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Die Bombe

Mit Gründlichkeit untersucht Wilhelm Brunner den Tatort. Wie immer, denn die Gründlichkeit ist sein Aushängeschild. Oft nervt er damit seine Kollegen, allerdings ist er der Chef von der Kripo und somit interessiert es ihn nicht. Die Bombe, die hier hochging, war nicht so groß, wie der Schaden, den sie anrichtete. Sie war in einem Brief versteckt gewesen und obwohl so klein, hatte der Empfänger leider nicht nur seinen Arm eingebüßt, sondern war am Tatort verblutet. Brunner hatte sofort eine Sonderkommission gegründet, auch das wie immer. Zwei seiner Mitarbeiter kamen aus dem Urlaub zurück, und drei andere mussten ihre freien Tage verschieben. Sein Stellvertreter war Schuster, auf ihn konnte er sich verlassen. Aber der war auch der Einzige. Alle anderen musste er ständig in den Arsch treten. Schuster war schon fast wie er, gründlich. Das ist halt so bei der Kripo und er macht da nie eine Ausnahme, denn Gründlichkeit ist sein Aushängeschild.

Nun, drei Wochen später, ist der Täter gefasst. Es war ein ehemaliger Angestellter, der sich rächen wollte. Die Rache war ihm gelungen und er saß nun wegen Mordes ein.

Gründlich hatten alle recherchiert, ohne Pausen gearbeitet, Brunner auch. Er war bekannt für seine Gründlichkeit. Als Brunner die Akte schloss und für die Weiterleitung an den Staatsanwalt in einen Umschlag steckte, klingelte sein Telefon.
„Hm, hm …..hm…..ja, hm….ich komme vorbei!“

Brunners Stimme hatte alle Dynamik verloren und klang eher leise und verloren. Er hatte nie mit einer Diagnose gerechnet, erst recht nicht mit einer solchen. Die Untersuchung war vor Monaten gewesen, ja fast vor einem halben Jahr. Nun tickte eine Bombe in ihm und das Ticken war nicht mehr zu überhören. Es war so laut mit einem Mal, dass Brunner Kopfschmerzen bekam. Wäre er doch gründlicher gewesen auch für sich……

Der Winter ist vorbei und die ersten Frühlingsblumen sprießen auf Brunners Grab. Schuster sortiert noch hier und das die kleinen Blättchen, gründlich. Brunner hatte keine Familie, keine Zeit. Nur Schuster kommt regelmäßig, denn Gründlichkeit muss auch auf dem Friedhof sein. Er klopft einen Rest Erde von den Fingern und steht auf.

„Tja, Chef, dann mache es mal gut. Ich habe nicht so viel Zeit. Ich bin jetzt Chef der Kripo, und wir haben einige neue Fälle, die ich sehr gründlich untersuchen lassen muss. Du kennst das ja. Man hat keine Zeit mehr, aber die Gründlichkeit geht nun mal vor.“



Mit eiligen Schritten verlässt Schuster den Friedhof.

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Tag der Veröffentlichung: 11.08.2009

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