Willkommen in einer anderen Welt! In dieser Welt gibt es Menschen sowohl als auch Gestaltenwandler. Beide Spezies leben so friedlich miteinander wie möglich. Die Menschen beherrschen den zivilisierten Teil dieser Welt während die Gestaltenwandler die Natur beherrschen. Der einzige, wesentliche Unterschied zwischen diesen Spezies waren ihre Seelen. Gestaltenwandler beherbergten zwei Seelen in einem Körper. Die eines Menschen und die eine Tieres. Diese zwei Seelen gaben ihnen die Möglichkeit jeweils die Gestalt eines Menschen oder die eines Tieres zu tragen. Das war der Grund für den für immer währenden Kampf um die Vorherrschaft zwischen Mensch und Tier. Wer würde am Ende der stärkere sein?
Emily und Tray waren so etwas wie Freunde. Sie kannten sich zwar erst seit einigen Monaten, aber sie kannten sich genug, um eine Beziehung anzufangen, in der es ausschließlich um Sex und nicht um Liebe ging. Die beiden bekamen, was sie wollten, aber auch nicht mehr.
Sie konnten zusammen lachen und etwas unternehmen, aber niemals über ihre Gefühle sprechen. Sie sprachen nicht über ihre Probleme oder über ihre Wünsche und Hoffnungen, sie sprachen lieber darüber, welchen Kinofilm sie ansehen wollten, oder was sie am Wochenende gemacht hatten.
Auch wenn sie nicht über ihre Probleme sprachen, wussten beide letztendlich doch sehr genau wie es um den anderen stand. So wusste Tray, dass Emily keine Mutter mehr hatte und ihr Vater seine Sorgen in Alkohol ertrank, und Emily wusste, das Trays Bruder schwer krank war. Sie wussten dies, und sie wussten auch, dass Gespräche über ihre Probleme sie nicht weiterbringen konnten.
Und so verbrachten sie lieber glücklich die Zeit miteinander, hatten Spaß und genossen das Leben in vollen Zügen. Wenn man sie fragte, ob sie zusammen waren, kam stets die Antwort, sie seien nur Freunde, und doch tauschten sie die verzehrenden Gesten von Verliebten aus.
Am Ende waren Tray und Emily doch ziemlich egoistisch, sich zu nehmen was sie wollten, aber es war doch auf eine ganz eigene Weise ein fairer Handel.
Tray kam gerade mit seinem Sandwich in sein Zimmer, als Emily sich anzog. Nur in Unterwäsche bekleidet lief sie auf ihn zu und grinste; dann biss sie schamlos von seinem Sandwich ab. Er brummte tief in der Kehle aber ließ es zu. „Wann musst du nach Hause?“, fragte er sie schließlich.
Sie kämmte sich die Haare während sie antwortete: „Wenn es dunkel wird, also so in zwei Stunden. Aber ich habe noch einige Besorgungen zu machen also will ich den nächsten Bus in zehn Minuten nehmen.“
Er nickte andächtig. Im Grunde genommen war es ihm total egal wie lange sie blieb oder was sie noch zu tun hatte. Sie hatten sich heute schon zwei Mal im Bett ausgetobt und er hatte nur noch Lust ein Bier zu trinken und ein wenig Fifa zu spielen. Sein Sandwich kauend trat er hinter sie und betrachtete ihr Spiegelbild. Emily war ein eigentlich ein sehr schönes Mädchen. Ihre braun-roten Haare leuchteten in der Sonne schön auf und ihre blauen Augen blickten stets wachsam. Sie hatte keine Pickel oder Leberflecke, nur ein paar Sommersprossen zierten ihre Nase. Sie war recht klein, er schätzte sie auf 1, 58 m, aber größer auf jeden Fall nicht. Ihr Körper war eher zierlich. Ihre Beine dünn, ihr Hintern klein aber wohlgeformt und ihre Brüste pendelten noch zwischen den Körbchengrößen A und B. Im Gesamtbild war sie ganz hübsch aber nicht atemberaubend. Ob sie nun umwerfend schön war oder nicht kümmerte ihn jedoch auch nicht, denn sie war eine ganz perfekte Bettgespielin für ihn. Jedes Mal wenn er sie nahm kam sie ihm entgegen. Manchmal wild, manchmal grob und manchmal einfach nur ausgehungert. Schon alleine bei den Gedanken daran, wie er sie erst vor einer Stunde förmlich geritten hatte brachte sein Blut zum Köcheln. Plötzlich war die Aussicht auf ein Bier und Fifa gar nicht mehr so reizend.
Als hätte sie seine Gedanken gelesen, blickte sie auf und sah ihm in die Augen. Instinktiv rümpfte sie die Nase und roch in der Luft, wie sein Verlangen langsam aufstieg. Die Katze in ihr legte sich auf die Lauer. „Hör auf mich so anzusehen! Ich habe heute keine Lust mehr auf Sex mit dir.“ Sie hatte ganz bewusst ihre Worte gewählt und ihn gereizt. Er hätte fast über sie Absurdität ihres Argumentes gelacht. Als ob sie noch ein anderes dominantes Männchen hätte! Aber trotz allem fehlte es seine Wirkung nicht und er musste ein Knurren unterdrücken.
„Tut mir leid dich enttäuschen zu müssen aber ich habe mich nur über deine kleinen Brüste lustig gemacht. Denkst du aus ihnen wird eines Tages noch mal was?“ Sie errötete und fuhr sich verlegen durch das Haar, erwiderte aber nichts. Er musste tief grinsen weil er dieses Argument gewonnen hatte.
Er startete die Anlage und legte die CD von Fifa ein während sie ihre letztes Sachen zusammen packte. Ganz scheinbar beiläufig fragte er: „Wann sehen wir uns wieder?“
„Wenn du willst morgen aber ich muss noch in den Zoo um ein Projekt über die menschliche Entwicklung zu machen. Ich soll zwei Affenarten für eine halbe Stunde studieren.“
„Wie wäre es danach?“ Er hatte so gar keine Lust darauf in den Zoo zu gehen.
Sie schüttelte den Kopf. „Dann doch lieber Montag?“
„Nein!“ Er atmete tief durch ehe er sich und seinen Löwen wieder unter Kontrolle hatte. „Dann komme ich eben mit in den Zoo. Ich kann ja meine Zeit mit telefonieren und so verbringen. Warum meldest du dich eigentlich auch immer für all diese Scheißprojekte an?“
Sie runzelte die Stirn und musste ein Fauchen unterdrücken. „Hast du schon mal etwas von einer College Application (An alle Leser, zu Deutsch: Universitätsbewerbung) gehört? Da werden nämlich all meine Projekte gelistet und ich könnte es in eine gute Universität schaffen. Aber dich kümmert so etwas ja eh nicht. Du verbringst deinen Tag lieber damit dich zu besaufen, zu kiffen oder Fifa zu spielen. Ich lasse mich nicht auf ein so primitives Niveau herunter.“
„Primitives Niveau?“ Ein tiefes Knurren hallte durch das Zimmer und Emily musste ihre Hände zu Fäusten ballen um nicht zusammen zu zucken. Als wäre er auf der Pirsch kam er näher und baute sich vor ihr auf. Emily musste den Kopf in den Nacken legen um ihn zu mustern.
Tray war vollkommen ausgewachsen. Er war riesig und ein exzellenter Sportler. Muskeln machten sein Kreuz noch breiter und stählten seinen gesamten Oberkörper. Seine Beine trieben ihn in ungeahnte Höhen und er hatte unglaublich schnelle Reflexe. Manchmal, aber selbstverständlich nur ganz selten, hatte sie Angst vor ihm wenn er betrunken war. Ihre stolze Leopardin konnte sonst immer mit ihm fertig werden.
„Willst du dich wirklich mit mir anlegen?“ Seine Worte waren direkt in ihr Ohr geraunt und sein heißer Atem ließ ihre Haut schaudern. Aber sie würde sich nicht vor ihm klein machen, nicht jetzt.
Als Antwort knurrte sie nur tief in der Kehle und biss scharf in sein Ohrläppchen. „Mich mit dir angelegt habe ich schon oft. Bisher hast du mir jedoch noch nicht den Eindruck gegeben, endlich mal kürzer zu treten. Vielleicht hast du es ja auch einfach nicht drauf.“
Seine Hände packten ihre Handgelenke und er zerrte sie näher an sich. „Sag das noch einmal wenn ich mit meinem Schwanz in dir bin. Ich bin mir ziemlich sicher dass du dann nicht so mutig bist.“
Sie fauchte laut wie eine Leopardin. „Als ob das irgendeinen Unterschied machen würde!“
Seine Hände packten ihre Hüften so fest, dass sie bestimmt blaue Flecken davon tragen würde. Aber oh Gott, es tat so gut von ihm so gepackt zu werden. Plötzlich fühlte sie die Schrankwand in ihren Rücken und seinen Körper fest an sie gepresst. Die Tatsache dass er kein Hemd trug half ihr nicht wirklich Herr über ihre Sinne zu bleiben. Seine Lippen glitten über ihre Wange zu ihrem Nacken und er biss heftig zusammen. Ihre Krallen fuhren aus und ersetzten ihre schön gefeilten, menschlichen Fingernägel.
Mit einer flinken Bewegung schaffte sie es sich aus seiner Umarmung zu winden und hinter ihn zu stehen. Sofort drehte er sich um und wollte schon nach ihr packen. „Hör auf Tray! Ich sagte doch bereits dass ich heute keine Zeit mehr für weiteren Sex habe!“
Seine Antwort war nur ein Knurren. Sie fauchte. Dann war es schon zu spät denn er hatte sie an sich gerissen und mit einer einzigen Bewegung ihr Oberteil über ihren Kopf gezogen. Atemlos kratzte sie über seine nackten Schultern und hinterließ tiefe Furchen. „Lass mich los du Arschloch!“
„Willst du das wirklich Emily?“
Aber natürlich wollte sie das nicht. Sie holte mit der Hand aus und gab ihm eine schallende Ohrfeige. Statt auch nur vor Schmerz zu zucken grinste er breit und griff nach ihren Handgelenken um sie spielerisch zu fesseln. Dann beugte er sich hinab zu ihr und stahl ihr einen tiefen, leidenschaftlichen Kuss. Sie reagierte sofort und kam ihm entgegen wie eine Pflanze die der Sonne entgegen strebte.
In wenigen Sekunden lagen sie wieder im Bett. Sie kratzen und bisschen sich voller Wut und Leidenschaft. Aber er gewann dieses Argument, denn sie konnte nichts anderes von sich geben als laut seinen Namen zu schreien als er wieder und wieder tief in ihren Körper stieß. Sie explodierte förmlich in seinen Armen.
„Tray! Geh runter von mir, du bist schwer!“, fluchte sie und versuchte den ermatteten, schweren Körper auf ihr wegzudrücken. Ein tiefes Schnurren drang aus seiner Brust und er hob den Kopf um in ihr süßes, gerötetes Gesicht zu sehen. Sie erzitterte unter seinen Blick, der viel zu viel zu sehen schien. Ganz langsam beugte er sich zu ihr hinunter und küsste sie.
Emily und Tray küssten sich selten, denn sie hatten nicht viel übrig für große Zärtlichkeit. Sie beide sahen in dieser Verbindung nichts weiter als eine Befriedigung ihrer Bedürfnisse. Für Vorspiel war ebenfalls selten Zeit, aber das störte sie nicht.
Emily blieb erst ganz starr und erwiderte seine Küsse nicht, doch als er mit seiner Zunge anfing ihre Lippen zu necken, öffnete sie zögernd den Mund und ergab sich. Sie hatte keine Erfahrung im Küssen und sie wurde eigentlich auch nie geküsst. Unbeholfen krallte sie sich in seinen Rücken und erwiderte seinen Kuss ganz vorsichtig.
Er war so dominant und erfahren, so männlich und wild. Plötzlich schnappte er nach ihrer Unterlippe. Sie schlug sofort die Augen auf und sah in die Augen eines Löwen. Seine Dominanz überlagerte jede andere Empfindung in ihr. Als er für ihren Geschmack einige Sekunden zu lang in dieser dominanten Haltung verharrte, knurrte sie leise, aber hörbar.
Als er den Kuss löste und in ihre Augen blickte, schien es das erste Mal zu sein, dass die beiden sich richtig ansahen. Der Wunsch, ihn bis zum Ende der Welt zu küssen und nie wieder gehen zu lassen überkam sie plötzlich und ängstigte sie mit seiner Intensität. Doch es schien ihm nicht anders zu gehen, denn er beugte sich zu ihr hinunter um ihr einen weiteren Kuss zu geben.
Aus Angst, sich zu verlieren legte sie schnell eine Hand auf seinen Mund und schüttelte wortlos den Kopf. Dann drehte sie den Kopf weg und drückte ihn von sich. Dieses Mal ließ er es zu. Sie zog sich schweigend an, nahm ihre Tasche und verschwand aus seinem Zimmer. Nur in einer Unterhose bekleidet und ein wenig verwirrt blieb Tray auf dem Boden sitzen, ehe der Löwe in ihm wütend knurrte. Irgendetwas sagte ihm, sie hatte diesen Kampf am Ende doch gewonnen.
Emily kehrte erschöpft nach Hause zurück. Sie fühlte sich immer müde und leer wenn sie am Grab ihrer Mutter gewesen war. An diesem Ort wurde ihr immer wieder klar, dass die Dinge sich geändert hatten, und sie nicht mehr das kleine Mädchen ihrer Mama war.
Vor dem tödlichen Autounfall war ihre Familie klein aber fein gewesen. Ihre Eltern hatten sich so unglaublich leidenschaftlich geliebt und Emily war immer das glücklichste Kind auf dieser Welt gewesen. Auch wenn sie nicht alles bekam was sie wollte, so wurde sie doch jeden Tag bedingungslos geliebt. Nie wieder würde sie eine solch tiefe Liebe verspüren. Es brach ihr das Herz an das Lachen ihrer Mutter zu denken.
Die Tasche glitt von ihrer Schulter und fiel auf den Boden. Ein Rollen ihrer Schultern reichte und die Jacke fiel ebenfalls. Mit einem schmerzerfüllten Blick sah sie sich um. Alles versank in Chaos und Dreck seit ihre Mutter nicht mehr da war. Unwillig, sich damit jetzt zu befassen, ging sie ins Wohnzimmer und fand ihren Vater schlafend zwischen vielen leeren Bierflaschen. Leise schmiss sie die Flaschen nach draußen und wischte die Tische. Dann nahm sie eine Decke und deckte ihn zu. „Gute Nacht Papa. Ich hab dich lieb.“ Wie könnte es auch anders sein? Er war trotz des Alkohols und trotz der Trauer noch immer ihr geliebter Vater.
Tray besuchte seinen Bruder noch am gleichen Abend im Krankenhaus. Kaum betrat er sein kleines Einzelzimmer strahlte der kleine Timmie auf. Tray musste fest die Zähne zusammen beißen um bei dem Anblick der vielen Geräte und Schläuche nicht zu weinen. Stattdessen versuchte er sich mit einem tapferen Grinsen. Es fühlte sich leider eher nach einer Grimasse an.
„Na wie geht’s Großer?“, fragte er den kleinen, blassen Jungen vor sich.
„Gut, und dir? Wie geht’s deiner Freundin Emily? Seit ihr jetzt zusammen?“ fragte er völlig unschuldig, obwohl er wusste, wie sehr es Tray aufbrachte.
„Sie ist immer noch nicht meine Freundin!“
„Aber du hast sie lieb, oder?“
„Timmie, du verstehst das noch nicht. Wir lieben uns nicht. Wir sind Freunde und verstehen uns gut. Da ist nicht mehr zwischen uns. Und du weißt doch, dass ich mich niemals an jemanden binden würde.“
„Das stimmt gar nicht! Ich weiß ganz genau was du meinst. Aber ich bin mir ganz doll sicher, dass du sie eigentlich sehr magst. Ich hab sie gern obwohl ich sie erst einmal gesehen habe.“
„Jaja, ich weiß Großer. Lass uns über etwas anderes sprechen. Hast du schon all die Comics gelesen, die ich dir mitgenommen habe?“
„Ja! Du musst mir unbedingt die Fortsetzung kaufen wenn sie rauskommt! Hast du noch mehr Bücher?“
„Ich werde morgen nach der Schule gleich zur Bücherei gehen und dir einige besorgen. Brauchst du noch etwas anderes Buddy?“
Timmie schwieg für einen Moment und schien viel zu ernst für sein zartes Alter zu sein. „Ich will, dass Mama und Papa sich wieder besser verstehen. Sie tun immer so als wären sie glücklich aber sie streiten die ganze Zeit wenn sie nicht in dem Zimmer sind.“
Tray seufzte tief. Die Herzprobleme und die ständige Angst um ihren jüngsten Sohn ließen seine Eltern langsam aber sicher zu Grunde gehen. Ihre Ehe schien nur noch aus Schweigen, Streiten und der elendigen Hoffnung zu bestehen, dass Timmie rechtzeitig ein Spenderherz bekommen würde.
„Ich werde versuchen es zu klären okay?“
„Danke Tray. Ich hab dich so lieb.“ Mit diesen Worten brach er seinem großen Bruder fast das Herz.
Tray lag müde in seinem Zimmer. Er könnte die Musik laut anschalten um das Schrein seiner Eltern zu übertönen. Aber es würde ja nicht die Tatsache ans ich ändern und auch nicht sein Gewissen darüber. Müde schloss er seine Augen und dachte überraschender Weise an Emily. Er stellte sich vor wie sie ihn anlächelte und ganz sanft seine Wange mit ihrer kleinen, weichen Hand streichelte. Das hatte sie noch nie in der Realität getan. Sein Herz wurde warm und er musste breit lächeln. Als er die Augen wieder aufschlug verblasste das Bild in seinen Gedanken. Das Schreien und Streiten seiner Eltern hatte endlich aufgehört. Erschöpft griff er nach seinem Handy und schrieb ihr eine Nachricht, nur um einige Minuten später mit ihr in seinen Gedanken einzuschlafen.
Als sie spät abends im Bett lag und an die Decke starrte wusste sie nicht mehr was sie machen sollte. Ihr Leben fühlte sich an, als wäre sie in einem ewigen Teufelskreis gefangen, von dem sie nur einige Stunden frei gegeben wurde, wenn sie mit Tray zusammen war.
Tränen wollten ihr die Sicht nehmen, aber sie war zu stolz. Die Katze in ihr wurde wütend von der eigenen Hilflosigkeit und sie krallte sich in das Bettlaken.
In diesem Moment vibrierte ihr Handy glücklicherweise und lenkte sie von ihrer Misere ab. Sie nahm es in die Hand und öffnete die Nachricht. Sie war von Tray. Ihr Herz schlug sofort höher und eine Gänsehaut jagte über ihren Rücken.
Ich hoffe, ich wecke dich nicht auf. Das mit morgen steht, ich komme mit in den Zoo. Schlaf gut Kleines.
„Wir müssen nur noch zu den Affen, wirklich! Dann können wir gehen!“, flehte sie atemlos und versuchte ihn vor sich her zu schieben.
„Ich bewege mich keinen Zentimeter weiter.“ Er verschränkte die Arme vor der Brust. Die Sonne stand hoch am Himmel und ihm war furchtbar heiß. Zwei Stunden waren sie schon durch diesen verdammten Zoo gelatscht und jedes Mal wenn er fragte gab es ‚nur’ noch ein Tier, dass sie sich anschauen musste.
„Bitte, ich kauf dir auch ein Eis! Oder Pommes, oder was immer du willst!“ Und das obwohl ihr Geld äußerst knapp war.
„Nein, ich will kein Essen.“
„Was willst du dann?“
„Dich, also gehen wir jetzt nach Hause und streichen die Affen von der Liste.“
„Das geht nicht, ich brauche diese Infos. Aber...“ Sie schluckte und sah ihn zögernd an. Die folgenden Worte kamen nur sehr schwer über ihre Lippen. „Wenn du mitkommst, unterwerfe ich mich vielleicht heute Abend. Aber nur heute Abend. Und nur einmal“
Er begann zu grinsen, denn er genoss ihre Katz- und Mausspiele. Und ein außerordentlich dominantes Weibchen, das sich unterwarf, hatte einen gewissen Reiz für seinen Löwen. „Na gut. Komm, die Affen warten.“
Sie lächelte zuckersüß, nur für ihn. „Ich hatte nur vielleicht gesagt.“
Kaum hatte sie seine Zimmertür geschlossen und die Tasche abgelegt umfassten starke Hände ihre Hüften und zogen sie an einen heißen Körper. Sie schnappte nach Luft, als sie spürte wie hart er schon war. Eine Hand ließ von ihrer Hüfte ab und umfasste ihre Brust.
Sie krallte ihre Hände hilflos in seine Unterarme und versuchte diese wegzuziehen. Als ihr das nicht gelang, knurrte sie tief in der Kehle auf.
„Nein. Dieses Mal bestimme ich die Regeln.“ Seine Stimme dröhnte in ihr Ohr und ließ sie erschaudern.
„Aber...“
„Kein Aber. Heute gehörst du ganz allein mir.“
Plötzlich drehte er sie um und presste sie gegen die Tür. Sein Mund fiel über ihren her bevor sie nur nach Luft schnappen konnte. Schon wieder küsste er sie. Hilflos krallte sie sich in seinen Schopf und ließ ihn wie ein Wirbelsturm über sie hinweg fegen. Eine ganz leise Ungewissheit fragte sie jedoch, was von ihr übrig bleiben würde, wenn er sich zu viel nahm. Würde sie danach noch immer die gleiche Emily sein?
Ein Schauder überlief ihren Rücken, als er ihr das T-Shirt über den Kopf zerrte und sein Bart sofort kratzige Spuren auf ihrem Hals und ihren Brüsten hinterließ. Hilflos ergeben schlang sie ein Bein um seine Hüfte und presste sich ihm entgegen. Sie würde sich ihm aus Verzweiflung sogar bedingungslos hingeben, wenn er sie nicht mehr küssen würde.
Er knurrte verspielt, hob sie kurzerhand hoch und trug sie die wenigen Schritte bis zu seinem Bett. Als er sie darauf fallen ließ und mit seinen Augen ihren Körper verzerrte, zitterte sie am ganzen Körper. Noch nie war er so wild mit ihr umgegangen.
Als er das Zittern bemerkte, sank er auf sie und seine glühenden Augen blickten in ihre. Der Löwe hatte durch und durch die Kontrolle über ihn übernommen. „Nur meins,“ hörte sie ihn flüstern bevor er ihr jegliche Gedanken unmöglich machte.
Am Ende war sie noch immer Emily und sie war nicht zerbrochen. Aber sie war auch nicht mehr die gleiche wie zuvor.
Müde malte sie Kreise auf seine Brust. Die letzten Stunden voller Leidenschaft hatten sie erschöpft und ihr Geist war weit in die Ferne geschweift. Zu einem Ort, an dem sie glücklich mit Tray war. An dem es keinen trinkenden Vater oder eine tote Mutter gab. Nur ihn und sie. Und als sie so darüber nachdachte, kam ihr eine Frage auf.
„Bist du eigentlich verliebt?“, murmelte sie schläfrig.
„Als ob ich jemals jemanden lieben würde!“ Die Worte waren nur rau ausgestoßen.
Sie schloss die Augen und versuchte den plötzlichen Schmerz in ihr zu verstehen. „Aha...“, war das Einzige, das ihre trockene Kehle hervorbrachte.
Eine Weile schwiegen sie, dann streichelte er zart ihren Rücken mit seinen Fingern. „Und du Em? Hast du jemanden gern?“
Sie dachte eine Weile nach, bis sie müde raunte: „Es gibt schon einige, dominante Männchen, die mich interessieren. Aber ich würde nicht sagen, dass ich tiefe Gefühle für sie hege. Nur körperliche Anziehung.“
Er knurrte instinktiv, um ihr seine Anwesenheit und Dominanz zu verdeutlichen. Sie hob den Kopf und grinste unverschämt. „Stört dich das etwa?“ Statt ihr zu antworten umschlang er ihren Körper und zeigte ihr, was wahre Lust war. Aus einem unerklärlichen Grund wollte er jegliche Gedanken an andere Männchen in ihr gänzlich ausradieren. Sie sollte doch nur ihm gehören.
Tray sah die schlafende Emily neben sich an. Ihre roten Wimpern lagen als zarte Fächer auf ihren runden Wangen. Sie sah so kindlich und unschuldig aus wenn sie vor sich hin schlummerte. Hätte er nicht gewusst, was für eine verspielte, rebellische Katze in ihr steckte, hätte er sie für zahm gehalten. Aber sie war alles Andere als das, sie war wild und perfekt für ihn.
Verwirrt dachte er über diese Feststellung nach. Sie passte wirklich unglaublich gut zu seinem Charakter und er fühlte sich immer wohl, wenn er bei ihr war. Seine Raubkatze wollte sie nicht gehen lassen und erst recht nicht in den Armen eines anderen Männchens sehen. Ein unglaublich animalisches Gefühl breitete sich in ihm aus. Sie war sein, und jeder der es anzweifeln würde, würde seinen Löwen richtig kennen lernen.
Als sie sich anzog war er unten in der Küche und schmierte wieder Brote. Sie fühlte sich ausgesprochen wohl und entspannt, wie es schon seit langem nicht mehr der Fall gewesen war. Alles fühlte sich einfach gut an.
Als er hochkam und sie ansah, da runzelte er einen Moment nachdenklich die Stirn. Dann grinste er. „Ich habe dir ein Sandwich gemacht.“
„Danke, ich muss auch gleich los.“ Sie streckte die Hand danach aus doch er gab es ihr nicht. Verwirrst fragte sie: „Was soll das?“
Er grinste und kam ihr näher, ließ das Sandwich jedoch außerhalb ihrer Reichweite. „Was würdest du machen um es zu bekommen?“
Und weil sie in einer so guten Laune war spielte sie dieses Spiel mit. „Was willst du mich denn tun lassen?“
Augenblicklich freute er sich, dass sie das Spiel durchschaut hatte. „Du willst es wirklich wissen?“ Sie nickte stumm. „Ein Kuss.“ Ihre Augen weiteten sich vor Erstaunen und ein Schauder lief ihr über den Rücken. Schon wieder? Aber eigentlich genoss sie ihre Küsse auch ein wenig und mit jedem Kuss wurde ihr die Situation vertrauter.
„Okay... aber nur wenn du die Augen schließt.“
Also schloss er die Augen und wartete. Nur Sekunden später spürte er ihre weichen Lippen auf seinen. Es war nur eine flüchtige Berührung, doch eine weitere und noch eine folgte daraufhin.
Ganz zärtlich leckte sie über seine Unterlippe und er zitterte überrascht. So hatte sie ihn noch nie geliebkost. Bereitwillig öffnete er den Mund für sie und legte unbeholfen seine Arme um ihre Hüften. Vergessen war das Sandwich und ihre kleine Wette.
Mit hochroten Wangen löste sie sich von ihm und öffnete ihre Augen im gleichem Moment wie er. „D-Darf ich... jetzt m-mein Sandwich?“, stammelte sie. Wortlos hielt er es ihr hin. Sie schenkte ihm ein kleines, gewinnendes Lächeln und widmete sich dann ihrem Essen.
Ihr Lächeln hatte jedoch eine ungeheure Auswirkung und es fühlte sich an, als ob ihm jemand eine Keule in die Magengrube geschlagen hatte. Oder waren das die berühmten Schmetterlinge?
Auf dem Weg nach Hause kaufte sie ein wenig Lebensmittel und Putzzeug ein. Sie wollte endlich einmal jedenfalls die Küche sauber bekommen. Aus Scham hatte sie Tray noch nie erlaubt, sie auch nur besuchen zu kommen. Das wollte sie bald ändern. Einmal wollte sie ihm einen Blick in ihr Leben gewähren, unter der Bedingung dass ihr Vater in dieser Zeit seinen Rausch ausschlief.
Zu Hause angekommen erwartete jedoch eine Überraschung Emily. Sie hatte sich schon mental darauf vorbereitet, ihren betrunkenen Vater anzutreffen und sich wieder um seinen Dreck zu kümmern, doch ihr Vater summte in der Küche vor sich hin.
„Dad?“, fragte sie vorsichtig.
„Ja mein Engel, komm rein!“, rief er.
Misstrauisch trat sie in die kleine Küche. Das Radio lief, der Tisch war gedeckt und es duftete nach Essen. Sogar das dreckige Geschirr war gespült worden und ließ das Waschbecken wieder ein wenig hervorblitzen.
„Oh...“, einen Moment war sie sprachlos, dann räusperte sie sich: „Was gibt es denn?“
„Nudelauflauf, so wie du es magst.“ Kurz ließ sie ihren Blick schweifen. Sie fand weder Bier- noch Weinflaschen. Dankbar lächelte sie, dann setzte sie sich an den Esstisch.
„Und Maus, wie läuft es mit diesem Tray? Seit ihr nun zusammen?“
Sie musste darüber lachen. „Niemals, er ist kein Junge für Beziehungen. Er ist denke ich sogar unausstehlich, wenn es darauf ankommt.“
„Also magst du ihn sehr?“, fragte ihr Vater verschmitzt.
Sie legte den Kopf schräg. „Ein wenig vielleicht.“
„Wie groß ist denn ein wenig?“ Seine braunen Augen blitzen im Schein der Kerzen auf dem Tisch liebevoll. Emily zog eine Grimasse, dann deutete sie einen Abstand von einigen Zentimetern zwischen Daumen und Zeigefinger an.
„So viel, mehr nicht!“
„Mäuschen...?“ Er zog lediglich eine Augenbraue hoch. Ihr Vater war ebenfalls ein Gestaltenwandler und sein Leopard war eine sehr neugierige Katze.
Emily seufzte, denn sie konnte ihren Vater noch nie anlügen. „Wir sind Freunde, nur Freunde. Wir haben Spaß und verbringen Zeit miteinander.“ Er sah sie erwartungsvoll an, bis sie die Hände hob. „Okay, wir haben Sex. Aber das hat nichts mit Liebe zu tun. Meine Katze braucht das, und er ist nun mal dominant genug, es mit mir aufzunehmen. Das ist wirklich Alles!“
Ihr Vater war immer ihr Held gewesen, weil er sie niemals, und auch nicht jetzt, sofort verurteilte. Er schien lediglich kurz nach zu denken. „Hat er noch andere Sexpartner?“
„Niemals. Er sie aus tiefsten Herzen loyal, und wir versprachen einander am Anfang dieser Beziehung niemand anderen zu haben.“
„Maus, ich weiß, du willst das nicht hören, aber so etwas endet nie gut. Ich würde das an deiner Stelle beenden, denn ehe du dich versiehst, dienst du ihm wie ein blinder Hund. Oder noch schlimmer, er denkst, du gehörst ihm.“
Sofort wollte Emily instinktiv eine Erwiderung aussprechen, doch dann hielt sie inne und dachte nach. Sie erinnerte sich an sein Verhalten Stunden zuvor. Sie erinnerte sich daran, wie er sie rau geliebt hatte, als hätte er seinen Besitz demonstrieren wollen.
Sie seufzte. „Glaubst du wirklich, ich sollte es beenden?“, fragte sie ihren Vater, der das Essen servierte.
„Ich bin mir nicht sicher, aber vielleicht ist es am vernünftigsten so lange du ihn nicht liebst. Aber bevor du über diese Dinge nachdenkst, solltest du dir deiner Gefühle sicher sein. Ist er nur ein Freund, oder ist dort nicht doch noch mehr?“
Eine Weile schwieg sie, dann seufzte sie resigniert. „Dad, was ist los mit dir?“
Ihr Vater schluckte schwer, dann straffte er die Schultern. „Ich habe heute Morgen in den Spiegel geschaut. Ich sah einen verwenden, zerbrochenen Mann ins Gesicht. Ich fragte mich, ob deine Mutter gewollt hätte, dass ich an ihrem Tod zerbreche. Ich glaube nicht... und deswegen möchte ich versuchen, wieder ein guter Vater zu sein. Ich kann leider keine großen Versprechen geben, aber ich versuche die kleinen von ihnen nicht zu brechen. Ich finde, du solltest wieder stolz auf deinen Vater sein sollen.“
Tränen rannen über ihr Gesicht und all die vergangenen Lasten verblassten. „Danke Daddy, ich wusste, mein Held würde mich nicht enttäuschen.“
Gleich am Montag fing Tray sie an ihrem Schließfach ab und strahlte sie breit an. „Was hast du heute so nach der Schule vor Kleines?“
„Ähm... Ich weiß es noch nicht genau. Wieso denn?“
„Ich wollte fragen, ob ich dich entführen darf?“
Fragend hob sie eine Augenbraue hoch und bemerkte, wie ihre Mitschüler ihnen verstohlene Blicke zuwarfen. Natürlich waren sie offiziell nur Freunde, aber jeder redete trotzdem über sie.
„Ich denke... das ist vielleicht keine gute Idee.“
„Warum nicht?“
Sie machte eine kleine Kopfbewegung um anzudeuten, was vor sich herging. Doch er zuckte nur mit den Schultern und grinste sie breit an. „Wo ist das Problem?“
„Ich dachte... das soll privat bleiben.“
Er runzelte die Stirn und fragte sich einen Moment, ob sie sich vielleicht sogar für ihn schämte. Ihren Status als Single und begehrtes Mädchen nicht verlieren wollte. Keine Gerüchte oder Anspielungen wegen ihm ertragen wollte.
„Das kann es auch wenn du es so willst. Wir sehen uns bei Lunch?“
Sie nickte und lächelte ihn niedlich an ehe sie zu ihrer Klasse ging.
In der Mittagspause saßen sie wie immer mit ihren Freunden zusammen und alberten rum. Es wurde über das vergangene Wochenende geredet und über die Klausuren für diese Woche. Amy saß neben Tristen und unterhielt sich mit ihm über eine Lehrerin als Tray zu ihnen stoß. Sofort verfinsterte sich seine Miene und er nahm gegenüber der beiden Platz. Tristen war wie Tray und Emily auch ein Gestaltenwandler. Soweit so gut, wenn er nicht ein Leopard wie Emily gewesen wäre. Als er dann auch noch scheinbar unbewusst über ihre rechte Hand strich, kam in ihm wilde Eifersucht auf. Er konnte das Knurren, dass er ausstieß nicht mehr zurückhalten und blickte sie stets an. Verwirrt hob sie den Kopf und als ihr bewusst wurde, in welcher Situation sie sich befand, riss sie ihre Hand schnell weg.
Seine Augen fixierten sie genau und sie schluckte schwer. Dann drehte sie sich um und suchte einen anderen Grund für seine Reaktion zu finden. Es gab keinen. Besorgt runzelte sie die Stirn. „Alles okay?“
Er schluckte schwer bevor er sagte: „Natürlich. Ich hatte mich nur verschluckt.“
Sie lächelte schüchtern und nahm dann das Gespräch mit Tristen wieder auf. Tray ließ die beiden keinen Moment aus den Augen und ignorierte jegliche versuche von Sarah, mit ihm zu reden. Der Mittelpunkt seines Interesses schenkte im Moment nicht ihm seine Aufmerksamkeit, sondern einen anderen Jungen.
Nach der Schule gab er ihr erst gar nicht die Möglichkeit, es sich noch einmal zu überlegen. Geschickt führte er sie zu sich nach Hause und als sie im Flur angekommen waren, realisierte erst, dass sie ihm blind gefolgt war.
Ein wenig unglücklich mit sich selbst, aber dennoch unglaublich glücklich bei ihm zu sein, ließ sie die Tasche fallen und verschwand in der Küche.
„Hast du auch Hunger?“
„Ja, machst du uns was zu essen?“
„Klar, was willst du?“
„Ist mir egal, was du findest.“
Emily machte sich auf die Suche und fand eine Dose Ravioli, die sie schnell aufwärmte. Mit einer großen Schüssel und zwei Gabeln folgte sie ihm hoch in sein Zimmer und ließ sich auf einen seiner Sitzsäcke plumpsen. Er sackte neben sie und zusammen fielen sie über das Essen her.
Satt und zufrieden erledigte sie einen Teil ihrer Hausaufgaben während er im Internet seine Zeit vertrödelte. Erschöpft und fertig ließ sie nach ungefähr einer Stunde die Hefter zu Boden gleiten und rollte sich auf dem Sitzsack zusammen. Sie warf noch einen letzten Blick auf sein wunderschönes Gesicht, bevor sie einnickte.
Tray räumte leise das Geschirr weg und packte ihre Sachen zusammen. Langsam rutschte ihr Handy auf den Boden. Mit einem unsicheren Blick zu ihr gab er das Passwort ein. Ein Bild von ihrer Mutter zierte den Hintergrund. Ein grundloser Wunsch, sich zu vergewissern, dass er der Einzige war, ließ ihn ihre Nachrichten öffnen. Tristen hatte sie angeschrieben, ob sie heute Zeit hatte. Sie hatte ihm nicht geantwortet.
Ein wenig frustriert legte er das Handy zurück in ihre Tasche und blickte zu ihr. Sie sah sehr niedlich aus wenn sie schlief. Einfach friedlich. Ab und zu rümpfte sie ihre kleine Stupsnase, als wenn sie mit etwas nicht zufrieden wäre.
Er zog sein T-Shirt und seine Hose aus und machte das Bett neu. Dann hob er sie vorsichtig hoch und legte sie zu sich. Als er neben sie schlüpfte, raste sein Herz ganz albern in seiner Brust. Was war nur los mit ihm?
Aber er wollte keine Antwort auf diese Frage zu haben. Zu schön war das Gefühl, sie zu halten, und neben sich zu wissen.
Als Emily aufwachte lag sie in seinen Armen. Ihr Körper hatte sich dicht wie Efeu an seinen Körper geschmiegt. Aber er schlief nicht, er sah sie nur an. Verwirrt erwiderte sie den intensiven Blick und runzelte die Stirn. „Was ist? Ist alles okay oder...“
Da küsste er sie schon. Tief und innig, wie sie noch nie geküsst worden war. Er umfasste ihr Gesicht und zog sie noch näher zu sich. Aus einem unbegreiflichen Grund glaubte sie fast, dass er sie in diesem Moment brauchte. Dass er sie wollte.
Unsicher erwiderte sie den Kuss und fuhr durch sein Haar. Als er langsam mit seinen Händen unter ihr Hemd fuhr erschauderte sie. Er war noch nie so zärtlich mit ihr umgegangen. Oftmals hatten sie sich einfach nur geliebt. Schnell, langsam; kurz, lang; tags und nachts. Dabei war es stets nur darum gegangen, sich selbst zu befriedigen und ein wenig Spannung abzulassen. Doch dieses Mal schien etwas anders zu sein. Ein Ziehen in ihrem Herzen ließ sie kurz innehalten, aber es fühlte sich irgendwie gut an.
„Emily?“
„Ja?“
Seine Augen verdunkelten sich einen Moment und dann schüttelte er den Kopf. „Ist egal. War nicht so wichtig.“ Aber wenn es nicht so wichtig war, warum raste ihr Herz dann so schnell?
Tray fühlte sich nach diesem Tag außerordentlich entspannt. Er war zufrieden mit sich und der Welt für einige Stunden bis er seine Eltern im Hausflur streiten hörte. Es ging wie immer um das Selbe, seinen Bruder.
Beide wollten sich nicht eingestehen, dass die restliche Hoffnung auf Besserung, die es gab, winzig war und man auch an die Alternative denken sollte, sein Bruder würde sterben. Hilflos sich ihrer Trauer hinzugeben ließen sie ihren Frust aneinander aus. Teilweise schwiegen sie sich nur an, manchmal aber auch schrien sie und schmissen Gegenstände umher. Vertragen taten sie sich jedoch jedes Mal unter Tränen.
Als sie nach Hause ging und ihren Vater den zweiten Abend im nüchternen Zustand erlebte, schöpfte sie fast ein wenig Hoffnung. Als sie fast eingeschlafen war, vibrierte ihr Handy neben ihr. Müde öffnete sie die Nachricht und stellte fest, dass sie von Tray war.
Schlaf gut Kleines. Ich freu mich auf Morgen.
Am nächsten Tag in der Schule erwartete Tristen sie an ihrem Schließfach. Verwundert sah sie zu ihm auf und öffnete ihren Spint.
„Alles okay?“
„Klar. Ich wollte dich fragen, ob du Lust hast, heute nach der Schule mit mir in die Stadt zu fahren.“
„Aber warum denn?“
„Naja...“ Ein wenig unsicher strich er sich über den Nacken und trat von einem Fuß auf den anderen. „Ich dachte mir ich führe dich aus. Was hältst du davon?“
Langsam schien sie zu begreifen und sah ihn verwundert an. „Aber ich dachte, du stehst auf Sarah!“
Verlegen lachte er. „Von wem hast du denn diesen Mist?“
Unsicher biss sie sich auf ihre Unterlippe. „Von.... naja... einigen Leuten.“
„Also, was ist jetzt?“
„Ich... kann ich dir bei Lunch Bescheid geben?“
„Klar, ich sehe dich dort. Übrigens, ich mag das Kleid an dir.“ Mit diesen Worten drehte er sich um und ging seines Weges. Mit roten Wangen und sehr verunsichert sah sie an sich hinunter. Es war endlich warm genug, wieder Kleider zu tragen und so hatte sie eines ihrer neuen für diesen Schultag gewählt.
Aber so sehr sich auch über Tristens Kompliment freute, konnte sie sich dennoch nicht vorstellen, mit ihm auszugehen. Tray würde so etwas nie zulassen.
In der Mittagspause holte sie sich nur einen Salat, den sie in der Sonne genießen wollte. Als sie jedoch auf den Weg nach draußen war, sah sie Tray und Tristen in einen der Gänge stehen. Die beiden sahen ziemlich aggressiv aus und sahen sich regelrecht kampfbereit an.
Vorsichtig schlich sie sich näher, um zu erfahren, worüber die Konversation war.
„Ich warne dich, denk nicht mal daran! Du kannst sie nicht haben.“
„Sagt wer?
„Ich, und das reicht.“
„Wer gibt dir das Recht, über so etwas zu bestimmen?“
„Niemand, ich habe es einfach. Halte dich von ihr fern. Du kannst ihr Freund sein, aber erhoffe dir nicht mehr als das.“
„Wir werden sehen. Es ist ihre Entscheidung.“
Plötzlich schlug Tray mit seiner Faust auf eines der Schließfächer ein, dass neben Tristens Kopf war. „Hast du mich etwa nicht verstanden?“
„Doch, ich habe dich verstanden. Aber Emily kann selbst entscheiden, wen sie an sich ran lässt. Warum ist sie dir eigentlich so viel Wert? Du interessiert dich doch nie für ein Mädchen, wenn es um mehr als einen Fick geht.“
Ein tiefes Knurren ertönte und Tray ballte auch die zweite Hand zu einer Faust. „Ich muss mich nicht rechtfertigen. Lass die Finger von ihr. Sie ist meins.“
„Sie ist nicht deins. Du liebst sie ja noch nicht mal.“
Wütend fauchte er: „Das mag vielleicht wahr sein. Ich liebe sie nicht. Aber ich besitze sie. Sie ist tabu für dich und jeden anderen. Finde dich damit ab und suche dir jemand anderen.“
Als er sich umwandte und gehen wollte, erblickte er Emily zehn Meter entfernt im Gang stehen. Ihr Herz raste und das Tablett mit dem Salat in ihrer Hand fühlte sich plötzlich ganz schwer an. Ihre Blicke kreuzten sich und in diesem Moment wusste Emily, dass Tray jedes einzelne Wort so gemeint hatte, wie er es gesagt hatte.
Das Tablett fiel mit einem Scheppern zu Boden und ihr Orangensaft spritze auf ihre Füße, ihre Sandalen, ihr Kleid. Von einem Moment auf den anderen sanken seine Worte tief in ihr Herz hinein und ihre Füße trugen sie weit fort. Unerwartete Tränen nahmen ihr die Sicht und gerade noch zeitig, bevor Tray ihr Handgelenk erwischen konnte, hatte sie sich in der Mädchentoilette versteckt. Mit einem Knall verschloss sie mit zitternden Fingern die Tür.
Ihr Vater hatte recht gehabt. Die ganze Zeit war sie einem Jungen hinterher gelaufen der sie nicht einmal liebte, nicht einmal wert schätze. Einem Jungen, der nichts weiter in ihr sah als ein Schoßhund. Was war nur aus ihr geworden? Wo war die alte Emily, die jedem die Stirn bieten konnte und sich nichts gefallen ließ?
Sie war begraben unter viel zu vielen süßen Küssen und getrübten Erinnerungen.
Sie brauchte fast eine Stunde aber letztendlich fand sie doch noch die Kraft sich auf zu richten, das Haar zu kämmen und die verschmierte Wimperntusche wegzuwischen. Nachdem sie ihre Wangen mit kaltem Wasser belebt hatte und eine neue Schicht Puder aufgelegt hatte, fühlte sie sich ein wenig besser.
Vielleicht war es ihre Enttäuschung, vielleicht ihre Wut oder vielleicht auch einfach ihr Frust der sie dazu trieb Tristen endlich auf seine Nachrichten zu antworten. Sie willigte ein, sich mit ihm zu treffen. Sichtlich erfreut versprach er ihr, sie nach der Schule im Park zu treffen. Ein wenig unwohl bei der Sache fühlte sich Emily schon, aber sie wollte sich mit diesem Treffen selbst etwas beweisen. Sie wollte sich nicht mehr abhängig von Tray fühlen. Nie mehr. Sie wollte wieder die alte Emily sein, die mit jedem flirten konnte ohne Versprechen zu geben und ihr Leben auskostete als wäre jeder Tag ihr letzter.
Nach der Schule rannte sie fast zum Park weil sie Tray auf gar keinen Fall über den Weg laufen wollte. Als sie ankam, leicht verschwitzt und außer Atem, wartete Tristen schon auf sie. Er umarmte sie herzlich zur Begrüßung und streichelte sanft durch ihr weiches Haar.
„Es tut mir leid, was heute abgegangen war. Ich habe mich wie ein Mistkerl verhalten.“
Sie schüttelte leicht den Kopf. Nein, Tray war das Arschloch gewesen. Tristen hatte nur aus Dominanzgründen nicht nachgeben wollen. „Es ist okay. Ich danke dir eigentlich dafür, dass du meine Augen ein wenig geöffnet hast. Aber lass uns nicht mehr darüber reden, okay? Hast du schon irgendetwas geplant oder sollte das hier eher spontan sein?“
„Naja...“ Er fuhr sich wieder verlegen mit einer Hand durch sein Haar. Irgendwie war er wirklich süß wenn er es tat, aber auf eine attraktive Art und Weise. „Ich dachte mir, wir könnten vielleicht ein Eis essen gehen und dann ein wenig durch die Stadt bummeln. Und wenn du willst, kann ich später etwas für dich kochen. Also bei mir zu Hause meine ich.“
Erfreut, dass sein Vorschlag keine Orte beinhielt, die Tray vielleicht aufsuchen sollte, willigte sie mit einem Nicken ein. „Eiscreme klingt wundervoll.“
Nach einem Eis und einem langen Bummel durch die Stadt, bei dem die beiden sich lustige, kleine Dinge gekauft hatten, machten sie sich auf den Weg zu seinem Elternhaus. Die ganze Zeit über hatten sie wunderbar reden können und mit verspielten Neckereien hatte er sie immer wieder zum Lachen gebracht obwohl sie tief in ihrem Inneren noch betrübt war.
Vor seiner Haustür angekommen streichelte er ihre Wange für einen kurzen Moment bevor er nach seinem Schlüssel griff und die Tür aufschloss. „Ich weiß nicht ob meine Eltern schon zu Hause sind, aber sie bleiben normalerweise bis spät abends weg.“
Emily nickte andächtig und sah sich interessiert um. Der Flur des Hauses war aufgeräumt, die Wände frisch gestrichen und mit Familienbildern bedeckt und die Schuhe ordentlich in einem Schuhschrank versteckt. Auf einer Kommode standen frische Blumen und Emily konnte sich selbst im Spiegel am Ende des Flures erhaschen. Nachdem sie ihre Schuhe ausgezogen hatte folgte Emily Tristen in die Küche.
„Also, auf was hast du Lust?“
„Ähm... Was kannst du denn kochen?“
Verlegen rieb sich Tristen seinen Nacken ehe er ihr ein zurückhaltendes Lächeln schenkte. „Um ehrlich zu sein bin ich ein schrecklicher Koch. Ich brenne sogar Nudeln an.“
Emily konnte ein Lachen nicht unterdrücken. Seine Unsicherheit, die sich nur in einigen Moment zeigte, war nicht nur ungeheuer sexy sondern auch unglaublich sympathisch. „Okay. Wenn das so ist, dann kann ich für uns beide kochen. Du hast nämlich Glück, ich bin eine gute Köchin.“
Das Lächeln dass er ihr danach schenkte war unbezahlbar.
Nach einem guten Abendessen ließen Tristen und Emily sich im Wohnzimmer nieder. Abermals musste Emily mit Staunen feststellen, wie sauber und neu diese Wohnung war und was für ein Chaos sie daheim erwartete. Normalerweise musste sie zu Hause sein bevor es dunkel war, aber heute war es ihr egal, ob sie Ärger bekommen würde. Denn sie wusste, dass sie sofort an Tray denken würde sollte sie alleine sein.
Obwohl ein James Bond Film über die Fernseher flimmerte hatte Emily Probleme sich auf den Film zu konzentrieren. Immer wieder schweiften ihre Gedanken ab.
„Alles okay bei dir?“
Tristens Frage riss sie aus ihren Gedanken. „Was? Ja, natürlich. Ich bin nur ein wenig erschöpft.“
„Emily. Du musst mich nicht anlügen. Wir sind seit Jahren in einer Klasse. Ich kenne dich besser als du denkst und ich weiß, wenn du deine Stirn runzelst, dann beschäftigt dich etwas. Rede mit mir. Bitte. Ich will für dich da sein.“
Seine ernsten Worte ließen Tränen in ihre Augen treten aber sie blinzelte sie eilig weg. „Danke Tristen. Heute war einfach ein sehr anstrengender Tag.“
„Trays Worte taten dir sehr weh, nicht wahr?“
„Natürlich. Er war einer meiner besten Kumpels. Ich dachte er wäre loyal und ehrlich. Nicht verlogen und so ein Arschloch. Aber ein Realitäts-Check ist nicht unbedingt etwas Schlechtes. Von daher hast du mir wahrscheinlich einen Gefallen getan.“
Tristen fing an mit ihren Haaren zu spielen und hörte auch nicht auf als sich Schweigen zwischen ihnen ausbreitete. Statt ein wenig Distanz zwischen sich und Tristen zu bringen schmiegte Emily sich noch näher an seine Seite.
Während Schüsse im Film fielen und das Quietschen von Autoreifen ertönte küsste Tristen sie. Erst zärtlich, dann inniger. Mit jeder Sekunde, die Emily ihn gewährte wurde er ein wenig forscher. Langsam aber sicher glitten seine Hände über ihren Rücken zu ihrem Hintern. Fest knetete er ihre weichen Kurven und rieb schließlich seine Lenden gegen die ihren. Obwohl Emily etwas fühlen wollte, selbst wenn es nur ein wenig Aufregung oder Spannung wäre, fühlte sie nichts. Kein irrationales Verlangen. Kein Prickeln in ihrem Kopf und ihrem Schoß. Keine Hitze die sich bis in ihre Zehen ausbreitete und auch kein nervöses Flattern im Bauch. Nichts. Und das obwohl ein unglaublich gut aussehender, netter, hinreißender Junge sie küsste.
In diesem Augenblick hasste sie Tray so innig wie niemals zuvor. Es war ganz allein seine Schuld, dass sie so fühlte. Es war seine Schuld, dass sie sich in ihn verliebt hatte. Er war es doch gewesen, der eine Freundschaft mit gewissen Vorzügen wollte. Warum also hatte er angefangen sie zu küssen, ihr Nachrichten zu schreiben oder mehr Zeit als nötig mit ihr zu verbringen?
Als Tristen federleichte Küsse auf ihrem Schlüsselbein verteilte wurde ihr alles zu viel. „Warte. Tristen. Warte.“ Vorsichtig aber doch stetig drückte sie gegen seine Schultern. „Nicht so. Nicht heute. Ich... kann das einfach nicht.“
Sie hatte Wut oder Frust erwartet aber Tristen nahm sie einfach fest in die Arme. Beruhigend streichelte er ihren Rücken. „Es ist alles okay. Mach dir keine Sorgen. Es ist sowieso schon spät. Soll ich dich nach Hause bringen?“
Ein nervöses Lachen entfuhr ihr und sie strich sich mit zitternden Fingern die Haare aus der Stirn. „Das musst du nicht. Echt. Ich bin schon ein großes Mädchen.“
„Darf ich dich dann jedenfalls bis zum Park bringen?“
Emily runzelte zögerlich ihre Stirn, willigte dann aber doch ein. „Na gut, gerne.“
Tristen umrahmte ihr Gesicht in seinen Händen und rieb seine Nase für eine Sekunde an ihrer. „Mach dir keine Sorgen Emily. Alles ist okay.“
„Okay. Wenn du das sagst.“
Als sie eine halbe Stunde später am Park ankamen durchfuhr ein Schauder sie. Nicht allzu weit entfernt saß eine dunkle Gestalt auf einer Bank und Trays Geruch war so penetrant und würzig, dass sie ihn schon von weitem wittern konnte. Es fühlte sich an als würde jede Faser ihren Körpers auf ihn reagieren. Als hätte er sie ebenfalls vom weitem gewittert, stand er auf und lief auf sie zu. Seine Schritte waren zügig und sein Gesicht war von der Kapuze seiner Jacke überschattet. Tristen, der Tray in diesem Moment ebenfalls identifizierte wurde starr neben ihr.
Nur einige Meter von Emily entfernt blieb Tray stehen. Seine Schultern bebten leicht vor Wut. Als Tray sprach glich es mehr einem Knurren: „Emily, komm her.“
Übelkeit lag in ihrer Magengrube. Sie traute weder sich selbst, noch ihm. „Tray, beruhig dich erst mal.“
„Ich will mich nicht beruhigen. Komm her. Sofort.“
Sie zuckte zusammen bei seinen rauen Worten und sah zögernd zwischen Tristen und Tray hin und her. Beide sahen aus als könnten sie einander sofort angreifen, die Hände zu Fäusten geballt und ein grimmiger Ausdruck im Gesicht. Statt Emily eine Chance zu geben, selbst zu antworten, knurrte Tristen: „Hör auf ihr Befehle zu geben, nur weil du dominanter bist. Sie gehört dir nicht, sie kann tun was sie will.“
Augenblicklich wurden Trays Augen wurden zu denen eines Löwen. Ganz langsam begann er auf Tristen zu zulaufen. „Du hast keine Ahnung wovon du sprichst Tristen. Ich habe dich gewarnt, lass die Finger von ihr.“
„Und jetzt rate mal wer heute mit ihr einkaufen war, mit ihr gekocht hat und Filme geguckt hat du Bastard. Sie braucht dich nicht zum Leben.“
Plötzlich geschah alles ganz schnell. Die beiden gingen aufeinander los und ein wilder Kampf zwischen zwei Raubkatzen brach aus. Scharfe Krallen blitzten im fahlen Licht der Straßenbeleuchtung auf und der Geruch von Blut durchtränkte die Luft. Emily war sich nicht sicher, wer von den beiden verletzt war denn dafür rangelten sie einfach zu schnell miteinander.
Ihrer eigenen Sicherheit zu liebe wich sie von den beiden zurück. Würden die beiden sich jetzt in ihre Tiere verwandeln könnten sie im Rausch der Dinge einander das Leben neben. „Tray! Hör auf, bitte.“ Doch er hörte sie nicht. Sie versuchte es noch fünf weitere Male, aber keiner der beiden schien sie zu beachten. Tränen traten in ihre Augen und sie schüttelte den Kopf. „Bitte Tray, bitte. Ich will nicht, dass dir etwas passiert. Ich brauche dich doch noch.“
Als Tray ihre Worte hörte, da wurde ihm plötzlich klar, was gerade geschah. Mit einem letzten Sprung nach hinten und einer schnellen Drehung in der Luft kam er auf den Sohlen auf und gab seine Kampfhaltung auf. Tristen tat es ihm gleich und ging ebenfalls auf Abstand.
Langsam drehe er sich um und sah zu Emily. Sie stand zitternd wie Espenlaub da und er konnte nichts mehr von dem Mädchen erkennen, das bei jeder Gelegenheit ihre Krallen zeigte. Unter normalen Umständen hätte sie sich vielleicht sogar in den Kampf eingemischt. Denn das war die Art von Mädchen die Emily eben war. Mutig, selbstbewusst, stur und dickköpfig. Emily weinte nicht. Niemals in seinem gesamten Leben hatte er sie weinen gesehen.
Ohne sich bewusst zu sein, was er tat, schritt er auf sie zu und zog sie in seine Arme. Sanft streichelte er ihr über den Rücken. Sein T-Shirt war zerfetzt und einige, tiefe Kratzer auf seiner Brust hatten es mit Blut getränkt. Noch immer zitternd und erschreckend zierlich war sie in seinen Armen und rieb ganz langsam ihren Kopf an seiner Brust. War sie schon immer so klein gewesen? Warum hatte er nie bemerkt, wie gut ihr Körper an seinen geschmiegt passte?
Obwohl es Tristen schwer fiel musste er einfach akzeptieren was er da vor sich sah. Zwei stolze Wesen, die offen zugaben, dass sie sich brauchten. Zu so etwas wäre er nie fähig gewesen für sie. Sein Tier sah auf einer ganz animalischen Ebene ein, dass dieses Weibchen nicht frei war. Es war schon an ein dominantes Männchen gebunden. Wortlos drehte er sich um und lief nach Hause.
Es dauerte fast zwanzig Minuten, bis die beiden sich beruhigt hatten. Am Ende genossen sie einfach nur noch die Nähe des anderen. Emily hatte ihre Hände in seine Seiten gekrallt und ihren Kopf in seine Halsbeuge gebettet.
„Emily?“
„Ja?“
Er schluckte schwer und flüsterte: „Dir ist bewusst, dass du mir gehörst oder? Du bist ganz allein mein.“
Sie schluckte schwer, aber sie fühlte, dass diese Frage seinen Löwen einigen Stolz kostete. Und sie wollte dieses kostbare Geschenk nicht verschmähen. „Ja Tray. Nur dir.“
Er drückte sie noch fester an sich, bis sie fast keine Luft mehr bekam. Aber es fühlte sich gut an jemanden zu gehören. Vielleicht liebte er sie wirklich nicht, aber er sah sie jedenfalls als sein Eigentum an. Das hieß, sie musste ihn mehr oder weniger etwas bedeuten. Sie wusste nur nicht was.
„Komm mit zu mir. Ich kann Tristen überall auf dir riechen. Du musst unter die Dusche.“ Emily hätte fast gelacht, so irrational war sein Verhalten. „Aber ich muss nach Hause.“
„Schreib doch einfach deinem Vater, dass du bei mir bist. Er weiß doch sowieso dass wir die ganze Zeit bei einander sind.“
„Okay. Aber das hier ist eine einmalige Sache. Denk ja nicht du kannst dich noch mal prügeln du Blödmann.“
Als sie um Mitternacht bei ihm zu Hause ankamen schlichen sich die beiden die Treppe hoch zu seinem Zimmer. Kaum war die Tür seines Zimmers geschlossen zerrte Tray an ihrer Kleidung. Sie wusste gar nicht wirklich wie ihr geschah, da war sie schon nackt. Seine Hände packten ihren Hintern fast schmerzhaft fest während er langsam über ihre Wange schnupperte.
„Sag mir was passiert ist. Ich will jedes Detail wissen.“
„Aber warum?“
„Weil ich mir immer noch nicht sicher bin, ob ich Tristen am Leben lasse. Du hast ihn geküsst oder? Ich kann ihn an dir riechen. Genau hier.“ Seine Zähne zwickten ihre Wange und sie zuckte zusammen. Ein Flattern breitete sich in ihrem Bauch aus und eiskalte Schauer liefen über ihren Rücken. Obwohl sie so erregt war wie selten zuvor, hatte sie doch Angst vor ihm. Das Rasen ihres Herzens und das Adrenalin in ihrem Blut verstärkten nur noch ihre Nervosität.
„Also? Wo hat er dich angefasst?“
„Er... hat mich geküsst.“
„Und weiter?“
„Er.... Seine Hände... Auf meinem Hintern...“
„Emily.“ Ihr Name war ein tiefes Knurren. Völlig unerwartet drückte er sie auf sein Bett, mit ihrem Rücken offen und verletzlich. „Du solltest doch wissen wie sehr ich deinen süßen Po liebe Emily.“ Das Geräusch von einem festen Schlag auf ihren Hintern hallte im Raum wieder und sie verlor fast ihre Sinne. „Niemand wird dich dort jemals wieder anfassen. Hast du mich verstanden?“
Sie nickte weil der Kloß in ihrer Kehle zu groß war um zu sprechen.
„Sag es!“
„Nie wieder. Versprochen.“
„Was hat er noch berührt?“
„Nichts! Wirklich! Ich... habe doch fast sofort aufgehört.“
„Gut. Ich ertrage den Gedanken nicht, dich mit jemanden teilen zu müssen.“ Mit diesen Worten hob er sie hoch und brachte sie ins Bad. Seine Brust war noch immer blutig aber die Kratzer waren schon verkrustet.
Ohne etwas anderes zu sagen ließ er das Wasser in der Badewanne ein und legte sie hinein. Mit zügigen Bewegungen riss er sich die Kleidung vom Leib und stieg zu ihr in die Badewanne. Dann nahm er sie ganz fest in die Arme während er ihren ganzen Körper wusch. Tristens Geruch verlor sich sofort zwischen der Süße des Badesalzes und Shampoos. Aber nur um noch einmal sicher zu gehen, küsste Tray jeden Zentimeters ihres Körpers. Sie revanchierte sich.
Am nächsten Tag in der Schule schien sie fast unter seinen besitzergreifenden Blicken zu verglühen. Er sah sie durchgehend mit solch einem unverhohlenen Verlangen an, dass sie das Gefühl hatte, darunter zu ersticken. Und diese Blicke fielen nicht nur ihr auf. Ihre Freunde tuschelten mehr als je zuvor hinter ihren Rücken über sie, davon überzeugt, sie könnte sie nicht hören. Ein Mensch wäre dazu sicherlich auch nicht fähig gewesen, aber Emily war eine Leopardin. Selbst in menschlicher Gestalt waren ihre Sinne sehr viel ausgeprägter, als die der anderen. Obwohl Menschen seit jeher mit Gestaltenwandler umgingen, verstanden sie dennoch noch immer nicht das Ausmaß ihres Seins.
Auch Tray entging die Tuschelei nicht. Er war eigentlich mehr als zufrieden, dass nun jeder Junge verstehen würde, dass sie nicht mehr Single war, aber irgendwie stimmte es ihn auch missmutig. Nichts zwischen ihnen war geklärt und er war einfach noch nicht bereit für eine Beziehung und die Verantwortung, die sie mit sich zog.
Als Sarah sich dann in Geografie neben ihn setzte, weil sie als seine Partnerin zugeteilt worden war, betrachtete er sie ganz genau. Sarah war unglaublich attraktiv, obwohl sie ein Mensch war. Sie hatte schöne, blonde Haare die in weichen Locken ihr Gesicht und Schultern umspielten. Ihre Oberweite hatte die perfekte Größe und wurde immer von dem Stoff ihrer Kleidung äußerst attraktiv umspielt. Sie war auch nicht so klein wie Emily sondern mit ihren 1,65 von einer sportlichen Größe. Ja, eigentlich war alles perfekt an ihr. Aber trotzdem reizte es ihn nicht im Geringsten. Ihr Geruch war nur ein schwacher Abklatsch von einem Parfüm und ihre braunen Augen schienen nichts weiter zu tun, als die Welt zu beobachten.
Als Sarah sich zu ihm beugte und etwas Lustiges erzählte, da lachte er und erwiderte charmevoll etwas. Interessieren tat es ihn jedoch überhaupt nicht. Verwundert über sich selbst schüttelte er den Kopf und versuchte, sich auf den Unterricht zu konzentrieren.
Ein Stupsen einer Bleistiftmiene in seinen Arm verwirrte ihn. „Sag mal Tray... Bist du jetzt eigentlich mit Emily zusammen?“
Er schüttelte wortlos den Kopf ohne ihr einen Blick zu schenken. „Dann... bist du also frei? Also... Single?“
Um sich selbst davon zu überzeugen nickte er. „Möchtest du denn... vielleicht dann heute... etwas unternehmen? Vielleicht hast du Lust auf ein bisschen Spaß nach der Schule...“ Sie holte tief Luft. „Weil meine Eltern sind bis spät abends arbeiten.“
Nun sah er sie doch an. Ihr Angebot war eindeutig und früher wäre er wahrscheinlich auch darauf eingegangen. Unsicher wie er reagieren sollte sah er sich um. Einer seiner Kumpel in der Bankreihe hinter ihm hat das Gespräch mitbekommen und sog die Luft scharf ein.
Langsam nickte Tray. „Klar, ich treffe dich nach der Schule bei den Fahrradständern.“ Ein ganz unwohles Gefühl füllte seine Brust und raubte ihn fast den Atem. Aber er ignorierte es.
Nach der Schule wartete Emily wie üblich an ihrem Schließfach auf Tray, aber er kam nicht. Besorgt, ihm könnte etwas passiert sein, verließ sie das Schulgebäude und sah sich um. Als sie ihn sah gab es ihrem Herzen einen Stich. Er stand bei den Fahrrädern und neben ihm Sarah. Sie spielte mit ihrem Haar rum und lachte über etwas, dass er gerade gesagt hatte. Der Stich in ihrem Herzen tat so sehr weh, dass sie sich fast zusammenrollen wollte. Gerade als sie den Blick von ihnen lösen wollte und sich auf den Weg nach Hause machen wollte, hob Tray den Kopf und ihre Blicke kreuzten sich. Er versuchte sein Unbehagen mit einem Grinsen und einem leichten Nicken zu überspielen, aber sie schüttelte nur leicht den Kopf. Dann drehte sie sich um und ging ihres Weges.
Tray fuhr sich verwirrt durch das Haar und versuchte, sich wieder zu besinnen. Aber er konnte nur an der Enttäuschung in ihrem Gesicht denken und wie verwirrt sie ihn mit Sarah angesehen hatte.
„Tray? Kommst du jetzt?“
Verwirrt schüttelte er den Kopf wie ein nass gewordener Kater und nickte dann. „Klar doch. Lass uns losgehen.“
Schon als Sarah die Wohnungstür schloss, hörte er ihr Herz mit seinen spitzen Ohren flattern. Sie war nervös oder voller Vorfreude. Aber ihre hochroten Wangen ließen ihn eher auf die erste Option schließen. Unschlüssig rieb sie ihre Hände aneinander. „Du kannst die Jacke hier aufhängen und die Schuhe dort abstellen. Bist du durstig?“
„Nein danke.“
Wenige Sekunden später folgte er ihr ins Wohnzimmer. Ratlos sah sich einen Moment um und lachte dann verlegen. „Lust auf einen Film?“
Er nickte und strich sich durchs Haar. Als er dann neben ihr auf dem Sofa lag und sie sich mit ihrem Hintern an seine Lenden schmiegte, ging ein mulmiges Gefühl durch seinen Bauch. So sollte das nicht sein. Aber sich selbst einredend, dass alles richtig war, strich er zärtlich über ihre Schulter. Sie erbebte und drehte den Kopf zu ihm. Im nächsten Moment küsste Sarah ihn mit feuchten Lippen und einem flehenden „Bitte!“
Automatisch legte er seine Arme um ihre Taille und zog sie fest an sich. Stumpf erwiderte er den Kuss und sog ihren erregten Duft ein. Es war ein würziger Geruch, der durchzogen von all dem Parfüm war. Ein Geruch, der in seiner Nase juckte und gegen alles was seine Katze mochte sprach.
Über seine eigenen Gedanken frustriert küsste er sie nun fester und zog sie ganz auf sich. Sie erwiderte den Kuss mit ganzer Leidenschaft und ihr Ausschnitt nahm bei dieser Position enorme Ausmaße an. Die Rundung ihrer großen Brüste wäre verlockend gewesen, wenn er nicht schon gewusst hätte, dass das meiste vom BH ausgemacht wurde. Emily trug niemals irgendwelche Push-Up-BH’s. Die meiste Zeit verbrachte sie in einem einfachen Sport-BH der ihren zierlichen, kräftigen Rückend ganz hervorragend zur Geltung brachte. Und außerdem hatte Emily so etwas nicht nötig, da sie einfach immer wunderschön aussah.
Sarahas leises Hauchen seines Namens brachte ihn zurück in die Realität. Ihre Hand fuhr über seine Brust und sie schmiegte sich fest an ihn. In diesem Moment sah er ein, dass es kein Sinn hatte. Sarah war nicht Emily. Und er wollte Emily, und nicht Sarah.
Ganz sanft schüttelte er den Kopf und löste sich ein wenig von ihr.
„Sarah... warte kurz.“
„Was ist denn?“
Er setzte sich auf und sie glitt wieder neben ihn. „Ich kann das nicht. Es tut mir so unglaublich leid, dass ich dich benutzt habe, um mir selbst etwas zu beweisen. Aber ich kann es mir einfach nicht beweisen.“
Verwirrt strich sie sich das Haar glatt. „Was willst du dir denn beweisen?“
Er rieb sich über die Augen und gestand sich zum ersten Mal ein: „Ich will nur ein Mädchen. So sehr, dass es mich fast fertig macht. Ich kann es einfach nicht mehr leugnen.“
„Wer... ist dieses Mädchen? Ist es Emily?“
Wortlos nickte er und holte Luft. „Es tut mir wirklich leid. Ich weiß, du willst das und alles, aber ich kann nicht aufhören an sie zu denken.“
Sie senkte den Kopf und schüttelte den Kopf. „Was hat sie denn, was ich nicht habe? Warum guckst du ihr die ganze Zeit hinterher und nicht mir?“
„Ich kann es nicht erklären. Wirklich. Du bist ein wirklich tolles Mädchen, aber Emily ist... mein.“
Sarah holte tief Luft und blieb für einige Zeit stumm, dann aber lächelte sie. „Ich freue mich wirklich für Emily. Du bist ein toller Junger. Aber wenn du eines Tages mal wieder frei sein solltest, ich bin da. Und jetzt beweg deinen Arsch aus meiner Wohnung und mach wieder gut, was du angerichtet hast.“ Sie sagte diese Worte mit einem so ehrlichen Lächeln, dass Tray ihr eine Menge Respekt in diesem Moment zollte.
„Danke. Ich schulde dir etwas!“ Dann stand er auf und machte sich sofort auf den Weg zu Emily. In seinen Kopf nur noch das Bild, wie sie enttäuscht den Kopf geschüttelt hatte.
Als sie nach Hause kam fand sie ihren Vater betrunken auf der Couch sitzen. Ihr brach das Herz aber sie wollte den Schmerz nicht spüren. Hilflos ließ sie ihre Tasche fallen und verließ wieder das Haus. Sie machte sich auf den Weg zum Grab ihrer Mutter.
Tray versuchte den ganzen Tag sie zu erreichen, aber sie ignorierte seine Anrufe und antwortete nicht auf seine Nachrichten. Am Abend beschloss er dem ein Ende zu setzen. Er würde zu ihrem Haus fahren und sie zwingen, mit ihm zu reden.
Obwohl er noch nie bei ihr gewesen war, wusste er wo sie wohnte. Es war ein kleines Haus am Stadtrand mit einem heruntergekommenen Garten und einem kaputten Gartenzaun. Als er davor stand wurde ihm noch viel mehr bewusst, in welch einem Zustand das Haus war. Einige Ziegel hatten sich gelöst und lagen in Scherben auf dem Boden. Ein Fenster im zweiten Stock wurde nur von Klebeband zusammengehalten und ein anderes war mit einem Brett zugenagelt. Neben dem Haus lag ein großer Sack. Vorsichtig roch Tray danach und der stinkende Geruch von Alkohol schlug ihm entgegen. Wie eine nass gewordene Katze schüttelte er den Kopf und zuckte mit den Schultern. Schlussendlich suchte er nach einer Klingel, aber diese war halb rausgerissen und hing nur noch an einem Kabel in der Wand.
Unsicher klopfte er an der Tür, die sich schon bei der leichtesten Erschütterung öffnete. Vorsichtig betrat er das Haus, das sicher schon besseren Zeiten erlebt hatte. Am Ende des Flurs schimmerte ein wenig Licht. Er betrat das Wohnzimmer. Es stank fürchterlich nach Alkohol und der Fernseher lief im Hintergrund. Er fand Emilys Vater mit glasigen Augen in die Leere starrend vor. Er saß auf der Couch und regte sich nicht.
Mit einem schmerzerfüllten Herzen schlich er sich in die Küche. Der Raum sah sogar einigermaßen aufgeräumt aus. Nur ein bisschen dreckiges Geschirr stand neben der Spüle, dass jedoch nicht wirklich erwähnenswert wäre. Neugierig, mehr zu sehen ging er die Treppen hoch und fand Emilys Zimmer. Es war perfekt aufgeräumt und sauber. Die Wände waren kahl, das Bett frisch bezogen und der Schreibtisch nur mit Schulbüchern bestückt. Der Kleiderschrank war sorgfältig geschlossen und daran hing ein einfacher Spiegel. Ihm brach fast das Herz einen so trostlosen Raum zu sehen, obwohl Emily doch so eine lebhafte Persönlichkeit war. Unangenehm berührt verließ er sofort ihr Zimmer und ging wieder runter. Ihr Vater war eingeschlafen. Leise fing er an, den Alkohol wegzukippen und die Flaschen zu den anderen vor das Haus zu schmeißen. Dann wusch er das Geschirr in der Küche und kochte ein einfaches Essen aus den Lebensmitteln, die er vorfand. Als das Essen vor sich hin köchelte räumte er den Hausflur auf und reihte all die Schuhe, die in einem wilden Haufen auf dem Boden lagen, auf. Danach hing er die Jacken wieder auf der Garderobe auf und schmiss jeglichen Müll weg, den er vorfand. Nachdem er all die kleinen Schlüssel und Kleinigkeiten in eine Schüssel sortiert hatte, wischte er über den Schuhschrank fegte den Dreck vom Boden auf.
Kritisch betrachtete er seine Arbeit. Ja, es sah fast aus wie bei jeder anderen Familie. Die Jacken sorgfältig aufgehängt, die Schuhe auf einer Matte aufgereiht und der Schuhschrank geschlossen.
Im Wohnzimmer ging er durch die alten Fernseherzeitschriften und schmiss einen großen Teil davon kurzerhand weg. Auch hier wischte er die Tische und freien Flächen. Er rückte leise die Möbel wieder zurecht und sammelte die dreckige Kleidung auf, um sie in einem kleinen Badezimmer vor die Waschmaschine zu schmeißen.
Gerade als er den Müll rausbrachte, kam Emily nach Hause. Wortlos sah sie ihn an. Tiefe Schatten lagen unter ihren Augen und er konnte deutlich sehen, dass sie viel geweint hatte.
„W-Was... machst du hier?“
„Ich dachte mir, ich schau mal nach dir.“
„Aber... Mein Vater...“ Fassungslos sah sie sich um. Alles war aufgeräumt und sah wie damals aus. Tränen stiegen wieder auf und nahmen ihr die Sicht. Wortlos ließ Tray den Müllbeutel fallen und zog sie in seine Arme.
„Komm her Kleines. Es tut mir leid. Ich habe Essen gekocht, hast du Hunger?“
Wortlos nickte sie und riss sich zusammen, nicht weiter zu weinen. Insgeheim dankte sie Tray unglaublich für was er getan hatte, obwohl er unglaublich in ihre Privatsphäre eingedrungen war. Sie hatte nicht die Stärke gehabt, gegen all dieses Chaos anzugehen. In diesem Moment vergab sie ihm, das er ganz eindeutig etwas mit Sarah anfangen wollte. Sie vergab ihm alles, denn wenn sie ihn nicht doch ein wenig mehr bedeuten würde, wäre er nicht hier her für sie gekommen und hätte ihr diese Last abgenommen.
Tray verließ sie erst, als sie schon friedlich in ihrem Bett eingeschlafen war. Er hatte sie an diesem Abend gar nicht bedrängt. Er hatte ihr nur bei den Hausaufgaben geholfen und dann stundenlang mit ihr geredet bis sie erschöpft eingeschlafen war.
Als er nach Hause kam war das Haus leer. Er fand nur eine kleine Nachricht, die ihn fast um seine Fassung brachte.
Wir sind im Krankenhaus. Dein Bruder hatte wieder einen Herzinfarkt. Wir rufen an, wenn etwas passiert.
Sofort machte er kehrt und machte sich wieder auf dem Weg zu ihr. Warum wusste er nicht. Es gab keinen Grund. Es gab keine Erklärung für sein Verhalten. Aber der einzige Ort, an dem er in diesem Moment um seinen Bruder bangen wollte, war bei Emily.
Als er klingelte und ihr betrunkener Vater, der langsam wieder nüchtern wurde, mit verwirrtem Gesicht öffnete, schüttelte er nur den Kopf. Dann ging er hoch in Emilys Zimmer und legte sich hinter sie. Sie schlief noch immer tief und fest. Er legte seine Arme fest um sie und presste sie an sich. Dann betete er zu Gott, dass er seinen Bruder noch nicht an diesem Abend zu ihm nahm. Timmie sollte jedenfalls noch einmal Emily sehen und ihre Wärme und Herzlichkeit fühlen.
Als Emily aufwachte war sie in schöne Wärme gehüllt. Die Sonne kitzelte sie mit ihren Strahlen im Gesicht und jemand hielt sie fest und sicher. Langsam öffnete sie die Augen und atmete tief ein. Wald, frisches Moos und ein wenig Wildheit: Tray. Glücklich seufzte sie für einen Moment und verbot sich jegliche Gedanken an Sarah, ihren Vater oder andere triste Themen.
Leise stand sie auf und stellte mit Entsetzen fest, dass es schon 11 Uhr war. Und ein Wochentag. Sie hatte schon fast den halben Schultag verpasst. Aber es war plötzlich nicht mehr wichtig. Dieser Tag hatte einfach zu gut angefangen, um ihn jetzt zu zerstören. Und die Hausaufgaben konnte sie von einem ihrer Freunde bekommen. Also ging sie erst einmal entspannt duschen und in der Küche Kaffee kochen. Ihr Vater hatte ihr eine Notiz hinterlassen, dass er arbeiten wäre und spät nach Hause kommen würde. Es war ihr egal. Es war einfach nicht mehr wichtig in diesem Moment.
Als sie hochkam, in nur einem seiner T-Shirts, dass sie ihm einmal heimlich geklaut hatte, war er gerade erst aufgewacht und starrte an die Decke. „Alles okay?“
Er drehte seinen Kopf und sah sie mit glühenden Augen an. Es war aber kein leidenschaftlicher Blick, sondern ein verzweifelter. Sofort sank sie neben ihn ins Bett und beschenkte ihn mit einer heilenden Berührung. „Rede mit mir. Was ist passiert?“
Zittrig holte er Luft und presste sie fest an sich. „Mein Bruder hatte gestern wieder einen Herzinfarkt. Ich weiß im Moment nicht mal, ob er es geschafft hat.“
„Oh Tray!“ Sofort hatte sie das Telefon in der Hand und rief das Krankenhaus an. Die Krankenschwester gab ihr die Information, dass Timmie noch am Leben wäre und im Moment schliefe.
Tray hörte mit seinen guten Ohren jedes einzelne Wort und atmete erleichtert auf. Emily bedankte sich und legte auf. Dann schmiegte sie sich an ihn wie eine Schlingpflanze.
„Erzähl mir was er hat.“ flüsterte sie leise.
„Er hat ein sehr schwaches Herz. Seine Herzklappen schließen und öffnen sich manchmal nicht im Rhythmus und lösen einen Herzinfarkt aus. Wir warten auf ein Spenderherz aber seine Chance, den nächsten Infarkt zu überleben, ist fast null.“
„Oh Tray.“ Es war nur ein Seufzen, dann küsste sie ihn tröstend. „Es tut mir so leid. Aber du solltest die Hoffnung nicht aufgeben. Vielleicht stirbt genau in diesem Moment jemand, der ihm ein Herz geben kann. Es besteht noch immer Hoffnung.“
Er nickte leicht und verdrängte die schlechten Gedanken. Dann sah er sie nachdenklich an. „Aber reden wir nicht nur von mir. Bei dir sieht es im Moment auch nicht rosig aus. Du hast mir nie erzählt, wie schlimm es um deinen Vater steht.“
Ihr Blick verfinsterte sich und sie nickte leise. Dann begann sie leise zu erzählen, was sie noch nie laut ausgesprochen hat. „Er hat Probleme. Als meine Mom bei dem Unfall starb, zerbrach etwas in ihm. Anfang hatte er sich in die Arbeit gestürzt, aber dann hat er mit dem Trinken angefangen. Ich habe es nicht bemerkt. Und wenn ich es habe, dann habe ich es verdrängt. Ich wollte es nicht wahrhaben, bis es zu spät war. Er kommt nicht mehr davon weg, nicht ohne eine Therapie.
Ich weiß nicht mehr wie ich das Alles machen soll. Ich bin nicht Mama und ich kann nicht für uns abends kochen, die Wäsche waschen und alles sauber halten. Ich habe dafür einfach keine Kraft. Ich brauch ihn... und obwohl er physikalisch hier ist, ist er doch so weit weg.“
Er hielt sie in seinen Armen und sein Herz zog sich zusammen. In diesem Moment hatten sie eine Schwelle überschritten, die sie vorher immer akzeptiert und bewährt hatten. Sie waren nicht mehr nur Freunde mit gewissen Vorzügen. Sie waren mehr als das. Aber was?
Nach einem ausladenden Frühstück sah die Welt schon wieder anders aus. Es war ein neuer Tag und damit eine neue Chance, die Dinge zu verändern. Als Emily das Geschirr spülte, räumte Tray im Wohnzimmer den Rest auf, den er gestern nicht wirklich bewältigen konnte, ohne großen Lärm zu veranstalten. Als er fertig war und in die Küche ging musterte er sie gründlich. Sie war barfuß und ihre Beine waren nackt. Durch den dünnen Stoff des T-Shirts war deutlich zu sehen, dass sie keinen BH trug. Schmunzelnd stellte er fest, dass es sein T-Shirt war. Unwillkürlich musste er grinsen. Erregung erhitzte seinen Körper auf ganz exquisite Art und Weise.
„Emily?“
Sie drehte den Kopf und sah ihn kurz an. „Ja?“
„Bist du bald fertig?“
„Ja, gerade fertig geworden. Warum?“
Es kam keine Antwort. Hände packten sie, drehten sie um und sie wurde fest an ihn gepresst. Er küsste sie fast um den Verstand und sie krallte sich in seinen Schopf. Dann aber nahm ein sehr viel unangenehmerer Gedanke ihre Erregung ein. Hatte er das gleiche mit Sarah gemacht?
Angewidert schüttelte sie den Kopf und drückte ihn ein wenig von sich. „Tray... Warte...“
„Was ist?“ Er küsste langsam über ihren Nacken und ihre Schulter.
Sie drückte ihn kräftig von sich und sah ihn mit funkelnden Augen an. „Ich will das nicht.“
„Warum nicht?“ Er sah ehrlich verwirrt aus.
„Du hast die Vereinbarung nicht eingehalten. Wir sagten, wir bleiben einander einigermaßen treu, aber du musstest ja Sarah hinterher rennen.“ Es tat ihr im Herzen weh die Worte so schnoddrig auszusprechen.
Er lachte und strich sich über das Gesicht. „Willst du was wissen?“
„Was?“
„Ich habe nicht mit Sarah geschlafen.“
„Und das soll ich dir glauben?“ Instinktiv bezweifelte sie es.
„Ja. Sie... war nicht wie du. Ich will sie nicht. Ich habe ihr das auch gesagt. Ich will dich.“
Sie erzitterte bei seinen Worten und plötzlich nahm er sie wieder in Besitz. Sein Kuss war noch wilder als zuvor und heiße Glut lief durch ihre Adern. Sie krallte sich fest an ihn und presste sich ihm entgegen. Er hob sie auf den kleinen Esstisch und legte ihre Oberschenkel um seine Hüften. Mit einem völlig vernebelten Kopf zerrte sie an seinem Hemd und zerriss es kurzerhand. Dann löste sie seinen Hosenbund während sie seine Brust mit Küssen liebkoste.
Seine Hände zerrten an dem großen T-Shirt und unwillig hob sie die Arme an, damit er es ausziehen konnte. Als seine Haut die ihre berührte schaltete sich ihr Verstand aus. Sein Kuss brachte sie dem Wahnsinn noch ein wenig näher und sie krallte sie fest in seine Seiten. Mit ihren Nägeln fuhr sie von seinem Hüftknochen zu seinen Lenden und umfasste ihn. Er keuchte auf und flüsterte atemlos ihren Namen.
Sie biss in seinen Nacken und wollte ihm primitiv ihr Zeichen aufdrücken. Er war nur allein ihr Eigentum. Niemand anderes sollte überhaupt auf den Gedanken kommen, ihn zu begehren. Plötzlich löste er ihre Hände von seinem Schwanz und hob sie in den richtigen Winkel an.
Sie spürte jeden Zentimeter seines Eindringens bis in die Zehenspitzen und erschauderte. Als er ganz in ihr war, schnappte sie nach Luft und flüsterte seinen Namen. Er sah ihr tief in die Augen und suchte scheinbar nach etwas, dass er nicht zu finden schien.
„Bitte Tray.“
„Sag, dass du mir gehörst. Nur mir.“
Sie stöhnte frustriert und ihre stolze Katze wollte fast nicht nachgeben. Dann aber gestand sie sich die Wahrheit ein. „Ich gehöre dir. Und jetzt bitte... bitte...“
Endlich fing er an sich in ihr zu bewegen und brachte sie in den nächsten zwanzig Minuten mehrmals um den Verstand.
Nach einer sehr langen, wilden Dusche zogen die beiden sich endlich an und planten, seinen Bruder im Krankenhaus zu besuchen. Emily gefiel die Idee außerordentlich gut, weil sie das Gefühl hatte, Tray ging aus Angst nicht oft zu seinem Bruder. Als sie vor dem Krankenhaus standen atmete er tief ein und sah zu ihr. „Bereit?“
„Wenn du es bist.“ Ihre Hand griff nach seiner und ein Schauder lief über seinen Rücken. Er nickte und zusammen betraten sie das Krankenhaus, nahmen den Aufzug in den dritten Stock zur Kinderstation und gingen den langen Gang entlang zu seinem Bruder. Als sie den Raum betraten schlief sein Bruder selig. Sein Gesicht wirkte erschöpft und die vielen Schläuche in seinen Armen, die an verschiedene Maschinen angeschlossen waren, ließen sie ahnen, wie schlimm es war.
Sie drückte Trays Hand und setzte sich mit ihm auf zwei Stühle neben das Bett von Timmie. Mit ganz sanften Händen streichelte sie sein Gesicht. Gestaltenwandler liebten Kinder und die Muttergefühle eines dominanten Weibchens waren schon in jungen Jahren sehr ausgeprägt. Emily würde eine perfekte Mutter abgeben. Aber noch war es viel zu viel sich sie mit einem Babybauch vorzustellen. Sie war jung, wild und sollte erst einmal ihr Leben ausleben, bevor sie sich niederließ.
Timmie wachte langsam auf und als er Emily und Tray neben seinem Bett sah, da strahlte er so hell, dass es Emilys Herz einen Schlag gab. Als die erste Freude sich legte, traten Tränen in Timmies Augen.
Laut begann er zu schreien: „Du bist so ein dummer Bruder Tray!“
Entsetzt sah Tray seine Tränen und griff nach Timmies Hand. „Was habe ich falsch gemacht Buddy?“
Hilflos schluchzte Timmie: „Ich dachte schon ich sterbe, ohne dich noch einmal zu sehen. Und dabei wollte ich dir doch noch tausend Mal sagen, dass ich dich lieb habe.“
Da brach Tray ebenfalls in Tränen aus und umarmte seinen Bruder, obwohl die Schläuche dieses Unterfangen als relativ schwierig darstellten. Er strich über Timmies lichtes Haar und seine Tränen liefen ungehemmt.
„Es tut mir leid. Ich hatte so Angst um dich!“
„Verspreche mir, dass du morgen wieder kommst! Verspreche es!“
Tray nickte atemlos. „Ich verspreche es.“
„Und verspreche mir, dass du das nächste Mal da sein wirst. Ich will nicht allein um mein Leben kämpfen müssen. Ich kann das nicht ohne dich.“ Seine Stimme zitterte bei jedem Wort und die bodenlose Verzweiflung und Angst, die in ihm geherrscht haben musste, bannte sich einen Weg an die Oberfläche.
Emily stand ganz leise auf und verließ den Raum, um ein wenig Essen und Trinken zu besorgen. Sie wollte die beiden in solch einem Moment einfach nicht stören.
Stundenlang blieben Tray und Emily im Krankenhaus. Sie lachten, aßen, verstoßen gegen die Krankenhausregeln und hatten einen unglaublichen Spaß. Nach fast 5 Stunden erinnerte die Krankenschwester sie, dass es Zeit zu gehen wäre, und mit einem zärtlichen Kuss auf Timmies Stirn verabschiedete Emily sich von ihm. Er hielt ihre Hand einen Moment ganz fest und seine vor Glück strahlenden Augen ließen ihr Herz flattern. Sie hätte für dieses Junge alles getan, jeden Kampf gekämpft und jeden Preis gezahlt, um ihn glücklich zu machen.
Als sie nach dem Besuch in einem Restaurant essen gingen, war Tray so ausgeglichen wie schon seit langem nicht mehr. Auch Emily hatte keine einzige Sekunde mit einen Gedanken an ihre Eltern verschwendet. Der Tag war einfach zu gut gewesen.
„Danke dir Emily. Ich hätte das nicht allein geschafft.“ Aber er dachte etwas ganz anderes als was er sagte. Ich hätte es nicht ohne dich geschafft.
Sie lächelte herzlich und schweifte mit ihrem Blick von ihrem Essen hin und wieder zu ihm. „Ich habe mich nur fair revanchiert. Du hast mir gestern einen großen Dienst mit dem Haus erwiesen.“
„Immer wieder gerne. Wann immer du fällst, ich werde dich auffangen, wenn du willst. Ich will dich als meine beste Freundin mein ganzes Leben an meiner Seite wissen.“
Die Worte waren eindeutig. Als beste Freundin. Mehr nicht. Niemals mehr. Der plötzliche Schmerz in ihrem Herz ließ ihren Atem stocken und sie zwang sich mit aller Willenskraft zu einem Lächeln. „Ja, ich hoffe dasselbe.“ Aber sie dachte etwas ganz anderes als was sie sagte. Ich will nie wieder von deiner Seite, weil ich ohne dich nicht Leben kann.
Zu Hause angekommen schlief ihr Vater schon. Es stank jedoch nicht nach Alkohol. Er schien diesen Abend nüchtern geblieben zu sein. Erleichtert erkundigte sie sich nach den Hausuafgaben und machte diese schnell. Dann ging sie ins Bett.
Als sie so langsam in der Dunkelheit lag und es keinen Grund mehr gab, sich von den wesentlichen Dingen abzulenken dachte sie an das Gesagte zurück. Eine einzelne Träne trat aus ihrem Augenwinkel und sie schniefte leise. Sie musste das unbedingt beenden. Aber wie?
Es gab nur eine Möglichkeit, die sie verkraften würde, ohne ihm sofort hinterher zu laufen. Er musste sie verlassen, und sie musste ihn irgendeinen Grund dafür geben.
Die nächste Woche besuchte Tray seinen Bruder jeden Tag. Manchmal nur für eine Stunde, manchmal für fast den ganzen Rest des Tages. Das war der Grund, warum er erst gar nicht wirklich bemerkte, dass Emily sich nicht meldete oder nach der Schule auf ihn wartete. Sofort als die Erkenntnis ihm kam, wollte er das wieder ändern. Gleich in der Lunchpause suchte er nach ihr, aber fand sie nicht. Verwirrt fragte er Tristen, ob er wusste, wo sie war.
Dieser runzelte nur die Stirn und schnupperte. „Sie war vor fünf Minuten noch hier gewesen. Ich weiß nicht, wo sie hin ist. Vielleicht zur Mädchentoilette?“
Tray seufzte und ließ sich neben Tristen fallen. „Mit dir ist wieder alles klar oder? Ich habe das Gefühl, dich unabsichtlich ganz schön vermöbelt zu haben.“
Tristen zuckte jedoch nur mit den Schultern. „Keine Sorge, wir Raubkatzen sind doch zäh. Wie läuft es zwischen euch? Wann macht ihr es endlich mal offiziell?“
„Was meinst du?“
„Ihr seit doch zusammen oder habe ich mich da gewaltig geirrt?“
Tray runzelte die Stirn und stellte fest, dass er die Dinge nie wirklich mit Emily geklärt hatte. „Nein... ich meine... Ich denke wir sind nicht zusammen. Denke ich jedenfalls, ich bin mir nicht sicher.“
„Warum solltest du dir denn nicht sicher sein? Jeder kann sehen, wie sehr sie dich liebt und du sie.“
„So ist das aber nicht. Wir... hatten einen Deal.“
„Wenn du Sex ohne Gefühle meinst, dann bist du falsch mein Freundchen. Zwischen euch gibt es so viele Gefühle, dass sie die gesamte Atmosphäre elektrisiert. Sie sieht dich an, wie sie noch nie jemanden angesehen hat. Und sie riecht neuerdings nach dir. Wenn ein dominantes Weibchen den Geruch von einem Männchen zulässt, dann muss sich etwas geändert haben!“
Nachdenklich schmunzelte er und dachte an den einen Morgen zurück. Sie hatte sich ihm völlig hingegeben und ihm bestätigt, sie gehöre nur ihm. Aber konnte das nicht auch ohne Gefühle der Fall sein.
Tristen richtete sich auf und riss ihn aus seinen Gedanken. „Ich mein es wirklich nicht böse Kumpel aber du musst dich entscheiden. Emily ist ein unglaubliches Mädchen und sie wird nicht ewig auf dich warten. Du kannst ihr nicht nur die Teile geben, die du bereit bist, zu geben. Du musst ihr alles geben. Eine Beziehung, Unterstützung und Zuwendung. So eine halbe Sache wird sie nicht glücklich machen. Und Emily ist ein hübsches Mädchen, das fällt nicht nur dir auf. Das fällt allen auf. Der nächste Junge wird nicht so nachgiebig sein und sie dir überlassen wie ich es getan habe.“
Mit diesen Worten verließ Tristen ihn und hinterließ einen sichtlich verwirrten Tray.
Tray fand sie nach der Schule vor ihrem Schließfach vor. Sofort ging er auf sie zu und lächelte sie an, wie er es immer tat. „Na, wie war dein Tag Kätzchen?“
Sie sah erst gar nicht von ihrem Schließfach auf sondern beschäftigte sich nach wie vor mit ihren Büchern. „Ganz gut. Ich habe einige Tests zurückbekommen.“
Irritiert runzelte er die Stirn über die Distanziertheit, welche sie ausstrahlte. „Lass mich raten, du hast wieder nur gute Noten gehabt?“
Sie nickte stumm und schloss ihren Spint. Dann schloss sie ihre Tasche und sah ihn kurz an. Sie hatte dunkle Schatten unter den Augen und sah sehr, sehr erschöpft aus. Warum fiel ihn das jetzt erst auf? Weil du dich nicht um sie in letzter Zeit gekümmert hast, Idiot.
„Ich versuche es jedenfalls.“
Als er seine Hand ausstreckte, um ihre Wange zu streicheln zuckte sie zurück. „Ich dachte, wir teilen keine Zärtlichkeit in der Öffentlichkeit.“ Das war seine größte Bedingung gewesen, die er stets eingefordert hatte. Nun wurde ihm schmerzlich bewusst, wie er ihre Beziehung am Anfang dargestellt haben musste. Dachte sie vielleicht, er schämte sich für sie?
„Warum nicht?“, fragte er stattdessen.
Sie runzelte verwirrt die Stirn. „Weil es nicht angebracht ist. Ich bin nicht deine Freundin.“ Das waren seine Worte gewesen, die er am Anfang gesagt hatte. Du bist nicht meine Freundin, also werde ich dich auch nicht so behandeln.
Wut über sich selber ließ sein Tier unruhig werden. „Wir müssen reden Emily.“
„Aber nicht hier und nicht heute.“
„Und warum nicht?“
„Weil ich keine Zeit habe. Ich muss jetzt nach Hause.“
„Soll ich dich bringen?“
„Nein, ich schaffe das schon.“ Dann wurde ihr Blick weicher und ihr entglitten die steifen Gesichtszüge. „Kümmere dich um deinen Bruder. Ich bin nicht so wichtig wie er.“ Mit diesen Worten ließ sie ihn stehen und verließ ihn.
Wie ein nass gewordener Kater schüttelte er seinen Kopf und folgte ihr. Die Ausgangstür fiel hinter ihr ins Schloss. Noch einmal drehte sie den Kopf zur Seite ehe sie verschwand. Waren das Tränen in ihren Augenwinkeln gewesen oder einfach nur die Sonne, die wie Diamanten auf ihrer Haut funkelte?
Im Krankenhaus angekommen sah Timmie seinen betrübten Bruder neben sich mit Kummer an. „Was ist passiert Tray? Du siehst so traurig aus.“
„Ach es ist alles okay. Ich bin wütend auf mich selbst.“
„Und warum?“
„Weil ich glaube, ich habe einen Fehler begannen.“
„Welchen Fehler?“
„Ich hätte niemals etwas mit Emily anfangen sollen. Sie braucht einen festen Freund, der sich um sie kümmert.“
„Und warum bist du nicht ihr fester Freund?“
Tray runzelte die Stirn und wollte sofort eine abwehrende Antwort geben. Dann aber wurde ihm bewusst, dass es keine Antwort gab. „Ich weiß es nicht. Ich habe Angst, sie zu enttäuschen.“
Timmies Gesicht legte sich in Falten und er empörte sich lautstark: „Sag mal bist du dumm oder was? Sie wird vielleicht manchmal enttäuscht sein, aber dann kannst du das wieder gut machen. Aber so verletzt sie doch nur. Was ist denn daran besser?“
Er seufzte schwer. „Du verstehst das noch nicht Timmie.“
„Doch! Behandle mich nicht wie ein Kind! Ich versteh das alles, wirklich. Du willst es nur nicht verstehen.“
Emily freute sich an diesem Tag mehr als sonst auf zu Hause. Sie hatte Kopfschmerzen, war müde und konnte Trays Nähe nicht mehr aushalten. Sie brauchte ihren Vater im Moment so sehr wie seit langem nicht mehr. Sie brauchte nicht jemanden, sie brauchte nur ihn.
Als sie die Tür öffnete, war es ein wenig stickig. Sie hörte den Fernseher. Langsam ging sie ins Wohnzimmer. Ihr Vater schaute schweigend hinaus, der Blick glasig, in der Hand eine Wodkaflasche.
Emily schwieg trotz einem erneut gebrochenen Herzen. Auf einmal wurde Alles zu viel. Tray, die Schule, ihr Vater, Timmie und der Tod ihrer Mutter drohten sie zu ersticken. Sie wollte vergessen, wie ihr Leben war.
Ohne sich wirklich bewusst zu sein, was sie tat, griff sie nach einer neuen, noch versiegelten Flasche. Sie schraubte diese auf und trank. Sie trank, bis der Alkohol ihren Hals verbrennen zu schien und eine glühende Hitze sich in ihren Gliedern ausbreitete.
Noch immer vollkommen nachdenklich lag Tray in seinem Bett und starrte an die Decke. Dann hörte er unten die Haustür klingeln und richtete sich langsam auf. Als er die Haustür öffnete, hatte er alles andere erwartet, als Emily vorzufinden. Sie war gegen den Türrahmen gesunken und wirkte schlaff in sich zusammen gesunken. Ihr Kopf hatte sie gesenkt und ihr Gesicht lag in tiefen Schatten verborgen. Ihre Haare waren vollkommen zerzaust und ließen sie fürchterlich ausgelaugt aussehen.
„Emily? Ist alles okay?“ Wortlos stolperte sie in seine Arme und fiel regelrecht in sich zusammen. Schockiert fing er sie auf und presste sie an sich. Sie stank fürchterlich nach Alkohol. Es kam aus jeder Faser ihres Körpers gekrochen.
Seine Katze war sofort in ihm aufgesprungen und fauchte aus Hilflosigkeit. Er versuchte mit aller Kraft einen ruigen Kopf zu bewahren. Sanft nahm er sie hoch und trug sie in sein Zimmer. Dort setzte er sie auf dem Bett ab.
Ihre Augen flatterten und sie hielt eine Flasche Wodka in der Hand. Die fast leer war. Es versetzte seinem Herzen einen Stoß. „Emily, wie viel hast du getrunken?“
Hilflos schüttelte sie den Kopf. „Ich kann nicht mehr Tray. Ich will nicht mehr.“
„Das verstehe ich auch, glaube mir... Aber wie viel hast du getrunken?“
Ihre Lider schlossen sich erschöpft und sie fiel ihm fast entgegen. Panisch holte er aus und gab ihr einen festen Schlag ins Gesicht damit sie beim Bewusstsein blieb. Mit einem Zucken öffnete sie wieder ihre Augen. Er musste den Alkohol aus ihr rausbekommen. Sofort.
Eilig schliff er sie in das kleine Badezimmer und beugte sie über die Toilette. Verzweifelt rannen Tränen über ihre Wange und sie krallte sich in seine Oberarme. „Warum... Tray...“ Er küsste sanft ihre Schläfe und sie rang nach Luft. Mit einigen leichten Schlägen auf ihren Rücken und Drücken an verschiedenen Stelles ihres Halses gab sie endlich den Alkohol von sich. Das Erbrechen kostete sie ihre restliche Kraft. Danach lag sie in seinen Armen wie eine Spielpuppe, dessen Fäden abgeschnitten worden war.
Er bete sie an seiner Brust und streichelte sanft über ihr Gesicht. Langsam wiegte er sie bis sie sich vollkommen entspannt hatte. Dann zog er sie vorsichtig aus und steckte sie in eines seiner großen Hemden. Als sie ins Bett gesunken war atmete Tray auf und fuhr sich durch die Haare. Als er das Zimmer verlassen wollte, um kurz Wasser zu holen, hörte er ein Wimmern aus dem Bett. Emily sah ihn mit verhangenen Augen an. „Bitte... Geh nicht...“
Sofort machte er kehrt und legte sich hinter sie. In seinen Armen fiel sie in einen tiefen, erholsamen Schlaf.
Emily erwachte mit einem stetigen Pochen in ihren Schläfen und einem Gefühl von dumpfer Leere in sich. Mühselig versuchte sie die Augen zu öffnen, aber erst nach einigen Versuchen gehorchten sie ihr. Nach einigen Sekunden wurde ihre Sicht klarer, und sie erkannte die Möbel in Trays Zimmer. Ein Teil von ihr kam zur Ruhe, denn bei Tray war sie immer sicher.
Ihr Blick wanderte langsam durch das Zimmer, bis sie den Blick auf sich selbst richtete. Benommen stellte sie fest, dass sie bis auf ein Hemd von Tray nackt war. Als sie versuchte sich aufzurichten, fuhr ein scharfer Schmerz durch ihren Kopf und sofort gaben ihre Arme unter ihrem Gewicht nach.
Sie biss die Zähne zusammen, und beim zweiten Versuch gelang es ihr, sich auf die andere Seite zu drehen. Sanft ertasteten ihre Hände eine starke, breite Brust. Trays Atem war im Schlaf ruhig und stetig, sein gesamter Körper sandte wohlige Wärme aus.
Stirnrunzelnd versuchte sie sich zu erinnern, wie sie hier her gekommen ist, aber der gestrige Abend kam ihr wie ein verblasster Filmstreifen vor. Da waren Bilder von ihrem betrunkenen Vater, und dann eine Erinnerung von Alkohol in ihrer Kehle. Sie musste betrunken gewesen sein, überlegte sie.
Als die Unwissenheit ihre Katze fast in den Wahnsinn trieb, fing sie an, seinen Namen zu flüstern. Wieder und wieder, bis er mit einem leichten Zucken erwachte.
„Emily?“
„Ja?“
„Wie geht’s dir?“
„Ich glaube... ganz gut. Was ist gestern passiert?“
Eine Hand auf ihrem Rücken; ein sachtes, stetiges Streicheln, das ihr um Fassung bemühtes Herz leise weinen ließ. „Du warst betrunken.“
Sie wusste, dass er eine Rechtfertigung erwartete, eine Begründung für ihr Verhalten. Sie wusste, dass er eine Erklärung hören wollte, eine Antwort auf die Fragen in seinen Augen, aber sie wollte darüber nicht mit ihm reden. Kaum merklich schüttelte sie den Kopf.
„Emily... Bitte, rede mit mir. Ich mach mir Sorgen“, flehte er, und hätte sie es nicht besser gewusst, hätte sie ihm geglaubt.
Anstatt ihm eine Antwort zu geben fragte sie nur: „Hast du eine Aspirin für mich?“
Als hätte er begriffen, dass die Aussicht auf ein klärendes Gespräch erloschen war, nickte er. Mit einer einzigen fließenden Bewegung stand er auf und verließ das Zimmer für einige Minuten.
Mit einem unglaulichen Schwindelgefühl suchte sie nach ihren Sachen. Als sie einsah, dass es mit diesen Augen- und Kopfschmerzen keinen Sinn hatte, setzte sie sich auf das Bett und wartete.
Nachdem Tray ihr die Tablette gegeben hatte, ging es ihr langsam besser. Er saß neben ihr und sah sie aufmerksam an. Als sie sich aufrichten wollte, schüttelte er den Kopf und hielt sie fest.
„Was hast du?“
Sie holte tief Luft und spürte, dass der Zeitpunkt gekommen war. Sie musste das endlich beenden, bevor es sie kaputt machte. Ganz leise flüsterte sie: „Ich will das nicht mehr Tray. Wir sollten es beenden.“
Er hatte mit vielem gerechnet, aber nicht mit diesen Worten. Er war einen Moment ganz erstarrt, dann sah er sie verständnislos an. „Warum? Und warum jetzt?“
Sie wandte ihr Gesicht ab, damit er sie nicht ansehen konnte, und sagte: „Ich wollte es eigentlich schon früher beenden. Aber du hast mich gebraucht, wegen Timmie. Ich habe jemand anderen gefunden.“
Es war als zöge man ihm den Boden unter den Füßen weg. „Du hast was?“
„Es gibt jemand anderen. Deswegen will ich das nicht mehr.“
„Wie kannst du es wagen!?“ Plötzlich hatte er angefangen zu schreien. Ein Zittern lief durch seinen Körper. Sie gehörte ihm doch! Sie hatte es doch ebenfalls gesagt! Zugegeben!
„Tray, es ist meine Entscheidung. Akzeptiere sie einfach.“
„Wer ist es?“
„Das geht dich nichts an.“
Die Wut ließ ihn fast die Kontrolle verlieren. Er dachte gar nicht daran, nachzulassen. Mit einer groben Berührung drehte er ihr Gesicht zu sich und sah sie ganz genau an. Ihre Miene verriet zu erst nichts, bis ihr die Gesichtszüge entglitten und Tränen ihre Augen füllten. Mit einem Ruck löste sie sich von ihm und griff nach ihrer Hose. Sie zerrte sie hoch und wollte gerade den Raum verlassen, als er sie noch einmal umherzerrte. Er nahm ihr Gesicht in seine Hände und sah sie an. Die Tränen liefen über ihre Wangen und benetzten ihre weiche Haut. „Kann ich jetzt bitte gehen?“, flüsterte sie leise.
Er schüttelte ungläubig den Kopf und küsste sie. Er wollte sie mit allem was er hatte überzeugen, bei ihm zu bleiben. Aber sie schüttelte nur den Kopf und löste sich von ihm. „Bitte... Du kannst mir einfach nicht geben, was ich brauche Tray. Deswegen muss es hier enden. Versteh es einfach.“
Plötzlich schienen sie alle richtig gewesen zu sein. Tristen und Timmie hatten versucht ihm die Wahrheit vors Gesicht zu halten aber er hatte stur weggeschaut. Jetzt war es zu spät.
Er senkte den Blick und ließ sie los. Als die Haustür ins Schloss fiel ging ein Ruck durch seinen Körper doch er hielt sich selbst auf. Vielleicht war es wirklich Zeit geworden, sie gehen zu lassen.
Drei Tage waren seit ihrer schmerzlichen Trennung vergangen. Drei Tage, die Tray langsam aber sicher schon um den Verstand gebracht hatten. Er vermisste Emily, ob er es sich eingestehen wollte oder nicht. Es war einfach eine Tatsache. Und er beschloss, dass es nach diesem kurzen Gespräch nicht einfach vorbei sein konnte. Sie beide hatten so viel miteinander geteilt, dass er sie nicht so einfach aufgeben wollte.
Er hatte sich entschieden. Sie war sein, und sie wusste es. Er wollte sie nicht aufgeben.
Trostlos sah Emily auf ihr Essen bei Lunch und seufzte. Sie hatte einfach keinen Appetit mehr. Auf nichts. Obwohl sie sich endlich von Tray getrennt hatte, fühlte sie sich nicht besser. Sie fand auch keine wirkliche Ablenkung mit Schulaufgaben oder anderen Dingen. All ihre Gedanken kreisten nur um ihn. In der Schule hatte sie fast das Gefühl, jeden seiner Blicke auf ihr zu spüren.
Mit dem Gedanken in die Library zu gehen stand sie auf und griff nach ihrem Tablett, um das Essen zu der Geschirrabgabe zu bringen. Als sie sich umdrehte lief sie glatt in jemanden rein. Verwirrt hob sie den Kopf und sah Tray vor sich stehen. Alles in ihr versteifte sich.
„Was... willst du?“ Sie war stolz auf sich, dass ihre Stimme bei diesen Worten noch nicht gebrochen war.
Er musterte ihr Gesicht und nahm ihr sanft das Tablett aus der Hand. Dann stellte er es zurück auf den Tisch. Instinktiv verschränkte sie Arme auf der Brust und sah ihn fragend an.
„Wir müssen reden.“
„Das geht hier aber nicht...,“ versuchte sie sich rauszureden. Aber er belächelte nur ihren Versuch und kam ihr noch näher.
„Naja... wenn du nicht reden willst, habe ich ja keine andere Wahl.“ Und dann hatte er sie plötzlich fest an sich gezogen und seine Arme um sie geschlungen. Sein Mund verschlang ihren noch bevor sie überhaupt ein Wort sagen konnte. Automatisch, weil sie ihn schon so viele Male geküsst hatte, erwiderte sie den Kuss und krallte sich in sein Hemd.
Er presste sie noch fester an sich und küsste sie noch wilder. Ihr Herz hämmerte in ihrer Brust und ganz langsam wurde ihr klar, dass sie in der Öffentlichkeit waren. Jeder konnte sie sehen, oder eher gesagt, jeder sah sie. Sie spürte die Blicke von vielen fragenden Gesichtern auf sich ruhen.
Zitternd löste sie den Kuss und sah ihn mit gerunzelter Stirn an. „Was...?“ Da schnitt er ihr wieder das Wort ab und küsste sie erneut. So tief und innig, dass sie es bis in die Zehenspitzen spüren konnte. Irgendwann löste er sich dann von ihr, griff nach ihrem Rucksack auf den Boden und zog sie mit sich. Völlig perplex sah sie sich um. Alle schauten den beiden hinterher als sie die Cafeteria verließen.
„Tray! Warte doch mal! Was soll das?“
Er drehte sich zu ihr und seine Schritte wurden langsamer. „Was meinst du?“
„Warum zur Hölle küsst du mich vor aller Welt? Waren wir nicht einverstanden, das endlich hinter uns zu lassen?“
„Oh nein Emily. Du warst damit okay, ich habe nie eingewilligt. Und warum ich dich vor aller Welt küsse? Damit jeder weiß, dass du mir gehörst. Denn so ist es.“
Da riss sie ihm die Hand fort und blieb stehen. Das war also der Grund gewesen. Er wollte nur seinen Besitz demonstrativeren. Es ging ihm nicht um Gefühle oder eine Beziehung. Nur um seinen Stolz.
Verwirrt sah er sie an als sie den Kopf schüttelte. „Aber so funktioniert das doch nicht Tray.“
„Warum nicht? Was meinst du?“
„Ich bin kein Gegenstand! Ich bin ein Tier, ein Mensch, eine Persönlichkeit! Du kannst mich nicht besitzen. Ich gehöre nur mir allein.“
Es war, als prügele die Wahrheit in seinen Verstand. Sie hatte Recht. Er hatte sie die ganze Zeit nur als eine Eroberung gesehen, einem Zeitvertreib. Dabei hatte sie ihm niemand gehört.
Stumm schüttelte sie den Kopf und flüsterte dann leise: „Das ist der Grund, warum ich es beendet habe. Du verstehst einfach nicht, was ich brauche. Nicht mehr.“
Mit diesen Worten ließ sie ihn allein im Gang stehen. Schon wieder hatte er es falsch gemacht.
Als er nach der Schule wieder zu Timmie fuhr, war seine Laune miserabel und eigentlich wollte er sich von seinem kleinen Bruder nur aufheitern lassen wollen. Das lief jedoch nicht nach Plan, da Timmie ihn mit finsterer Miene ansah, als Tray ihm von den neuen Vorfällen erzählte.
„Du bist einfach total dumm du Blödmann!“
Er knurrte und bleckte die Zähne. „Aber warum denn?“
„Verstehst du sie denn gar nicht?“
„Was gibt es denn da zu verstehen?“
„Sie will eine Beziehung, Mann! Sie will, dass du sie liebst, und es ihr auch sagst. Dass du dich um sie kümmerst und beschützt. So wird das nichts.“
„Glaubst du das wirklich?“
„Natürlich, ich weiß es!“
Emily sah an die kahlen Wände ihres Zimmers und hörte leise dem Radio im Hintergrund zu. Vom Erdgeschoß ertönten das Klirren von Flaschen und die schwermütigen Bewegungen ihres betrunkenen Vaters. Langsam glitt ihr Blick zu einem kleinen Bilderrahmen mit dem Bild ihrer Mutter. Bevor sie fähig war zu weinen, verließ sie ihr Zimmer und dann das Haus. Sie blickte sich langsam um und ging einfach los. Sie musste weg von diesem Ort. Weit weg. Langsam setzte sie einen Fuß vor den anderen.
Tray war gerade am Zähne putzen als sein Handy klingelte. Auf dem Display stand Emilys Hausnummer. Unerwartet wurde ihm das Herz leichter und ein Lächeln stahl sich auf sein Gesicht.
„Ja?“, meldete er sich hoffnungsvoll.
Ein schweres Atmen erklang, dann ein Rascheln. „Ist Tray am Apparat?“ Es war Emilys Vater.
„Ja Sir, ich bin es. Was ist passiert?“
„Ist mein Mädchen bei dir?“
„Nein, sie ist nicht bei mir. Warum?“
„Ich... Ich weiß nicht wo sie ist.“
„Sind Sie sich sicher, dass sie Ihnen keine Nachricht hinterlassen hat?“
„Nein, Herrgott noch Mal. Sie ist einfach weg. Ich kann sie auch so nicht erreichen.“
Sofort ging ein Alarmsignal in ihm an und sein Löwe machte sich bereit, sie überall zu suchen, wenn es nötig war. „Erinnern Sie sich noch, was als Letztes passiert ist?“
Ein Schniefen ertönte und dann fast ein Schluchzen. „Ich glaube ich war betrunken als meine Kleine nach Hause kam. Ich weiß es aber nicht mehr. Ich kann mich an nichts mehr erinnern, aber sie ist nirgendwo. Ich war schon überall und es ist doch schon so spät!“
Tray sah auf die Uhr. Zwei Uhr morgens, seine normale Zeit um langsam ins Bett zu gehen. Jedoch nicht für Emily, sie war meistens schon um zehn Uhr im Tiefschlaf. „Waren Sie beim Grab ihrer Mutter?“
„Ja doch!“ Ein Schluchzen und ein zittriges Luftholen. „Du musst sie finden. Ich habe solch eine Angst, dass ihr etwas passiert ist.“
„Haben Sie schon die Polizei verständigt?“
„Nein, ich kann das doch nicht machen. Sie sehen dann den Alkohol und dann nehmen sie mir Emily noch weg.“
Tray hatte sich während dem Gespräch schon wieder angezogen und griff nun nach seiner Jacke. „Gut. Ich werde sie suchen. Rufen Sie mich sofort an, wenn sie wieder zu Hause ist.“
„Ja... Ja.... Ja das mache ich.“
„Und Sir, bitte... suchen Sie sich Hilfe. Es ist zwar nicht mein Recht, Ihnen so nahe zu treten, aber Sie brauchen einen Entzug um Emily wieder ein Vater zu sein.“
„Ich weiß... ich werde mich ändern. Ich verspreche es. Aber bitte, finde meine Kleine. Bitte, ich flehe dich an.“
Tray wusste erst nicht so wirklich wo er anfangen sollte. Erst einmal ging er noch einmal zum Grab ihrer Mutter und suchte den ganzen Friedhof nach ihr ab. Ihr Duft hing noch ein wenig in der Luft, aber das war sicherlich schon Tage her. Die Fährte war nicht frisch genug. Dann lief er zurück zu ihrem Haus. In der Luft lag ihr Duft noch ein wenig frischer und mit ein wenig Glück, würde der aufkommende Regen sie erst in ein paar Minuten vollkommen weggespült zu haben. Um die Fährte besser verfolgen zu können verwandelte er sich in einen Löwen. Majestätisch und stolz reckte er den Kopf in die Luft und stieß ein Brüllen aus.
Dann rannte er los, wo immer seine Nase ihn hin führte.
Emily saß auf einer kleinen Bank in der Dunkelheit. Sie war schlussendlich im Zoo gelandet. Sie wusste nicht einmal warum dieser Ort eine solche Wirkung auf sie ausübte. Vielleicht, weil sie hier mehrmals vor Jahren mit ihrer Mutter gewesen war. Oder weil sie sich hier Tray das erste Mal angeboten hatte. Sie wusste es nicht.
Das nächtliche Rascheln und die leisen Geräusche der Tiere beruhigten sie. Sie sah in den leicht bewölkten Himmel. Zwischen den Wolken jedoch blitze eine sternenklare Nacht hervor. Der Duft nach Regen lag in der Luft. Es wurde langsam kälter.
Emily wusste nicht wie spät es war. Als sie hier her gekommen war, hatte der Zoo schon geschlossen. Aber sie hatte nicht die Muße, auf ihr Handy zu schauen oder den Moment auf eine andere Weise zu zerstören.
Ganz langsam schloss sie die Augen und rollte sich friedlich zusammen. Vielleicht war das gar kein schlechter Ort zum Einschlafen.
Ein Tropfen fiel auf ihrer Wange. Dann noch einer auf ihre Nase. Es folgten hunderte. Mühsam öffnete sie ihre Augen und richtete sich auf. Vor ihr stand ein riesiger Löwe, der laut knurrte. In dem Glauben, noch zu träumen, rieb sie sich die Augen und blinzelte. Der Regen jagte kalte Schauer über ihren Rücken. Aber es half nicht, der Löwe war noch immer da.
Dann ging dieser in einem Leuchten auf und Tray stand vor ihr. „Emily verdammt!“
Sie zuckte heftig zusammen und sah ihn fragend an. „Du kannst doch nicht so einfach weglaufen. Dein Vater ist fast krank vor Sorge um dich! Wie kannst du mir das nur antuen?“
Sie schniefte und dann brach sie in Tränen aus. Tray zog sie fest an sich und streichelte sanft ihren Rücken. Sie weinte an seiner Brust ungehemmt und er hielt sie fest. Er gab ihr das Rückgrat, das sie verloren zu haben schien.
Als Emilys Vater die Haustür öffnete und seine vom Regen durchnässte Tochter sah und Tray in nur seiner Unterwäsche gekleidet, stieß er ein Dankgebet aus. Er hatte sie gefunden. Er zog sein Mädchen fest in seine Arme und presste sie an sich. „Es tut mir so leid. So leid. Bitte tu das nie wieder!“
Emily war ganz steif in seinen Armen und tätschelte ihn recht unbeholfen. „Ja Papa. Ich verspreche es.“ Als sie sich löste, wollte sie eigentlich sich von Tray verabschieden, doch er war schon die Treppe hochgegangen und sie hörte seine Schritte in ihrem Zimmer. Seufzend stellte sie sich diesem neuen, kleinen Krieg und ging die Treppen hoch. Als sie in ihr Zimmer kam, war Tray gerade dabei, sich mit einem Handtuch trocken zu reiben. Unschlüssig zog sie sich ebenfalls die Kleidung vom Leib bis sie in Unterwäsche im Zimmer stand und vor Kälte zitterte. Als sie ihren Kleiderschrank öffnete und nach einem großen Pullover suchte, zog Tray sie von hinten in seine Arme. Sein Kopf legte sich auf ihren und er hatte seine Hände auf ihre Hüften gelegt. „Hast du auch etwas für mich? Ich glaube, du hast noch einen Großteil meiner Kleidungsstücke.“
Röte überzog ihre Wangen und sie nickte. Dann zog sie eine Boxershorts von ihm, ein Hemd und eine kürzere Hose aus dem Schrank. Wie jedes dieser Kleidungsstücke zu ihr gekommen war, war eine lange Geschichte. Er nahm die Kleidungsstücke entgegen und zog sie sich schnell an. Sie tat es ihm gleich, obwohl seine Nähe sie plötzlich dabei beschämte. Als sie sich angezogen hatte drehte sie sich vorsichtig zu ihm.
„Danke... dass du mich nach Hause gebracht hast.“
„Wer sonst?“, witzelte er verlegen. Sie lächelte auch und sah dann auf die Uhr. Es war 4 Uhr morgens. Vorsichtig biss sie sich auf die Unterlippe. „Du... kannst hier schlafen, wenn du willst.“
Er nickte und nahm ihre Hand in seine. Seine Finger verschränkten sich mit ihren und ihr Herz raste in ihrer Brust. Stumm schaltete er das Licht aus und zog sie mit sich in das kleine Bett. Eigentlich hatte sie ihm die Couch anbieten wollen, aber dieses Vorhaben hatte sich damit anscheinend erledigt.
Seine Arme legten sich sicher um sie und sie lauschte eine Weile den Geräuschen. Ihr Vater war ebenfalls schon eingeschlafen, sein Schnarchen gab genügend Auskunft. Lange fand sie keinen Schlaf und Trays Herzschlag verriet ihn ebenfalls.
Langsam leckte sie den Kopf in den Nacken und versuchte einen Blick in sein Gesicht erhaschen zu können. Vergebens. „Tray?“
„Ja?“
„Mir ist warm. Kannst du ein wenig wegrücken?“
Seine Füße berührten ihre eiskalten Füße und er lachte. „Lügnerin.“
Sie musste ebenfalls grinsen und flüsterte: „Es war ein Versuch wert.“
Er zog sie noch viel enger an sich und dann küsste er sie zärtlich. Sie erwiderte den Kuss erschöpft und sah ihn an. Seine Augen glänzten in der Dunkelheit wie verhüllte Diamanten. „Warum? Warum machst du all das?“
Fast wollte er ihr die Antwort geben, die er sich selbst eingeredet hatte. Weil du mir gehörst. Aber das war es nicht was sie hören wollte. Und er wusste es. Er streichelte sanft durch ihr Haar. „Ich bin mir nicht sicher. Aber... du bedeutest mir sehr viel Emily. Ich will dich nicht mehr gehen sehen. Ich will, dass du für immer bei mir bleibst. Ich brauche dich.“
Sie sah ihn mit großen Augen an und wusste sich einen Moment nicht zu helfen, so stark waren die Gefühle, die sie durchströmten. Ein leises, männliches Lachen erklang. „Du hast niemals gedacht, so etwas aus meinem Mund zu hören oder? Aber es ist wahr. Ich glaube ich und mein Löwe haben uns ziemlich heftig in dich verliebt.“
Emily verschlug es wortwörtlich die Sprache. Lachend küsste Tray sie mit allem was er hatte. Bebend krallte sie sich in seine Arme und schmiegte sich an ihn. Kurz löste er den Kuss und raunte in ihr Ohr: „Und ich weiß, du liebst mich auch. Worte sind überflüssig Kätzchen.“
Und in diesem Moment gab es keine Sorgen mehr. Kein Timmie, der jeden Tag um sein Leben kämpfte und kein Vater, der sich dem Alkohol hingegeben hatte. Nein. Nur Tray und Emily.
Als sie den nächsten Morgen aufwachte fühlten sich ihre Adern mit Zuckersyrup gefüllt an. Die ganze Nacht bis in das Morgengrauen hatten Tray und sie sich geneckt, geärgert und geküsst. Als die Vögel anfingen zu singen, waren sie endlich erschöpft eingeschlafen. Sie gingen natürlich nicht zur Schule am folgenden Tag aber es war auch nicht so wichtig. Emilys Vater hinterließ eine Nachricht, dass er zur Arbeit war und sich denn bei einer Therapie anmelden wollte. Vielleicht würde dieses Versprechen ausnahmsweise auch kein leeres sein.
Ausgelassen machte Emily ‚Frühstück’ während Tray noch im Bett lag und selig schlief. Sie machte Spiegeleier mit Bacon und einem schönen Toast. Leider hatte sie keine Orangen, deswegen gab es Kaffee und Milch dazu. Als sie das Frühstück auf ein Brett stellte und in ihr Zimmer trug, da fühlte sie sich einfach gut.
Sie schlüpfte wieder neben Tray unter die Bettdecke und schmiegte sich dicht an ihn. Sofort legte er seine Arme um sie und zog sie fest an sich. Sein Kopf vergrub sich in ihre Halsbeuge und sie erschauderte heftig. Sein heißer Atem kitzelte sanft ihr Ohr und plötzlich bissen Zähne fest genug in ihren Nacken, um ein Zeichen zu hinterlassen. Er hatte ihr sein Zeichen aufgedrückt an einer Stelle, an dem jeder Mensch es sehen sollte. Sie war sein.
Mit flatternden Herzen schnappte sie nach Luft und krallte sich fest in seinen Schopf. Verzweifelt versuchte sie ihn von ihrem Hals wegzuziehen, aber er dachte gar nicht daran zurückzuweichen. Stattdessen kreiste seine Zunge nun langsam über das Mal und seine Hände griffen nach ihren Hüften.
„Du schmeckst so gut Emily.“ Sein Mund wanderte küssend über ihren Hals und er riss ihr und sich selber förmlich die Kleidung vom Leib. Lustvoll kratzte sie über seinen nackten Rücken. Fest genug um Striemen zu hinterlassen, die gut sichtbar sein würden. Er knurrte verspielt auf und knabberte an der empfindlichen Haut ihrer Brüste. Ein Keuchen entfuhr ihr und als Reaktion bis er in die zarte Rundung hinein. Schon wieder eine Zeichnung. Aber es war ihr egal. Sie gehörte ihm, nur ihm. Und glücklicherweise gehörte er auch nur ihr.
Eine raue Hand drückte die andere Brust während die zweite Hand sich auf Weg zum Scheitelpunkt ihrer Beine machte. Ihr leises Stöhnen schien ihm nicht Bestätigung genug zu sein. Er wollte sie schreien hören. Sein Kuss nahm ihr fast den Atem und sie krallte sich fest in seine Schultern.
Gerade als er sie mit seinen Fingern quälen wollte, löste sie eine Hand und umfasste ihn fest. Er schnappte nach Luft und sank mit dem Kopf in die Beuge ihres Halses. Ganz langsam liebkoste sie ihn aber mit festem Druck. Der Schweiß lief ihn übern Rücken und er flüsterte beschwörend ihren Namen. „Bitte... Ich...“
Geschickt wie es nur eine Katze konnte drehte sie sich mit ihm und saß dann auf ihm. Ihr zierlicher Rücken und der flache, durchtrainierte Bauch waren weit gestreckt, den Kopf hatte sie in den Kopf gelegt und ihr Haar berührte mit den Spitzen seine Oberschenkel.
Er hielt den Atem an und wurde sich klar darüber, dass sie sich noch niemals so geliebt hatten. Emily lehnte sich lächelnd nach vorne und küsste seine vor Staunen geöffneten Lippen. Atemlos erwiderte er den Kuss während sie ihn noch immer mit langsamen Bewegungen um den Verstand brachte. Als ihm der Geduldsfaden riss und er nach ihr greifen wollte lachte sie nur und rutschte ans Ende des Bettes. Dann schon fühlte er ihre Lippen und es gab keine Rettung mehr. Vergessen war der Plan, sie um den Verstand zu bringen. Denn Emily schien wesentlich besser darin zu sein.
Mit einem breiten Grinsen auf den Lippen küsste Emily sich einen Weg nach oben über Trays Brust. Sein Atem ging schnell und er war verschwitzt. Seine Hand griff erschöpft in ihr Haar und kraulte sanft ihre Kopfhaut.
Nach einem letzten Kuss auf seine Wange fiel sie neben ihn auf das Bett und schnappte nach Luft. Er richtete sich auf und fuhr sich durch das Haar. Seine Brust- und Rückenmuskeln spielten dabei äußert verführerisch und sie schluckte schwer. Langsam drehte er sich zu ihr und ein tiefes Grinsen lag auf seinem Gesicht. „Du denkst du kommst so einfach davon? Du hast keine Ahnung.“
Ein Zittern lief durch sie und dann nahm er ihr schon wieder den Atem. Sein Gewicht drückte sie fest in die Matratze und bevor sie auch nur noch einen Gedanken fassen konnte, waren seine Finger schon tief in ihr. Sie schrie überrascht auf und krallte sich in seine Seiten.
Seine Bartstoppeln kratzten herrlich über ihre Hand als er jede Stelle küsste, die er erreichen konnte. Als sie zehn Minuten später um Erlösung flehte, da hatte er nur gelacht und den Kopf geschüttelt. Er gab ihr erst Erlösung als sie atemlos seinen Namen schrie. Mit sinnlichen Bewegungen ritt sie auf ihm dem Nirwana entgegen. Ein seligen Lächeln schmückte dabei ihr Gesicht.
Die nächste Woche die verging fühlte sich wie in Zuckerwatte gehüllt an. Tray gab ihr alles was sie sich wünschen konnte und noch mehr. Er holte sie morgens vor der Schule ab und brachte sie bis zu ihren Klassen. Er trug ihre Tasche, obwohl das vielleicht seinem Image geschadet hätte. Er küsste sie zärtlich, besitzergreifend oder wild, wann immer ihm danach war. Vor Menschen oder versteckt in der Bibliothek. Draußen oder drinnen. Überall. Nach der Schule holte er sie immer ab, brachte sie nach Hause und half ihr mit verschiedenen Dingen. Ihr Vater war am Dienstag abgereist und würde nun acht Wochen in einer Kuranstalt in Florida verbringen. Zusammen hatten sie von dem Geld, dass er als Beurlaubung bekommen hatte, Wandfarbe gekauft und angefangen, dass Haus von ganz neu an zu gestalten. Am Abend fuhren sie immer zusammen ins Krankenhaus zu Timmie. Dieser freute sich unglaublich seinen dummen Bruder endlich glücklich zu sehen.
Doch es konnte nicht so schön sein. Das alles war nur eine zeitbedingte Illusion. Trays Eltern standen kurz vor einer Scheidung und Timmies Herz wurde mit jedem Tag schwacher. Es war noch nicht zu Ende.
Am darauffolgenden Mittwoch wurde Tray aus dem Klassenzimmer gerufen. Verwirrt, warum er zum Direktor musste, hatte er sich alles durch den Kopf gehen lassen. Aber Emily hatte ihn zu einem besseren Menschen gemacht. Er hatte sogar mit dem Rauchen aufgehört. Was also könnte ihn in Probleme bringen?
Als er ankam und ein belegtes Gesicht bei der Sekretärin erblickte, da schlug ein flaues Gefühl in seine Magengrube. Leise, aber klar hatte er gefragt: „Was ist passiert? Was ist mit meinem Bruder?“
„Ich weiß es nicht. Du sollst sofort ins Krankenhaus kommen. Wir haben schon ein Auto vorgefahren. Beeile dich.“
„Rufen Sie Emily! Bitte, schicken Sie Emily!“ Mit diesen Worten rannte er so schnell er konnte. Als er das Auto erreichte, da war Emily schon auf dem Weg und stürmte den Weg hinter ihm zum Auto. Kaum hatten sie sich hingesetzt fuhr das Auto los. Ihr Atem ging rasselnd.
Ganz sanft umfasste sie seine Hand und drückte sie. Er hatte die Augen festgeschlossen, doch die Tränen hinter seinen Lidern brannten dennoch.
Als sie die Gänge zur Intensivstation rannten, hielt er ihre Hand stark umfasst. Binnen weniger Momente war er angekommen und sah beide seiner Eltern zitternd vor sich stehen. Ihre Gesichter waren mit Tränen überströmt.
„Was...?“ Da brach seine Stimme und er brach in Tränen aus. Das konnte nur eines bedeuten. Timmie war tot. Sein Körper krümmte sich von einem gellenden Schmerz durchzuckt und er sackte zu Boden. Emily ging neben ihn auf die Knie und schlang ihre Arme um ihn.
„Was ist passiert?“
Seine Mutter holte zittrig Luft und ballte ihre Hände zu Fäusten. „Er... Wir... Es wurde ein Spenderherz gefunden. Er wird gerade operiert.“
Ein tiefer Schrei aus dem Herzen des Löwen, der Tray war, hallte durch die leeren Gänge des Krankenhauses. Ein Schrei der Erleichterung.
Die OP dauerte fast 8 Stunden aufgrund der komplizierten Veranlagung der Gestaltenwandler. Aber sie war erfolgreich. Als Timmie benommen nach weiteren 48 Stunden die Augen öffnete, hielt sein Bruder seine eine Hand, seine Mutter die andere. Sein Vater hatte einen Arm um seine Mutter gelegt und sein Kopf hatte er an den Rand des Bettes gelegt. Alle waren sie erschöpft, schliefen oder starrten leer in den Raum.
Neben Tray entdeckte er Emily, die sich dicht an Tray geschmiegt hatte. Wie schön.
Aber er war sich auch bewusst, dass sich etwas geändert hatte. Sein Löwe. Er war fort. Er war gestorben. Es gab nur noch ihn in seinem Körper. Er hatte ein menschliches Herz bekommen.
Tränen rannen aus seinen Augenwinkeln und die kleine Veränderung zog Trays Aufmerksamkeit auf sich. „Timmie... Ich liebe dich. Über alles.“
Timmie nickte schwach und flüsterte: „Ich liebe euch auch.“ Und dann dankte er Gott für dieses Geschenk. Er würde vielleicht immer einen Teil von sich vermissen, aber er lebte. Er konnte zur High School gehen, Mädchen aufreißen, einen Beruf erlernen und eines Tages eine Familie gründen.
Kaum war Timmie einigermaßen gesünder, regulierte sich die Beziehung zwischen Trays Eltern wieder. Die beiden fuhren fort für ein Wochenende und kehrten zurück mit einem entspannten Lächeln und weniger Stressfalten. Tray war regelrecht bei Emily eingezogen da das Haus fast nur noch leer stand.
Und als Emilys Vater wiederkam, da brach sie in Tränen aus. Er war gut gebräunt, hatte viel trainiert und seinen alten, starken Körperbau wiedererlangt. Seine Hände waren die eines Mannes, der nach etwas sinnvollem suchte, statt nach Alkohol. Zusammen beendeten sie die Arbeiten des Hauses und fanden in ein normales Verhältnis zurück. Als Emily eines Tages mit ihrem Vater am Grab ihrer Mutter stand, da lächelten sie beide und dankten Marianne für das Geschenk, dass sie ihnen als Ehefrau und Mutter gegeben hatte.
Tray hielt mit einer Hand die schwere Ledertasche fest umgriffen, mit der anderen versuchte er sich einen Weg durch die Menschenmasse zu bahnen. Um diese Zeit versuchten alle so schnell wie möglich vom Arbeitsplatz wegzukommen und nach Hause zu kehren. Tray hatte eine angesehene Architekturfirma gegründet, die Siedlungen für Gestaltenwandler entwarf. Seine Konzepte waren so erfolgreich, dass er sich mittlerweile keine Gedanken mehr machen musste, jemals Geldsorgen haben zu müssen.
Kaum saß er in seinem Auto musste er breit grinsen. Er freute sich auf heute Abend. Sein Bruder würde vorbei kommen und sie würden alle zusammen zu Abend essen.
Als er Manhattan verließ und kurze Zeit später auch New York, war er wieder in den Tiefen der Natur. Er fuhr einen kleinen Waldweg hoch und erblickte sein schönes Haus. Es war eine Mischung aus Holz, Stahl und Glas. Umweltfreundlich und effektiv.
Langsam stieg er aus und schloss die Haustür auf. Er hörte sie schon kommen. Raschelnde Katzensprünge und leises Fauchen, ein Rumpeln als ob etwas umgefallen wäre. Kaum hatte er die Tür geöffnet, da sprangen zwei perfekte, kleine Löwenjungen an ihm hoch. Vergessen war der teure Anzug und die schwere Tasche. Er ließ die Tasche fallen und drückte die beiden Katzen fest an seine Brust. Sie hatten schon fast die Größe eines Labradors angenommen.
„Nick! David!“ Sein Aufschrei war pure Freude als seine kleinen Söhne, die gerade vier Jahre alt geworden sind, sich fest an ihn drückten. Die Krallen waren ausgefahren und hatten sich in seine Jacke gekrallt. Niemand in der Welt könnte sie von diesem Ort wegziehen.
Mit schweren Schritten betrat er den Hausflur und kickte sich die Schuhe von den Füßen. Kleine Bisse und ein süßes Lecken an seinem Hals ließ ihn atemlos lachen. „Lasst euren Vater doch erst einmal nach Hause kommen!“ Aber sie dachten gar nicht daran, diese verzogenen Bälger.
Mit den beiden auf dem Arm ging er durch Flur und betrat einen riesigen Raum. Fast alle Wände bestanden aus weiten Fenster, die das dichte Blattwerk der Natur hinein schauen ließen. Die eine Ecke war zweifelslos das Wohnzimmer, dann stand in der Mitte noch ein Esstisch und an der Innenwand war eine stilvolle Küchenzeile angebracht.
Endlich konnte er seine beiden Söhne von sich lösen und auf dem Boden setzten als er schon wieder in eine Umarmung gezogen wurde. Sein kleiner Bruder Timmie, der ganz und gar nicht mehr klein war. Er überragte Tray, der schon 1,90 war, um ein gutes Stück. Viel Training hatte seinen Körper gestählt und seine Schultern waren breit. Ein Bartschatten betonte sein unglaublich attraktives Gesicht und er hatte das Haar auf eine kürzere Länge geschnitten. Er mochte vielleicht nicht mehr ein vollwertiger Gestaltenwandler sein, aber er wirkte auch als Mensch wie ein Raubtier.
„Tray! Wie geht es dir so? Rauben sie dir alle deine Nerven?“
„Ja, aber es wäre leichter zu ertragen, hätte ich einen rücksichtsvollen Bruder.“
Ein tiefes Lachen, dann ein fester Schlag auf sein Schulterblatt, der ihn erinnerte, wie stark sein kleiner Timmie geworden war. Aber niemand nannte ihn mehr Timmie. Heute wurde er nur Tim genannt. „Jaja, ich habe dich auch lieb.“
Plötzlich schrie er auf und sah verwirrt nach unten. Nick hatte fest in sein großen Zeh gebissen und spielte nun aufgeregt mit David. „Na warte!“ Und dann war Tray plötzlich nicht mehr interessant. Nur die beiden kleinen Löwen zählten. Erleichtert ging er die Treppen hinauf in das kleine Arbeitszimmer. Und da saß sie.
Sie hatte das Haar, dass über die Jahre immer rötlicher wurde, elegant hochgesteckt und trug ein figurbetontes schwarzes Kleid. Der Stoff umspannte ihre volle Bauchrundung und es versetzte ihn immer wieder einen Schlag.
Sofort zog er sie an sich und legte seine Hände auf ihren Bauch. Seine kleine süße Tochter wartete nur darauf, das Licht und die Wunder dieser Welt in einem Monat zu erblicken.
Atemlos löste sie sich von ihm und lachte. „Hör auf damit. Sonst bekomme ich noch frühzeitige Wehen!“ Aber sie meinte es nicht ganz ernst. Er grinste sie breit an und zuckte mit den Schultern.
„Ich kann doch nichts dafür, dass du so sexy schwanger bist.“
Sie sah ihn an und lächelte zärtlich. „Ich habe dich vermisst. Wir haben dich vermisst.“ Sanft legte sich ihre Hand über die Seine auf ihrem Bauch. Ein kleiner Tritt dagegen bezeugte ihre Worte.
Da küsste er sie wieder. Fest und leidenschaftlich. Zitternd fuhr sie mit ihren Händen durch sein Haar und presste sich fest an ihn. Ein wenig Verlangen verschleierte ihren Blick.
„Ich kann es gar nicht abwarten dich heute Nacht wieder schreien zu hören.“ Es war nur ein Flüstern, aber es trieb ihr die Röte in die Wangen. Ob schwanger oder nicht, er brachte sie regelrecht um den Verstand.
„Ich muss nach dem Auflauf schauen.“ Er lachte nur über ihren Versuch sich rauszureden. Noch immer so prüde, wild, zärtlich, liebevoll, dominant und verspielt.
„Emily komm runter! Deine Kinder werden mich noch umbringen!“, erklang das laute Lachen von Tim.
„Ich komme!“ Als sie nach unten kam stürmten die beiden Löwenjungen auf sie zu. Vor ihr gingen sie in einem Farbenschimmer unter und zwei kleine Jungen sahen sie mit braunen Augen an.
„Na los, es gibt gleich essen.“
Sofort begannen die beiden sie mit Fragen zu überhäufen, mit ihren kleinen Händen ihren Bauch zu streicheln und sie zu liebkosen. Denn das war es, was Gestaltenwandler nun mal taten. Sie erdeten einander mit Liebe.
Als sie sich endlich hinsetzten schmerzte Emilys Rücken schon von der Last des Kindes. Tray massierte mit einer Hand beiläufig ihr Kreuz während er in eine Diskussion mit seinem Bruder verwickelt war. Nick und David hatten natürlich nichts Besseres zu tun als langsam mit ihren Fingern durch das Essen zu wühlen und das Besteck völlig zu missachten.
Emily sah sie sich langsam um und fühlte ihr Herz dabei aufgehen. Vielleicht war es einfach, weil der Moment so perfekt war, vielleicht war es aber auch nur wegen der Schwangerschaftshormone. Aber alles war so perfekt wie noch nie. Sie hatte zwei gesunde, wundervolle Söhne. Tim war am Leben und ebenso gesund. Sie erwartete ihr drittes Kind, ein kleines Mädchen, das den Namen Amelia tragen würde. Sie war mit Tray zusammen. Alles war perfekt.
Texte: Alle Rechte liegen bei pumpkin.
Tag der Veröffentlichung: 21.08.2012
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Ich widme dieses Buch meiner besten Freundin in Deutschland, die mich drei Jahre meines Lebens dort begleitet hat. Selbst über die Entfernung sind wir noch immer unzertrennlich. Ich danke dir dafür.
Unter anderem ist dieses Buch auch für meine Leser, die mich beim Überarbeiten dieses Buches sehr unterstützt haben. Ich danke jeder Kritik und Rückmeldung die ich bekommen habe.