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„Hey, Süße!“ Die Stimme des Mannes nahm ich nur am Rande wahr. Ich war viel zu beschäftigt damit, mir Gedanken darüber zu machen wie ich a) mich vor dem Morgen stattfindenden Sporttunier in der Schule drücken konnte- Bis jetzt war mir leider noch keine plausible Ausrede eingefallen, b) meinen Vater doch noch davon abbringen konnte, diese erbärmliche Schlampe zu heiraten- Ich meine, wirklich, der sah man ihr Niveau doch schon von weitem an (Es war ja nicht mal vorhanden) , c) meiner besten Freundin schonend beibringen sollte, dass ich ihren Freund gesehen hatte, wir er neulich mit der Schuldiva, und gleichzeitig auch ihrer ärgsten Rivalin, herumgeknutscht hatte. Nebenbei war ich auch noch ziemlich angepisst wegen der Mathearbeit, die ich heute zurück bekommen hatte. Eine 1- !! Also bitte. Wegen lächerlicher 3 Fehler, hatte der Lehrer dieses dumme Minus dahinter geschrieben. „Hey!“, da war die Stimme wieder, nur etwas lauter. Der meinte doch wohl nicht etwa mich? Ach was, unmöglich, beruhigte ich mich gleich wieder, und ignorierte den Typen einfach, wer auch immer er war. Eine Hand fasste mich am Arm. „He! Ich rede mit dir!“ Jetzt reichte es mir! Ich drehte mich um und wollte gleich so richtig durchstarten, als mir die Stimme versagte. Einfach so! Man stelle sich das einmal vor. Aber er sah so...so...so, umwerfend aus! Gut gebauter, athletischer Körper, braunes, glänzendes Haar, dass ihm in süßen Locken in sein Gesicht fiel. Doch das war es nicht, was mich stutzen ließ. Ich lauschte noch einmal in mich hinein, aber wieder... nichts. Nichts!? Das war unmöglich! Okay, vielleicht sollte ich erst einmal etwas erklären, sonst könnte das verwirrend sein. Ich kann nämlich die Gefühle von anderen Menschen spüren. Nicht so, dass ich denke, der guckt jetzt wütend, oder die redet als ob sie nervös wäre, oder an dieser Körperhaltung... Nein, ich wusste es einfach. Kaum sah ich einen Menschen, spürte ich seine Gefühle, selbst wenn ich noch nicht einmal seinen Namen kannte. Das war manchmal ziemlich erniedrigend, z.B. wenn man leider genau wusste, dass das ganze „du bist das Beste in meinem Leben ich liebe dich über alles und du kannst immer zu mir kommen egal was ist“- Getue von sogenannten Freundinnen alles nur eine einzige, bescheuerte Farce war. Nein, ich war absolut nicht glücklich darüber. Viel lieber wäre ich ganz normal gewesen, hätte mich nie fragen müssen, warum um Himmels Willen die nette alte Nachbarin schon wieder so verzweifelt war, dass ich am Liebsten mitgeheult hätte, oder mitkriegen, wie verdammt selbstgefällig irgend so ein Arsch wieder war, nachdem er das x-te Mädchen abgeschleppt hatte. „Ist irgend was?“, die besorgte, melodisch klingende Stimme holte mich wieder in die Gegenwart zurück. Mir schoss sofort die Röte ins Gesicht, als ich bemerkte, wie ich ihn mit offenem Mund angestarrt hatte. Scheiße, dachte ich bloß, was mach ich nur? „N..Nein“, stammelte ich, „ Alles in Ordnung...“ Aber ich konnte einfach nicht aufhören, ihn anzustarren. Ich kannte nur einen einzigen Menschen, bei dem meine Gabe nicht funktionierte. Meine beste Freundin, Lavinia, genannt Lavy. Wir hatten uns vor 6 Jahren kennen gelernt, da war sie neu in meine Klasse gekommen. Ich erinnerte mich noch ganz genau, wie geschockt ich damals gewesen war...

„So, und das hier ist Lavinia Tredd, eure neue Mitschülerin!“, verkündete unser Lehrer mit einer Begeisterung, dass wir alle nur seufzen und die Augen verdrehen konnten. Wie machten die das nur? Es war Montag morgen, das sollte strafbar sein, da auch noch so gute Laune zu haben. Trotzdem, natürlich waren wir auch neugierig, als wir die Neue betrachteten. Mein erster Eindruck war nicht gerade der Beste: Blonde, lange Locken, die Wimpern voll und schwarz, dazu eine Traumfigur. Mal ehrlich, das Mädchen sah ja aus, als käme sie geradewegs vom Titelbild der Vogue. Und das gutes Aussehen oft nicht gerade mit mit einem tollen Charakter einherging, wusste ich leider aus Erfahrung. Komisch, erst jetzt fiel mir auf, dass etwas nicht stimmte. Auf den ersten Schreck hin, saß ich einfach nur da. Dann überlegte ich, ob meine Gabe wohl auf einmal verschwunden sein sollte. Erstaunlich, dieser Gedanke versetzte mich ja beinahe in Panik!? Aber nein, sonst war alles normal. Ich bemerkte, dass ausnahmslos alle Mädchen diese Lavinia beneideten, während die Jungs sie natürlich bewunderten. Im nächsten Moment sagte unser Lehrer: „Du kannst dich da hinten neben Ruby setzen!“ Bitte? Hatte ich mich verhört oder was? Diese Barbiepuppe sollte neben mir sitzen? Im gleichen Moment wurde mir klar, warum: Neben mir war der einzig freie Platz. Na toll, dachte ich, während mir augenblicklich eine Woge aus Hass von meinen netten Mitschülern entgegenflog. Lavinia lächelte mich an, als sie sich auf ihren Stuhl sinken ließ. „Hey!“, sagte sie. „Du bist also Ruby! Ist das ein Spitzname? Du kannst mich übrigens Lavy nennen!“ Überrascht sah ich sie an, denn ich hatte nicht erwartet, dass sie mit mir reden würde. Im ersten Moment sagte ich nichts, bis ich schließlich murmelte: „ Äh.. schöner Name... nein... spitz.. Lavy“, mein Gesicht musste knallrot sein. Ich hatte mich doch nicht gerade wirklich so zum Affen gemacht, oder? Doch, hatte ich wohl. Natürlich traute ich mich nicht mehr, Lavinia.. Lavy.. anzusehen. Zum Glück begann der Lehrer in diesem Moment mit dem Unterricht, sodass mir weitere Peinlichkeiten erspart blieben.

„Ich wollte fragen, wann hier der nächste Bus fährt?“ „In 7 Minuten“, erwiderte ich, und war selbst erstaunt, wie normal meine Stimme klang. „Und? War das jetzt so schwer, mit mir zu reden?“, fragte dieses göttliche Wesen, dass da vor mir stand. „Ich.. äh.. Ja!..Ich meine, natürlich, nein!“, scheiße, was war denn mit mir auf einmal los. Ich stotterte hier herum wie eine Geistesgestörte, fühlte mich, als wären meine Beine aus Butter, ach was sage ich, Mehl!, während ich das Gefühl hatte, in meinem Hals säße ein Frosch, der mich verhöhnte, während er immer größer und größer wurde. Vielleicht sollte ich ja echt einmal dem Psychiater einen Besuch abstatten. Wobei ich mir lebhaft sein Gesicht vorstellen konnte, wenn ich ihm von meiner „Fähigkeit“ erzählte. Feiheit ade, Gummizelle ich komme! Na, wenigstens meinen Humor hatte ich mir behalten. „Du siehst echt gut aus!“, die Worte waren aus meinem Wund entwichen, ehe ich sie aufhalten konnte. Im nächsten Moment wäre ich am liebsten im Erdboben versunken. Krampfhaft suchte ich, ob ich nicht irgendwo ein Loch entdecken konnte, in dem ich dann verschwinden würde, während ich überlegte, ob ich das gerade echt gesagt hatte. Der Junge grinste: „Danke! Ich kann dir gerne auch noch mehr zeigen, wenn du willst...“ Hä? Wie bitte? Doch ich wusste, dass ich mich nicht verhört hatte. Wie aufs Stichwort wurde ich schon wieder glühend rot. „Na komm! Oder traust du dich etwa nicht?“, fragte er süffisant. Scheiße, der bildete sich aber echt was ein... Meine Verlegenheit verschwand ebenso schnell, wie sie gekommen war, und schlug in Wut um. „Du perverses Dreckschwein!“, schrie ich ihn an. Ich hob die Hand zu seinem Gesicht, in dem sich unverhohlene Überraschung spiegelte, und ließ sie mit aller Kraft und einem ziemlich unschönen Geräusch auf seine Wange klatschen. Ich nahm noch am Rande seinen schockierten Blick wahr, als ich mich umdrehte und davon rannte. Wie lange ich so gelaufen war, wusste ich später nicht mehr, aber dafür konnte ich nur noch über mich selber den Kopf schütteln. Was war nur mit mir passiert? Normalerweise verlor ich doch nie die Nerven, und ich hatte ihn sogar geschlagen! Na gut, er hatte es wohl verdient gehabt, aber trotzdem... Das war doch sonst nicht meine Art! Und davor hatte ich herumgestottert, als wäre ich ein schüchternes, kleines Mädchen, das vor dem Wolf Angst hat. Scheiße, und dabei hatte ich gedacht, Lavy wäre die Einzige, bei der es nicht funktionierte. Aber bei ihm hatte ich auch... einfach, nichts gespürt! Jedenfalls nichts von seinen Gefühlen. Erneut schweiften meine Gedanken ab...

Nach der Schulstunde war ich so schnell wie möglich aus dem Klassenzimmer gerauscht. Den Rest des Vormittags hatte damit verbracht, Lavy aus dem Weg zu gehen. Ich wusste selbst nicht, warum ich das tat, nahm ich doch an sie hätte das plumpe, unsichere Mädchen, sozusagen die Peinlichkeit in einer Person, längst vergessen. In ihrem Kopf hatten bestiummt nur Designer, heiße, aber hohle Typen und die Frage, in welcher Farbe sie sich die Nägel als nächstes lackieren sollte, Platz. Umso überraschter war ich, als sie sich in der Kantine an meinen Tisch setzte. „Hallo!“, sagte sie, und lächelte mich an. Schon wieder. „Was machst du hier?“, platzte ich unwillkürlich gleich mit der Frage heraus, die mich beschäftigte. Lavy runzelte die Stirn. „Was meinst du? Wo sollte ich denn sonst sein?“ „Na, da zum Beispiel!“, sagte ich und deutete dabei zum It-Tisch am anderen Ende des Raumes, wo alles saß, was gutes Aussehen, null Intelligenz und einen Hohen Zickenfaktor besaß. Lavy lachte. „Was soll ich denn dort? Ich will lieber mit dir reden!“ „Äh...“, sagte ich daraufhin nur geistreich und sah sie perplex an. Hallo? War ich hier im falschen Film? Oder... „Träume ich etwa?“, wollte ich wissen. Lavy sah mich erst erstaunt an, dann begann sie schallend zu lachen. Noch immer misstrauisch, sah ich zu, wie ihr die Tränen über das Gesicht liefen. „Köstlich!“, sagte sie. „Das ist echt köstlich!“, während ich wohl immer verwirrter wurde. Sie benutzte ja fast die gleichen Wörter wie meine Oma! Sie schien meinen Blick bemerkt zu haben, denn sie hörte auf zu lachen und sah mich ganz seltsam an. Doch in diesem Moment kam Stacey. Sie war so etwas wie die Diva der Schule, und alles tanzte nach ihrer Pfeife. So viel Verachtung schlug mir entgegen, dass es kaum zu ertragen war. Ausgerechnet direkt vor unserem Tisch blieb sie stehen. „Hey!“, sagte sie zu Lavy, ohne mir auch nur die geringste Beachtung zu schenken. „Ich glaube, du sitzt hier falsch! Komm doch mit herüber, wir haben bestimmt ganz viel Spaß zusammen!“ „Ich glaube, ich sitze hier genau richtig.“, sagte Lavy ruhig. Ich war verblüfft. Immer noch hatte ich das Gefühl, gleich würden alle aufspringen, mich auslachen und „April, April!“, rufen. Nur das es nicht April war, sondern September. „Und was ihr unter Spaß versteht, na ja... Manche Menschen haben eben nichts anderes als ihr Aussehen zu bieten, sodass sie sich ständig auf die Kosten anderer amüsieren müssen...“ Ich stand nun endgültig kurz davor, in Ohnmacht zu fallen. Stacey auch. Sie presste wütend die Lippen zusammen, bevor sie sich umdrehte und davonrauschte. Natürlich richtete sich ihre Wut allein gegen mich, war doch klar. Unsicher drehte ich mich zu Lavy um. Sie lächelte mich an. „Ich würd sagen, wir sind dieses Giftmaul los“, sagte sie. Mich überkam ein seltsames Gefühl, so als ob ich glrichzeitig weinen und lachen wollte. Ich wusste irgendwie, dass ich in diesem Moment eine Freundin gefunden hatte, die allererste. Ich zögerte noch ganz kurz, dann lächelte ich vorsichtig zurück.

Hey :) Das ist erstmal nur der Anfang. Demnächst gehts vielleicht weiter! Bis jetzt ist ja noch fast gar nichts passiert, ändert sich auf den nächsten Seiten! Kommis, Kritik, Verbesserungsvorschläge ect. erwünscht:D♥ (& ja, Cover wird noch bearbeitet:D)

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Tag der Veröffentlichung: 08.02.2012

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