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Der putzige Weihnachtself

Endlich Urlaub. Weihnachtsurlaub. Doch von Weihnachtsstimmung war Quinn weit entfernt. Es war bereits Mittag. Der Mittag von Heiligabend. Müde drehte sie den Schlüssel im Schloss um und betrat ihre Wohnung. Sie war kalt. Die letzten Wochen war sie hier praktisch nur zum Schlafen gewesen. Tag und Nacht hatte sie in der Konditorei geschuftet. Vor zwei Jahren hatte sie sich damit selbständig gemacht. Es war ihr großer Traum gewesen. Und als dann dieser kleine gemütliche Laden, an dem sie schon so oft vorbeigegangen war, plötzlich zu vermieten gewesen war, hatte sie einfach zuschlagen müssen. Crumbles stand nun in rosa Schreibschrift über dem großen Rundbogenfenster. Die gemütliche Einrichtung der Vorbesitzer hatte sie ein bisschen aufgemöbelt in Pastelltönen. Die Verkaufstheke wirkte einladend. Außerdem hatte Quinn noch eine kleine Café-Ecke eingerichtet. Die Konditorei war mittlerweile zu einem Geheimtipp in Edinburgh geworden und das Geschäft lief gut. Doch die Selbständigkeit bedeutete gleichzeitig auch viel Arbeit und Verantwortung. Und gerade in den Wochen vor Weihnachten, musste sie Höchstleistung bringen. Sie hatte viele Bestellungen, die sie termingerecht abarbeiten hatte müssen. Dass ihr Mitarbeiter John gerade in der Woche vor Weihnachten auch noch krank werden musste, hatte ihr einiges abverlangt. Doch sie hatte es geschafft. Auch wenn sie jetzt auf dem Zahnfleisch daherkam und sie noch nicht wusste, wie sie etwas Weihnachtsstimmung in ihre Wohnung bekommen sollte. Seit dem frühen Tod ihrer Mutter traf sich die Familie an Weihnachten bei ihr. Ihre Schwester, Schwager und die beiden Nichten, deren Patentante sie war. Außerdem ihr Dad. Eigentlich freute sie sich darauf, sie alle wiederzusehen. Doch sie war so erschöpft von der vielen Arbeit in der Konditorei, dass sie noch keine Ahnung hatte, wie sie das alles hinbekommen sollte. Sie ließ sich auf das gemütliche Sofa in ihrem Wohnzimmer plumpsen, legte ihre Füße auf den Couchtisch und streckte ihre Arme weit von sich. Sie ließ ihren Blick zur Decke gleiten und stöhnte einmal tief durch. Es half nichts. Sie musste sich jetzt zusammenreißen und anfangen, die Wohnung zu putzen. Mühsam rappelte sie sich auf. Gerade als sie sich vom Sofa erheben wollte, fiel jedoch ihr Blick auf eine der Tageszeitungen, die sie schon seit Tagen nicht mehr geschafft hatte zu lesen. Die putzigen Elfen, stand dort mit schnörkeliger Schrift geschrieben. All inclusive Weihnachtsputzservice. Wir kümmern uns um alles, was Sie für ein schönes Weihnachtsfest brauchen. Schneller als Quinn es begriff, hatte ihre Hand bereits die Telefonnummer der Firma in ihr Smartphone getippt. Noch während es klingelte, überlegte sie, ob das ganze nicht eine blöde Idee wäre. Doch da meldete sich bereits am anderen Ende eine angenehme Männerstimme.
„Die putzigen Elfen. Was kann ich für Sie tun?“
„Ähm. Ja. Hier ist Quinn“, stammelte sie unsicher in den Hörer. „Ich bräuchte ein bisschen Hilfe von Ihnen.“
„Kein Problem, Quinn. Bis wann brauchen Sie denn jemanden?“, fragte der Mann am anderen Ende der Leitung.
„Am besten sofort“, stöhnte Quinn in den Hörer und rechnete bereits mit einer Absage, weil sie sicherlich nicht die Einzige war, die an Weihnachten Unterstützung orderte.
„Bis gleich, Quinn“, sagte die angenehme Stimme am anderen Ende der Leitung und das nächste, was sie hörte, war das Tuten, das ihr signalisiert, dass das Gespräch von der Gegenseite beendet worden war.
Enttäuscht schaute sie auf das Display. War das etwa nur eine Witzhotline gewesen, die ihren Kunden durch hohe Telefongebühren, das Geld aus der Tasche zog? Wie wollte die Firma denn jemanden bei ihr vorbei schicken, wenn sie noch nicht mal ihren kompletten Namen und ihre Adresse aufgenommen hatten. Noch bevor sie in Grübeleien fiel, klingelte es an ihrer Wohnungstür. Überrascht rappelte sie sich vom Sofa auf. Wer konnte das nur sein? Langsam schritt sie zur Sprechanlage.
„Wer ist da?“, fragte Quinn in den Hörer.
„Hallo. Ich bin Danny von den putzigen Elfen. Du hast mich bestellt?“, kam es vom anderen Ende der Leitung.
„Ähm. Oh. Ja.“
Schon hatte sie den Türöffner gedrückt und nur wenig später stand ein knuffiger Typ mit lässigen Jeans, einem witzigen Ugly-Christmas-Sweater direkt vor ihr. Auf dem Kopf trug er eine Weihnachtsmütze, deren Zipfelmützenglocken lustig bimmelten. Verlegen schaute Quinn ihm in seine hübschen dunkelblauen Augen.
„Komm doch rein“, bot sie ihm an und er schlüpfte an ihr vorbei in die Wohnung.
Er duftete herrlich nach einem Hauch Lebkuchen.
„Setz dich und ruh dich aus. Du hast schon genug getan. Ich übernehme ab jetzt“, meinte er zu Quinn, die sich nicht lange bitte ließ und zurück aufs Sofa setzte und nicht so recht begreifen konnte, was hier gerade vor sich ging.
Lonely this Christmas von Elvis Presley schallte plötzlich durch Quinns Wohnung. Danny schwang bereits den Staubwedel und zog beschwingt putzend durch die Räume, während Quinn die ganze Situation noch immer nicht richtig begreifen konnte. In Windeseile verwandelte Danny die Wohnung in eine Wohlfühloase.
„Ganz schön warm hier“, meinte er zu Quinn, während er mit dem Staubsauger unter ihren Füßen saugte.
Keine Ahnung, was in Quinn gefahren war, als sie sich aufrichtete und ganz nah vor Danny trat. Die beiden sahen sich kurz in die Augen, dann befreite sie ihn von seinem Ugly-Christmas-Sweater. Sein Körper strömte eine angenehme Wärme ab, was ein wohliges Kribbeln in Quinn auslöste.
„Jetzt ist mir noch heißer“, stöhnte Danny leise zu Quinn, die daraufhin vorsichtig die Knöpfe seiner Jeans öffnete, bis er nur noch in seinen roten Weihnachtsboxershorts vor ihr stand.
Ein spürbares Knistern herrschte kurzzeitig zwischen den beiden. Quinn umschlang mit ihren Händen seine Hüften und er die ihren. Langsam wiegten sie sich zum Takt der Weihnachtsmusik.
„Ich hab noch ein Überraschungsgeschenk für dich“, flüsterte Danny in Quinns Ohr.
„Welches denn?“, wollte sie neugierig von ihm wissen, während ihre Augen halbgeöffnet waren und sich ihre Lippen bereits viel zu nah waren.
„Du musst dich umdrehen“, meinte er leise zu ihr.
Sie löste sich leicht aus seiner Umarmung und wendete ihren Kopf. Ein kleiner, lustig geschmückter Christbaum mit bunten Lichtern stand am Fenster. Wann hatte er das denn gemacht? Quinn war völlig überwältigt. Gerade wollte sie sich wieder zu ihm drehen. Doch Danny war verschwunden. Noch während sie sich fragte, wo er war, zerplatze der kleine Weihnachtsbaum vor ihr wie eine Seifenblase und mit ihm ihr schöner Traum. Sie musste so erschöpft gewesen sein, dass sie auf dem Sofa eingeschlafen war. Verträumt schaute sie auf die Stelle, an der sie gerade noch mit Danny gestanden war. Dann streckte sie sich genüsslich. Der kleine Tagtraum hatte ihr gutgetan. Sie fühlte sich auf einmal herrlich entspannt und die Aussicht, ihre Wohnung für Weihnachten zu putzen, fand sie gar nicht mehr so schlimm.

 

Impressum

Texte: Coco Eberhardt
Bildmaterialien: Coreb
Cover: Coreb
Lektorat: Coreb
Korrektorat: Coreb
Übersetzung: Coreb
Tag der Veröffentlichung: 24.12.2024

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind rein zufällig.

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