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Die Gesetze des Planeten (Lyrik des 20. Jahrhunderts)

Die Gesetze des Planeten

(2. Bearbeitung)




Einleitung


Was Mensch


Zerriebene Zeichen
Lichtspringer
Das Urteil
Ziele setzen und Erfolg haben
Anns Geschäfte
Glücklose Zeichnung
Weltflimmern
: Chaos
Amerika
Im Paradies
Im Paraglanz
Im Abfall
Im Abfallmedium
Verkehrsregel
Was Mensch
Ich Glückssucher
Dein Diktaphon
Große blinde Bierfreiheit mit Methanol
Eine deutsche Krankheit


Gegen die Wand gesprochen ist das Leben


Die Gesetze des Planeten
Sapphische Fragmente
Staub
Genie der Fliege
Ordnung des Gefühls
Archaische Wissenschaft
Fremde der sapphischen Oden, sie streichen
Die Erde
Das Subjekt ist Maschine
Negative Sehnsucht
Bespringe...
Im Gepäck
Aus der Welt


Gefühle am Papier


Traumtier
Trennung
Liebe Freundin
Abschied
Poesie
Im Gesträuch
Der große Zirkus der Gefühle
Das Krokodil
Klarsicht


Der Traum vom Ende


Im Gedränge
Gewißheit
Träumt das Gehirn Gewißheit aus
Glaube
Perdu
Die echte Angst
Lappalien
Lieber sich in die Ecke stellen und blöd
Das gebe zu brülle Hund bell’
Kurzer Moment vor der Finsternis
(Alle Seligkeit ist Weltverlorenheit)


Patriotische Lieder


Letzter Sturz
Sprecht von Selbstbestimmung, Freiheit
Narrenlied


Der technisch zivilisierte Mensch


Am Spiegel
Die Macht ist inhaltsleer
Verachtungslogiker
Das Ding
Agonie-Gesellschaft am Tropf
Am Morgen des achten Tages
Verirrung in Kunststoff und Beton
Vernunft ist tot
(Die Gesetze des Planeten)
Im kalten Paradies der Feindschaften
Von Maschinen singen
(Erhoffe nichts, beachte niemanden)
Entwertende Erkenntnis
Mein Leben?


Die Verzückungen des modernen Lebens


Formaler Fehler
Freier leben
Zauberspruch
Ode an den Lutscher:
Warum ich nur ein Dichter bin
Vom Ausbluten
Supp die Fraß
Jagt hinterher dem Strahl des Weisenden
Glücksrad
Der Mythos
Athletik


Die Freuden des Weltuntergangs


1:9...
Moderne Seefahrt
Ich wünsche einen großen Krieg der Welt
Tu hinzu eine Maschine (die Leere)

Rekurs


Betriebsinternes


Wie jeder hier falle auch ich mir zum Opfer
In der Schwebe unbenannten Daseins
Der bunte Vogel Kasimir
Vom Sinn und der Lust
Check-up
Der romantische Totengräber
Formal ins Aus
Keine Poesie mehr
Endprodukt
Vögel und §

Statt eines Nachworts (einige Interpretationsansätze)

 

 

Weitere Bücher siehe auch: https://zeuslogo.wordpress.com


Einleitung


(Ein Beitrag zur Unkultur)

I

 

Dies ist mein gewichtiges Werk!

Wieviel mehr Tier fällt ins Gewicht, unfrei und vernunftlos.

Jeder wird Sklave seiner sozialen Situation, es sei denn, er behauptet seine Nutzlosigkeit gegenüber der

Gesellschaft. Jeder bleibt widerstandslos, beugt sich den Umständen, es sei denn, er hält sie nicht aus.

Der Sklave will immer nur nützlich sein. Er existiert jenseits dessen, worauf sich der Mensch einzig begründet berufen kann, jenseits von sich und damit jenseits von Vernunft, Selbstbestimmung, Selbsterkenntnis.

Jeder Pragmatismus verhüllt nur unvollkommen seine Niedrigkeit. Erst wer seine Niedrigkeit ablegt, erträgt es, die Autorität eines Kunstwerks anzuerkennen.

II

 

Dichtung, die nicht bei partikularen Aspekten moderner Lebensäußerungen haltmacht, sondern eine umfassendere Auseinandersetzung anstrebt, wird naturgemäß beherrscht von wesentlichen Problemen des Ekels und der Schadenfreude, die nicht vollständig in die Ebene der Abstraktion gehoben und so abgewiegelt werden können.

Insoweit kann auch der geneigte Leser sich zweifellos nicht über einen Mangel an Unbequemlichkeit beklagen, wenn es ihm gelingen sollte, dies Buch bis zum Ende durchzublättern.

Sicher, diese Wahrheit ist einer positiven Verkaufsprognose nicht besonders förderlich, und darum bindet eine Strategie am Markt sich nie an sie, hingegen ist sie unvermeidlich, soll Dichtung überhaupt noch einen Restbestand von Sinn beinhalten.

Ich gehöre nicht zu jenen Ignoranten, die irgendeinen vordergründigen Nutzen darin zu entdecken vermögen, sich dem gegenwärtigen, geschmäcklerischen Kunstbetrieb anzugleichen, als gäbe die Tradition der Moderne etwas anderes her, als uns die Erkenntnis, notwendig von ihr abzuweichen.

Tatsächlich verbirgt sich hinter den Anforderungen des Zeitgeschmacks, die der Dichter, gleich einer Fessel, immer wieder abzuschütteln pflegt, nichts als die falsche Verpflichtung zum Wohlverhalten, ein verfehltes Bewußtsein von Welt zu stabilisieren, eine falsche Sicherheit, eine falsche Harmonie.

Ein Dichter hat gefälligst zwischen die Augen zu treffen, und konsequent, sein Ziel unter der Schädeldecke, bestätigt er nichts und beglückt nicht mit einer neuen Variante, oberflächlich auszuschmücken, was schon hundertmal gesagt, sondern dringt vor zum Kern des irritierenden Sachverhalts, wo ein Fehlverständnis von der Welt die Realität des Falschen setzt.

An diesem Punkt muß er sich messen, muß er seinen Ansprechpartner in Bewegung setzen oder unterliegen.
An diesem Punkt allein steht jeder Dichter im vollen Risiko des Worts, hier siegt er oder wird vernichtet; der Rest ist Zeitverschwendung und Papiervergeudung - gewerblich soll er lieber dümmliche Geschichtchen und Romane schreiben oder marktgerecht mit Zuckerwatte Handel treiben.

(Sämtliche Gedichte sind in den 80er/90er Jahren des vorigen Jahrhunderts entstanden.)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 



Was Mensch

 

 

 




Zerriebene Zeichen



Vergiß nicht, daß wir ganz
flüchtige Wesen gewichtige Einzeichnungen
hinterlassen
bedeutet fast nichts


Hier der behauene Felsen - Burg
türmt Erinnerung auf
vom Dasein
der Träume

Bedeutung ist Sand
in verwunderten Händen
geküßt von Luft
eine Fahne


Nie ist das Auge die Heimat des Sinns
wenn nicht flüchtig
und ins Leben geworfen du Erde

 

 



Lichtspringer



Nie konntest du Leben in den kalten Rauch
des Universums blasen.
Vor dem Schlund finsteren Nichts der Er-
kenntnis streiten haßerfüllt die Menschen
ums Dasein, schnappen nach Happen blauen
Lichts. Sie wollen leuchten - glücklich
mit sich, zumindest ohne die anderen glück-
lich. Blaß tanzen die Würmer, verschmierende
Lichtlein im wäßrigen Gedärm der Zeit. Blub,
blub ... was sie höher springen, was sie hö-
her rettend für sich forttragen wollten.
Was warst du? Selbstgewißheit einzig Lieb-
ling, Kulturfahne auf Gottes Wolke, ein Bes-
serer zu werden.
Nun bist du gefressen.

 

 

 


Das Urteil



Die Menschen existieren nicht
und auf keine Weise ist der Ort
ihres Daseins auf dem Planeten
lebendiges Fleisch

Die Menschen existieren nicht
und kein Gedanke gleicht
einem Befinden selbstbewußter
Vergänglichkeit

Hier weit und breit
das Urteil:
kein Sinn kein Leben - nichts.
Die Menschen existieren nicht

 

 

 


Ziele setzen und Erfolg haben


Oder

Anklopfen

Was ist authentisch?
Man nennt den Irrtum „Sinn“ oder „Leben“

Bewußtsein

Unsinn, wenn so ein Tier „Ich“ sagt
Fadenscheinig der Antrieb - was ich lieben kann -

Zwanghaft

Nicht an den Tod denken
Keine Sekunde des Daseins

Ungedacht

Schnell noch im Augenwinkel: Zeittropfen
Heiß - kalt - Gegenwart

Abläufig

Schwinden

Die Welt ist dabei, über mich
hinwegzugehen.

 

 

 


Anns Geschäfte



An Ann nah an Ann
Einzelheiten zwischen Dingen
Zwischenzeiten Haar im Mund
Kleine Steine zwischen Lippen
Fragen Disziplinen starr im Wald
Die Gefühle spricht die Zunge
An ihr Auge schmeckt sie nicht

Elendig danach das Land der Seele

Welt ist Zahl und Geld
Der gute Gott der alles richtet
Die Illusion der Volkswirtschaften
Die die einen drucken ist der
Andern Religion und Weltbesitz
Alles was Ann
Glaubt und wünscht und fühlt

 

 

 



Glücklose Zeichnung



...Nein, weil ich nicht sehe
bin ich weit von mir gestoßen:
Die Zeit ist zähflüssig und Melancholie
ein Fisch in der Zeichnung
Trübe See ist und Schatten
wo die Welle im Bogen alles Licht
hinter den Vorhang zieht

Selbstvergessen habe ich meine Luft
aus dem Mund geblasen
verscheucht alles Leben
weil nicht erfahrbar ich keine
Augen habe, und nicht erfahrbar
davon meine Stimme schweigt

Müden Seegangs legt sich die Finsternis
wie Maden unter die Lider
Unversöhnt, weit von mir geworfen
an der Oberfläche, treibt glücklos
meine Zeichnung kurzes Spiel
und verschwindet in Wasserfarben

...Manche Fische schwimmen nicht weit

 

 

 


Weltflimmern



Luftflimmern was kann ich rufen verfolgen
als elektronischer Käfer stoße ich an
vergewissere mich wechselnden Fluchtorts
der A-Projektion B-Projektion
Schwarzbilder Folgenummern

Von schnelleren Abgasturbinen aus folgend
den Schaufelrädern und Flugzeugen gleich
nur niedriger ins Erdreich
vom Programm absetzen
zapp zapp

Was ein stürzender Käfer nicht weiß kann
folglich im schwindenden Sinne mein ich
nur als ortloses Fluchtreich
vom Programm absetzen
zapp zapp

Was das Leben betrifft: Auf dem Lichtstrahl
dem Abgrund entgegen bin ich überall
und simuliere die Allmacht des Scheins
nichts kann bestehen doch heute
planetarisches Flimmern
ohne Grund eine Gegenstandslaune
knipse ich an und aus.

 

 

 


: Chaos



Mein PC wärmt mich
und wie zwei Beine ragen die Algorithmen
aus dem Monitor
und zwischen ihnen spricht
ein Virus im Programm
von Welt:
Früher existierte Welt
doch ihr Dasein war euch nicht zugänglich
ihr existiertet nicht am selben Monitor.
Und ich antworte situationsgemäß:
Früher existierte ich.
Der Tod wollte einst Mensch werden
und wurde darüber zur Ewigkeit.
Und da fallen die Wörter
und schütteln die Logik des Seins -
und immer geben sie ein überraschendes Und

: Chaos

 

 

 




Amerika



Wir Morde sind unserer chicken Haltungen
lullaby Nachtgespenst Freiluftschein
Wir all unserer Flugnächte chicken-country
Dies Raum alles Tunnel Geklingel
- dieser Glockenton merkbar -
dieses wild hüpfende - blow blow - Federkiel
flatterhaft tierisch verschleißende Lebendgewicht
auf Wiedersehen sorry die Lüge.

Das flaumweich pulp legende Du
- Da Freizeichen frei giddy -
Du blank liegendes Häufchen weichzeichnen
Amerika meiner Schreibspur du Zurichtung
Du gerupfter Traum du mein Flügelschlag
hüpf nochmals Sinn nochmals schlaf fein
Wir auf der Hühnerleiter Erkenntnis

Alles Traum alles Taumel
wie am Krähton die Wachheit
alles Grillpartyservice

Was sind wir doch Morde statt
diesseits hängt’s Leben zurück

Amerika


(All das was uns vollendet unser Verwehen
all das was uns mordet sind wir)

 

 

 


Im Paradies



im paradies fand ich ein zweiglein
nackt und abgeschnitten

wo hast du paradies voll glanz und stahl
das kümmerliche zweiglein her?

was du verlorst muß schnell vergraben werden
verschlummern soll in erde sanft

doch erde ist nicht aufwerfbar im paradies
voll geld und glanz und paradies

drum schluckte ich das zweiglein sanft
und legte mich aufs paradiesgestein

soll ruhen sanft soll ruhen

 

 

 


Im Paraglanz



im paraglanz erfand ich eine meise
quatsch und abgezwitschert

wo hast du meise voll gnanz und blah
die kümmerliche weisheit her?

was du uns zeigst muß schnell belabert werden
beschummeln wir die trallala

doch wie ist meise aufwertbar im paraglanz
voll gnanz und gnanz und einbildung?

gern’ schluckte ich die meise ganz
die tote ist ‘ne frühstücksgans

und soll gebraten besser schmecken

 

 

 


Im Abfall


flatter zack susanna gib gas
flügel hier und flatter da

schöner chemiegarten flatter weißer
fall weißer noch flieger dann ab

schwupp runter bums insekten plumps
funny la la la la la la

funny la la la la la la
baby baby heiß gekrümmter raupenflieger

winde dich bis lieb ein blatt vom stengel sinkt
zisch ab susanna werd’ bleicher

plumps plumps plumps

 

 

 


Im Abfallmedium



nackter schmuddelhaufen oha putz’ die
linse vor dem verbogenen schleier gierblick

von all den wundern der technik
idealer schon weißt du’s simulant elektronischer

hallo hallo neblig dicht im kästchenland
heißa der flachpunkt wie flimmert das glück

fernshn ar ar süßstoffparadies glanzparade
punkt glanzpunktum frnshn liebespunkt

stoff für noch mehr spaß highlife HF
so friß pup im bett stop

was für ein gefühl stop

 

 

 


Verkehrsregel



sentenz tanzt im paraglanz
es ist es - was ist es? deutlich

was der zahl gewicht gibt formt den menschen
allein was seinen namen trägt ist angenehm

seine antithese namens liebe ist refugium
von gestern doch es kauft sie / ein wert

der seines zeichens quantität mißachtet
ist nicht zugelassen / es ist geist

und alle würde ist nicht denkbar ohne frei-
heitsrecht ganz von ihm abgeleiteter

Besitztitel

 

 

 


Was Mensch



Kein Schmerz mehr, sondern Lustgewinn

Im Zweifel Glücksschwein
und erfindungsreich
die Antwort ist
Gehirnlaborerkenntnis
Gehirn erkennt sich als Chemiefabrik
bedient sich umweglos
zum Hirnstoff ohne Lebenswirklichkeit.
- Ideal ist das Subjekt
ein Daseinsüberwinder
selbstgenügsam und vollkommen
weltentsinnter
Übermensch an einem Schweine-Gen.
Was Mensch
ist die Chimäre.

 

 

 


Ich Glückssucher



Wie ein Bruch
der reine magische Augenblick
magische Tapete an der Wand und Hände
vielleicht am Fettrest Halt bewahren
skulpturales Leben oder die düsenden Jäger
an Mondnacht und Weltraum
immer weiter immer weiter
das sind die Gefühle des Durchbruchs
an der Wand
an die das Gehirn knallt
und durch sie hindurch alle
Formen alle leuchtenden Formen
und die Hände begreifen durch die Haut hindurch
das Weiche das abfällt
und den Krieg übrig läßt
den definierten Raum von der Startpiste
ans ferne Ideal
in die Luft
pff
und ich begreife noch tiefer
in der Haut
durch die das Gehirn knallt und Knochensplitter
um bloß frei zu werden
an der Wand aber vielmehr noch
pelzig am Boden und in den
Ecken krabbelt mein freies Leben
Mein frei erzogenes geldmagisches
weltbesitzendes zielgerichtetes
Mondkalb
sprich doch und begründe
Erddrehung und Weltraumwissenschaft
Kriegswissen und Beute
Ach ihr Kriegsleute
aus strenger Form soll Chaos
wachsen und Atombombe
- fait accompli -
Gott schenkt mir wieder ein Gedicht
der wirre

 

 

 


Dein Diktaphon
ist mein Gespenst



(Den Schmutz der Folgerichtigkeit vom Licht
In Worten eingespanntes Lebenszeichen)

Fall klug dein stolzes Herz
Am brechenden Diktiergerät

Sucht fort den Sinn dein Wortgeklingel
Und findet eine Schraube im Gesicht

Vom Mund dein Wort einst liebte ich
Einst liebte ich na und nun schlag ich dich
Und hinterher bezirze ich die Stummheit
Deiner Nebelstimme im Playback

Jetzt bist du klug jetzt bist du
Tot mein wunderbares Liebestier

Was schallt aus dir noch Zeichen?
Es ist die Hoffnung deiner Abfallgrube
Die sich als Gespenst erinnerlich
Um ihre Achse dreht als das moderne Leben

 

 

 


Große blinde Bierfreiheit mit Methanol



Kleine Religion im Raubtierzoo
gnadenlos wird jede Art Bedürfnisloch
durchs Füllrohr ausgeschäumt mit flockenfeiner
Kunstchemie

Der Ignorant ist frei
der Bauch gefüllt mit Lösungsworten
löslich auch das Hirnproblem mit Alkohol
denn alle Dummheit löst sich leicht

Wer spurt kriegt seinen Geldsack zu
dazu die Invalidenrente nicht von Pappe
und den Blindenhund am Band dazu

Der Herrscher trumpft mit den Bilanzen
Der Untergebene beklatscht die Tat
Der Herrscher hebt die reine Hand
Schaut her hier klebt kein Blut
Wenn ihr blind gehorsam den Gesetzen folgt
die meine Macht begründen
gebe ich euch gutes Leben

Der Untergebene beklatscht den Herrn
dann nimmt er eine Schaufel in die Hand:
Der Herrscher sperrt den Rachen auf...
Stinkmäuliges Raubtier frißt sich satt
frißt sich breiter und runder
und fällt als berühmter Fettsack ins Grab

Der Brauch vom Friedhof aus noch
seine Aktien an der Spekulantenbörse auszutanzen
hält die Bilanzen frisch am Sarg

Über allem schwebt ein lüstern Schrapelvogel
Fragt sich der Blindenhund ein wenig irritiert
in Friedhofslaune vor dem nett umblümten Auffülloch

? Was der hübsche Pleitegeier über ihm wohl für ein
Hofhund sei

Gib Pfötchen mein Engel auf immer!

 

 

 


Eine deutsche Krankheit



Ein letztes überfettes Jahr davor
Ein elektromagnetisch übervölkerter Flecken
Eine silberne Gabel sticht aus dem Radio
Ach ja, dummes Land
Hier in Deutschland erkennt man die
Realitäten nicht mehr

Was schüttelt die Friedenstaube aus dem
Gefieder? Nennt es Zivilisation
Idealisten
Da fallen mit dumpfem Geräusch
die Parasiten vom Himmel
auf den gedeckten Speisetisch

Funkfeuer mach’ schuldig vor dem Ideal
Mach’ Realität zum Ort des Gebrechens
Gib Ortung, gib Zeichen, gib Technik
und banne den Verlust im Fleiß

Was heißt hier ein Opfer bringen?
Stigmatisiert wird der Abweichler
ihn zu behandeln im Terror

Verpflichte dich du kleines Häkchen
dem Betriebszusammenhang
Vervollkommne eine Dienstleistung
zum Machtspiel
Vervollkommne eine Verkehrsregel
zum Unterwerfungsritual
Mach’ zur Gesundheitspolizei deine Krankheit

Sei stets belehrt wie beleidigt
ein steifköpfiges Untier deiner Apperzeptions-
mechanik
Sprech’ bürokratendeutsch deines Wohllebens Ende

Ich funktioniere, sagt der Idiot :
(Eine letzte dicke Wolke entweicht dem Telefon
„Schade, daß ihr meine Flut nicht versteht
und somit nicht meine Überschwemmung.“)
Ende des Maschinenzeitalters.

 

 

 

 

 


Gegen die Wand gesprochen ist das Leben

 

 

 




Die Gesetze des Planeten



Finsternis

Einige Augenblicke

Kurzer Moment vor der Finsternis

Vergessen

(Für Luise)

 

 

 


Sapphische Fragmente




Staub



Warst du - Sappho? - die ein hübsches Herz hatte
Und einige hübsch fühlbare Gedanken
Nicht der Verliebtheit, nicht der Worte Gedicht
Sondern schau’ jenseits
Nach dort, wie zu Staub fallenden Leids, Papier
Körper, Geliebte, bist zu Fragment, Kuß, du
Fühlbaren Lebens entflohen, zerfallen
Vergangen, entschwund...



Genie der Fliege



Bin ich denn in allem Schurke und Genie?
Begebe mich perfiden Aasgesichts ins
Licht der Flitterwelt zum letztlich alldumpfen
Jammergetanze!
Ich degeneriere zum Naturobjekt
Im Glas fürs Publikum - Kulturfarce nur und
Fettfleck an der Wandung, die mir unsichtbar
Da ich ihr Fliege.

 


Ordnung des Gefühls


Willst du ungeduldig äußern dein Gefühl
Als Tiergesicht dein unveräußerliches
Tiergefühl? ach denke nicht vergeblich dumm
Es sei verstehbar
Wage nicht am Feind das offene Gesicht
Gelangweilt darfst du fühlen gar nichts fühlen
denn verfolgbar ist dem Feind die Offenheit
Des Gegenübers nur als einordbare
Opferreaktion
Er will seinem Ordnungblick hinzugesetzt
Die adäquate Überwältigung der
Lebensäußerung - daß zeige Sterbliches
Ihm Tod als nichtig

 


Archaische Wissenschaft



Heilig ist, was ich täglich erschlagen muß
Doch Mord ist Erbarmen, und priesterlich ist
Meine Henkersgnade, die an den Dingen
Opferung feiert.


*

 

 

 


Fremde der sapphischen Oden, sie streichen
Streichen, ersatzlos streichen, denn der bin ich
Der um den Hals schlingt Gestrüpp, Schlangenschwänze
Tierisch zu bleiben.

 

 

 



Die Erde



Seltsamer Planet wo ein Lebewesen
auf dem Rücken des anderen existiert
Hungernd nach Augenblicken der Gegenwart
krauchen sie übereinander
und drücken das Leben in die Erde zurück.

Seltsame Beobachtung der Welt
man kann sich nie sicher sein
ob es etwas gibt das das Leben ermöglicht.

Alle Mörder sind Engel
machen Platz für Veränderung
Mit jedem Atemzug morden sie fröhlich
würgen angestrengt ihre Vielfalt in Worte
und wissen doch: ihr Dasein hat keinen Bestand.

Mit zärtlichen Gefühlen vergessen sie sich
um Erde zu werden.

(Ich trete gelassen zurück, und die
Welt wird kleiner. Ich trete
noch weiter zurück, und die
Welt schrumpft zum Flecken
fällt zusammen zum Punkt
und aus.)

 

 

 


Das Subjekt ist Maschine



Der Mensch ist eine Metapher
des Geistes, der Maschine ist

Der Mensch ist eine Metapher der Maschine

Der Mensch ist eine Metapher
der Maschine, die Leben ist

Die Maschine ist ein Insekt
das schneller denkt

Das Hirn ist ein Park
kreischender Flugmaschinen

Das Mal meiner Träume ist
die Welt kreischender Flugmaschinen

Die Welt ist eine kreischende Flugmaschine

Das Subjekt besitzt sich nicht
und beendet die Welt

 

 

 


Negative Sehnsucht



- Weggelegtes -
aufgestapelt - wie eines weg-
gewischten Wortes - Zeichen -
eines ausgelöschten Sinns -
Erinnerung - vom - „als ob“ -
nochmals - zurück - in das Wis-
sen - in die Zuversicht - in
den Glauben - in den Mythos -
nimmermehr -
Jenseits - der Lüge - Hinter-
lassenschaft - die Poesie -
wie - weniger - noch weniger? -
Kurzer Moment im Menschenlicht
- lange Reise Vergessen.

 

 

 


Bespringe...


Hi, du da auf dem Stein
paß’ auf, sonst stürzt dein Marmor ein

Hi, du da auf dem Bauch
ein Messer schlitzt dein Schweinchen auf

Jeder grunzt, alles breit
jeder schluckt und bespeit

den großkarierten Maßanzug
den man mit der Wortbedeutung trägt

Sei ein Narr und folge der Moral der Schweinebande
die die Menschenmenge auf den Marktplatz treibt

Bespringe die Wahrheit, bespringe im Quadrat
und preise die Logik der Währung

nach der du mit deinem Leben bezahlst.

 

 

 


Im Gepäck



Im Zufallsland ein Rechenschritt

In Apparatelogik ist Bewegung
Schnelle Technik
Im Spiel der Städte Fährenuntergang
Das Meer, das Meer, das Meer
Wohin mein Leben

In Zufallshand wie Schwebeteilchen
Zur Kälte treibt die Denkfigur
Ein Ichversuch im Schneegestöber
Mein Totentanz
Die Menschen hasse ich als meine Mörder

Im Unterschied zu dem, was existiert
Ist, was ich liebe, unbenannt
Mein Hügelland, mein Hügelland, mein Hügelland
Was menschenleer
Ist in der Fremde

 

 

 



(Er hockte am Boden und wartete auf ihn,
oder er ging spähend vorwärts, ihm zu be-
gegnen wie einer äußeren Gefahr. So war
er am Leben.)

Aus der Welt



Im Alter werden wir alle zu Träumern
Halb ohne Bewußtsein wandern wir
Greise in die Vergangenheit
kaum unterscheidend zwischen wach und Schlaf

Und Vergangenheit haben wir viel und
tragen so schwer
ohne Zukunft alle Zeit
des Lebens aus der Welt hinaus
Wohin?
Warum sind wir nicht fähig, vom Tode
zum Licht zu träumen?

(Dann eines Tages bemerkte er, daß der,
nach dem er stets Ausschau gehalten hat-
te, direkt in ihm war, und in ihm wurde er
mächtiger und größer, bis er ihn ganz und
gar ausfüllte und nichts mehr war als er
selbst.)

 

 

 

 

 


Gefühle am Papier

 

 

 




Traumtier



Ich wollte nicht viel
doch ich wollte zuviel
Ich kriegte nichts
als ein scheckiges Nichts

Ich hoffte zu sehn
nur wo gar nichts gesehn
schien im Regen
ein Tier sich zu regen

Doch fletschte zum Biß
nicht das Gebiß: komm bis
das Naß tränt weg
Schmerz nicht schmerzlich dich weck

So sprach es zu mir
und spazierte mit mir
und ging dann weg
daß der Morgen mich weck

 

 

 


Trennung



Wälze ich im Schlaf das Raubtier unter mich
beschwerst du dich, daß deine Neigung zu mir
nur noch sinkt.
„Sinkt ab in meinen Unterleib“, sagst du, „und
findet da ein billiges Gefühl, hat dich
zutiefst gewollt und darf gerade mal an
deine Haut.“
Ich aber lache, mordend dein Gefühlchen.
Mein autonomes Ich soll jenseits dieser
Welt, der eigenen Identität genug
um seine Allmacht kreisen ohne deine
Zärtlichkeit.
So weinst du als Verlust heraus die Neigung
daß sie verstirbt an meinem starren Körper
wie an einem Feind, der nur Vernichtung will.
Ich spreche:
„Gebrochen sollst du heimwärts zu den Menschen
hingegen ich fall’ ab zu Krokodilen
meiner Art.“

 

 

 


Liebe Freundin



diese kleine Hölle will ich schenken
deinem grenzenlosen Optimismus

Siehst zwar heute noch durch klare Augen
öffnest deine Hände warm zu fühlen
einen Körper der sich an dich drängt

Schon morgen sinkst du in ein leeres Bett
und die Zärtlichkeit gewohnten Hände
müssen sich ans schlaffe Kissen klammern
zu ringen mit zerstörtem Selbstgefühl

Dann wird erniedrigt Selbsterfahrung
zum Hohn der Wahrheit als ein toter Spuk
wirft Furcht mit Spott zu Schatten jede Nacht
schüttelt deinen grauen Kopf den Morgen
saugt dir den Atem aus der Brust am Tag

So freudlos wirst du ohne Hoffnung
lebenslänglich Abschied nehmen lernen
denn jede Liebe kriecht mit breiter Spur
vergänglich über deinen schönen Leib
Sie öffnet deine Sinne und gibt Raum
dem Mangel sich fest einzurichten.

 

 

 


Abschied



Ich, Cora, finde ein Klebriges
wenn deine Gefühle sich leeren
in meinen Körper hinein.
Wenn die verhangenen Stunden
die deinen Körper befreien
von einem Bild weggewischt werden
das du dein eigen nennst
schütte ich deine Augen zu
und bin nicht mehr dort
bin blaß ich, der Flecken verhaucht.
So für den Morgen, an dem du aufwachst
dich umdrehst und nach mir greifen willst
bin ich nicht dein, unter der Decke nicht
nicht in der Hand, nicht im Kopf mehr
denn nur zum Karneval kostümiert
sich dein Trachten, nur zum Chamäleon
deine sinnliche Fantasie.
Ich bin der Ort, wo du nicht sein kannst
so umlagere ich dich.
Ich bin die Zeit, die du vergehst
so begegne ich dir.
Ich bin dein Verlust und die Erinnerung daran.

 

 

 


Poesie



1)
Wie
vom Unnennbaren
dieses eine Abgetrennte
das, ohne Trug zu sein
von Eigenschaften handelt

Von
der Berührung
in den Worten

2)
Der
dessen Kopf
am Boden liegt
kann seine Füße
in die Wolken stellen

Ich bin
so logisch
in die Welt gestellt

3)
Nichts
was die Menschen
mir versprachen
konnte mich berühren
wie in den Wolken das Gefühl

worin ich
meiner Lieder
Widerhall erfand

 

 

 



Im Gesträuch



Mit mir allein im Haß sing’ ich ein Lied
Ich krieche in die welken Rosensträucher
Die schwarzen Blätter rieseln mir durchs Haar

Ich habe einen garstig’ Rosenkranz
Aus toten Zweigen um den Hals geflochten
Mich kitzelt an der Haut das dürre Holz

Der Herbst hat Duft nach Erdenfeuchte
Farbe rot ist in die Luft gestreut
Mein Hals trägt Dornen wenn ich blühe
Knisternd ringsum klammert das Geflecht

Der Mund ist weit wie jede Hoffnung
Die noch nicht vom kalten Schnee erstickt
Der Blüte Schrei speit Prachtempfaltung
Wo die Wurzel längst verkümmert ist

 

 

 


Der große Zirkus der Gefühle



Der große Zirkus der Gefühle ist jetzt aus.
Nicht jedes der Gefühlchen hatte seinen Auftritt
Doch was sich zeigen durfte, verrenkte sich ins Wunderbare
So manches kam auf Stelzen; ein Kunststück kam als Tier
Dabei war auch der Hochseilakt, der sich erschröcklich überm
Nichts gebärdete
Der Clown fiel hin; der Rest war Sensation
Doch nun schminkt sich der Clown die Wahrheit ab
Das Publikum ist fort; bald klappert auch der Zirkus fort
zu suchen Platz auf einer neuen Spielwiese

 

 

 


Das Krokodil



Die Krokodile sind unglücklich
Preis der Krokodilsfreiheit
Das Krokodil, das Krokodil
verachten es, weil es nicht denken kann
und beißen muß?
Unsre Bitterkeit ist Toleranz
Das Krokodil, das Krokodil
begreifen wir an seiner Träne
das Krokodil will satt sein
aber es hat immer Hunger
manchmal kommt es und will Nächstenliebe
Kommt das Krokodil, zeigt sein Gefühl
will Nähe...
Doch so blöd den Kopf ihm hinzuhalten
sind wir nicht
Wir schätzen gnadenlos auf die Distanz
und halten uns bewaffnet fern
Das Krokodil, das Krokodil
Unsere Bitterkeit ist Toleranz
Wir lieben mit Abstand

 

 

 


Klarsicht



Ich blicke durchs Glas
Primeln lachen im Topf Petersilie welkt
Schnittlauch steht kerzengerade folgt
wieder Glas.
Wenn ich durch das Doppelfenster
die gegenüberliegende Fassadenansicht
abzutasten suche denke ich so bei mir:
Ach ihr lieben Läuse liebt die Petersilie
mehr als ich.
Wißt ihr was die Petersilie schenk’
ich euch und die Primeln noch dazu
den Schnittlauch schneide ich mir ab und
streue ihn auf meinen Speisequark
.

 

 

 

 

 


Der Traum vom Ende

 

 

 




Im Gedränge

 


Zwischen zwei Augenblicken ein Mensch?
Huscht neben anderen bei mir
Mit einem Wort zum Ohr
Ich stehe still
Was will er mir der Mensch?
Ich lausche, recke meinen Kopf
Tapse dann zu allen Menschen quer
Ich höre husch
Was sagt hier einer nach dem andern?
Und da sehe und nicht glaube
Was ich sehe, furchtbar
Ich erstarre
Diese Münder sprechen
Kleine Särge, Tod und Moder
Zwischen denen scheußlich Zukunft quillt.

 

 

 


Gewißheit



Wohin ich falle, wenn ich träume
ist der Frage zugewandter Ort
Mehr als Wirklichkeit ist silbergrau
im Glanz der Hoffnung flügelhaften
Ichs - so folge ich mir selbst gewiß

Und ich bedauere die Kenntnis:
Wo ich nicht frei bin, fällt das Leben
Mein Privileg nicht mehr vom Elend
jener Menschen abstrahierbar, die
im Reich der Fantasie nur Mangel
kompensieren, nur den Unterschied

Ich bestehe auf den Weltverzicht
wo mein Erinnern keine Scheu hat
seiner letzten Stunde ohne Arg
die Trauer des Gefühls zu geben:
Es ist gewißlich wahr - und scheidet.

 

 

 


Träumt das Gehirn Gewißheit aus
Fällt der Schädel in den Sand
Schlange der Erkenntnis ringelt
Nähe lechzt das Augenlicht
Schlange frißt durchs rechte Auge
Windet sich durch das Gehirn
Schlange frißt durchs linke Auge
Ihren Kopf in Welt hinaus.

 

 

 


groß
die große Gabelung ins Paradies

Glaube

Ganz oben
Glaube
Glück
Es ist Gewißheit Einigkeit
schon längst entschieden
haben flugs gerade auf die
recht Seite uns geschlagen?
da ist kein Zweifel
feste Überzeugung

Hoch oben
siegreich über allem
(man denke sich das Abstraktionsvermögen)

Kein Schlaf weiter
ex machina
Verfügung einer synthetischen Kunst
ein Ganz
urks Köstlichkeit
rülps übertrunken voll Gewißheit
rüsselt eure Intellektualität

Schaut die Menschenwelt
uärks
der Mensch ein Ekelwesen
weil er nicht gelebt was
ihm versprochen
in den Vogelköpfen
Lockenköpfchen
Utopienkunst

Kleisteraugen Weinfeinsabbeln
Grillen-grillen

Flitter flatter hei               Sternchen hüpft

 

*

 

Fliege fliege hei hei              zuckel zottelt
weil nicht anders kann

bibbernd sumpft
ab weil nicht anders kann

und muß

 

 

 




Perdu



Mich friert die Angst
mich schreit der Traum
Gedankensturm im Echo
brüllt der Kopf

Der Rechnung flieht
die Zeit davon
Plusquamperfekt der Zukunft
spricht Verstand

Die Sonne saugt
den Schatten auf
Der Morgen bringt den Augen
Dunkelheit.

 

 

 


Die echte Angst



Dasein ist Schatten
realisiert Verflüchtigen
Hier als ein Äußerstes
Angst ist Subjekt.

Wenn die Angst kommt
ist erstarrt der Wille im Gedanken:
Warten bis sie wieder geht.

Das Bild zerreißt
zurück bleibt das Gefühl
von einer Welt
die ihren Namen stets verweigert.

Was kann die Welt bedeuten?
Die unleugbare Folgerichtigkeit
brennt einer Fliege Summton
dem Gehirn zur Existenz.

Die echte Angst tut weh
und steht dem Tode näher
als jeder Wunsch nach ihm.

 

 

 


Lappalien



I
Es war sehr kühl, doch Frühling
ich fror meine Fantasie ins Licht
brach ab die kalte Vorfreude
und verweigerte erstmals das Leben

Allen Gewißheiten unter
blüht mir ein Schatten
will nicht Begriff und Grenze kosten
denn er hat seine Spiegelung satt

: So bist du nicht und wirst nicht werden
nicht morgen und nicht Sommer
Zukunft hat keinen Ort.

II
Wenn ein Gott das Universum träumt
träum’ ich den Tod
Und fällt hinaus ein Schattenmeer
löscht aus die Glut
Wie willst du Engel meiner Wolke
Schafsgesicht Vergessen suchen
und schwärzt es ein
Was nicht ertragen diese Welt
dem Leben flieht
und läßt den Traum zurück
So wunderlich bleibt sich identisch Leere.

III
Kleiner Punkt im Schatten der Wand
stößt dein Haupt ach wie
blutet das Dunkel
(fällt die Lappalie
rappelt sich auf
will morgen noch leben)

 

 

 


Lieber sich in die Ecke stellen und blöd
als teilnehmen dem gewöhnlichen Wahnsinn

Vor sich selbst und recht behalten
die Zerklüftungen seines Körpers abfühlen
selbstgenügsam

Wenn meine Feinde kommen mich
in die Kiste zu sperren verloren habe ich
nichts und meine Feinde haben mich vorher
verloren

Aus dem Niemandsland taste ich ab
die Grenze zwischen dem Unsagbaren des
Niemandslands und dem gewöhnlichen Wahnsinn
dessen Bestimmtheit dem Verlust zufällt.

 

 

 


Das gebe zu brülle Hund bell’
zeig uns deine gelben Zähne stolzer
als könnten wir dich lieben noch
längst vergessene Schönheit
du Hund

Menschen reisen durchs Leben
zukunftsbesessen
die Projektion ihrer Träume vergossen
als Wahrheit zu Tränen geplanscht -
ganz einsichtslos
wie sie’s bestellten der Welt

Was habt ihr zerrissen von jener Befähigung
der Einsicht eures Wirkens Sinns
laut zu Vertrag Geschnitzel der Sachen
geschmacksfrei stilisierter Teilobjekte
bestimmt
eurer vergnüglichen tätlichen Erziehung
zum Besitz
eurer Umnachtung:
Unsere Freiheit ist die des Gebrauchs
unserer Schlankheitslinie am Hundekuchen

Ja du Gezogener allseits von Zucht
gelben Zähnen verlorenen Verlangens
der Zukunft verbraucht
du selbst nur noch das
was man Neurotisches dir zueignete
brülle wenigstens noch einmal
zum Abschied Gebell
du Verlust: Schmerz
unter dem lausig blödig gekämmten Fellbefall

 

 

 


Kurzer Moment vor der Finsternis



Sonne rot, dann golden
und freundlich sich die Wipfel biegen
Aber laß doch die Aussicht
Kleiner Windfang
ich meine Stirn an der Hauswand kühle
Ein Mann windet sich schwer
den Steinweg hinauf
der alte Mann an den Steinhang geklammert
steingrau im Haar wie im Denken
im Blick und im Sinn
Verweile doch Werter
der mageren Äste
des Lebens
der knochigen Stümpfe
bald fallen dir Haare wie Blätter
vom Kopfe erschüttert
am windigen Felsgipfel
zerschlagen die Fühler
geschlagen die Finger
ermattet die Kräfte
zu Tode
Wie die Fliegen fallen
von der Wand in die Finsternis
auf vielerlei Weisen die vielen
die unendlich vielen
und freundlich
der fallenden Sonne
in Wassern
sie zu Dutzenden
ein Ja auf den kirschroten Lippen
geöffnet
- wankt
alten Manns
gemagertes Fleisch
und sehnt sich vor Schwäche
aus den Abend seiner Einzigkeit
in Finsternis

Wie die Fliegen fallen aus dem Leben
und die Blätter fallen
und der Tau auf den Blättern
am Abend weint
Was für kirschrote Lippen
die Fliegen haben.

 

 

 


(Alle Seligkeit ist Weltverlorenheit)

Aus vollem Himmel schlürfe ich das Wolkenwasser
bis meine Seele schwimmt aus ihrem Haus
Sie kehrt nicht wieder -
Sie erinnert sich nicht mehr

Im Meer der Seligkeit verpißt die Seele sich
wie der Verstand im Alkohol verpißt
das wars

 

 

 

 

 


Patriotische Lieder

 

 

 




Letzter Sturz



Von Schwefeldunst gesättigt, hat die Großstadtglocke ihn nur zögernd durchgelassen.
Jetzt zirkuliert der Sonnenstrahl durch eine tief zerklüftete Betonlandschaft und findet neben Schattenlöchern einen Ankunftsfleck, um seine lichte Wärme einer Rattennase zu beweisen, die sich spitz und dreist durch eine Mauerspalte schiebt, den Beuteduft, der sie hervorgelockt, lokalisierend.

Rattennase, irritiert vom Morgenstrahl, fliegt nur auf Käsebrocken, und flugs, erschreckt vom Rattenhirn im rechten Augenblick die feige Rattenangst mobilisiert, läßt Nase ab vom Rattengift - geschwind die kurzen Beine trappeln - verzieht sich unser liebes Tier ins Kellerlabyrinth zurück.

Verschwinden in den Untergrund die Ratten, gesellen sich zum trüben Volk der Kellerasseln, wandert Lichterschein im Großstadtparadies auf Menschenleiber, die, sich zwischen Häuserberge schummelnd, pflichtversessen in Maschinen steigen, um in größeren Maschinenarsenalen anzukommen.

Weil unverhüllt und unbarmherzig nur Ungesicht dem Sonnenlicht entgegenkratert, stiehlt schaudernd sich ein Mensch vom Konterfei des andern weg und stiert verquält ins ausgepreiste Warenangebot des Einkaufsparadieses hinter Glas.

Doch hier besinnen sich die stumpfen Augen am sinnlichen Erlebnisangebot, bis schließlich die Pupillen am Punkt der Punkte kleben bleiben, um im Gegenlicht des Zauberbilds sich einvernehmlich der Bestrahlung einer Braunschen Röhre auszuliefern.
Die Pupillen weiten sich. Die Linsen wölben sich für sehgerechte Schärfe.

Süßer Augenkitzel, Großaufnahme, ganz groß, die Statue trächtigen Erfolgsfortschritts, die Trächtigkeit, Halbtotale, die Statue in der Straßenschlucht von oben, Schwenk in die Totale, Großstadt, Häuserberge, Stahlgetümmel, Steingeröll.

Vielleicht aber auch nur Sehnsucht nach Asche

Wenn wir uns in unsre Leere schauen, grinsendes Gesicht. Wenn wir uns die Rattensicht eröffnen, grinsendes Gesicht.
Im Schlaf der Asche heule ich nicht. Dämmerung schwelgt mir nicht Näherung. Morgen reckt seine weißen Arme über. Schlaf der Asche rührt sich nicht.

Schafskopf der Sonne blakt mir traumatisch am Himmelsgewölke. Augensand graut schweigsam ungerührt.
Finstergesicht kaltet den Hoffnungstrug, achtet der energetischen Labsal keine, flirtet ihr nicht, betet nicht ihr. Umnachtungsgewand legt Schattenzone.

Halse Gewimmer dem Leben nicht auf, bedecke Schamtuch Kohlenauge.
Im Schlaf der Asche heule ich nicht. Schlaf der Asche rührt sich nicht.

Von den Höhen tagheller Sonne bin ich gekommen, steige hinab in die Grauzonen der Städte, falle tiefer durch öde Straßenschluchten, sinke lichtverloren in die Höhlen unsrer Rattenperspektive.
Weiter vergesse ich mich im Dunkellabyrinth, der Kellerasseln Gewohnheit blind zu krauchen, zunehmend gefriere ich in kalte Ohnmacht eingeschwärzt.
So stürze ich, ein Nichts an Hoffnung zu beendigen.

Erweiche Totes zu Leben. Breche auf Erstarrtes zu Leben. Glänze stumpfer. Sprech’ schweigsamer.
Weine empfindungslose, betonverschüttete Statue, wie einstmals gefühlt den Schmerz. Erwache Totgetretenes
lebendig.
Blicke erstarrtes Auge nachterblindet, berichte das Unaussprechliche Verstummung, Mund.

 

 

 


Sprecht von Selbstbestimmung, Freiheit
Diese Würde raube ich euch gern
Spricht der Gott des Sachverstands
Ihr wollt eigenständig euer Leben meistern?
Eure Ohnmacht habt ihr selbst verschuldet
Habt an eurem Kopf verschnitten eure Illusion
Hängt an meinen Würgefesseln in der Luft
Spricht der Gott des Sachverstands
Ihr dürft, Jämmerliche, tanzen zu Befehl
Seit mir angehängt, verloren ohne mich
Erfleht für euch, was ich gewähre mir
Spricht der Gott des Sachverstands
Beklagt ihr euch, wollt Gnade, Gunst
Beklagt euch nur, verklagt euch selbst
Spricht der Gott des Sachverstands
Ihr seit dumm und ich bin wach
Spricht der Gott des Sachverstands
Ich bin von Welt, doch ohne Frage
Ich bin der Gott des Sachverstands.

 

 

 


Narrenlied



Es gab einmal ein Unsinnsland
mit einem Souverän der vor
dem Diener den er sich bestellt
soviel Respekt besaß daß er
ihn mit dem Souverän
verwechselte

Es gab einmal ein Unsinnsland
mit einem Volk das souverän
sein wollte und die Macht im Land
im Käsekästchenspiel vergab
als wär es stumm und Kreuz
wär Stimmersatz

Es gab einmal ein Unsinnsland
in dem war jedermann sein Herr
und jeder seines Glückes Schmied
nur das Eisen und das Feuer
das besaßen andre
welche lachten

Und die lachten ungeheuer
denn die Leistung die erbrachte
daß das Leben schön und Zucker
dumm und süß und ohne Frage
war Maschinenleistung
und die klappte

Nur der Herr der mußte dienen
und als Diener konsumieren
alles fressen und nichts wissen
und wer über ihn verfügte
diente allen und sich
selbst am besten

Es gab einmal ein Unsinnsland
mit einem Souverän der vor
dem Diener den er sich bestellt
soviel Respekt besaß daß er
zu recht den Souverän
verwechselte

Es gab einmal ein Unsinnsland
da war der Souverän der Narr
er wußte dies und glaubte nichts
er prüfte sich und nichts verstand
und wurde stumm weil er
nichts mehr besaß.

 

 

 

 

 


Der technisch zivilisierte Mensch

 

 

 




Am Spiegel



und am Spiegel erkennen wir nichts

Unausgießbare Formungsmasse
so zäh an meinem Gaumen
breitest über meine Lippen
meine Nase, meine Ohren
Stirn
überziehst mein Angesicht

Fülle mit Leben Inhalte -
und träge widerst du mich
über und über und über
mit deiner Qualverwandtschaft

Ja
von Zytotoxität bis Golgotha
alles aus der selben Pappe
totbegriffen
Lebenslüge

Reiten wir dich
aaaaa
jajajajaja

rauf da rauf
Genialität
rauf da rauf
auf den Wackelpudding

Meine Megäre
reiten wir dich
stuprieren wir die Welt
verkleistern wir in Wohlgefälligkeit

Verqual am Spiegel
legeipS ma lauqreV

 



Verqual
lauqreV



*


(Halten Sie mal gegen den Spiegel)

 

 

 

 


Die Macht ist inhaltsleer
und übellaunig sitzen wir ihr auf
drum von Südafrika die Schaben
und von Ostasien die Würmer
und von Nordwest alle Winzlinge
drücken wir aus
Diese Art der Auseinandersetzung spricht
überzeugend
aller Tat das Recht Gewalt
Wir in Zukunft!

Kraftvoll schwingt sich auf
Menschengezücht
von allen heiligen Geistern besessen
ein Ja zwischen den Zähnen
wenn’s gleich fressen kann
die geliebte Welt
Malm das Ja !

Können wir unserer Art entsagen?
Wir nicht !
Übellaunig sitzen wir
Griesgram sitzt
sardonisch er desinfiziert
und grollt sich in Geborgenheit
trotz allem wissend unter seinesgleichen
hoho haha pappap
wie sind wir voll entwickelt!

 

 

 


Verachtungslogiker



Mein Verstand will Menschen
unkenntlich und austauschbar
auf Zahl gesetzt
der Rechnung zugänglich

Soweit will ich gehen
gleichgültiger Verachtung
auszupreisen
ihre Nutzanwendung.

Gleichgültig auch ihr Tod
ihr Leben nicht zur Kenntnis
belästige
der Tatbestand mich nicht

wie sie sterblich meinem
Hirn und meiner Sicht gemäß
der Nichtigkeit
verfallen zu Befehl.

Ich will aus der Ferne
dirigieren kompetent
der Maßzahl nach
und technisch einwandfrei

Denn wahr ist immer nur
was zählbar folgerichtig
Allgemeines
zeigt: Gesetz und Gleichung.

 

 

 


Das Ding



Elektronisch ausgesteuert
zuckt der Nerv
am Draht

Das Auge schmilzt
am überhitzten
Abtastpunkt

Wissenschaftlich sekundiert
der Fachmann
dem Computer

Physiologisch lebt das Ding
am Kabelstrang wie
vorgerechnet

Das Ding da hängt am Puls-
takt funktionierender
Verwaltungsschritte

Eine Unterschrift nach Aktenlage
Schnitt - wir schalten den
Programmpunkt raus.

 

 

 


Agonie-Gesellschaft am Tropf



Nicht reden will ich von den freien Menschen
und schweigen davon was gewesen ist.
Fische tragen wechselseitig Stummheit und Aquarium
an den freien Raum und frei ist ausgedünnt
zum Weltraum dieses Wasserland von dem die Rede ist
Sei dies Zukunft Raumprogramm und angehängt
an eine Nabelschnur der Fisch gefüttert technisch
im hermetisch abgeschlossenen Aquarium?
Fortschritt lautet fürsorglich die Direktive des
emphatisch blinkenden Kommandoturms:
Folgsam dreht die Kunststoffkapsel sich um ihre Achse
und signalisiert von der Besatzung
eine meßbar folgerichtige Beschleunigung der
Herzfrequenz.
Stummheit spricht die Angst doch unbegründet.

 

 

 


Am Morgen des achten Tages



Am ersten Morgen spürten wir den Schmerz nicht
Am zweiten Morgen hörten wir den Schrei nicht
Am dritten Morgen räsonierten wir

Am vierten Morgen trat die Institution auf
Am fünften Morgen trat die Institution auf
Am sechsten Morgen trat die Institution auf

Am siebenten Morgen fragte keiner mehr

Was am ersten Morgen der Fall war
Wurde am zweiten Morgen formelhaft einkalkuliert
Wurde am dritten Morgen rechnerisch ausbalanciert

Wurde am vierten Morgen öffentlich dargestellt
Wurde am fünften Morgen öffentlich legitimiert
Wurde am sechsten Morgen öffentlich abgezeichnet

Am siebenten Morgen war die Sache abgerundet
Am Morgen des folgenden Tages

Da war nichts mehr über was wir zu berichten vermochten
Da war nichts mehr an was wir uns noch erinnern konnten
Da war uns nichts mehr was nicht vorher dagewesen wäre

Was hat man uns angetan?
Was hat man uns abgehandelt?

Was hat man zum besten uns gestellt?

 

 

 


Verirrung in Kunststoff und Beton



Ihn hat verdaut ein Gleichheitszeichen
So fallen seine Sinne nicht ins Gegenlicht
Langsam pflügt Verwirrung sich durch alle Bilder
weil seine Blicke wie von Kriegsmaschinen
kalt zerschossen in den Staub abschmieren

Die Stadt drückt sein Gesicht in Stahlbeton
Unter toten Hochhausleibern hat er Schatten
der ihn jeden Tag am Gegenüber tilgt

Und der Stratosphärenjäger Schalltrichter
durchreiten eilig kreuzend
seine Klage zugeschüttet allen Ohren
Und die aufgeschmauchten Kunststoffpilze
verdichten sich zur Wolkenbank
Und der Tretmaschinenberge
Ausschußstücke ungezählt befallen seinen Kopf.

 

 

 


Vernunft ist tot



Verträumt am Strand legt sich ein
Ungeheuer seine Zukunft in die Wiege
Gott ist tot
Der Mensch ist tot
Die Welt verliert sich in ein Unbestimmtes

Filmreif krabbeln amputierte Händepaare
übers ungesichtig ausgeborene Verlustprogramm
Die bunten Sprechballons verblähen sich zerstritten
Die geköpften Feinde rasseln mit den Ketten
die sie mit ihren Selbstvernichtungsaggregaten
auf Verderb zusammenketten

Das Ungeheuerembryo schaukelt sich am Wellenrand

Die Analmaschinen scheiden ohne Unterbrechung
wuchernd pilzige Analprodukte aus die
die oralen Raupenmassen schlucken
bis sie ihrerseits als wuchernd pilzige Analgeschöpfe
mit lautem Furz verendend von oralen Raupenmassen
eingesogen werden

:Tod mein Tod befreie dich und überschwemme
in einem überwältigenden Wellenritt trage
uns das Ungeheuerembryo ins Land.

 

 

 


(Die Gesetze des Planeten)

Wenn ihr jetzt alle gestorben seit
sowie eingeschläfert alle Hoffnungen
die hündischen

Wenn unsrerseits wir abhaken können
unsres technisch frommen Wunsches
zeitgemäß formalisierte Näherung
wir wußten es daß ihr einmal le-
bendig wart wir wußten es einmal

Der Mühlenberg dreht weiter ungefragt
Retuschiermaschine sinnt darüber
Sinn sinnt sie

Wenn Gott euch liebt dann sadomasochistisch
Kreuzverkehr /. Am Fantasiepult drückt
sich unser Endpunkt aus als Leer-
bestand gesegneter Entsagung:
Tot sind alle tot lebendig oder tot

Wir drücken unsern Fantasiezwerg in
das Schlupfloch runter schließen unsre
Kugelschreiber ein

Wir versenken unsre Heulboje auf den
Grund und schrauben Retuschiermaschine
ab vom Gipfelkreuz /. Wir lassen ungefragten
Mühlenberg sich drehen ohne uns und
schießen uns im Himmelbett vollendet in Unendlichkeit

- Huckepack mit euch den Sarg.

 

 

 


Im kalten Paradies der Feindschaften



Bewegung zwischen aufgetürmtem Frontbeton
in Linie
Unter Polizeiaufsicht Verkehr im Teerschlund
zugeeignet aufgeprotzten Blechsargkaravanen
Aufenthalt im Silokäfig zwischen unsresglei-
chen Unbekannten
Kommunikation am Punktbild mittels Elektro-
nenstrahlrohrs als verlustig fast nicht mehr
Dienstanweisung durch Verordnungsblatt auf
jede Art Eventualfall projiziert
Der potentielle Feind wird materialisiert
am Rechtsgeschäft
Die feindliche Gesinnung setzt sich effizient
als stolze Produktivkraft frei

Im kalten Paradies der Hölle fließt der Ho-
nig ungezähmt aus triefenden Kloakenmündern
Wenn wir das nicht wollen wie es uns verord-
net wird
Wenn wir im Perfektionssystem freiheilig schei-
nender Verfeindungen als Individuen zum seelischen so-
zialfall deformieren
Wir wollen - und was bleibt - wir wollen uns nicht mehr.

 

 

 


Von Maschinen singen



Von toten Dingen träumen
von ausgewachs’nen toten

Die ausgewachs’ne feindliche Maschine
der abgefeimte Apparat
die kalkulierte ausgewachs’ne
das recherchierte Fließpapier
das ausgedruckte Mehrpapier
die ausgewachs’ne Zahlenreihe
das abgelochte Selbstportrait
die Statisten heucheln das Interesse
die Maschine fliegt
die Maschine fliegt auf dich.

Am ausstaffierten Schießmodell da siegt
ballistisch allemal in Zuversicht die
Ordnungsliebe von schier toten Dingen
träumen ausgewach’sne Riesen
von gestählten Panzerungen
fliegt auf tote Tiere die Maschine
kreuzt am Apparat der Pflichtkür
Oberlehre sich mit allerlei Statistikleere
5 Millionen übersehe ich nicht mehr
um wieviel mehr ich einen übersehe
das sagt mir Statistiklehre / das
erwäge ich nicht mehr.

Frei ist die Maschine frei der Apparat
frei von Vorstellung macht das Papierbedruckte
tot sind alle Menschenleiber ausgewachs’ne
Ochsenleiber auf der Fließband Stund’
um Stund’

Meine Macht kommt aus Maschine
Organisationsbetrieb ist konzentriert
auf meine Dienstbarkeit am toten Leib
gebärt mir funktionalisierte Schaltorgane
liebt die Produktivitätsanstalt
laßt die pflichtbesessnen Ungeheuer laufen
schöne Selbstvernichtungssupermine
Wache schiebt.

Glücklich träumen zwischen grünen Ampelphasen
individuelle Kinderautos ausgewachs’ne
abgebrannte tote Kinder aus.

 

 

 

 


(Erhoffe nichts, beachte niemanden)

Wie elendig kreatürlicher Fortbewegung
- vergessen Ziel -
da noch Sprüche Land
da uns zum Ekel graut
was uns zu Staub zerrann

Wir gingen nicht ins Leben.

Welcher krause Fortschritt
trabte in die Verblödung
eines verkasperten Erfolgsprinzips?
Wer zwang und versiebte
schlürfte im Staub?
Es brach das Zukunftsträchtige
Es stürzte der Weg
Wer zog sich noch Werte in den Horizont
eines prächtigen Nichts
in Systematik zu vollenden?

Aus der Traum
und verlassen im Schwund der Utopie
Illusion und Vergeblichkeit

Was zerrann uns die Banalität des Lebens?
Wir fallen
mit der Geburt heraus
...immerhin unter uns
ganz einsichtsvoll
der Vergeblichkeit
ganz lustigen Blicks
der Illusion ganz aufgeklärt
ein würdevoller Berg
der sich streckt
die Stelle haben wir uns ausgesucht
ganz sanft zu schlafen
Wir haben die Wertschätzung gelassen
unberührt unbeeinflußt
- wir bleiben -
es sei denn ein Sturm trägt uns ab
wir ungläubiger Berg
an den Traum

 

 

 


Entwertende Erkenntnis



Wenig hat mich interessiert, und wenig interessiert
die Menschen nicht und die, die ich frage: nichts mehr.

Wichtig ist, nicht zu ihnen zu gehören, ihnen nicht
ihren Gesetzen nicht folgend, als ob ihrer Schuld nicht:
ist wichtiger.

Sinnlos aber der Versuch ihrer Welt zu entkommen, diese Welt
an ihr ist nur noch Menschenmaß und Gestalt, im Gehalt:
sinnloser.

Sieg ist hier einzig am Tod und mörderisch die Erkenntnis
der Freiheit, in der Tat - sie an die Kette zu legen
tödlicher am Sieg das Nichts: dem Sieger.

Verwirklichen

Es gibt Irrtum, doch mehr Unwissen, als dieses schreckt
mich das Verbrechen der Ignoranten ohne Gewissen, ihn
voranzutreiben:

Moderne Wissenschaft

:Alle Dinge entwertend
verherrlichen wir unsere Gewissenlosigkeit
kultisch heiligen wir positivistisch den Irrtum
das Falsche verwirklichend:
schreiten wir voran.

 

 

 

 


Mein Leben?

Blickt in den Spiegel:

Verscharrt mich, vergeßt mich
Ich war nie Projektionsfläche eurer
Hoffnungen.

 

 

 

 

 


Die Verzückungen des modernen Lebens

 

 

 




Formaler Fehler


Nicht schleck- und schluckbar
sein gleich euch nicht sabbernd Brei
nicht Kuscheltier nicht
hündisch knochenleckend dumm
euch die ihr satt seit
und ihr rülpst ja nicht gefällig
euch Blubbermäulern
herzige Verachtung schenkend
- schneide ich ins Wort
und zeige Widerstand

Euch wird wahrhaft
alles nur vergeblich dumm
taub und blind vor Feigheit
paßt ihr ins Programm
so seit ihr Narren
Schwachdenker und überflüssig
haustierzahm und reißend
nur der Absatz eures Worts
- also will ich
euer Antipode sein.

Aber nicht doch nicht
so meine ich es nicht
ich sage nicht
das Gegenteil ich bin es
ich sage nur die Wahrheit

 

 

 

 


Freier leben
Kleine Nachtmusik
Alles im Marinestil
Heute noch zu haben in der Quality-Street
Alles was Sie darüber wissen wollten
Qualität im Bett trägt dieses Zeichen
Alle Vorteile der Natur
Erst mal sehen was Quelle hat
Die saugstarke Höschenwindel
und zwei bunte Klebebilder
in der Packung
Wir sind kinderfreundlich
Schnell gehäkelt Drübergetragen
Ganz schnell Ganz ideal
Durch die Löcher scheint die Sonne
Wie es am Abend geht
hängt stark von den Strümpfen ab

Enten Spezialitäten
Die Creme des Jahres
verlost den Preis des Jahres
Schiesser
Gewinnen Sie sich selbst Gold
Beim Friseur kaufen
zu Hause anwenden
entfettet Ihr Haar
in wenigen Minuten
Wie das ist alles Käse aus Deutschland?
Na klar davon gibt es mehr als du denkst
Dieser Camembert
trägt ein Hemd mit Monogramm:
Hübsches zum Drauftreten
Mit unseren Anleitungen geht alles ganz leicht.

 

 

 


Zauberspruch



Die ganze Welt im Gurkenglas
und alles in den Magen
so fordert ohne Unterlaß
das Paradies zu wagen
der Spruch der Werbefantasie
von der Gurkenindustrie

 

 

 

 


Ode an den Lutscher:
lutschen
lutschen angelutscht.

Ode an den Lutscher: Schwachsinn
lutschen
lutschen angelutscht.

Ode an den Lutscher: Scheiße
lutschen
lutschen angelutscht

(und weggeworfen).

 

 

 


Warum ich nur ein Dichter bin



Sie wollen Werbetexter werden
fragte mich der Werbetexter
gut was fällt Ihnen beispielsweise
zu Zigaretten ein - Lungenhusten
sagte ich - Was sagen Sie zu Beutel-
tee - Kalter Kaffee sagte ich - Was
sagen Sie zu Hundefutter - Pappmaché
- Ja sagte mir der Werbetexter
wenn Sie Dichter werden wollen
können Sie von uns was lernen
fürs Werbetexten allerdings
reicht die Begabung lang noch
nicht.

 

 

 


Vom Ausbluten



Morgens wenn die Sonne
wieder um die Ecke biegt
die Jauche rieselt nieselnd im Gemüsegärtchen
der Fuhrpark klappernd in Bewegung kommt
Güllelieferanten scheißen zu das Land
und wollen dafür Subventionen haben
Melkmaschinen saugen gierig
schlabbernd pralle Kühe aus
Vertreter der Chemiekonzerne geben
sich die Klinke in die Hand
der Vieharzt harpuniert die nervlich
abgewrackten Artgenossen
die Legmaschineneier fließen fließen
Hähne krächzen ihre Todesschreie unterm Messer
brutzeln ein paar Stunden später schon
als Händel halbverkohlt am Spieß
Schweinehenker fummeln mißvergnügt
den Delinquenten ihre Elektroden an die Ohren
Psychotherapeuten muntern Lämmer auf
den zynischen Friseuren zu vertrauen
riesenhafte Ungeheuer metzeln infernalisch
garbenweise Felder um
grinsend lassen Ökonomen ihre Ernten unterpflügen

Abends wenn die Sonne
wieder um die Ecke biegt
such’ ich verklärt das Steak im Zellophan
und schmeckt mir die Konservendose
wieder gut nach Blut.

 

 

 

 


Supp die Supp
Vollzug die Supp
Marsch die Fraß
Fraß die Fraß

Supp die Fraß



Der Eifer suppt
Die Speise suppt
Fraß Fraß Fraß
Hakenschlagen
Flügelschlagen
Taumelnd eifert sich die Euphorie Verwesung
Die Erde bebt
Der Karten schlägt
Die blutig Supp
gewaltig Supp
Fraß die Suppe
Fraß Fraß Fraß
Erstaunlich dumpf schwelgt in den Untergang
Am Ende ist Vergasung ein bedauerliches Mißgeschick
Kocht die Produktion
dem Leiter Produktion
suppt die Fraß
die Leute fraß
den Fraß Fraß Fraß
Der Menschen Ungeschick die Massendummheit ist
Supp die Supp
die dumpf die Supp
Sachvollzug
der Zwangsvollzug
Ritualisiert vollzieht die degradierte Opportunität
Orgiastisch mischt Dummheits heiler Unverstand Quantität zum Massenfreude-Medium
Rührt die Suppe
Eintopfbrühe
Pappkopfpackung
Einversackung
Fraß den Fraß der Fraß
die Fraß Fraß Fraß

 

 

 

 


Jagt hinterher dem Strahl des Weisenden
Halftert auf das Tischleindeckdich
Beliebt die Fahrt zu eskalieren
Sag, warum mußtest du verpissen Welt?

Strahlt die Weisheit Backebackekuchen
Sumpft Racketeers aus Löchern
Aus dem einen Grunde
das Weib bannt sein Gesicht

Murks die Murks
die Schlacke rührt
Oh Gott, die Würfelzahl ist sechs
und schleift hinauf
zum ewiglich Zerhacken
Oh sprich: verpiß die Welt
die Welt verwelkt

Der Präsident, auch er bespricht
die Predigt
und Rackteer verschwindet wieder hinterm Ofen

Schleimgesang belemmert Kinderherzen
Schlüpfrig kraucht der Racketeer aus seiner Tüte

Oh Trompetenschall nicht heil ist heil
Heil ist heile...
heile, heile Gänschen
und Weib bannt Racketeer
Natur bannt Weibchenweib
und Strahl bannt dann Natürlichkeit
und Gott bannt Strahl
und Mensch bannt Gott
und ab deckt Tischleindeckdich
dafür verspricht der Präsident die Tat
und Murks murkst Murks
und Schleim schleimt Schleim
denn Menschlein rühmt den Bauch
und Mensch verpißt den Gott
um zu werden Gott

Und Welt war tot von diesem Tage an
denn Welt war Gott
und Mensch verpißt den Gott
um zu werden Gott

Hurra, Hurra, der Gott ist tot
Hurra, Hurra, der Sumpf ist rot
Hurra, Hurra, die geile Gans ist tot

Hurra, Hurra, zerhackt im Takt
Hurra, Hurra, Vollzug, Vollzug
Hurra, Hurra, Hurra am Zug

Backebackekuchen
der Täter sitzt im Ofen
und eins, zwei, drei
und du bist frei

 

 

 


Glücksrad



Tanzen der Reigen
Reaktorpilze
Der Großkopf sagt euch gute Nacht
Die vier Weisen malen
an die Tafel ihre Zukunftshypothese
Murksglücklichkeitsland
Am Glücksrad dreht
Ein Profi ist der Spaßverschenker
Parfümbeduftet hüpft ein Mädelein
um die plakatumworbene Gesellschaftsdame
Tanzen der Reigen
Reaktorpilze
Summende Bienen füllen die Honigtöpfe
Hurtig blasen die Schlote Pusteblumen
Der Motorsportbegeisterte fährt Karussell
Murksglücklichkeitsland
Am Glücksrad dreht
Zehn kleine Negerlein werden ausgestellt
Der große Zeigefinger bohrt in die Himmelsdecke
Liebelei der freundliche Flug im Aufwind
Tanzen der Reigen
Reaktorpilze
Der wahre Fortschritt ist der Reigen
Das Mühlrad dreht sich
Die Stehaufmännchen purzeln obenauf
Murksglücklichkeitsland
Das Glücksrad dreht
Hoppla die infantile Krümmung
Murksglücklichkeitsland
Der tanzende Reigen
Es geht abwärts
Hui...

 

 

 


Der Mythos



Es flimmert das Beliebige
im Wechsel der Frequenzen.

Die Wahrheit ist das Rauschen.

Das schöne Bild will lau-
fen und weggedrückt in
eine Kontinuität des Bil-
derstroms kriecht aus dem
Apparat als Wirklichkeit
die kommunikativlos öde

Finsternis heraus

 

 

 


Athletik



Die Menge schreit
Begeisterung
Und ein Lächeln
der Rührung
ergreift des Athleten Gesicht
Er trägt den Schriftzug
die Nummer
Ruhm
und metallisches Glück
Er ist der Sieger des Wettkampfs
Er hat das Recht
die Ware
der zivilisierten Welt
vor sich herzutragen

 

 

 

 

 

 


Die Freuden des Weltuntergangs

 

 

 




1:9

........................................................................
    1:8...meine damen und herren..................................
    1:7...ob sie im supermarkt dosenmilch.........................
    1:6...ob sie im gartenparadies radieschen.....................
    1:5...ob sie im wolkenhaus regieanweisungen...............
    1:4...ob sie im maschinenwerk schraubenschlüssel.........
    1:3...ob sie im u-bahnschacht fahrkarten......................
    1:2...ob sie im straßenzug friedensparolen....................
    1:1...ob sie im führungsbunker sicherheitsinteresse.......
    1:0...ob sie im herrschaftssessel gegenschlag................

0:9...    x

0:8...    x
    0:7...einsatzpunkt x......................... ........................

0.6...punkt x..........................................................
    0:5...bbbbbbbbbbbbbbbbb........................................
    0:4...bbbbbbbbbbbbbbbbb........................................
    0:3...schreien sie......................................................

0:2...a a a a a a a a a a a a a a a a a a a a a a a a a a a
    0:1...a a a a a a a a a a a a a a a a a a a a a a a a a a a

0.0....................................................................

 

 

 

 


Moderne Seefahrt



Unter Wasser ein Schiff groß und prächtig
und ist nicht zu finden im Meer
hat Fracht für zweihundert Städte
doch taucht nicht auf am Ziel
Der Kapitän sagt:
unsere Maschinen sind objektiv, sind nicht gut
und nicht schlecht, sie funktionieren -
und alle Mann an Bord schreien Hurra
und wollen nach Hause.
Der Kapitän sagt:
gleichgültig ist den Maschinen die gute Tat
sie sind einsetzbar zum Guten und zum Schlechten -
und alle Mann an Bord schreien Hurra
und wollen nach Hause.
Der Kapitän sagt:
gut eingesetzt dienen Maschinen dem Frieden
schlecht eingesetzt, verpuffen sie wirkungslos -
und alle Mann schreien Hurra
und wollen nach Hause.
Der Maschinist sagt:
ich dachte, sie beweisen ein Naturgesetz
und geben uns ein wertneutrales Wissen an die Hand -
Doch der Kapitän lacht:
jedes Gesetz fordert ein Opfer -
und alle Mann an Bord tun ihre Pflicht
und wollen anschließend nach Hause.


( Wo ein Gesetz ist, ist auch ein Opfer.
Wozu sonst ein Gesetz? )

 

 

 

 

 


Ich wünsche einen großen Krieg der Welt
einen ungeheuer großen Krieg der Welt
daß sie begrabe
allesamt die Menschen in sich
und alle andern Arten des Getiers
und eine weiße Feuerflut
möge umkreisen den Erdball
senge dich wilde
stolz über alle Landschaften
Berggipfel glüht
stoßt eure Häupter hinaus
ins Firmament

Idiot steige hinein in dein maßloses Abbild
zum Angesicht der Welt
nähre dich von der Erde Verbrauch
Tief steige hinab
in jenes unentwirrbare Netz der Kanalisation
der alle Schöpfungsproduktion
begehrlich innewohnt.
Speise sich Welt mit deinen Zügen
Ausfluß deines Versagens
Idiot

Besser begrabe deine Süchte
und sehne dich nach keinem neuen Anfang

 

 

 


Tu hinzu eine Maschine (die Leere)



Hier stemmt sich keine Fackel mehr in den Wind des Nebulösen. Hier schweigt er nicht, der sich’re Boden, hier spricht er klar und fest, hier gibt es nichts.
Hier ist es festgestellt, hier härtet sich Zement zum Auftritt deiner Einsichtnahme, zum Spiegel, der nichts reflektiert, schau nur hinein, du wirst es wissen, hier bricht sich nichts, hier gibt es nichts.
Und genauso kannst du dich erkennen im breitgetret’nen Großstadtpark, im freigeschlag’nen Kiefernwald, im eingestampften Ackergraben.
So fliegt sich auch Luftkorridor, so ausgelegt Wasserstraßen, so ausgestaltet Tunnelfahrten.

Tu hinzu eine Maschine, die uns ein Ende setzt.
Laß uns nicht gehen vermessen, entblößt, allseitig beschaut und erkannt in das nur noch Vermeßbare.

Verpflichtend die Straßen, zu befahren ohne Ziel - wir, Erkennende, wir, Wirklichkeitsgesichtige, blickwärts gewandt an eine Zukunft der Leere, dir wir uns planiert haben für eine bessere Sicht.
Befreit von allen Hindernissen hängen wir im Nichts der Besinnung, nur uns um uns, nur nichts, die Paßform unsrer Ungesichtigkeit.

Hier ist schöner Tag einprogrammiert. Hier machen wir das Leben frei, indem wir dem Besitzbedürfnis jeden Zuschlag zugesteh’n. Hier wird Freiheit als Moment des Glaubens eingekauft, Hier handelt diese lieber Konservierungsstoffe für den Markt.
Hier kann sich jeder näher kommen über eine neuste Modezeitschrift anonymisiert; aufmassiert Gesichtsverpackung, die Maske sitzt, die Emotion kommt raus. Hier entschlüsseln wir die Ängste unbesehen, therapieren pharmazeutisch im Labor; die unbestimmte Zuckung wird getilgt.
Hier bieten wir Vergessen am Verlust, hier bieten wir ihn klagefrei. Hier ziehen wir das beiderseitig Gleichgesichtige von jeder Seite ab, schon haben wir die Lösung:

Eine Maschine muß her, die ein Ende setzt; denn der Verstand füllt das Gesetz mit Bleibendem:

- Laß weg das Aufhebbare. Gesichert bleibt, wenn nichts mehr ist, was sich bewegt.


Wenn das Wissen bleiben soll, darf nicht mehr sein, was irgendwie bewegt.
Wir haben einen Apparat gezeugt, der vergessen läßt, was als vergänglich sich bewegt und somit eine Sicherheit erworben, in der die Leere bestehen kann:
- Reduziere dich auf Zahl und bleibe was sie ist.
- Gleich sein um das Wissen, hier ist nichts vergessen worden zu vernichten, was nicht bestehen kann vor
dem Versprechen, ausgeleert und somit leblos Nichtiges am Einmaleins der Folgerichtigkeit zu sein.

Begreife das Gesetz. Da gibt es nichts. Das bleibt.

 

 

 


Rekurs

 

Das Leben ist die Illusion, und die Wirklichkeit ist das Nichts.

Einige grundsätzliche Schwierigkeiten des dichterischen Abstiegs haben wir bereits hinter uns gebracht, d. h. wir haben den Abstieg vollzogen; was Natur war, wird Zoo, was Sinn war, fällt aus, was ist, ist weniger, was wird, wird nichts (ich weise nochmals darauf hin, daß Sinn ausgefallen ist), usw.
Jenseits der Verlogenheit gibt es keinen Anspruch auf Besserung: das als belanglos Denunzierte bleibt was es ist.

Wie weit ist alles entschieden?

Der gute Skeptizist, der den Zweifel entschieden bejaht, bezweifelt aus denkökonomischen Gründen nicht noch den Zweifel als solchen. Er hört mit dem Denken auf.
Den schlechten Skeptizisten schreckt keine Absurdität, er macht weiter, aber er weiß sich bereits auf der anderen Seite.

Wissenschaftlich werden die Dinge im Labor isoliert, um sie als quantifizierbar zum Allgemeinen zu entleeren (: das Allgemeine sei das Wahre, sagen die Wissenschaften, andere sagen, das Allgemeine sei nicht, und in der Tat erweise Wissenschaft als nihilistisch letztlich nur Vernichtungsinteresse, die Dinge zu entwerten.)

Kunst ist der vergegenständlichte Zweifel an der leeren Abstraktion (Zweifel am Allgemeinen, Zweifel an jeglichem Stil, Zweifel an der vorformulierten Welt), in ihr finden sich die Dinge nicht funktinalisiert und reduziert auf Momente ihres gesetzmäßigen Verhaltens.

Kunst auf der einen Seite spielt also im Reservat, im Zoo und ignoriert die Wirklichkeit der tatsächlich funktionalisierten Dinglichkeit, oder sie prostituiert sich, stellt sich in den Dienst des Denkens, das diese Wirklichkeit stabilisiert (und wird damit zur Unterabteilung der heuchlerischen Verpackungsindustrie, die Leere zu verpacken).

Kunst auf der anderen Seite zeigt den Fall der Dinge und verfällt selbst der Beliebigkeit, insoweit sie sich selbst thematisiert - sie kritisiert die Wirklichkeit als leer und die Dinge als zerfallend und macht sich damit zum Chronisten ihres eigenen Untergangs, indem sie die Wahrheit als realisiertes Falsches denunziert.

Ich - in Sprache und Wirklichkeit - habe dieses Scheusal angefaßt: den Ungeist einer Unkultur, der, gegenwärtig zwar, doch zwischen Ignoranz und Nichtigkeit nur einen Augenblick verweilt, dann zerfällt.

Der Philosoph leistet begrifflichen Widerstand gegen den Zerfall seines gesellschaftlichen Daseins als denkendes Subjekt; seine Sprache soll ihm die Distanz auftun, daß es nicht besinnungslos der Welt verfällt.
  Der Dichter aber muß sich höllisch der Besinnungslosigkeit der Sprache selber nähern - wie sie sich barbarisch am falsch Begriffenen der Welt verliert. Der Dichter muß sich sprachlich einlassen, aber nicht um zu beschönigen, sondern um spürbar zu machen, um scheinbar sichere Besitzstände, die doch nur unbefragte Besitzgewißheiten sind, aufzurühren; und sage mir niemand, daß er noch etwas verderbe, eine sprachliche Überlieferung, einen Sinnzusammenhang, Sprache daselbst in ihrer Gegenwärtigkeit;
denn gegenwärtig ist die Sprache als Verlustprodukt, und hiervon zu reden, heißt vom Scheitern zu reden.

 

 

 

 

 


Betriebsinternes

 

 

 




Wie jeder hier falle auch ich mir zum Opfer
sterbe auch ich durch mich
wie jeder Schuld an sich selbst
zahle auch ich meinen Preis

 

 

 


In der Schwebe unbenannten Daseins



Im dichten Dschungel der Begriffe
gebe ich dem Unaussprechlichen
die Logik meines Schweigens

Nicht anders äußert sich das Dasein
hinter aller Folgerichtigkeit
zum kultivierten Irrtum

daß als Ganzes Welt erkennbar sei
anstatt im Widerspruch des Lebens
der erkannte Unterschied

[ Die Poesie sucht Licht im Auge
wo das Bild verbrennt und Asche wird
sie liebt das Bild vergebens

Die Poesie sengt Licht ins Auge
damit das Bild verbrannt zu Asche
keiner andern Logik folgt ]

 

 

 


Der bunte Vogel Kasimir



Der bunte Vogel Kasimir ist stumm
Da springt mein rechtes Dichterbein auf einen
virtuosen Reim, rutscht aus - pardauz

Der dunkle Spiegel flüstert mein Gedicht
Er ist auf meine Gunst erpicht, doch leider
Muß er sterben in hunderttausend Scherben

Nun beschwert sich hunderttausendmal mein
Zersplittertes Gedicht ob meiner Qual beim bun-
ten Vogel Kasimir, der schweigsam bleibt

Kasimir, der Papagei, verliert ein Ei
Heraus klopft sich ein Spiegel, spielt auf
Einer Fiedel mein gereimtes Dichterbein

Nun springt mein Vogel Kasimir in dem
Gedicht zu mir auf meine virtuose Kunst
Beseitigt meine Qual mit einemmal - pardauz.

 

 

 


Vom Sinn und der Lust



Nicht für uns und sonst nichts
Nur zum Zeugnis unseres Verglühens
Nicht um zu leben existieren wir
Sondern um das Licht der
Sterne willen nach unserem Tod
Nur dafür - unserer Verschwendung
Nur für die Bahn des Lichts
Das bald kein Auge mehr schaut.
Für alles
Was auf ewig verschwindet
Und keine Wahrheit hat
Wie vergeblichen Taumels
Was wir zu lieben glaubten
(Ich weiß es nicht)
Haben wir eine Frage verschlossen
Irgend-
Ein närrisches Raumschiff
Unseres Daseins und Fliehens
Der Lust und des Sinns
Nicht für uns und sonst nichts.

 

 

 


Check-up



Ein jeder ist Dahergelaufener
der keine große Nummer bei uns hat

Euch fühlen wir zerreißen

Dies also sind eure Hoffnungen?
Wertlose ganz und gar
glaubt Teil des Betriebs zu sein
seit längst schon zur Beute geworden

Wir freuen uns über unverlangt
eingesandte Manuskripte.

 

 

 


Der romantische Totengräber


Es kommt der letzte, der bricht dir das Herz.
Es ist nicht nur einer gekommen.
Es sind über die Jahre in einer unendlichen Reihe unendlich viele gekommen, die haben deinen Mund, deine Ohren, deine Augen zugestopft, bis fast nichts mehr übrig bleibt.
Am Ende ist alles so eng. Ein einfacher Griff mit der Hand reicht, dein gefühliges Herz zu zerbrechen.
Es war so leicht, ein Missverständnis, der Mörder glaubt es kaum und hat es auch bald vergessen.
Ich bin der, der nicht mehr zu euch spricht, sagst du nichts mehr.

Ich bin so romantisch, sagt der Totengräber, ich bin ein endgültiger Dichter.

 

 

 

 


Formal ins Aus



Einst liebte ich Gedichte
Ich liebe sie nicht mehr
Dichte fand das Wort einst
Meer tränkt es nicht länger mehr

Frißt sich ins Wort, spült drüber
Egal wohin Meer reist
Reißt nieder, mich zerreißt
Nichts schließt sich mehr mit Sprache

Sprache Ozean ins Nichts
Ozean des Schweigens
Schweigen lieber schweigen
Drüber reicht nicht meine Frist.

 

 

 

 


Keine Poesie mehr



Keine andere Wahrheit mehr
Der große Müllhaufen
Von dem, was nicht mehr fortbesteht
Und das blödsinnige Gestammel danach
Anteil an der Gegenwärtigkeit zu nehmen
An aufgeregter Wasseroberfläche
Weißen Schaum der Poesie

Was also ist die Komödie der letzten Menschen?

Es gibt Menschen, die mir sagen
Was sie sagen, sei wahr
Und ich verstehe sie nicht
Der Staub spricht, sicher
Doch was nicht Staub sein will, ist lächerlich
Irgend etwas, das nicht vollkommen nichts wäre
Müßte Gegenstand der Ethik sein, und alle Ästhetik
Gibt hiervon nur ein Gleichnis des Mangels.

 

 

 


Endprodukt



I
Was ist hier das Geschäft der Vernunft / ohne Rest?
Wo ist die Wahrheit abgeschrieben
von weniger zu nichts?

Übrigens solltest du es wissen
wohin es sich bewegt
wohin es sich verliert
warum es sich verliert
damit es sich verliert

Ein Gedicht ist ein uneinlösbares Versprechen
von einem uneingelösten Versprechen

Man hat sie erfahren die Gewalt
was bleibt ist die Wirkung
- Wirklichkeitsausmaß -
zu kriechen ist weiterhin
Nase am Stiefel

Von oben kommt Freude
Aufs Rückrat wird gebaut
der Fortschritt der Welt
bis es bricht zum Gesamtkunstwerk
Der Aasgeier freut sich aus
anderen Gründen dann er riecht
die Verwesung

Nur wir schreiben uns zu Verlust

Was geht uns Kunst an?
Kunst ist Absage
Kunst heißt Verachtung
hält sie sich an Beschiedenes
Die wahren Geschäfte des Verlusts
liegen am Abhang für den Sprung
Nicht wieder wollen wir von Hoffnung reden

II
Was wir uns angetan haben
im Vollzug von Gesetz an Welt
Ich rede nicht vom Niederreißen
Ich spucke auf die Wirklichkeit
Kein Wort davon soll übrig bleiben

Wie leben wir?

Was unsere Sicht sein sollte hat unsere Ignoranz
Was wir zu sagen haben sprechen wir gewaltsam heilig
Was wir abzeichnen hat unseren Schlüssel zum Abort
Niemals wieder werden wir uns verzeihen können

Es gibt einen Hunger im Völlegefühl
Es gibt einen Schmerz des Wohlgefühls
Wir notieren einen Verlust am Erfolg

Was haben wir?
Wir haben uns ins Gesicht gesetzt
Gleiches zu Gleichem von Verlust zu Verlust
Wie Asseln kriechen wir ins Paradies

III
Einmal mehr als ich euch unendlich verlache
verachte ich euch
Sympathie den Schweinen den Ratten
den Schlangen den Würmern den Geiern
Von den Geiern rede ich
um nicht über euch zu reden
wie von Lebendigen

Das Verhängnis das ihr euch über euch gesetzt habt
ist eine Sichtlosigkeit wie eine Umnachtung
Versteht sich von selbst daß wir auf Protest verzichten
Wir verzichten

Der Ofen erkaltet
von der Euphorie zum Jammertanz
Wir zählen uns ab und sind raus
Die Transzendenz des Abgangs hat unser Erbrechen
besonders beim Zyankalitrank

Was wir gelernt haben haben wir gelernt
Was wir uns abgeklärt haben dürfen wir vergessen
Was wir uns perfektioniert haben hat unsere Unfähigkeit
perfekt
- fühlen wir -
da wo die Welt uns gehört
ohne Aussicht ohne Ausdruck
im Scheitern prächtig wohl
die Fantasie zu Schrott geworfen

Wenn wir ernsthaft leiden könnten
vielleicht würden wir Gedichte ausspinnen
so aber lassen wir es sein
Unbekanntes gibt es nicht
Es fordert keine Stellungnahme
Denken wir an nichts also
ich verabschiede mich.

 

 

 

 


{                                }
{                     }
{         }
§ §
§

 

 

 



Statt eines Nachworts  (einige Interpretationsansätze)


  Titel:
  Finsternis
  Kurzer Moment vor der Finsternis
  Finsternis

daran anschließend fünf Seiten as, deren einzige Funktion ist, daß man sich an sie erinnern wird und nicht etwa an den nachfolgenden Text.

 


I

 

Nichts. Geld ja, Menschen nichts.

Ich will Geld (die Freiheit des Ungeheuers).

Ökonomie:

Im einzelnen bedeuten die Menschen mir nichts. Jeder einzelne von ihnen bedeutet mir nichts.

 


II

 

Wahrheit:

Diese Zivilisation hat abgewirtschaftet, die Kultur, die Gesellschaft, die Menschheit - ist mir egal, ob die Menschheit sich an Aids verpestet, mit A-Bomben in die Luft sprengt, von fossilen Brennstoffen gebraten oder von der Sonne verstrahlt wird.

Jenseits allen Interesses schwindet der Unterschied zwischen Wahrheit und Lüge, dort herrscht Gleichgültigkeit, und diesseits der Gleichgültigkeit herrscht keine Vernunft, sondern Gier.

 


III

 

Dichtung ist Wahnsinn, adäquater Wahnsinn. Eine sich selbst reproduzierende Maschine, ein Wahn, der sich in seinen Funktionszusammenhängen aufrecht hält, ein entsinnter Selbstläufer, ein perpetuierter Defekt, ein irrer Gesang.

Das Subjekt besitzt sich nicht und gleichermaßen kann die Welt ihm nichts vermitteln.

Das Subjekt ist Maschine, will produktiv sein und fällt auf sich zurück. Dynamik heißt sein Eigenleben, doch Sinn produziert es nicht.

 


IV

 

Dieses Jahrhundert also.

Es fällt in seinen Spiegel, daß es klirrt.

 


V

 

Der Ursprung unseres Daseins ist die Niedertracht. Das Ende ist Verwertung.

Und das 21. Jahrhundert bringt den Niedergang.

 



Schema: Formal ins Aus

 

Internet des Verschwindens

Screenshots aus der ehemaligen Website von pl.logo:

 

Pic. von der Flashanimation zum Gedicht "Weltflimmern"

 

 

Pic. von der Seite zum Gedicht "Gewißheit"

 

Pic. von der Seite zum Gedicht "Ich Glückssucher"

 

Pic. von der interaktiven Flashanimation "PL-Statement"

 

 

 

 

 

 

 

 

Nachtrag

Was es zur Entstehungszeit der Gedichte noch nicht gab, bzw. sich gerade änderte:

Der Pc wurde gebräuchlich ab 1981.

Der Mauerfall war 1989.

Das Humangenomprojekt wurde 1990 in die Welt gesetzt.

Flächendeckendes Mobilfunknetz gab es ab Anfang der 90er Jahre.

Amazon verkaufte sein erstes Buch 1995. 

Die Rechtschreibreform gab es 1996. 

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 04.10.2011

Alle Rechte vorbehalten

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