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Weiblicher Alltag
    (Teil 4)

 

Die schönsten Hühnerstall-Geschichten 2013


     BookRix Edition – 1. Februar 2014
     Alle Rechte vorbehalten

Cover – Illustration: Mittelmaßmama

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Inhaltsverzeichnis

 

 

 

Vorwort


Liebe Leserinnen und Leser,

bei den Hühnerstall-Geschichten handelt es sich um eine Sammlung heiterer Episoden aus meinem Blog (Im Hühnerstall) bei Wordpress. So wie Printautoren ihre schönsten Kolumnen in Büchern sammeln, veröffentliche ich meine schönsten, lustigsten, unterhaltsamsten Alltagsgeschichten als E-Book.

Gute Unterhaltung und viel Spaß beim Lesen
wünscht

Frau Huhn

Strandgeschichte

Nachdem in der ersten Woche meines Urlaubes in Italien meine größte Sorge war, dass ich für eine Österreicherin gehalten werden könnte, ändere ich am Samstag der zweiten Woche meine Meinung schlagartig, als ich mich mit K1 im Schlepptau unserem Strandplatz nähere.

In der Reihe hinter unserem Platz, sehe ich zwei Familien mit je zwei Kindern, die sich ein (!) Strandset, bestehend aus Liege, Stuhl und Schirm teilen (wollen). Wie bitte soll das denn gehen? (Und eigentlich wundere ich mich schon über Strandurlauber, die sich zu viert solch ein Set teilen.) Diese Art von Geiz kann ich ja überhaupt nicht leiden, weil es nichts bringt. Im Gegenteil.

Schlauerweise haben sie sich noch einen eigenen Stuhl mitgebracht (nicht erlaubt) und einen eigenen Schirm in die Erde gerammt (noch weniger erlaubt). Ich bin ja der Auffassung man muss nicht besonders helle sein, um zu kapieren, dass man dort, wo schon Stühle und Schirme stehen, und keiner was eigenes dabei hat, auch nichts eigenes hingehört. Gerade für die deutsche (geregelte) Mentalität ist das doch nicht schwer zu verstehen. Und in Bibione ist man diesbezüglich besonders genau. Es gibt Strandabschnitte für Schatten-Selbstversorger, für Hardcore-Sonnenanbeter (ohne jeden Schatten) oder eben für die Strandset-Mieter.

Da saßen sie also nun – sehr ausladend, was mich ein bisschen aggressiv machte – die Mainzer und die andere Familie, die offensichtlich von der hessischen Seite kam, wie die „Meenzerin“ nicht müde wurde zu betonen.
„Wenn jemand fragt, wir sind Österreicher“, zischel ich dem Hahn zu. „Hört man doch, dass es nicht so ist“, winkt dieser ab. Herrje, gibt es in Österreich denn kein Gebiet in dem man Hochdeutsch spricht? Grummelnd verziehe ich mich auf meine Liege und überlege, welche Nationalität ich jetzt am überzeugendsten annehmen könnte…
Derweil schaut sich K1 suchend nach einem Kamerateam von RTL um. „Nee, die sind auf Malle unterwegs…“, werfe ich ein.

Als ich aus dem Wasser komme, freunden sich die peinlichen Deutschen gerade mit anderen Deutschen neben ihnen an. Schnell findet sich eine Gemeinsamkeit: Der Kinderreichtum. Und tatsächlich tummeln sich dort auf einem Set zwei Erwachsene und vier Kinder. „Da könnt ihr mal sehen, wie gut ihr es habt!“, werde ich später meinen Mädels sagen, denn wir haben zwei Sets mit vier Plätzen für vier Leute!

Nachdem die Höflichkeiten unter den Deutschen ausgetauscht sind, wendet sich jeder wieder sich selber zu, was so aussieht, dass die Frauen ihre Männer anschnauzen, die sich daraufhin erst einmal verkrümeln. Als sie nach einer Stunde an ihren Platz zurückkehren, läuft ihren „Liebsten“ bereits der Geifer aus dem Mund und sie schnauzen erneut. Wo sie denn so lange gewesen wären? Und was ihnen denn einfiele? Sie, die Mädels (hüstel) wollten auch mal weg. Und schon stapften sie durch den Sand davon. „Ich könnte ihm schon wieder eine batschen…“, höre ich die eine noch sagen. Vielsagend schaue ich den Hahn an und mein Blick würde – wenn er nicht durch die Sonnenbrille verdeckt wäre – sagen: Kannst du mal sehen, wie gut du es hast!

Drei Stunden später sind die „Mädels“ immer noch nicht zurück von ihrem Wutspaziergang. Die verlassenen Männer werden unruhig und maulig: „Das hätten wir uns mal erlauben sollen, das gibt es doch gar nicht!“ Und ich frage mich, was wohl passiert ist. Ob die Frauen ihre beschimpften Männer für immer verlassen haben und stattdessen mit den illegalen Händlern via Bananaboat das Land verlassen haben?

„Die kommen nicht wieder!“, sagt der Hahn, als wir auf dem Nachhauseweg sind. Woher weiß er das denn? Kurze Zeit später stellt sich heraus, dass er es ganz anders meinte, als ich dachte, nämlich, dass wir am nächsten Tag keine der beiden Familien am Strand wiederträfen. Ich hoffe, er hat Recht.



Darf man das?

Eine bei mir gut angesehene Kosmetikfirma hat bei Facebook ein neues Duschzeugs gepostet und ich habe spontan beschlossen, es zu kaufen - gleich am nächsten Tag. Wollte eh noch mal zum Drogeriemarkt.

Bevor ich im Drogeriemarkt etwas Neues kaufe, schnüffel ich erst einmal dran. Klammheimlich. Und mit schlechtem Gewissen - natürlich. Ich verkneife mir aber erst zu checken, ob die Luft rein ist, das finde ich zu auffällig. Lieber so tun, als wäre es das normalste der Welt, sich durch sämtliche Duschgels, Shampoos und Weichspüler zu schnüffeln.

Ich frage mich, ob man das überhaupt darf?
Bei Deo mache ich es nicht. Weil ich seit Jahrzehnten dasselbe benutze. Aber K1 macht es und sprüht mich auch noch an.„Und? Wie findest du das?“
„Nicht so laahaut“, zischel ich ihr zu.

Ob das wohl so eine Art „Mundraub“ ist, Sachen zu öffnen, an ihnen zu riechen, obwohl sie nicht als Probe gekennzeichnet sind?

Bei meinem letzten Besuch im Laden, habe ich nach einem neuen Hitzeschutz für die Haare Ausschau gehalten und K1 genötigt, dafür zu sorgen, dass ich daran riechen kann. Bei den Haarpflegeprodukten ist der Geruch ja genauso wichtig, wie bei Parfüm. Man wird schließlich den ganzen Tag davon umnebelt, bekommt es immer wieder in die Nase.

Mein Haarspray hatte ich bisher immer aus dem Friseursalon - ja, sehr teuer, ich weiß. Dann beschloss die Firma offensichtlich ihre Pflegeprodukte neu zusammenzusetzen und mir gefiel der Geruch nicht.

„Riecht wie das Zeugs, was sie in öffentlichen Toiletten immer rumsprühen“, sagte ich als es wieder im Salon abgab. Ja, da bin ich ehrlich und direkt. Ich bekam mein Geld trotzdem zurück. Das war mir auf jeden Fall eine Lehre, und deshalb schnuppere ich auch an Haarpflegeprodukten.

Bitte sagt, dass ihr es auch macht!!!

Im Einrichtungshaus

Immer wenn ich bei Segmüller oder Ikea durch die Wohn- und Esszimmer gelaufen bin oder mich in den fremden Betten der Schlafzimmerabteilung fläzte, habe ich, kaum zuhause, das dringende Bedürfnis den Hühnerstall neu einzurichten.
Kennt ihr das Gefühl? Was es aber auch für tolle Möbel gibt… Und wie schön sie bei Ikea die verschiedenen Zimmer aufgebaut haben. Ach, und dann komme ich nach Hause und ich finde alles alt und schmuddelig vor. Als nächstes schaue ich auf meinen Kontoauszug und das Thema ist durch – naja, ihr wisst, was ich meine, oder?

Wir waren bei Segmüller weil K1 einen kleinen Beistelltisch für ihr Zimmer und ich für K2 eine Sitztruhe mit Stauplatz für ihre Sportsachen und –taschen wollte. Da kaum etwas los war, schlenderten wir noch ein bisschen durch die Abteilungen. Schließlich träume ich auch von einem neuen Esszimmer und es kann ja nicht schaden, sich einen Überblick zu verschaffen. Von den Esszimmern – nur eines hat mir gefallen, und das war definitiv zu teuer – kamen wir zu den sogenannten Polstermöbeln.

Und da sah ich es! Das ultimative Sofa! So groß, so kuschelig, so teuer. Naja, relativ gesehen ist dieses Sofa vielleicht gar nicht so teuer. Wäre ich nicht in Urlaub gefahren … Und genau genommen, weiß ich gar nicht wie viel es kostet, denn die Preisgestaltung bei Segmüller ist ähm, sagen wir mal, schwer durchschaubar. Von knapp über 1.000 bis 1.400 Euro reichte die Spanne.

Drei bis vier Mal am Tag denke ich nun an dieses Sofa, welches aussieht, als wäre es aus einer Filmkulisse einer amerikanischen Liebeskomödie mit Meg Ryan oder aus „Gilmore Girls“. Manchmal stelle ich mir vor (und K1 hilft mir dabei), wie ich mich in den Polstern lümmel und lese oder eine Lieblingsserie schauen. Draußen pfeift der Wind, drinnen ist es behaglich warm…

Noch nie habe ich so lange über die Anschaffung eines Möbelstücks gehadert, und jetzt kommt auch noch ein Schreiben von Segmüller in den Hühnerstall geflattert, dass ich 25 Prozent Ermäßigung bekäme (was den Preis noch undurchschaubarer macht, denn wahrscheinlich wird es ausgerechnet für dieses Sofa nicht gelten). Ist das ein Zeichen?

Naja, und so bleibt der Wunsch nach Umgestaltung vorerst nur ein Wunsch und ich ziehe die Konsequenz mich nicht unnötig in Möbelhäusern aufzuhalten. Aber immerhin war die Motivation zum Umgestalten so hoch, dass ich das Schlafzimmer super aufgeräumt und entrümpelt habe und ich denke sie reicht auch noch fürs Arbeitszimmer, in dem sich nach der Renovierung noch Kruschelkrams in Kisten befindet, die nirgends einen Platz gefunden haben …





Verdrehter Montagmorgen

K2 ist diese Woche im Sportcamp. Naja, eigentlich ist es gar kein richtiges Camp, sagt sie, man würde dort ja nicht übernachten. Für mich bedeutet „nicht richtig“, dass ich für diese Woche meine Arbeitszeit verändert habe, um K2 jeden Tag zu fahren, die erst um 10 Uhr da sein muss. Das ist nicht weiter tragisch, nur etwas ungewohnt.

Montagmorgen war es extrem ungewohnt: Ich war früh aufgestanden, hatte lange im Bad gebraucht, lief zum Bäcker und bereitete das Frühstück. Wir drei Weiber hatten gemütlich gefrühstückt – und plötzlich wurde es doch noch hektisch, so richtig Montagmorgen eben. Ich musste mir einen Snack fürs Büro zusammensuchen, mich noch Schminken (ja, obwohl ich schon mal im Bad gewesen war, hatte ich noch nicht alles erledigt), Taschen packen. Und die Zeit lief irgendwie davon. Zwischendurch rief ich K2 irgendwelche Sachen zu, die sie zu erledigen hatte.
Irgendwann trafen wir uns beide im Bad. K1 räumte indes die Küche auf.
„Ihr müsst euren Frühstückssaft noch leer trinken!“, rief sie mahnend aus der Küche.
Kurze Zeit später: „Wer hat denn da sein Ei nicht aufgegessen?“
Ich: „Ich! Kannste in den Kompost werfen. Ist mir zu glibberig!“

Wieder einige Minuten später, raste ich durch den Hühnerstall und suchte meine Flip-Flops. Ich fragte bei K1 nach und sie antwortete genervt: „Die habe ich eben gerade auf die Schuhbank geräumt!“
Als ich nach oben flitzte, um meine Armbanduhr anzuziehen, rief sie mir hinterher: „Nimm doch gleich deine Körperlotion mit hoch!“
Ich rief von oben zurück: „Geht nicht, ich bin schon oben – sorry!“
Das spätestens war der Moment, in dem ich innehielt und mich wunderte. Führe ich diese Art von Dialog nicht normalerweise andersherum? Wer war jetzt die Mutter?


Die Hand in meinem Bett

Trotz zig Jahren Beziehung und einem gemeinsamem Bett, erschrecke ich mich immer noch beinahe zu Tode, wenn ich des nachts über die „Grenze“ rutsche und plötzlich an etwas stoße, was definitiv nicht zu mir gehört. Die spinnt die Alte, denkt ihr jetzt? Mitnichten! Genauso schreckhaft bin ich, wenn es auf meiner Matratze passiert, also ich an Fuß, Bein, Hand von Herrn Hahn stoße …

Auch die Vorstellung, den Anderen im Bett durch eine unbedachte Berührung zu erschrecken und deshalb zu einer reflexartigen Bewegung zu provozieren, finde ich beängstigend. So ist es mir mal passiert, dass ich während seiner Schnarchattacke den Hahn an der Schulter oder am Arm rütteln wollte, aufgrund der Dunkelheit im Schlafzimmer aber irgendwie voll in sein Gesicht gefasst habe.

Könnt ihr euch das vorstellen? Wie eklig das sein muss? Du liegst da, nichtsahnend und schnarchend und dann landet irgendetwas Warmes, Weiches in deinem Gesicht? Wäre der Mann zu dem Zeitpunkt zehn Jahre älter gewesen, wäre er sicher an einem Herzstillstand gestorben.

Auch mein Herz setzte heute Morgen gegen vier Uhr (wahrscheinlich) kurzzeitig aus. Ich wurde irgendwie wach und stellte entgeistert fest, dass ich auf dem Rücken lag – total untypisch für mich. Ich nahm meinen rechten Arm und schickte ihn schon mal vor auf die linke Seite, auf die ich mich gleich drehen wollte, als die Hand an diesem Arm plötzlich an eine andere Hand stieß.

Da ich ja nicht alleine im Bett liege, war das erst mal noch nicht Herzinfarkt auslösend; der Schreckmoment kam erst, als mir klar wurde, dass dies keine Männerhand war. Eine Frauenhand in meinem Bett??? WTF?

Also gut, es war meine Hand!!!! Meine linke, und ich hatte es nicht kapiert, weil ich kurzzeitig kein Gefühl in der Hand hatte. Sie lag oberhalb meines Kopfes und war offensichtlich blutleer. Dies war wohl auch der Grund, warum ich zu dieser untypischen Zeit wachgeworden war …



Dann eben ohne Mann

Habt ihr das gelesen oder gehört? Von dem Ehemann, der von seiner Frau auf der Autobahn aus dem Wagen geworfen wurde?
Wenn nicht: Eine Familie (zwei Erwachsene, zwei Kinder) aus NRW war auf dem Weg in den Urlaub. Angeblich nach Nizza. Unterwegs – irgendwo in Bayern – hatten die Eheleute dermaßen Streit, dass die Frau ihren Mann also vor die Tür setzte – ohne alles – und alleine weiterfuhr bzw. zurück nach Hause gefahren sein soll. Da sie sich weigerte ihren Mann abzuholen, besorgte die Polizei ihm ein Bahnticket, damit er heimfahren konnte. Wenn ihr mehr wissen wollt, googelt „Frau Mann Autobahn“.

Als ich die Story im Autoradio hörte, musste ich zugegebenermaßen grinsen, zumal auch das Wort „ausgesetzt“ fiel. Aber ich muss zugeben, dass ich auch dachte: Die Frau ist echt blöde!
Kommt aus Nordrhein-Westfalen, ist sogar schon in Bayern und fährt dann wieder zurück? Was ein Quatsch! Dann wäre ich doch ganz entspannt  weitergefahren – aber in den Urlaub. Er nach Hause, sie in den Urlaub. Vielleicht hätten sich dann die Mütchen auch ein bisschen beruhigt. Jeder alleine für sich. Nun hat keiner Urlaub, und zurück im heimischen NRW, gibt es bestimmt schon den nächsten Krach, weil auch das Geld für den Urlaub futsch ist.

Wobei mir sofort die nächste Frage in den Sinn kommt: Wie landet man denn in Bayern, wenn man nach Nizza will? Gut, ja, offensichtlich wollte die Familie über Italien fahren. Aber um an die Riviera zu kommen, fährt man doch über die A5 durch Baden-Württemberg und dann durch die Schweiz.

Außerdem würde mich mal interessieren, wie man seinen Kindern erklärt, dass man nun – ätschi-bätschi – nach 10 Stunden Fahrt, doch wieder zu Hause ist, ohne nur einen Blick auf das Meer erhaschen zu können.
Ob die zornige Ehefrau den freigewordenen Platz im Wagen wenigstens sinnvoll genutzt zum Beipsiel einen ausgesetzten Hund dafür aufgenommen hat?

Und schließlich und endlich frage ich mich, ob ich das auch machen würde, den Hahn auf der Autobahn auszusetzen. Darüber muss ich mal einen Moment nachdenken …



Würde ich ihn aussetzen?

Also ich habe darüber geschlafen, über den ausgesetzten Mann – sogar mehrere Nächte. Naja, eigentlich habe ich tagsüber darüber nachgedacht, ob ich Herrn Hahn wegen eines Streits auf dem Weg in den Urlaub mittellos aussetzen würde.

Dazu muss ich vorab erwähnen, dass der Hahn niemals mittellos an der Autobahnraststätte zurückbleiben würde. Schließlich muss man überall fürs Pinkeln bezahlen, und sein Handy hat er auch dabei – also so arm dran, wie der Typ aus NRW wäre er also schon einmal nicht.

Ich muss zugeben, dass der Hahn und ich uns bei längeren Fahrten auf der Autobahn wirklich immer im Auto streiten. Und ich mache keinen Hehl daraus, dass ich eine schlechte Beifahrerin bin. Ich sitze untätig auf der rechten Seite und leide Qualen. Die äußern sich in diversen Lautäußerungen abhängig von der jeweiligen Situation und der Länge der Fahrt.

Es gibt

  • Zischen durch die Zähne (sowohl beim Ein- als auch beim Ausatmen möglich)

  • „Uuuaaah“

  • „Äääääh“ (kommt meistens vor einem „… du hast schon gesehen, dass da vorne alle bremsen?“ oder „… die stehen alle!“)

  • Aufschrei

Spätestens bei letztgenannten geht der Streit los, denn der Hahn erschreckt sich jedes Mal fast zu Tode: „Scheiße noch mal, musst du mich so erschrecken?!“, poltert er dann seinerseits los.
„Musst du so nah auffahren?“, motze ich zu zurück, wobei „nah auffahren“ auch durch „rasen“ ersetzt werden kann.
Dann halten wir uns gegenseitig Vorträge, die damit enden, dass der Hahn meint: „So, jetzt habe ich die Schnauze voll, du fährst!“
„Ich fahr nicht! Du kannst ja auch einfach mal vorsichtiger fahren und nicht so, als wärst du alleine im Auto!“
Was folgt ist ein Schmollen, das so lange währt, bis irgendeine Situation gemeinsames Handeln erfordert (z.B. Chaos auf der Rückbank, Stau, Anfahrt einer italienischen Zahlstelle).

Tauschen wir dann doch die Plätze, bin ich noch nie auf die Idee gekommen, einfach alleine abzurauschen. Bisher war ich höchstens so wutentbrannt, dass ICH am liebsten ausgestiegen wäre („Halt sofort an, ich gehe zu Fuß weiter“), was genau betrachtet, ziemlich dämlich von mir wäre.

Was total witzig ist in diesem Zusammenhang: Ich habe einen TV-Bericht gesehen, in dem eine Familie mit Kameras auf ihrer Autofahrt in den Urlaub beobachtet wurde. Und soll ich euch was sagen? Ich hatte den Eindruck, wir wären es, die dort im Fernsehen zu sehen seien. Wir sind mit unserem Streit also nicht so etwas Besonderes, sondern wieder einmal völlig normal.

Wenn die männlichen Leser jetzt meinen, ich wäre eine lahme Schnecke, ein Hindernis im Straßenverkehr, denen sei gesagt: Weit gefehlt! Aber ich fahre alleine einfach anders, als mit der Familie nebendran.


Eltern googeln

In einer Frauenzeitschrift las ich kürzlich eine Kolumne über Eltern, die die Eltern der Klassenkameraden ihrer Kinder googeln würden, sobald sie die Adressliste der Klasse vorliegen hätten. Mir kam das beim Lesen sehr befremdlich vor. Noch befremdlicher kam mir der Vater vor, der in der Vorstellungsrunde behauptete, die Redakteurin schon zu kennen, weil er sie gegoogelt hätte.

Bis zu diesem Artikel bin ich noch nicht auf die Idee gekommen, die Eltern der Klassenkameraden von K1 und K2 zu googeln; bis zu diesem Artikel und bis letzte Woche.

Letzte Woche war ich auf dem Elternabend von K2. Dort bekamen die Eltern vom Mathelehrer geschimpft, weil sie das Übungsheft zum Mathebuch noch nicht besorgt hatten. Ich fühlte mich nicht angesprochen, besaßen wir das Heft längst und K2 hatte darin auch schon fleißig für die Mathearbeit geübt (ja, Streberin, ich).

Charlottes Vater war auch auf dem Elternabend und erklärte, dass man derzeit beim Klettverlag Lieferprobleme mit diesem Matheheft hätte. Er kenne das schon vom Klettverlag, er sei Buchhändler. Wer aber nicht länger warten wolle, der könne ja, wenn es unbedingt sein muss, beim Teufel bestellen. Ja, beim Teufel in Bad Hersfeld hätte man noch Ausgaben der gesuchten Fachliteratur vorrätig.

Ich musste an mich halten, dass ich nicht lautlos vom Stuhl rutschte. Lautlos deshalb, weil ich nicht losprusten wollte. Einen Tag später erzählte ich die Story im Familienkreis. „Der Teufel wohnt in Bad Hersfeld?“, erkundigte sich K2 interessiert. „Gehört das noch zu Hessen?“

„Ja!“, antwortete ich. „Das auch. Und es ist nicht weit von Dornröschen und Schneewittchen und der Märchenstraße entfernt.“ K2 schaute irritiert und meinte dann: „Von Charlottes Papa hängt ein Bild im Lehrerzimmer, der schreibt Bücher!“

Charlottes Vater wurde nach insgesamt (Schuljahre von K1 und K2 addiert) 15 Schuljahren also der erste Elternteil eines Klassenkameraden, den ich gegoogelt habe. Ich fand ihn – natürlich – beim Teufel in Bad Hersfeld. Heimatkrimi! Nur Printausgabe! „Nur noch 7 Stück auf Lager – jetzt bestellen!“



Falsche Anschrift und Romy Schneider

Romy Schneider wäre am Montag 75 Jahre alt geworden. Als großer Romy Schneider Fan, der ich mal war, nehme ich die Filme, die Sky anlässlich des Geburtstages zeigt auf. Naja, fast alle. Schwarz-weiß Filme gucke ich nicht mehr.

Ich bin schon ein bisschen enttäuscht von mir, dass mir der runde Geburtstag der großen deutschen Schauspielerin, die laut Wikipedia lieber als Österreicherin gesehen worden wäre, durch die Lappen gegangen ist. Aber mein Unterbewusstsein hat es wohl gewusst, denn vor einiger Zeit meldete es mir am hellichten Tage: Paris – Romy Schneider – Grab!

Genaugenommen war es im Büro; ich rief aus: „Das ist eine gute Idee! Wenn ich in Paris bin, werde ich Romy Schneiders Grab besuchen!“ Mein Kollege schaute interessiert, ich musterte ihn, um im seinen Gesicht nach Spuren zu suchen, was er gerade wirklich von mir dachte… Denn eigentlich waren wir thematisch bei etwas ganz anderem:

Ich hatte eine Mail an einen riesigen Verteiler (so ca. 50 Empfänger) verschickt. Offensichtlich hatte ich einige Anschriften falsch eingegeben (oder falsch genannt bekommen), denn mein Rechner „klingelte“ immer wieder, wenn die Fehlermeldungen eingingen.

Ich: „Oh, da kommen aber viele Mails zurück!“
Er: - singend – „Return to sender – badum-badum-badum – adress unknown …“
Ich: - singend- „… no such number, no such phone!“
Er: - singend – „Badibahdibah “
Ich: - seufzend - „Ach, Elvis!”

Wie alt war ich eigentlich, als Elvis starb? Ich schaute bei Wikipedia. Mein Kollege und ich sprachen darüber, ob wir traurig waren, als Elvis starb. Mein Kollege mochte nur den jungen, dünnen Elvis, und mochte auch die Filme. „Ach, ja“, seufzte ich. „Bei ‚Flammender Stern‘ habe ich Rotz und Wasser geheult!“ Er kannte den Film nicht. Hm, scheiße, bin wohl doch älter als er! Also als der Kollege, nicht als Elvis.

Ich überlegte weiter, ob ich bei der Nachricht, dass Elvis gestorben sei, geheult habe. Oder hatte meine Mutter geheult? Ich konnte mich wirklich nicht mehr erinnern.

„Aber bei Romy Schneider habe ich geheult – und wie!“ Daran kann ich mich noch sehr gut erinnern. „Woran ist sie gestorben?“, fragte mein Kollege.
„Am gebrochenen Herzen!“, antwortete ich.
Und dann wusste ich es: Wenn ich in Paris wäre, würde ich Romy Schneider besuchen! Was für eine tolle Idee, und das nur, weil mein Mail-Programm mir Fehlermeldungen schickte …

(Nachtrag: Es stellte sich heraus, dass Romy Schneider auf einem Friedhof außerhalb Paris beerdigt worden war. Ich konnte ihr Grab also doch nicht besuchen)



Strafe muss sein, oder?

Du liebe Zeit war ich sauer auf K1! Ach was, ich war fuchsteufelswild. Wie ein HB-Männchen bin ich durch den Hühnerstall getobt. Verheimlichen, sich doof stellen und dann patzige Antworten – eine Form der Pubertät! Arrrggh!

Aber, Strafe muss sein! „Du übernachtest am Freitag nicht bei M!“, brüllte ich durch den Hühnerstall, außer mir vor Wut und Enttäuschung. Enttäuscht darüber, dass mein Kind sich so verhalten hatte, wie es sich verhalten hatte. „Und noch ein Wort, dann bleibst du am Abend ganz zu Hause – wollen wir doch mal sehen!“

Ja, so bin ich: inkonsequent! Ich verhänge nur halbe Sanktionen. K1 darf zum Abschlussball ihrer Freundin, aber sie darf nicht dort übernachten (bei ihrer Freundin meine ich, nicht beim Abschlussball). Das volle Programm bringe ich nicht fertig. Denn endlich, endlich soll das eine bestimmte Kleid ausgeführt werden, was ICH bezahlt habe und welches bisher traurig und verlassen im Schrank hing.

Keines meiner Kinder hatte bisher Hausarrest. Diesen Umstand haben sie dem hessischen Kultusministerium zu verdanken, denn dank G8 kommen sie sowieso kaum vor die Tür - oder besser: vor Hinkels Lock.

Ich hatte oft Hausarrest! Mindestens drei bis sechs Wochen am Stück. Was für ein Schwachsinn! Ich war als Teenie ständig unterwegs, nur weg von daheim, Schultasche abgeladen, murrend den Tisch abgedeckt und die Spülmaschine ausgeräumt, dann weg, zu meiner Freundin oder einem Freund. Drei Wochen Hausarrest waren also die Hölle!

Ach doch, einmal hatte K1 Hausarrest und sie hätte nicht zu einem Geburtstag gekonnt. Die Mutter der Jubilarin rief mich an, und meinte ich könne doch nicht ihr Kind für das Vergehen meines Kindes bestrafen. Ah ja – ist was dran! Aber sonst gab es noch nie Hausarrest oder irgendwelche anderen Sanktionen. Ganz ehrlich bin ich froh, wenn meine Mädels Zeit finden, sich auch mal mit jemandem zu verabreden und Sachen unternehmen, die man eigentlich in dem Alter so macht, wenn man nicht G8-Schülerin wäre.

Jetzt 24 Stunden später bin ich wieder sauer! Nein, nicht auf K1 – die Wut ist verraucht. Ich bin sauer auf mich! Und wie. Allerdings rase ich nicht aufgebracht durch den Hühnerstall, sondern koche innerlich wegen meiner Blödheit! Und ich schäme mich, total. Mensch, bin ich doof. Gestern hatte ich vor Zorn eine Bestellung bei Amazon BuyVip storniert. Dort hatte ich in einer Aktion ein Kleid für mich und ein wunderschönes Top für K1 ausgesucht. Das habe ich storniert und mir dann noch mal angeschaut! Himmel, sah das gut aus – tja, nun bekommt es jemand anders. Ich ärgere mich derweil kaputt, über mich und meine Blödheit. Mein Kleid habe ich mittlerweile auch storniert – Strafe muss sein!




Bügelwäsche und Glücksgefühle

Du liebe Zeit, ich komme nicht mehr zum Bloggen. Grund: Ich habe so viel dreckige Wäsche. Wir waren nur eine Woche weg, aber man könnte meinen, ich hätte seit Monaten nicht mehr gewaschen. WIE GEHT DAS?

Naja, ich kann auf jeden Fall nicht behaupten, ich hätte nichts zum Anziehen; was ich aber sagen kann: ich habe nichts zum Anziehen IM Schrank!
Vorsichtshalber habe ich jegliche Shoppingaktivitäten eingestellt. Gestern habe ich sogar ein Päckchen mit online bestellten Kleidern zurückgehen lassen. Ich will mir erst einmal eine Übersicht über die wahre Menge meiner Klamotten machen, die ich besitze.

Wer online einkauft, soll Untersuchungen zufolge immer ein Glücksgefühl bekommen, wenn das Päckchen ankommt. Die Werbung von Zalando (Schrei vor Glück) trifft dieses Gefühl wohl ziemlich genau. Ich habe nun für mich eine etwas preisgünstigere Form entdeckt. Ich gebe meine Wäsche zum Bügeln außer Haus, und immer wenn Frau L. mir die frischgebügelte Wäsche bringt (sie besteht darauf, die Wäsche zu bringen), löst das auch ein Glücksgefühl in mir aus. Auf einem Schwung habe ich so jede Menge „neue“ Klamotten im Schrank – herrlich.



Stromausfall

Seit Wochen, wenn nicht sogar Monaten, wird rum um den Hühnerstall der Bürgerstein aufgerissen, irgendwelche Leitungen verlegt, wieder zugemacht, wieder aufgerissen und hoffentlich irgendwann wieder zugemacht. Die Straße, in der wir wohnen ist mittlerweile eine Einbahnstraße (herrlich – diese Ruhe!) und auch sonst kann ich mich nicht über die Baustelle beschweren, da sich die Lärmphasen in Grenzen halten und ich für gewöhnlich kaum den Bürgersteig nutze.

Nun flatterte ein Schreiben in den Hühnerstall, dass man den Strom abschalten müsse. Vier Stunden, übermorgen. Hm, denke ich, vier Stunden sind eine lange Zeit. Hm, denke ich weiter, einen Vormittag ohne Strom in den Ferien, ist für meine Mädels ein schlechtes Timing. Da können sie kein Fernsehen gucken, sich keinen Toast machen, nicht im Netz surfen

Wobei ich zugeben muss, dass mir das mit dem Internet erst später eingefallen ist, denn erst einmal dachte ich noch, wenn alle Tablets, Note- und Netbooks aufgeladen wären, stünde einem kurzweiligen Ferienvormittag nichts im Wege. Mir dämmerte nur sehr langsam, dass auch WLAN am Strom hängt (peinlich, peinlich).

Überhaupt dauerte es ziemlich lange, bis mir die gesamte Tragweite dieser vier Stunden bewusst wurde; ich brauchte etwas Zeit, um zu kapieren, was man alles nicht machen kann, so ohne Strom. Ohne Strom, so stellte sich heraus, ist die Steigerung von ohne WLAN.

Jeden Gedanken, der mir in diesem Zusammenhang kam, musste ich verwerfen:

  • Ich dachte an K1, die den Vormittag ja nun, so ohne Ablenkung von FB oder Whatsapp, mal richtig in Ruhe (aber andererseits auch zügig) ihre Haare pflegen und stylen könne.
    *möpp* - kein warmes Wasser, kein Glätteisen

  • Ich dachte an die Waschmaschine, die ich gerne vor der Arbeit anschmiss, damit sie bei meiner Rückkehr fertig wäre. *möpp*

  • Ich dachte an Heizkissen und warme Vollbäder, die die Mädels zum Aufwärmen nutzen könnten, weil ja die Heizung nicht mehr funktionieren würde.
    *möpp* *möpp* *möpp* (Wirklich? Also bitte Frau Huhn, konzentrieren Sie sich)

  • Ich dachte an diverse Putzdienste, zu denen ich die Mädels verdonnern könnte. *möpp* *seufz*

  • Und mit niemanden könnte ich über die Abhängigkeit der Menschheit von der Technik diskutieren, da nun mal das Telefon an einer kleinen Anlage hängt.

Und dachte ich an meinen Arbeitsplatz im Büro, zu dem ich an dem Tag eilen würde. Hell und warm, mit großem Rechner und turboschnellem Internetzugang. Ach, ich liebe meinen Job!





Die kürzeste halbe Stunde meines Lebens

Und dann kam er der besagte Tag. Und wieder dauerte es ein bisschen, bis mir das gesamte Ausmaß eines Stromausfalls bewusst wurde. Es dauerte bis Freitag um kurz vor 8 Uhr. Um Punkt 8 Uhr sprang ich - nun doch leicht panisch - aus dem Bett. Dann folgte die kürzeste halbe Stunde meines Lebens.

8:00 Uhr: Raus aus dem Bett und erst zu K2, dann zu K1, um beide aufzufordern, sich zügig Gedanken zu machen, was genau jetzt noch erledigt werden muss.

K1 liegt voll verkabelt im Bett – offensichtlich ist sie sich der Situation voll bewusst. Alles was irgendwie aufgeladen werde muss, hängt an diversen Mehrfachsteckern. Das Heizkissen läuft auf Höchststufe.

8:04 Uhr: Wasser aufsetzen für Tee. Gleichzeitig meine Milch in der Mikrowelle erwärmen und einen Macchiato für K1 zapfen. Jede Minute zählt.

8:07 Uhr: Wasser aufsetzen für Wärmflasche, dann ab ins Bad. Mir fällt auf, dass jede Uhr im Hühnerstall eine minimal andere Uhrzeit anzeigt. Also noch mal in die Küche zur Funkuhr. Alles ok; es ist wirklich sieben nach. Nein, jetzt schon acht nach. Trotzdem erst mal in Ruhe Kakao trinken und Gedanken über Bürooutfit machen.

8:10 Uhr: Wollte ich nicht noch die neue weiße Bluse bügeln? Jetzt genau nachdenken, in welcher Reihenfolge, was gemacht werden muss. Heizung! schießt es mir in den Kopf.
Ab ins Wohnzimmer und Heizung voll aufgedreht und dann auch noch im Badezimmer, Esszimmer und Arbeitszimmer (falls jemand die Zeit nutzen möchte, etwas für die Schule zu tun)!

8:15 Uhr: Huch, was ist denn jetzt passiert? Wo sind die letzten fünf Minuten hin? K1 stellt mich auf der Treppe nach oben. „Gehst du heute arbeiten?“, fragt sie.
Ich schaue verwundert. „Jaha!“
„Dann geh‘ dich endlich schminken, bevor du kein Licht mehr hast. Ich halte dir nachher keine Taschenlampe…“ Sprachs und verschwand in ihrem Zimmer.

Okay, Zeit eine Entscheidung zu treffen: Schminken geht vor weiße Bluse.

8:27 Uhr: Ich entdecke im Kleiderschrank eine andere weiße Bluse – ich wundere mich wieder einmal über mich selbst und wünsche mir eine App, die mir anzeigt, welche Klamotten ich habe, wie ich sie kombinieren kann und wo sie sich gerade befinden (Schrank, Wäsche, Bügelwäsche).

8:32 Uhr: Fertig mit Anziehen und Schminken. Strom geht noch! Trotzdem laufe ich runter ins Wohnzimmer. Dort dient die kleine Tischleuchte als „Strom-läuft-oder-läuft-nicht“-Anzeige. Solange sie brennt…. – ihr wisst schon.
Die Lampe erleuchtet also noch das Wohnzimmer, K1 und K2 sitzen etwas ratlos – als würden sie auf etwas warten – auf der Couch herum.

Ich nutze die Zeit und glätte meine Haare nach …

8:45 Uhr: Ich verlasse den Hühnerstall. Meine Mädels gucken Fernsehen und haben sich diverse elektronische Geräte parat gelegt.

8:59 Uhr: Ich erhalte eine SMS von K1: „Strom ist jetzt aus!“ Da hätte ich ja doch noch die „richtige“ weiße Bluse bügeln können …



Jeder ist ein Arschloch

In einer Fernsehsendung am frühen Morgen wurde ein Buch über Arschlöcher –die Personen, nicht der biologische Ausgang – vorgestellt. Seitdem werde ich von philosophischen Gedanken rund um Arschlöcher geplagt Die Autorinnen saßen auf der Studiocouch und versuchten krampfhaft die Frage zu beantworten, warum man so ein Buch braucht. Die Antwort sind sie schuldig geblieben. Und wahrscheinlich setzten deshalb meine Überlegungen ein.

Ich denke an unseren Nachbarn. Unser Nachbar ist definitiv ein Arschloch. Das kann ich mit Sicherheit behaupten, weil er schon lange bevor ich in den Hühnerstall zog, von meinem Schwiegervater und danach auch von seinem Sohn so genannt wurde. Es hieß immer: „Arschloch tut dies, tut das, tut jenes…“ Und wer einmal in unserer Küche war aus unserem Fenster geschaut hat und die Mauer und die Aussicht gesehen bzw. nicht gesehen hat, wird stark an Bilder aus Berlin 1961 erinnert. Was ein Arschloch! denke ich also, wenn der Typ mir begegnet. Mit weiteren Beispielen ließe sich diese Aussage noch problemlos zementieren.

Doch, dass eine Mauer, unser Grundstück begrenzt, ist nicht alleine die Schuld vom „Arschloch“. Auch der Opa vom Hahn hat daran seinen Anteil. Der hat sich seinerzeit nämlich ziemlich dämlich, wenn nicht sogar wie ein Arschloch verhalten.

Bleibt die Frage, woran man ein Arschloch erkennt? Ich behaupte, es gibt keine Kriterien, um DAS Arschloch zu erkennen; es gibt davon auch sicherlich verschiedene Arten. Und vielleicht ist jemand, der sich mir gegenüber wie ein Arschloch verhält, für euch noch lange kein Arschloch? Das ist reine Eigendefinition.

Ich gehe noch weiter und behaupte: Wir alle sind Arschlöcher! Oder zumindest verhalten wir uns hin und wieder wie eines. Und auch wenn mir jetzt absolut nichts einfällt, dass ich mich diese Woche irgendwie wie ein Arschloch verhalten habe, könnte es aber doch sein, dass es meine Umgebung nicht so sieht.

Was ist z.B. mit der Kundencenter-Mitarbeiterin von meiner Bank, die mitten in meinem Vortrag, den ich ihr gehalten habe, den Hörer aufgelegt hat? Warum hat sie das wohl gemacht?
Also gut, ich gebe es zu, ich habe mich wie ein Arschloch verhalten, an diesem Tag, bei diesem Gespräch. Aber nur, weil sich meine Kundenberaterin bei der Bank auch wie eines verhalten hat.
Blicken wir mal zurück auf meine Arschlöcher der letzten Woche:
- Biolehrerin von K2
- Englischlehrerin von K1
- ein bestimmter Kollege im Büro (den könnte ich jede Woche nominieren)
- und schließlich der Straßenverkehr. Der ist voll mit Arschlöchern!

Wenn ich jetzt genau überlege, hatte ich ja noch mal Glück: Es hätten noch mehr Arschlöcher sein können, oder? Und ein richtig großes war auch nicht dabei!



Rufen Sie uns nicht an!

RTL hat kürzlich behauptet, dass kaum noch jemand Lust hätte zu telefonieren. Vielmehr würde man SMS oder über Whatsapp Nachrichten verschicken. Betrachte ich K1 stimme ich dieser Beobachtung auf jeden Fall zu und ergänze als Mittel für die Kontaktaufnahme mit den Freunden noch den FB Messenger.

Bei mir verhält es sich etwas anders. Ich nutze hin und wieder doch noch gerne das Telefon, meistens deshalb, weil es mir zu umständlich ist, alles aufzuschreiben oder weil ich vom Adressaten sofort eine Antwort haben möchte.

Doch nun zeigt es sich, dass das Telefonieren immer komplizierter wird. Beispiel: Meine Bank. Es gelingt weder mir noch einem anderem Kunden, den persönlichen Kundenberater ans Telefon zu bekommen. Der sogenannte „telefonische Kundendienst“ ist immer vorgeschaltet. Der funktioniert als eine Art Türsteher – du kommst hier nicht rein – und lässt sich nur nach sehr langer Überzeugungsarbeit darauf ein, den Anrufer durchzustellen. Komischerweise ist der Kundenberater aber NIE erreichbar, und nach zehn Minuten Mund fusselig reden, bleibt einem nichts anderes als eine Rückrufbitte zu hinterlassen, und auf die kann man warten.

Nun bekam ich jüngst ein Schreiben meiner Bank, dass eine online Überweisung zurückgebucht wurde, weil ich die BLZ und/oder Kontonummer falsch angegeben hätte. Sehr ärgerlich, da es sich hierbei um eine superdringende Überweisung handelte. Ich beschloss beim Telefonbanking anzurufen, welches ebenfalls über die Telefonnummer der Filiale über die „Türsteher“ zu erreichen ist.

Auf besagtem Schreiben fand ich allerdings eine neue Festnetznummer des Kundendienstes und beschloss diese auszuprobieren.
Und siehe da, ich bekam eine weibliche Computerstimme an den Apparat.
„Herzlich Willkommen… Gehören Sie bereits zu unseren Kunden? Sagen Sie bitte ‚Service‘! Sind Sie noch …“
Ich: ???
„Es tut mir leid, ich habe nichts hören können.“
Ich hatte ja auch nichts gesagt. Ich will nicht sprechen; zumindest nicht mit einem Computer. Ich nutze das Telefon, um schnell zur erwünschten Auskunft zu kommen. Das hier war eine Kundenfernhaltetechnik. RTL hatte Recht, keiner will mehr telefonieren...
Ich möchte jetzt lieber eine Ziffer drücken, 1, 2 oder was auch immer.
„Sind Sie bereits Kunde …?“
Kann ein Computer ungeduldig klingen?
„Ich habe schon wieder nichts gehört!“
Ja, ein Computer kann ungeduldig klingen. Ich höre förmlich, wie „sie“ mit dem Fuß aufstampft.
„Sind Sie bereits Kunde? Sagen Sie bitte ‚Service‘ oder drücken Sie die 1“.
Gewonnen, gewonnen!!! Ich tippe die 1.
„Bitte geben Sie nun ihre dreistellige Filialnummer ein! …“
Na also, „sie“ hatte es verstanden, ich durfte eintippen. Was „sie“ nicht verstanden hatte, dass ich nun endlich meine Frage loswerden wollte. Doch ich kam nicht dazu, ich wurde aufgefordert meine Kontonummer und die Ziffern 2 und 5 meiner Telefonpin anzugeben.
Klar, die hatte ich mir ja auch parat gelegt (natürlich nicht). Die Stimme wird ungeduldig (wo bleibt die Pin?); ich auch.
Scheiße, ich will jetzt endlich den Service - den, der den Namen auch verdient.

Ich habe so eine Vermutung, was meine Pin angeht und tippe zwei Ziffern. Sie waren offensichtlich richtig, denn:
„Ihr Kontostand beträgt …“
Jetzt kann ich mich nicht mehr zurückhalten.
„Ich will endlich den Kundenservice!!!!!“, schreie ich in den Telefonhörer.
„Sie müssen nicht so schreien. Ich kann sie sehr gut hören!“, schallt es zurück. Der ‚echte‘ Kundenservice ist nun dran …



Dicke Augen

Es ist halb sieben. Ich stehe im Hühnerstallbad, schaue in den Spiegel, und mich trifft der Schlag. Und dann denke ich an Gurkenscheiben. Gurkenscheiben sind wahrscheinlich die einzigen, die gegen diese total verquollenen Augen, die mir aus dem Spiegel entgegenblicken, noch helfen können. Ich sehe aus, als hätte ich sonst was angestellt. Als hätte ich

  • mich am Vorabend dem Alkohol hingegeben

  • eine Party bis spät in die Nacht gefeiert

  • einen traurigen Film geschaut

  • vorm Einschlafen wie ein Schlosshund geheult

  • überhaupt nicht geschlafen

Doch nichts davon trifft zu. Es liegt offensichtlich auch nicht an mir. Vielleicht an den Sternen? Venus kreuzt Mars im 2. Segment der nordöstlichen Tangente und streift unter Jupitereinfluss den dritten Mond, oder so. Kann ja sein. Wahrscheinlicher ist, dass es sich um eine Alterserscheinung handelt

Diese Vermutung wird bestätigt, als ich kurze Zeit später im Büro mich einer gleichaltrigen Kollegin gegenüber sehe. Auch die sieht irgendwie komisch aus, müde und verquollen. Sie muss meine prüfenden Blick gespürt haben, denn sie fragt: „Was ist?“
„Irgendwie sehen Sie heute anders aus!?“ Ja, ich kann auch taktvoll sein, wenn ich will.
Die Kollegin strahlt mich an. „Ja, ich war gestern beim Friseur.“
Und jetzt sehe ich, was los ist: Sie hat einen Pony geschnitten bekommen – es sieht einfach nur scheiße aus. Ich ringe nach Worten, weil ich von meinem Gegenüber erwartungsvoll angeschaut werde.
„Ja, doch… Ist noch ein bisschen ungewohnt, aber… Hatten Sie sonst nicht immer einen Pferdeschwanz?“ Mir fällt nix mehr ein. Die Kollegin nimmt den Faden auf und erzählt von ihrer Frisur. Ich sage lieber nichts mehr und starre sie auch nicht an. Statt über Frisuren hätte ich mich allerdings lieber über Maßnahmen gegen dicke Augen unterhalten. Aber ich will nicht undankbar sein, die Kollegin hat ein viel Größeres Problem. Und während sie vom Vorteil ihrer neuen Frisur spricht, lege ich mir einen Einkaufszettel an.



Totenstille

Alle, die schon länger den Hühnerstall kennen, wissen,

  1. dass mir sehr an einem guten Schlaf gelegen ist

  2. dass der Hahn aber schnarcht und

  3. dass ich dann gerne recht ungehalten werde

Ich muss aber zugeben, dass es viel besser geworden ist mit der Schnarcherei, seitdem (und jetzt alle Leidtragenden aufgepasst) der Hahn ins Fitnessstudio geht. Oh, ja!!! Was so ein paar Gramm weniger auf den Rippen doch ausmachen können.

Trotzdem kann es passieren, dass der gute Mann im Bett und hin und wieder auf den Rücken kullert und dann doch geschnarcht wird. Das nervt tierisch, vor allem, weil es in den frühen Morgenstunden passiert und ich dann nur sehr schwer wieder einschlafe.

Meine Vorgehensweise ist in solchen Fällen folgende: Wenn ich noch nicht auf dem Bauch liege, rolle ich mich dementsprechend herum. Dann schiebe ich den rechten Arm auf der Matratze entlang, unter dem Zweitkissen neben mir hindurch, rüber zu seinem Kissen, bis ich dieses zu fassen bekomme. Dann ruckel ich kräftig daran (so fest es mir in diesem Zustand möglich ist), und der Hahn reagiert darauf und positioniert sich neu. Wenn ich Glück habe, genügt ein Ruckler.

Vorgestern Nacht, habe ich mich nicht an diesen Vorgehensweise gehalten. Offensichtlich schlief ein Teil von mir noch. Ich griff mit der rechten Hand rüber, bekam aber sein Kopfkissen nicht zu fassen, sondern griff in irgendetwas Weiches. Ich erschreckte mich total und zog meine Hand blitzschnell zurück, einen Aufschrei unterdrückend. Bäääh, was war das denn?

Der Hahn hatte sofort aufgehört zu schnarchen. Ich lauschte ins Dunkel, ob es zu irgendwelchen Unmutsgrunzern kommen würde. Doch es blieb still. Totenstill. Der Hahn hatte nicht nur aufgehört zu schnarchen; er hatte offensichtlich mit allem aufgehört. Ich hörte ihn nicht einmal atmen.
Und nun, Hühnchen? Offensichtlich hast du ihn umgebracht! 

Ich lauschte angestrengt, könnte aber überhaupt nichts hören. Jetzt hatte ich den Salat! Wer weiß, was ich ihm angetan hatte. Ich ermahnte mich, nicht mit dem Grübeln anzufangen, sonst wäre es mit dem Schlaf für diese Nacht sicherlich ganz vorbei. Licht einschalten und nachschauen hätte dieselbe Konsequenz für mich. Nein, ich wollte mich dem „Problem“ ausgeschlafen stellen. Sollte er wirklich tot sein, könnte ich ja nun auch nichts mehr daran ändern. Also erst mal weiter schlafen. Dachte ich, drehte mich um, und schlief ein…

Und? Habt ihr was in den Nachrichten gehört oder in der Zeitung gelesen?
Sehr ihr, alles gut!

Und nein, ich habe nicht gefragt, was das Weiches war...



Schlusswort


Das waren sie also die schönsten Hühnerstall-Geschichten aus 2013. Wer mehr von Frau Huhn lesen möchte, den verweise ich auf mein erstes Buch
Weiblicher Alltag
welches (derzeit nur) bei Amazon (auch als Print) verfügbar ist. Dieses Buch enthält weitere heitere Alltagsgeschichten sowie Illustrationen. Außerdem wurde es professionell Korrektur gelesen worden.



Impressum

Tag der Veröffentlichung: 01.02.2014

Alle Rechte vorbehalten

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