Nieder mit dem Pharao!
So riefen die Demonstranten auf dem Tahrir-Platz in Kairo und in vielen anderen Städten Ägyptens, meinten aber weder Cheops noch Ramses II., sondern zuerst, 2011, den Langzeitdiktator Mubarak und das nächste Mal, 2012 und 2013, dessen Nachfolger, den Muslimbruder Mursi, nachdem er die ägyptische Justiz entmachtet und alle Machtbefugnisse an sich gerissen hatte.
Aber nun frage ich mich: Warum haben die Zeitgenossen des Königs Cheops nicht gerufen: Nieder mit dem Pharao? Warum haben sie sich niemals aufgelehnt, niemals demonstriert?
Natürlich erwarte ich mir sofort Protest von allen Seiten: Wie kannst du nur? Hast du keine Ehrfurcht vor dem erlauchten und hochverehrten König der Ägypter, dem Erbauer eines veritablen Weltwunders: der Cheopspyramide?
Und darauf würde ich entgegnen: Was glaubt ihr denn? Hat er denn die nach ihm benannte Pyramide selber erbaut? Natürlich nicht. Erbaut haben sie auf seinen Befehl hin unter unvorstellbaren Leiden und Strapazen seine unglücklichen Untertanen in dreißig Jahre dauerndem Frondienst, der nach allem, was wir wissen, einer regelrechten Sklaverei gleichkam. Und überhaupt soll Cheops nicht nur ein grausamer, menschenverachtender Despot, sondern auch sonst ein total verkommenes Subjekt gewesen sein. So setzte er zum Beispiel seine eigene Tochter, so wird berichtet, aus Geldmangel in ein Bordell und befahl ihr, eine bestimmte Summe zu verdienen – wie viel, sagten mir die Priester nicht. Und sie führte den Auftrag ihres Vaters wirklich aus, gedachte aber auch für sich selbst ein Denkmal zu hinterlassen, und bat jeden einzelnen, der zu ihr hineinging, ihr einen Stein zu schenken. Aus diesen Steinen, sagten sie (die Priester), wurde die Pyramide erbaut, die als die mittlere der drei kleinen Pyramiden vor der großen Pyramide steht. Jede Seite von ihr misst eineinhalb Plethren (44,45 Meter).
Dies und noch vieles anderes mehr erfahren wir im ersten und einzigen Bericht, den wir über Cheops und den Bau seiner Pyramide besitzen, verfasst allerdings erst gute zweitausend Jahre danach. Und auf Griechisch.
Die andere Seite der Medaille lautet freilich, das geb ich gerne zu: Allen späteren Generationen von Ägyptern, ja, der Menschheit insgesamt, auch noch viertausend Jahre danach, hat der böse Pharao Cheops damit das größte, schönste und kostbarste Geschenk gemacht, das man sich nur vorstellen kann.
Über Wunder und Dämonen
Ägypten?
Oh, Ägypten! Was für ein herrliches Wunderland! Was für ein herrliches Reiseland! Was für ein herrliches Urlaubsland ... war es doch, bevor sich aus der Hölle des Glaubensfanatismus das grausige Haupt eines bösen Dämons erhoben hat: des Islamismus. Seither wird Ägypten, nicht genug der zehn biblischen Plagen, von einer elften, noch schrecklicheren Plage heimgesucht: der Geißel des Terrors.
An und für sich hatte dieser böse Dämon in Ägypten ja schon seit langem gewütet, aber ausschließlich gegen die eigenen Landsleute, falls sie Andersgläubige waren – Ungläubige nennt man sie –, oder auch nur als laue, sprich, gemäßigte Muslime galten. So etwa gegen den charismatischen Staatspräsidenten Sadat. Aber dann kamen die 1990er-Jahre. Und da begann sich die Geißel des Terrors auf einmal gegen die Touristen zu richten, die in Massen in dieses Wunderland strömten, um seine zahllosen unglaublichen Wunder genießen zu können. Denn die Touristen sind ja (in den Augen der Islamisten) samt und sonders Ungläubige, die getötet werden müssen, um Allah eine Freude zu bereiten.
Heute bilden die wüstenhaften und daher fast menschenleeren Küsten des Roten Meeres das Ziel der meisten Ägyptenreisenden, um sich dort den Badefreuden hinzugeben und eventuell unter Polizeischutz einen gedrängten Tagesausflug nach Kairo und zu den Pyramiden oder nach Luxor zu unternehmen.
Nur, das Alte Ägypten, das eigentliche Ägypten der Wunder, bestand ja ausschließlich aus dem Nildelta und dem schmalen, unendlich langen Niltal. Beweis ist der altägyptische Landesname Kemet. Der bedeutet nämlich wörtlich „Schwarzes Land“. Gemeint sind die fruchtbaren Böden des Niltals im Gegensatz zum „Roten Land“ der angrenzenden Wüsten, dem Descheret. Und nur dort, im „Schwarzen Land“ und im unmittelbaren Grenzbereich des „Roten Landes“ zum „Schwarzen Land“, befinden sich zum Großteil die überwältigenden Zeugnisse dieser einmaligen und drei Jahrtausende währenden Hochkultur.
Aber eine Reise durch das ganze Niltal von Kairo bis Assuan wäre heute dank dem bösen Dämon wohl kaum mehr möglich. Heute beschränkt man sich auf Kairo und Umgebung und sogenannte Kreuzfahrten auf der relativ kurzen Strecke zwischen Luxor und Assuan, eventuell mit einem Abstecher nach Abu Simbel.
Natürlich ist eine Kreuzfahrt um vieles bequemer und erholsamer als eine Fahrt im Reisebus durch das ganze Niltal. Aber im Bus ist man nicht nur weitaus flexibler. Man sieht und erlebt einfach unendlich mehr, zumal wenn man die ganze Strecke von Kairo bis Assuan befährt und nicht nur einen kleinen Ausschnitt daraus.
Eine meiner schönsten, interessantesten und informativsten Ägyptenreisen war eine Busreise durch das landschaftlich ungemein reizvolle Niltal von Kairo nach Assuan inklusive Flug nach Abu Simbel und anschließendem Rückflug von Assuan direkt nach Wien im Februar 1989. Und warum war diese Reise so schön und so interessant und so informativ? Weil die Reisegruppe, der ich angehörte, das seltene Vergnügen hatte, von einem ungewöhnlich netten und obendrein ungewöhnlich beschlagenen Fremdenführer und überdies von einen ausgewiesenen Fachmann als Reiseleiter geführt zu werden. Und weil sie uns beide ermunterten, sie unbesorgt alles zu fragen, was wir schon immer über Ägypten wissen wollten.
Über den Fluch des Pharao und Carters Kanarienvogel
Dieser ungewöhnlich nette und beschlagene Fremdenführer – er stellte sich vor als Samir – erzählte uns schon während der langen Fahrt vom Kairoer Flughafen am Nordostrand dieser Riesenstadt mit ihrem Dauerverkehrschaos bis zu ihrem Südwestrand hochinteressante Dinge, auch solche, die man aus dem Mund von Fremdenführern nicht immer hört, so etwa über die Staatsreligion des Landes, den Islam, und auch über die kulturelle Bedeutung des heutigen Ägypten.
„Ägypten“, sagte er, „ist nicht nur das bevölkerungsreichste, sondern auch das einflussreichste unter allen arabischen Ländern, mit einem Wort, das geistige Zentrum des Orients. Auch das geistige Zentrum des Islam befindet sich nicht etwa in Mekka, sondern in Kairo. Es heißt Al-Azhar und besteht, unter anderem, aus der Al-Azhar-Moschee und der Al-Azhar-Universität. Al-Azhar wurde im Jahre 971 gegründet und erhebt den Anspruch, die älteste Universität der Welt zu sein. Ja, aber in Ägypten und nicht etwa, wie man meinen könnte, im Iran entstand auch die einflussreichste Reformbewegung des Islam. Es ist die Muslimbruderschaft.
Sie wurde 1928 von dem ägyptischen Lehrer Hassan al-Banna gegründet. Seine Ziele waren politischer ebenso wie moralischer Natur. Er wollte die Gesellschaft reformieren. Und wie sollte das geschehen? Ganz einfach, indem man den Einflüssen westlicher Kultur entgegentritt und dafür die strenge Befolgung der islamischen Glaubensregeln fordert und fördert. Mit anderen Worten, die Scharia, das islamische Gesetz, sollte ohne jede Toleranz gegenüber Einmischungen der Regierungen oder gegenüber Menschen anderen Glaubens durchgesetzt werden. Die Menschenrechte, die Rechte der Frau, die Demokratie – all das wird weder anerkannt noch respektiert. Das sind ja westliche Ideen der Ungläubigen. Diese Bewegung nannte man später Islamismus oder Fundamentalismus, in Analogie zu dem in den USA entstandenen christlichen Fundamentalismus.
Doch dann kam in und nach dem Zweiten Weltkrieg die Palästina-Krise. Und im selben Maße, wie sich diese zuspitzte, radikalisierte sich die Muslimbruderschaft und entwickelte sich zu einer äußerst militanten Bewegung. Ableger bildeten sich auch in anderen islamischen Staaten. Politische und finanzielle Unterstützung fand und findet die Bruderschaft in Saudi-Arabien.
Nach der Staatsgründung Israels 1948 wurde die Bruderschaft noch radikaler und noch militanter und lehrte, gemäßigte Muslime seien nur dem Namen nach Muslime, in Wirklichkeit aber Abtrünnige, Ungläubige und Heiden und hätten als solche den Tod verdient. Damals trat ein besonders radikales Mitglied der Bruderschaft hervor. Er hieß Sayyid Qutb (oder Kotb) und sollte sich als der einflussrichste islamistische Theoretiker der muslimischen Welt erweisen. Seine Schriften haben bis auf den heutigen Tag bedeutenden Einfluss auf die Entwicklung des Antisemitismus unter den Islamisten.
1980 erließ Scheich – Scheich ist der Ehrentitels eines religiösen Führers im Islam – also, 1980 erließ Scheich Abdel Rahman eine sogenannte Fatwa, so nennt man die Rechtsauskunft einer islamischen Autorität, mit der er den ägyptischen Präsidenten Anwar al-Sadat und seine ganze Regierungsmannschaft zu abtrünnigen Ungläubigen erklärte, die alle mit dem Tod zu bestrafen seien. Sadat hatte bekanntlich ein Friedensabkommen mit Israel geschlossen, und dafür wurde ihm gemeinsam mit dem israelischen Ministerpräsidenten Begin der Friedensnobelpreis verliehen. Das war den Islamisten ein Dorn im Auge. Sie beschuldigten ihn, mit den sogenannten Kreuzfahrern, den Zionisten und den Kommunisten zusammengearbeitet zu haben. Und Sie wissen sicher alle, dass er am 6. Oktober 1981 während einer Militärparade von Islamisten erschossen wurde.“
So weit Samir, unser Fremdenführer. Daraufhin meldete sich Professor Pichler, unser österreichischer Reiseleiter, zu Wort.
„Ägypten“, sagte er, „war immer schon ein bedeutendes, einflussreiches Land, nicht erst, seit es arabisch ist, sondern schon lange davor, und das vor allem für Europa, für das Abendland. Tatsächlich ist die Bedeutung Ägyptens für die Kultur des Abendlandes größer, als man gemeinhin annehmen möchte. Sie weist viele Beziehungen auf, deren Wurzeln sich bis nach Ägypten zurückverfolgen lassen. Eine besonders wichtige Rolle spielt dabei das Jahrtausend nach dem Siegeszug Alexanders des Großen, als auf ägyptischem Boden ägyptische und griechische Kultur breit aufeinander stießen. Während dieser Zeit war das Land nämlich zuerst eine Provinz des makedonischen Weltreiches, nach dem Tod Alexanders ein selbständiges Königreich unter griechisch-makedonischen Herrschern (oder Herrscherinnen) und zuletzt eine Provinz des römischen Weltreiches. Und da lernten die Griechen und von ihnen die Römer das ägyptische Staatsverwaltungswesen kennen. Organisation der Behörden, Ineinandergreifen der Verwaltungszweige, Akten- und Schriftwesen, Finanz- und Steuerwesen: Das sind die Gebiete, auf denen Griechen und Römer von den Ägyptern gelernt haben. Wir Heutigen stehen bekanntlich unter dem Einfluss der römischen Welt. Und so kommt es, dass viele Einzelheiten unseres heutigen Verwaltungswesens in ihren Wurzeln bis auf Ägypten zurückgehen.
Die Verwaltung war in Ägypten von alters her straff zentralisiert. Und das war nicht nur das Ergebnis des politischen Werdegangs, sondern vor allem ein Gebot der natürlichen Beschaffenheit des Landes. Ägypten, wie man es im Altertum verstand, ist eine langgestreckte Flussoase. Zu beiden Seiten dehnt sich die Wüste aus. Die jedes Jahr zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt eintretende und von Süd nach Nord fortschreitende Überschwemmung des Landes ließ sich nur dann genügend nutzbar machen, wenn überall Kanäle und Schleusen rechtzeitig und richtig bedient wurden. Und dazu bedurfte es einer einheitlichen Leitung. Da von der Überflutung wiederum Saat und Ernte abhingen, und da für den Korntransport zur Ausfuhr nur der Nil in Frage kam, war eine einheitliche Verwaltung des ganzen Landes unbedingt notwendig.
Und so ist es nicht übertrieben zu sagen: Ägypten ist eine der Wiegen unserer abendländischen Kultur und Zivilisation.“
Nun, der erste Tag dieser schönen Ägyptenreise war den wichtigsten Sehenswürdigkeiten Kairos geweiht. Und unter ihnen ist an erster Stelle natürlich das Ägyptische Museum (oder Nationalmuseum) zu nennen. Es ist das weltweit größte Museum der Pharaonenkunst, so groß, dass eine ausführliche Besichtigung nicht nur viel zu viel Zeit erfordern, sondern auch die menschliche Aufmerksamkeit bei weitem überfordern würde, von der Aufnahmefähigkeit ganz zu schweigen. Samir, der, wie sich schnell herausstellte, ungewöhnlich kenntnisreiche Fremdenführer, der uns am Flughafen abgeholt hatte, machte es ausgesprochen klug: Er jagte uns im Eiltempo durch die Säle des Erdgeschoßes und ging nur auf wenige herausragende Objekte ein wie etwa den sogenannten Dorfschulzen aus dem Alten Reich. Und er jagte uns im Eiltempo durch eine Reihe von Sälen des Obergeschoßes. Aber zuletzt jagte er uns nicht mehr. Für die Gold- und Silberschätze, für die herrlichen Juwelen – sie versetzten unsere Damen in helles Entzücken – nahm er sich genügend Zeit, vor allem aber für den weltberühmten Grabschatz des Tut-ench-Amun aus der Mitte des 14. vorchristlichen Jahrhunderts. Ausführlich erzählte er von der sensationellen Entdeckung des Tut-ench-Amun-Grabes durch Howard Carter im Jahre 1922.
„Es enthielt nicht nur eine unberührte Königsmumie“, sagte Samir, „sondern vor allem eine unvorstellbare Fülle kostbarster Schätze und zugleich kulturhistorisch wertvollster Originale von außerordentlichem Anschauungswert für die Erkenntnis des altägyptischen Alltagslebens. 5600 Einzelobjekte waren es insgesamt, die man fand, teilweise restaurierte und hierher brachte. Aber natürlich sind hier nur die allerwenigsten ausgestellt. Schon seit langem platzt das Museum aus allen Nähten.“
(Seit 2002 wird nahe den Großen Pyramiden ein hypermoderner Neubau unter dem Namen Großes Ägyptisches Museum errichtet. Eröffnet werden soll es, zumindest provisorisch, Ende 2018. Dann sollen alle 5600 Fundstücke aus Tut-ench-Amuns Grab zusammen mit 45000 weiteren altägyptischen Objekten zu sehen sein.)
Samir ließ auch den Hype mit dem angeblichen Fluch des Pharao oder des Tut-ench-Amun nicht unerwähnt. Man brachte diesen mit angeblich mysteriösen Todesfällen in Verbindung, die sich in den Jahren nach der Öffnung des Grabes ereigneten. Das erste Opfer soll übrigens Carters Kanarienvogel gewesen sein, der ausgerechnet am Tag der Graböffnung in seinem Haus einer Kobra zum Opfer gefallen sein soll. Carter selbst starb 1939 im Alter von 64 Jahren.
Was mich persönlich jedoch am meisten beeindruckte, das waren die sogenannten Mumienporträts aus der römischen Zeit, sehr naturalistisch und faszinierend lebendig gestaltete Bildnisse von Verstorbenen, die auf Holztafeln gemalt und auf der Mumie über dem Kopf des Verstorbenen angebracht wurden.
„Die selten vollständig erhaltenen Mumien“, erklärte Samir, „sind meist mit Leinenbinden sorgfältig umwickelt, wobei das Tafelporträt ausgespart, oder auch in ein bemaltes Tuch gehüllt wurde. Sie konnten auch von einer bemalten Kartonage umgeben oder mit einem plastisch gestalteten Büstenoberteil in Stuck versehen sein. Die unter römischem Einfluss, vom 1. bis zum Anfang des 4. Jahrhunderts nach Christus entstandenen Porträts ersetzten die älteren ägyptischen Mumienmasken. Diese stellen aber kein Porträt des Verstorbenen dar, sondern zeigen idealisierte Gesichtszüge. Sie bestehen meistens aus vergoldeter Kartonage.“
(Anmerkung: Erst 2018 wurde in Sakkâra ein Sensationsfund gemacht: eine Mumienmaske aus vergoldetem Silber. Nur sehr wenige Masken aus Edelmetall haben sich bis heute erhalten, weil die Mehrzahl der Gräber altägyptischer Würdenträger schon in der Antike geplündert wurde.)
„Beim Mumienporträt findet sich altägyptische Tradition wie die Weiterverwendung der Mumifizierung und die Verwendung von ägyptischen Themen als Dekoration der Mumie kombiniert mit römischen Elementen, nämlich der naturalistischen Darstellung des Verstorbenen in Alltagskleidung und mit Schmuck.“
"Und eventuell mit einem Kranz aus Lorbeer oder Blumen, dem anmutigen griechischen Ersatz für das Abendkleid", ergänzte Professor Pichler. „Diese Mumienporträts sind einzigartige Zeugnisse der Qualität der antiken, speziell der römischen Malerei. Ihre Verwendung ist natürlich rein ägyptisch. Doch in ihrer künstlerischen Tradition sind sie eindeutig römischen Ursprungs. Von der römischen Tafelmalerei haben sich wegen der Vergänglichkeit des Materials leider nur sehr wenige Beispiele erhalten, und wenn überhaupt, dann eben nur hier in Ägypten. Wissen Sie, meine Damen und Herren, unter all den Ländern, die einst zum römischen Reich gehörten, hat Ägypten ein ganz und gar einzigartiges Klima, nämlich ein absolut trockenes Wüstenklima. Im Wüstensand der Sahara haben sich daher über die Jahrtausende hinweg auch organische Substanzen erhalten, die anderswo schon längst verrottet und zerfallen wären. Aus organischen Substanzen besteht ja nicht nur Papyrus, den die Bewohner Ägyptens von alters her als Schreibmaterial verwendet haben, sondern unter anderem eben auch Holz.“
Über das Austauschen von Lauten und Religionen
Während das Ägyptische Museum praktisch im Zentrum der Riesenstadt liegt, nämlich am (unterdessen berühmt gewordenen) Tahrir-Platz, dem „Platz der Befreiung“, liegt ein wesentlich kleineres, aber ebenfalls hochbedeutendes Museum in einem Vorort, der sich Alt-Kairo nennt. Es ist tatsächlich der älteste Teil von Kairo und liegt auf dem Gelände einer römischen Festung mit dem eher überraschenden Namen Babylon. Es ist das Koptische Museum und dokumentiert die Geschichte des Christentums in Ägypten. Hierher führte uns Samir am Nachmittag, überließ aber die Führung unserem Professor Pichler. Dieser stellte zunächst klar, wer die Kopten sind und woher der Name kommt.
„Im Laufe der Römerzeit war Ägypten, so wie alle übrigen römischen Provinzen auch, ein rein christliches Land geworden. Nun beherrschte Entsagung, Demut und christliche Frömmigkeit die Denkweise des Volkes. Es wird, wie in den Papyri dieser Zeit nachzulesen, kein Vertrag mehr aufgesetzt, der nicht zuoberst die Formel trägt im Namen unseres Herrn Jesu Christi, im Namen der heiligen Dreieinigkeit oder dergleichen. Früher hießen die Straßen, etwa in Arsinoë (Krokodilopolis), beispielsweise Gymnasionstraße, Hadrianstraße, Kaisermarkt. Jetzt begegnen uns Namen wie Straße des heiligen Viktor, Straße des heiligen Theodor, Straße der heiligen Gottesgbärerin.
Darüber hinaus hat Ägypten eine entscheidende Rolle bei der Entstehung
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Texte: Karl Plepelits
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Tag der Veröffentlichung: 19.08.2018
ISBN: 978-3-7438-7839-6
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