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Osnabrück Krimi
Michael Hopp: Lübbings Hundstage

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So sehr sie auch die besten Freundinnen waren, an der Musik schieden sich ihre Geister. Während Leonie absoluter Robbie Williams-Fan war, mochte Katja mehr die rockige Fraktion.
Leonie erregte sich: „Nickelback, ausgerechnet Nickelback! Mein Vater sagt, das sind Kanadier und die können noch nicht einmal richtiges Englisch sprechen.“ Leonies Vater war Englischlehrer.
Katjas Konter ließ nicht auf sich warten: „Und mein Vater sagt, Robbie Williams ist ein Frank Sinatra-Verschnitt und wenn er auf Deutsch singen würde, hätte wahrscheinlich Harald Juhnke noch besser geklungen!“ Katjas Vater war in seiner Jugend Roadie bei einer ziemlich erfolglosen Rockband gewesen. Außerdem hörte er mindestens einmal pro Woche „AC/DC“ und „Motörhead“, nämlich immer dann, wenn seine Frau ins Fitnessstudio ging.
„Und wer, bitte schön, ist Harald Juhnke?“, fragte Leonie spitz.
„Keine Ahnung, wahrscheinlich irgendein alter Sauf- kumpel von meinem Daddy.“ Um die Freundin ein wenig zu besänftigen, fügte sie hinzu: „Aber einen süßen Hintern hat der Williams wirklich.“
Beide kicherten. Leonie knuffte Katja in die Rippen.
Die Mädchen hatten mittlerweile die hölzerne Brücke erreicht, die vom rechten Haseufer hinüber auf das Gelände des Gymnasiums führte. Das war einer der schönsten Plätze am Fluss innerhalb des Osnabrücker Stadtgebietes. Die Hase floss ruhig auf die Vitischanze zu, als genieße sie die gemächliche Strömung, mit der sie sich hier durch die Innenstadt winden konnte. In der Nähe der Brücke, direkt beim Carolinum, gab es eine ziemlich große Plattform aus Holz, einen Bootssteg, der vom linken Ufer in das Wasser hineinragte. Normalerweise gingen die Mädchen an dieser Stelle gedankenlos vorüber. Doch heute fiel Katja ein Mann auf. Er saß auf der Uferböschung, oder besser gesagt, er hatte sich zurückgelehnt.
Katja stieß Leonie an: „Guck mal, wie blöd der grinst. Und einen Schal hat er auch noch um, dabei ist doch schon Frühling.“
Die beiden Mädchen gingen vorsichtig und um unbeteiligtes Aussehen bemüht näher. Als sie sich neugierig über die Brüstung der Brücke beugten, stellten sie fest, dass der Mann nicht grinste. Jetzt konnten sie sehen, dass seine Zunge halb aus dem Mund hing und seine Augen ins Leere blickten.
„Oh, mein Gott!“, stieß Leonie hervor und Katja entfuhr ein „Shit, verdammte Scheiße!“
Sie rannten los in Richtung Schule, brachten mit ihrem Bericht den Direktor, das gesamte Lehrerzimmer und schließlich den Hausmeister in Aufruhr.
Für die beiden Teenager fiel wenigstens der Mathematikunterricht aus. Und am nächsten Tag waren sie in der Neuen Osnabrücker Zeitung abgebildet, auf der ersten Seite im Lokalteil.
Ein Bericht über Robbie Williams erschien erst sechs Seiten weiter hinten.

Copyright © Prolibris Verlag Rolf Wagner



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Texte: Prolibris Verlag Rolf Wagner ISBN: 978-3935263412
Tag der Veröffentlichung: 07.12.2010

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