Cover

Roter Schnee



Ich kann mich nicht mehr konzentrieren.
Ich habe Schnee in meinem Kopf.
Es ist roter Schnee, der ein Herz auf meine Gedankenleinwand schneit.
Zeitweise scheint die Sonne und das Herz schmilzt.
Aber der Gefühlswinter lässt sich nicht vertreiben.
Ich mache einen Engel in den Schnee und beschrifte ihn mit ihrem Namen.
Ein Engel, der mich berühren darf und mein Gesicht streichelt.
Es ist ein warmer, eiskalter Winter.
Lilien blühen und erfrieren im gleichen Moment.
Es ist kalt, aber ich kann nicht frieren.
Ein Herz aus rotem Schnee wärmt meine Angst.
Es schmilzt, löst sich auf und erscheint wieder.
Als würde es schlagen, pochen in meinem Kopf.
Ich kann mich nicht mehr konzentrieren.
Der Winter ist zu warm.


Rauch



Ich stehe im Hotelfoyer und zähle die Kerzen des Kronleuchters. Der Fahrstuhl öffnet sich. Sie steigt aus, steckt sich eine Zigarette an und zieht an mir vorbei. Der Rauch verfängt sich in meinem Haar. Ich kann ihn noch riechen, als sie das Hotel längst verlassen hat.
Ich betrete den Fahrstuhl und fahre in den fünften Stock. Mein Zimmer liegt am Ende des Ganges. Ich gehe hinein, stecke mir eine Zigarette an und in Gedanken zieht sie an mir vorbei. Der Rauch verfängt sich in ihrem Haar. Sie kann ihn noch riechen, als sie meinen Kopf längst verlassen hat.
Es klopft. Ich drücke die Zigarette aus und öffne die Tür. Sie zieht an mir vorbei, steckt sich eine Zigarette an und ihr Haar fängt Feuer. Sie tritt hinaus auf den Balkon und besteigt die Brüstung. Sie springt.
Ich gehe langsam auf den Balkon. Als ich mich über die Brüstung beuge, sehe ich, daß die Welt in Flammen steht. Ich stecke mir eine Zigarette an, besteige die Brüstung und fliege.


Schwanz der Seligkeit




Heut hatt’ ich viel, ich hatte wenig,
ich hatte alles, was man braucht.
Und weil ich glücklich war und selig,
hab’ ich mir den Schwanz verstaucht.

Jetzt sitze ich im Krankenzimmer,
den Schwanz, den armen, schon geschient.
Das Sexverbot, - es gilt für immer -
hab’ ich durch Seligkeit verdient.


Meer aus Hoffnung



Ich sitze auf einem Floß, das ich aus Träumen gebaut habe und treibe auf einem Meer aus Hoffnung. Es weht kein Wind, aber ich habe auch kein Segel. Am Horizont kann ich die Erlösung erkennen. Sie winkt, aber ich komme ihr nicht näher. Ich schaue nach oben, in den Himmel der Sanftmut. Manchmal meine ich, ihr Gesicht zu sehen. Aber es sind nur Wolken des kurzen Glücks, die gelegentlich Tränen der Enttäuschung auf mich herabregnen lassen. Eine Möwe landet neben meinem Floß und schaut mich an. Sie schaukelt im Wasser der Leidenschaft, das sich nicht bewegt. Als die Möwe davonfliegt, schreit sie, und ich höre ihren Namen. Die Nacht der Schlaflosigkeit schleicht sich langsam heran. Sie deckt mich zu und lässt mich allein. Ich schaue ins Dunkel, denke, daß ich nicht denken will und komme nicht voran.


Prinzip Schwerelos




Sie sitzt auf meinem Bauch
Aber ich spüre sie nicht
Als würde sie fliegen
Als würde sie schweben
Über mir

Ich schaue ihr ins Gesicht
Und sehe den Himmel
Tag-Nacht-Wechsel im Sekundentakt
Sie ist die Sterne und die Wolken
Weiße Wolken
Keine grauen

Aus ihren Augen fällt Schnee
Der auf meinen warmen Wangen schmilzt
Wassertropfen verbinden sich
Und suchen das Meer

Ihre Hände liegen auf meiner Brust
Und wärmen die kalte Haut


Mein Herz singt ihr Lied
Ich habe es vor Jahren für sie geschrieben

Ich kann sie denken hören
Sie denkt meine Gedanken
Ihre Geschichte erzählt mir mein Leben
Ich küsse ihre Lippen
Und schmecke das Licht

Sie sitzt auf meinem Bauch
Aber ich spüre sie nicht
Als würde sie schweben
Über mir
In meinem Arm halte ich die Sonne

Impressum

Texte: Cover-Foto: Fritz Fenne
Tag der Veröffentlichung: 06.01.2009

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