Umzüge sind anstrengend. Die langen Autofahrten, die sich ständig wiederholende Musik und die Eltern die sich nicht entscheiden können wann die nächste Pause ist. Auf mich wird wieder nicht geachtet.
Deshalb hole ich mein Handy aus meiner Jacke, die neben mir auf den leeren Sitzen liegt. Musik. Welches Genre höre ich denn heute? Rock? Pop? Rn'B? Vielleicht doch lieber mal ganz klassisches Piano? Ja heute werde ich Piano hören.
Die Ohrstecker anschließen, die Musik komplett aufdrehen und mich in den Sitz drücken. Während die ganzen Autos, welche in die entgegengesetzte Richtung fahren, an mit sehr schnell vorbei ziehen, versinke ich immer weiter ich der Halluzination, die ich mir selbst erschaffen habe.
Ein rotes, langes, schulterfreies Kleid, das grad so die Beine bedeckt. Die braunen Haare hochgesteckt und mit weißen Perlen verziert. Eine weiße Perlenmaske verdeckt die Blaugrünen Augen. Die Lippen rot wie Blut.
Aus dem Nichts tritt ein junger Mann hervor. Smoking. Die schwarzen Haare ordentlich nach hinten gekämmt. Ebenfalls mit weißer Perlenmaske.
Langsam nimmt das Bild vor meinen Augen gestallt eines großen Ballsaales an. Goldene Fassaden, dunkel Rote Vorhänge, die die großen Fenster zieren. Goldene Ringe halten den Stoff an den Seiten, damit fahles Licht durchscheinen kann. Der Große Raum ist leer. Nur die junge Dame und der Herr, die anfangen zu tanzen. Im Hintergrund immer noch das Pianospiel.
Die Klänge, die so sanft erscheinen, dass man sie fast auf der Haut spüren kann wie sie einen berühren und Gänsehaut verleihen. Die Ruhe die sich in dem Raum befindet, die einzelnen Töne, die durch den Saal wiederhallen.
Plötzlich öffnet sich die große, goldene Tür und es Strömen Leute herein. Alle tragen sie wunderschöne wallende Kleider und Perlenmasken. Diesmal jedoch in schwarz und nicht in weiß. Das stört das Paar auf dem Parkett aber nicht. Die Leute um sie herum bewegen sich in Zeitlupe. Niemand auser ihnen zählt in diesem Augenblick. Niemand, nur sie allein. Es sei als spiele die Musik nur für sie.
Ich möchte nicht nur daneben stehen. Ich möchte die junge Dame im roten Kleid sein. Ich möchte von dem jungen Mann angesehen werden als gäbe es keinen Morgen.
Einen Moment schloss ich meine Augen. Als ich sie wieder öffnete sah ich nicht mehr das tanzende Paar, sondern tanzte selbst. Ich sah in die schönsten blaugrünen Augen der Welt. Ich wusste wem sie gehörten und kurz darauf breitete sich in meinem Magen ein wohlige Wärme aus. Diese Wärme ließ mich lächeln.
Wir tanzten einfach weiter. Immer noch die Klänge des Pianos im Ohr, immer noch uns einfach ansehend, immer noch nur wir zählten. Die Leute um uns herum wurden weniger und weniger. Sie verblassten einfach. Doch sie sahen nicht traurig aus. Sie lächelten. Es wurden immer weniger bis nur ich und mein Tanzpartner wieder allein in diesem Raum waren. Wir drehten uns um unsere eigene Achse, wir lachten und sahen uns einfach nur an. Mir war klar das ich nicht ewig in dieser Traumwelt bleiben konnte. Ich musste gehen. Ich wollte aber nicht, denn ich wusste nicht ob ich diese Augen jemals wiedersehen würde. Ob ich diese Wärme wieder verspüren würde. Alles ist so perfekt. Es kann nur ein Traum sein.
Ich habe Angst vor dem Erwachen,
denn dann weiß ich das du nur ein
süßer verhängnisvoller Traum warst.
Träume locken mit perfekten Welten. Wieso kann man denn nicht für immer in dieser perfekten Welt bleiben? Ohne Sorgen? Ohne Verplichtungen? Ohne Erwartungen?
Fragen die mir leider niemand beantworten kann. Die Illusion, die ich mir erschaffen hatte um zu fliehen zerbrach entgültig als ich die Musik ausmachte.
Kein goldener Tanzsaal. Keine dunkelroten Vorhänge. Keine Leute die in Zeitlupe tanzen. Kein junger Mann der mich ansieht als wäre ich das wertvollste auf der Welt. Keine wohlige Wärme im Magen. Nichts mehr.
Ich saß immer noch hinten auf der Rückbank und wartete darauf in meine neue Stadt zu kommen.
"Schätzchen! Bringst du mir bitte die letzten Kartons aus dem Auto?", rief meine Mutter aus dem Haus.
Die Sonne schien vom Himmel und ich sah Vögel am Himmel ziehen.
"Ja!" Eine kurze und knappe Antwort.
Der Himmel war so schön blau. Einfach nur um mich etwas auszuruhen setzte ich mich auf das Gras im Vorgarten. Wie schön wäre es doch den Wind zu spüren. Der Wind welcher meine Haare durch einander bringt und mir Gänsehaut verursacht.
Einfach die Flügel spreizen und davon fliegen.
Ich stellte mir vor, wie die Menschen unter mir langsam kleiner wurden. Immer kleiner bis sie nur noch unscharfe Punkte waren. Ich flog so hoch, dass ich durch die Wolkendecke durchbrach.
Die Sonne schien mir direkt in mein Gewicht und ich spürte die Wärme intensiver als vorher. Ein leichtes Glückliches glucksen verließ meine Kehle. Ja ich war glücklich die Sorgen und Ängste hinter mir zu lassen. Einfach vor ihnen davon zu fliegen.
Wie schön das doch wäre, aber leider unmöglich. Irgendwas physikalisches war es. Menschen sind nicht zum Fliegen gemacht. Seis drum.
Schnell kam ich wieder in die Realität zurück und brachte meiner Mutter die Kartons die sie wollte. Um nicht weiter zu stören bei den Auspackarbeiten meiner Eltern, ging ich nach draußen und legte mich zuruck ins Gras. Wieder ließ ich mir die Sonnenstrahlen auf das Gesicht brennen.
Meine Gedanken kamen wieder zu dem Fliegen zurück. Wie wäre es wenn Menschen für das Fliegen gemacht wären und nicht nur Vögel. Wenn wir ebenfalls große Flügel hätten auf dem Rücken, wie Engel. Oder doch lieber wie bei Fledermäusen?
Egal was es sei einfach in die Lüfte sich erheben wäre wundervoll. Kaum das ich die Wolken über mir fixiert hatte, glitten meine Gedanken in meine Geschichte in der wir fliegen können wie Vögel. Mit wunderschönen FLügeln aus bunten oder auch einfarbigen Federn flogen Menschen durch die Lüfte.
Der Wind streichelte meine Federn so sanft als ich sie ausbreitete und meine Arme in die Lüfte hob. Kaum das ich mir vorstellte wie sie sich bewegen und ich langsam gegen Himmel getragen wurde verließen meine Beine auch schon den Boden und ich schwebte in der Luft. Immer schneller ließ ich meine Flügel schlagen und beschleunigte so.
So glücklich war ich seit langem nicht mehr. Das Lachen das durch die Wolken drang, war nichts weiteres als das Echo meines eigenen glücklichen Lachens. Ich flog mit Gänsen und anderen Vögeln um die Wette nur um lachend einen Sturzflug zu wagen und mich dannach wieder in die Lüfte zu erheben. Für nichts auf der Welt würde ich das jemals wieder eintauschen.
"Schätzchen!", rief mich jemand.
Blinzelnd öffne ich meine Augen und seufze. Ich liege wieder auf der Wiese vor unserem neuen Haus.
Die Sonne scheint auf mein Gesicht, wärmt mich und überzeugt mich das ich weiter liegen bleibe.
So schön es auch ist, am Abend ist es kühl und ich muss mcih wieder ins haus bewegen. Mühsam stehe ich auf, klopfe mir das Gras vom Hintern, setzte mich in Bewegung und schließe letztendlich die Tür hinter mir. DIe welt draußen ausgesperrt.
Am nächsten Morgen weckte mich das nervige klingeln meines Weckers. Verschlafen und mit Ringen unter den Augen stand ich auf und ging ins Bad. Mein Spiegelich sieht mich mit zerzausten braunen Haaren an, müde blaugrüne Augen sahen mich an. Schnell legte ich etwas Make-up auf und bürstete meine Haare. Seufzend vollführte ich mein Morgen Ritual. Der erste Schultag. Wie ich mich die letzten Stunden davor fürchtete. Neue Menschen. Neue Gesichter.
Nach der morgentlichen Prozedur ging ich zu meinem Schrank um mir meine Sachen rauszusuchen. Eine einfache schwarze hose und einen dunkelblauen Pullover. So unauffällig wie möglich.
Der erste Schultag. Ich seufzte innerlich und versuchte mich wenigstens etwas mental darauf vorzubereiten Fragen der anderen Mitschüler zu beantworten. Als ich die Treppen runter ging in die Küche, hörte ich meine Mutter schon an der Kaffeemaschiene werkeln. Der Duft von frischen Kaffee kam mir entgegen.
"Guten Morgen mein Schatz. Ich hoffe du hast gut geschlafen?", sie sah mich fragend an als sie mir die Tasse mit dem frischen Kaffee hinstellte. Zuerst nippte ich kurz an meiner Tasse und nickte ihr dann zu. "Ich weiß das es anfangs schwer ist, aber du hast ja uns.", sie drehte sich wieder um um mir mein Früchstück zu machen, welches ich dann mitnehem könnte in die Schule.
Nach ein paar Minuten stellte sie mir eine Braune Tüte vor die Nase und lächelte. Ein Blick auf die Uhr verriet mir das ich nur noch 5 Minuten hatte um den Bus zu erwischen. Schleppend stand ich auf und ging in den Flur. Im Spiegel sah ich mich nur kurz an und versuchte mich selbst aufzumuntern. Ich sagte mir immer wieder das es nicht so schlimm sein wird.
Nach einigen Minuten des Busfahrens stand ich nun auch vor dem großen Gebäude. Es war eine Schule zur Weiterbildung, doch was ich hier wollte war mich schleierhaft. Ich hatte mich noch nicht entschieden was ich in Zukunft machen möchte. Meine Eltern haben mich hier einfach angemeldet.
Ich folgte so unauffällig wie möglich dem großen Schülerhaufen der sich auf das Gebäude bewegte. Auf den ersten Blick erkannte ich nur junge Frauen. Alle diese Jungen Frauen wussten was sie erreichen wollten und ich? Ich wusste nichtmal was ich heute Abend essen möchte. Immernoch in meinen Gedanken vertieft folgte ich dem Schwarm ins innere des Gebäudes und suchte schonmal das Sekretariat.
Nach langem suchen und einer verpassten ersten Stunde fand ich das Büro endlich. Es war ein abgetrennter Glasbereich. Langsam schob ich die Tür auf und sah mich etwas scheu um. Vorsichtig näherte ich mich dem Stapel Papieren, hinter denen ich die Sekretärin vermutete, um nicht alles umzuwerfen. Es lag alles so instabil auf den Tresen das wahrscheinlich der kleineste Windhauch den kompletten Turm zum Einsturz gebracht hätte. Tippende Geräusche kamen von dem Turm oder besser gesagt von dahinte. Um auf mich aufmerksam zu machen räusperte ich mich kurz. Eine kleine Frau sah verdutzt hinter dem Stapel hervor. Sie hatte helle braune Haare, in denen sich leichte Strähnen von grau verirrte. Auf ihrere Nase trohnte ein helle Honrbrille welche ihre Augen unwirklich groß machte. Sie war an sich nicht sehr groß und konnte grade so übder die Tresen blicken.
Mit einem Lächeln kam sie rum und umarmte mich erstmal bevor sie mich von sich schob und mich begrüßte. Diese Geste hatte mich so überrascht das ich nichts erwiedern konnte, sondern sie nur ungläubig anstarrte.
"Verzeih mir. Ich wollte dich nicht überrumpeln. Du bist also Regina. Deine Mutter hat mir schon ein wenig von dir erzählt.", lächelnd wandte sie sich ab um wieder etwas in ihren Computer zu tippen. "Setz dich doch erstmal da vorne hin." Ihre Stimme kam nur gedämpt zu mir, wegen all der Papiere die sich vor ihr stapelten.
Erst jetz sah ich mich kurz um in diesem Raum. Raum konnte man es nun nicht ganz nennen. Es war eher ein Glaskasten der nur eine Wand hatte durch die man nicht durchschauen konnte.
Wie mir gesagt wurde setzte ich mich erstmal hin und wartete darauf weitere Anweisungen zu bekommen. Die Zeit nutze ich um mir den Kasten, in dem ich nun saß genauer zu betrachten. Es gab hier nichts was sonderlich auffallend war, bis auf den Stapel Papiere der sich auf der Tresen sammelte. Die eine Wand die es hier gab war in einem einfachn grau gestrichen und das Mobiliar war ganz in hellem Holz gehalten. Für meinen Geschmack wirkte es viel zu gezwungen. Für die Einrichtung war ich aber nunmal nicht zuständig und auch nicht wegen dessen war ich hier.
"Hier Kleines.", ich hatte nicht gemerkt wie die Sekretärin um den Tresen gekommen war und mir einige Blätter unter die Nase hielt. "Dein Stundenplan und ein Plan der Räume.", sie lächelte mich freundlich an. Ich brachte ein leises "Danke", heraus und ging dann hinaus auf den Flur. Etwas weiter weg von dem Kasten wagte ich einen Blick auf meinen Stundenplan. Erste Stunde bei einer gewissen Miss Martinique. Französisch. Na Super. Meine Mutter hatte mich für einen Fremdsprachenkurs angemeldet. Dabei konnte ich nichtmal Französisch, weder mochte ich die Sprache. Sie klang mir immer viel zu aufgeblasen und hochnäsig.
In den Gedanken vertieft wie ich mich von dem Kurs den befreien könnte, rannte ich in jemanden hinein und landete auf meinem Hintern. Ich murmelte eine leise Entschuldigung beim aufstehen und wollte schnell weg, doch ich wurde am Arm festgehalten.
"Wie bitte?", diese Stimme klang so einschüchtern und doch so wunderschön. Als ich mich umdrehte sah ich in zwei paar wunderschüne grüne Augen. Sie besaß schwarzes kurzes Haar, dass ihr leicht in die Stirn fiel.
"E-Es tut mir leid...", murmelte ich ganz leise. "Das sollte es aber auch." Mit diesen Worten drehte sie sich um und ging in die andere Richtung hinfort. Ihre Gangart war so geschmeidig. Sie wackelte etwas mit dem Hintern beim laufen, aber es sah nicht schlecht aus bei ihr. Im Gegenteil, es sah wundervoll aus.
Erschrocken über meine eigenen Gedanken ging ich den Flur entlang zu meiner Klasse.
Leise klopfte ich und erwartete das übliche "herein" was immer von Lehrern und Professoren benutzt wird, doch es kam keins. Langsam öffnete ich die Tür und lugte hinein.
"Vous êtes en retard", hörte ich nur Miss Martinique sagen. Ich verstand kein Wort natürlich. Einfach nichts sagen und auf den Boden schauen. Das war schon immer die beste Taktik. "Trouvez une place."
Place. Ich sollte zu meinem Platz gehen. Ich sah kurz in den Raum und erblickte ganz hinten einen komplett freien Tisch. Dort steuerte ich mit gesenktem Blick hin. Als ich dann auf meinem Platz saß machte Miss Martinique auch schon weiter.
Der Unterricht zog sich hin. Ich wusste nicht wie lange ich aus dem Fenster gestarrt hatte aber dennoch ertönte die Klingel und ich musste weiter gehen.
Eine Halbe Ewigkeit war es her, dass ich in einer Menschenmenge, auch wenn jetzt gerade unfreiwllig, unterwegs war. Schnell war ich auch schon beim nächsten Raum. Nun hatte ich etwas was ich auch konnte. Englisch. Vor einem Jahr verbrachte ich ein halbes Jahr in Amerika mit einigen meiner engsten Freunde. Damals.
Als ob ich die schlechten Gedanken von mir abschütteln wollte, ging ich Kopfschüttelnd in den Raum um zu sehen das die Schönheit die ich heute getroffen hatte auch in diesem Kurs war.
Texte: Alles entspringt meiner Fantasie und einigen Legenden aus anderen Ländern.
Bildmaterialien: Bilder die ich aus dem Internet gezogen oder selbstgemacht habe.
Tag der Veröffentlichung: 05.04.2014
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
An alle die Tagträume haben und ihre Träume ausleben.