Der nachfolgende Text ist über 30 Jahre alt. Er ist ein Jugendwerk und trägt folglich auch die typische stilistische Unsicherheit der Jugend in sich. Dies ist aber kein Fehler, da er alle zitierten Klischees grundsätzlich ins Brutale wendet - vom Kartenspielertrick bis zum Kreuzsymbol.
Das Werk beschreibt Gesellschaft als Verdauungsfunktion, das ist insoweit interessant, als Jahre später, in meinem Hauptwerk, "R1 (Zeit der bürokratischen Unschuld)", Gesellschaft grundsätzlich in Kannibalismus enden muss.
Nichts ist also Zufall.
Und so ist es wohl auch kein Zufall, dass ausgerechnet nach der Wahl des neuen Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika mir die Jugendsünde meines Frühwerks wieder einfiel. Ich weiß nicht warum, wissen Sie es?
Der bemerkenswerte neue amerikanische Präsident hat im wahrsten Sinne des Wortes und auf großartige Weise aus 'Dumpf' Trumpf gemacht. Darum widme ich ihm auch dieses Buch.
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Dr. Puschels Überfahrt ans Ende der Welt (Neuzeit)
1. Auflage 2016
Dr. Puschel schifft ins Meer.
(Eine theatralische Geste)
[Wie die Wahrheit des Irrtums der Mangel an Wahrheit ist, ist die Vernunft daran nicht feststellbar]
Personen:
Der Erzähler (Narr)
Chef:
Dr. Puschel
Unternehmer:
Papst
Kox
Schmith
Bibba
Technokraten:
Hank
Goofey
Packer
Oberst
Volk:
Liselle
Julie (Nutte)
Liselles Vater
Petzki (Verbrecher)
Nebenfiguren:
Wächter, Wilder, Bediensteter, ein Opfer, eine Frau, einer aus dem Volk, Kind,
Soldaten, Polizisten, Assistenten, Menschenmenge etc.
Chor der Offiziere.
Es war ein Schiff
Es war ein Meer
Es war ein Land
Chor der Offiziere:
Öfters sich im Kreis drehn
Das Kommando rezitieren
Vielmal sich im Takt einbleun
Vielmal nicht aus Notwehr meucheln
Aber nur aus Liebe foltern
Einmal flieg mal fall mal
Einmal Robbespiere sein
Einmal richtig grausam sein
Einmal wie Maschine sein
die Maschine der Gesetze lieben
und die Guillotine lieben
Einmal sich zum Kampf aufrüsten
Einmal sich zum Ruhm aufrüsten
Einmal nur die Angst nicht kennen
Einmal seine Größe kennen
und den Feind am Gang erkennen
Einmal stark bewundert werden
Einmal nicht verwundet werden
Einmal keinmal Dummkopf werden
seinen Kopf zur Wonne aller Menschen tragen
und den Kragen weißer tragen
Einmal nur ganz anders sein
Einmal nochmals so sein
Einmal niemals nein schrein
Keinmal nochmals niemals schrein
Schrei mal lauthals ‘frei sein’
Nachmals wirds vorbei sein
Einmal richtig selbst sein
Einmal auf dem Fels schrein
Einmal auf dem Dampfer
Schließlich aber langts mal
(Chor) Es steht ein Schiff
noch still noch ruhe sanft
bald ruhe sanft du ferne Welt
verende
wir kommen
wir nehmen dich
wir schaffen uns ein neues Land
Das Schiff wird tragen
zwanzigtausend Menschen
und viel hunderttausend später
wirst daraus gebären
Trägt fort trägt fort
bald wirst du bringen
zehntausend Tage Zukunft du
für uns das birgst du uns
du Riesenschlachtkahn
unbesiegbar
tödlich / Mordgelüst Eroberung
Mit tausend Mordgeschützen voll bestückt
hingerichtet ab aufs Meer die Ferne
und Riesenbauchmaschine und
Riesenschornstein in die Höhe
du Stahl aus Macht / und Gewalt Eroberung
Goldnes Fett Maschinenöl
schmierst gut den Wanst
und eilfertig zum Zerstampfen
und voll Gesundheit Feuerung
bis zum Verzehr
Stampfe wenn du stampfst
und bringe wenn du bringst
tanze wenn du dampfst
du produktive Kampf- und Schlachtmaschine
Übers Wasser übers Wasser
schleifst hinüber
deine technischen Prinzipien
mitsamt den allerhöchsten Idealen
Siegeslust und Unterwerfungszwang
Ferne frei
macht frei das Meer
für diesen Apparat
unsägliche Kiste Eisenungetüm
Vorwärts Monstrum
Großgestalt
in Aufbruch
da liegt die Zukunft deiner Macht
Ja zum Besiegen
Noch später
ist die Sage zu vermelden
vom Riesenstück Maschinenschiff
sind viele Menschen werden sagen
wie das Schiff zu lieben war
das trug die Zukunft unter Tage
Tretmaschine Feuerofen
über Tage seinen Stolz
Und ganz zum Schluß
ganz drin
und frisch mitsamt brutal in Zukunftsstimmung
das Menschenmaterial
Heil
Bürger Kaufleute
Organisatoren
Führer Verteiler
Macher Mitläufer
Menschen
Freunde
Menschenvolk
und hin die neuen Menschen
Kommt
in die Morgenröte
frei - macht frei das Meer
die Zukunft - Ferne
werft in den Koloß - Zukunft
Blubbert Koloß
so dumpf träge noch
hinab hinab
und hinab
die Ferne
Trumpf!
(Erzähler) Warum sie in den Bauch gekrochen sind, gebeugt, bepackt. Fragt nicht.
Ich sehe das Wasser, das Schiff: Reise, Hoffnung, Flucht, neues Land.
Man hörte hinter den Wassern gäbe es ein neues Land; da wäre Platz zum Leben. Ich erzähle euch die Geschichte von der Überfahrt zur neuen Welt, und wie sie wurde, was sie ist.
Menschen, seht die großen Taten, die sie vollbrachten; an ihnen sollt ihr messen, wie Erfolg gemacht wurde. Wie geworden ist, was zu messen ist.
Warum sie aus den Löchern in den Rumpf geschlichen kommen, scheußlich dumpf die Lumpenkinder.
Fragt nicht, was sie, die Ratten der Armut, aus den Löchern treibt. Schlüpfrig auf den Planken - die Eroberer; die Hoffnung treibts rein.
Proleten, Strolche, Optimisten, gehen unbesehen in die Zukunft.
Die Gescheiterten in die Zukunft, die Habgierigen in die Zukunft, die Abenteurer in die Zukunft, der Abschaum in die Zukunft. Aus den Elendsquartieren in die Zukunft, aus den Gefängnissen in die Zukunft, vom Galgen in die Zukunft. Ab in die Zukunft.
Ich sehe die Menschen in den Schiffsbauch kriechen, die Gesichter aschfahl und häßliche Gesichter, die Haare zerzaust, die Kleidung ärmlich, zerlumpt, die Gestalten gebeugt.
Ich sehe Menschen verwegen und die Augen schlau.
Ich sehe sie als lange Schlange runter zum Hafen, zum Schiff.
Flankierend stehen Uniformierte, die Ordnung brutal, die Menschen in Reihe zu halten.
Ein Trommelwirbel, die Kapelle spielt auf zum Marsch. Soldaten rücken ein, voll Sang und Klang in den Schiffsrumpf zu steigen. Auch Sträflinge, bewacht, ziehen unwillig zum Kai, verschwinden unter Deck.
Zwei aus der Menge, Hank und Goofey, verhandeln mit einem Uniformierten am Steg. Sie haben es nicht für nötig befunden, sich einzureihen. Sie können passieren.
Ein Händler kommt, schiebt einen voll beladenen Wagen, steckt einem Uniformierten ein Geldstück zu, um sich von ihm begleiten zu lassen. Den Weg so geebnet, erreicht er unbeanstandet den Steg.
Einem Kind, das dort mit seinem Wagen zu kollidieren droht, erteilt er eine Ohrfeige. Die Mutter, die sich beschweren will, schreit er an, sie solle ihre Fresse halten, sie jämmerliches Stück Mistvieh. Er sei jemand, dem man nicht in die Quere kommen dürfe.
Der Händler heißt Packer und kennt nicht zufällig einen von denen, die in diesem Augenblick ihren Auftritt haben.
Packer passiert die Kontrolle, betritt das Schiff.
Die Prominenz ist aufgetreten.
Der Organisator Dr. Puschel, seine Assistenten, der Oberst, sowie die Unternehmer Kox, Schmith und Gretel Bibba beweisen sich ihre Großartigkeit.
Dr. Puschel: Wir haben alles aufs beste vorbereitet, die Organisation perfekt, das Unternehmen bis ins kleinste durchkalkuliert; das Schiff ist gerüstet, der Erfolg garantiert.
Kox: Welche Spitzenleistung Ihres Könnens. Unbestreitbar Ihre Größe.
Dr. Puschel: Ah, nicht der Rede wert, ist mein Geschäft, den Profit zu garantieren.
Oberst: Wir inspizieren das Schiff.
(Grund- und Aufriß; die Konstruktionszeichnung des Schiffs wird ausgebreitet.)
(Erzähler) Sehen wir richtig, die großen Herren haben große Ziele im Blickfeld, verwundert uns nicht, daß die Kleinigkeiten darunter an Unschärfe im Blick verkommen. Meine These, hier ist keine Nachlässigkeit im Spiel, das ist Konsequenz der Herren Höhe.
Das Allgemeine ist das Wahre, gewissermaßen von höherer Warte aus betrachtet, und alle Statements, die vom Erkenntnisstand der Mächtigen aus abgelassen werden, handeln stets vom Allgemeinen, als sei es ein konkretes Ding der Wirklichkeit.
Die Herren sagen, wenn wir z.B. aus freier Willkür vom Menschen handeln, übertrifft dies freilich unsere Vorstellungskraft, wenn wir vom Schreibtisch aus in großer Zahl den Menschen behandeln. Sie sagen, so können wir uns die Konsequenz unseres Befehls, z. B. das Liquidieren großer Menschenmassen gar nicht vorstellen, bevor sich diese faktisch umgesetzt hat in der Tat.
Und in der Tat, sie haben sie realisiert, ohne sich mit der Konsequenz des Handelns belästigen zu müssen.
Diese dynamischen Persönlichkeiten handeln in der Tat ausschließlich im Sprachgebrauch, sie befehlen.
Entscheidbar ist, vom Schreibtisch aus berechenbar, die große Zahl. Die Konsequenz des Handelns wiederum, filtriert zum Schreibtisch hin, ist doch erfahrbar wieder nur als große Zahl. Begriffslos große Zahl, das ist Erfolg vom Schreibtisch aus.
Nicht das Begreifen zählt, nur das Berechnen. Was sich nicht berechnen läßt, fällt raus.
Diese dynamischen Persönlichkeiten foltern, massakrieren, ebenen ein ja nur im Sprachgebrauch; sie lenken, leiten, führen unbesehen, jeder nach seinen Bedürfnissen, jeder nach seinen Möglichkeiten.
So sprechen sie erfahrungslos und bringen unbegriffen nur auf den Begriffsersatz, auf eine Norm, und ihre Moral - was sie ihre wissenschaftliche Objektivität nennen - ist ihre bürokratische Unbeteiligtheit, als Abstraktion vom Objekt ihrer Maßnahme.
Da, wo sie sich von Irrationalität leiten lassen, sind sie zynisch, Ideologieeinsatz. Der Sinn ist Willkür, was zählt, ist der Erfolg.
Andererseits handeln die, die handeln auf Befehl, doch in der Regel unverantwortlich: die verfolgte Kreatur zählt nicht. Objektiv zählt nur der vorgesetzte Nenner der Befehle nach den Kriterien vom Schreibtisch aus.
(Am Plan)
Dr. Puschel: Nun Oberst, sind Sie zufrieden mit der Ausstattung des Schiffs?
Oberst: Ausgezeichnet. Kleine Verbesserungen für meine Militärmaschine werde ich während der Fahrt vornehmen lassen. Nur ist unzumutbar, daß die Bevölkerung auf den Hauptgängen kampiert; schließlich muß meine Einsatztruppe auch unter Deck eine gewisse Mobilität bewahren können.
Smith: Wir müssen die Kapazitäten des Schiffs auslasten. Wer
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Tag der Veröffentlichung: 18.11.2016
ISBN: 978-3-7396-8382-9
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Dem großen amerikanischen Präsidenten Trump