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Kinder an die Macht

Wann ist man eigentlich erwachsen? Ich dachte immer, erwachsen ist man, wenn man aus dem Elternhaus ausgezogen ist und einen Job hat. Aber spätestens, wenn man dann verheiratet ist, sollte man wirklich erwachsen sein. Oder doch eher, wenn man eigene Kinder hat? Mit vierzig wird der Schwabe gescheit, und wenn er es bis dahin nicht ist, wird er es nicht mehr. Vielleicht hat es aber doch noch Zeit bis zur Rente. Didi Hallervorden ist mittlerweile 86 und blödelt immer noch wie ein 16-Jähriger. Es scheint, als würde der Mensch nie erwachsen werden.

Kleider machen Leute. Doch wer würde vermuten, dass der seriöse Kreditberater der Sparkasse mit Anzug und Krawatte abends mit seiner Carrera-Bahn spielt. Und so mancher Greis lässt an einem verregneten Sonntagnachmittag seine Modelleisenbahn im Keller kreisen. Auch Frauen besitzen manchmal erst als Erwachsene die Puppenstube, von der sie als Kind nur immer geträumt haben. Spielzeughersteller haben diese infantile Schwäche schon längst erkannt. So produzieren beispielsweise Lego und Playmobil längst nicht mehr nur für Kinder. Ihre Kundschaft ist den Kinderschuhen entwachsen. Beatles-Bausätze und der Aston Martin von James Bond im Spielzeugformat lässt sich für gutes Geld verkaufen. Es scheint, als wären wir alle die Protagonisten eines HARIBO-Werbespots. Kinder, gefangen im Körper von Erwachsenen.

Kinder an die Macht, forderte Herbert Grönemeyer in seinem bereits 1986 erschienen Hit. Tatsächlich frage ich mich manchmal, ob Kinder in der Politik nicht das kleinere Übel wären. Mehr Schaden als unseren gewählten Volksvertreter, die uns reihenweise ihre dürftige Reife mit erkauften und erschlichenen Doktortiteln weismachen wollen, könnten Kinder auch nicht anrichten. Der Bundestag ist mittlerweile eh zu einer Villa Kunterbunt verkommen, in der jeder macht, was er will. Bei der für unser Land und Leute so wichtigen Abstimmung am 25.08.2021 zur epidemischen Lage nationaler Tragweite, waren von 709 Abgeordneten 127 offensichtlich gar nicht erst erschienen. Das sind fast 18% und entspricht damit einer Inzidenz von 17.913. Wer dann doch mal kommt, bekommt ein gratis Kasperle-Theater geboten. Bundeskanzlerkandidat Scholz von der SPD macht sich schon in die Hosen, wenn die AfD mal eine Frage an ihn hat (siehe Video ab Minute 13). Schlimmer geht’s in der Kita wahrlich auch nicht zu.

Mit einem gepuderten Hintern und einem gehäkelten Sorgenfresser wäre klein Olaf dort in der Puppenecke wohl wesentlich besser aufgehoben, während das Marggusle dem Armin in der Bauecke mit dem Holzhammer eine überbrät, bis der Fritz das Marggusle an den Haaren zieht. Beleidigt verzieht der sich dann mit seiner Star-Wars-Tasse in die bayerische Essecke zu Weißwurst und Weißbier. Annalenchen turnt derweil fröhlich auf dem Trampolin, während Robert zuschaut, wie es sie beim Salto mit dem Gesicht voran auf den grünen Rasen brezelt. Das Hubertle steht vor dem verschlossenen Eingangstor der Kita. Er will auch da rein. Darf er aber nicht. Er liegt noch unter der 5%-Hürde und außerdem gilt 2G. Großkopfert und gekauft. Alice steht in der rechten Zimmerecke. Keiner will mir ihr reden, weil sie immer unangenehme Fragen stellt. Und der Christian ist irgendwo dazwischen und schaut, dass seine gelbe Warnweste keine Flecken abbekommt.

Die Welt ist eben doch nichts weiter als ein überdimensionierter Kindergarten. So, nun ist aber Schluss, ich muss dringend los, die Schaukel wird gerade frei.

Impressum

Texte: Coco Eberhardt
Lektorat: Coco Eberhardt
Korrektorat: Coco Eberhardt
Tag der Veröffentlichung: 12.09.2021

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Wer sich nicht ab und zu völlig kindisch verhält, ist nicht erwachsen, sondern tot. (Unbekannt)

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