweck, und das helle Holz der Möbel passte farblich perfekt zur großen Bar an der hinteren Wand des Raumes. Dahinter stand eine etwas fülligere Frau welche mit einem dreckigen Lappen Gläser trocknete. Ihr Blick verriet nichts darüber was die Frau wohl gerade denken mochte und Tate fühlte sich immer unwohler in dem stickigen Gebäude. Thomas schien die Wirtin zu kennen denn er steuerte direkt auf den Tresen zu. Der Junge jedoch ließ seinen Blick weiter durch den Raum schweifen und erkannte neben den beiden Brüdern noch ein paar andere Gäste. Doch diese schienen die beiden nicht einmal bemerkt zu haben, da einige von ihnen mit dem Kopf auf die Arme gelehnt schnarchend schliefen. Einzelne schienen noch wach zu sein, waren aber, soweit Tate es erkennen konnte, sturzbesoffen und redeten daher eher schon mit sich selbst als ihr Umfeld wahrzunehmen. Er konzentrierte sich wieder auf die Wirtin die ihn und seinen Bruder mittlerweile entdeckt hatte. Ihr Blick haftete auf Thomas, sie hatte jedoch nicht damit aufgehört das Glas in ihrer Hand zu trocknen. Als Tate ebenfalls die Bar erreicht hatte konnte er jedoch erkennen dass das Tuch in ihrer Hand  von Bier durchtränkt war und er rümpfte die Nase. „Ich hatte bei ihnen ein Zimmer gemietet und bekam dazu ein Essen versprochen, nun möchte ich sie bitten dieses Versprechen einzulösen.“ Anscheinend war dies schon der zweite Versuch von Thomas das versprochene Essen von der Wirtin zu bekommen, da beide schon ziemlich genervt wirkten. Doch nachdem Tates Bruder beim zweiten Mal fragen die Tonlage seiner Stimme um einiges verändert hatte schien die Frau verunsichert und blickte zweifelnd umher. Doch dann schien sie den groß gewachsenen Jungen vor ihr nicht weiter verärgern zu wollen und stellte ihr Glas ab. Mit einem letzten abschätzenden Blick auf die zerbrechliche Frau in Thomas Armen drehte sie sich um und verschwand leise fluchend in einer Tür am hinteren Teil der Bar. Tate merkte wie Thomas Augen zufrieden funkelten als er es geschafft hatte etwas Essen für die beiden zu besorgen, hielt sich jedoch mit seiner Freude etwas zurück.  Nach einigen Minuten erschien die Frau erneut hinter der Bar und trug diesmal zwei Teller auf ihre beiden Hände verteilt. Darauf konnte Tate jeweils ein Stück Brot, ein paar Kartoffeln und ein  sehr zäh wirkendes Fleisch sehen. Die Frau hielt ihm beide Teller mit grimmiger Miene hin und Tate nahm sie dankend entgegen. Als die beiden Brüder jedoch weiterhin ohne sich zu bewegen auf den erhofften dritten Teller warteten brummte die Frau genervt. „Was wollt ihr blödes Pack den noch?  Ihr habt eure Teller nun geht.“ Thomas schien nun wirklich verärgert und baute sich in seiner gesamten Breite vor ihr auf. „Wie sie sehen sind wir aber drei Personen, nicht nur zwei.“ Die Wirtin zuckte bei diesem Ton sichtlich zusammen, brachte jedoch zu Tates Überraschung sehr viel mehr Trotz in ihre Stimme als er von ihr erwartete hatte. „Es tut mir leid mein Herr, aber ich glaube nicht das diese Frau diese Nacht überhaupt noch überlebt. Ich habe nicht sehr viel was ich ihnen noch geben könnte und fühle mich schlecht meine wenigen Lebensmittel an jemanden zu geben, der diese nicht mehr gebrauchen kann.“ Tate zog verärgert die Luft ein und auch Thomas schien neben ihm jetzt die völlige Beherrschung zu verlieren. „Sie denken was...?“ wollte er die Wirtin gerade fragen und lehnte sich drohend nahe an die Frau heran. Diese schien ihre Angst diesmal nicht mehr verstecken zu können und duckte sich hinter den Tresen um sich zu in Sicherheit zu bringen. Obwohl Tate genauso verärgert war wie sein Bruder auch zog er diesen an seinem Hemd zurück. „Hey, das hat keinen Sinn. Sie hat und so viel gegeben das reicht für uns drei.“ Daraufhin schob er seinen Bruder weiter von  der Bar weg. Als die Wirtin das bemerkte schien sie sich wieder etwas sicherer zu fühlen und begann mit hoch erhobenem Kinn erneut das Glas zu trocknen. Am liebsten hätte Tate der Frau für diese Dreistigkeit das Glas über den Kopf gezogen, er war jedoch viel zu müde um jetzt noch einen Streit anzufangen. Somit beließ er es dabei dass er in der kurzen Zeit wo die Frau durch seinen Bruder abgelenkt war eine Flasche Wein auf dem Tresen geklaut hatte und folgte seinem Bruder.  Tate viel noch einmal auf dass es hier genauso ungewöhnlich still war wie im Dorf, aber er sagte nichts als sein Bruder immer noch verärgert eine Treppe im hinteren Bereich des Empfangsraumes hinaufging. Die Treppe war steil und knarzte bei jedem Schritt, den die Brüder taten, aber sie endete in einem Flur mit etwa zehn Türen auf jeder Wandseite. Es herrschte immer noch Stille, bis Thomas einen dieser kleinen Räume betrat und seine Mutter auf ein staubiges, kleines Bett legte, was an eine dreckige, ehemals weiße Wand des Raumes geschoben war. „Sie sieht wirklich schlecht aus. Wie lange ist es her, dass sie auf deinen Armen eingeschlafen ist?“ Thomas antwortete noch etwas abseits mit seine Gedanken: „Ich weiß es gar nicht mehr, aber nachdem ich sie am Baum geweckt hatte schien sie sowieso nicht wirklich bei Sinnen.“ Die Stimmung war bedrückt und erneut entstand Stille. Tate fühlte sich elend und alles an seinem Körper schmerzte. Er wollte nichts lieber tun als sich neben seine Mutter zu legen und zu schlafen. Doch noch mehr als die Müdigkeit quälte ihn sein Hunger. Das Stück Brot was er am Nachmittag zu sich genommen hatte konnte diesen für einen kleinen Moment stillen, dennoch fühlte sich Tates Bauch nun noch leerer an als zuvor. Also stellte er beide Teller und die gestohlene Flasche auf einen kleinen Tisch der sich ebenfalls in dem Zimmer befand und setzte sich. Zusätzlich zum Tisch gab es noch zwei Stühle, die jedoch durch ihre einfache Holzfläche ziemlich unbequem waren. Auch Thomas setzte sich und ehe Tate sich versah hatte sein Bruder angefangen sich an dem Stück Fleisch auf seinem Teller zu schaffen zu machen. Anscheinend wurde nicht nur Tate von Hunger gequält, sondern auch sein Bruder und endlich nahm auch Tate das Stück Fleisch in die Hand und biss ein großes Stück davon ab. Es schmeckte scheußlich – doch das war beiden in dem Moment ziemlich egal. Das Fleisch war sehr zäh und als Tate davon abbiss hatte er Schwierigkeiten das Stück zu kauen.  Sein Mund war unendlich trocken und er konnte nicht anders als sich die Flasche Wein zu nehmen und ein Schluck zu trinken. Er spürte wie der Alkohol in seinem Hals brannte als er die kühle Flüssigkeit trank, dennoch half sie seinen Mund etwas anzufeuchten und Tate schaffte es zu schlucken. Bevor er einen zweiten Bissen vom Fleisch abbiss, nahm er noch mal einen großen Schluck der roten Flüssigkeit. Sofort merkte er wie der Alkohol ihm zu schaffen machte und seinen Blick ein wenig vernebelte, trotzdem genoss er den Geschmack eines so teuren Getränks auf seiner Zunge in vollem Zuge. Nachdem er fertig war gab er die Flasche seinem Bruder der sie ebenfalls sofort ansetzte und mehrere Schlucke hintereinander trank. Der Wein schmeckte köstlich und auch die Kartoffeln die es zu dem Fleisch gab waren in Ordnung. Das Brot war schon etwas trocken ließ sich jedoch mit dem Wein hervorragend  anfeuchten.

Beide Jungen waren fertig mit Essen und lehnten sich mit vollem Bauch auf ihren Stühlen zurück. Im Gegensatz zu Thomas hatte Tate von seinem Kartoffeln und vom Brot jeweils ein wenig für seine Mutter übrig gelassen, und er musterte seinen Bruder skeptisch der sich genüsslich den Bauch rieb. Doch er hatte keine Zeit jetzt über das Benehmen seines größeren Bruders nachzudenken, sondern nahm stattdessen die Reste seines Tellers und stellte diese neben seine Mutter auf das Bett. Vorsichtig setzte er sich daneben und half ihr gleich darauf sich aufzusetzen. Es gestaltete sich jedoch schwieriger als Gedacht, da die Frau immer noch schlief und Tate ihren Oberkörper somit alleine aufrichten musste. Doch er schaffte es, dass sie sich mit dem Rücken an die schmutzige Wand  lehnen konnte und versuchte sie daraufhin zu wecken. Es kostete ihm etwas Zeit seine Mutter aus dem Schlaf zu holen und ganz kurz hatte er sogar Angst sie wurde die Augen gar nicht mehr aufmachen. Doch als sie ihn endlich mit trüben Augen ansah musste er sich zusammenreißen nicht einfach wegzusehen. Seine Mutter sah schrecklich aus. Sie bekam ihre Söhne als sie selber noch fast ein Kind war und war somit noch sehr jung. Doch wie sie da so auf dem Bett saß und sich aus eigener Kraft fast nicht mehr halten konnte schien sie um zwanzig Jahre gealtert. Unter ihren Augen waren tiefe Ringe und ihr Gesicht war genau wie der Rest des Körpers in sich zusammengefallen. Sie wirkte so zerbrechlich und ihre Haut war erschreckend blass. 

Obwohl die Hoffnung des Jungen je länger er die kranke Frau betrachtete immer mehr verschwand, zwang er sich die Ruhe zu bewahren. Mit einem Löffel, den die beiden von der Wirtin bekommen hatten, hob er ein kleines bisschen den Kartoffeln von Teller und gab diesen seiner Mutter. Doch sie war viel zu schwach den Löffel zu greifen. Tate blieb nichts anderes übrig als seine Mutter zu füttern, doch auch als er ihr versuchte zu helfen etwas zu Essen, schüttelte sie nur kaum sichtbar den Kopf. „Nei...n.“ stotterte sie mit zitternder Stimme und Tates Körper verspannte sich. „Bitte Mutter!“ Doch wieder schüttelte ihre Mutter den Kopf und ließ sich erschöpft auf ein kleines Kissen sinken. Tate wurde heiß und schwindelig vor Angst als ihm klar wurde was es bedeutete wenn ihr Mutter nichts mehr as, und auch Thomas schien seine Hoffnung langsam zu verlieren und schaute besorgt zu Boden. Ihm blieb nichts anderes übrig als seine Mutter wieder flach auf das Bett zu legen und das Essen wegzustellen.

Ihr Atem war flach und kaum hörbar, als sich auch Thomas neben sie aufs Bett setzte. „Sie wurde an der Schulter verletzt.“ , erwähnte Tate ruhig.  Sein Bruder schob das verdreckte Oberteil seiner Mutter zur Seite und betrachtete den großen Schnitt, der sich etwa fünfzehn Zentimeter lang oberhalb ihres Schlüsselbeines entlang zog. Mittlerweile war auch die Haut um den Schnitt stark gerötet, getrocknetes Blut klebte darauf und es sah wirklich nicht gesund aus. Thomas zuckte unruhig zusammen als er die Wunde sah und Tate konnte deutlich sehen, wie er sich anspannt. „Das sieht wirklich nicht gut aus.“ Genau in diesem Moment verkrampfte sich die Mutter der Geschwister und ein wenig Schweiß glänzte auf ihrer Stirn. Immer wieder verkrampften und entspannten sich ihre Muskeln und Tate wurde hektisch. Er wusste nicht was er machen sollte, der Zustand seiner Mutter verschlechterte sich im rasenden Tempo und er war vollkommen überfordert mit den Fieberschüben seiner Mutter und seiner Sorge um sie. Thomas allerdings hatte sich mittlerweile  wieder gefangen und sah genauso kalt aus wie Tate ihn seit den letzten Jahren kannte. Thomas zeigte ungern seine Gefühle nach außen, am liebsten blieb er damit immer für sich. Zu sehr hatte er Angst davor die Kontrolle darüber zu verlieren und einen Fehler zu begehen.

 Weil beide wussten, dass sie für ihre Mutter nichts mehr tun konnten schob Tate das Hemd seiner Mutter wieder hoch und stand vom Bett auf. Ohne noch ein weiteres Wort zu sagen, breiteten beide Brüder ihre wenigen Sachen auf dem Boden aus um sich dort schlafen zu legen. Das Dorf schlief nun endgültig ihm leichtem Licht des Mondes und Tate legte sich neben das Bett seiner Mutter auf den kalten Boden. Die Kälte kroch sofort in seine Knochen doch der Junge zwang sich dazu zu schlafen. Nach einem letzten Blick zu seiner Mutter schloss der junge Mann seine Augen und schlief ein. Sein Herz schmerzte bei jedem Gedanken an seine Mutter und in der kalten Nacht war er bösen Träumen schutzlos ausgeliefert. Und als die beiden Brüder nun nebeneinander schliefen bemerkte keiner von ihnen wie ihre Mutter sich die letzten Male zusammenkrampfte. Husten schüttelte ihren Körper und ihr Atem wurde immer ruhiger. Und als sie mit aller Kraft einen letzten Blick auf ihre Kinder warf, verließ sie endgültig ihr Mut und sie sank zusammen. „Ich liebe euch…“ Ihre letzten Worte waren kaum verständlich und außer ihr würde niemand sie heute Nacht noch hören, dennoch brachten sie im Gesicht der Frau ein letztes Lächeln zustande.  

Doch dann verließ den jungen Körper das letzte Fünkchen leben und ohne dass es eine Seele mitbekam starb sie in der kühlen Frühjahrsnacht.

 

Was hat es mit der Verbindung auf sich?

 

- Wird dafür benutzt mit anderen Lebewesen sprechen zu können

- Es wird ein Stück der in sich brennenden Flamme mit dem jeweiligen Lebewesen geteilt. Somit hält die Person selber das Tier am Leben, und wenn sie stirbt, stirbt auch das Tier

- Verbindungen werden nach dem 3- 4 Mal gefährlich, weil die Flamme zu oft geteilt wurde

- Es kann auch mit einer blauen Flamme eine Verbindung eingegangen werden:

Die Flammen werden aufgeteilt, somit bleibt, sollte einer der Partner sterben, der andere am Leben (seine Flamme bleibt bestehen)

- Beim Teilen einer Flamme werden auch besondere Fähigkeiten untereinander geteilt

- Die Flamme symbolisiert die Seele, was bei deren Teilung ermöglicht, dass sich die Partner in Gedanken verständigen können. Durch das teilen einer Seele nimmt z.B. das Tier die Gedanken und Gefühle der jeweiligen Flamme genauso war wie diese, weil die Seele des Tieres durch die Seele des Partners ersetzt wurde.

Bei zwei Menschen wird die Seele nicht komplett ersetzt sondern beide Flammen teilen sich einfach nur so auf das sagen wir mal Hälfte-  Hälfte besteht ;) Somit kann sich ein Mensch nur mit einem einzigen anderen Menschen Verbinden, weil sonst das Gleichgewicht von jeweils zwei Seelen nicht besteht.

 

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 10.12.2013

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Ich danke meiner Freundin Hannah für die guten Ideen und die viele Unterstützung :*

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