Eine Liebestragödie in drei Akten
Doch Eros hat mir das Herz
aufgewühlt, so wie ein Sturm,
der vom Berge herab
in die Eichen sich stürzt.
1. Akt
Wie sagt das Sprichwort? Die Liebe fragt nicht, ob sich’s schickt. Sie fragt auch nicht, wo sie hinfällt. Und ob sie Glück oder Unglück bringt, ist höchst ungewiss.
Das Gleiche gilt fürs Schicksal. Dessen sprichwörtliche Launenhaftigkeit symbolisiert das antike Schicksals- oder Glücksrad, lateinisch Rota Fortunae – man könnte auch übersetzen: Rad der Fortuna. Vor allem die mittelalterliche Kunst liebte diese Symbolik über alle Maßen. Dargestellt wird üblicherweise die Göttin Fortuna mit einem großen Wagenrad, das sich mitsamt den Menschen dreht.
Dass ein guter Lehrer seine Schüler (und Schülerinnen) liebt, ist unbestritten. Ebenso, dass die Schüler (und Schülerinnen) ihre Lehrer lieben müssen, soll der Samen des Unterrichts hundertfältige Frucht tragen. Was aber, wenn die Liebe eines Lehrers plötzlich keine Grenzen mehr kennt? Wenn sie Herzklopfen verursacht? Wenn sie die Röte ins Gesicht treibt? Wenn sie die Knie weich werden lässt? Wenn sie den Geist verwirrt und das Denken ausschaltet? Ja, was dann?
Ich kann bezeugen, wie das ist, wenn die Liebe eines Lehrers, noch dazu eines verheirateten Lehrers, keine Grenzen kennt. Und niemand, der dies hört, würde mir glauben, wie gut und wie glücklich ich verheiratet war und wie sehr ich meine Frau liebte (und noch immer liebe). Und trotzdem ...
Ja, ich gehöre fraglos zu den Lehrern, die ihre Schüler (und Schülerinnen) lieben, und zwar alle ohne Unterschied, die Faulen wie die Fleißigen, die Dummen wie die Gescheiten, die Hässlichen wie die Schönen, die Muffeligen wie die Charmanten, die Ungewaschenen wie die lieblich. sprich, gepflegt Duftenden. Und bei den Charmanten, Schönen, Gescheiten, Fleißigen, lieblich Duftenden weiß ich es auch stets so einzurichten, dass sich meine Liebe zu ihnen (und ihre Liebe zu mir) in den von Gesellschaft und Schulgesetzen gezogenen Grenzen hält. Nur ein einziges Mal gelang es mir nicht. Ein einziges Mal.
Und warum dies? Ich weiß es nicht. Ja, Nina war charmant, schön, gescheit, fleißig und duftete lieblich. Sie war brav, ordentlich, aufmerksam und interessiert. Aber so waren viele andere auch. Warum also ausgerechnet sie? Die alten Griechen hätten geantwortet: Weil es Fortuna so gefügt hat. Oder weil es Eros so gewollt hat.
Unmerklich, unbeachtet, ungesehen wie ein zartes Pflänzlein, das zu einem stattlichen Baum heranwachsen will, so begann unsere Liebe zu keimen. Eros schlich sich ein in unsere Herzen wie ein Einschleichdieb in tiefer Nacht, während alle Hausbewohner in tiefem Schlummer liegen. In tiefem Schlummer lagen auch wir, Nina und ich, im Schlummer der Unwissenheit, der Ahnungslosigkeit, der Unschuld – ich könnte nicht sagen, wie lang. Und als wir daraus erwachten, ja, da war’s zu spät.
Anlass des Erwachens war ein Faschingsball unserer Schule, genauer, der anschließende Besuch einer Diskothek. In diese mitzugehen hatte ich zwar nie vorgehabt. Doch da stand unverhofft, süß lächelnd, die brave, schöne, charmante und lieblich duftende Nina vor mir und fragte, ob ich nicht mitkommen wolle. Und dabei blickte sie mich so treuherzig an, dass tief in mir irgendeine Saite angeschlagen wurde, die mich ganz gegen meine Absicht freudig einwilligen ließ.
Aber sie, die Saite, klang noch nicht so laut, dass ich aus meinem Schlummer der Unschuld erwacht wäre. Dies geschah erst in der Diskothek selbst, wo ich Nina, wie es sich wohl gehörte, sogleich zum Tanzen aufforderte. Ja, aber danach hörten wir bis zum Schluss nicht auf zu tanzen. Wir konnten einfach nicht aufhören. Irgendeine höhere Macht zwang uns, nicht voneinander zu lassen.
Dort und damals erwachten wir aus unserem Schlummer. Wie Adam und Eva, nachdem sie von der verbotenen Frucht gekostet hatten, gingen uns die Augen auf, und wir erkannten, dass wir schon längst hoffnungslos ineinander verliebt waren. Doch außer Tanzen und Reden taten wir nichts.
Zu mehr ließ ich mich erst am nächsten Schultag hinreißen. Da lauerte mir Nina in der Pause vor meiner Unterrichtsstunde auf und klagte mir ihr Leid: In der Klasse gebe es einen regelrechten Aufstand gegen sie. Alle seien fürchterlich empört, weil sie skandalös lang mit mir getanzt habe.
Das war natürlich auch für mich kein geringer Schock. Ich ermannte mich jedoch, betrat hoch erhobenen Hauptes die Klasse und verteidigte Nina todesmutig, indem ich alle Schuld auf mich nahm. (Todesmutig, das bedeutet: Mein Herz klopfte im Rhythmus eines Höllentanzes und drohte mir jeden Augenblick seinen Dienst aufzukündigen.) Und siehe da, alle schwiegen sie beeindruckt, zeigten ein lammfrommes Gesicht.
Nach dem Unterricht lauerte mir Nina wieder auf und dankte mir überschwänglich für die Rettung vor dem Klassenzorn. Und ob sie mich ein Stückchen begleiten dürfe? Da begann mein Herz erneut in rasendem Tempo zu klopfen und klopfte immer rasender, je länger sie mir nahe war. Und als wir uns verabschiedeten, da kam es wie ein Sturmwind über mich: Spontan nahm ich Nina in meine Arme und küsste sie.
Von diesem Augenblick an war’s um uns geschehen. Oh, die Unterrichtsstunden in ihrer Klasse! Oh, die Höllentänze meines Herzens! Oh, meine neu entdeckte, mir bisher unbekannte Schauspielkunst! Wie ein Schauspieler auf der Bühne musste ich ja nach außen hin gelassen, unbefangen, überlegen tun, auch etwa, wenn im Lateinunterricht Catulls Liebesgedichte übersetzt und interpretiert wurden:
Wir wollen leben, meine Lesbia, und lieben
und uns keinen Pfifferling um all das Gerede
der alten Spießer scheren.
Oder ein von Catull ins Lateinische übersetztes Sapphogedicht:
Denn sehe ich dich, Lesbia, nur an,
habe ich auch schon keine Stimme mehr.
Sondern die Zunge ist gelähmt,
feines Feuer ergießt sich durch die Glieder,
die Ohren klingen von eigenem Geräusch,
zweifache Nacht bedeckt die Augen.
(Wobei ich nicht unerwähnt ließ, warum Catull seine Geliebte Clodia als Lesbia besingt: nämlich zu Ehren Sapphos, der vielleicht bedeutendsten Lyrikerin der Weltliteratur, der berühmtesten Tochter der Insel Lesbos. Und ich versäumte auch nicht, darauf hinzuweisen, dass im griechischen, von Catull nur übersetzten Original Sappho zu einem geliebten Mädchen spricht und dass nach ihr die sogenannte lesbische Liebe benannt ist.)
Ich weiß nicht, wie rot ich dabei wurde, wie sehr meine Ohren glühten, wie heftig meine Knie zitterten. Und dies alles, obwohl die eine Umarmung und der eine Kuss für viele Wochen die einzigen Zärtlichkeiten blieben. Nina aber lauerte mir jetzt regelmäßig in den Pausen auf, und da steckten wir coram publico, wie der Lateiner sagt, die Köpfe zusammen und redeten uns diese heiß und hielten es im Übrigen mit Catull.
2. Akt
Eines Tages, es war bereits April, erklärte Nina, ihre Eltern würden übers Wochenende verreisen, und sie werde allein zu Hause sein. Und ich fragte, ob das eine Einladung sei. Und sie nickte, hold errötend. Und ich besuchte sie, und sie empfing mich, hold errötend, und führte mich durch ihre Wohnung und begann mich, hold errötend, zu duzen, was sie sich bis dahin trotz meiner Aufforderung nie getraut hatte. Und ich nahm sie in meine Arme und spürte, wie sie in meinen Händen weich wurde wie Wachs in den Händen des Künstlers, und spürte, wie mich ihr faszinierender Duft nun vollends in seinen Bann zog, und spürte, wie ich durch die Berührung ihres zarten Körpers schwach wurde, und spürte, wie sich in mir das Begehren regte, und enthüllte nach und nach ihren (um mit Goethe zu sprechen) jungen und morgenschönen Körper und liebkoste ihn nach Herzenslust und ließ mich von Gott Eros auf den rechten Weg führen und jauchzte vor ihm und sang ihm ein neues Lied und pries seinen Namen und seine Herrlichkeit. O Eros, dein Wille geschehe.
Von diesem Moment an waren wir endgültig ein Paar, nur dass niemand davon wissen durfte. Dafür war nun unser gesamtes Sinnen und Trachten darauf gerichtet, Gelegenheiten ausfindig zu machen, Eros’ Willen zu erfüllen. Es dauerte bis Ende Mai, bis sich die nächste Gelegenheit ergab. Und ehe sich eine dritte ergeben konnte, brachen die Sommerferien an, und das Leben wurde noch komplizierter, als es bisher schon gewesen war, zumal in einem Zeitalter ohne Handy und ohne Internet; so lange ist das jetzt schon her. Gott Eros, der uns offenbar wie Marionetten an unsichtbaren Fäden führte, wusste aber einen Ausweg.
Ich liebte es, mit Frau und Kindern Wanderungen in den Bergen zu unternehmen. Und siehe da, wer kam uns gleich auf unserer ersten Wanderung in den Ferien entgegen? Nina mit ihren Eltern – offenbar ein Wink des Eros; und ich hütete mich, ihn zu missachten. Zu Hause angekommen, setzte ich mich hin und schrieb ihr einen Brief: Ob sie nicht auch einmal mit mir eine Bergtour machen wolle? Postwendend erhielt ich eine zustimmende, ja enthusiastische Antwort. Und so kam es, dass bald darauf Eros vergnügt beobachten konnte, wie, an seinen unsichtbaren Fäden hängend, zwei aus seiner Jüngerschar gipfelwärts stapften, eine einsame Bergwiese zu ihrem Liebesnest erkoren und dort zu seinen Ehren ein wundervolles Fest feierten.
Aber wir waren vorsichtig genug, genauer, ich war vorsichtig genug, diese Unternehmung während der ganzen Ferien ein einziges Mal zu wiederholen und Ninas Begeisterung und Ninas Ungeduld zu bremsen. Wäre es nämlich nach ihr gegangen, wir hätten noch viele solcher Bergtouren zu Ehren des Gottes Eros unternehmen können. Ja, ihre jugendliche Begeisterung kannte keine Grenzen. Und ähnlich stand es, so entdeckte ich zu meiner Überraschung, mit ihrer Ungeduld. Nur, wenn wir unsere wunderbare Liebe retten und erhalten wollten, bedurfte es unendlicher Geduld und allergrößter Vorsicht, zumindest solange sie noch meine Schülerin war, mit anderen Worten, bis zu ihrer Matura in knapp einem Jahr.
Nun, Nina zeigte sich vernünftig und bemühte sich redlich, ihre Ungeduld zu zügeln. Sie beklagte sich auch nicht, oder doch nur ganz leise, als das neue Schuljahr begann und unsere gemeinsamen Feste für Eros oder, um es ohne Umschweife zu sagen, unsere Schäferstündchen nicht häufiger wurden. Doch immerhin hatten wir nun wieder Gelegenheit, uns täglich zu sehen und miteinander zu plaudern (und es im Übrigen mit Catull zu halten). Und immer noch kannte Ninas Liebe zu mir keine Grenzen, schien im Gegenteil von Woche zu Woche, ja von Tag zu Tag größer zu werden und nahm schließlich geradezu beängstigende Ausmaße an.
Es war etwa um die Weihnachtszeit. Da begann sie davon zu schwärmen, ich sei der Mann ihres Lebens, und sie könne sich nicht vorstellen, jemals einen anderen zu lieben. Anfangs schmeichelten mir solche Reden. (Wie denn auch nicht?) Doch nach einiger Zeit fand ich sie in zunehmendem Maße beängstigend, zumal als sie anfing, sich noch deutlicher auszudrücken: Sie könne sich nicht vorstellen, jemals von mir zu lassen, und ob ich denn nicht das Bedürfnis verspüre, mich scheiden zu lassen und sie, Nina, zu heiraten, sobald sie die Matura hinter sich habe? Was hätte ich darauf erwidern sollen? Hätte ich sagen sollen: Du, ich liebe aber meine Frau!? Dazu war ich, zu meiner ewigen Schande sei es gesagt, zu feige. Nein, ich fühlte mich noch mehr geschmeichelt, und in Nina musste sich unweigerlich die Überzeugung festsetzen, ich sei meiner Frau überdrüssig und darum fest entschlossen, mein künftiges Leben mit ihr, Nina, zu teilen. Indes, die Wahrheit lautete: So gern ich mein Leben mit Nina geteilt hätte, meiner Frau war ich mitnichten überdrüssig.
Zu meiner Überraschung (und zu meinem heimlichen Entzücken) erklärte Nina eines Tages mit Bestimmtheit, nach der Matura Latein studieren zu wollen. Und wieder war ich zu feige, um ihr klarzumachen, eine solche weitreichende, ihr ganzes restliches Leben beeinflussende Entscheidung wolle reiflich überlegt sein und dürfe nicht allein einem Mann zuliebe getroffen werden.
Es kam die Zeit der Matura. Und im selben Augenblick, wo Nina endlich das Maturazeugnis in der Hand hielt, brach für sie die heißersehnte Zeit der Freiheit an. Sie war ja ab sofort nicht mehr meine Schülerin und überdies volljährig. Also gab es in ihren Augen keinen Grund mehr für mich, bei meiner Frau zu bleiben und mich nicht zu ihr, Nina, zu bekennen, Aussagen, die mich in meinem Innersten erschreckten. Doch feige, wie ich war, hütete ich mich, meinen Schrecken zu zeigen. Im Gegenteil, ich warf meine bisher so streng durchgehaltene Vorsicht über Bord und begann mit Nina, sooft es irgend möglich war, Feste für Eros zu feiern, sprich (wie es Goethe nennen würde), zu vögeln, auf den Bergen oder wo auch immer.
3. Akt
Und da begann meine Frau Verdacht zu schöpfen. Zwar gehört sie (zum Glück) durchaus nicht jenem Menschentyp an, der vom grünäugigen Monster beherrscht wird, das besudelt die Speise, die es frisst (wie Iago in Shakespeares Othello den Dämon der Eifersucht nennt). Doch eines schönen Tages sah ich mich zu meiner Bestürzung mit der berühmten Frage aller misstrauisch gewordenen Ehefrauen konfrontiert: Sag, mein Schatz, hast du eine Freundin? Betrügst du mich? Bist du mir untreu geworden?
Mir stand das Herz still, und meine Wangen begannen wie wohl bei jedem ertappten Ehefrevler zu glühen. Aber dann ermannte ich mich und wies, ebenfalls wie wohl jeder ertappte Ehefrevler, jegliche Schuld weit von mir. Ich wolle doch nur eine Maturantin, die Latein zu studieren gedenke, auf das Studium vorbereiten, indem ich ihr vor allem die Anfangsgründe des Griechischen beibringe (was, nebenbei bemerkt, nicht einmal gelogen war). Davon zeigte sich meine Frau gebührend beeindruckt, konnte sich aber nicht genug über den Umstand wundern, dass ich diese Maturantin noch nie in unsere Wohnung eingeladen hatte, wo die Hilfe in Anbetracht meiner Bibliothek doch wesentlich wirksamer wäre. (Das ist natürlich vollkommen richtig. Und tatsächlich hatte ich Nina schon mehr als einmal in unsere Wohnung mitgenommen – falls die Luft rein war. Freilich hatten wir da nicht nur Griechisch miteinander getrieben.)
Nun packte ich den Stier bei den Hörnern und versprach, sie bei der nächsten Gelegenheit einzuladen, „damit du dich von der Harmlosigkeit unserer Beziehung überzeugen kannst“. Hierauf packte ich den Stier noch einmal bei den Hörnern und sagte: „Weißt du, sie ist nämlich eine wirklich sehr sympathische Person. Ja, wenn ich noch jung und unverheiratet wäre, in sie, glaube ich, könnte ich mich tatsächlich verlieben. Und ich bin sicher, du wirst sie ebenfalls sehr sympathisch finden.“
Also lud ich Nina zu uns ein. Und damit war mein Schicksal besiegelt. Warum nur hatte mich Gott Eros nicht gewarnt? Oder wofür wollte er mich so hart bestrafen? Habe ich ihn zu wenig geehrt? irgendwann beleidigt? seinem Willen zuwidergehandelt? Oder sind die Götter halt so? Lieben sie es, mit den Menschlein zu spielen, so wie eine Katze mit einem gefangenen Mäuslein spielt, ehe sie es verschlingt?
Kaum waren sich nämlich die zwei Frauen begegnet, da entdeckten sie in sich einen Wesenszug oder, wie sie es selber nannten, eine Begabung, die ihnen bisher gänzlich verborgen geblieben war. Im Klartext: Sie entdeckten, dass sie füreinander bestimmt sind, und fanden aneinander so sehr Gefallen, dass sie von Stund an nichts mehr von mir oder überhaupt von einem Mann wissen wollten, sondern darauf bestanden, die Feste für Eros nur noch miteinander zu feiern (sprich, miteinander zu vögeln). Und mich nicht einmal zuschauen ließen.
Von diesem Entschluss waren sie durch nichts abzubringen. Ich hätte mir die Brust aufreißen und ihnen mein gebrochenes Herz zeigen können, es hätte sie nicht gerührt. Homer würde sagen: Die Augen standen ihnen wie Horn oder Eisen unbewegt in den Lidern. Sie können gar nicht anders handeln, erklärten sie mir im Brustton der Überzeugung und wussten dafür wunderschöne Argumente vorzubringen, so etwa das bekannte Sprichwort: Die Liebe fragt nicht, ob sich’s schickt. Und: Ihre Liebe sei eine völlig andere, ungleich höhere Kategorie von Liebe, mit nichts zu vergleichen, schon gar nicht mit der Liebe zu einem Mann. Nicht umsonst seien die Gedichte der Sappho für immer der Höhepunkt aller Lyrik – hätte ich doch selber im Unterricht verkündet.
Und so blieb mir denn nichts anderes übrig, als den Schwanz einzuziehen und das Feld zu räumen. Fassungslos, verzagt, gebrochen, schlich ich mich, ein geprügelter Hund, davon und warf mich nicht einer zärtlichen Geliebten, sondern der Verlassenheit, der Einsamkeit, der Verzweiflung in die Arme. Wie heißt es bei Horaz? Ach, Fortuna, welche Gottheit ist grausamer gegen uns als du?
Daher will ich diesen Bericht, vielleicht nicht ganz unpassend, mit Versen der Sappho schließen, in denen sie mir – mir! – aus der Seele spricht:
Der Mond ist untergegangen
und auch die Plejaden. Es ist
Mitternacht. Die Stunden vergehn.
Ich aber liege alleine.
Texte: Karl Plepelits
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Tag der Veröffentlichung: 28.12.2023
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