Cover

Vorwort

Der nachfolgende Text ist über 30 Jahre alt. Er ist ein Jugendwerk und trägt folglich auch die typische stilistische Unsicherheit der Jugend in sich. Dies ist aber kein Fehler, da er alle zitierten Klischees grundsätzlich ins Brutale wendet - vom Kartenspielertrick bis zum Kreuzsymbol.

 

Das Werk beschreibt Gesellschaft als Verdauungsfunktion, das ist insoweit interessant, als Jahre später, in meinem Hauptwerk, "R1 (Zeit der bürokratischen Unschuld)", Gesellschaft grundsätzlich in Kannibalismus enden muss.

Nichts ist also Zufall.

Und so ist es wohl auch kein Zufall, dass ausgerechnet nach der Wahl des neuen Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika  mir die Jugendsünde meines Frühwerks wieder einfiel. Ich weiß nicht warum, wissen Sie es?

 

Der bemerkenswerte neue amerikanische Präsident hat im wahrsten Sinne des Wortes und auf großartige Weise aus 'Dumpf' Trumpf gemacht. Darum widme ich ihm auch dieses Buch.

 

Infos und Bücher: https://zeuslogo.wordpress.com/

 

Bücherliste: https://zeuslogo.wordpress.com/2014/11/26/bucherliste/

Dr. Puschels Überfahrt

 


Dr. Puschels Überfahrt ans Ende der Welt 
(Neuzeit)

1. Auflage 2016

 

Dr. Puschel schifft ins Meer.

(Eine theatralische Geste)

 

[Wie die Wahrheit des Irrtums der Mangel an Wahrheit ist, ist die Vernunft daran nicht fest­stellbar]
 

 

Personen:

 

Der Erzähler (Narr)

 

Chef:

Dr. Puschel

 

Unternehmer:

Papst

Kox

Schmith

Bibba

 

Technokraten:    

Hank

Goofey

Packer

Oberst

 

Volk:                   

Liselle

Julie (Nutte)

Liselles Vater

Petzki (Verbrecher)

 

Nebenfiguren:            

Wächter, Wilder, Bediensteter, ein Opfer, eine Frau, einer aus dem Volk, Kind,

Soldaten, Polizisten, Assistenten, Menschenmenge etc.

Chor der Offiziere.    

                             

 





















                                   Es war ein Schiff
                                   Es war ein Meer
                                   Es war ein Land

 

 

Chor der Offiziere:

 

Öfters sich im Kreis drehn

 

Das Kommando rezitieren

Vielmal sich im Takt einbleun

Vielmal nicht aus Notwehr meucheln

Aber nur aus Liebe foltern

 

Einmal flieg mal fall mal

 

Einmal Robbespiere  sein

Einmal richtig grausam sein

Einmal wie Maschine sein

die Maschine der Gesetze lieben

und die Guillotine lieben

 

Einmal sich zum Kampf aufrüsten

Einmal sich zum Ruhm aufrüsten

Einmal nur die Angst nicht kennen

Einmal seine Größe kennen

und den Feind am Gang erkennen

 

Einmal stark bewundert werden

Einmal nicht verwundet werden

Einmal keinmal Dummkopf werden

seinen Kopf zur Wonne aller Menschen tragen

und den Kragen weißer tragen

 

Einmal nur ganz anders sein

Einmal nochmals so sein

Einmal niemals nein schrein

Keinmal nochmals niemals schrein

Schrei mal lauthals ‘frei sein’

Nachmals wirds vorbei sein

 

Einmal richtig selbst sein

Einmal auf dem Fels schrein

Einmal auf dem Dampfer

Schließlich aber langts mal

 

 

 

(Chor)  Es steht ein Schiff

noch still noch ruhe sanft

bald ruhe sanft du ferne Welt

verende

wir kommen

wir nehmen dich

wir schaffen uns ein neues Land

 

Das  Schiff wird tragen

zwanzigtausend Menschen

und viel hunderttausend später

wirst daraus gebären

 

Trägt fort trägt fort

bald wirst du bringen

zehntausend Tage Zukunft du

für uns das birgst du uns

du Riesenschlachtkahn

unbesiegbar

tödlich / Mordgelüst Eroberung

 

Mit tausend Mordgeschützen voll bestückt

hingerichtet ab aufs Meer die Ferne

und Riesenbauchmaschine und

Riesenschornstein in die Höhe

du Stahl aus Macht / und Gewalt Eroberung

 

Goldnes Fett Maschinenöl

schmierst gut den Wanst

und eilfertig zum Zerstampfen

und voll Gesundheit Feuerung

bis zum Verzehr

 

Stampfe wenn du stampfst

und bringe wenn du bringst

tanze wenn du dampfst

du produktive Kampf- und Schlachtmaschine

 

Übers Wasser übers Wasser

schleifst hinüber

deine technischen Prinzipien

mitsamt den allerhöchsten Idealen

Siegeslust und Unterwerfungszwang

 

Ferne frei

macht frei das Meer

für diesen Apparat

unsägliche Kiste Eisenungetüm

 

Vorwärts Monstrum

Großgestalt

in Aufbruch

da liegt die Zukunft deiner Macht

Ja zum Besiegen

 

Noch später

ist die Sage zu vermelden

vom Riesenstück Maschinenschiff

sind viele Menschen werden sagen

wie das Schiff zu lieben war

das trug die Zukunft unter Tage

Tretmaschine Feuerofen

über Tage seinen Stolz

 

Und ganz zum Schluß

ganz drin

und frisch mitsamt brutal in Zukunftsstimmung

das Menschenmaterial

 

Heil

Bürger Kaufleute

Organisatoren

Führer Verteiler

Macher Mitläufer

Menschen

 

Freunde

Menschenvolk

und hin die neuen Menschen

 

Kommt

in die Morgenröte

frei - macht frei das Meer

die Zukunft - Ferne

werft in den Koloß - Zukunft

 

Blubbert Koloß

so dumpf träge noch

hinab hinab

und hinab

die Ferne

 

Trumpf!

 

 

(Erzähler) Warum sie in den Bauch gekrochen sind, gebeugt, bepackt. Fragt nicht.

Ich sehe das Wasser, das Schiff: Reise, Hoffnung, Flucht, neues Land.

Man hörte hinter den Wassern gäbe es ein neues Land; da wäre Platz zum Leben. Ich er­zähle euch die Geschichte von der Überfahrt zur neuen Welt, und wie sie wurde, was sie ist.

Menschen, seht die großen Taten, die sie vollbrachten; an ihnen sollt ihr messen, wie Erfolg gemacht wurde. Wie geworden ist, was zu messen ist.

Warum sie aus den Löchern in den Rumpf geschlichen kommen, scheußlich dumpf die Lumpenkinder.
Fragt nicht, was sie, die Ratten der Armut, aus den Löchern treibt. Schlüpfrig auf den Planken - die Eroberer; die Hoffnung treibts rein.

Proleten, Strolche, Optimisten, gehen unbesehen in die Zukunft.

Die Gescheiterten in die Zukunft, die Habgierigen in die Zukunft, die Abenteurer in die Zu­kunft, der Abschaum in die Zukunft. Aus den Elendsquartieren in die Zukunft, aus den Ge­fängnissen in die Zukunft, vom Galgen in die Zukunft. Ab in die Zukunft.

Ich sehe die Menschen in den Schiffsbauch kriechen, die Gesichter aschfahl und häßliche Gesichter, die Haare zerzaust, die Kleidung ärmlich, zerlumpt, die Gestalten gebeugt.

Ich sehe Menschen verwegen und die Augen schlau.

Ich sehe sie als lange Schlange runter zum Hafen, zum Schiff.

Flankierend stehen Uniformierte, die Ordnung brutal, die Menschen in Reihe zu halten.

Ein Trommelwirbel, die Kapelle spielt auf zum Marsch. Soldaten rücken ein, voll Sang und Klang in den Schiffsrumpf zu steigen. Auch Sträflinge, bewacht, ziehen unwillig zum Kai, ver­schwinden unter Deck.

Zwei aus der Menge, Hank und Goofey, verhandeln mit einem Uniformierten am Steg. Sie haben es nicht für nötig befunden, sich einzureihen. Sie können passieren.

Ein Händler kommt, schiebt einen voll beladenen Wagen, steckt einem Uniformierten ein Geldstück zu, um sich von ihm begleiten zu lassen. Den Weg so geebnet, erreicht er unbe­anstandet den Steg.

Einem Kind, das dort mit seinem Wagen zu kollidieren droht, erteilt er eine Ohrfeige. Die Mutter, die sich beschweren will, schreit er an, sie solle ihre Fresse halten, sie jämmerliches Stück Mistvieh. Er sei jemand, dem man nicht in die Quere kommen dürfe.

Der Händler heißt Packer und kennt nicht zufällig einen von denen, die in diesem Augenblick ihren Auftritt haben.

Packer passiert die Kontrolle, betritt das Schiff.

Die Prominenz ist aufgetreten.

Der Organisator Dr. Puschel, seine Assistenten, der Oberst, sowie die Unternehmer Kox, Schmith und Gretel Bibba beweisen sich ihre Großartigkeit.

Dr. Puschel: Wir haben alles aufs beste vorbereitet, die Organisation perfekt, das Unterneh­men bis ins kleinste durchkalkuliert; das Schiff ist gerüstet, der Erfolg garantiert.

Kox: Welche Spitzenleistung Ihres Könnens. Unbestreitbar Ihre Größe.

Dr. Puschel: Ah, nicht der Rede wert, ist mein Geschäft, den Profit zu garantieren.

Oberst: Wir inspizieren das Schiff.

(Grund- und Aufriß; die Konstruktionszeichnung des Schiffs wird ausgebreitet.)

 

(Erzähler) Sehen wir richtig, die großen Herren haben große Ziele im Blickfeld, verwundert uns nicht, daß die Kleinigkeiten darunter an Unschärfe im Blick verkommen. Meine These, hier ist keine Nachlässigkeit im Spiel, das ist Konsequenz der Herren Höhe.

Das Allgemeine ist das Wahre, gewissermaßen von höherer Warte aus betrachtet, und alle Statements, die vom Erkenntnisstand der Mächtigen aus abgelassen wer­den, handeln stets vom Allgemeinen, als sei es ein konkretes Ding der Wirklichkeit.

Die Herren sagen, wenn wir z.B. aus freier Willkür vom Menschen handeln, übertrifft dies freilich unsere Vorstellungskraft, wenn wir vom Schreibtisch aus in großer Zahl den Men­schen behandeln. Sie sagen, so können wir uns die Konsequenz unseres Befehls, z. B.  das Liquidieren großer Menschenmassen gar nicht vorstellen, bevor sich diese faktisch umge­setzt hat in der Tat.

Und in der Tat, sie haben sie realisiert, ohne sich mit der Konsequenz des Handelns belästi­gen zu müssen.
Diese dynamischen Persönlichkeiten handeln in der Tat ausschließlich im Sprachgebrauch, sie befehlen.
Entscheidbar ist, vom Schreibtisch aus berechenbar, die große Zahl. Die Konsequenz des  Handelns wiederum, filtriert zum Schreibtisch hin, ist doch erfahrbar wieder nur als große Zahl. Begriffslos große Zahl, das ist Erfolg vom Schreibtisch aus.

Nicht das Begreifen zählt, nur das Berechnen. Was sich nicht berechnen läßt, fällt raus.
Diese dynamischen Persönlichkeiten foltern, massakrieren, ebenen ein ja nur im Sprachge­brauch; sie lenken, leiten, führen unbesehen, jeder nach seinen Bedürfnissen, jeder nach seinen Möglichkeiten.

So sprechen sie erfahrungslos und bringen unbegriffen nur auf den Begriffsersatz, auf eine Norm, und ihre Moral - was sie ihre wissenschaftliche Objektivität nennen - ist ihre bürokratische Unbeteiligtheit, als Abstraktion vom Objekt ihrer Maßnahme.

Da, wo sie sich von Irrationalität leiten lassen, sind sie zynisch, Ideologieeinsatz. Der Sinn ist Willkür, was zählt, ist der Erfolg.

Andererseits handeln die, die handeln auf Befehl, doch in der Regel unverantwortlich: die verfolgte Kreatur zählt nicht. Objektiv zählt nur der vorgesetzte Nenner der Befehle nach den Kriterien vom Schreibtisch aus.

(Am Plan)

Dr. Puschel: Nun Oberst, sind Sie zufrieden mit der Ausstattung des Schiffs?

Oberst: Ausgezeichnet. Kleine Verbesserungen für meine Militärmaschine werde ich wäh­rend der Fahrt vornehmen lassen. Nur ist unzumutbar, daß die Bevölkerung auf den Haupt­gängen kampiert; schließlich muß meine Einsatztruppe auch unter Deck eine gewisse Mobili­tät bewahren können.

Smith: Wir müssen die Kapazitäten des Schiffs auslasten. Wer bezahlen kann, kriegt einen Platz.

Dr. Puschel: Wir beschließen einen Preisnachschlag, da zur Zeit augenscheinlich die Nach­frage höher ist, als unser Angebot sich zu steigern vermag. Sie sehen, mit den einfachsten Mitteln der Ökonomie läßt sich alles aufs schnellste beeinflussen; der Gewinn ist uns in jedem Falle sicher.

Smith: ...Haben Sie alles fest in der Hand.

Dr. Puschel: Selbstverständlich. Die Beherrschung der Gesetze der Ökonomie ist unabding­bare Voraussetzung zur Durchführung unserer Pläne.

Oberst: ...Beherrschen Sie alles vollkommen.

Dr. Puschel: Die Gesetze der Ökonomie sind Dreh- und Angelpunkt meiner Herrschafts­kompetenz. Nach Maßgabe dieser Gesetze beherrsche ich die Dinge. Meine Herrschaft über die Dinge aber ist absolute Notwendigkeit zur rationalen Gestaltung der Zukunft. Allein, in­dem ich mir meinen Profit garantiere, gelingt mir, meinen Willen durchzusetzen. Nur indem ich die Dinge einem Gesetz unterwerfe, nur indem ich ein Prinzip zur Leitung nehme, ist or­ganisierter Fortschritt möglich, ist Organisation der Dinge möglich, ist Fortschritt möglich.

Bibba: Was wollen Sie uns damit sagen?

Dr. Puschel: Aus der Ferne dirigiere ich nach allgemeinen Regeln technisch einwandfrei.

Oberst: Platz da, wir besteigen das Schiff. (Der Plan wird eingerollt)

Nachdem Dr. Puschel seine Preise erhöht hat, begibt er sich mit seinen Mitarbeitern auf das Oberdeck.

: Neue Preise. Unten vor dem Schiff kommt es zu Tumulten. Unmutsäußerungen, Abwande­rungen vom Kai. Die Menschenmenge lichtet sich.

Einige kehren um, weil sie offensichtlich nicht genügend Geld besitzen. Andere versuchen das Schiff zu entern. Der Oberst gibt Zeichen, Soldaten marschieren an Deck, wehren die Angriffe ab. Als die letzten Zahlungskräftigen im Bauch verschwunden sind, formiert sich die Polizei, die Aufständischen abzudrängen, bis nur noch ein Häufchen Ungebrochener abseits auf ein Wunder wartet, doch noch den Dampfer besteigen zu können.

Einer Frau gelingt es, an den Soldaten vorbei aus dem Schiffsbauch zum Oberdeck zu Dr. Puschel vorzudringen, geht vor ihm in die Knie, daß dieser den zum Schlag erhobenen Ge­wehrkolben Einhalt gebietet.

Die Frau: Herr Dr. Puschel, ich flehe, haben Sie Erbarmen mit mir. Meine Familie und ich haben alles aufgegeben, um die Überfahrt bezahlen zu können. Nun bin ich hier, denn ich kam auf das Schiff, als der Eintritt noch bezahlbar war. Mein Mann hingegen und mein Kind stehen am Ufer, weil ihnen das Geld fehlt, das Sie als Aufpreis verlangen. Ich bitte Sie, seien Sie großherzig und reißen Sie unsere Familie nicht auseinander.

Oberst: Sie können ja das Schiff jederzeit wieder verlassen. (Und zu den Soldaten gewandt:)
Schmeißt die Frau von Bord!

Die Frau umklammert verzweifelt die Beine von Dr. Puschel.

Die Frau: Oh, nein.

Dr. Puschel: Aber meine Dame, ich bitte Sie, was soll ich machen; vor dem Gesetz ist jeder gleich. Die, die bezahlen können, haben Eintritt, die anderen nicht.

Die Frau: Die Gesetze sind grausam.

Dr. Puschel: Grausamkeit ist kein Kriterium, nach dem man Gesetze beurteilen kann; Ge­setze sind gerecht.

Kox: Wer keine Macht hat, hat kein Recht. Recht ist nur das Selbstbewußtsein der Mächti­gen. Wir diskriminieren also nicht etwa den Machtlosen wegen seiner Armut, wie man etwa jemanden wegen seiner Rasse, Herkunft oder wegen seines Geschlechts in einer Gesell­schaft diskriminieren kann, deren entscheidendes Kriterium für Macht sich in Eigentum und Besitz von Welt ausdrückt, sondern wir behandeln ihn nur folgerichtig.

Die Frau: Ich flehe.

Dr. Puschel: Natürlich haben wir gewisse Kulanzen. Ich mache Ihnen also einen Vorschlag; Sie treten bei mir in Dienst und können so  meine Verluste abarbeiten, wenn ich mich groß­zügig für Ihre Angehörigen verwende.

Die Frau will Dr. Puschel die Füße lecken.

Dr. Puschel (wehrt ab): Die Schuhe können Sie mir später putzen. (Er winkt einen Assisten­ten herbei, schickt ihn, mit der Frau die Zurückgebliebenen abzuholen.)

Oberst: Sowas ist doch widerlich. Die geschmacklose Penetranz der Bevölkerung ist mir unerträglich. Da leckt Ihnen die Frau auch noch die Füße, daß sie sich Ihnen verkaufen darf.

Dr. Puschel: Nein, verstehen Sie nicht. Sicherlich ist Derartiges widerlich. Aber diese Härten, die mein schweres Amt mit sich bringt, müssen ertragen werden.

Oberst: Man muß ganz anders mit solchen Elementen verfahren.

Dr. Puschel: Es ist wichtig, menschlich zu sein.

Unten kommt der Papst an. Der Papst ist auch dabei, besteigt mit glanzvoller Geste das Schiff. Dr. Puschel eilt ihm entgegen, freut sich ungemein, seine Heiligkeit an Bord begrüßen zu dürfen.

Papst: Ein außerordentliches Machwerk ihr gottloses Monstrum.

Dr. Puschel: Ich hoffe doch sehr, eure Heiligkeit werden es während der Fahrt absegnen.

Papst: Natürlich, wir werden eine große Feierlichkeit geben.

Beschaulich würde die Reise beginnen können, unterm Abendhimmel ruhige See, wäre nicht einer der Sträflinge durch eine Schiffsluke gekrochen gekommen - stürzt zurück an Land und versucht dem Hafenbereich zu entkommen.

Der Oberst schreckt auf, brüllt und schäumt dem Flüchtigen hinterher. Schnell wird er von den Polizisten an Land gefaßt und unter heftiger Gegenwehr zum Kahn zurück transportiert. Petzki, der Sträfling flucht.

Petzki: Laßt mich, laßt mich, das ist die Hölle da unten, die Hölle, niemals freiwillig aufs Schiff.

(Erzähler) Also, die Reise kann losgehen. Freudige Fahrt, erwartungsfrohe Fahrt. Hoffnung. In die Zu­kunft, in die Zukunft.

Die Maschine stampft. Das Schiff bebt auf. Der Schornstein raucht. Glückliche Fahrt. Viel­leicht auch noch Jubel am Kai.

Dr. Puschel schifft ins Meer.

 

(Erzähler) Unter Deck im Laderaum sitzt dicht gedrängt die Menschenmasse, hat sich not­dürftige Un­terkünfte gebaut, um sich erträglich einzurichten.

Geschäftemacher haben ihre Stände aufgestellt, der Bevölkerung ihre Ware anzubieten, mit dem Lebensnotwendigen zu versorgen.

Auch Goofey und Hank verkaufen an einem Tisch ihr Produkt. Sie können dienen mit Alko­hol, und um ihren Ertrag zu steigern, geben sie schluckweise ihren Schnaps zum sofortigen Trunk.

Am Nebentisch steht Packer. Er preist Lebensmittel, teuer und ungenießbar.

Wie wir sehen, ist alles so eingerichtet, daß es kaum auszuhalten ist auf dem verfluchten Kahn. Auch erste Krankheiten sollen kursieren. Doch solange es Schnaps gibt, hat hier nie­mand zu meckern. Auf Deck patrouillieren Soldaten.

Beobachten wir Packer bei einer geschäftlichen Transaktion mit der Nutte Julie. Packer hält zwei Konservendosen hoch, Julie nickt. Packer lacht, und beide verschwinden hinter einer Deckenkonstruktion. Was sich dahinter abspielt, interessiert nur insoweit... als Julie wieder zum Vorschein kommt, hat sie die Lebensmittel erstanden.

Daß Goofeys Geschäfte laufen, versteht sich von selbst. Während er Schnaps reicht, kann Hank, neben ihm, einen Mann zum Kartenspiel überreden. Hank packt seine Geldbörse auf den Tisch, mischt die Karten. Der Mann zögert noch; er hat eine Tochter und einen Sohn mit seinen spärlichen Geldmitteln zu versorgen. Er stellt Hank seine Kinder vor. Hank versichert ihm, daß er entzückende Kinder habe, wirklich entzückend und fragt nach dem Alter der Tochter, heißt Liselle, siebzehn Jahre alt. Hank gibt die Karten aus, los, Mann, Einsatz, wer was wagt, hat im nu sein Vermögen vervielfacht. Goofey gibt Schnaps und greift ein, als er bemerkt, daß der Mann sich noch immer ziert, zieht ihm den Geldbeutel aus der Tasche, um ihm beim Setzen behilflich zu sein.

Auch die Umstehenden interessieren sich, wollen sich freuen, welche Geldsummen den Besitzer wechseln.

Goofey: Deine Kinder haben sicher auch nichts dagegen, wenn du was dazuverdienst. Ich zeige dir, wies geht. Man muß immer seinen Einsatz auf den Tisch packen, weils üblich ist.

Hank: Geld muß man arbeiten lassen, sonst verkommt es (spielt und gewinnt).

Goofey: Ist doch klar, mal gewinnt der eine, mal der andere.

Hank gewinnt weiter, die Summen erhöht, gewinnt weiter.

Goofey klopft dem Mann auf die Schulter, gibt Schnaps, Hank verdoppelt, gewinnt.

Goofey: Revanche muß er bekommen. Einmal muß er ja das Glück auf seiner Seite haben.

Doch daraus wird nichts, als habe der Mann niemals eine Chance gehabt.

Einer: Der wäre erledigt.

Der Mann: Das Geld. ‘Von was’ sollen wir leben. Wir werden verhungern.

Der Mann dreht sich nach seinem Sohn um, tätschelt ihn. Goofey rüttelt ihn zur Besinnung.

Goofey: Jetzt ist alles verspielt. Da gibts nichts mehr, aber sauf!

Einer: Was hat er noch?

Goofey: Bleibt das Verrecken.

Einer: So schnell.

Hank: Die Tochter.

Der Mann: Kann man das überhaupt?

Hank: Warum solls nicht gehen? Man kann alles kaufen und verkaufen. Geld ist da.

Goofey: Alles gegen die Tochter.

Rufe: Geht das?

Hank: Man kann alles kaufen. Wer kein Geld hat, muß sich verkaufen, der verkauft seine Arbeit, den Kopf, die Hand. Warum nicht den ganzen Menschen?

Hank (zur Nutte): Kann man sich verkaufen?

Julie: Es gibt diesbezüglich keine Einschränkungen.

Goofey: Zeigs uns, Julie. Zeige uns deinen Betrieb.

Mehrere: Zeig uns deinen Betrieb.

Anfeuerungen, Rufe, Pfiffe, belustigte Stimmung. Einer setzt sich an ein Klavier, spielt zum Tanz auf.

Die Nutte fängt zu tanzen an, hebt ihr Kleid bis über den Bauchnabel hoch.

Goofey: Ja, zeige uns deinen Betrieb.

Mehrere: Das geht, das geht. Sie verkauft sogar ihr Defizit.

Goofey: Und wers nicht glauben will, der kann sich überzeugen im radikalen Kontext bürger­licher Freiheit, daß man sich verkaufen kann.

Mehrere: Eujeu, hoho.

Goofey: Das ist radikales Gesetz der Freiheit, daß man alles kaufen kann, und daß man al­les geben kann, weiß die Geschichte zu berichten, und daß man alles kriegen kann, ist selbstverständlich, und wers nicht weiß, glaub ich, hat nichts dazu gelernt. Denn nichts macht Halt vor dieser Möglichkeit, man muß es nur verstehen, und die Moral, die uns beschützen sollte, wird ausgetilgt von aller Gier nach Weltbesitz - fast wie von selbst mit einem Federstrich.

Goofey bekommt ein Papier zugespielt und setzt den Vertragstext auf. Die Musik klingt aus.

Goofey: Die mathematischen Gesetze sagen, daß jeder die Gewinnchance hat, der unser Spiel zu spielen wagt.

Der Mann und Hank unterschreiben.

Goofey: Der Vertrag ist unterschrieben. Das Gesetz steht uns zur Hand. Die freien Rechts­subjekte haben sich geeinigt, und jeder bietet, was er hat, und alles geht jetzt vor, so wie es vorgeschrieben und damit neue Sitte ist. Wo alle Möglichkeiten ausgeschlossen sind, den Sachverhalt durch Willkür zu beeinflussen, hat der Zufall nach altbekannter Begrifflichkeit den Glücksgott zu spielen.

Einer: Die Einsätze sind getätigt.

Tumult, ausgelassene Stimmung, Lachen, Glückwünsche.

Goofey: Es ist ausgestanden.

Einer: Das Spiel gibt uns ein Lehrbeispiel für überzeugende Gerechtigkeit.

Goofey: Mein lieber Hank.

Hank: Mein lieber Goofey.

Goofey: Ich beglückwünsche dich.
Beide stecken sich das Geld in die Taschen. Hank greift sich die Tochter, die nun weint.

Hank: Der Gerechte siegt, denn Sieg ist Gerechtigkeit. Auf Dauer setzt sich Klasse durch; denn das Rezept erfolgreichen Handelns wird ausgeklügelt von Persönlichkeiten charakterli­cher Überlegenheit (verschwindet mit Liselle).

Goofey (genehmigt sich Schnaps): Der ist von Nöten.

Wer von uns auf diesem Pestkahn unter Tage kann als einziger systematisch denken? Ich. Also glaubt mir, daß ich was von Welt verstehe.

Julie: Erzähl uns viel von deinem gelehrten Zeugs.

Goofey: Also hört die Wahrheit, die ich zu berichten habe: vom Glücksgebrauch.
Wir schreiten vorwärts und wir stimulieren uns, ein Ende ist nicht abzusehen. Also bewegt der Mensch sich immerfort auf jenen Zwischentönen, sich sein Glück zu greifen und immer mehr zu wollen. So findet er die Lösung seiner Lebensfrage nicht in einem befriedigenden Endzustand; er findet sie im Rahmen seiner Möglichkeiten im zweckmäßigen Gebrauch von Welt.

Julie: Sags konkreter.

Goofey: Alle Klugheit strebt nach Geld und lobt die Dummheit, denn die Welt wird aufgeteilt, und die Macht der Klugheit zwingt die Dummheit in den Dienst.

Intelligenz bedeutet, von der Dummheit und dem Aberglauben anderer zu profitieren. Geld ist das Zaubermittel, Welt in Besitz zu bringen.

Julie: Du sagst unbegreiflich schlaue Dinge, die wir selbstverständlich zu vollziehen pflegen. Indoktriniere uns weiter.

Goofey: Ich danke dir.

Wir organisieren unser Handeln. Organisiertes Handeln ist ein System hierarchisierter Handlungen von der konkreten gegenständlichen zur höchsten allgemeinen. Das höchste Allgemeine ist das System für sich, es ist eine Idee, und die heißt Fortschritt.

Nun aber handeln wir konkret im einzelnen nach unseren jeweiligen Interessen, insoweit dienen wir unserem Erfolg, der Herrschaft über die Dinge.

 Versteht sich von selbst, daß das System des Handelns, das des Jeden bedarf, nicht jeder­mann gleichermaßen Befriedigung verschaffen kann. Jede Handlungsstrategie dient im be­sonderen konkreten Interessen, dem persönlichen Machtzuwachs der Herrschenden.

Der Sieger erhebt sich über die Masse und nimmt sich seinen Anteil.

Darum begreifen wir endlich, daß die konkreten Interessen der Vielen unberücksichtigt blei­ben müssen, wenn Fortschritt die Erfolgreichen erzielen sollen.

Nach diesem Maß bewegt sich die Welt. Mit Geld regiert der Geldbesitzer unsere Welt.
Wer das Zaubermittel, das euch gierig macht, erfindet, will euch nach seiner Pfeife tanzen lassen und hält die Droge für euch knapp.

Julie: Dein Geschwätz versteht kein Mensch. Zeig uns eine Regel, der wir folgen können.

Goofey: Gut Freunde, so merkt euch.

Wenn wir in Stimmung kommen wollen, was jeden Einzelnen Befriedigung verschaffen soll, gebrauchen wir den Schnaps. Ich gebe euch den Schnaps. Wenn wir in Rattenstimmung sind, gibts Schnaps, und wenn uns auch der Schnaps nichts nutzt, so brauchen wir das Blut, gibts Blut von Dr. Puschels langer Hand.

Julie: Langer Rede, kurzer Sinn! Wir wollen eine schnellere Wahrheit.

Goofey: Ich sage also, schenkt euch ein. Schnaps für alle! Solange der Saft reicht, knallt euch die Birne voll!

Julie: Ein löblicher Trinkspruch. Wir folgen dir.

 

(Erzähler) Das Menschenvolk ist eingestimmt auf das, was ihm geboten wird. Menschliches Gewürm erwartet nun neuerliche Sensation. Am meisten aber sehnt es schlechterdings, daß Land in Sicht.

Oben sind die Popen und die ganze Latte hoher Herren, sowie Soldaten aufmarschiert, um eine Opferhandlung vorzunehmen.

Schauen wir uns spaßgewohnt die Festlichkeit, die längst schon fällig war, zur Labsal unse­rer Seele an. Sicher kennen wir die Sorte Rituale alle schon vom Ansatz her, doch deren fortschrittliche Aufarbeitung wird uns sicher überraschen können, haben wir bis jetzt auch oft gegähnt. Nun ja, der Papst ist auch dabei, in dessen Händen nicht nur Können, sondern über weite Strecken auch Esprit zu registrieren uns bewundernd abverlangt wird. Papstregie von höchster Ausgeburt bürgt für Erfolg, scheint vor allem zu bereichern den Fischzug.

Dr. Puschels Planung ist einmal mehr in Perfektion unüberbietbar, hat er doch aus dem ge­samten Spektrum potentieller Opfer willkürlich, stellvertretend für die ganze Opferschar, ein ‘Objekt’ herausgewählt, dem Papst zum Festrausch übergeben, daß der das Kirchenritual, so wie es überliefert ist, geschichtsbewußt betreiben kann.

Das Opfer wird herbeigeschafft, zwei Balken über Kreuz genagelt, um den Delinquenten mit dem Gotteszeichen zu verhaften.

Dr. Puschel: ...Eine schöne Leistung unserer Tage ist.

Das Opfer: Aber warum sterben? Ich habe stets getan, was man von mir verlangte. Ich bin unschuldig.

Dr. Puschel: Sie sind unschuldig mein Herr?

Sagen wir besser, Sie haben keine Verantwortung, keine Kompetenz. Insoweit Sie unschul­dig sind, weil Sie stets unverantwortlich handeln, ist die Schuldfrage hier auch gar nicht ge­stellt, spielt Ihre Unschuld nämlich keine Rolle mehr; zum Tode verurteilt werden Sie trotz­dem. So sterben Sie unschuldig wie ein Insekt am Kalkül der Mächtigen; so sterben Sie.

Nehmen Sie es als Zufall, als Unfall, als Pech, nehmen Sie es als Welt, denn wir Macher und Wisser regieren die Welt.

Persönlich sind Sie mir gleichgültig, ein beliebiges Objekt; meine Interessen als Mächtiger sind allgemeine, so ist meine Willkür als Subjekt notwendig Gesetz, und nach diesem Ge­setz verfüge ich über Sie.
 Notwendig ist das Opfer.

Das ist das Gesetz meiner Welt, das macht sie zum Opfer: Wo ein Gesetz ist, gibt es auch ein Opfer (wozu sonst ein Gesetz?), und die Bestimmung, wer oder was Opfer ist, wird ge­leistet von denen, die die Macht dazu haben.

Opfer: Wie ungerecht, warum gerade ich?

Dr. Puschel: So sind die Gesetze der Brüderlichkeit. Aus freier Willkür haben ich Sie aus der Menge ausgewählt; gemäß dem Wahlspruch, ‘einer für alle, alle für einen,’ nehme ich rein zufällig Ihren Körper. Damit  haben alle zwanzigtausend Menschen dieses Schiffs durch ihre bloße Existenz sich für Sie eingesetzt; jetzt tragen Sie Ihr Schicksal auch für alle anderen und zu ihrem Wohlgefallen. Die Wahrscheinlichkeit davon zu kommen stand ganz zu Ihren Gunsten, eins zu zwanzigtausend fast für Sie. Ist es uns etwa anzulasten, wenn Sie sie nicht nutzen konnten?

Der Papst (gibt das Zeichen): In nomine padre, nagelt ihn darauf fest.

Die Knechte nageln ihn fest.

Das Opfer: Nein, nein, nicht (stöhnt), Wasser.

Bibba gibt ihm zu trinken.

Oberst: Was beschwert der Kerl sich immer noch, hat er unser Argument nicht eingesehen?

Der Papst richtet seine Arme in die Höhe, in den Himmel, Ewigkeit. Die Knechte zerren ein Seil um das Kreuz, ziehen es den Mast hoch an die Spitze auf den höchsten Aussichtspunkt noch über dem Kommandoturm.

Dr. Puschel: Unter diesem Zeichen wollen wir uns sammeln, damit von Stund an jeder weiß, wofür er kämpft. Im Zeichen unserer Einigkeit wird Sieg uns sicher sein.

Die Menge (unten, hat sich ausgerichtet, jubelt): Heil, heil.

Dr. Puschel: An diesem höchsten Punkt wird kündigen sich Ankunft, Ziel der Fahrt, und Mö­wen, Adler, Krähen, Geier werden, aus der Ferne angelockt, den Weg zum Land uns wei­sen. Eine schöne Leistung unserer Tage ist, die Dinge allesamt mit Rationalitätsgehalt zu überhöhen.

(Erzähler) Der Papst grüßt, geht mit Gefolge ab. In Siegerlaune schifft das Schiff durchs Wellenmeer, ist seiner Göttlichkeit versichert, die neue Welt zu nehmen. Doch vorher stürmt es unerfreu­lich, greulich Kotzen unter Deck, wie das nach einem reichen Abendmahl so üb­lich ist. Das sind die Qualen einer Reise, die ein neues Ziel vor Augen führt. Menschlein krampft und wird für gut befunden.

 

 

(Chor) Erinnern wir wie es gewesen ist

 

Während unten Menschlein würmt

wird oben die frische Brise genossen

unten fault das Wasser bracken

oben gibt es Hummerhappen

Doch zum Fest

zur Fahrt Gelüst

ist der Gottesdienst begangen worden

darin resultierend

daß das Gotteszeichen an den Mast geheftet ist

als Zeichen aller Macht und Stärke

und Gewalt

Nun ja der Papst ist auch dabei

Unten torkeln die Proleten

grölen ihre Andacht

oben räsoniert die Prominenz

Zusammen glauben sie das eine:

Gott liebt uns

Wir werden siegen oder untergehn

vielmehr siegend untergehn

Denn weil wir alle Welt zu Füßen kriegen

und wir richtig vorgebildet sind

zum Schöpfungstaumel unsrer Zukunft

brechen wir auf ihrem Boden ein

So ziehen wir die Fahne hoch

damit sich jeder um sie scharen kann

- Gott mit uns

 

Jeder strebt voll Egoismus nach persönlichem Erfolg

und alle schlagen sie zusammen

die Wellen vorwärts

in die ferne Welt

die Menschen

 

 

 

Hölle Hölle Fahrt

Wellen hoch und Wellen runter ächzt der Kahn

und quält sein Glück

 

Am Ende ist die Kiste abgetrieben

und die Maschine schluckt

rumorend unter Deck

 

Stich: die blaue See

die Urgewalten sind erschöpft

befriedet plätschern zahme Wellen um das Kiel

die Fahrt geht weiter

 

Doch Menschlein lechzt nach festem Boden

Erde sehen und begehen

Strand und Sand

 

Doch Menschlein hat noch Pflichten

muß verdienen: Erde treten Erde nehmen

Landschaft hinzurichten einzuebnen

eigne Blütezeit zu treiben

oder untergehn im Siegeskampf

 

Menschlein braucht Räson

für die Zukunft für die Zukunft

Doch die Gegenwart heißt Einheitstritt in jenen Magen

dem die Behandlung nicht gefällt

 

Menschlein ist vergrämt und traurig

drängt auf Entscheidung

auf Erfolg

 

Erfolg kann gewährleistet werden

nicht Überleben

gesorgt ist

für Sieg

 

 

(Erzähler) Unten liegen die Massen ausgelaugt. Oben hat man sich erholt, was alle Härten mit sich bringt.
Menschenvolk hängt ausgepowert unter Deck, nagt am Hungertuch, denn die Geschäfte­macher bieten Angeschimmeltes zu konkurrenzlos unvorstellbar unverschämtem Preisge­bot. Die Vorratskammern sind vernagelt und bewacht, weil Dr. Puschel seit dem Sturm dem Meer nicht mehr vertraut. So müssen die Geschäftemacher sorgsam nach Geschäftsprinzip der Lage angemessen reagieren, daß bei geringem Warenangebot die Münzen weiterhin zu beuteln sind.

Die Nutte Julie, an eine Wand gelehnt, starrt hypnotisiert auf Packers schriftlich formulierte Preisvorstellungen. Goofey sitzt mit einer Flasche neben ihr, schaut mürrisch drein. Auch Hank blickt gelangweilt, dreht seine Karten, Liselle, die eingekaufte Tochter, kuscht vor ihm. Zweifellos sind Hank und Goofey von der schlechten Lage unter Deck betroffen.

Julie: Was machen die mit uns. Mein Gott, was sitzen wir miserabel im Dreck. Was können die mit den Leuten alles anstellen.

Goofey: Was interessierts mich, werden verheizt oder versaftet; ist mir doch Scheiße.

Julie: Ich muß endlich wieder was im Magen haben, sonst ist bald aus mit mir. Ich bin doch hübsch. Willst du nicht?

Goofey: Vergiß es. Dein Betrieb ist pleite. Mach dir nichts vor, du bist bankrott; da läuft nichts mehr.

Julie: Ich muß leben.

Goofey lacht und verschluckt sich.

Julie: Hast du nichts?

Goofey  zeigt seine Flasche.

Julie: Ist das Zeug nahrhaft?

Goofey: Es haut um.

Julie: Gib mir.

Goofey zeigt ihr einen Vogel (im Käfig).

Goofey: Unbezahlbar.

Julie: Saukerl.

Goofey gibt sich unbeeindruckt.

Julie: Was kann ich machen?

Goofey: Deine Visage abwenden unds Maul halten.
Julie tuts. Goofey freut sich, reicht ihr seine Flasche an den Mund, daß sie schluckt. Derweil beschwert sich auch Liselle.

Liselle: Gib mir zu fressen.

Hank: Weiber sind zum Furzen da, also halt die Fresse still.

Liselle: Wie kann ich.

Hank zieht ein Stück Brot aus der Tasche, verfüttert es lustlos. Auch Liselles Bruder versucht sich Eßbares zu erbetteln. Doch Hank jagt den Knaben davon, Liselles Protest unbeachtlich. Schließlich, nach erfolgloser Tour unter Deck, versucht das hungernde Kind Packer heimlich eine Konservendose zu entwenden.

Packer (brüllt): Dich mach ich alle (springt dem Dieb hinterher). Miststück (Packer zieht einen Revolver),

Dreckskerl, ah (schießt. Der Vater des Knaben stürzt sich auf den Revolver, wird auch erschossen). Schwein. (Liselle wirft sich auf den Vater, heult. Packer verpaßt ihr Fuß­tritte.) Dreckliese (läßt ab von ihr).

Hank schlägt dem Killer die Waffe aus der Hand, beginnt ihn zu würgen. Der kann sich be­freien, stößt Hank zurück.

Liselle (schreit): Bring ihn um, bring ihn um, (schreit) bringt euch endlich gegenseitig um.

Goofey zieht Packer seine Flasche über den Kopf, setzt ihn außer Gefecht.

Eine Menschenmenge versammelt sich, um Packer den Rest zu geben, stürzt den Waren­stand um, greift sich die Lebensmittel.

Hank steckt den Revolver ein.

Endlich stürmen die Soldaten herbei, treiben die Menschen auseinander, befreien Packer, nehmen Hank und Goofey fest, als dieser giftig auf die Beiden zeigt.

 

Dr. Puschel stellt sich ins Rampenlicht. Er will die zerstrittenen Parteien mit seinem Schieds­spruch beehren. Die Prominenz ist anwesend, Hank und Packer stehen sich gegenüber, Goofey ist ebenfalls Partei. Die Verhandlung kann beginnen.

Dr. Puschel: Wenn ich recht verstehe, beschuldigen Sie, Packer, den Geschäftsmann Hank der bewaffneten Meuterei, sowie den Geschäftsmann Goofey der Mittäterschaft, sowie beide der Körperverletzung etc., etc.

Sie, Hank, beschuldigen den Geschäftsmann Packer des zweifachen Mordes, sowie der Körperverletzung etc., etc.

Hank: Entschuldigen Sie, damit wir uns richtig verstehen, ich beschuldige den Händler Pac­ker, sich an mein Eigentum vergriffen zu haben, dieser Tatbestand allein geht mich was an. Das Volk etc., etc. geht mich nichts an.

Dr. Puschel: Ich begreife, Sie reduzieren Ihre Klage auf das Wesentliche; Sie geben aber zu, daß die Angelegenheit mit dem Aufstand der Bevölkerung gegen die angebliche Lebensmit­telknappheit zusammenhängt?

Hank: Packers Geschäftsgebaren zur Diskussion zu stellen, scheint mir überflüssig. Aber ich verhehle nicht, daß ich dagegen bin, die Lebensmittelkammern zu verschließen. Dies bringt Unruhe ins Volk und gefährdet somit den Betrieb des Schiffs. Es ist bekannt, daß Ihre Pla­nung den Betriebsstoff zur Versorgung der Maschinen für die Überfahrt und Lebensmittel, zur Versorgung der Bevölkerung, in angemessenen Proportionen vorgesehen hat. Somit ist logisch notwendig nicht einzusehen, daß die Verpflegung der Bedürftigen nun plötzlich ein­gestellt wird, sowenig wie das Stoppen des Maschinenbetriebs auf hoher See rational zu rechtfertigen ist.

Packer: Da haben wirs. Ich bezichtige den Kartenspieler Hank der abweichenden Gesin­nung.

Er griff zum Revolver und entfachte so die Meuterei. Den Revolver hatte er bei seiner Fest­nahme noch bei sich. Ich fordere, auch angesichts des unumstößlichen Beweises seiner Schuld, die Todesstrafe. Aufmüpfige Rebellen muß man niedermachen. Wir brauchen Si­cherheit im Unterdeck. Ich fordere Präsenz von Polizei. Allein die ständige bewaffnete Ge­walt ist Garant, die Unzufriedenen in Schach zu halten. Der skandalöse Widerstand muß radikal gebrochen werden, dazu bedarf es des perfekt organisierten Unterdrückerapparats, und das Programm muß heißen Abschreckung.

Hank: Die Vorgänge auf Unterdeck bezeugen doch gerade das Gegenteil. Kein anderer als Packer selbst griff zum Revolver und gefährdete die Sicherheit. Seine blinde Abknallwut be­drohte nicht nur mein verbrieftes Eigentum, sondern provozierte auch den Volksaufstand. Die Folge ist jetzt Chaos unter Deck. Nein, dies unersetzliche, geniale Schiff hat ein filigranes Innenleben und bedarf subtiler Maßnahmen, die die Unversehrtheit unseres Besitzstands garantieren können. Unstreitig ist doch der Revolver, den man bei mir fand, des Packers Eigentum. Auf dieses primitive Mittel der Gewalt will Packer also Herrschaft gründen. Er be­nutzte seine Waffe und verlor sie. Was konnte ich da tun? Ich mußte die Waffe sicherstellen, um das ärgste zu verhüten. Gerade dadurch, daß ich den Revolver an mich nahm, rettete ich unser Schiff vor dem Gewaltexzeß, der gegen unsre wahre Ordnungskonzeption gerich­tet wäre. Nicht das Schießen garantiert die Sicherheit im Inneren des Schiffs, sondern die Vermeidung dieser Art der Auseinandersetzung durch geistige Überlegenheit. Der Besitz von Menschen ist das beste Kapital. Nicht erschießen, Menschen muß man für sich arbeiten lassen.

Nun noch einige aktuelle Anmerkungen zur Lage.

Große Aufgaben stehen vor uns. Es ist die Zeit für mutige Entschlüsse. Wir alle glauben an den Erfolgscharakter unserer Fahrt.

Vor uns liegt ein reiches Land, bereit sich uns zu unterwerfen, wir müssen es nur nehmen.
So wahr ich hier vor Ihnen stehe; das Land ist nah. Ich prophezeie Ihnen, es wird nicht zehn Tage dauern, dann wird der Aussichtsposten rufen: Land in Sicht.

Doch für den Tag der Ankunft müssen wir gewappnet sein. In Anbetracht zukünftiger Land­eroberung fordere ich den Einsatz unserer Produktivkraft Mensch.

Dr. Puschel beweisen Sie uns Ihren Mut, geben Sie die Lebensmittellager frei, wagen Sie den einzig  richtigen Schritt vorwärts, setzen Sie auf die Karte des Triumphs. Mobilisieren Sie die Massen.

Ich fordere die Neukonzeption gesellschaftlich organisierter Arbeit. Nicht die hoffnungslos pauperisierte Masse brauchen wir, sondern den leistungsfähigen und motivierten Arbeiter, um unserer historischen Aufgabe gerecht zu werden.

Goofey: Dies muß organisiert werden.  Wir geben Arbeit, bieten Spaß und Sport.

Wir müssen eine Erfolgsgesellschaft werden, und der Hebel dazu muß sein die Einführung eines Leistungskriteriums. Wer funktioniert, steigt auf und wird belohnt. Ich fordere die mobile Gesellschaft. Ich fordere den Ausverkauf der menschli­chen Gehirnsubstanz zur Ehre  Dr. Puschels. Fordern wir den Menschen, nutzen wir ihn ganz. Erzielen wir Fortschritt.

Packer: Ungeheuerlich. Er will die Anarchie. Was ist Fortschritt? Wozu? Was soll dieser öko­nomistische Selbstzweck!

Man soll die Menschen auf das Niveau eines besseren Affen zurückzüchten, wenn man da­für ideale Untertanen bekommt.. Was nicht herrschaftlicher Meinung gefällt, soll als krank und entartet gelten oder als irre. In vorgetragener Ideologie steckt zuviel Utopie und läßt an Ansprüchen messen. Man verbiete den Gedanken an unerfüllte Ansprüche. Das darf alles erst gar nicht gedacht werden. Man verbiete die Zukunft, proklamiere den Endzustand. Ich sage, die Maschine muß die Knute und Bedrohung sein, den Menschen, der nicht funktio­niert, in Hackfleisch zu verwandeln.

Goofey (unbeirrt): Ich fordere die wissenschaftliche Eroberung menschlichen Vermögens durch eine technisch organisierte, arbeitsteilige Gesellschaft. Zwängen wir den Menschen in ein System von Normen, Werten und ganz pragmatisch in ein Korsett von Institutionen, das ihn leitet und aus dem er nicht ausbrechen kann. Die intellektuelle Ausbeutung des mensch­lichen Leistungsvermögens hat den angepaßten Menschen als Ideal. Wir züchten keine Af­fen, wir züchten Spezialisten. Das maßgebliche Kriterium der Leistungsgesellschaft ist Er­folg; die undurchschauten Interessen laufen hierarchisch nach oben zusammen; wir halten die Zügel zusammen, behalten die Kontrolle.

Wir haben die Kräfte der Natur besiegt, erobern wir uns den menschlichen Geist. Ich will das allseitig umstellte Kunstprodukt, das nur noch meinen Willen kennt. Wir bedürfen jedes ein­zelnen, erobern wir ihn uns, nicht mit der Keule, nicht mit Brachialgewalt, sondern mit der subtilen Methode allseitiger Kontrolle, rationaler Gestaltung des Lebens.

Wir nehmen den vereinzelten Menschen an die Hand und führen ihn in ein besseres Leben. Wir sind die Geber. Geben wir Arbeit und Lohn, und die Menschen werden zufrieden sein und ihrerseits ihr bestes geben. Wir machen Menschenleben meßbar, ablesbar und ausge­staltbar und bekommen es so willig, gläubig, angepaßt zu unser aller Wohlgefallen.

Wir haben uns mit dem Geringsten zufrieden gegeben. Ich fordere vom Menschen sein Le­ben für uns, dann vergibt er sich alles.

Dr. Puschel: Gut. Meine Herren Kollegen, wie lautet unser Urteil?

Smith: Meuterei, Rübe runter.

Papst: Meuterei, gottlos und verbrecherisch.

Kox: Meuterei, aber recht bemerkenswert.

Bibba: Aber die Vögel, aber die Vögel. Woher hat der Mann das nur gewußt?

Papst: Daran erkennt man in ihn den Kartenspieler.

(Erzähler:) Ja, in der Tat ziehen Vögel zum Schiff, flattern ums Aas, künden die Nähe des Lands. Die Vögel streiten sich ums Fleisch am Kreuz und rufen ihre Schreie den Eroberern an Deck.

Packer: Ich sehe nur die intellektuelle Potenz der Verbrecher. Die ist doch verdächtig.

Dr. Puschel: Halten Sie endlich den Mund. Ich will von den Menschen alles. Das Unterdeck muß organisiert werden.

Kox: Ich will auch von den Menschen alles.

Bibba: Ja, alles.

Smith: Ich will beides, die Gewalt des Unterdrückerapparats und von den Menschen alles.

Dr. Puschel: Sehr richtig, Smith, soweit liegt beides gar nicht auseinander. So hört also mein Urteil gegen Packer, Hank und Goofey. Ich werde Sie alle drei belohnen. Sie übernehmen ab sofort die Organisation des Unterdecks. Ich fordere eine völlig durchrealisierte rationale Welt, die meßbar sich gestaltet am Erfolg, und ich fordere die Totalität dieser neuen Welt zu meinem Ruhme.

Kox: Ich habe vorher in meinem ganzen Leben noch keine derart wunderbar umfunktionali­sierte Gerichtsverhandlung gesehen.

Smith: Und der schlaue Urteilsspruch. Dr. Puschel ist schlau. Weil er fürchtet, einen Teil sei­ner Macht unkontrolliert zu delegieren, beauftragt er die schärfsten Konkurrenten gleichzeitig mit Bedacht darauf, sie gegeneinander ausspielen zu können.

(Erzähler) So beginnt also der unaufhaltsame Aufstieg der Verbrecher mit einem salomonischen Ur­teilsspruch zum Ruhme des Richters. Wir wollen zum Ende des Stücks dann sehen, wie ihre neue Welt geworden ist.

 

 

Unerbittlich mahlt das Schiff durchs Wasser

Gewürm im Bauch

und ungebrochen übers Meer

auf Seefahrt

daß ärgerlich die Wellen sich ergeben

 

Die größten Gemeinheiten

sagt Dr. Puschel

sind notwendig

und Menschlein sühlt sich

und schreit ja

 

Unaufhaltsam stehen die Zeichen

Gewürm auf Kurs

und windet sich

den Rest der Überfahrt

ins Geschäft recht eingeübt

 

Die Menschen werden dann ausgestoßen werden

Die Menschen werden dann losgelassen werden

 

Gewürm im Training

 

Die härtesten Erfordernisse

sagt Dr. Puschel

sind notwendig mit Zuckerwatte bereitet

und Gewürm zum Einsatz bereit

schreit ja

 

Sie haben begriffen

Sie werden geleitet

Menschlein hat sich ausgerichtet

 

Gebt dem Organisatoren

sagt Dr. Puschel

was ihn stark macht

und ihr werdet eurer Gitterqual befreit

ja Gewürm

 

In die Freiheit losgelassen

wie tolle Hunde

raubtierhaft

wie ich euch mit der Peitsche lehrte

 

Findet euer Opfer

und euer Opfer war nicht umsonst

 

Und Gewürm schreit ja

wie es ihm empfohlen wird

 

 

Unaufhaltsam tigert das Ungeheuer

über die Fluten an den Einsatzort

bereit sein Innenleben zu veräußern

und der Welt ins Gesicht zu schlagen

und recht zu bekommen

im Erfolg

 

ich setze euch die Mittel frei

sagt Dr. Puschel

die Freiheit meiner Macht

die ich meine wenn ich euch zusammenschweiße

zum Aktionsgericht

 

Und das Schiff schifft zukunftsträchtig

und streckt sich mächtig und prächtig

und Gottes Hand salutiert

wie das schon gärt /  Puschels Kahn die Zukunft gebärt

 

Und Gewürm im Bauch schreit ja

 

 

(Erzähler) Ein Riesenschiff ist eine kolossale Schlachtmaschine und walzt sich durch den Widerstand und plättet alles auf den Stumpf und platt. So filigran ihr Innenleben, durchdacht bis ins kleinste Rädchen, so grobschlächtig ihre Wirkungsweise, aber groß und gewaltig.

Der Stolz des Schiffes endet nicht am Ankerplatz, vielmehr zeigt es dort erst seine Stärke im Gebrauch seiner Kanonen.

Wie lautet die Forderung des Tages, Hank und Packer haben sie entworfen: Fortschritt, Gleichschritt, Bruderkuß.

Die Masse unter Deck wird abgerichtet.

Die Bevölkerung wird der Maschinerie des Schiffes angeglichen, jedem wird ein fester Platz zugeteilt, Ordnung muß sein. Packer baut an einem ausgefeilten Bespitzelungssystem. Hank ist für die Produktivität am Fließband zuständig. Goofey ist der Vordenker: zu schlucken Vor­gedachtes eingekaut.

Wie die Arbeit organisiert ist, Fließband, Marsch, mechanisierte Körperdrehung, ist auch das Freizeitverhalten durchzuplanen, vollständig dem System technischer Notwendigkeiten an­zupassen. Ausbruch wird unmöglich, Anpassung wird, nach verinnerlichter Qual, sich techni­schen Funktionszusammenhängen zu unterwerfen, mit Spaß belohnt. Wie wir sehen, gilt es, die Ansätze mit aller Konsequenz zu Ende zu denken.

Was gibt es da zu lachen. Essen gibts und Alkohol und Ordnung ist und Sicherheit und Zeit­vertreib als Spaß wird geboten.

Die Menschenmenge steht in Reih und Glied. Dr. Puschel tritt mit seiner Führerschaft zum Volk, der Papst ist mit dabei.

Dr. Puschel tritt ans Rednerpult.

Dr. Puschel: Ein Schritt noch. Land.

Reißt euch am Riemen, das Faulenzen ist jetzt vorbei, jetzt wird geschafft, jetzt wird gewirkt, für unsere Größe. Soldaten, Volk, wir brauchen Mut und Sachverstand, vor allem aber Ein­satzfreude.

Kommt raus aus eurer Lethargie und setzt euch arbeitsfreudig und voll Tatkraft ein. Reißt hoch eure Ärsche, Dienst und Gleichschritt sind jetzt opportun.

Ich fordere die totale Bereitschaft. Totaler Einsatz. Totale Organisation bis ins Detail. Wir müssen handeln.
Totale Aufbereitung unserer Schlagkraft. Schritt. Neues Land.

Nun Volk steh auf und applaudiere.

Goofey: Demokratie ist eine gymnastische Übung. Also reckt die Arne hoch und hoch den Arm und hoch und hoch und links und links und hoch den Arm und hoch und hoch und auf die Zehenspitzen hoch und hoch und rechts den Kopf und rechts und rechts und Jubel, ju­beln bitte. Danke, vielen Dank. Jetzt bitte anstellen zum Arbeitseinsatz, in Reihe bitte, nicht vordrängeln. Ja, so klappts.

Vor einem Schreibtisch wird eine Menschenschlange gebildet. Ein Bediensteter gibt Be­scheinigungen aus. Hank überwacht die Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, daß die Arbeits­plätze auch richtig eingeteilt werden. Packers Männer umstehen unauffällig die angetretene Bevölkerung. Packer selbst gebärdet sich besonders hellhörig. Julie und Liselle stehen in seiner Nähe an.

Liselle: Ich hasse es. Ich will das alles nicht, nicht mitmachen.

Julie: Als ich hungerte, war mir zum Heulen, jetzt ist mir fortwährend immer zum Kotzen.

Packer (hat sich angeschlichen): Was höre ich für unzufriedene Töne? ‘Wem der Spaß nicht zusagt’, kommt vors Kriegsgericht.

Julie: Schreie. Ich höre vor allem Schreie.

Packer: Was? Ich höre nichts. Wer Schreie hört, wird gleich erschossen.

Julie: Von Flügeltieren.

Packer: Die Krähen streiten sich ums Aas am Mast. Da wirst du auch noch hinter kommen. Das wird euch noch einleuchten, dafür sorgen wir und ein paar Jahre Dienst. Wir erzwingen die Gesetze des Denkens, wir behandeln das schon mittels unseres Wissensvor­sprungs. Was wir real nicht abstellen können, behandeln wir weg im Kopf.

Vor Julie zieht ein Geschäftsmann einen Stapel Geldscheine, gibt dem Bediensteten einen ab.

Geschäftsmann: Meine Geschäfte erlauben mir keine Abwesenheit.

Bediensteter: In Ordnung - wird befreit.

Hank: Mann, vergessen Sie nicht, dem Herrn das Geld zu quittieren. Und einen Vorgang zu den Akten. Glauben Sie, Sie kassieren hier für sich?

Julie kommt an die Reihe.

Julie (öffnet ihren Mantel): Ich habe wichtige gesellschaftliche Verpflichtungen.

Bediensteter (schaut hin): Das ist nichts. Mit dem Lotterleben ist jetzt vorbei; jetzt werden andere Saiten aufgezogen - wird eingezogen.

Julie: Immer behandelt man mich wie Dreck. Sicher muß ich die Drecksarbeit machen, weil ich eine Frau bin.

Hank: Wir sagten ja bereits: das ist nichts, nichts Nennenswertes. Sie können nichts, also machen Sie die Drecksarbeit. Das ist logisch.

Julie: Du Hundskerl.

Packer: Wird notiert.

Liselle kommt an die Reihe.

Liselle (zum Bediensteten): Laß mich laufen. Was kann es dir schon ausmachen.

Hank: Sie gehört mir. Sie steht mir persönlich zu Diensten.

Bediensteter: Was soll ich machen?

Hank: Kein Vorgang - ist Privatsache. Werden Sie denn niemals lernen, wies langgeht?  Wer nichts lernt, wird ausgetauscht. Merken Sie sich das.

Dr. Puschel tritt an das Rednerpult.

Dr. Puschel: Vor uns liegt die Küste. Land ist in Sicht.

Ich habe euch das Land versprochen, und ich halte mein Wort. Ihr habt mich gymnastisch mit der Führung beauftragt, gymnastisch ist meine Herrschaft legitimiert. Ich weiß, was ich tue und ich weiß, was zu tun. Darum habe ich meine Kanonenboote auf die Pirsch geschickt. Ich habe masernverpestete Decken an Land gebracht, um die Eingeborenen zu beschen­ken. Des weiteren habe ich Küstenstützpunkte angelegt, um unsere Landung zu sichern. Friedlich also haben wir unsere Arme ausgestreckt. (Dr. Puschel blickt nach oben zum Mast, als könnten die Vögel was dafür)

Der Oberst kommt aufgeregt zum Rednerpult gelaufen.

Oberst: Halt. Stop. Das Ganze halt.

Er flüstert Dr. Puschel hektisch in die Ohren.

Dr. Puschel (nickt): Soeben erfahre ich, der Gegner hat uns angegriffen. Durch einen ganz heimtückischen Schlag ist es den Feinden gelungen, einen unserer Stützpunkte zu vernich­ten. Wir werden geworfen, die Wilden vertreiben uns von unserem Land.

Krieg. Wir haben Krieg. Und so wahr ich hier stehe, ich habe ihn nicht gewollt.

Bibba: Wir sind enttäuscht, wir wollen nicht mehr warten.

Dr. Puschel: Wir werden noch ein weiteres Opfer vollziehen. Papst?

Papst: Noch eine Kreuzigung? Wir haben doch bereits eine gemacht.

Dr. Puschel: Man muß das Opfer immer und immer wieder bringen. Man kann so etwas nicht oft genug machen, solange wir Fortschritt erzielen wollen.

Packer gibt ein Zeichen. Zwei Männer schleifen Julie aufs Oberdeck.

Julie (wehrt sich): Ihr Schweine habt mich absichtlich rausgesucht.

Dr. Puschel: Beschweren Sie sich nicht, dies geschieht Ihnen aus Gründen der Parität. Gleichbehandlung von Mann und Frau.

Julie: Warum nehmt ihr nicht eure Repräsentierfrau aus eurer Reihe, diese Ziege, die zu euch gehört.
Dr. Puschel lacht.

Bibba: Wie leid sie mir tut, kann man sie nicht ein wenig humaner kreuzigen?

Julie: Tauscht mich aus mit der Ziege. Tauscht mich aus!
Dr. Puschel lacht.

Packer: Los, Knechte, macht sie fertig und zieht sie hoch!

Julie: Ihr verdammten Pfeifen, früher wußtet ihrs noch besser.

Packer: Jetzt kannst du deine Vögel besuchen.

Julie: Ich spucke. Ich werde von da oben auf euch runterspucken.

Goofey: Das Spucken ist zu schlimm.

Papst: So geht die Feier nicht. Die Glaubensandacht ist gestört.

Packer: Sie ist das renitenteste Weibsstück auf Unterdeck, steht alles in ihrer Akte. Zieht sie hoch!

Goofey: Auf die Art können wir nicht weitermachen.

Julie: Ich spucke, spucken werde ich auf euch.

Dr. Puschel: Wir brauchen Blut.

Goofey: Besser wäre, wir würden sie an die Haifische verfüttern. Dann kann sie nicht auf uns runterspucken.

Packer: Zieht sie hoch! Wir können ihr den Mund zustopfen.

Goofey: Wir sollten sie nicht den krakeelenden Krähen überlassen, lieber den Haien zum Fraß vorwerfen. Haie schwimmen unter Wasser und sind stumm.

Packer: Aber wir haben beschlossen, sie formgerecht hochzuziehen.

Dr. Puschel: Im Wasser lockt sie die Haie an, so können wir die Gefahr demonstrieren und verhindern, daß unsere Streitmacht sich leichtfertig vom Land zurückdrängen läßt und durchs Wasser flieht, um zum Schiff zu gelangen. Auch wenn ich nicht damit rechne, daß unsere Truppe ernsthaft in Schwierigkeiten kommt, die Haie sollen sie kriegen.

Dr. Puschel tritt ans Rednerpult.

Dr. Puschel: Unsere Truppen sind auf meinen Befehl hin aufmarschiert und holen aus zum Gegenschlag, um mit geballter Faust den Widerstand zu brechen.

Unsere Feinde sagen, wir sind erschöpft und müde von der langen Überfahrt. Der Gegner will mit uns verhandeln, behauptet seine Unbesiegbarkeit, verlangt den Abzug unsrer Streit­macht. Ich frage also, wollen wir verhandeln, wollen wir dem Gegner seine Felder überlas­sen, auf daß es sich ungeschoren fettfrist, während wir darben müssen? Nein, sage ich, nein, wir wehren uns.

Der Gegner hat uns angestachelt, durch seinen Wohlstand aufgereizt. Er hat uns angelockt und eingela­den, jetzt muß er für seine Überheblichkeit die Zeche zahlen.

Ich frage also, wollt ihr den totalen Sieg im legitimen Angriffskrieg?

Die Menge: Ja, ja, ja.

Oberst: An die Geschütze.

(Erzähler) Die Geschütze feuern und ebenen das Land. Sie vernichten den Gegner und bereiten vor die Landung einer großen Völkerschaft. Ja, die Schlacht vollzieht sich ganz perfekt, und zweifelsfrei ist der Erfolg gerecht, denn die geballte Kraft des Schiffes kennt kein Fehlen.

Wir zwingen. Wir behandeln. Wir sind und unsere Zukunft wird gemacht. Noch immer don­nern die Geschütze.

Was hält uns auf? Wir haben die Natur auf unsere Seite geschlagen und vernichten, was sich uns in den Weg zu stellen wagt.

Die Kenntnis der Natur, die perfekte Technik,  das überlegene Wissen -  dieses Wissen aufs Ideale in Politik umgesetzt zu haben, ist die Moral unseres Erfolgs im Krieg. Noch immer donnern die Geschütze.

 

 

Sieg Sieg Sieg

Den Erfolg ins Gesicht geschnitten

Menschlein spült ans Land

 

Stinkendem Gewässer entglitten

festen Boden erkrauchen

Erde durchwühlen

schafft Menschlein sein Paradies

Gefahr ist ausgestanden

jetzt wird aufgebaut

ausgegoren - Aufarbeitung

Wir arbeiten den Triumph

neue Welt

 

Sieg Sieg

Den Erfolg ins Gesicht geschnitten

Menschlein spült ans Land

 

Den Saft des Darmes schändlich aufgesogen

Kanal verlassen ausgereift

saftgerecht erfolgversprechend

eingenommen dem Erfolgsrezept

zusammenhängend eingereiht

Uns ist der Sinn ja zielgerecht

schon eingeschrieben

zum Vollzug!

 

Sieg Sieg

Den Erfolg ins Gesicht geschnitten

Menschlein spült am Land

 

Gegebenes gefressen

für die Eigenproduktion gestampft

Menschlein scheidet sich

zu neues Land behauptet

den Konstruktionserfolg

zu einer runden ganzen neuen Welt

 

Von Sieg zu Sieg

mit Erfolg zu Welt gestümpert

Menschlein stülpt an Land

um und um

Hurra

 

 

(Erzähler) Die Eroberer kommen zu besetzen. Täuscht euch nicht, die Masse wird vollziehen, was ihr aufgetragen ist. Sie überschwemmt das Land. Sie nimmt beständig, unersättlich auf, um zu verwerten. Gleichförmige Inangriffnahme. So wühlt sie, tritt sich ein.

Die Menschen betreten des Gegners zerschlagenen Boden und begradigen mit ihrem schneidenden Atem, vereinheitlichen ihn. Das kennt nur Maschine, greift zu allen Mecha­nismen, begreift im Takt des Aufbaus, ist Vollbringung Einigkeit.

Sie müssen, ihrer Aggressivität zu Nutzen, vorwärts gehn, denn daß sie zu Gewalt sich nei­gen, ist so sicher, wie das Amen zu der Opferung, seit sie sich unterordnen müssen, sagt Hank zu Dr. Puschel, und jeder weiß, der Fortschritt hat zu schreiten, fortzuschreiten. Keine Blüte über uns, die nicht herab gefingert wird. So sind sie ausgebildet, so haben sie zu tun es verdient.

Das Schiff hat an Land festgemacht. Soldaten, Zelte, Ladegut befinden sich bereits auf fe­stem Boden.
Dr. Puschel und seine Freunde blicken auf das Land.

Papst: Wir küssen den Boden.

Goofey: Wir verarbeiten den Reichtum dieser Welt und die Menschen zu höchstem Glücks­gefühl.

Bibba: Wir sind sozial.

Kox: Die Zukunft. Das Land. Das Gesetz. Die Wissenschaft. Auf immer unser. Eine einzigar­tige Unternehmung. Wir machen aus der Welt einen gigantischen Betrieb. Wir setzen riesige Pilze in die Welt; die Schornsteine müssen rauchen. Wir geben das Land ein und ziehen die Zukunft aus dem Hut. Und zwischen den Pilzen flitzen Autos, rattern Maschinen, Quirle, Büchsenöffner, Rechenautomaten. Allgemeine Hektik und Betriebsamkeit. Und Spaß gibts und flimmert aus allen Fenstern der Welt, und alle Menschen lieben uns.

Bibba: Schön, großartig.

Papst: Wir küssen das Land.

Dr. Puschel: Wir drücken ihm unseren Stempel auf.

Dafür haben wir das Land geebnet.

Nichts wird sein, was nicht von unserm Formungswillen überwältigt worden ist, die Erde, Wälder, Flüsse, Tiere, Städte, alles wird so unserm Trachten nachgebildet sein, wie wirs verstehen und anderes nicht, und selbst der Himmel wird unsere Farbe annehmen. Wenn wir am Ende unseres Fortschrittsglaubens in die Ferne blicken, werden wir nur uns im Sinne haben, nichts als uns und unsre Art von Menschlichkeit.

Goofey: Wir kommen aus den Fluten. Wer soll uns das Wasser reichen? Wir geben dieser Welt Vernunft, und die Vernunft macht Paradies, weil unsre Perspektive göttlich ist, wenn wir befehlen.

Bibba: Der Himmel sei Schatten von unserer Farbe, wie wir sie uns auch gar nicht anders mehr vorstellen können - was unsere allgemeinste Farbe ist.

Papst: Wir küssen den Himmel.

Packer: Und ich sage: Allmacht. Alles ist machbar. Vor uns die Weltherrschaft, ewiger Sieg. Wir haben die adäquaten Gehirne, das Organisationstalent. Wir haben die Potenz. Wir haben das Sendungsbewußtsein und die Willenskraft. Wir haben die Maschine und das Geld. Alles, was diese Welt kennt, ist unser Eigentum, alles, was diese Welt hofft, ist von unserem Gott.

Papst: Geben wir uns den Bruderkuß.

Während Dr. Puschel und seine Freunde begehrlich in die Ferne schwelgen, schleicht sich ein Sträfling aus dem Schiff, springt an Land und entflieht.

Der Oberst erwacht aus seinen Träumen, entdeckt die Flucht, brüllt und schäumt.

Oberst: Da, ein Verbrecher, er entkommt, der Hund.

Packer: Er wird uns nicht entgehen. So weit er immer rennen kann, wir folgen ihm, und früher oder später holen wir ihn ein. Die Menschen werden das Land überströmen, sie werden je­den Fleck der Welt besetzen, und wo zwei Menschen zusammentreffen, wird mein Spitzel sein, wird einer davon Spitzel sein.

Hank: Das Schiffsgut ist entladen. Wir können mit dem Aufbau anfangen.

Kox: Aufbau. Wir werden Häuser errichten, deren Spitzen bis über die Wolken reichen. Oh,  monumental wird die Zukunft sein.

Dr. Puschel: Von hier bis zum Mond ist ein Schritt. Das ist Fortschritt. Monderoberung sei Zeugnis unseres Ideals. Eine künstliche Mondwelt werde die Erde, Labor unserer Träume von Allmacht und Glanz, und der Mars werde eine Filiale von uns.

Hank: Lassen wir die Katze aus dem Sack. Lassen wir die Menschen in die Freiheit raus. Nichts geht über einen geordneten Ausmarsch.

Smith: Wir werden sie schön arbeiten lassen. Zum Wohl der Allgemeinheit.

Was Allgemeinwohl ist, bestimmen wir, weil es nicht nachzuprüfen ist.

Goofey: So sicher ist Vernunft das Allgemeine, wie der Macht Vernunft zunutze kommt.

Packer: Ich meine, ich weiß nicht, ob wir von der selben Sache reden. Wer keine Vernunft hat, muß kriechen, denn er rechnet nicht richtig. Seine cerebrale Störung wird uns notwendig veranlassen, ihn zu Boden zu zwingen.

Smith: Ausgezeichnet, der Gedanke kommt uns folgerichtig.

Packer: Diese kleinen Störungen sind unsere letzte Gefahr, die dumme Uneinsichtigkeit gegenüber unserem überlegenen Wissen, unserer Großmächtigkeit.

Während Smith eine Sektflasche entkorkt, Assistenten die Gläser reichen und die Freunde sich zuprosten, marschiert das Volk in Reih und Glied geordnet aus dem Schiff. Ein Polizist regelt den Verkehr.

Unter den Ausmarschierern entdeckt Hank Liselle. Er ruft ihr zu, stehn zu bleiben, sie achtet ihn nicht. Hank ruft den Polizisten, Liselle anzuhalten, der kennt sie nicht. Hank versucht ihn zu dirigieren, doch der Polizist erreicht sie nicht. Hank wirft verärgert das Sektglas nach ihr, erwischt sie nicht.

Hank: Meine Privatfrau. Sie entkommt mir.

Dr. Puschel: Da sehen Sie. Da dachten Sie, Sie hätten alles fest im Griff.

Hank: Sie ist mein Privatvermögen. Ich kann nur die Allgemeinheit kontrollieren.

Dr. Puschel: Ich halte mein privates Eigentum immer fest verschlossen.

Packer: Wir müssen dafür sorgen, daß wir die Dinge auch im einzelnen zu packen kriegen - das Unkontrollierte kontrollierbar machen. Wir müssen genau bestimmen, was X im Ge­samtzusammenhang macht, wir müssen genau bestimmen, was Y konkret macht, wir müs­sen genau bestimmen, was Z machen wird. Wir müssen das berechnen. Wir müssen eine gewaltige Behörde einrichten, die anhand eines Koordinatensystems genau verfolgen kann, was jeder im einzelnen tut, wo, wann und warum er tut, was er tut. Das muß handhabbar und nachvollziehbar werden. Was herausfällt, muß eliminiert werden. Objekte müssen ein­gekreist und behandelt werden können.

Dr. Puschel: Sie werden die Sache in den Griff bekommen.

Packer: Ich werde es zwingen.

Hank: Zweifellos müssen wir die Menschen von der Straße wegbekommen; die Straße brau­chen wir fest in der Hand. Wir benötigen mobile Einsatzpersonen, die selbständig handeln können und ein verbessertes Kommunikationsnetz für koordiniertes, gemeinsames Handeln. Erforderlich ist hierfür qualifiziertes Personal, das weiß, was wir wollen und sich danach rich­tet.

Dr. Puschel: Die werden Sie anstellen. Wer, ist egal, ist austauschbar, Hauptsache Qualifi­kation. Wir werden die Fähigsten auf unsere Seite schlagen, selbständig handelnde Spezia­listen, die wissen, wo es langgeht. Wir werden sie einsetzen, damit sie sich  einsetzen für uns. Es wird nicht zu ihrem Schaden sein, denn erfolgreich handeln, heißt recht haben, Ein­fluß, Wohlstand, Kompetenz. Wer funktioniert, soll Anteil haben an meiner Überlegenheit und im Rang aufsteigen. Der Funktionär hat immer recht, das geht immer für die Macht. Machtinteresse und allgemeines Interesse sind deckungsgleich.

Kox: Den Tüchtigen der Erfolg.

Oberst: Doch wollen wir nicht unsere Nahziele aus den Augen verlieren. Nach unserer Ge­schützarbeit müssen wir die Reste der Wilden zivilisieren, bis keine Wilden übrig sind. Ich habe also noch zu tun (verabschiedet sich).

Dr. Puschel: Es wäre nicht falsch zu sagen, er ist der älteste diensthabende Funktionär in unseren Reihen.

Smith: Wir hatten schon immer ein inniges Verhältnis zu ihm.

Dr. Puschel und seine Freunde begeben sich zu den arbeitenden Menschen. Dr. Puschel nimmt ein Kind auf den Arm und streichelt es. Er gibt dem Kind ein Bonbon.

Dr. Puschel: Ich liebe Kinder.

Hank: Die Kinder werden für die komplizierten Arbeiten bald nicht mehr zu gebrauchen sein. Wir werden ihnen dafür Fachwissen eintrainieren müssen. Wir brauchen eine Schule der künstlichen Selektion, wo man Leistung durch Wettbewerb lernt. Bedarfsmäßige Schulung.

Bibba: Leistung durch Wettbewerb. Bedarfsmäßige Schulung.

Dr. Puschel (fragt eine Frau): Sind Sie zufrieden?

Die Frau: Ich will leben.

Dr. Puschel: Glauben Sie mir, die Welt, wie sie gegenwärtig existiert, ist bloß die zweit­schönste. Ich beabsichtige, uns eine beste zu bereiten.
Sie müssen an die Ordnung der Dinge, wie wir sie Ihnen ausrechnen, glauben, und die Zu­kunft wird für Sie wunderbar sein.

Kox: Ihre Überlegenheit ist gigantisch.

Die Frau: Wir lieben Sie dafür.

Dr. Puschel: Die Menschen wollen einen großen Führer lieben. Es macht sie glücklich, nicht wahr?

Goofey: Es macht sie glücklich.

Kox: Was reichlich masochistisch anmutet. Während wir nur zur Kenntnis nehmen, was sich ausrechnet, nimmt die Bevölkerung ausschließlich zur Kenntnis, was ihr aufgezwungen wird.

Goofey: Stets muß es darum gehen, die Köpfe der Menschen zu beherrschen. Hier liegt der Kern und das Geheimnis unserer organisierten Überlegenheit. Die Menschen müssen sich unseren Idealen geistig anpassen; nur so treten sie anteilnehmend in den Zusammenhang, von dem wir behaupten, er beinhalte Notwendigkeit und Vernunft.

Erfolgversprechendes Mittel für diesen Zweck sind Heilsversprechen, materieller Gewinn und Zukunftsmusik.

Packer: Ich sehe weiterhin den Widerspruch. In einer arbeitsteiligen Gesellschaft wollen alle Arbeitstiere den Verwertungszusammenhang nur sabotieren. Sie brechen aus oder sie be­trügen uns. Darum muß ich eine stetige Ausweitung meiner Kompetenzen fordern. Die Qual, die ich den Renitenten auferlege, muß größer sein als die Peinlichkeit, sich selbst zu betrü­gen. Wer nicht uns betrügt, betrügt sich selbst; also bedürfen wir der neuen Menschen ohne Individualität und Selbstbewußtsein, die sich fraglos im Immergleichen bewegen  und nur abgeleitet von uns existieren können.

Goofey: Der Gesamtzusammenhang ist das, woran die Menschen glauben müssen.

Dr. Puschel: Ja, sie unterwerfen sich und glauben an uns. Natürlich auch das Opfer.

Papst: Sollen wir schon wieder eines vollziehen lassen?

Dr. Puschel: Es wird fortwährend vollzogen.

Goofey: Noch nie waren wir so bemüht, alle Widersprüche zu übertünchen. Das Opfer, ja, aber vor allem Wirtschaftswachstum. Für uns den Profit und Wohlstand für alle, solange ge­nug abzuschöpfen ist.

Dr. Puschel: Sie haben auch nennenswertes Kapital?

Goofey: Inzwischen natürlich.

Smith: Wo haben Sie das her?

Goofey: Über die Menschen habe ich Verfügungsgewalt.

Smith: Unsere Väter waren Räuber, wir sind die Erben. Der Gesamtzusammenhang, von dem Sie sprachen, war für uns immer das Geld. Nichts ist geistreicher, nichts ist betörender, nichts macht flexibler als die Abstraktion des Geldzusammenhangs. Sie aber wollen den direkten Zugang zur Macht erfunden haben, den Zugang zur Macht reinsten Wassers. Mä­ßigen Sie sich, versuchen Sie nicht uns und unsere Tradition der Macht zu übertrumpfen, sonst sprengen Sie unsere Koalition.

Goofey: Smith, Sie sind ein Reaktionär, trotz ihres progressiven Namens. Merken Sie sich eines: der Kopf ist ein stets subversives Denkorgan im Widerspruch zur etablierten Ordnung, allein wenn er vom Rumpfe fällt, hat er sich mit der Welt vereinigt.

Die Tradition der Macht kann also nur im Wechsel der Köpfe bestehen, die sich auf eine überholte Denkungsart berufen.

 

 

Ho die Zukunft baun

das geht so geht so immer / fort

So reiten sie den Dreck auf

frei Konsens und Leim der Dinge

in herrschaftlicher Kümmernis

daß diese Herrschaft auf die Dinge

immer auch zurückgeht auf die Herrschenden

daß wenn die Herrscher sich beherrschen

sie auf die Dinge herrschen

dann herrscht auf sie der Dreck

den sie sich selektierten

liebevoll auf sich

 

Ho die Zukunft baun

das geht so geht so immer / fort

So reiten sie den Dreck auf

frei Gewalt und Streit im Sinne

in Unterwerfungsabsicht

daß zwecks Absicht in dem Sinne

ihnen dann zerschlagen geht

die ganze Sicht

daß dann die Sicht besticht

auf daß sich ganz verwerfen tut

die Sicht auf überhaupt auf Sinn

den sie beteten

so freudevoll auf sich

 

Ho die Zukunft baun

das geht so geht so immer / ab
 

 

Wo wir zuschlagen matschen wir die Kellerasseln

So haben wir uns in den Stil gesteigert

als Endprodukt die Massenware

die Gestalt des Einerlei

das haben wir das machen wir das werden wir

solange unser Vorrat reicht

 

Was sich uns hingibt stampfen wir zu Eingemachtes

zu einem tollen produktiven Mitglied

da sind wir konsequent den Nutzgemachten

solls nicht schlecht ergehen

als Endprodukt die Massenware

die Gestalt des Einerlei

das haben wir das machen wir das werden wir

solange unser Vorrat reicht

 

Was uns nicht eingeht isolieren wir

das Andersartige wird abgepflückt

zu einem Speisprodukt darf es verrotten

zur Massenware im Vollzug des Einerlei

das haben wir das werden wir das werden wir

solange unser Vorrat reicht

gehunzt

 

Was unsern Spaß nicht eingesteht

das wird nicht toleriert der Narrenfreiheit ist vorbei

nein wies auch kommt das wird verbraucht

so oder so

und was nicht selber aus sich zugibt

wird zerstört ganz ausnahmslos

das haben wir das machen wir das werden wir

solange unser Vorrat reicht

 

Wir sagen nun: Methode ist alles

und nichts entzieht sich uns

denn wir haben Welt auf uns geeicht

wir und das Gesetz

wir sind der Maßstab unsrer Welt

und unser Überich ist unsre Logik

 

 

(Erzähler) Also fabriziert sich golden, besticht mit Geist und Galle, Hybris zu Welt, zu ja, zu bestechen­dem Erfolg, selbstredend, Kackwürm, schmatzend, hat den Nährboden zu seiner Hochkultur sich eingefressen, und ist so toll, so groß, so prächtig, daß man sich wundern muß, daß es nach der Überfahrt dem Schiff entstiegen ist.

Liselle und den Verbrecher Petzki hats erwischt. Man hat sie im Fortschrittsstreben einfach überrollt. An den Wasserlöchern, die man längst verwalten tat, hat man sie eingefangen wie die Tiere, die, welche glaubten, es gäbe ein Entfliehen. Nun will man sie mittels Packers Folterspezialisten, deren Tüchtigkeit zu loben ist, eines besseren belehren. Packer hat sich ganz groß durchgesetzt und das Land mit seinem Spinnetz von Spionen überzogen, hat alle Stricke fest im Griff, wie überhaupt  die letzten Freiräume aufgearbeitet werden.

Liselle und der Verbrecher Petzki hängen beieinander in zwei Netzen, die an der Decke fest­gemacht sind. Ein Wächter sitzt an einem Tisch scheint eingeschlafen. Ein Rasensprenger wässert ein kunstvoll angelegtes Pflanzenbeet.

Liselle: Erinnerst du dich noch, wie wir uns nach der Flucht im tiefen Wald begegneten?

Wie wir durch Steppen streiften, in geheimnisvollen Schluchten forschten und gemeinsam aus den klaren Wasserquellen schlürften.

Als wäre reichlich Platz auf dieser Welt, so liefen wir ganz ziellos unbekümmert.

Petzki: Ja, wir hausten bei den Wilden und vergaßen unsre Feinde. Wir lagen in den Ebenen und blickten unverbraucht und tatenlos aufs Sternenzelt. Kein Tag, der uns die Sinne nicht geöffnet hätte.

Liselle: Wir lebten ohne Gier und unbekümmert, lernten die Natur der Dinge und wie wir schadlos uns in ihr bewegen konnten.

Der Wächter (aufgewacht) : Ungeziefer paart sich.

Liselle: Halt dich da raus, du widerliches Aasgesicht.

Der Wächter nimmt den Gartenschlauch und bespritzt Liselle damit.

Der Wächter: Verdreckt, verlaust und abgemagert haben wir dich aufgegriffen, krank und tierisch hast du ausgeschaut.

Liselle: Geiervogel, aasgesichtiger, du Knecht.

Der Wächter: Das Reden ist dir untersagt. Deine frechen Töne werden dir noch ausgetrie­ben.

Der Wächter schließt den Schlauch wieder an den Sprenger, rupft eine Blume aus dem Pflanzenbeet und reißt sie auseinander. Anschließend nimmt er am Tisch wieder Platz, streckt seinen Oberkörper, schläft augenblicklich ein.

Liselle: Wir hatten klaren Himmel über uns und frische Erde unter unsern Füßen. Wir dach­ten nicht drei Tage im voraus und besannen uns nicht einen Tag zurück. Wir glaubten, daß wir aller Staatsgewalt entflohen wären.

Petzki: Doch als wir die Küste am andern Ende dieses Lands erreichten, trugen dort die Wil­den schon die Totenköpfe ihrer Feinde an den Gürteln und ihre Messer hatten Eisenklingen.

Liselle: Doch wir hofften auf die Berge, zogen wieder einwärts, bis dort Gold gefunden wurde. Schließlich vergruben wir uns in der Wüste, dort fand man Öl.

Petzki: Dumm waren wir. Wir hätten wissen müssen, daß unsere Feinde uns überallhin fol­gen würden.

Liselle: Vom ersten Tag an hätten wir die Wilden warnen müssen, hätten wir den Widerstand organisieren müssen.

Packer und ein Wilder kommen an.

Packer: Ah, sie hat es augenscheinlich mit der urnaturhaften Wildheit unserer Eingeborenen.
Liselle schreit, der Wächter schreckt auf, benutzt wieder seinen Gartenschlauch, bis sie ver­stummt.

Packer: Dann wollen wir dich lehren, was es mit den ungestümen und naturhaften Gewalten auf sich hat. Mein Mann hier wird dir dein verklärtes Angesicht schon heimleuchten. Der wird dich abklären, glaube ich; wir können das ganz aufgeklärt.

Los reißt ihr das schamlose Gesicht aus.

Der Wilde und der Wächter springen Liselle an, reißen sie aus dem Netz und hantieren mit Rasierklingen und Messern an ihr herum, daß das Blut nur so spritzt.

Packer: Bah, das kann ja kein zivilisierter Mensch mit ansehen. Schafft die Beiden fort aufs Schiff; der Wilde soll im stillen Kämmerlein alleine weiterfoltern.

Der Wilde packt Liselle, der Wächter schneidet Petzkis Netz von der Decke. Sie schleifen ihre Opfer ab.

Hank, Smith, Kox und Dr. Puschel treffen ein. Hank hält den Wilden mit Liselle auf.

Hank: Da haben wir ja meine Privatfrau eingefangen.

Packer: Das Objekt ist jetzt Staatseigentum und meine Angelegenheit. Es kommt in mein Hauptquartier aufs Schiff, wo wir es bearbeiten.

Hank: Das Schneiden verbiete ich, sie ist mein Privatbesitz. Sie vermurksen mir ja ihr Aus­sehen.

Packer: Es gehört dem Staat. Ihr Besitzrecht ist verwirkt. Ich bin die Institution, die es einge­fangen hat. Ich bestimme.

Ohne weiter zu zögern, macht sich Packer mit dem Wilden und Liselle davon.

Hank: Ungeheuer, der Mann wird mir zu mächtig. Seit er das Schiff in seiner Hand hat, ist sein Auftreten geradezu dreist geworden. Jetzt wagt er die offene Konfrontation mit mir.

Kox: Nehmen Sies nicht allzu schwer. Wir bauen an der Küste ein riesiges Zentralgebäude unserer Herrschaft; da werden Sie Einzug halten. Vielleicht kann Sie das entschädigen.

Hank (schüttelt den Kopf): Der Mann reißt ja alles an sich und verstört das Publikum. Der Mann sollte doch unauffällig agieren, seit wir beschlossen, unsere Gegner nicht mehr an den Pranger zu stellen, sondern verschwinden zu lassen. Nicht spritzblutig und brutal, Einschüch­terung, Terror und Zerstückelungstaktik direkt im Menschengesicht. Der Mann zerstückelt ganz offensichtlich die Leute, die ihm in die Finger kommen. Das Auftreten des Kerls ist ja unerträglich, das stört den Betrieb. Der Mann ist lästig.

Kox: Wer will ihn noch hindern?

Smith: Ihre Aversionen gegen Herrn Packer sind privater Natur. Ihre Gegnerschaft ist allge­mein bekannt. Herr Packer hat sich bis jetzt als nützlich erwiesen, Freaks, Asoziale, unnütze Fresser, Untermenschen und Systemzersetzer werden von ihm hart angefaßt, gut, wer wird so zart besaitet sein, dies zu verurteilen, wo wir in einer Kriegsgesellschaft leben? Was kann man mit den Asozialen denn anderes anfangen, als sie zu Seife verarbeiten?

Packer hält sich doch an die Prinzipien, nach denen wir agieren.

Dr. Puschel: Wir haben früher auch so manchen an die Fische verfüttert, wenn wir nicht an­ders konnten.

Wo Leistungsauswahl ist, ist auch das Abservieren nötig. Da triffts halt den einen oder andern.

Hank: Was war, ist auch nicht Gegenstand der Diskussion. Das Notwendige muß getan werden, wie Sie schon sagten. Es wäre narrhaft, etwas dagegen einzuwenden. Ich will hier nicht sentimental werden oder der Humanitätsduselei das Wort reden.

Packer macht aber das Unnötige zum Sport. Mag er auch erfolgreich gewesen sein, so hat er mit zunehmendem Apparateaufwand einen zu hohen Verschleiß.

Was macht Dr. Puschels Größe aus? Er kann legitimieren, was er tut. Er repräsentiert vor seinem Volke als der gute Mensch, der alles zum besten richten kann. So überzeugt er. Wenn unsere apparatetechnisch hergestellte Öffentlichkeit aber Friede-Freude-Eierkuchen-Stimmung zeugen soll, dürfen Dr. Puschels Menschlichkeitsauftritte nicht unzumutbar mit den unmittelbaren Erfahrungen an der Straßenecke konterkarieren. Wenn Dr. Puschel Kin­der küßt, ist er unglaubwürdig, wenn drei Straßenzüge weiter Packer massenhaft mit Netzen Delinquenten fängt und über Plätze schleift.

Der entscheidende psychologische Mechanismus, der Herrschaft ermöglicht, ist die Aner­kenntnis unserer Überlegenheit und nicht der gewalttätige Unterwerfungszwang, den Pac­kers Institution stets vorweist.

Smith: Sie sind ein Defätist, ein widerlicher Defätist.

Dr. Puschel: Ein wenig defätistisch sind Sie schon.

Smith: Sie beschweren sich über Nichtigkeiten, während unsere Streitmacht militärisch Wilde in den Bergen, in den Wüsten metzelt, während Ihr Genosse Goofey, blutig wie noch nie, den Bürgern pädagogisch das erledigen von Eingeborenen freizeitlich zum Abendtisch im Schaukasten serviert.

Hank: Wenn hundert Wilde sich im Blute wälzen, ist das erfrischend, denn das Fremde, Un­bekannte, Furchteinflößende wird liquidiert und der Zusammenhalt der Volksgemeinschaft gegen alles Andersartige kulturell abgesichert. Wenn Packer einem Nachbarn auf das Maul schlägt, und bei einem falschen Wort geschieht das schon, lähmt dies das Volk.

Goofey befreit im Dauerton irrationale Ängste, er macht Kunst. Packer irritiert, destabilisiert, läßt Empörung hochkommen. Wir haben was erreicht, wir können was verlieren, wenn wir ihn gewähren lassen. Unsere Interessen stimmen mit Packers Bestrebungen nicht überein, unsere Wege trennen sich.

Kox: Ich stimme zu. Doch Packer hat zu viele Trümpfe in der Hand; müßten Sie doch besser noch als ich begreifen, daß wir eben leise treten müssen.

Hank: Damit behaupten Sie, wir müßten kuschen. Nein, sage ich, niemals kuschen, immer kuschen lassen.

Dr. Puschel: Wir werden Packer fallen lassen. Wir brauchen die Gelegenheit, wo wir ihn günstig greifen können. Wir brauchen Zeit.

Hank: Im Gegenteil, jetzt ist allerletzte Möglichkeit, ihn zu zertreten.

Smith: Ich habe mir Ihre Hetztiraden lang genug anhören müssen. Ich protestiere (macht sich entrüstet aus dem Staub).

Kox: Da haben Sie sich ganz schön in die Nesseln gesetzt. Sie werden mit Schwierigkeiten rechnen müssen.

Hank: Meine Gegnerschaft war Packer stets geläufig, doch jetzt kennt er auch meine Mitstreiter im Kampf gegen ihn, und Packer verzeiht niemals eines Menschen Gegnerschaft. Sie sollten vielleicht anfangen, sich auch um sich selbst Sorgen zu machen.

Goofey kommt.

Goofey: Neue Nachrichten. Ein von Packer inhaftierter Sträfling ist ausgebrochen. Er hat auf dem Marktplatz eine Menschenmenge versammelt, stiftet Unruhe und wiegelt auf, indem er über Packer Greulmärchen verbreitet.

Dr. Puschel: Und?

Goofey: Die Menschenmenge glaubt die Greulmärchen, denn sie hat die meisten davon sel­ber miterlebt. Inzwischen dreschen selbstverständlich Packers Ordnungsknechte  zwischen. Doch wir haben den besagten Volksaufrührer rechtzeitig in Sicherheit gebracht.

Hank: Da haben wir die Gelegenheit, jetzt gehen wir zum Angriff über. Wir werden von Pac­ker eine formelle Stellungnahme abverlangen.

Kox: Ein Volksaufstand.

Hank: Nun muß jeder Flagge zeigen, wo er steht. Wir machen Packer fertig oder er ver­hackstückt uns.

Dr. Puschel: Aber wir haben keine Truppen in der Stadt. Der Oberst kämpft in irgendwelchen Wüstenlöchern, um die letzten Wilden zu verscharren. Auch ist nicht sicher, ob der Oberst zu uns hält.

Goofey: Der Oberst steht auf Dr. Puschels Seite. Dafür garantiere ich.

Hank: Wir werden Packer kalt erwischen, das sag ich euch.

Zitieren Sie Packer herbei, Dr. Puschel, Sie haben die oberste Autorität, eine Untersuchung gegen den Mann einzuleiten, ich verlange Rechtfertigung von ihm.

Dr. Puschel: Dann werde ich Herrn Packer vorladen. Bereiten wir uns vor (eilt davon).

Goofey (grinst): Ich habe den Aufrührer mitgebracht. Er steht vor der Tür.

Goofey bittet Petzki, begleitet von Gretel Bibba, herein.

Hank: Mein lieber Held, wollen Sie die Freiheit?

Petzki: Was meinen Sie damit?

Hank: Ich habe eine Aufgabe für Sie, stecken Sie das Schiff in Brand. Befreien Sie uns da­von.

Petzki: Warum ich?

Hank: Wir brauchen ein Fanal, das müssen Sie unter den Augen der Massen setzen; Pac­kers Hauptquartier muß brennen. Sie sind unser Mann.

Petzki: Die Menschen, die im Schiff wie Tiere festgehalten werden.

Hank: Die Geschütze, die auf uns gerichtet werden können, mit ihnen können Packers Knechte die ganze Stadtbevölkerung als Geisel nehmen.

Packer: Warum sollte ich für Sie die Drecksarbeit machen?

Hank: Jetzt hören Sie mal zu. Was dachten Sie denn, was passieren soll?  Wollen Sie Ge­schwätz verbreiten oder den Aufstand? Ohne Held keine Aktion, ohne Flamme kein Um­sturz.

Sie haben angefangen, die Leute auf der Straße aufzuwiegeln. Sie haben sich zum Volkstri­bun aufgeschwungen, ganz allein Sie. Sie wollen die Verhältnisse ändern, jetzt kriegen Sie die Gelegenheit von uns, jetzt müssen Sie den Kopf hinhalten. Wenn Sie nicht kämpfen wollen, können Sie zum Schiff zurück, sich foltern lassen. Sie stürmen vorwärts, geben der Revolte ihren Namen und wir inszenieren das Theater, leisten organisatorische Vorarbeit und unterstützen Sie mit unsern Mitteln, unserm Apparat. Ohne Apparat keine Revolution, das weiß jeder.

Petzki: Ich soll Ihnen die Macht in die Hände spielen.

Hank: Natürlich, Packer oder ich, das ist die Wahl, wählen Sie.

Petzki: Ich habe keine andere Wahl.

Hank: Sie sind vernünftig, endlich begreifen Sie.

Goofey: Wir sagen Ihnen, wie Sie vorzugehen haben. Wir geben anwendbare Zitate von Dr. Puschel, die Sie aufsagen können. Sie treten auf am Hafen, über Lautsprecher werden sie vor versammelter Menge zum Angriff blasen. Angriff. Und den Rest erledigen wir schon.

Hank: Wir verbreiten über unsere Medien Aufruhrstimmung, drucken Flugblätter, verteilen sie. Wir legen Material am Ankerplatz des Schiffes aus. Wir sorgen dafür, daß genügend Arbeiter aus den Betrieben um den Hafen eingetroffen sind, wenn sie anheizen.

Wir haben auch geplant, daß Packers Truppe hier an diesem Ort versammelt wird und so die Hauptstreitmacht vom Schiff zu uns hin abgezogen wird. Damit haben Sie freie Hand, die restliche Schiffsbesatzung im Überraschungsangriff zu überwältigen.

Goofey: Unsere Leute warten auf Ihre Führerschaft, kommen Sie , machen Sie. Wir nehmen  die Sache in die Hand. Das Volk wird siegen.

Kox: Aber Ihr Plan ist ja grauenhaft, der Mob!

Hank: Halten Sie den Mund, jetzt wird gehandelt. Wir siegen, oder diese Stadt wird Asche sein.

Bibba: Was ist mit Kompromissen?

Hank: Wir haben Absolutheitsansprüche, wir sind radikal. Wir oder nichts wird übrig bleiben, so wird die Fragestellung auf den Punkt gebracht, Packer läßt uns keine andere Lösung.

Bibba setzt sich zu den Blumen.

Petzki: Ich kann es schaffen.

Goofey nickt Hank zu, macht sich mit Petzki auf den Weg.

Hank: Es ist klar. Wir müssen reinen Tisch machen. Meine oder Packers Ideen werden sich durchsetzen; nur einer kann die Richtung bestimmen. Wo zwei nach einem Zepter greifen, bleibt höchstens einer übrig, diese Regel der Herrschaft kennt keine Ausnahme. Es bleibt nur einer übrig oder keiner, das ist Politik.

Kox: Führen  tut Dr. Puschel.

Hank: Wir treten bereits jetzt zu den Erbstreitigkeiten an.

Kox: Nur, was hat der Mob damit zu tun?

Hank: Welche Möglichkeiten haben wir? Wir nutzen sie. Goofey hat flankierende Maßnah­men vorbereitet, bewaffnete Mannschaften. Unorganisierte, spontane Volksauf­stände mit Erfolgsaussicht gibt es nämlich nicht. Nur die kluge Inszenierung kann auf Dauer siegreich sein.

Packer darf überhaupt nicht zur Besinnung kommen. Er muß überrascht und durch gezieltes Handeln überrollt werden. Er muß durch den Mob die Übersicht verlieren. Die Schlüsselstel­lungen besetzen wir mit eigenen Kräften. Das Hantieren mit Statisten ist eine Frage der Or­ganisation. Nichts geht chaotisch zu, sondern alles militärisch.

Sehen Sie, natürlich rechnen wir damit, daß dieser ehemalige Verbrecher, heute Volkstribun, versuchen wird, das Schiff zu erobern, die Gefangenen zu befreien und selbst den Meister zu machen. Doch das Schiff wird nicht zu erobern sein, man kann es nur vernichten.

Kox: Und wenn es ihm doch gelingt, wird er mit seiner Meute eine Meutenherrschaft grün­den.

Hank: Wir sind keine Dilettanten. Goofey wird natürlich Spezialisten ansetzen. Sie werden unters Angriffsvolk gemischt und kennen jeden Punkt des Schiffs, wo Zündeln seine Wir­kung tut.

Kox: Erzählen Sie mir nur nicht, Sie hätten alles spontan und aus dem Augenblick heraus ausbaldowert. Sie haben doch mit Goofey lange Zeit schon durchgeplant.
Hank stellt den Rasensprenger endlich ab. Nimmt Bibbas Hand, hilft ihr hoch, pflückt eine Blume, steckt sie ihr ins Haar und lächelt.

Hank: Das Spiel zu spielen. Wer für mich kämpft, der stirbt für mich oder er muß sterben, ohne mir zu nutzen.

Ist es Wahnsinn? Ist es Vernunft? Ist es Leben? Ist es Tod? Ist es ein Spiel? Ist es Gewinn?

Ich bringe meine Herrschaft auf den Punkt, der zur Entscheidung führt!

Ich bin die Macht, und alle Welt soll sich nach meinem Willen ordnen oder untergehen.

 

(Erzähler) Showdown. Die Progression bedeutet doppelt oder nichts. Kämpfen wollen, heißt entscheid­bar machen; so wird die Geschichte ausgetragen.

Hank und Kox kommen, Smith kommt, und Dr. Puschel tritt mit Assistenten in den Verhand­lungssaal, gegenüber laufen Packers Männer in modischen Mänteln ein; Packer schließt den Reigen.

Dr. Puschel: Die Schriftsätze hat man sich gegenseitig zugestellt. Keine Formalitäten weiter. Das Programm steht fest. Ich eröffne.

Packer: Ich bin hier, mein Gesamtwerk darzustellen. Man will wissen, was ich geleistet habe, kann man haben. Noch vor einiger Zeit herrschte unkontrolliertes Treiben auf den Plätzen, in Spelunken, in Bordellen, Verbrechen blieben ungeahndet, weil niemand die Täter so recht fassen konnte. Heute sind wir in der Lage, jeden einzelnen zu fangen, ihm seine Geheim­nisse zu entreißen und seiner Taten zu überführen. Nichts geschieht, was nicht geahndet werden könnte. Die Souveränität des Staates ist wieder hergestellt, der Bürger hat Ruhe und Ordnung.

Hank: Sie haben sich unbeliebt gemacht.

Packer: Wieso? Ich habe sogar einen Vertrag mit dem Papst gemacht.

Keiner sagt mir was nach, das er nicht bereuen würde.

Hank: Wo ist der Papst überhaupt?

Dr. Puschel: Er hat sich schlafen gelegt und will morgigen Tag wieder zum Vorschein kom­men, dem Sieger des Streits seinen Segen zu geben.

Packer: Zu recht kann ich also sagen: Ich habe Erfolg.

Hank: Die Methoden.

Packer: Meine Spitzel überziehen das Land; nichts entgeht meinem Apparat. Wer nicht spurt, wird verhaftet und gefoltert. Bei mir fällt keiner aus der Statistik.

Dr. Puschel: Wie foltern Sie?

Packer: Wir foltern wissenschaftlich. Wir haben einen konsequenten Stil; was sich vorwagt, wird abgehackt, was sich öffnet, wird zugestopft. Wir ebenen und begradigen. Das Ideal sind Kugeln, Würfel, Tetraeder. Das Resultat sind folgsame, berechenbare, geometrische Per­sönlichkeiten. Wir zwingen zur Konformität. Wir machen Menschen würfelbar. Das Resultat kann ich Ihnen vorführen und habe ein Objekt gleich mitgebracht.

Dr. Puschel: Zeigen Sie uns ihren Leistungsträger.

Packer hebt den Arm. Der Wächter führt Liselle mit verbundenem Gesicht heran.

Packer: Wir haben ein gerichtetes Objekt vor uns. Ich zeige, was es kann.

Der Wächter zieht einen Kreidestrich.

Packer: Liselle, geh auf den Strich entlang.

Liselle tuts.

Packer: Nun lauf im Kreis (tuts, gelungener Kreis) . Verneige dich vor Dr. Puschel (tuts). Sag: Ordnung muß sein.

Liselle: Ordnung muß sein.

Packer: Sag: ich liebe den Staat und seine Führerschaft.

Liselle: Ich liebe den Staat und seine Führerschaft.

Packer: Sag: ich bin frei.

Liselle: Ich bin frei.

Smith: Das ist gut, das ist gut.

Packer: Sag deinen Hauptsatz.

Liselle: Ich bin glücklich (stöhnt).

Kox: Ist ja nicht viel, was sie kann. Sie scheint ein ramponiertes Gehirn zu haben.

Packer: Man darf es natürlich nicht überanstrengen.

Kox: Ich glaube, der Dressurakt ist mißglückt...was zu beweisen war.

Hank: Alle Widerwärtigkeit will wissenschaftlich werden.

Packer: Warten Sie noch ab. (Zu Liselle) wieviel ist 12 mal 11?

Liselle: 132.

Packer: Vierzehntausenddreihundert mit Zusatzzahl...

Dr. Puschel: Glauben wir.

Hank: Nehmen Sie ihr den Verband vom Gesicht.

Der Wächter zögert. (Los) nimmt ihr den Verband ab. Ein Raunen der versammelten Be­trachter. Liselle stöhnt, verdeckt ihr Gesicht mit den Händen.

Hank: Sie soll ihr Gesicht zeigen. Keine Geheimnisse mehr!

Der Wächter will ihre Hände vom Gesicht zerren. Sie widersteht.

Dr. Puschel: Was ist denn das?

Der Wächter wird gewalttätig. Liselle schreit, wehrt sich.

Packer: Vorwärts. Meine Rechnung ist richtig - auf dem Folterschiff hats noch geklappt.

Dr. Puschel: Das war wohl nichts.

Packer: Der Mißstand ist ungeheuerlich. Die Außenwelt ist meinem Schiff noch nicht genü­gend angepaßt.
Liselle stürzt zu Boden, windet sich. Packer greift ein, Liselle tritt nach ihm.

Hank: Packer, einer Ihrer Schützlinge ist entwichen und stiftet Unruhe.

Packer: Den fangen wir wieder ein.

Hank: Die Leute wehren sich, gehen auf die Straße, Chaos und Unzufriedenheit.

Packer: Ich weiß, und niemand darf glauben, ich sehe tatenlos zu, wie man mich fertigma­chen will. Wir haben das Monopol der Gewalt. Wir geben nichts; wir verlangen Unterwerfung, kriechen sollen sie dafür, daß wir nicht das Leben nehmen. Mein Kapital sind Kanonen und Gewehre, denen wir allemal zu fressen geben. Meine Leistung ist Vernichtungsproduktivität.

Er gibt dem Wächter ein Zeichen, zu verschwinden. Liselle läßt sich abtransportieren.

Packer: Austauschen. Als unbrauchbar beseitigen und austauschen.

Hank (lacht auf): Sie sind ein Versager.
Draußen fällt ein Schuß.

Packer: Jetzt decken wir die Karten auf. Ich weiß genau, wer mir an den Kragen will. Meine Spitzel haben mir Bescheid gegeben, daß Hank und Goofey meine Vernichtung planen (zieht ein Flugblatt vor). Hier aus Goofey Hetzanstalt. Sie alle sind Verräter, Hank im beson­deren.

Smith: Ja, habe ich genau gehört.

Packer: Ich lasse mich nicht überfahren. Mir gebührt die Macht. Also Schluß mit dem Af­fentheater, kommen wir zur Sache: Die ganze Bande verhaften!

Packers Mannen setzen sich in Bewegung, Packer zieht eine Pistole.

Gretel Bibba schneit in die Szene.

Bibba: Frieden. Wir haben Frieden.

Die Wilden sind besiegt, verscharrt. Jeden Moment trifft der Oberst ein, den Sieg zu feiern (wird festgenommen und verprügelt).

Goofey, der Oberst und Soldaten stürmen ein.

Hank: Jetzt, Packer, ist die Zeit, den Schlußstrich unter unsere Geschäftsbeziehungen zu ziehen, und die Bilanz ist negativ... Na und, was glaubst du, wer dafür bezahlen muß?

Oberst: Macht dem Spuk ein Ende, Soldaten, jetzt wird hingerichtet.

Packers Leute ergeben sich, werden ihrer Waffen entledigt.

Dr. Puschel: Verhaften, alle verhaften! Was für eine Posse. Ergeben Sie sich Packer!

Packer: Noch ist nicht aus. Mein Schiff (nimmt Bibba als Geisel).

Hank: Schieß doch, du Laus. Jetzt bist du da wieder angekommen, wo du angefangen hast.

Packer zieht sich zurück, flieht mit Bibba.

Oberst: Hinterher und keine Rücksicht. Den Scherzkeks werden wir verdauen (Soldaten hinterher).

Goofey: Blicken wir doch aus dem Fenster. (Grinsend) schöner Feuerschein im Meer.

Alle aufatmend.

Alle: Ah.

Kox: Feuerwerk.

Goofey: Ein gewisser Petzki, entflohener Sträfling, hat an der Spitze eines Mobs sich auf den Schlachtkahn gestürzt und mit Mann und Maus angezündet. Ich hörte, er sei dabei umge­kommen. Muß eine interessante Persönlichkeit gewesen sein. Volksheld.

Heiterkeit, ausgelassene Stimmung, Freude, ein kaltes Buffet wird herangefahren.

Smith: Ich habe mich geirrt, dieser Packer war ja wahnsinnig.

Dr. Puschel: Eine Komödie nur, nur eine Komödie, glauben Sie mir.

Jubel hörbar. Der letzte Wilde kommt mit Packers Kopf.

Oberst: Also der muß ins Ghetto.

Goofey: Aber nein, den stellen wir aus.

Dr. Puschel: Gebt dem Herren Schlagsahne.

Packers Kopf wird aufs Buffet gestellt.

Oberst: Wir haben auf ganzer Linie gesiegt. Packer weg, der Wilde weg, Packer da, der Wilde da, nur das Schiff bleibt weg.

Dr. Puschel: Dafür schlackern wir dir unsre Orden nur so um die Ohren, Feldmarschall.

Hank: Die Freaks und Verbrecher sind mit dem Schiff gesunken. Wir haben uns gut einge­richtet. Feiern wir, das Leben ein Fest. Der Betrieb läuft und läuft. Weiter gehts; wir stehen oben.

Kox: Die Schornsteine rauchen und höher und weiter. Jetzt rüsten wir für den Frieden, denn wir sind die Guten.

Hank: Wir auf dem Gipfel - und keine offene Frage mehr.

Goofey: Wo ist Bibba geblieben?

Bibba kommt.

Hank: Wir haben sie befreit (wird festlich empfangen).

(Erzähler) Der Betrieb wird vollzogen, Nachschlag gereicht zu netten, freundlichen Gesichtern. Glücks­gefühl zu Speis und Zeitvertreib. Die Wonne. Bis zehntausend Tage gezeugt, zehntausend Tage klettert die Börse, eine lange Zeit. Betrieb, Gebrauch, Verbrauch. Dr. Puschel Spitze. Hank Nachfolger, Goofey neuer Sicherheitsminister, und der Papst kommt wieder rein, der Papst ist auch dabei. Das funktioniert, das funktioniert zehntausend Tage lang. Nichts gibt es mehr zu meckern zehntausend Tage lang, zehntausend Jahre lang  das Paradies gewährt. Wir gähnen.

 

 

Der Vordenker

 

Dr. Puschels Testament : so gerecht bin ich.

Ich bin ein Einzelner. Ich habe zwei Arme, zwei Beine und einen schwachen Kopf - wie alle; ich bin immer absolute Minderheit. Nichts könnte ich ausrichten, würdet ihr, dienstfertigen Untertanengeistes, nicht selbst meine Übermacht inszenieren.

Was nützte mein Befehlen, würdet ihr mich ignorieren? nichts. So spreche ich euch schuldig der eigenen Entmündigung, und ihr dürftet der gerechten Strafe nicht entgehen, die meine Diktatur euch bringt.

Ich folge meinen Prinzipien, ich folge meinen Interessen, höheren Interessen - versteht sich. Was geschieht durch euch, soll geschehen für mich, soll geschehen, wie ich es verstehe und anderes nicht.

Euch spreche ich schuldig, mich spreche ich frei; ich kann das, dafür habt ihr gesorgt. Ihr also sollt leiden für eure Gleichgültigkeit gegen euch und euresgleichen, und was nicht ge­schieht für euch, was durch euch hätte geschehen können, und was nicht berücksichtigt werden kann, ist ein Mangel, den ihr euch selbst anlasten müßt, denn ich habe nur zwei Arme, zwei Beine und einen schwachen Kopf, der für sich denkt, für seine Person und für eine Einfalt seines kurzen Lebens.

Unter meiner Fuchtel steht das Allgemeine - meine Abstraktion von euch, und darin bin ich gnadenlos und vollstrecke mein Urteil gegen euch und nach Maßgabe eurer Inkompetenz, euer Leben selbst zu bestimmen.

Meine Gewohnheit ist, blind zu befehlen, wie eure Gewohnheit ist, mir blind zu folgen. Denn ich bin nichts ohne euch, und ihr seit nichts durch mich.

So müßt ihr zittern vor mir und im Haß gegen euch, so müßt ihr leiden und sterben für mich, und nach meinem Tode müßt ihr mir ein Denkmal bauen.

Weil ihr nämlich Opfer seit und vor allem an euch selbst, könnt ihr immer nur vergeblich euch selbst anklagen, wenn ihr euch beschwert, müßt unerbittlich leiden an euch selbst.

Denn die Opfer sind nicht Subjekt des Gedankens, sie besitzen hier nichts.

Die Opfer können nicht nachdenken.

 

 

 

(Erzähler) Was mickrig ist, muß sich den Herrschern unterwerfen, was Größe hat, das wird gefällt. Nach diesen Prinzipien sind sie angetreten; wollen wir nun sehen, was daraus geworden ist. Der Betrieb ist eingespielt, gut eingefahren wie geschmiert. Vertrieb, Verteilung klappt, per­fekt bis zur Vergasung. Zukunft ist.

Smith, der Feldmarschall, Kox, Gretel Bibba, der Papst, Hank und keiner weiter sitzen in be­quemen Sesseln, einige Assistenten stehen herum, in einem Sarg liegt Dr. Puschel aufge­bahrt, Polizisten und Soldaten stehen  Ehrenwache.

Wir wollen uns zum Abschluß selbst in das Geschehen einbringen, betreten die Szene, be­grüßen die Anwesenden.

Lacher: Nun?

Hank erhebt sich grinsend und fällt uns beinahe brüderlich um den Hals.

Lacher: Zufrieden?

Hank: Wir haben es geschafft.

Lacher: Wo ist Goofey geblieben?

Hank: Hat auf der Strecke irgendwo ein Baum erschlagen (zuckt mit den Schultern). Jagdun­fall.

Lacher: Wie ich sehe, sind alle im höchsten Maße satt in dieser angeblich so mobilen Ge­sellschaft, wo jeder den Aufstieg bis in die Führungsetagen schaffen kann. Warum stinkt es hier so muffig?

Hank: Im Zentrum unseres Handelns steht das Nichts, hier gleichen wir dem Wirbelwind.
Riesige Städte, tausend Autobahnen, Düsenjets, Atomkraftwerke, Wohlstand, ich meine hier stirbt keiner mehr des Hungers, Fernsehen, na ja. Wir haben hier eine Klimaanlage.

Lacher: Sie haben sich Ihre Welt gebaut, dynamisch, skrupellos, barbarisch, nun sitzen Sie griesgrämig und gelangweilt in Ihren Bauten der Administration. Dr. Puschel ist tot, Sie sind verbraucht; siechen Sie in Ihren Abgang?

Hank: Das habe ich alles durch meiner Hände Arbeit geschaffen; jetzt lasse ich die Puppen tanzen.

Smith: Wir verwalten große Menschenmassen. Was soll noch passieren? Der Betrieb läuft automatisch und hat sich verselbständigt.

Lacher: Wieso sind die Menschen da unten alle so blaß ums Gesicht?

Feldmarschall: Wie wollen Sie das von hier oben erkennen?

Kox: Jeder hat seine eigenen vier Wände, jeder weiß, was er zu leisten hat; das sind alles vereinzelte, individuelle Menschenwesen, jeder kommt an seinen Platz. Von hier oben sieht das natürlich unkontrolliert aus, läuft aber in geordneten Bahnen, jeder ist zu jeder Zeit per Telefon abrufbar.

Lacher: Und warum sind sie nun so blaß?

Papst: Weil sie um Dr. Puschel  trauern.

Hank: Dr. Puschel hat die neue Welt kreiert, seine Tat ist Meilenstein, Geschichte. Er hat die Menschen unter ein Prinzip gestellt. Jetzt ist der Großmütige verblichen, jetzt haben wir Plu­ralismus.

Lacher: Bleibt also nichts im Sinn?

Smith: Vielleicht waren unsere Kriterien, die neue Welt auszugestalten, falsch gewesen; aber wir kennen keine anderen. Die Realitäten sind geschaffen, die Wirklichkeit steht fest.

Lacher: Welche Hoffnungen haben wir?

Papst: Wir haben schon lange keine Opferung mehr vollzogen. Sollten wir vielleicht mal wie­der.

Hank winkt ab.

Bibba: Neues schönes Schiff.

Kox: Ja, unsere Autos fahren jetzt 450 km/h und unsere Flugzeuge fliegen zwanzigfache Schallgeschwindigkeit und unsre Energie beziehen wir aus einer kleinen bunten Kugel, Schneegestöber, die man in der Hand hält; nur schütteln darf man nicht. Und unsere Bom­ben, unsere Bomben...Sie sind so ungeheuerlich, daß sie uns unseren Frieden garantieren.

Hank: Ich sagte ja damals schon, die brachiale Gewalt der Gewehre ist nichts gegen das, was unsere Erfolgsgesellschaft noch hervorbringen würde. Sie glauben doch nicht etwa, wir würden sie benutzen, unsere Friedensvögel? Aber nicht doch, aber nicht, niemals. Na viel­leicht einmal zwei Stück, aber nur, wenn es unumgänglich ist. Ansonsten, unsere Parole ist, niemals Ersteinsatz. Wir werfen als zweite. Außer vielleicht auf dem alten Kontinent. Dafür fangen wir niemals einen Krieg an. Wir nicht. Wir nicht. Wir sind doch nicht wahnsinnig. Außer kleine Kriege vielleicht. Wir führen kleine Kriege nur, um die großen zu verhindern und überhaupt nicht gerne. Also wir verlassen uns darauf, daß niemand so wahnsinnig sein wird, uns anzu­greifen. Es wird doch wohl niemand so wahnsinnig sein?

Lacher: Was quatschen Sie für dummes Zeug. Was für ein stinkendes Hirn kann sich nur solch einen  verpesteten Unsinn ausdenken.

Also schönes, neues Schiff.

Hank: Leider ist unsre Welt klein geworden, kein unerschöpfliches Land mehr in Sicht. So erschöpft sich alles mal. Die Schwachen und Zukurzgekommenen können leider  nicht mehr berücksichtigt werden. Die alten Widersprüche brechen wieder auf. Wir haben, sagen wir mal, ein konjunkturelles Tief, drum fehlt uns auch das Geld, die alten Widersprüche auszu­polstern. Ja, damals, da war Aufbruchstimmung. Heute dagegen. Aber ich hörte, hinter den neuen Wassern sei ein noch größeres Land. Kennen Sie die Chinesen?

Lacher: Kenne ich nicht.

Hank: Aber die Afrikaner kennen Sie?

Lacher: Kenne ich nicht.

Hank: Aber den Mond, da waren wir auch schon. Kennen Sie?

Lacher: Nein.

Hank: Sie kennen ja nichts.

Lacher: Wenden wir uns wieder den Dingen da draußen zu. Da draußen.

Hank: Ja, unsere Konzerne, gigantische Gebäude, Maschinen, Bankhäuser, rauchende Schlote, sogar der Himmel hat unsere Farbe angenommen.

Lacher: Die da draußen, wollen die ein neues Schiff?

Hank: Hören Sie, ich finde, Sie sind ungerecht. Ihre Behauptungen sind ungerecht. Mit dem Schiff war alles auch nicht so, wie Sie heute vormachen wollen. War eine stolze, reelle Ange­legenheit. Doch niemand soll heute alles auf eine Karte setzen, ist zu gefährlich, hat keiner mehr nötig. Wir haben jetzt alles prächtig, mehr geht nicht, bei uns kommt nichts mehr, nichts mehr rein.

Lacher: Sie rülpsen ja.

Hank: Uns fließt kein Blut mehr in das Meer. Da geht nichts raus.

Lacher: Ich verachte Sie; ich finde Sie lächerlich.

Bibba: Dr. Puschel sagte einmal, wollt ihr die totale Urbarmachung. Was Sie uns alles erzäh­len, diese Schweinereien, alles erstunken und erlogen, Lügen verbreiten!

Lacher: Muß wohl so gewesen sein, wenn ich Sie heute sehe.

Hank: Träge Massen, einmal in Bewegung gesetzt, sind nicht mehr so leicht aufzuhalten. Hat sich verselbständigt und geht so seinen Gang.

Sogar das Denken haben wir vom Kopf in die Maschine ausgelagert. Verstehen Sie nicht, wie genial wir unser Dasein eingerichtet haben? Kein Kopf, der der Maschine widerstehen kann, wird übrig bleiben.

Soweit haben wir den Geist unserer Genialität materialisiert: Was Geist war, wird Maschine, was Leben war, wird Industrie.

Lacher: Haben Sie das Steuer aus der Hand gegeben?

Bibba: Zweifeln Sie an unserer Seriosität? Unverschämt.

Hank: Warum belästigen Sie uns. Gehen Sie doch dahin zurück, wo Sie hergekommen sind.

Lacher: Wovor haben Sie Angst?

Hank: Sie verwirren uns im höchsten Maße. Die Dinge gleiten uns tatsächlich aus der Hand, und um so sicherer mißlingt, je fester wir den Tatbestand im Griff zu haben glaubten. Wer weiß, was da schief gelaufen ist.

Lacher: Vor wem haben Sie Angst?

Bibba: Vor Ihnen.

Lacher: Ich habe Ihnen masernverpestete Decken mitgebracht. Jeder kriegt sein pestzer­fressenes Gesicht.

(Lacher jetzt als Erzähler) Viele Menschen kommen, geben Dr. Puschel ihren letzten Blick.

Verhalten treten wir zurück, verlassen sie.

Menschen fett, erblindet auf der Höhe? Hier ist der Sumpf. Ich bin der Tod.

Die Macht der Technik ist totalitär; Macht und Apparat werden dasselbe. Von der Aufklärung zur Wissenschaft, von der Wissenschaft zur Disziplin - das technische Argument frißt sie alle. In einer Zeit, in der selbst die Städte unmenschlich werden, herrscht nicht Kultur, son­dern Barbarei im Land. Der technisch zivilisierte Mensch baut nicht an seiner Freiheit, son­dern an seiner Selbstenteignung.

Die Herren Kulturfunktionäre glauben an den Vollzug der Dinge, daß Besitz am Ende ganz motorisch in die Zukunft wirkt, als würde sich Erfolg perpetuieren. Sie glauben schwerge­wichtige Apparate, einmal in Bewegung, sind so leicht nicht mehr zu stoppen. Das geht nur den absoluten Sumpf. So schwere Massen sind nicht fein zu lenken, und der Energieauf­wand wird ganz beträchtlich, am Ende ungebührlich, unverhältnismäßig.

Doch glaubt mir, auch kapitale Böcke kann man schießen, nur bedarf es dazu eines Riesen­schiffes, noch größer, noch gewaltiger, noch schöner und noch heiliger, selbstredend.

Hank sagt, glaubt ihm nicht, glaubt ihm nicht, er ist ein Misanthrop. Vor allem aber ist er Narr. Er ist kein Philosoph, kein Aufklärer, kein Moralist, kein Neuerer; die Wahrheit, die er spricht, gebiert ihm keinen neuen Glauben. Er spricht nicht mit den Massen in Parolen, er verachtet die Verdummungsindustrie.

Nur der Herrscher darf die Wahrheit hören.

Ein Narr, der mit dem Volke spräche, müßte hängen, denn die Wahrheit, in inkompetenten Ohren, verbessert die Lüge nicht. Allein dem inneren Zirkel der Macht gebührt die Wahrheit als Regulativ einer aufgeklärten Verdummungsmaschine, die verbesserte Lüge zu populari­sieren.

Hank sagt, sagen wir doch einfach, diese Menschenwürmer wären dumm, und alles löst sich auf in Leichtverständlichkeit, daß alles kommen muß, so wie es kommt.

 

 

Es war ein Schiff

Es war ein Land

Es war ein Meer

Es war Zukunft

Es war die Tat

Es war Erfolg

Und nun ist Schluß

Dr. Puschel sagte einmal:

Die größten Gemeinheiten sind notwendig

Das war die schönste Spitzenleistung

seines Irrtums / danken wir.

 

Ich der Lacher und Erzähler der Geschichte ziehe mich zurück, und ihr folgt mir.

 

 

 

Chor der Offiziere:

 

Jawohl jawohl

So ist die Liebe zum Geschäft

Jawohl  jawohl

jetzt glauben wir daran

Jawohl jawohl

 

 

Vernunft muß sein im Sportverein

 

und endlich schließlich auch

 

der alte Brauch den Sieg zu abstrahieren

 

Jawohl jawohl

wir lieben alle Abstraktion

Jawohl jawohl

für sich bleibt alles klar im Nichts

Jawohl jawohl

 

 

Vernunft muß sein im Sportverein

 

So ist die Liebe zum Prinzip

 

Methode siegt und wir gehn drauf

 

Jawohl jawohl

der Spaß muß sein im Sportverein

Jawohl jawohl

gut Schuß ins Firmament

Jawohl jawohl

gut Schuß gut Glück

 

- Hier ist der Lohn der Abstraktion.

 

 

- Ende -


 

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 17.11.2016

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Dem großen amerikanischen Präsidenten Trump

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