Mit schmerzende Gliedern und leicht verschwommener Sicht öffne ich die verglaste Tür. Augenblicklich schlägt mir der Geruch von Leid und Desinfektionsmittel entgegen, was mich die Nase rümpfen lässt. Ich hasse Krankenhäuser, schnaube ich innerlich und torkle, des Alkohols wegen, der noch immer durch meine Adern fließt, auf den Empfang zu, der durch eine Glasscheibe geschützt wird. Hinter dem Glas, an dem großen Schreibtisch, sitzt ein älterer Herr, mit dicker Lesebrille und ergrautem Haar. Gelangweilt blättert er in einer zerknitterten Zeitung herum und bemerkt so nicht, das ich vor ihm stehen bleibe und auf seine Aufmerksamkeit warte. Nach einigen Momenten, in denen er mich noch immer nicht bemerkt, räuspere ich mich ungeduldig, ohne Erfolg. Genervt seufze ich und klopfe etwas zu heftig gegen die Scheibe, weswegen der Alte erschrocken zusammen fährt. Mit großen Augen, sieht er mich, über die Brille hinweg an, ehe er seinen Blick über mein malträtiertes Gesicht wandern lässt. Noch immer scheint er erschrocken, doch nicht mehr, weil ich ihn aufgeschreckt habe, sondern meines Anblickes wegen. Mein Gesicht ist übel mitgenommen, von der Schlägerei, die keine Stunde hinter mir liegt. Auf dem Weg hierher, den ich zu Fuß zurück gelegt habe, konnte ich in einem der zahlreichen Schaufenster sehen, wie mitgenommen ich aussehe. Mein linker Augenbrauenbogen ist geschwollen und erschwert mir die Sicht. Meine Unterlippe ist aufgeplatzt und auf meiner rechten Schläfe prangt eine Platzwunde, die unaufhörlich blutet. Außerdem wird meine rechte Wange von einer unschönen Schramme geziert, die sich über mein halbes Gesicht zieht. Als er den ersten Schock endlich verdaut hat, räuspert er sich und richtet seine Sehhilfe. "Wo befindet sich die Notaufnahme?" brumme ich ihm zu und sehe ihn ungeduldig an, da ich hier so schnell wie möglich raus will. Als Kind habe ich genug Zeit in einer solchen Einrichtung verbracht. Viel zu oft habe ich Mist gebaut und bin deswegen hier gelandet oder familiäre Probleme haben mich dazu getrieben, in einem Krankenhaus zu landen. Noch immer sprachlos deutet er auf eine Tür, im rechten Eck des Empfangsraumes, über welcher ein Schild mit der Aufschrift 'Notaufnahme' prangt. Den Impuls unterdrückend, meine Hand auf die Stirn zu schlagen, mache ich kehrt und durchquere den schmalen, steril weißen Gang. Als ich schließlich in der Notaufnahme ankomme, trete ich an den kleineren Empfang, der in einer der Ecken steht. Die Frau, die dahinter sitzt, mustert mich ebenfalls, ehe sie mir schweigend ein Klemmbrett reicht, an welchem das Aufnahmeformular befestigt wurde. Stumm schnappe ich mir noch einen Stift und gehe in den Wartebereich, in welchem sich drei weitere Personen befinden. Da wäre eine Mutter, mit einem weinendem Kind auf dem Arm, welches sich den Bauch hält und ein Mann, der äußerlich nichts zu haben scheint. Dessen ungeachtet nehme ich, weit von den Anderen entfernt, Platz und mache mich daran, das Formular auszufüllen. Das fällt mir denkbar schwer, da die unangenehm helle Stimme des Mädchens regelrecht in meinen Ohren klingelt und meinen dröhnenden Schädel noch weiter malträtiert. Krampfhaft versuche ich ihr Gejammer auszublenden und mich auf die Zeilen vor mir zu konzentrieren. Unwillkürlich frage ich mich, wieso die meisten Kinder so wehleidig sind. Natürlich, sie sind noch jung und empfinden Schmerzen wohl schlimmer, als ein Erwachsener, doch erinnere ich mich daran, das ich früher nie so herum gejammert habe. Wenn ich mal Schmerzen, welcher Art auch immer, hatte, habe ich still vor mich hin gelitten und versucht, mir nichts anmerken zu lassen. Nach einer gefühlten Ewigkeit, taucht eine, in weiß gekleidete Blondine auf und bittet die Mutter, mit Kind, ihr zu folgen. Erleichtert seufze ich auf, als das, nicht gerade zarte, Stimmchen, durch die Tür abgeblockt wird. "Kinder", nuschelt der Mann, der einige Sitze von mir entfernt sitzt und ich stimme ihm, mit einem missbilligendem Murren zu. Kurz darauf habe ich alles nötige ausgefüllt und erhebe mich, um das Klemmbrett abzugeben. "Sie werden abgeholt, so bald man Zeit für sie hat", teilt mir die korpulente Frau, mit den braunen Haaren mit und beäugt das Formular. Mit einem knappen Nicken hacke ich diese Information ab und lasse mich wieder auf einem der ungemütlichen Plastikstühle sinken. Stille herrscht, welche nur von dem beständigen Ticken der Uhr unterbrochen wird, was mir das Gefühl gibt, das ich irgendwas verpasse, während ich hier sitze. Es macht mich nervös und ich fühle mich dazu gedrängt, immer wieder auf die schwarzen Zeiger zu blicken. Die Minuten verstreichen und ich wippe ungeduldig mit dem Fuß, welchen ich auf meinem Knie abgelegt habe. Genervt habe ich die Arme vor der Brust verschränkt und starre Löcher an die weiße Wand vor mir. Nach unendlich erscheinende Minuten, tritt erneut die Blondine in den Wartebereich und stiert angestrengt auf das Klemmbrett in ihrer Hand. "Herr Meyer, sie müssen noch einen Augenblick warten, da das Röntgengerät noch besetzt ist. Haben sie etwas Verständnis", erklärt sie mit sanfter Stimme und lächelt den Angesprochenen entschuldigend an. "Kein Thema", winkt dieser ab und erwidert ihr Lächeln. Danach schweift ihr Blick erneut auf das Blatt und schließlich zu mir, wobei sich ihre Augenbrauen anheben. "Frau Tesch, kommen sie bitte mit, es wird gleich ein Arzt für sie Zeit haben", spricht sie mich schließlich an und ich erhebe mich von den unbequemen Stuhl. Unmotiviert folge ich der Krankenschwester durch einen schmalen Gang, der von Türen und leeren Betten gesäumt ist. Vor einer dieser Türen bleibt sie schließlich stehen und bittet mich, darin Platz zunehmen, bis man Zeit für mich hat. Mit einem Nicken betrete ich den Raum und setze mich auf das Bett, während ich mir das Regal mit den Spritzen, Gummihandschuhen und Atemmasken ansehen. Den inneren Impuls unterdrückend, mir ein paar von den Nadeln zu schnappen, um später damit andere Leute zu verletzen, wende ich den Blick ab, bevor ich doch noch in Versuchung gerate. Erneut vergehen kostbare Minuten meines Lebens, was mich immer genervter macht. Können die sich nicht mal beeilen, mein Kopf dröhnt und ich möchte einfach nur noch schlafen, knurre ich innerlich, als die Tür leise geöffnet wird. Zum Vorschein kommt ein junger Mann, in einem weißen Kittel und mir kurzen, schwarzen Haaren, der mir nur allzu bekannt ist. Sein Blick liegt auf den Unterlagen in seiner Hand. "Tut mir leid, das ich sie habe warten lassen, Frau Tesch", murmelt seine raue Stimme, während er den Raum betritt. Als seine Augen sich schließlich auf mich richten, hält er inne und sieht mich überrascht an. "Mika, was machst du denn hier? Was ist passiert?" bringt er, fast schon erschrocken heraus und mustert mein entstelltes Gesicht.
Aus einem Affekt heraus, zuckt einer meiner Mundwinkel nach oben und ich lächle den großgewachsenen, muskulösen Mann an, den ich vor ein paar Wochen in einer Bar kennen gelernt habe. Durch Zufall bin ich auf die schummrige Kneipe gestoßen, aus der Rockmusik bis auf die Straße dröhnte. Aus Mangel an anderen Beschäftigungen und Neugierde, habe ich die Spelunke betreten und mir an der Theke ein paar Bier genehmigt, als sich Jerome zu mir gesetzt und ein Gespräch mit mir geführt hat. In gewisserweise war ich froh, an diesem Abend jemanden gefunden zu haben, mit dem ich mich unterhalten kann, da ich die Wochen davor, fast schon als Einsiedler gelebt habe. Ich kannte oder besser, kenne in dieser Stadt niemanden, da ich erst vor knapp drei Monaten hergezogen bin. Ich habe es bei mir zu Hause nicht mehr ausgehalten. Seitdem war ich öfter in der Rockerkneipe und habe ab und an sogar Jerome getroffen, meinen einzigen, flüchtigen Bekannten in dieser, nicht gerade kleinen, Stadt. Jedoch trägt er dort andere Klamotten, typische Rockerkleidung eben.
An dem Tag, als ich ihn das erste mal getroffen habe, trug er eine, abgewetzt aussehende, schwarze Lederjacke und darunter ein schlichtes schwarzes Shirt. Seine Beine steckten in einer dunkelblauen, ausgewaschenen Jeans, an der zwei Ketten, an der rechten Seite befestigt waren. Seine Füßen wurden geziert von alten Militärstiefeln und eine Sonnenbrille hing im Kragen seines Shirts.
Darum bin ich auch überrascht, ihn hier zu sehen. Ich hätte niemals erwartet, das er Arzt ist, da er sich in seiner Freizeit anders verhält. Auch seine tätowierten Arme lasse einen nicht darauf schließen, welche momentan von den Ärmeln seines Kittels verdeckt werden.
"Hey Jerome, ich wusste gar nicht, das du Arzt bist", bringe ich heraus, ohne seine vorherigen Fragen zu beachten und lege den Kopf leicht schief. Noch immer liegt ein schiefes Lächeln auf meinen Lippen, während er auf mich zu kommt und einen kleinen Hocker an das schmale Bett heranzieht.
"Mika, was ist passiert?" brummt mir der Schwarzhaarige zu, greift nach meinem Kinn und begutachtet mein Gesicht, in dem er es leicht nach links und rechts bewegt. Kritisch fixieren mich seine Augen, als er sich Handschuhe überzieht und eine Schublade aufzieht, die sich in einem kleinen Schrank unter dem Wandregal befindet. Sein aufmerksamer Blick wischt das schiefe Lächeln aus meinem Gesicht und weicht einer undurchschaubaren Miene.
"Bin in ne Schlägerei verwickelt worden", antworte ich leichthin und zucke mit den Schultern. Seine Hand streicht mir meine Haare aus dem Gesicht, welche in gewohnter Manier darüber hängen, doch bringt seine Geste nicht viel, da ein paar widerspenstige Strähne sofort zurück rutschen.
Bevor er seine Aktion wiederholen kann, greife ich in meine Hosentasche und hole ein altes Gummiband heraus, mit welchem ich meinen Haarschopf provisorisch zusammen binde.
"Eine Schlägerei? Wie kam es dazu?" fragt er weiter, als er eine kleine Wattekugel zur Hand nimmt und eine bräunliche Flüssigkeit darauf tröpfelt. Dem beißenden Geruch nach zu urteilen, ist es ein Desinfektionsmittel, mit welchem er über meine Platzwunde abtupft. Ein Brennen geht von der Stellen aus, an welcher die getränkte Watte meine aufgerissene Haut berührt, was ich gekonnt ignoriere.
"Ach da waren so ein paar Typen, die mich provoziert und schließlich ne Rauferei angezettelt haben. Eins kam zum anderen und so wurde ich in die Sache mit reingezogen", antworte ich nicht ganz ehrlich, da ich es war, die als erstes zugeschlagen hat. Das möchte ich ihm jedoch nicht sagen, da ich nicht weiß, wie er darauf reagiert. Immerhin kenne ich ihn nur flüchtig und möchte nicht, das er ein allzu schlechtes Bild von mir hat.
"Wieso bist du nicht einfach gegangen, als du gemerkt hast, dass es brenzlig wird?" fährt er mit der Fragerei fort und verschließt die kleine Wunde mit einem Klammerpflaster.
Schweigend sehe ich ihm in die blauen Augen, die ungewöhnlich sind, wenn man seine schwarzen Haare bedenkt und überlege, was ich darauf am besten zurück geben sollte. Fachmännisch beäugt er als nächstes meine Lippe, während er diese ebenfalls desinfiziert.
"Deine Lippe muss mit zwei Stichen genäht werden, damit sie besser abheilt. Ich werde die Stelle betäuben", teilt er, nach einem Moment des stillen Betrachtens, mit und wollte schon zu einer der Spritzen greifen.
"Nicht nötig. Ich bin kein großer Spritzenfreund. Das wird auch so gehen", halte ich ihn davon ab und augenblicklich hält er inne. Seine Augenbraue wandert nach oben und er mustert mich argwöhnisch. "Du stürzt dich in eine Schlägerei, hast aber Angst vor Spritzen?" bringt er schließlich heraus und kann sich dabei ein spitzbübisches Grinsen nicht verkneife. Entrüstet schnaube ich und ziehe meine Augenbrauen zusammen, um ihm einen giftigen Blick zu zuwerfen.
"Ich habe keine Angst davor, ich kann sie nur einfach nicht leiden. Ich habe früher genug bekommen müssen und verzichte darum darauf, wenn es nicht zwingend notwendig ist", erkläre ich ihm und beobachte, wie er nach dem Nähbesteck ergreift. Noch immer grinst er schelmisch, als er die Nadel durch die empfindliche Haut meiner Lippe drückt.
Kaum merklich zucke ich zusammen und mustere Jeromes konzentriertes Gesicht. Seine Augenbrauen sind zusammen gezogen und auch seine Lippen sind nicht mehr nach oben gezogen. Seine tiefblauen Augen fixieren meine Lippen, während er den Faden hindurch zieht und verknotetet. Ein zweites mal wiederholt er diese Tätigkeit und legt das Nähbesteck beiseite.
"Zurück zu meiner Frage, warum bist du nicht einfach gegangen", greift er, das eben gefallene Thema, wieder auf und mustert meinen geschwollenen Augenbrauenbogen. Aus einem weiteren Schrank, welcher aus Metall besteht und einem Kühlschrank ähnelt, holt er ein Kühlpack, welches er in Papier einwickelt und auf mein Auge drückt.
Unschlüssig, was ich darauf erwidern soll, zucke ich nur mit den Schulter: "Kann ich dir auch nicht sagen." Meine Worte scheinen ihn nicht zufrieden zu stellen, da er mich weiterhin aufmerksam ansieht. Da ich jedoch nicht weiter darauf eingehen will, bleibe ich stumm und erwidere seinen Blick aus einem Auge.
"Hast du noch wo anders was abbekommen oder hat man dir nur ins Gesicht geschlagen?" akzeptiert er schließlich doch meine knappe Antwort, ohne seinen Blick zu ändern. Einen Moment krame ich in meinen, vom Alkohol, noch leicht benebeltem Gehirn, ehe ich nicke.
"Hab ein paar Tritte und Schläge auf den Oberkörper bekommen, nachdem man mich zu Boden gerungen hat", antworte ich ihm, bevor er das Kühlpack von meinem Gesicht nimmt und es weglegt. "Dann zieh deinen Mantel und dein Oberteil aus, damit ich mir das ansehen kann", befiehlt er mir fast schon und ich komme seinem Wunsch nach.
Schnell rutsche ich von der kleinen Liege, ehe ich mir den schwarzen Ledermantel von den Schultern streife und nach einem Platz suche, wo ich ihn ablegen kann. Hilfsbereit hält Jerome mir seine Hand hin und ich überreiche ihm das Kleidungsstücke. Bei meinem schwarzen Kapuzenpulli halte ich kurz inne, da ich mich bei dem Gedanken nicht ganz wohl fühle. Nicht, das es mich prinzipiell stören würde, nur in BH vor ihm zu stehen, da ich nun nicht unbedingt hässlich bin. Doch die Narben, die sich auf meinen Armen befinden, zeige ich nun einmal nicht gern.
Als sein Blick wieder kritische Züge annimmt, werfe ich meine Bedenken über Bord und ziehe mir den Pullover über den Kopf.
Eigentlich hatte ich damit gerechnet, das er mich sogleich darauf anspricht, jedoch passiert das nicht. Der Schwarzhaarige bittet mich lediglich darum, mich hinzulegen, damit er meinen Bauch, welchen ein unschöner Blau-lilanen Fleck ziert, abzutasten. Das Hämatom zieht sich von meinem Bauchnabel, bis hin zu meinen rechten Rippenbogen.
Seine, trotz der Handschuhe, warmen Hände, drücken tastend auf meinem Bauch herum, welcher sich unwillkürlich anspannt.
Erst jetzt, wo ich so ruhig da liege und seine Hände sich meinem rechten Rippenbereich nähern, fällt mir der Schmerz auf, der davon ausgeht und mir bis in die rechte Schulter zieht. Wahrscheinlich ist er mir nicht aufgefallen, weil mein dröhnender Schädel und mein alkoholisierter Kopf mich davon abgelenkt haben. Durch die Schmerzen, spannen sich meine Muskeln automatisch noch weiter an, ohne mein Zutun, während meine Miene unlesbar bleibt.
"Ich werde ein Ultraschallgerät holen lassen, um innere Verletzungen ausschließen zu können", brummt er schließlich und erhebt sich, um im Gang zu verschwinden. Abwartend lehne ich mich auf die Ellenbogen, damit ich mich leicht aufrichten und besser den Raum ansehen kann. Erneut bleibt mein Blick an den Nadeln der Spritzen hängen, da sie mich irgendwie faszinieren, so lange sie nicht auf mich gerichtet sind. Unwillkürlich erscheint ein Bild vor meinem inneren Auge, von dem Gesichtsausdruckes meines Ex-Freundes, während ich ihm die Nadel in den Oberschenkel ramme. Eine gewisse Genugtuung ergreift mich, bei dieser wundervollen Vorstellung und ein hämisches Grinsen kräuselt meine Lippen.
Noch ehe ich länger darüber nachdenken kann, wird die Tür erneut geöffnet und Jerome, gefolgt von der blonden Krankenschwester, betreten den Raum. Augenblicklich verschwindet das verräterische Grinsen, während ich die zierliche Frau beobachte, welche das Ultraschallgerät in das kleine Zimmer schiebt. Neben dem Schwarzhaarigen wirkt sie fast schon winzige, da sie höchstens 1,60 und er mindestens 1,90, vielleicht sogar zwei Meter groß ist.
"Danke Steffie", wendet er sich an die Blondine, welche nur nickt und wieder verschwindet. Kaum das sie weg ist, zieht er die Gerätschaft heran und setzt sich wieder auf den kleinen Hocker. Fachmännisch nimmt er eine kleine Tube zur Hand und verteilt den durchsichtigen Inhalt auf meinem Bauch, was mir eine leichte Gänsehaut verpasst, da dieser eiskalt ist, auf meiner warmen Haut. Danach nimmt er den Ultraschallkopf und drückt diesen auf meinen Bauch, während sein Blick konzentriert auf dem Bildschirm hängt. Neugierig betrachte ich ebenfalls das Bild, das darauf projiziert wird, ohne zu erkennen, was sich darauf nun genau befindet. Einige Momente vergehen, in denen er ab und an einen nachdenklichen Laut von sich gibt, ehe er den Ultraschallkopf abwischt und beiseite legt. Danach säubert er meinen Bauch mit rauen Papiertüchern und schmeißt diese in den Papierkorb neben der Liege.
"Du hast eine geschlossene Leberruptur. Nichts, was akut gefährlich ist, jedoch solltest du erst einmal hier bleiben, zur Beobachtung, falls doch Komplikationen auftreten", erklärt er mir schließlich ruhig und ich nicke nur. "Okay, aber was bitte ist eine Leberruptur?" gebe ich zurück und setze mich auf, um nach dem Pulli zu greifen, welchen mir Jerome reicht.
"Ein Leberriss. Normalerweise muss er sofort behandelt werden, doch da es bei dir kein offener, sondern ein geschlossener ist, ist das nicht zwingend notwendig. Wir werden das ganze überwachen und sollten keine Komplikationen auftauchen, kannst du spätestens übermorgen wieder raus", erläutert er und befördert auch die Handschuhe in den Müll. Erneut nicke ich stumm und streife meinen Pullover über, ehe ich inne halte.
"Und was ist, wenn ich nicht hier bleiben kann oder will?" bringe ich nachdenklich heraus, wofür ich einen strengen Blick von dem Schwarzhaarigen ernte. "Mika, wir reden hier nicht von wollen. Sollten Komplikationen auftreten und du bist nicht in der Nähe von ärztlichen Fachkräften, kann das schlimme Folgen haben, die zu deinem Tod führen können", tadelt er mich, mit strafender Stimme und sein Blick lässt keine Widerworte zu.
"Ich rede auch nicht von wollen, nicht direkt, sondern eher von können. Ich kann nicht hier bleiben. Ich muss nach Hause, da ich einen Hund habe, um den ich mich kümmern muss", widerspreche ich ihm trotzdem, verschränke die Arme von dem Körper und sehe ihn eindringlich an.
"Du hast einen Hund? Davon hatte ich keine Ahnung. Hast du niemanden, der ihn so lange beaufsichtigen kann?" murmelt er nachdenklich und kratzt sich am Kinn.
Verneinend schüttle ich mit dem Kopf und reibe mir verlegen über den Hinterkopf, als ich antworte: "Nicht wirklich. Ich lebe noch nicht sehr lange hier und, um genau zu sein, du bist bisher der einzige in dieser Stadt, den ich ansatzweise kenne." Meine Worte sind nur ein leises Brummen, da ich es nicht gern zugebe, das ich hier keine Bekannten oder gar Freunde habe. Es ist nun einmal schwer für mich, andere Leute kennen zu lernen, da ich nicht unbedingt der umgänglichste Mensch bin. Da spielen viele Faktoren mit, beispielsweise mein Drang, mich mit anderen Leuten anzulegen, wenn sie mir krumm kommen.
"Das ist ein Problem", brummelt er leise und streicht sich mit der Hand durch seinen kurzen Haarschopf, "ich habe einen Kumpel, der selbst zwei Hunde hat. Ich könnte ihn anrufen und fragen ob er sich um deinen kümmert, so lange du im Krankenhaus bist. Natürlich nur, wenn das für dich in Ordnung geht." "In Ordnung wäre es schon, die Frage ist nur, ob dein Kumpel sich auch um einen Standard Bullterrier kümmern würde", gebe ich zu Bedenken und ernte ein Grinsen von Jerome, welches mich die Augenbraue heben lässt.
"Das ist nun wirklich kein Problem. Er liebt solche Hunde. Er selbst besitzt einen American Staffordshire und einen American Pit Bull", zerstreut er meine Bedenken und drückt mir meinen Mantel in die Hand, ehe er sich erhebt. Mit einer Handbewegung gibt er mir zu verstehen, das ich ihm folgen soll, was ich sogleich mache.
Gemeinsam betreten wir den schmalen Gang, welchen wir entlang gehen. "Ich bring dich erst einmal in ein Zimmer und werde ihn dann anrufen", erhebt er schließlich die Stimme und führt mich durch den langen Flur.
Es dauert nicht lange, bis wir ein freies Zimmer erreichen in welches wir eintreten. Darin befinden sich lediglich zwei leere Betten und ein kleiner Tisch mit drei Stühlen. Zielstrebig halte ich auf das Bett, das am Fenster steht zu und setze mich darauf, während Jerome sein Handy zückt und sich ans Fenster stellt.
"Hey Steve, Jerome hier", raunt der Schwarzhaarige ins Telefon und steckt seine freie Hand in die Tasche seines Kittels. "Ich hab eine kleine Bitte an dich. Könntest du dich für eine Weile um einen Bullterrier kümmern. Seine Besitzerin sitzt für mindestens zwei Tage hier im Krankenhaus fest", erklärt er seinem Gesprächspartner und lauscht stumm in den Hörer des Handys.
"Danke, ich schulde dir was. Ich bringe ihn dir vorbei, so bald mein Dienst zu Ende ist", verabschiedet er sich und legt auf, um das Mobiltelefon wegzustecken. Auch seine zweite Hand schiebt sich in seinen Kittel, als er lächelnd zu mir herüber kommt.
"Mein Kumpel hat zugestimmt, auf deinen Hund aufzupassen. Wie ich eben schon zu Steve gesagt habe, werde ich ihn später zu ihm bringen. Das heißt ich brauche deinen Schlüssel und deine Adresse, wenn du mir die überhaupt überlassen willst", lächelt er mir zu und ich erwidere dieses, da ich erleichtert bin, das ich Bardo nicht alleine lassen muss.
"Damit habe ich nun wirklich kein Problem, da ich in meiner Wohnung sowieso nichts wertvolles stehen habe", zwinkere ich ihm, schelmisch grinsend zu und krame meinen Schlüssel aus meiner Hosentasche. "Schade, ich hätte gehofft, das du irgendwas hast aus dem man Geld machen könnte", lacht er rau auf und steckt den Schlüsselbund weg.
"Ich muss jetzt weiter machen und du solltest deinen Rausch ausschlafen, du riechst nämlich wie eine ganze Brauerei. Ich habe morgen um die gleiche Zeit Dienst und werde dann nach dir sehen", verkündet er mir noch grinsend und lässt mich alleine zurück.
Gelangweilt und genervt sitze ich am nächsten Tag in dem kleinen Krankenzimmer. Immer wieder kam eine Schwester herein, um meinen Blutdruck und ähnliches zu kontrollieren. Schon drei mal war sie hier, obwohl es erst kurz nach eins ist. Sie hat mir erklärt, das es notwendig wäre, so oft meine Vitalwerte zu kontrollieren, um mögliche Komplikation sofort zu erkennen. Dieses Wissen ändert jedoch nichts daran, das ich tierisch genervt bin.
Ich bin niemand, der gerne viel Aufmerksamkeit bekommt oder der 'umsorgt' wird. Natürlich ist es ihr Job, sich um mein Wohlbefinden zu kümmern und dafür zu sorgen, das sich der geschlossene Leberriss nicht doch noch als fatal herausstellt. Trotzdem kann ich es nicht unterdrücken, ihr entnervte Blicke und unfreundliche Laute zu zuwerfen.
Als ich noch kleiner war, hat sich auch niemand um mich gesorgt und ich musste immer alleine klar kommen. Damit habe ich mich abgefunden, ich habe es akzeptiert. Darum will ich nicht, das man es jetzt macht, dadurch fühle ich mich erniedrigt und schwach, obwohl ich es nicht bin. Die Zeit in der ich schwach und bedauernswert war, habe ich lange hinter mir gelassen. Um genau zu sein vor zehn Jahren, als ich aufgehört habe, mich selbst zu verletzen. Damals war es mir egal wie, ob mit Messern, Scheren oder Rasierklingen, Hauptsache es hat geblutet und weggetan. Ich brauchte das Gefühl, das der Schmerz in mir ausgelöst hat, welchen ich mir selbst zugefügt habe. Er hat mir gezeigt, das ich lebe und nicht alles in der Hand von anderen liegt. In diesen Momenten hatte ich die Kontrolle. Ich habe entschieden, ob ich es mache, wie, warum, wann und wo. All das konnte ich mir selbst aussuchen, ohne das mir jemand reinreden konnte.
Mit 16 habe ich damit aufgehört, da ich gemerkt habe, das mich dieses ganze selbst verletzen nicht weiter bringt. Doch hinter mir lassen konnte ich es nie vollständig. Noch immer bin ich autoaggressiv, jedoch verletze ich mich nicht mehr selbst. Immer wenn ich den Drang nach Selbstkontrolle und Schmerz empfinde, gehe ich in die nächste Kneipe und suche mir ein Opfer, mit welchem ich mich schließlich anlege. Ganz bewusst suche ich mir Leute, die ein paar Schläge einstecken und austeilen können.
Seid nun mehr zehn Jahren verfahre ich so, ohne es beenden zu können, zu wollen. Ich brauche diesen Adrenalin Rausch und die Kontrolle über den Verlauf des Kampfes. Schon von vornherein weiß ich, ob ich gewinne oder nicht und es stellt mich, auf kranke Art und Weise zufrieden. Es macht mich lebendig.
Diese Art des Lebens hat mir aber auch einige Probleme eingebrockt. Mein Vater, der sowieso keine gute Meinung über mich hat, hat kein gutes Haar mehr an mir gelassen. Meine wenigen Freunde haben sich abgewendet, da es mit mir nur noch Ärger gab. Drei Vorladungen lagen schon in meinem Briefkasten. Es kam nie vor gerichtet, da die Opfer meiner aggressiven Ausbrüche sich nie getraut haben, mich anzuzeigen. Doch das ändert nichts daran, das ich bei der Polizei kein unbeschriebenes Blatt mehr bin. Sie haben eine Akte von mir, in der meist kleine Diebstähle stehen und die drei Vorladungen wegen Körperverletzung.
Das führte zu einer weiteren Misere, über die ich nicht gern nachdenke: Meine Tochter. Dank dieser netten Polizeiakte, habe ich das Sorgerecht für sie verloren, noch bevor sie geboren wurde. Mein damaliger Ex-Freund ist sofort vor Gericht gegangen, als er von meiner Schwangerschaft erfahren hat. Dank seines Vater, der leider Anwalt ist, darf ich meine Tochter nur einmal im Monat sehen.
Es hat mich tief verletzt, das er so hinterhältig und egoistisch gehandelt hat, doch daran konnte ich nichts ändern, dafür hat mir das nötige Kleingeld gefehlt.
Schwer seufze ich und greife nach meinen Stiefeln, um nach draußen zu gehen und diese Grübelei zu vergessen. Schnell schlüpfe ich in meine Gladiator Boots mit Stalkappe und geschrauber Sohle, an deren Seite sich vier Schnallen befinden, die die Lasche zu halten, an deren Front sich eine Metallplatte befindet. Sehr außergewöhnliche Schuhe, die mich eine Stange Geld gekostet haben. Jedoch sind sie mittlerweile recht ausgelatscht. Die Metalllasche und die Schuhspitze weisen einige Makel und Schrammen auf, während die Sohle am Hacken die Nägel nicht mehr bedeckt und diese leise, metallische Geräusche, bei jedem Schritt von sich geben. Auch meine schwarze Jeans ist recht abgewetzt und weist hier und dort ein paar Löcher auf.
Dessen ungeachtet schnappe ich mir meinen Mantel und verlasse das Zimmer, um in den Innenhof des Krankenhauses zu gehen. Überall stehen oder sitzen vereinzelt ein paar Patienten oder Mitarbeiter und unterhalten sich.
Meine Ruhe suchend, ziehe ich mich in einen entfernteren Teil des Hofes zurück und lasse mich auf einer Bank nieder, in dessen Nähe sich niemand befindet. Der Baum, der hinter mir steht, spendet mir ein nettes, schattiges Plätzchen, was ich nur begrüßen kann, da es allmählich auf die wärmeren Jahreszeiten zugeht, welchen ich nicht gerade zugeneigt bin.
Meine Hand verschwindet in meiner Manteltasche und ich zaubere einen Nikotinstängel heraus, welcher schnell entzündet ist. Tief sauge ich den schädlichen Rauch in meine Lungen ein und gebe ihn genüsslich wieder frei. Gedankenverloren beobachte ich ihn, wie er empor steigt und sich mit der frischen Luft vermischt, als hätte er nie existiert. Eine ganze Zigarettenlänge, gehe ich dieser sinnlosen Tätigkeit nach, bevor ich die Kippe in den Gully vor mir schnippe.
Mein Blick schweift über die Umgebung und bleibt an zwei Kindern hängen, die ausgelassen über die Wiese rennen. Lachend flieht ein Junge, der vielleicht sechs Jahre zählt, vor einem höchstens vier Jahre alten Mädchen, welches versucht in einzuholen. Ein Lächeln legt sich auf meine Lippen, während mein Herz sich schmerzlich zusammen zieht, da mich das braunhaarige Mädchen an meine Tochter erinnert.
Erst letztes Wochenende war sie bei mir und doch vermisse ich sie, als hätte ich sie Jahre nicht gesehen. Als mein Ex sie abgeholt hat, hat sie geheult wie ein Schlosshund, weil sie noch ein paar Tage bei mir bleiben wollte. Es hat mich innerlich zerrissen, sie so zu sehen, aber ich konnte nichts machen. Ich muss mich an die Auflagen vom Jugendamt halten, wenn ich nicht möchte, das mir der Umgang mit ihr verboten wird.
Frustriert fahre ich mir durch meine, schwarz gefärbten, Haare und fische nach einer weiteren Zigarette. Ich sollte nicht so viel darüber nachdenken und froh sein, das ich sie überhaupt zu Gesicht bekomme. Es ist traurig doch nicht zu ändern. Ich muss mich damit abfinden, wie ich es die letzten Jahre schon getan habe.
"Hier bist du also", reißt mich eine tiefe, raue Männerstimme aus meinen Gedanken, als ich gerade an meinem Glimmstängel ziehen wollte und lässt mich erschrocken zusammen fahren. Schnell sehe ich in die Richtung, aus der die Stimme kam und bleibe an Jeromes großer Gestalt hängen. Lässig hat er die Hände in seinen Hosentaschen vergrabe und grinst mich freundlich an.
"Jerome, du kannst dich doch nicht so anschleichen, ich hätte beinahe meine Zigarette verschluckt", brumme ich ihm zu und genehmige mir einen tiefen Zug, um mein wild klopfendes Herz zu beruhigen.
"War nicht meine Absicht", grinst er leicht hin und zuckt mit den Schulter, "ich habe dich gesucht." Mein Blick der erneut bei den Kinder gelandet ist, schweift wieder zu ihm und ich hebe eine Augenbraue. "Ich wollte nochmal deine Werte kontrollieren und schauen wie es dir geht. Aber du warst nicht in deinem Zimmer und keiner konnte mir sagen wo du bist", teilt er mir mit und setzt sich neben mich auf die Bank. Lässig legt er seinen Fuß auf seinem Knie ab, ohne die Hände aus den Hosentaschen zu nehmen und lehnt sich zurück.
"Sorry, ich wollte dir keine Umstände machen. Ich habe in dem Krankenzimmer nur einfach nicht ausgehalten. Ich bin eigentlich kein Freund von solchen Einrichtungen", teile ich ihm mit und schnippe die Asche von meiner Zigarette ab. "Verstehe, gibt es dafür einen Grund? Ich weiß, viele Leute hassen Krankenhäuser, doch du scheint niemand von der Sorte zu sein, die Krankenhäuser hassen, wegen irgendeiner Art von Phobie", raunt er mir nachdenklich zu und sieht mich von der Seite her an. Ein kaum sichtbares Lächeln legt sich auf meine Lippen, seiner Neugier wegen. Meine Augen fixieren wieder die Kinder, welche mittlerweile auf der Wiese liegen und in den Wolken behangenen Himmel sehen, auf welchen sie immer wieder zeigen und sich aufgeregt unterhalten.
"Mit der Vermutung hast du sogar recht. Ich mag Krankenhäuser aus einem anderen Grund nicht. Als Kind und Jugendliche habe ich genug Zeit in solchen Einrichtungen verbracht. Du musst wissen das ich eine sehr unvorsichtige und ungestüme Person war. Immer wieder habe ich mir selbst Ärger eingehandelt und musste des Öfteren ärztlich behandelt werden. Ob nun ein gebrochener Arm, ein aufgerissenes Bein oder Platzwunden. Das gehörte bei mir zum Alltag", zucke ich schließlich mit den Schulter und grinse ihn an.
Leicht grübelnd sieht er mich an, als würde er versuchen, meine Worte als Lüge zu entlarven, jedoch sind sie es nicht. Jedes Wort hat gestimmt, weswegen er nach etwas sucht, was es nicht gibt.
Scheinbar bemerkt auch er, das ich ehrlich war und grinst schelmisch zurück: "Also warst du früher ein Böses Mädchen, wie?" Seine Worte lassen mich auflachen, ehe auch ich mich zurücklehne. Meine ausgebrannte Zigarette landet wieder in dem Gully, während ich ihn mit einem Grinsen ansehe.
"Das bin ich noch immer", raune ich fast schon, ehe ich mich erhebe und den imaginären Dreck von meiner Hose klopfe. "So, so, gut zu wissen", lacht er rau auf und steht ebenfalls auf, "lass uns rauf gehen, damit ich deine Werte nochmal kontrollieren kann." Seine Worte lassen mich genervt stöhnen und ich reibe mir mit Zeigefinger und Daumen über die Nasenwurzel, wobei mich mein, dort ansässiges Piercing leicht stört.
"Muss das sein, die nette Schwester hat das heute schon drei mal gemacht", murre ich demotiviert, wobei ich den Teil mit der 'netten Schwester' mehr als sarkastisch ausspreche, da sie mich wirklich genervt hat. Das lag nicht nur an ihrer penetranten Stimme und ihrem ständigen auftauchen, um mich durchzuchecken, sondern auch an ihren Fragen.
Als sie das erste Mal reinkam, um meinen Blutdruck zu messen und meine Arme, mit den unzähligen Narben gesehen hat, hat sie damit angefangen. Die ganze Zeit hat sie auf mich eingeredet, als wäre ich Suizid gefährdet und nicht ganz richtig im Kopf. Ihre Blicke und ihre Stimmlage haben mich zur Weißglut getrieben. Mehr als einmal hat sie mir angeboten, mir die Nummer eines Psychologen zu geben, was ich vehement abgelehnt habe.
Mich wundert es wirklich, das sie nicht gesehen hat, wie alt die Verletzungen sind. Wobei, ich muss zugeben, das einige von ihnen wirklich noch sehr frisch aussehen. Doch das liegt daran, das sie bei meinen Reibereien immer mal wieder aufgerissen werden oder aufplatzen. Trotzdem hat sie mich wirklich wütend gemacht, mit ihrer penetranten, nervigen Art und erst diese piepsige Stimme. Noch jetzt dröhnt sie in meinem Schädel, als würde die Frau auch jetzt auf mich einreden.
"Ja, Mika, das muss sein und das weißt du auch. Jetzt stell dich nicht so an und komm mit", gibt er nur streng zurück und lässt somit keine Widerworte zu.
Unmotiviert folge ich ihm in das Gebäude und schließlich in das Krankenzimmer. Genervt von den ganzen Kontrollen setze ich mich auf die Bettkante und beobachte Jerome, wie er das Blutdruckmessgerät zu Hand nimmt. Damit bewaffnet stellt er sich vor mich und sieht mich auffordernd an. Nur widerwillig leiste ich seiner stummen Bitte folge und kremple meinen Ärmel hoch. Noch immer ist es mir unangenehm, das er meine verunstalteten Arme sieht, auch wenn er gestern nichts dazu gesagt hat. Doch vielleicht hat er sie gestern gar nicht bemerkt, da er zu konzentriert auf eine Arbeit war. Oder er hat nichts gesagt, weil ich betrunken war. Wer weiß das schon?
Aufmerksam fixiere ich sein Gesicht, während er die Manschette des Messgerätes an meinem Oberarm befestigt und meinen Blutdruck misst. Aber auch jetzt spricht er mich nicht darauf an, was mich stutzig werden lässt. Deutlich kann ich in seinem Blick sehen, das ihn die Herkunft und der Grund der Narben ihn brennend interessieren, doch kein Ton kommt über seine Lippen. Konzentriert mahlen seine Zähne, während seine Augenbrauen zusammen gezogen sind.
"Nun sag schon, was dir auf der Zunge liegt, bevor dir gleich die Zähne abbrechen, weil du so kräftigt mit ihnen knirscht", seufze ich genervt, weil er nichts dazu sagt, obwohl es ihm scheinbar schwer fällt. Mit, ebenfalls, zusammengezogenen Augenbrauen mustere ich ihn, als er das Blutdruckmessgerät weglegt und mir in die Augen sieht.
"Ich weiß nicht, worauf du anspielst", bringt er, gespielt unwissend, heraus und blickt mir direkt in die Augen. "Jetzt tu nicht so, du weißt es genau", brumme ich zurück und halte seinem Blick, aus diesen unergründlichen, dunkelblauen Augen, stand. Als er auch nach einigen Momenten nicht mit der Sprache rausrücken will, entkommt mir ein weiteres, genervtes Stöhnen.
"Jerome, ich weiß genau das du etwas sagen willst, das wollen sie alle, sobald sie meine Arme sehen. Also spuck's schon aus. Was willst du fragen, was willst du mir tolles vorschlagen", versuche ich, ihn zum reden zu bewegen, obwohl ich sowas eigentlich nicht hören will. Es stört mich, doch ich hasse es fast genauso sehr, wenn man nicht ehrlich ist oder irgendwas, aus dummen Gründen verschweigt.
Der Schwarzhaarige jedoch schüttelt nur mit dem Kopf und vergräbt seine Hände in den Hosentaschen. "Dazu werde ich nichts sagen, Mika und ich werde dir auch keine Fragen stellen. Wir kennen uns nur flüchtig und mir steht es nicht zu, dich sowas zu fragen, weil wir uns eben nicht kennen. Aber selbst wenn ich dich länger kennen würde, ich würde dich trotzdem nicht darauf ansprechen. In meinen Augen gehört sich das nicht. Ich weiß, das es ein sehr heikles und persönliches Thema ist, über sowas redet man nicht mit irgendjemandem und ich dränge niemandem, über persönliches zu sprechen. Entweder, man kommt freiwillig zu mir und spricht mit mir darüber oder man lässt es und behält es für sich", erklärt er mir schließlich und zuckt gelassen mit seinen Schultern.
Seine Worte lösen ein gewisses Gefühl von Respekt und Erleichterung in mir aus, da er nichts dazu sagen wird. Es erleichtert mich wirklich, weil ich ihn irgendwie mag und er nicht unbedingt etwas über meine verkorkste Vergangenheit wissen soll. Möglich, das ich irgendwann mit ihm darüber rede, wenn wir uns besser kennen lernen sollten, doch das werde ich dann entscheiden.
Verstehend nicke ich nur und seine ernste Miene macht einem schmalen Lächeln breit. "Ich muss weiter arbeiten, aber in meiner Pause werde ich nochmal vorbei kommen", teilt er mir mit und wühlt in seiner Hosentasche herum, bis er meinen Schlüssel hervor holt, "hier, bevor ich's vergesse. Deinem Hund geht es gut, Steve und seine Hunde haben ich freundlich empfangen."
Mit diesen Worten wendet er sich lächelnd ab und verlässt den Raum.
Bis zum Abend habe ich alleine in dem Zimmer gesessen und bin nur zum rauchen rausgegangen. Das ist ebenfalls etwas, das mich an Krankenhäusern nervt. Immer muss ich zum rauchen raus und mir die kranken Leute ansehen, die Familien, die sich draußen tummeln. Es nervt. Doch daran kann man nichts ändern, da es nun einmal Vorschrift ist. Mich würde es sowieso wundern, wenn man in einer Einrichtung, in der man sich um die Pflege von Kranken kümmert, seiner Nikotinsucht nachkommen dürfte. Das wäre ein Widerspruch, immerhin ist der Rauch von Zigaretten schädlich und krank machend.
Über diesen Fakt muss ich sogar grinsend, während ich mich in dem Stuhl zurück lehne und an die Decke starre. Leise dröhnt mir die Musik von Oomph in den Ohren und mein Fuß wippt im Takt mit. Entspannt lausche ich der tiefen Stimme, die mich aus meinen Kopfhörern beschallt und blende meine Umgebung aus. Nur Musik bewirkt bei mir, das ich meinen Kopf für ein paar Minuten abschalten kann und ich an nichts denken muss, als die Musik an sich.
Als ich aus dem Augenwinkel heraus sehe, das sich die Tür öffnet, hebe ich den Kopf und sehe die Krankenschwester, die mich schon den ganzen Tag, nervlich strapaziert hat. In ihrer Hand hält sie ein Tablett, auf welchem sich mein mageres Abendessen befindet.
Genervt schalte ich meinen MP3-Player aus und nehme die Kopfhörer von meinen Ohren. Ihr sorgenvoller Blick, der die Wut in mir zum kochen bringt, fixiert mich, während sie auf mich zukommt.
Mit einem viel zu sanftem und verständnisvollem Lächeln, stellt sie mein Essen auf den Tisch vor mir. Ihr Gesichtsausdruck facht meine Wut weiter an und ich kann es mir nur schwer verkneifen, ihr irgendein dummen Spruch an den Kopf zu werfen. Ihr Verhalten macht mich fast krank, da ich es hasse, wenn man Vorurteile hat. Denn das was sie an den Tag legt, sind eindeutig welche. Sie glaubt, das ich jeden Moment in Tränen ausbrechen werde und mich im Bad einschließe, um dort meinem Leben ein Ende zusetzen. Ihr Blick sagt nämlich genau das. Sie glaubt wohl, das ich psychisch labil bin. Das stimmt zum Teil auch, doch in einer anderen Art und Weise. Meine labile Psyche beruht auf meiner Impulsivität, die wohl auf eine Persönlichkeitsstörung zurück zu führen ist.
"Wenn sie noch etwas brauchen, dann holen sie mich einfach", reißt sie mich, mit einer viel zu mitfühlender Stimme, die mir das Gefühl gibt, als wäre ich nicht ganz richtig im Kopf. Das stimmt vielleicht auch, jedoch nicht so, wie die nette Schwester es vermutet.
Missmutig brumme ich ihr zu, ehe sie sich besorgt lächelnd abwendet und den Raum verlässt. Genervt stöhnend schließe ich die Augen und lege den Kopf in den Nacken.
"Warum so genervt?" ertönt Jeromes, belustigt klingende Stimme von der Tür und lässt mich die Augenlider heben. Meine grünen Augen fixieren den Schwarzhaarigen, welcher mich angrinst. Auch in seiner Hand hält er ein Tablett, was mich verwundert die Augenbraue heben lässt. Lässig kommt er auf mich zu und stellt sein Tablett ebenfalls auf den Tisch.
"Warum ich genervt bin? Die nette Schwester, die mich schon den ganzen Tag nervt, kann es einfach nicht lassen, mich mit ihrer penetranten Art zu nerven. Und was machst du hier?" gebe ich zurück und mustere das Essen, das auf seinem Tablett drapiert wurde, während er sich mir gegenüber nieder lässt.
"Ich habe Pause und dachte mir, ich leiste dir beim Essen Gesellschaft", zwinkert er mir zu und belegt das Brot, das auf seinem Teller liegt. Mein Blick wandert auf mein Mahl und ich verziehe das Gesicht, da sich darauf eine eklig anmutende Scheibe Wurst befindet, die ich nicht mal essen würde, wenn ich kurz vor dem Hungertod stehen würde.
"Auf welche Art hat dich die Schwester denn genervt? Eigentlich ist sie echt nett und zuvorkommend", führt Jerome das Gespräch fort und beißt von seinem Brot ab. Auch ich beschmiere mein Brot, wobei ich es bei Butter belasse.
"Sie ist mir einfach zu penetrant und viel zu zuvorkommend, wie du es eben gesagt hast. Seid heute morgen nervt sie mich mit der Art wie sie mit mir redet. Da komme ich mir vor, als wäre ich nicht ganz richtig im Kopf. Außerdem will sie mir die ganze Zeit die Nummer von einem guten Psychologen aufs Auge drücken, weil ich angeblich Probleme habe, mit denen ich nicht alleine zurecht komme", brumme ich missgelaunt und kaue angestrengt auf meinem Essen herum. Jeromes Blick wandert zu mir und mustert mich ausgiebig, während ich mich in dem Stuhl zurücklehne, die Scheibe Brot in der Hand. "Ja das passt zu ihr, sie kann sehr aufdringlich werden, wenn sie glaubt das jemand Hilfe braucht. Sie ist einfach eine hilfsbereite und fürsorgliche Person", murmelt der Schwarzhaarige zustimmend und trinkt einen Schluck aus seiner Wasserflasche.
"Ich kann auf solche Art von Fürsorge und Hilfsbereitschaft gut verzichten. Ich habe bisher keine Hilfe gebraucht und brauche sie jetzt erst recht nicht mehr", gebe ich meinen Unmut Kund und verschränke den freien Arm vor der Brust. Verstehend nickt meine gegenüber und isst nachdenklich weiter.
"Außerdem habe ich damit schon vor Jahren aufgehört, das müsste man eigentlich sehen", füge ich leise hinzu und schiebe mir den Rest meines Essens in den Mund. Erneut nickt Jerome und beendet ebenfalls sein Mahl, ehe er sich zurück lehnt.
"Ich werde mit ihr reden, damit sie dich nicht mehr nervt. Aber ich muss zugeben, das die Narben auf deinen Armen recht frisch aussehen", erwidert er und wird zum Ende hin etwas leiser. Meine Augen wandern zu meinem Armen, die, durch die hochgekrempelten Ärmeln, frei liegen. Genauestens mustere ich jede einzelne Narbe auf meiner feinen Haut, bevor ich zu meinem Gesprächspartner aufsehe.
"Ich bin eben etwas unvorsichtig und darum gehen die Narben immer wieder auf", rechtfertige ich mich und zucke gelassen mit den Schultern. Sein Blick ist leicht skeptisch, doch kommentiert er meine Worte nicht weiter.
"Wann kann ich hier eigentlich wieder abhauen? Ich habe keinen Bock mehr, hier rumzugammeln", brumme ich schließlich, um das Thema zu wechseln. Erneut lächelt der Schwarzhaarige und schüttelt amüsiert mit dem Kopf.
"Wenn alles so bleibt, dann kannst du morgen Vormittag nach Hause", erklärt er mir und greift nach seiner Wasserflasche. "Gut, gut und was ist mit Bardo? Wann und wo kann ich ihn abholen?" frage ich weiter und verschränke meine Arme hinterm Kopf.
"Wenn du möchtest, kann ich dich morgen zu Steve fahren und euch dann nach Hause bringen. Wenn nicht, dann würde ich ihm sagen, das er dir deinen Hund vorbei bringen soll", teilt er mir freundlich mit. Einen Moment überlege ich, was mir lieber ist, bis ich mich für sein erstes Angebot entscheide.
"Wenn es dir nicht zu viel ausmacht, dann würde ich mich freuen, wenn du mich fahren könntest. Ich bin nämlich nicht wirklich motiviert, die zwei Stunden zu Fuß nach Hause zu gehen", grinse ich zurück und setze mich gemütlicher hin. "Ich hätte es dir nicht angeboten, wenn es mir etwas ausmachen würde", antwortet er lächelnd und erhebt sich, das Tablett auf den Händen balancierend.
"Ich muss jetzt weiter arbeiten. Morgen spätestens um zwölf fahre ich dich zu Steve", verabschiedet er sich und verlässt den Raum. Noch einmal sehe ich auf den Teller, mit dem von mir verabscheutem Brotbelag, ehe ich mich langsam zu Bett begebe.
...
Starr blicke ich in den Spiegel vor mir, während ich meine Hände unter den Wasserstrahl halte. Grüne Augen erwidern meinen Blick, in denen ein Hauch Trotz, Rebellion und Spott liegen, die sie fast immer ausstrahlen. Mein gefärbtes, schwarzes Haar habe ich, an der rechten Seite, komplett abrasiert, während ich den Rest über meine linke Kopfseite hängen lasse. Kurz über meiner Schulter enden sie und fließen glatt, ohne die kleinste Welle herab. Ein Stecker ziert meine Nasenwurzel, welcher in der Piercingszene als Bridge bezeichnet wird. Gedankenverloren streiche ich mit meinen, vom Wasser noch feuchten, Fingern über meine genähte Wunde an der Lippe. Ich kann froh sein, das ich mir bisher noch kein Lippenpiercing habe stechen lassen, stelle ich leicht ironisch fest.
Mein Blick fixiert die zwei weiteren Stecker, die in meiner linken Augenbraue, dicht nebeneinander, stecken. Ein viertes Piercing befindet sich in meiner Zunge und ein fünftes in meinem Nacken, auf welches ich besonders stolz bin. Mein Piercer hat versucht, mich von letzterem abzuhalten, doch habe ich ihm nur gesagt, das ich es auch bei einem Amateur machen lassen kann, wenn er sich weigert. Resigniert hat er dann doch zugestimmt und es mir gestochen.
Bei der Erinnerung daran, schleicht ein Grinsen über meine Lippen und ich wende mich von dem Spiegel ab. Gemächlich verlasse ich das kleine Bad und sehe zu der Uhr auf, die neben dem Fernseher, an der Wand hängt. Kurz vor zwölf, das heißt Jerome taucht jeden Moment hier auf. Zufrieden über diese Erkenntnis, streiche ich mir durch die Haare und setze mich auf die Bettkante, um in meine Stiefel zu schlüpfen. Kaum das diese ganz geschlossen sind, schlendre ich zu dem Schrank, in welchem mein Mantel hängt. Gerade, als ich ihn zur Hand nehme, klopft es an der Tür und eben diese wird geöffnet. Freundlich lächelnd betritt mein persönlicher Abholservice den Raum, die Hände, mal wieder, in den Hosentaschen vergraben.
"Können wir?" raunt er mir zu und ich nicke gut gelaunt, da ich endlich diese Einrichtung verlassen kann. Mit einer Handbewegung gibt er mir zu verstehen, das ich ihm folgen soll, was ich mir nicht zwei mal sagen lasse. Fast schon euphorisch gehe ich hinter Jerome durch die Gänge, wobei ein Lächeln meine Lippen ziert. Zielstrebig halten wir auf den Ausgang zu und nähern uns dem Parkplatz. Neugierig, welches Auto der Rockerarzt besitzt, lasse ich meinen Blick wandern und entdecke einen Dodge Charger srt in mattschwarz. Anerkennend hebe ich eine Augenbraue und pfeife durch die Zähne, als mir bewusst wird, das wir eben dieses Fahrzeug ansteuern.
"Schicke Karre", stelle ich bewundernd fest, während der Schwarzhaarige den Fernöffner bedient und mir die Beifahrertür aufhält. "Danke, er ist mein ganzer Stolz", lacht er rau auf, ehe er die Autotür hinter mir schließt. Kurz darauf nimmt er neben mir, hinterm Steuer Platz und startet den Motor.
Ein tiefer Schnurren ertönt, welches das ganze Auto vibrieren lässt, ehe sich das Gefährt in Bewegung setzt. Leise Rockmusik beschallt uns, aus den Lautsprechern des Autoradios und lässt mich zufrieden die Augen schließen.
Ich habe noch nie in einem solchen Auto gesessen, was eigentlich schade ist, da ich diese Automarke vergöttere. Mein Traum war es schon immer, mir irgendwann ein solches zu kaufen. Viele Leute träumen davon, ein PS-Monster zu kaufen, von Ferrari oder Porsche, doch mich lassen diese Karren kalt. Ich bin eher der Freund von großen, breiten und lauten Autos. Sie müssen schnurren und knurren, damit ich mich darin wohl fühle. Außerdem müssen sie sofort Eindruck schinden und die Beobachter müssen sich fragen, wer jetzt wohl aus einem solchen Wagen steigt. Am besten sollten die Fenster verdunkelt sein, sodass man nicht gleich sieht, wer da hinter dem Steuer sitzt. Doch solche Autos sind nicht meine einzige Passion, sondern auch röhrende Motorräder, wie sie oft von Bikern gefahren werden. Darunter fallen Chopper, Harleys und ähnliches. Solche Maschinen lassen mich träumen von Freiheit und bringen mein Herz zum flattern.
"Wie lange brauchen wir, bis wir bei deinem Kumpel ankommen?" brumme ich ihm zu, nachdem ich die Augen wieder geöffnet und mich gemütlich zurück gelehnt habe.
"In knapp zehn Minuten sind wir da", gibt er nachdenklich zurück und sieht konzentriert auf die Straße vor sich, als er in die nächste Strasse einbiegt. Einen Moment herrscht Schweigen zwischen uns, während ich auf die vorbeiziehende Umgebung starre. Jedoch ist die Stille nicht unangenehm, was nicht nur an der Musik liegt, die im Auto zuhören ist.
"Wie lange muss ich eigentlich auf Alkohol verzichten?" durchbreche ich nach einer Weile das Schweigen und sehe neugierig zu meinem persönlichem Fahrer. Ein Lächeln schleicht sich auf seine Lippen, als er mir einen Seitenblick zuwirft.
"Ich habe gewusst, das du das fragen wirst", lacht Jerome rau und blickt grinsend wieder nach vorne, "du solltest knapp eine Woche darauf verzichten, bis sich deine Leber halbwegs regeneriert hat." Verstehend nicke ich und murre leicht missmutig, da ich gehofft habe, heute Abend ein Bierchen trinken zu können. Dann muss ich mir heute wohl was anderes einfallen lassen, brummle ich innerlich und verschränke die Arme vor der Brust.
Kaum eine Minute später hält Jerome vor der Garage eines kleinen Einfamilienhauses. Der Schwarzhaarige stellt den Motor ab und steigt aus, um auf die Haustür zu zugehen. Ohne Zeit zu verschwenden, folge ich ihm, weil ich mich freue, endlich meinen treuen Freund Bardo wieder zu sehen. Als ich neben Jerome stehen bleibe, betätigt dieser gerade die Klingel und mehrstimmiges Bellen ertönt aus dem Inneren des Hauses. Es dauert nicht lange, bis uns ein Blondschopf die Tür öffnet, ein Grinsen auf den Lippen. Seine Haare sind zu einem lockeren Zopf gebunden, welcher ihm über den Rücken liegt. Eine Schwarze, knielange Shorts, ziert seine Beine, während sein Oberkörper und einem Bandshirt von Rammstein steckt. Kumpelhaft geben sich die beiden die Hand und umarmen sich kurz, wobei sie dem jeweils anderen auf den Rücken klopfen. Nach dieser Begrüßung wendet sich der Blonde an mich und reicht mir die Hand.
"Hey, du musst Mika sein, ich bin Steve", stellt er sich mir vor und ich schlage ein. "Einen festen Händedruck hast du da, hätte ich nicht erwartet", grinst Steve, nachdem ich ihn losgelassen habe. Leise schnaube ich und ihm selben Moment stürmen drei Hunde auf mich zu, um an mir hochzuspringen. Zum einen wäre da mein schwarz-weiß gestromter Bullie, ein beige-brauner American Staffordshire und ein Schwarzer Pit Bull.
Grinsend hocke ich mich zu den Hunden hinab und begrüße sie überschwänglich. Freudig wackeln die Tiere mit ihren Hintern und benetzen mein Gesicht mit ihrem Speichel. Leise lache ich, als Bardo seine Vorderpfoten auf meinen Beinen abstellt und über mein Gesicht leckt. Mit hochgezogenen Mundwinkel schiebe ich ihn schließlich von mir runter und richte mich wieder auf. Erst jetzt fällt mir auf, das mich die zwei Männer belustigt mustern und ich streiche mir fahrig durch die Haare.
"Danke das du auf Bardo aufgepasst hast", erhebe ich schließlich, nach einem leisen Räuspern die Stimme. "Kein Problem, habe ich gern gemacht. Der Racker ist wirklich ein freundliches Kerlchen. Ich habe selten einen Bullie gesehen, der so gut erzogen ist", winkt der Blondschopf ab und schenkt mir ein freundliches Lächeln.
"Wollt ihr vielleicht noch auf ein Bierchen reinkommen?" schlägt uns der Hundebesitzer vor und erntet ein synchrones Kopfschütteln von mir und Jerome. "Ich muss gleich ins Krankenhaus und Mika darf keinen Alkohol trinken", antwortet der Schwarzhaarige für uns und Steve nickt verstehend, bevor wir uns verabschieden. Schnell ist Brado auf die Rückbank verfrachtet und wir setzen uns wieder nach vorne. Schweigend sitzen wir nebeneinander und steuern auf mein Heim zu, welches wir nach wenigen Minuten erreichen.
"Danke fürs fahren, Jerome", danke ich meinem Fahrer. "Habe ich gern gemacht. Würdest du mir deine Nummer geben? Dann kann ich mich bei dir melden, falls ich mal wieder was trinken gehe", gibt er lächelnd zurück, wofür ich ihm zustimmend zunicke. Schnell zücke ich mein Handy und wir tauschen die Nummern aus, ehe ich mich verabschiede.
Die nächsten zwei Wochen beschäftige ich mich damit, pausenlos Bewerbungen zu schreiben und abzuschicken, da ich noch immer keinen Job bekommen habe. Resignation hat sich diesbezüglich, schon seid drei Jahren, in mir breit gemacht, da kein Arbeitgeber jemanden wie mich einstellen will. Entweder mein Stil passt ihnen nicht oder meine Percings. Wenn es das nicht ist, dann sind die Arbeitszeiten so unpraktisch, das ich den Job, wegen Bardo nicht annehmen kann, weil ich ihn nicht den ganzen Tag alleine lassen kann. Deswegen Mühe ich mich ab, um vielleicht doch noch eine Arbeitsstelle zu finden, auch wenn die Chancen sehr gering sind.
Gegen Mittag, als ich keine Konzentration mehr aufbringen konnte, habe ich mir Bardo geschnappt und bin in den Park gegangen. Seit einer knappen Stunde sitze ich auf einer der Bänke und lasse meinen Bullie immer wieder seinen Ball apportieren. Gerade jetzt kommt er hechelnd auf mich zu und legt den Ball vor mir auf den Boden. Meine Zigarette im Mundwinkel klemmend, bücke ich mich nach Bardos Spielzeug und werfe ihn mit Schwung weg. Schwanz wedelnd hechtet er dem Ball hinterher, während ich ihn dabei beobachte. Ein Lächeln liegt auf meinen Lippen, als Bardo beginnt, mit den anderen Hunden, die sich hier tummeln, herum zu tollen. Entspannt lehne ich mich zurück und genehmige mir einen tiefen Zug von meinem Glimmstängel. Wie so oft, lausche ich der Musik aus meinem MP3-Player und verschränke die Arme hinterm Kopf. Erst, als sich jemand neben mich setzt, löse ich meine Augen von meinem Hund und beäuge meinen Sitznachbarn. Schnell schalte ich den Player aus und stecke die Kopfhörer weg, ehe ich mich der Person widme.
"Jerome, was machst du denn hier? Musst du nicht arbeiten?" spreche ich den Neuankömmling an, welcher mir ein Lächeln schenkt und seinen Fuß auf seinem Knie ablegt.
"Ich habe Pause und wollte was essen gehen. Der Krankenhaus Fraß ist auf Dauer nichts für mich", grinst er mir zu und zuckt mit den muskulösen Schultern. Verstehend nicke ich und halte wieder Ausschau nach meinem Hund, welcher soeben in den kleinen Tümpel gesprungen ist.
"Wollt ihr zwei mich vielleicht begleiten?" erhebt er nach kurzem schweigen die Stimme. Einen Moment überlege ich kurz, bevor ich Bardo zurück pfeife, welcher sogleich auf uns zustürmt.
"Gerne, ich habe heute sowieso noch nichts gegessen", stimme ich zu und befestige die Leine an dem schweren Nietenhalsband von meinem Bullie. Als ich wieder zu Jerome aufsehe, welcher sogar im sitzen einen Kopf größer ist als ich, kann ich mir ein genervtes Stöhnen nicht unterdrücken. Tadelnd sieht er mich an und will gerade etwas sagen, doch bringe ich ihn mit einer Handbewegung zum schweigen.
"Schon gut, ich weiß was du sagen willst, also spar es dir. Mir ist klar das essen wichtig ist und alles, aber ich hatte heute eben keine zeit", brumme ich ihm zu, während ich mich von der Bank erhebe. Kopfschüttelnd folgt der Schwarzhaarige meinem Beispiel und wir schlendern gemütlich los. Brav läuft Bardo neben mir her, als wir den kleinen Park durchqueren und auf den nächsten Italiener zuhalten, der sich am Rand davon befindet. Der Laden ist nur klein, doch dafür ist das Essen gut und auch für mich erschwinglich. Wir setzen uns an einen Tisch in der Ecke und mein Hund legt sich darunter, wie ich es ihm beigebracht habe.
"Hast du dich an meine Auflage gehalten, keinen Alkohol anzurühren", beginnt er ein Gespräch, nachdem wir uns bei dem Kellner unser Essen bestellt haben. Nickend bestätige ich und lehne mich zurück.
"Das habe ich tatsächlich, sogar länger als ich eigentlich musste. Könnte aber eher daran liegen, das ich zur Zeit damit beschäftigt bin, einen Job zu finden", erwidere ich gelassen und lächle mein gegenüber an. Auch seine Mundwinkel wandern nach oben, als er die Arme auf dem Tisch ablegt.
"Das ist gut. Es hätte schwere Folgen haben können. Naja, jetzt kann auf jeden Fall nichts mehr passieren", brummt er zufrieden zurück, ehe unsere Getränke gebracht werden. Erst beim Anblick meiner Cola fällt mir auf, wie durstig ich eigentlich bin, weswegen ich mir einen großen Schluck genehmige.
"Ich hab am Wochenende frei und wollte was trinken gehen. Kommst du vielleicht auch am Freitag ins Dark Hearts?" wechselt er schließlich das Thema und ich kaue nachdenklich auf meinem Zungenpiercing rum.
"Klar, warum nicht. Hatte sowieso vor, demnächst wieder was trinken zu gehen", nehme ich sein Angebot an und kraule Bardo hinter den Ohren, welcher seinen Kopf auf meine Beine gebettet hat. Ein zufriedenes Brummen entkommt ihm und er legt den Kopf leicht schief, damit ich ihn besser streicheln kann.
"Mich würde mal interessieren, wie alt du eigentlich bist, Jerome?" frage ich ihn neugierig und mustere genauer sein Gesicht. Ein leichter drei Tage Bart ziert seine Wangen und sein Kinn, was seinem Aussehen jedoch keinen Abbruch tut. Eher das Gegenteil ist der Dall, da ihm dieser leichte Bartschatten hervorragend steht. Es lässt ihn männlicher wirken, obwohl das kaum möglich ist, wenn man seine gesamt Erscheinung betrachtet. Seine breiten Schultern, der muskulöse Oberkörper und sein markantes Gesicht. All das ist es, was mir an einem Mann gefällt und nicht das, was viele Weiber bevorzugen, die auf den Milchbubi stehen. Die schmächtigen, mit den längeren Haaren, deren Frisuren leicht Emo angehaucht sind und den engen Hosen. Viele stehen auf sowas, was ich nicht verstehen kann, immerhin wollen sie einen Typen und keine halbe Frau. Ich werde wohl nie dahinter kommen, aber eigentlich will ich das auch nicht.
"Ich bin 28 und gehe langsam aber stetig auf die dreißig zu", antwortet er Lächelnd und verschränkt die Arme auf dem Tisch, wodurch er sich leicht nach vorne lehnt. Nickend hacke ich diese Information ab und nippe erneut an meiner Cola.
"Wieso bist du eigentlich hier in die Stadt gezogen? Du hast ja erzählt, das du noch nicht so lange hier wohnst. Aber was hat dich dazu bewogen, in eine Stadt zu ziehen, in der du niemanden kennst?" ist es jetzt an Jerome, mir eine Frage zu stellen, welche mir nicht ganz passen will. Ich denke nicht gerne an den Grund, warum ich hergezogen bin. An die Probleme, die ich zurück gelassen habe. Schwer seufze ich und streiche mir durch meinen schwarzen Haarschopf. Gedankenverloren kraule ich Bardo und beobachte ihn, wie er genüsslich die Augen schließt.
"Das hatte mehrere Gründe. Zum einen die Streitigkeiten, die ich mit meinem Vater hatte. Dann noch die Probleme mit meinem Ex, den ich eigentlich schon vor vier Jahren verlassen habe. Und zuletzt wäre da noch die Feindseligkeit, die man mir im allgemeinen gezeigt hat. Ich war noch nie wirklich beliebt, aber in den letzten Jahren wurden die Anfeindungen immer schlimmer", zucke ich schließlich mit den Schultern, um dem Thema an Härte zu nehmen, da es mich in gewisserweise belastet.
"Verstehe, darum bist du umgezogen, um neu anzufangen", brummt er grübelnd und mustert mich verstehend. Mit einem nicken bestätige ich seine Worte, als der Kellner auftaucht und unser Essen vor uns abstellt. Dankend lächle ich ihm zu und greife nach der Gabel, um mir den ersten Happen meiner Lasagne in den Mund zu schieben.
"Ich bin froh, den ganzen Mist endlich hinter mir lassen zu können, auch wenn ein Neuanfang nicht leicht ist. Vor allem weil es mir schwer fällt, einen Job zu finden oder neue Leute kennen zu lernen. Darum bin ich auch froh, das ich dank dir wenigstens schon mal eine Bekanntschaft hier habe", erwidere ich grinsend, nachdem ich den Bissen hinunter geschluckt habe. Jerome grinst darauf ebenfalls, bevor wir uns unserem Essen widmen und über unverfängliche Themen sprechen. Ich erfahre zum Beispiel, das er schon von klein auf den Traum hatte, Arzt zu werden, weil ihn der menschliche Körper und seine Eigenschaften faszinieren. Das Zusammenspiel der Organe, das Blutkreislaufsystem. So wie er davon redet, hört es sich an wie eine komplexe Maschinerie aus organischem Material. Normalerweise langweilen mich solche Biologie bezogenen Themen, doch da er das alles darstellt, wie einen von der Natur geschaffenen Motor, komme ich nicht umhin, ihm gespannt zu lauschen.
Nach einer knappen Stunde bezahlen wir schließlich, weil Jerome wieder ins Krankenhaus muss und ich meine Bewerbungen noch nicht fertig bearbeitet habe. Gemeinsam verlassen wie das Restaurant und durchstreifen den kleinen Park. "Ich rufe dich an, wenn ich weiß, wann ich ins Dark Hearts gehe", teilt er mir mit, während er mir die Hand reicht und mich freundschaftlich an seine Brust drückt. Kumpelhaft klopft er mir auf den Rücken und ich folge seinem Beispiel, ehe wir uns von einander lösen. Mit einem knappen Lächeln nicke ich ihm noch zu, bevor ich mich abwende und die Hände in den Taschen vergrabe. Gemächlich schlendre ich durch die Straßen der Stadt und verfluche die immer wärmer werdenden Sonnenstrahlen, während Bardo Schwanz wedelnd neben mir herläuft.
Vor einem kleinen Supermarkt mache ich Halt und binde meinen Hund an eine Laterne. Mit einem Handzeichen gebe ich ihm den Befehl zum hinlege, ehe ich den Laden betrete und mir einen Einkaufskorb schnappe. Damit bewaffnet durchstreife ich die wenigen Gänge und werfe Fertiggerichte, Hundefutter und Getränke für die nächsten Tage hinein. An der Kasse angekommen, lege ich alles auf das Band und bediene den Zigarettenautomaten, um meine Lieblingsmarke zu kaufen. Geflissentlich ignoriere ich die missbilligenden Blicke der blonden Tussi, die vor mir dran ist und wie ein notgeiles Flittchen gekleidet ist. Ihr dünner schwarzer Rock ist gerade so lang, das er die Rundungen ihres Hinterns verdeckt, während ihr Oberteil den Blick auf ihnen Bauch und ihre Brüste freigibt. High-Heels, mit einem monströsen Absatz zieren ihre Füße, trotz denen sie klein geraten wirkt. Ein wahrhaftiges Standgebläse, schießt es mir spottend in den Kopf und ich kann mir ein hämisches Grinsen nicht verkneifen.
Hochnäsig schnaubt die Barbie, wirft ihre Haare schwungvoll über ihre Schulter und stolziert davon, nachdem sie bezahlt hat. Noch immer muss ich Grinsen, als ich meine Lebensmittel in der Plastiktüte verstaue und meinen Ausweis zücke, da mir der Kassierer nicht glaubt, das ich schon alt genug für Zigaretten bin. Als auch das erledigt ist, stecke ich die Schachtel in meinen Mantel und überreiche dem Mann mein Geld. Endlich wieder an der frischen Luft, löse ich die Leine von Bardos Halsband, damit er den Rest der Strecke frei laufen kann. Dabei ignoriere ich die empörenden und misstrauischen Gesichter, die uns beobachten, da ich nichts anderes gewohnt bin. Wer einen solchen Hund besitzt und aussieht wie ich, bekommt immer wieder solche Mimik zu sehen. Das liegt an den Vorurteilen, die jeder Mensch besitzt. Sie reduzieren Menschen oder Tiere nur auf ihr Äußeres und den Ruf der ihnen nachgesagt wird. Es kommt oft vor, das mir andere Hundebesitzer eine Standpauke halten, weil ich ein solches Monster doch nicht frei rumlaufen lassen kann. Er wäre gefährlich und das müsste ich doch wissen. Immer wieder halten sie mir vor, das er einen Maulkorb tragen sollte, damit er keine Kinder, Erwachsene oder Hunde zerfleischt. Jedes mal ignoriere ich ihre Worte oder rattere die Statistiken der Hunde Angriffe auf, bei denen der Schäferhund an erste Atelle steht. Oder ich erkläre ihnen, das ein gut erzogener Listenhund, meist friedfertiger ist, als ein gut erzogener Yorkshire Terrier. Doch das wollen sie natürlich nicht hören.
Während ich so meinen Gedanken nachhänge, erblicke ich einen Hund der Spezies Fußhupe, der neben einer älteren Dame her trippelt. Arschwackelnd tapst mein Bullie auf das Tier zu und sofort weiten sich die Augen der Frau, bevor sie an der Leine ihres Hundes zieht. Diese ist an einem Miniatur Geschirr befestigt, weswegen der Hund daran hochgezogen wird und in den Armen der Frau landet. Ängstlich weicht sie vor Bardo zurück, der das ganze Theater nicht verstehen kann und den Kopf schief legt, wobei seine Augen auf den kleinen Kleffer gerichtet sind. Eben genannter sitzt zitternd in Frauchen Umarmung und bellt was das Zeug hält.
Kopfschüttelnd pfeife ich den Bullie zurück, welcher sofort neben mir her trottet. Empörung macht sich auf den Zügen der Alten breit, die mich sogleich aus streitlustigen Augen anfunkelt.
"Unerhört, wie können sie einen solchen Killer ohne Maulkorb oder Leine frei laufen lassen. Das müsste man sofort der Polizei melden", zetert sie los und deutet mit den dicken Fingern auf meinen Hund. Meine Augenbraue wandert nach oben, während ich sie und ihren Teppichflitzer mustere.
"Ausgerechnet sie sagen mir, das mein Hund gefährlich ist? Wissen sie eigentlich, das mehr Menschen von Schoßhündchen wie ihrem gebissen werden, als von einem Listenhund?" gebe ich gelassen zurück und zünde mir eine Zigarette an.
"Außerdem war ihre Aktion gerade dumm. Wenn sie nicht wissen, was ich meine, dann erkläre ich es ihnen gerne: Sie dürfen ihren Hund nicht auf den Arm ziehen, wenn sie glauben, einen angriffslustigen Hund vor sich zu haben. Denn wenn er es tatsächlich wäre, dann hätte ihr Handeln dazu geführt, das er ihren Kläffer als potentielle, fliehende Beute erkennt, wäre an ihnen hochgesprungen und hätte ihren Fiffie mit einem Haps verschlungen. Ich hoffe sie merken sich das in Zukunft, sonst müssen sie sich bald eine neue Fußhupe anschaffen", grinse ich ihr zwinkert zu.
Noch ehe sie darauf etwas erwidern kann, verschwinde ich hinter der nächsten Hausecke und erreiche kurz darauf das Haus, in dem ich eine kleine Wohnung gemietet habe. Über den Gesichtsausdruck der Frau amüsiert, den sie mir am Schluss zugeworfen hat, schließe ich die Wohnungstür auf und betrete den kurzen Flur meiner 1 1/2 Zimmer Wohnung. Zwei Türen gehen davon ab. Die rechte führt in mein kleines Bad, in der gerade so ein Waschbecken, eine winzige Dusche und ein Klo Platz haben. Die zweite, am Ende des Ganges, führt in mein Wohnzimmer, mit dazu gehöriger Küche, welche ich sogleich betrete. Links von der Flurtür befindet sich die kleine Kochecke, welche durch einen einfach Vorhang vom Wohnzimmer getrennt wird. An der Wand, gegenüber der Küche, steht ein kleines Sofa, vor dem ein Wohnzimmertisch aus Glas platziert würde. Vor dem Glastisch steht mein Fernseher, auf einem schwarzen Fernsehtisch. Rechts neben dem Sofa hat mein Schreibtisch, samt Computer Platz gefunden. Am rechten Ende des Raumes ist eine dünne Holzwand gezogen worden, hinter welcher sich mein Bett und mein eingebauter Kleiderschrank befinden.
Es ist eine kleine Wohnung, doch ist es meine eigene. Außerdem habe ich links sogar einen kleinen Balkon. Ohne weitere Zeit zu verschwenden, räume ich meine Einkäufe weg und fülle Bardos Wassernapf auf. Danach setze ich mich an meinen Computer und bearbeite die restlichen Bewerbungen. Nach knappen zwei Stunden habe ich sie alle ausgedruckt und zum versenden bereit gemacht.
Müde reibe ich mir über die Augen und strecke meine müden Knochen. Ein Gähnen auf den Lippen, erhebe ich mich, um mir ein Fertiggerichte in der Mikrowelle zu erhitzen.
Während ich darauf warte, das mein Abendessen warm ist, hole ich eine Dose Hundefutter hervor und fülle den Inhalt in den Futternapf. Ausgehungert stürzt sich der Bullie auf seine Mahlzeit, wobei ich ihn lächelnd beobachte. Erst das Piepen der Mikrowelle reißt mich aus meiner Beobachtung. Fluchs schnappe ich mir Besteck und das Essen, bevor ich es mir auf dem Sofa gemütlich mache.
Lustlos zappe ich durch das Fernsehprogramm und verspeise das Fertigfutter. Als auch nach einer Stunde nichts läuft, was mich interessiert, mache ich eine letze Runde um den Häuserblock, damit Bardo seine Blase erleichtern kann, ehe ich mich hinlege. Wie jeden Abend, kuschelt sich der Hund an meinen Rücken und es dauert nicht lange, bis ich eingeschlafen bin.
Etwas feuchtes, das mir über die Wange streicht, reißt mich aus meinem traumlosen Schlaf. Grummelnd schiebe ich Bardo von mir, nachdem ich mir bewusst bin, das er es ist, der heute den Wecker für mich spielt.
Leise bellt er, um mich davon abzuhalten, wieder einzuschlafen. Als ich auch dann nur leise brumme und mich auf den Bauch lege, springt der schwere Bullie auf meinen Rücken. Bellend zappelt er auf mir rum und drückt mir seine kalte Nase in die Halsbeuge.
Genervt schubse ich ihn von mir und stütze mich auf meinen Armen ab. Wütend funkle ich ihn an, doch ernte ich nur einen schief gelegten Kopf und ein freudiges Schwanz wackeln. Brummelnd schüttle ich den Kopf, bevor ich mich umdrehe und hinsetze. Müde streiche ich meine Haare nach hinten und gähne ausgiebig. Mein Blick schweift zum Fenster und die Strahlen der Sonne fallen mir erst jetzt auf.
"Darum hast du mich geweckt, du freches Monster. Du hast Hunger und willst raus", stelle ich mit, vom Schlaf, rauer Stimme fest. Schwerfällig schiebe ich meine Beine über die Bettkante und erhebe mich, um barfuß in die Küche zu stapfen.
Schnell habe ich den Futternapf gefüllt und schnappe mir frische Sachen, mit denen ich im Bad verschwinde. Meine Augen liegen auf dem kleinen Spiegel, während ich mein Shirt und meine Boxershorts abstreife, in denen ich immer schlafe. Meine Haare stehen in sämtlichen Himmelsrichtungen ab und lassen mich noch müder aussehen.
Mich von dem spiegelndem Glas abwendend, steige ich in die kleine Duschkabine, in der ich gerade so Platz finde. Lauwarmes Wasser prasselt auf mich nieder und ich lege mein Kinn auf meiner Brust ab, um den Strahl auf meinen Nacken fallen zu lassen.
Gedankenverloren streicht meine Hand über die verspannten Muskeln meiner Schultern und meines Nackens, wobei ich bei dem Piercing hängen bleibe. Hauch zart fahre ich über den Hautschmuck, den ich mir habe stechen lassen. Mein Vater wäre beinahe durchgedreht, als er es gesehen hat. Er meinte, etwas wie dieser Mist gehöre sich nicht, wenn man irgendwann eine Firma führen möchte. Nie hat er daran gedacht, das ich das gar nicht will. Er ist einfach davon ausgegangen, das ich sein Geschäft irgendwann übernehme. Seine Firma, in der sein Herzblut steckt. Doch mich hat sein Job nie interessiert und es war mir egal, was er sich ausgemalt hat. Für ihn ist so ein Schreibtischjob etwas erfüllendes, aber nicht für mich. Ein Tag in einem stickigen Büro und das sechs mal die Woche für zwölf Stunden würde mich schlauchen. Ich könnte das nicht, würde mich gefangen fühlen. Mein Job darf nicht eintönig sein, es sollte immer wieder Überraschungen geben und kein Tag sollte gleich sein. Dabei ist es mir egal, ob ich mit Menschen oder Tieren arbeite oder nicht, Hauptsache es ist abwechslungsreich.
Jedoch ist es schwer, einen solchen Beruf zu finden und dort auch angenommen zu werden. Vor allem, wenn man keine genauen Vorstellungen hat. Ich hatte mal überlegt, etwas im kreativen Bereich zu machen, da ich leidenschaftlich zeichne, doch gibt es kaum Berufe, bei denen ich meine Kreativität ausleben kann. Außerdem bin ich von meinen Zeichenkünsten nicht gerade überzeugt, obwohl ich schon einiges an Lob geerntet habe. Doch bin ich einfach zu selbstkritisch, um zu sagen, das meine Zeichnungen gut sind. Darum habe ich diesen Gedanken abgeschüttelt und versuche einfach irgendwas zu finden, was mir etwas Geld einbringt.
Nach einigen Minuten, in denen ich einfach nur so da gestanden habe, wasche ich mich und stelle die Dusche ab. Danach schnappe ich mir mein Handtuch und trockne mich ab, um kurz darauf in meine frischen Klamotten zu steigen. Während ich mir meine Haare föhne, fixiere ich mich im Spiegel und mustere die Platzwunde an meiner Schläfe, die so gut wie abgeheilt ist. Bei meiner Unterlippe ist es genauso und bei genauerem hinsehen stelle ich fest, das sich die Fäden selbst aufgelöst haben. Darum musste ich also nicht zum Fäden ziehen kommen, stelle ich grinsend fest und schalte den Föhn aus.
Im Wohnzimmer wartet Bardo schon ungeduldig auf mich, was mich grinsend den Kopf schütteln lässt. Mich aufs Sofa setzend, greife ich nach meinen Stiefeln, welche ich sogleich überziehe. Ein Blick aus dem Fenster verrät mir, das ich keinen Mantel brauche.
Mit Schlüssel, MP3-Player, den Bewerbungsunterlagen und Leine bewaffnet öffne ich die Wohnungstür und Bardo verlässt stürmisch unser Heim. Draußen weht ein lauer Wind, der mir durch die Haare streicht.
Schnaubend streiche ich sie zurück und beginne den Spaziergang in Richtung Park. Dort angekommen lasse ich meinen Bullie frei laufen und setze mich auf eine Bank, von der aus ich ihn gut beobachten kann.
Ausgelassen tobt er über die Wiese und bleibt nur stehen, um sich hier und dort zu erleichtern oder zu schnüffeln. Ich währenddessen krame meinen MP3-Player heraus, um wie immer Musik zu hören. Laut beschallt mich der Gesang von Rammstein und ich lehne mich entspannt zurück.
Unbeachtet verstreichen die Minuten und ich schweife gedanklich ab, bis ein Vibrieren sich in meiner Hosentasche bemerkbar macht. Irritiert nehme ich die Kopfhörer ab und fische nach meinem Handy. Ein Blick auf den Display verrät mir, das es Jerome ist, der meine Ruhe stört. Grinsend hebe ich ab.
"Moin moin, Jerome. Alles klar?" rufe ich munter in den Hörer und lege meinen Fuß auf meinem Knie ab. "Hey, Mika. Muss ja, auch wenn ich etwas müde bin von der langen Schicht gestern. Muss auch gleich wieder los und wollte dir nur sagen, das ich morgen um acht im Dark Hearts bin. Ich hoffe du hast deine Meinung noch nicht geändert und leistest mir Gesellschaft", raunt er durch das Telefon und ich kann ihn deutlich anhören, das er müde ist.
"Klar leiste ich dir Gesellschaft, irgendwer muss doch auf dich alten Sack aufpassen", gebe ich spöttelnd zurück und streiche mir meine Haare zurecht. Sein raues lachen erklingt an meinem Ohr, was mein Grinsen noch verbreitert.
"Wie nobel von dir. Dann bis morgen Mika", verabschiedet er sich schließlich und legt auf. Gut gelaunt setze ich die Kopfhörer wieder auf, um mich weiter meiner geliebten Musik zu widmen, während Bardo herum tobt.
Ich bin immer wieder fasziniert, wie unermüdlich diese Tiere sind. Das ist sowohl Segen, als auch Fluch. Zum einen kann man mit ihnen viel machen, joggen, schwimmen, Fahrrad fahren und anderen Sport. Zum anderen ist ihre unermüdliche Art, in Kombination mit ihrem Dickkopf auch sehr problematisch. Diese Tiere wollen immer beschäftigt werden und wollen viel Aufmerksamkeit. Wenn sie diese nicht bekommen, dann kann es schon mal vorkommen, das sie die Wohnung, buchstäblich, auseinander nehmen. Sobald sie Langeweile haben, machen sie alles, um beachtet zu werden: Schuhe zerkauen, Kissen zerrupfen, Sofa und andere Möbel zerkratzen. Eigentlich alles, was sie ansatzweise beschäftigt. Darum brauchen sie eine dominante Person, die sie mit fester Hand und klaren Regel erzieht. Außerdem sollte man viel Zeit und Ausdauer haben, um sie zu fördern und zu fordern. Sollte man das nicht tun, kann das der Wohnung und den Nerven ziemlich zusetzen. Auch ich hatte so meine Probleme, doch schlussendlich hat es sich wirklich gelohnt. Bardo ist ein toller Hund, der aufs Wort hört und keiner Fliege etwas zu leise tun würde, wenn ich nicht gerade in Gefahr bin denn trotz guter Erziehung hat er noch immer den Beschützerinstinkt, den man ihm nicht einfach abtrainieren kann, genauso wenig wie einem Dobermann. Das ist nun mal ein Teil von ihm, genauso wie die Schlägereien und Raufereien ein Teil von mir sind.
Jedoch würde ich mich niemals prügeln, wenn ich Bardo dabei habe. Zum einen, weil ich nicht will, das ihm was passiert, zum anderen kann ich es nicht riskieren, das er sich einmischt und jemanden beißt. Denn ich bin mir sicher, wäre er dabei, während ich mich schlage, dann würde er nicht zögern, um mich zu beschützen, mit allem was er hat.
Das ist auch einer der Gründe, warum ich ihn nie zum trinken mit nehme. Der zweite Grund ist der, das ein Hund nichts in einer Kneipe zu suchen hat. Oft genug habe ich schon beobachten dürfen, wie einige Idioten ihre Hunde mit in Bars und Kneipen nehmen, was ich unverantwortlich finde. Tiere haben dort nicht zu sein, da an solchen Orten nur Betrunkene rumhängen. Außerdem sind die Rauchschwaden der Zigaretten schädlich für sie. Natürlich rauche ich sich in der Wohnung, wodurch Bardo den Rauch abbekommt, aber in einer Bar ist das alles noch gesteigert und somit untragbar für die empfindlichen Sinne eines Hundes.
Jedes mal, wenn ich einen Hund in einer Kneipe sehe, könnte ich durchdrehen und das Tier einfach raus bringen, samt Besitzer, der dazu einen Arschtritt kassieren würde. Doch ich reiße mich zusammen und denke mir dann immer, bleibt ruhig, du kannst sie nicht alle töten. Das hört sich jetzt vielleicht krank an, aber es hilft mir dabei, Ruhe zu bewahren.
Sicherlich würde ich niemanden töten, vor allem nicht aus so nichtigen Gründen, aber trotzdem möchte ich diese Menschen am liebsten unangespitzt in den Boden rammen. Ich würde ihnen gerne ihre unverantwortliche Art und Weise aus dem Gesicht prügeln. So bin ich eben und daran wird sich wohl nie etwas ändern.
Nach weiteren Minuten, die an mir vorbei ziehen, rufe ich meinen Bullie zurück und erhebe mich. Gehorsam folgt mir Bardo aus dem Park und ich steuere auf die nächste Poststelle zu, die nicht weit von hier entfernt ist. Auch heute wartet mein Hund draußen, während ich den kleinen Laden betrete und mich in die wartende Schlange einreihe. Wie gewohnt liegen die Blicke auf mir, da die Menschen alternative Kleidungsstile einfach nicht akzeptieren können. Da ich dieses Verhalten jedoch gewohnt bin, beachte ich es nicht weiter und warte ungeduldig darauf, das ich endlich dran bin.
Als ich schließlich, nach einer halben Ewigkeit an der Reihe bin, kaufe ich mir die nötigen Briefmarken und drücke dem Verkäufer meine Bewerbungen in die Hand. Ich reiche dem Mann noch schnell das Geld, bevor ich die Post verlasse. Wieder draußen, meldet sich erneut mein Handy und kündet mir eine SMS an. Ich hole das Mobiltelefon heraus und öffne den Posteingang.
'Ich bringe dir Shelly nächstes Wochenende um 17 Uhr vorbei. Ron', überfliege ich die Zeilen, die mich glücklich grinsen lassen. Endlich sehe ich meine Tochter wieder, schießt es mir in den Kopf, ehe ich Bardo losbinde und weiter gehe.
Gut gelaunt schwebe ich praktisch durch die Straße und vergesse dabei sogar, meinen allgegenwärtigen, bösen Blick aufzusetzen. Zu sehr bin ich von Vorfreude ergriffen, als das ich meine Schutzmauer, bekannt als grimmiger Gesichtsausdruck, aufrecht erhalten könnte.
Den Drang unterdrückend, pfeifend und singen meines Weges zu gehen, schreite ich voran und betrete schließlich meine Wohnung.
In mir kommt der Wunsch auf, seid langem mal wieder etwas zu zeichnen, da ich in letzter Zeit nicht die Motivation dafür gefunden habe. Nachdem ich den Wassernapf neu gefüllt habe, setze ich mich an meinen Schreibtisch und hole mein Zeichenmaterial heraus.
Unschlüssig, was ich malen soll, sehe ich zum Fenster meines Balkons hinaus. Dabei erspähe ich eine Taube, die auf dem Geländer sitzt. Ihr rechtes Bein ist verstümmelt von einem Faden, der sich fest um die Gliedmaße gewickelt hat. Deutlich kann ich das getrocknete Blut sehen und wie tief sich das Band in ihren Fuß gedrückt hat.
Dieses Bild lässt mich nachdenklich werden und ich beginne, über die Freiheit nachzugrübeln, die jedes Lebewesen anstrebt. Die Freiheit, die ich mir wünsche, aber nie erreichen werde.
Minuten verstreichen, in denen ich in meinen Gedanken gefangen bin, bis mir ein Gedankenblitz kommt. Fluchs schnappe ich mir den Stift und zeichne drauf los. Strich für Strich, Linie für Linie, kreier ich ein Bild, das in gewisserweise meinen tiefsten Wunsch zeigt. Wie in Trance, fährt mein Hand mit dem Stift über das Blatt, ohne das ich mir meiner Umgebung länger bewusst bin. Die Zeit verfliegt förmlich, während meine Zeichnung langsam Gestalt annimmt. Immer wieder wechsle ich den Stift, verwische die Farbe an den passenden Stellen.
Nach fast drei Stunden unentwegtem zeichnen, schmerzt meine Hand höllisch, kann jedoch mein Hochgefühl nicht bremsen. Stolz betrachte ich mein Werk und lehne mich, die Arme verschränkt zurück. Das ist das erste Bild, das ich seit langem gezeichnet habe, das mir wirklich gefällt, da es eine Spiegelung meiner selbst ist.
Darauf ist ein Rabe zu sehen, der von einem dünnen Draht eingewickelt wird. Die harte Schnur schneidet ihm in die Haut und macht es ihm unmöglich zu fliegen. Das hindert ihn jedoch nicht daran, dagegen anzukämpfen. Sein Schnabel ist weit aufgerissen, als würde er aus tiefster Seele schreien. Seine Federn wirken matt und sind zerzaust. Blut tropft an seinem Leib hinab und benetzt seinen Körper. Eine Träne aus Blut hängt in seinem Augenwinkel. Der Draht, der ihm seine Freiheit raubt, um die er vergeblich kämpft, verschwinden im Untergrund, als wären sie mit dem Boden verschmolzen.
Nach einigen Minuten, in denen ich stumm das Bild betrachte, das mich mit stolz erfüllt und gleichzeitig eine seltsame Melancholie in mir auslöst, fasse ich einen Entschluss.
Ruckartig erhebe ich mich, was Bardo, der auf dem Sofa liegt, den Kopf heben lässt. Zielstrebig steuere ich die Küche an und öffne die Tür des obersten Schrankes. Ich hole eine Metalldose heraus, die sich darin befindet und gehe auf den Wohnzimmertisch zu. Fluchs entleere ich die Dose auf dem Glas, in welcher sich mein Erspartes befindet. Konzentriert zähle ich das Geld und stelle zufrieden fest, das es knapp 200 Euro sind.
Ein glückliche Lächeln liegt auf meinen Lippen, als ich das Geld wieder wegräume. So lange habe ich nach einem vernünftigen Motiv für ein Tattoo gesucht und endlich habe ich etwas, das eine tiefere Bedeutung für mich hat. Jetzt muss ich nur noch einen vernünftigen Tätowierer finden. Vielleicht sollte ich einfach Jerome fragen, wenn ich ihn morgen treffe. So viele Tattoos wie er hat, da wird er sicher einen guten kennen. Ich hoffe mein Geld reicht aus, sonst muss ich noch weiter sparen.
Den restlichen Tag verbringe ich damit, Bardo auszuführen, die Wohnung aufzuräumen und mir über meinen neu geplanten Körperschmuck Gedanken zu machen. Auch denke ich an das morgige Treffen und kann nicht leugnen, das ich mich darauf freue. Ich kenne ihn zwar kaum, aber ich mag Jerome wirklich. Mit ihm kann ich mich gut unterhalten, ohne darauf zu achten, das meine Wortwahl vielleicht zu vulgär ist. Bei den ersten Unterhaltungen, die ich mit ihm geführt habe, hat es ihn nämlich nicht gestört, das ich etwas unschöne Worte benutze. Ich bin einfach niemand, der höflich und wohl gesittet spricht.
Wenn mir etwas nicht passt, dann sage ich es, ob es sich nun gehört oder nicht. Dabei ist es mir auch egal, wie ordinär oder zynisch ich bin. Ich halte nicht viel davon, mich groß zurück zu halten oder gar zu verstellen.
Natürlich habe ich vor Jerome bisher einiges zurück gehalten, doch will ich nicht, das er von Anfang an denkt, das ich nicht ganz richtig bin. Ich werde es ihm in kleinen Häppchen näher bringen und schauen, wie viel er von meinem wirklichen Ich verkraften kann. Den Anfang habe ich ja schon gemacht, als ich besoffen und von einer Schlägerei gezeichnet ins Krankenhaus kam, auch wenn das eher unbeabsichtigt war. Woher sollte ich auch wissen, das er als Arzt im Krankenhaus arbeitet? Aber das ist jetzt nebensächlich, ich werde den morgigen Tag auf mich zu kommen lassen und was danach noch kommt, werde ich dann sehen.
Mit diesem Gedanken lege ich mich ins Bett, um den Tag zu beenden.
Gemütlich sitze ich auf meinen kleinen Sofa und ziehe mir meine Lieblings DVD rein: Gladiator. Ein wirklich genialer Film, wie ich finde, während ich mein Abendessen, bestehend aus einer Tiefkühlpizze, verputze. Entspannt liegt Bardo auf meinem Schoß und lässt es sich gut gehen. Die Uhr zeigt sechs an, weswegen ich noch genug zeit habe, um mit dem Hund rauszugehen und mich fertig zu machen.
Ich bin wirklich erleichtert, das ich nicht so lange im Bad brauche, wie die ganzen anderen Weiber. Aber bei mir gibt es auch nicht viel zu tun. Weder schminke ich mich, noch style ich mir die Haare. Hinzu kommt, das ich keine zwei Stunden brauche, um meine Kleidung auszuwählen, da in meinem Schrank sowieso fast alles gleich aussieht. Alles in schwarz. Meine Hosen sind allesamt aus Jeansstoff und meine T-Shirts so wie meine Pullis sind alle aus der Herrenabteilung. Das wenigste davon ist mit Aufdruck und wenn, dann gehen die eher in Richtung Band oder ins düstere. Ich liebe solche Klamotten.
Als meine Pizza schließlich den Weg in meinen Magen gefunden hat, schiebe ich den Bullie von mir runter und strecke mich, was meinen Rücken und Nacken zum knacken bringt. Erwartungsvoll sehen mich Bardos braune Augen an, als ich mir die Leine nehme, um eine letzte runde, für heute, mit ihm zu drehen.
"Komm Großer, wir gehen aus und dann gehe ich was trinken", raune ich ihm zu, was ihn dazu bringt, freudig zur Tür zu laufen. Wie immer, stürmt er aus der Tür, als ich diese öffne und flitzt davon. Gemütlich folge ich ihm nach draußen und sauge die frische Luft in meine Lungen ein. Heute Mittag hat es geregnet, weswegen der Boden noch nass ist und die Luftfeuchtigkeit höher als sonst.
Dessen ungeachtet schreite ich voran und sehe zu der untergehenden Sonne auf. In spätestens einer Stunde ist es dunkel, stelle ich fest, während ich zum Himmel aufsehe. Rastlos wandert Bardo währenddessen, von einem Baum zum nächsten, um hier und dort sein Markenzeichen zu hinterlassen. Viel hat er eigentlich nicht zu tun, da es in diesem Teil der Stadt kaum Hundebesitzer gibt, was ich sehr begrüße. So muss ich nicht alle paar Minuten erklären, das mein Bullie keine Gefahr darstellt. Außerdem glauben mir die Leute sowieso nicht, was wohl an meiner und Bardos Erscheinung liegt. Menschen achten nun einmal nur auf die Hülle, statt mal zu schauen, was sich dahinter befindet. Doch was will man von einer solchen Spezies schon erwarten, die nur auf ihr eigenes Wohl achtet und der alles andere egal ist? Genau, gar nichts.
Nach einer knappen Stunde komme ich wieder zu Hause an und betrete meine eigenen vier Wände. Mein Hund läuft sofort in die Küche, um seinen Durst zu löschen, während ich mir frische Sachen schnappe und unter die Dusche springe.
Nach meinem gewohnten Säuberungsritual ziehe ich mir eine schwarze, weite Hose an, die leicht Baggi angehaucht ist. Danach schnappe ich meinen Kapuzenpulli, ebenfalls schwarz, auf dem in roter, blutverschmierte Schrift, 'Ich darf das', steht. Darunter ziehe ich ausnahmsweise kein Shirt an, da die Temperaturen in den letzten Tagen doch recht warm geworden sind. Danach schlüpfe ich in meine Gladiator Stiefel, mit Stahlkappe und Stahlplatte. Zum Schluss binde ich mir noch einen Gürtel um, der die Hose zwar nicht hochhält, aber ich trage ihn auch nur zur Zierde. denn dieser Gürtel ähnelt einem Munitionsgürtel, da in ihn alte Patronen eingelassen wurden. Kaum das ich fertig angezogen bin, trockne ich meine Haare und betrachte mich zufrieden im Spiegel. So kann ich mich sehen lassen, stelle ich fest und gehe ins Wohnzimmer, um alles zusammen zu suchen, was ich heute brauchen könnte. Handy, Schlüssel, Portmonee und MP3-Player landen in meinen Hosentaschen, ehe ich mir meinen Mantel überwerfe.
Bei einem Blick auf die Uhr stelle ich fest, das ich noch eine halbe Stunde habe. Genug Zeit, um zum Dark Hearts zu kommen. Bevor ich gehe, bekommt mein Bullie sein Abendessen und ich verlasse zuversichtlich die kleine Wohnung. Gemächlich schlendre ich zur nächsten Bahnstation und zünde mir unterwegs eine Zigarette an.
Bei der Station angekommen, fällt mir eine Gruppe Jugendlicher auf, bestehend aus zwei, aufreizend gekleideten, Weibern und drei Typen, die sich in viel zu große Hip Hop Klamotten geschmissen habe. Eigentlich dürfte ich gegen letzteres nichts sagen, da auch meine Oberteile meist eine Nummer größer sind, als sie eigentlich sein müssten. Doch die Klamotten von den Typen sind mindestens drei Nummern zu groß, was doch recht lächerlich aussieht.
Da ich heute auf Stress jeglicher Art verzichten kann, stelle ich mich ein paar Meter entfernt, an eine Laterne gelehnt hin und rauche gemütlich vor mich hin.
"Hey schau mal den scheiß Grufti an", höre ich da auch schon die spottend klingende, hohe Stimme von einem der Weiber, die wie Bordsteinschwalben aussehen. Leise schnaube ich und ignoriere die fünf, die anfangen, über mich und mein aussehen herzuziehen.
Krampfhaft verkneife ich mir ein Kommentar und versuche angestrengt, die aufkommende Wut zurück zu drängen. Als ich kurz davor bin, zu explodieren, fährt die Bahn an und ich steige ein, um den gackernden Jugendlichen zu entkommen, die selbstverständlich nicht einsteigen. Das weiß ich daher, weil sie fast jedes Wochenende hier stehen und sich an der Bahnstation betrinken.
Erbärmlich wenn man mich fragt. Was ist schon cool daran, an einer Station zu sitzen und sich Alkopops reinzuziehen? Manchmal verstehe ich die Jugend von heute nicht. Bei diesen Gedanken kann ich mir ein Grinsen nicht verkneifen, da ich mich anhöre wie eine 80 jährige Witwe, die keinen Spaß mehr am Leben hat. Nur schwer kann ich es unterdrücken, laut zu lachen, während ich meine Musik einschalte.
Nach zehn Minuten Fahrt komme ich in der Innenstadt an und steige wieder aus. Mein Weg führt mich durch die verwaiste Einkaufspasge, bis hin ins Partyviertel, wie ich es gerne nenne. Doch auch hier mache ich nicht halt, sondern schlendre weiter durch die Gassen, bis ich in einem ruhigeren Teil ankomme.
Sofort sticht mir das Schild ins Auge, welches über dem Eingang zu einem kleinen Club prangt. 'Dark Hearts' steht darauf in verschnörkelter Schrift. Zielstrebig halte ich darauf zu und zeige dem grobschlächtigem Türsteher meinen Ausweis, der mich sogleich durchwinkt.
Als ich durch die Tür trete, finde ich mich in einem kleinen Vorraum wieder, von welchem eine Treppe nach oben führt. Außerdem befindet sich direkt gegenüber vom Eingang die Garderobe, hinter dessen Theke eine Frau Mitte vierzig sitzt.
Ohne die Frau weiter zu beachten, die gerade die Rucksäcke von zwei Jugendlichen entgegen nimmt, erklimme ich die Treppe, die einen leichten Bogen nach links macht. Schon jetzt kann ich deutlich hören, das momentan ein Lied von Subway to Sally gespielt wird.
Am Treppenabsatz angekommen, lasse ich meinen Blick einen Moment schweifen, um nach Jerome Ausschau zu halten. Rechts von mir führt eine Tür in den Raucherraum, welcher mit Fenstern ausgestattet ist, damit man sehen kann, wer drinnen ist oder eben draußen, je nachdem, wo man sich befindet. Links wurde ein länger Tresen errichtet, vor dem knapp 20 Barhocker stehen. Weiter hinten stehen vereinzelt ein paar Stehtische und links davon eine Art Tribüne. Hinter den Stehtischen liegt die Tanzfläche, auf der die schwarz gekleideten Leute sich räkeln und zappeln. Am hintersten Ende des Raumes befindet sich eine kleine Bühne, mit zwei Käfigen, zumindest werden sie so genannt. Eigentlich sind es nur zwei quadratische Flächen, die an jeder Ecke eine Stange haben, welche oben, ebenfalls quadratisch, mit weiteren Stangen zusammen gehalten werden.
In einem dieser Käfige steht eine Frau, mit langen Haaren, welche sie zum Takt der Musik schüttelt. Headbangen eben. Die Toiletten befinden sich hinten links. Nachdem ich alles unter die Lupe genommen habe, ohne den Rockerarzt zu finden, schreite ich auf die Bartheke zu. Dahinter steht ein Blondschopf, der geschäftig ein paar Cocktails mixt und sie schließlich einer Rothaarigen Schönheit in die Hand drückt. Mit einem Lächeln und wackelndem Arsch, stolziert sie davon, ehe der Barkeeper mich beachtet.
"Whiskey", raune ich ihm über die laute Musik zu, als er mir einen fragenden Blick schenkt. Nickend wendet er sich ab und stellt ein Glas vor mir ab, welches er mit der bräunlichen Flüssigkeit füllt. Ich drücke ihm das Geld für mein Getränk in die Hand, bevor ich mich in den Raucherraum begebe.
Geschickt schlängle ich mich durch die rauchende Menge und setze mich an einen Tisch, der direkt am Fenster steht. Bei genauerem betrachten des Raumes fällt mir auf, das es der einzige freie Tisch hier ist. Lässig nippe ich an meinem Glas und stecke mir schließlich eine Zigarette an. Währenddessen beobachte ich amüsiert, wie sich die tanzende Menge, unter Platzmangel leidend, versucht zum Takt zu bewegen. Immer wieder erhasche ich Exemplare, die besser nicht tanzen sollten, da sie einfach kein Taktgefühl haben. Andere sind so betrunken, das sie sich kaum auf den Beinen halten können und das schon um kurz nach acht.
Grinsend genehmige ich mir einen Schluck Whiskey, ohne den Blick von den Tanzenden zu nehmen, als mir eine Hand auf die Schulter gelegt wird. Sofort sehe ich zu der Person auf, die sich als Jerome herausstellt, welcher mich angrinst.
"Hey Mika", begrüßt er mich ruhig, da die Musik hier drinnen nicht ganz so laut ist. Ich erwidere sein Grinsen und erhebe mich, um ihm die Hand zu reichen. Wie beim letzten Mal, drückt er mich an seine breite Brust, wobei ich ihm gerade einmal bis zum Hals reiche.
Unwillkürlich steigt mir sein herber Duft, gepaart mit dem maskulinen Geruch seines Rasierwassers, in die Nase, weswegen ich tief durchatme. Eine angenehme Wärme breitet sich in mir aus, was ich auf den Whiskey schiebe.
Als wir uns wieder voneinander gelöst haben, setzen wir uns an den kleinen Tisch. Erst jetzt fällt mir die Bierflasche auf, die neben meinem Whiskeyglas steht.
"Wie lange hast du schon da gestanden und hast dich nicht bemerkbar gemacht?" frage ich ihn mit gerunzelter Stirn und nehme mein Getränk zur Hand.
"Nur ein zwei Minuten. Ich wollte dich nicht aus deiner Beobachtung reißen, da dich die Tanzenden scheinbar amüsiert haben", lacht er rau auf und trinkt einen Schluck.
"Kann man mir das verübeln? Einige von ihnen machen sich ja nun wirklich lächerlich", gebe ich grinsend zurück und zünde mir eine weitere Zigarette an.
"Da hast du natürlich recht", stimmt mir der Schwarzhaarige zu und sieht zur Tanzfläche hinüber. Mein Blick währenddessen liegt auf seinen tätowierten Armen, die gut sichtbar sind, da er heute nur ein Shirt trägt. Bei dem Anblick fällt mir die Frage wieder ein, die ich ihm seid gestern stellen wollte.
"Du kennst doch sicher nen guten Tätowiere, bei so vielen Tattoos oder?" erhebe ich schließlich die Stimme und ernte so wieder seine volle Aufmerksamkeit.
Einen Moment sieht er mich nur irritiert an, ehe er zustimmend nickt: "Sicher kenne ich einen, sogar einen sehr guten. Warum fragst du?" Noch immer liegt sein fragender Blick auf mir, weswegen ich mich dazu zwinge, von seinen muskulösen Armen aufzusehen und bei seinem Gesicht hängen zu bleiben.
"Ich habe gestern endlich ein Motiv für mein erstes Tattoo gefunden. Naja, eigentlich habe ich endlich etwas gezeichnet, was mir hundertprozentig gefallen hat", lächle ich zurück, ohne einen gewissen Stolz aus meiner Stimme verbannen zu können.
"Ich wusste gar nicht, das du zeichnen kannst?" brummt er und nippt an seiner Flasche, "zeigst du mir irgendwann mal deine Zeichnungen?" Seine zweite Frage bringt mich dazu, die Augen abzuwenden und stattdessen auf das Glas in meiner Hand zu starren. Meine andere Hand wandert zu meinem Hinterkopf, welchen ich verlegen reibe.
"Eher weniger, du musst wissen das meine Bilder nicht unbedingt gut sind oder ich sie einfach nicht gut finde. Das eine, das ich gestern gezeichnet habe, ist eine Ausnahme", erkläre ich unbeholfen und kaue auf meinem Zungenpeircing herum.
"Nun hab dich nicht so, Mika, ich werde schon nicht lachen oder dumme Sprüche ziehen. Ausserdem denke ich nicht, das deine Bilder so schlecht sind, wie du sie gerade darstellst, sonst würdest du dir nicht eines davon stechen lassen wollen", lächelt er mir, fast schon ermutigend zu und legt einen Arm um meine Schulter. Seine Nähe macht mich leicht nervös, jedoch verdränge, ich diesen Fakt einfach.
"Ist ja jetzt auch egal", winke ich ab und zünde mir eine neue Zigarette an, "wo hat denn dein Tätowierer sein Studio?"
"Hier in der Innenstadt, wenn du willst, dann rufe ich ihn gleich morgen an", schlägt er mir vor und nimmt seinen Arm von meiner Schulter, um ihn auf die Lehne in meinem Rücken zu legen.
"Das wäre echt cool", erwidere ich lächelnd und freue mich darüber, das meine Tattooplanung langsam Gestalt annimmt. Es hat zwar ein paar Jahre gedauert, bis ich endlich ein Motiv gefunden habe, doch dafür bin ich jetzt umso aufgeregter, mir eins stechen zu lassen. Jetzt stellt sich mir nur die Frage, wo ich es mir stechen lasse. Auf den Unterarmen wäre keine gute Idee, da das meine Narben wohl nicht mit machen würden. Vielleicht sollte ich es mir auf den Rücken machen lassen. Dann würde der Rabe gut zur Geltung kommen.
Den restlichen Abend trinken wir ausgelassen und unterhalten uns über Belanglosigkeiten. Als ich schließlich, gut betrunken, gegen zwei Uhr nachts nach Hause torkle, muss ich feststellen, das die Bahnen nicht mehr fahren. Genervt trete ich den Heimweg zu Fuß an, was knappe zwei Stunden dauert. Als ich dann endlich um vier Uhr morgens ankomme, entledige ich mich meiner Klamotten und schmeiße mich geschafft auf mein Bett.
Unaufhörlich dreht sich meine Welt, als ich meinen Kopf in mein weiches Kissen vergrabe. Nur nebenbei bemerke ich, das Bardo zu mir aufs Bett gekrabbelt kommt und sich neben mich legt. Seinen Kopf bettet er auf meinem Rücken, ehe ich die Augen schließe und schnell ins Land der Träume abdrifte, die nicht immer schön verlaufen.
Tag der Veröffentlichung: 23.03.2013
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