Oh, keine Angst! Von Pädophilie ist hier weiß Gott nicht die Rede. Ganz im Gegenteil.
Meine beiden Kinder haben die Liebe – ich meine natürlich, die körperliche Liebe, nicht etwa die elterliche – sogar ungewöhnlich spät kennengelernt: Mira, die ältere, mit 26, Hugo, der jüngere, soviel ich weiß, gar erst mit 29 Jahren. Und bei beiden – richtig muss es natürlich heißen: bei allen vieren; denn die jeweiligen Partner, meine „Schwiegerkinder“, sind jetzt gefühlsmäßig auch meine Kinder – bei allen vieren also war’s, behaupten sie übereinstimmend, Liebe auf den ersten Blick.
Ja, das Liebesglück hat sich bei Mira und Hugo erst reichlich spät eingestellt, gerade im Gegensatz zu mir, ihrem Papa Heinz, oder zu ihren Müttern.
Sie haben nämlich nicht dieselbe Mutter. Miras Mutter heißt Isabella Hinterhuber. Hugos Mutter, eine gebürtige Französin, heißt Juliette Leroy. Isabellas Tochter Mira wurde 1956 geboren, Juliettes Sohn Hugo 1964. Diese zwei sind also die Hauptpersonen in diesem Bericht. Ich bin nur der Berichterstatter.
Bevor ein Kind geboren wird, muss es erst einmal gezeugt werden. Doch in den Lebensläufen der Menschen, sogar in den Biographien der größten Berühmtheiten, wird immer nur die Geburt erwähnt. Gelebt haben sie aber natürlich schon vor der Geburt. Wann und wie die Zeugung vor sich ging, wird regelmäßig totgeschwiegen. Ausnahmen gibt es. Aber die kann man an den Fingern einer Hand abzählen. Eine dieser Ausnahmen ist zum Beispiel die Zeugung Alexanders des Großen. Geboren wurde er am 20. Juli 356 vor Christus. Seine Mutter hieß Olympias. Und die wurde neun Monate davor, das heißt also, rund um den 20. April 356 vor Christus, des Nachts von einer riesigen Schlange geschwängert, in die sich der ägyptische Hauptgott Zeus Ammon (Amun) verwandelt hatte. (Wenn’s stimmt.) Jedenfalls verehrte ihn Alexander sein ganzes Leben lang als seinen leiblichen Vater.
Miras Zeugung, das muss ich zugeben, war nicht ganz so spektakulär. Aber sie war ungewöhnlich genug. Vor allem, wenn man bedenkt, dass ich damals noch keine fünfzehn Jahre alt war. Und das in den prüden Fünfzigerjahren! Noch dazu war ich selber furchtbar schüchtern und, wie damals allgemein üblich, total unaufgeklärt, lebte also praktisch noch quasi hinterm Mond. Ich hatte zum Beispiel auch null Ahnung davon, wo die Babys herkommen oder wie sie überhaupt entstehen – wohlgemerkt, mit vierzehn Jahren. Ich wusste nur: Die Kinder bringt der Storch. Somit bestand für mich also keinerlei Gefahr, einen moralischen Fehltritt zu begehen. Sollte man glauben.
Ich lebte damals in Melk an der angeblich schönen blauen Donau im Kreise einer kinderreichen Familie und besuchte das humanistische (altsprachliche) Gymnasium in dem berühmten Benediktinerstift, das auf einem hohen Felsen über der Stadt thront.
Eines schönen und heißen Sommertages – wir schrieben 1955 – radelte ich, wie schon oft, mit meinen Geschwistern an den Donaustrand, um zu baden. Ein Schwimmbad gab es damals in Melk noch nicht.
Ich sonnte mich gerade am Ufer im Gras, da erlebte ich eine Riesenüberraschung. Bewaffnet mit einer Luftmatratze, stand unverhofft meine Schwester Isabella vor mir – sie war zwei Jahre älter als ich – und begann, schüchtern genug: „Du, Heinzi, wärst du eventuell so nett, mich ein Stückerl auf der Donau zu begleiten und die Luftmatratze zu steuern? Weißt du, ich würde mich derweil auf ihr sonnen lassen. Das wäre für mich ein tolles Vergnügen. Auf einem See geht das ja ohne weiteres. In einem Fluss nicht. Da braucht man einen Helfer. Hm, Heinzi? Möchtest du mein Helfer sein?“
„O ja, selbstverständlich, sehr gern“, stammelte ich verdattert und sprang auf.
„Oh, ein echter Kavalier“, erwiderte sie und schenkte mir ein verführerisches Lächeln. „So was hat man gern als Frau.“
Darauf sagte ich gar nichts mehr, fühlte mich aber irrsinnig geschmeichelt, noch dazu aus dem Mund der Isabella, für die ich bisher doch nur ein etwas zu groß geratenes Baby gewesen war.
An dieser Stelle sollte ich etwas erklären. Isabella ist nicht meine leibliche Schwester. Sie ist meine Pflegeschwester. Mein eigener Vater ist im Krieg gefallen, und meine Mutter von einem russischen Besatzungssoldaten erschossen worden. Sie hat sich offenbar gar zu heftig gewehrt, als er sie vergewaltigen wollte. Und da nahm mich ein mitfühlendes Ehepaar in Melk als Pflegekind auf.
Gemeinsam stiegen wir, Isabella und ich, die Uferböschung hinunter. Ich deponierte die Luftmatratze im Wasser und hielt sie fest. Isabella legte sich darauf. Schwimmend bugsierte ich die Luftmatratze mit ihrer sehenswerten Fracht ins tiefe Wasser, indem ich mit der einen Hand die Luftmatratze selbst festhielt und die andere Hand, zwar zögernd, weil ich mir dergleichen noch nie erlaubt hatte, auf Isabellas wohlgeformten und überraschend weichen Oberschenkel legte. Dessen Weichheit war für mich tatsächlich unerwartet, überraschend. Zugleich erregend.
Aber natürlich befürchtete ich anfangs, dass Isabella gegen einen solchen Übergriff Einspruch erheben würde. Ich dachte ja, Frauen verabscheuen, abgesehen vom Händeschütteln, jede körperliche Berührung, zumal auf so intimen und normalerweise schamhaft verhüllten Körperteilen wie den Oberschenkeln. So war es uns vom Pater Benedikt, unserem Religionsprofessor, über die Jahre hinweg eingebläut worden. Und so verhielten sich auch die Frauen selbst, etwa wenn sie sich niedersetzten und ihr Rock oder ihr Kleid dabei ein kleines Stückchen übers Knie hinaufrutschte. Da kannten sie nichts Eiligeres, als dieses peinliche Malheur schleunigst wiedergutzumachen. Aber nein, Isabella ließ es sich ohne Widerrede gefallen. Wahrscheinlich war ihr klar, dass dies nur ihrer Sicherheit diente.
Sobald ich mit ihr so weit hinausgeschwommen war, dass wir an dem flussabwärts gelegenen Ponton, an dem die Rollfähre anlegte, und einem weiteren Ponton, an dem die Ausflugsschiffe anlegten, leicht vorbeikamen, überließ ich mich und damit die Luftmatratze der Strömung und genoss im Übrigen die ungewohnte Berührung eines so intimen weiblichen Körperteils wie des Oberschenkels. Und Isabella genoss es offensichtlich, wohlbehütet auf einer Luftmatratze dahinzutreiben und sich währenddessen von der Sonne küssen zu lassen. Ob sie auch die Berührung meiner Hand genoss – wer weiß? Und ob sie davon träumte, sich nicht nur von der Sonne, sondern auch von meinen Lippen küssen zu lassen – wer weiß?
Ja, solche utopischen Phantasien gingen mir damals durch den Kopf, wachgerufen vermutlich durch die für mich so neuartige Situation, hautnah mit einer begehrenswerten und halbnackten Frau zusammen zu sein.
Nur, allzu weit durften wir uns klarerweise nicht abtreiben lassen. Die Donau hat eine enorm starke Strömung. Irgendwann müssen wir wieder zurück.
„Ist es recht, wenn wir hier in der Au wieder an Land gehen?“, sagte ich und wartete Isabellas Antwort gar nicht erst ab, sondern steuerte unverzagt das Ufer an. Und natürlich war Isabella einverstanden. Sie wusste selbst, dass gegen die Strömung der Donau auch der beste und stärkste Schwimmer nicht ankäme.
Die Stelle, wo wir an Land gingen, war, wie gesagt, die Au, genauer gesagt, ein Teil der Auwälder, die oberhalb und unterhalb von Melk die Donau auf etliche Kilometer begleiten und die Stadt von ihr trennen.
Am Ufer angelangt, suchte sich Isabella einen schönen und für eine Luftmatratze geeigneten Liegeplatz im Halbschatten der Bäume und Sträucher und legte sich wieder darauf, um ihre viel zu früh unterbrochene Siesta hier fortzusetzen, aber nicht, ohne sich zuvor bei mir für meine Dienste anständig zu bedanken.
„Danke, lieber Heinzi, mein großer Kavalier“, hauchte sie, warf ihre Arme um meinen Hals, presste sich an mich und schenkte mir einen so süßen Kuss, dass mein Herz augenblicklich um vieles schneller schlug und mein ganzer Körper kribbelte. Und lud mich ein, mich zu ihr auf die Matratze zu setzen und mein Streicheln fortzusetzen.
Mein Streicheln? Habe ich sie denn gestreichelt, fragte ich mich, ließ es mir aber nicht zweimal sagen. Streicheln ist unendlich mehr als nur Berühren. Und das Streicheln ihrer weichen Schenkel, ihrer nackten Haut, erregte mich nicht nur, weil ja eigentlich unsittlich und daher strengstens verboten. Darüber hinaus empfand ich es als unerhört erotisch und als echte Sensation. Noch dazu war ihre Haut warm, meine Hände dagegen nass und kalt. Daher fragte ich zur Sicherheit: „Meine Hände sind ja nass. Macht dir das gar nichts aus?“
„Du, im Gegenteil. Sie sind angenehm kühl. Und im Nu wirst du wieder trocken sein. Außer unter der Badehose. Heinzi, weißt du was? Du solltest sie ausziehen, deine nasse Badehose, sonst verkühlst du dich noch.“
„Ausziehen? Die Badehose? Aber das geht doch nicht.“
„Wieso soll das nicht gehen?“
Über eine solche Frage konnte ich nur staunen. „Na ja, weil ich dann ja nackert bin.“
„Ach so, und ich nicht. Und da musst du dich schämen. Klar. Was machen wir denn da?“
Ich konnte nur verlegen grinsen und mit der Schulter zucken. Noch dazu spürte ich, wie mein Schwanz – so sagten meine Freunde; die Eltern nannten diesen Körperteil Lulu oder Zumpferl; klingt vermutlich weniger unkeusch – also, ich spürte, wie mein Schwanz auf einmal groß und steif war wie manchmal des Nachts, wenn ich nach einem schönen Traum aufwachte, und das Nachthemd war nass. Und die Badehose blähte sich auf und zwängte den Schwanz ein.
(Erst viel später wurde mir zu meiner Überraschung klar, dass der Ausdruck Schwanz für das männliche Geschlechtsorgan schon durch Goethe sozusagen geadelt war.)
„Ich will aber nicht, dass du dich wegen mir verkühlst“, verkündete Isabella, verführerisch lächelnd. „Schließlich sind wir hier fast im Schatten. Na, da gibt’s nur eins. Ich werde mich halt auch ausziehen. Sonst verkühl ich mich ja auch noch.“
Sprach’s und streifte sich ungeniert ihren Badeanzug ab. Und bot mir ihren aphrodisischen, von glitzernden Wassertropfen beperlten Körper – die jugendlich hohen Brüste, die herrlich schlanken und doch vollen Schenkel, das sie krönende Haardreieck (bei dem allerdings zu meiner Verblüffung irgendetwas fehlte) – alle diese verbotenen, geheimen weiblichen Körperteile bot sie mir völlig unverhüllt dar.
Einen solchen Anblick hatte ich noch nie erlebt. Ich bekam richtige Stielaugen, ja sie fielen mir fast aus dem Kopf, und die Badehose wurde mir noch enger. Und trotzdem wagte ich‘s noch immer nicht, sie mir auszuziehen.
Da musste offenbar Isabella selbst Hand anlegen.
Also: Isabella legte Hand an und versuchte mir die Badehose abzustreifen. Regelrecht verzaubert von der überwältigenden, unbeschreiblichen Faszination, die von ihr, ihrem Lächeln, ihrem nackten Körper ausging, kam ich ihr sogar entgegen und hob meinen Podex ein Stückchen an. (Podex: dieses schöne lateinische Wort kannte ich aber nicht aus dem Lateinunterricht.) Trotzdem tat sie sich enorm schwer mit dieser selbstgewählten Aufgabe, und nicht nur weil die Badehose tropfnass war.
Doch kaum war ihr dieses Werk gelungen, wandte sie ihre Aufmerksamkeit zu meinem Entsetzen auch schon meiner Erektion zu und rief angemessen leise aus: „Oh, oh, oh! Was hast du denn da? Darf man dieses Ding berühren auch?“
Ihre Frage konnte ich nicht beantworten. Vor Verblüffung brachte ich keinen Ton heraus. Und Isabella berührte „dieses Ding“ tatsächlich nicht. Stattdessen sagte sie: „Du, Heinzilein, weißt du was? Wenn du mich ein bisserl streichelst, dann streichle ich dich auch. Abgemacht?“
„Ja, gut“, murmelte ich und begann Isabellas Schenkel erneut und jetzt mit beiden Händen zu streicheln, was mir enorm viel Freude machte. Aber noch mehr Freude machten mir Isabellas Hände auf der nackten Haut meiner Brust. Nein, falsch: Isabellas Hand. Ihre andere Hand schien nicht zu wissen, wohin mit ihr.
Und dann wusste sie es plötzlich doch. Denn sie landete auf meiner rechten Hand und schob sie – wohin? Ich konnte es kaum glauben: auf die verbotenste, geheimste Stelle ihres Körpers. Auf ihren Schoß. Auf ihr Geschlecht. Auf ihre Möse, wo ich zunächst gedacht hatte, da fehlt was. Und veranlasste sie, diese anstatt des Schenkels zu streicheln. Gleichzeitig verließ ihre andere Hand meine Brust und berührte „dieses Ding“ nun doch, legte sich zart, ja zärtlich um meinen Schwanz, um ihn zu streicheln.
Dass ich so was jemals erleben würde, hätte ich mir niemals träumen lassen. Aber jetzt erlebte ich es sozusagen live. Es war eine Offenbarung für mich. Und ich fühlte mich mit einem Mal erwachsen.
Einmal allerdings erschrak ich. Da stieß nämlich Isabella leise Klagelaute aus. Augenblicklich stellte ich meine Bemühungen ein und murmelte: „Du, entschuldige. Hab ich dir weh getan?“
Aber sie kicherte nur und sagte mit seltsam veränderter Stimme: „Nicht aufhören, bitte, nicht aufhören“, besann sich aber gleich darauf eines Besseren, spreizte ihre Schenkel, zog mich als Ganzen über sich, leitete mit der einen Hand meinen Schwanz an die verbotene, geheime Stelle, die bisher meine Finger gestreichelt hatten und wo sich offenbar ein verborgenes, magisches Löchlein befand, und drückte mit der anderen Hand mein Hinterteil kräftig zu sich, sodass mein Schwanz vollständig in ihrem Körper verschwand.
Erlebte ich das alles wirklich? Oder träumte ich? Ja, ich träumte. Ich träumte einen lustvollen Traum, und mit einem Mal schwebte ich in himmlischen Sphären. Und die Zeit blieb stehen, es gab kein Früher und kein Später mehr, es gab nur noch das Jetzt. Bitte, lieber Gott, lass es immer das Jetzt sein, lass es nicht vorübergehen, lass es ewig dauern. Denn es sind himmlische Sphären, es ist das Paradies.
Und wieder gab Isabella klagende Laute von sich. Klagende Laute entkamen aber auch mir. Und dann war‘s plötzlich um mich geschehen, und mir entkam ein wilder Schrei. Aber schon im nächsten Moment war ich stumm vor Schreck, vor Überraschung, vor Beschämung. Isabella selbst schrie nicht. Sie stöhnte nur und presste meinen Podex fest an sich, offenbar um zu verhindern, dass ich vor Scham die Flucht ergreife. Das hatte ich zwar nicht vor; ich war ja ein Kavalier (dachte ich jedenfalls). Aber ich spürte bald nur allzu deutlich, wie mein Schwanz dabei war, die Flucht zu ergreifen, nämlich aus Isabellas Körper.
Doch kaum war ihm das gelungen, gaben Isabellas Hände meinen Podex frei und legten sich um mein inzwischen geschrumpftes Schwänzlein, um ihm weitere Freuden zu bereiten. Und siehe da, das Schwänzlein reagierte sofort und wuchs sich in Blitzesschnelle wieder zu einem prallen Schwanz aus. Isabella jubelte auf und steckte ihn sich sogleich erneut in das verborgene, magische Löchlein zwischen ihren Schenkeln. Gleichzeitig griff sie nach meiner linken Hand und führte sie an ein ebenso geheimes und ebenso magisches Knöpflein knapp oberhalb des inzwischen abermals von meinem Schwanz verstopften Löchleins. Offenbar sollte ich es noch einmal zärtlich streicheln. Jedenfalls bemühte ich mich, mein Streicheln sanft und zärtlich zu gestalten, nicht weil ich schon wusste, dass die Frauen das so lieben, sondern einfach, weil ich vor diesen geheimen und verbotenen Partien des weiblichen Körpers einen Heidenrespekt hatte.
Nun war es mir und war es vor allem Isabella vergönnt, um ein Vielfaches länger in diesen himmlischen Sphären zu schweben, ehe mich erneut die wilde Ekstase übermannte. Wieder entkam mir ein viel zu lauter Schrei, und wieder war’s um mich geschehen. Bald danach stieß Isabella einen nicht ganz so lauten Schrei aus, und ich glaube, jetzt war’s um sie geschehen. Danach gaben wir nur noch ein gedämpftes Röcheln von uns, Isabella noch weit länger als ich selbst. Zuletzt bewahrte sie noch lange andächtiges Schweigen, war vielleicht sogar eingeschlafen.
Ich schlief nicht. Ich war außer mir vor Staunen und vor Aufregung. Wie hätte ich da schlafen können?
Als Isabella schließlich doch erwachte, sagte sie: „Liebster Heinzi, was hast du nur gemacht mit mir?“ Erwartete sich aber offenbar keine Antwort – da hätte sie lange warten können –, sondern bedeckte mein Gesicht, meinen Hals, meine Brust und sogar mein abermals geschrumpftes Schwänzlein mit ungezählten heißen Küssen.
Danach fragte sie mich noch etwas. „Liebster Heinzi, hast du so was schon einmal gemacht?“
Sagen konnte ich noch immer nichts. Ich konnte nur den Kopf schütteln.
„Also warst du noch jungfräulich.“
„Ha?“, machte ich darauf wie der letzte Dorftrottel.
„Ich war’s auch“, sagte sie lächelnd. „Jetzt bin ich’s nicht mehr.“
Und ich wieder: „Ha?“ Bekam aber keine Antwort mehr.
Plötzlich schien sie zu sich zu kommen und rief mit entsetzter Stimme: „He, wir müssen zurück, aber dalli! Sonst glauben die anderen, wir sind in der Donau ersoffen. Komm, schnell!“
Ja, genau. Wie recht sie hatte! Hektisch kleideten wir uns an. Hektisch machten wir uns auf den Rückweg, natürlich zu Fuß am Ufer; nur die Mündung des Donauarms in die Donau mussten wir durchschwimmen. Und wir waren sehr erleichtert, als keiner der anderen irgendwelche Anzeichen von Besorgnis oder gar Befürchtung erkennen ließ.
Ob uns Miras Zeugung schon damals geglückt ist, man könnte auch sagen: passiert ist, kann natürlich niemand wissen, am wenigsten die zukünftige Mutter selbst. Denn eine Eintagsfliege war unsere Liebe nicht. Ganz im Gegenteil. Sie war ja bei beiden die erste Liebe. Und die ist wohl für alle Menschen etwas Besonderes. Etwas besonders Schönes. Etwas besonders Aufregendes, gerade bei uns beiden: Hier erlebten wir die erste erotische Berührung, den ersten Kuss, den ersten Sex. Und den ersten Liebeskummer. Denn diese erste Liebe war, bildlich gesprochen, eine unglaubliche Berg-und-Tal-Bahn.
Nach diesem Abenteuer in der Au waren noch keine zwei Wochen vergangen, da erwachte ich mitten in der Nacht und erschrak. Hilfe, was war los? Ein Eindringling?
In der Tat, da war ein Eindringling in meinem Zimmer. Ein gar süßer, heißgeliebter, heißersehnter Eindringling.
Lippen hatten sich auf meine Lippen gelegt. Weiche, sanfte, zärtliche Lippen. Und dazu flüsterte Isabellas Stimme: „Pst! Schreck dich nicht! Ich bin’s nur. Darf ich ein bisserl zu dir kommen? Ich möcht mit dir ein bisserl kuscheln. Nur, merken darf‘s keiner, gell? Wir müssen ganz still sein. Ist dir das recht?“
Überrascht, entzückt, fassungslos vor Entzücken, warf ich meine Arme um Isabella, um sie an mich zu ziehen, und spürte unter meinen Fingern zu meiner Überraschung keinen Stoff, nur nackte, weiche, aphrodisische Haut.
„Darf ich dir das Nachthemd ausziehen?“, flüsterte Isabella und begann auch schon mit der angekündigten Tätigkeit, ohne auf meine Erlaubnis zu warten. „Weißt du, ich möchte deine Haut spüren. Das ist so angenehm.“
Doch natürlich begnügten wir uns nicht mit bloßem Kuscheln und auch nicht mit bloßem Streicheln, sondern erinnerten uns an die in der Au praktizierte Methode, um in himmlischen Sphären zu schweben, diesmal freilich, ohne dass uns zuletzt laute Schreie entkamen. Nur leises Stöhnen, gedämpftes Röcheln erlaubten wir uns.
Von da an besuchte mich Isabella zwar nicht jede Nacht, aber doch das eine oder andere Mal pro Woche. Und machte mich unbeschreiblich glücklich. Und ich machte sie, so betonte sie jedes Mal, unbeschreiblich glücklich. Sie verriet mir auch, dass sie damals in der Au noch unberührt gewesen war und ich sie somit zur Frau gemacht hatte. Genaugenommen hatte sie es mir damals schon verraten. Nur hatte ich es noch nicht begriffen.
„Zur Frau habe ich dich gemacht? Oho!“
„Ja. Und hast du nicht den winzigen Blutfleck auf der Luftmatratze bemerkt?“
„Nein, ist mir nicht aufgefallen.“
Aber jetzt wusste ich Bescheid.
Wie geht das Sprichwort? Wer hoch steigt, kann tief fallen. Gilt diese Regel auch fürs Glück? Offenbar ja. Denn: Es kam der Advent, und es „weihnachtete sehr“. Und da wurden mit einem Mal die Nächte ohne Isabella immer mehr. Und ich begann mir Sorgen zu machen, vor allem, als mir auffiel, dass Isabella überhaupt nirgends mehr zu sehen war, nicht einmal am Mittagstisch. Um unser gemeinsames Geheimnis nicht zu verraten, wagte ich es lange nicht, mich nach ihrem Verbleib zu erkundigen. Aber als sie nicht einmal am Heiligen Abend bei der Weihnachtsbescherung zu sehen war, wandte ich mich danach heimlich an Marianne, Isabellas Zwillingsschwester, und fragte sie.
„Ja, weißt du’s denn noch gar nicht?“, erwiderte sie, sichtlich überrascht über meine Unwissenheit. „Sie wohnt gar nicht mehr bei uns.“
Ich glaubte, mich trifft der Schlag. „Was sagst du da?“, stieß ich erschrocken hervor.
Und Marianne im Ton einer Trauerrede: „Du, ja. Sie ist verstoßen worden.“
„Ha?“
„Ich meine, der Papa hat sie verstoßen. Aus der Familie ausgestoßen wie einen räudigen Hund. Du glaubst nicht, wie ich selber darunter leide.“
„Verstoßen? Ja, aber wieso denn, um Himmels willen?“
„Weil sie ein gefallenes Mädchen ist.“
„Gefallenes Mädchen? Was soll das heißen?“
„Ganz einfach: Sie ist schwanger.“
„Schwanger?“ Ich hatte ein Gefühl, als habe mich ein Felsblock unter sich zermalmt. „Du meinst, sie kriegt ein Baby?“
Marianne lachte nicht über meine dumme Frage, sondern murmelte: „Sie kriegt ein Baby. Der Vater ist unbekannt. Sie weigert sich beharrlich, ihn zu nennen.“
„Ich fass es nicht. Ich fass es nicht. Und wo wohnt sie jetzt?“
„Hm, das ist es ja. Das weiß niemand. Es soll auch niemand wissen, sagt der Papa. Er weiß es angeblich selber nicht. Weil, sie hat Schande über die Familie gebracht.“
„Schande? Du meinst, weil sie noch nicht verheiratet ist?“
„Ja, ja. Genau das meine ich. Aber häng das bitte nicht an die große Glocke, was ich dir jetzt verraten hab. Es soll niemand davon wissen. Übrigens auch unsere jüngeren Geschwister nicht.“
Ich lag zermalmt unter einem Felsblock. Ich musste in einem fort an meine Liebste und ihr bitteres Los als verstoßene Tochter denken. Und daran, dass sie sich beharrlich weigert, den Vater ihres Babys zu nennen. Das ist ja Heroismus pur. Mehr noch, das ist Liebe pur. Heroische Liebe. Und ich versuchte mir vorzustellen, was geschehen wäre, hätte sie sich nicht geweigert, oder hätte sie dem Druck, der sehr wahrscheinlich auf sie ausgeübt wurde, nachgegeben und den Vater ihres Babys verraten. Dann wäre ich selber ohne jeden Zweifel ebenfalls verstoßen worden. Und garantiert hätte man mich als angeblichen Verächter des Sechsten Gebotes auch aus dem Stiftsgymnasium geschmissen. Davor hat mich jetzt also meine Isabella bewahrt, während sie selber ... Dabei ist sie noch weit schlimmer dran, als ich es selber wäre, wenn sie mich verraten hätte. Sie ist ja schwanger und kriegt ein Baby, hat also in absehbarer Zeit für zwei zu sorgen, für sich und für das Baby.
Ich litt unsagbar an Liebeskummer und schwor mir, mich nie wieder mit einem Mädchen einzulassen, um weiteren derartigen Katastrophen vorzubeugen. Obwohl es mir um die verlorenen nächtlichen Freuden verständlicherweise rasend leid tat. Und sie sich mit den eigenen Fingern zu besorgen war beileibe kein Ersatz.
Drei Jahre später, im Mai 1958, machte ich die Matura. Quasi als Belohnung luden mich meine französischen Verwandten ein, die Sommerferien bei ihnen in Cagnes-sur-Mer zu verbringen.
Dieses historische Städtchen liegt nahe Nizza an der Côte d’Azur, der französischen Riviera, und ist berühmt als letzter Wohnort von Renoir. Die Tante zeigte mir sein erhöht gelegenes Wohnhaus, das jetzt als Museum dient. Und ich stellte fest, dass man von dort aus einen atemberaubenden Blick auf das Meer und die (laut Tante) landschaftlich überaus beeindruckende Halbinsel Cap d’Antibes hat.
Bei einer einsamen Radtour rund um besagtes Cap d’Antibes passierte es dann: Von hintern näherte sich ein Auto, ein Alfa Romeo, wie sich später herausstellte, gelenkt von einem Betrunkenen, und fuhr mich um. Vor meinen Augen wurde es Nacht, und ich träumte von meiner verlorenen Liebe.
Als ich aus meiner Ohnmacht erwachte, fand ich mich in der luxuriösen Villa des Unfalllenkers wieder, wurde dort gesundgepflegt und lernte seine unglaublich schöne junge Frau Sylvie kennen. Und siehe da, Hals über Kopf verliebte sie sich in mich. Und ich mich in sie. Ihr alter Ehemann merkte entweder nichts, oder er tolerierte stillschweigend unser verbotenes Tête-à-Tête.
Bisher hatte es das Schicksal ja nicht besonders gut mit mir gemeint. Jetzt auf einmal hatte es offenbar ein Einsehen. Es sorgte dafür, dass unser Tête-à-Tête aus der Verbotszone herauskam. Zu unserer Bestürzung allerdings auf ziemlich lieblose Weise: Es ließ Sylvies alten Ehemann beim Baden im Meer ertrinken. Worauf sie mich sofort nach Ablauf des Trauerjahres heiratete. So groß war ihre und auch meine Liebe.
Gab es auch eine Hochzeitsreise? Aber sicher, verstand sich doch von selbst. Und ihr Ziel? Nicht Paris, die Stadt der Liebe. Nicht Venedig, ebenfalls die Stadt der Liebe. Sondern Wien, die von Sylvie bewunderte Stadt der Musik.
Wir stiegen – natürlich – im berühmtesten Hotel Wiens ab: im Hotel Sacher. Und dort träumte ich wieder einmal von meiner verschollenen Isabella, diesmal sogar ungewöhnlich lebhaft. Es war nämlich gar kein Traum. Es war Wirklichkeit.
Ja, im Hotel Sacher – ich konnte es kaum glauben. Im Hotel Sacher stieß ich auf meine Isabella. Sie arbeitete dort als Kellnerin und Zimmermädchen und wohnte ebenfalls im Sacher, natürlich zusammen mit unserem Kind, einem süßen dreijährigen Mädchen namens Mira, der weiblichen Hauptperson in diesem Bericht.
Keine Frage, dass wir sie mitsamt ihrem Mütterlein nach Antibes mitnahmen. Begeistert war Sylvie klarerweise nicht. Aber sie war einverstanden, freilich wohl nur mir zuliebe.
Das Zusammenleben mit zwei Frauen ging lange gut. Doch irgendwann begann Isabella diesen Zustand – ich zwischen ihr, meiner ersten Liebe, zugleich der Mutter meiner Tochter, und meiner angetrauten Ehefrau – mehr und mehr unerträglich zu finden. Und schließlich flüchtete sie zu meinem Entsetzen zurück nach Wien, natürlich mitsamt meinem süßen Töchterlein, das ich inzwischen richtig lieb gewonnen hatte. Wobei ich lügen müsste, wollte ich behaupten, ich hätte nach der langen Trennung für Isabella keine Liebe mehr empfunden. Nein, das wäre eine gewaltig große Lüge. Denn mein Liebeskummer war um nichts geringer als einst, als sie von ihrem Vater verstoßen worden war, weil sie angeblich Schande über ihre Familie gebracht hatte. Mein Kummer war sogar noch größer, weil ich jetzt nicht nur sie, sogar zum zweiten Mal, sondern auch mein Kind verloren habe.
Unterdessen machte sich in unserer Villa (ja, ja, jetzt war sie für mich gefühlsmäßig schon „unsere Villa“) … Also, noch einmal von vorn: Unterdessen machte sich bei uns ein immer häufigerer Gast breit, ein Schönling und gewaltiger Angeber vor dem Herrn. Ich empfand ihn von Anfang an als eher unangenehm, ja sogar als abstoßend. Aber Frauen stehen offensichtlich auf solche Typen. Jedenfalls fiel es ihm nicht schwer, Sylvie in ihn verliebt zu machen. Die größte Sauerei bestand aber darin, dass er mich vor ihr systematisch schlechtmachte. Das erfuhr ich aber erst Jahre später, nämlich von ihr selbst.
Und das gelang ihm auch prächtig. Denn es dauerte nicht allzu lang, da ließ sich Sylvie zu meiner Bestürzung von mir scheiden und warf sich dem Schönling an den Hals, sprich, schleppte ihn zwar nicht an den Traualtar, aber vor den Standesbeamten.
Ich war fassungslos und hatte jetzt sogar doppelten Liebeskummer. Alle zwei geliebte Frauen hatte ich jetzt verloren. Die eine hatte mich verlassen, die andere geliebte Frau – Sylvie liebte ich deshalb ja nicht weniger – hatte mich verstoßen, weggeworfen wie irgendeinen unnütz gewordenen Gegenstand.
Tief deprimiert, kehrte ich nach Melk zurück. Und da sich der Sommer gerade seinem Ende zuneigte, fuhr ich gleich darauf nach Wien, um an der Universität zu inskribieren und Französisch, Englisch und Spanisch zu studieren. Und sehnte mich schmerzlich nach Mira und ihrem Mütterlein. Wo sie jetzt zu wohnen gedachten, hatte mir Isabella nämlich nicht verraten.
Doch siehe da, irgendwann liefen sie mir mitten auf der damals vielbefahrenen Kärntner Straße direkt in die Arme. Unbeschreiblich das Wiedersehen. Mira war selig, ihren geliebten Papi endlich wiedergefunden zu haben. Vor allem ihrem Drängen war es zuzuschreiben, dass Isabella, wenn auch anfangs nur zögernd, mit ihr in meine Wohnung übersiedelte und mich – endlich – ehelichen konnte.
Inzwischen entpuppte sich Sylvies neuer Ehemann als besonders widerliche Kreatur. Als Haustyrann und Gewalttäter. Und das Widerlichste von allem war, dass er jetzt auf einmal klipp und klar verlangte, als Eigentümer der gesamten Liegenschaft ins Grundbuch eingetragen zu werden. Die arme Sylvie konnte ich nur aus der Ferne bedauern. Sie erlebte damals offenbar die Hölle auf Erden.
Schließlich wusste sie sich nicht mehr anders zu helfen, als zu uns nach Wien zu flüchten. Erst jetzt erfuhr ich Genaueres über diese unerfreulichen Vorgänge in Antibes.
Und was war der Erfolg ihrer Flucht? Ihre Liebe zu mir (die zweifellos nie erloschen war) flammte sofort von neuem auf. Ebenso die meine zu ihr. Nur war ich mittlerweile eben mit Isabella verheiratet.
Natürlich fragte ich Sylvie sofort: „Sag, Liebste, wieso hast du denn diesen Saukerl nicht einfach rausgeschmissen und dich von ihm scheiden lassen?“ (… so wie davor von mir, lag mir schon auf der Zunge. Aber ich konnte mich rechtzeitig einbremsen.)
„Ach Henri“, erwiderte sie in kummervollem Ton, „das hätte ich schon längst getan, hätte ich mich nur getraut. Aber weißt du, er bedrohte mich pausenlos mit dem Umbringen, sollte ich damit ernst machen.“
„Und mit mir zusammen würdest du dich trauen?“
„Du, ich glaube schon.“
Nun gut, so begleitete ich sie nach Cannes zur Scheidung im für sie zuständigen Bezirksgericht. Und bezahlte meinen Beistand damit, dass ich mich von dem Saukerl an Sylvies Stelle fast zum Krüppel schlagen lassen musste. Aber immerhin, geschieden war sie jetzt.
Dass der Horror jetzt endlich vorbei war, erwies sich leider als Illusion. Nachdem ihr Ex sie auf verschiedene Arten bearbeitet hatte, sie möge sich doch wieder mit ihm vermählen, inszenierte er eine brutale Entführung mithilfe ihres eigenen, von ihm heimlich entwendeten Alfa Romeo und raste mit ihr an seiner Seite mit weit überhöhter Geschwindigkeit – wohin, war ihr unklar. Aber in einer scharfen Rechtskurve stieß er mit einem entgegenkommenden Lastwagen zusammen. Die Kollision überlebte weder er noch der Alfa Romeo. Sylvie überlebte sie, aber nur mit schweren Verletzungen. Immerhin, der Horror war vorbei.
In Sylvies Luxusvilla in Antibes lebte eine weitere auffallend schöne junge Frau, Juliette mit Namen. Der Hausherr hatte sie schon vor meiner Zeit in sein Haus aufgenommen, vorgeblich als Hausdame für Sylvie, in Wirklichkeit aber wohl für sich selbst als Betthäschen.
Aber auch wir, Juliette und ich, verliebten uns ineinander. Bis über beide Ohren verliebten wir uns. Juliette wurde die große Liebe meines Lebens. Und da Sylvie in Dingen der Liebe ungemein liberal dachte und keine Eifersucht kannte, hatte Juliette keine Scheu, mich auch körperlich zu lieben. Den Hausherrn hatte sie nicht lieben können, außer eben körperlich. Sie war ihm sozusagen nur zu Diensten.
Auch sie war schließlich in Wien in unserem – eigentlich Sylvies – Haus gelandet. (Sylvie hatte, wohlhabend und großzügig, wie sie war, auch in Wien für uns alle eine schöne Villa erworben.) Meine und Juliettes Liebesbeziehung gelangte mit der Zeit zu einer sagenhaften Blüte, aus der 1964 eine wunderschöne Frucht hervorging. Und das war mein zweites Kind, die männliche Hauptperson in diesem Bericht. Wir nannten unseren Sohn Hugo, ein Name, der auf Französisch gleich lautet wie auf Deutsch. Das heißt, die Schreibung ist dieselbe. Ausgesprochen wird er im Französischen allerdings „Ügoo“.
Klein-Mira, mittlerweile acht Jahre alt, war begeistert. Denn jetzt hatte sie ein Brüderchen, dem gegenüber sie sofort Muttergefühle entwickelte. Und die wirkliche Mutter selbst, also Juliette, wurde, anders als einst Isabella, von niemandem verstoßen. Sie durfte mitsamt ihrem kleinen Ügoo für ewige Zeiten an meiner Seite sein und blieb mir – auch ohne Trauschein – eine liebende und hingebungsvolle Partnerin. Sylvie hingegen wollte, zumindest vorläufig, kein eigenes Kind. Kinder hätten sie nur ans Haus gefesselt, erklärte sie. Sie liebte das, was sie Leben nannte. Im Übrigen liebte sie nun auch Isabella, und beide liebten einander allem Anschein nach mehr als mich, ihren aktuellen und ehemaligen Ehemann.
Inzwischen besuchte Mira längst die Volksschule, zwei Jahre später schon das Gymnasium. Und stets erwies sie sich als brave, fleißige, aufmerksame Schülerin und brachte gute Noten heim. Ebenso bestand sie zuletzt, wie nicht anders zu erwarten (und im Gegensatz zu mir), die Matura mit Auszeichnung. Das geschah 1974. Hugo-Ügoo war zehn Jahre alt, Mira selbst achtzehn.
Und nun waren wir alle schon neugierig, ob und was sie zu studieren gedachte. Daraus hatte sie nämlich bisher immer ein großes Geheimnis gemacht. Im Stillen hatten wir gerätselt: Wird sie vielleicht Theologie
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Texte: Karl Plepelits
Cover: Pixabay Licence – Freie kommerzielle Nutzung – Kein Bildnachweis nötig
Tag der Veröffentlichung: 02.03.2024
ISBN: 978-3-7554-7850-8
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