Cover

Verständnis und Verständigung

 

 

Warum wir die alten Dichter und Denker nicht mehr kennen

 

 

Wer sich intensiv mit dem Thema auseinandersetzt, warum wir die alten Dichter und Denker nicht mehr kennen, kommt zwangsläufig zu der Erkenntnis: Wir verstehen nicht, was sie uns sagen wollen, weil wir ihre Sprache nicht verstehen.

Wir kennen die Werke der Autoren, welche doch eigentlich unsere Muttersprache verwenden, nicht deshalb nicht mehr, weil das Verständnis für den Inhalt fehlt, sondern weil es am sprachlichen Verstehen mangelt.

Fragt man jedoch junge Leute, ob sie " Stolz und Vorurteil" von Jane Austen kennen, werden wir sicher einige finden, die sagen werden "Ja, natürlich. Finde ich toll!". Aber woran liegt das? Jane Austen ist doch auch nicht aus unserem Jahrhundert? Die einfache Antwort auf diese Frage lautet: Es liegt an der Übersetzung der Bücher.

Bücher aus einem anderen Sprachraum müssen in der Regel übersetzt werden, damit wir sie lesen können. Dabei können diese Werke nicht eins zu eins übernommen werden, weil z.B. der Satzbau anders ist. Eine Übersetzung wird dadurch immer zu einer Interpretation des vorliegenden Werkes. Interpretationen eines literarischen Werkes können aber vollkommen verschieden ausfallen. Nehmen wir wieder "Stolz und Vorurteil": Liest man eine Übersetzung aus der Zeit des 19. Jahrhunderts und vergleicht diese mit einer Übersetzung des 20. Jahrhunderts, werden uns immer wieder Unterschiede in der Ausdrucksweise auffallen. Der Inhalt bleibt der Gleiche, aber das Verstehen des Inhaltes ist unterschiedlich. Ich persönlich, ziehe die Übersetzung des 20. Jahrhunderts vor, was wohl daran liegt, dass ich einen Teil meines Lebens in diesem Jahrhundert verbracht habe. Sprache entwickelt und verändert sich. Mit der Zeit werden die Veränderungen so groß, dass wir eigentlich die Werke früherer Zeiten in die Sprache der Neuzeit übersetzen müssten, es aber nicht tun, weil sie von Personen des gleichen Sprachraums verfasst wurden. Und genau darin liegt das Problem. Dem Theaterschaffenden und den Regisseuren von Filmen gestehen wir zu, vorhandene literarische Werke neu zu interpretieren und finden das auch noch gut. Im Schrifttum geschieht dies nicht und wir quälen uns durch überalterte Ausdrucksweisen und Begriffe, die wir schon längst nicht mehr verwenden. Genau dieses Festhalten am originalen Text ist es, was dem Interesse an alten Schriften im allgemeinen entgegensteht. In den Schulen wird versucht, uns diese Schriften näher zu bringen, weil sie zum kulturelle Erbe zählen. Doch das reine Lesen des Schrifttums führt meist noch nicht zum Verständnis, sondern erst die Interpretation, und das damit verbundene bewusste Übersetzen des Inhaltes in die Sprache der Neuzeit, ermöglicht uns das wirkliche Verstehen des Inhaltes. Doch wenn wir ehrlich mit uns sind, tun wir so etwas nur selten außerhalb des Schulalltages, weil es viel Zeit und Energie benötigt.

Daher greifen wir gern zu Literatur, die wir auf Anhieb verstehen.

Es ist nicht unbedingt die Ignoranz der Menschen, die das Alte vergessen lässt.

Fehlende Verständigungsmöglichkeiten mit früheren Generationen, führen zu fehlendem Verständnis. Fehlendes Verständnis führt am Ende auch zum Vergessen.

Auf die Frage "Kennen Sie…..?" erhalten wir oft die Antwort "Hab schon mal davon gehört. Ist aber nichts für mich. Nicht meine Welt."

Und irgendwann lautet die Antwort "Kenn ich nicht. Wer ist das?"

Fragen wir jedoch nach einer Verfilmung eines solchen, zum Kulturerbe gehörenden literarischen Werkes, wird die Antwort viel häufiger lauten "Klar, kenn ich! Ist wirklich gut!". Warum? Weil es in eine, für viele Menschen verständliche Form "übersetzt" wurde.

In diesem Sinne ….

 

 

 

 

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 16.05.2019

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /