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Vorwort

 

Das Gegenmodell einer Muse war die Antwort auf die Frage, woher manche Inspirationen eigentlich kommen. Einige überaus kreative Chats mögen ebenfalls ihren Anteil haben, wobei ich vermute, sie waren bereits sein Werk - das Werk von Muserich!

Nachdem er unter Missachtung aller Geschwindigkeitsbegrenzungen durch mein Geschichtsfeld rauschte, begann folgende Geschichte Gestalt anzunehmen.


Warnung: Enthält Spuren von Überzeichnung und kann im Fall nicht erwarteter Interpretationen Empörung auslösen. Sollte das passieren, lädt der Autor zu einem Dialog über das betreffende Thema ein. Auf Bookrix.de ist er für Kommentare und Mitteilungen erreichbar.

1

Constanze Kurz starrte die geschlossene Tür an. Hans von Tück war auf der anderen Seite. Und blieb hoffentlich dort. Sie überlegte ernsthaft, die Betreuung eines Autors abzulehnen. Dabei war sie die Beste. Sie WAR die Beste. Hans von Tück hatte in – Constanze schielte zur Uhr – 30 Minuten das Gegenteil bewiesen. Vor diesen 30 Minuten war ihre Welt noch in Ordnung. Als sie, exakt eine Minute nach dem vereinbarten Termin, in der Besucherecke erschien, um den unauffälligen Mann mittleren Alters zu ihrem ersten Gespräch abzuholen. Sie hatte ihn gesehen. Jeans, Shirt, Brille, Bart, Frisur. Konsequent gestylt. Konsequent 08/15. Ihr konnte es egal sein. Er schrieb queere Geschichten. Soweit im Trend. Manchmal bissig, manchmal zynisch. Das ließ sich verkaufen. Das konnte auch die Auszubildende im Zweiten. Warum sie einen Hans von Was-auch-immer betreuen sollte, entzog sich ihrer Vorstellung. Theoretisch.

Das selbstbewusste Klacken ihrer Absätze ließ Hans in die Luft gucken. Constanze zwang ihr Grinsen in ihr Standardlächeln. Hans-guck-in-die-Luft erhob sich. Er lächelte. Niedlich. 08/15 und niedlich. Und schwul. Kein Verlust für die Frauenwelt.

„Wie schön, Sie endlich kennenzulernen“, log sie.

„Ganz meinerseits“, erwiderte er mit einem niedlichen 08/15-Lächeln. Sein Blick fiel in Richtung ihres stattlichen Busens. Sie überlegte, ob er vielleicht bi war. Egal.

Hans‘ Augenbrauen zogen sich zusammen, dann schnellte eine in die Höhe. Sein Blick musste ihr Namensschild erfasst haben: constanze kurz, chief editorial office. Constanze war es recht. Ihr Schützling wusste damit, dass sie es war, an der jede seiner Geschichten vorbeikommen musste. Um Geschichten ging es. Nicht um Werke. 08-15-Werke gab es sowieso schon genug. Sie wischte energisch über ihr Tablet. „Konferenzraum E04“, verkündete sie und sah ihrem neuesten Projekt wieder ins Gesicht.

Sein 08-15-Lächeln war unverändert. „Mir würden die Initialen stinken“, erklärte er mit einem Nicken in Richtung ihres Namensschildes. Sie war irritiert und schaffte es nur mühsam, den Umstand zu verbergen. „ck“, erklärte er. Offensichtlich hatte sie doch Irritation durchschimmern lassen.

„Die Initialen von“, fuhr Hans fort und machte eine bedeutungsschwere Pause, „Schiiif Ädischenell Offiß – sind da schon interessanter!“

Constanze schauderte. Wie konnte jemand derart simple englische Begriffe so stümperhaft vortragen. Wider besseren Wissens fragte sie: „Initialen?“

„CEO.“ Sein Tonfall erinnerte plötzlich an einen leicht genervten Coach. „Sagen Sie nicht, Sie würden den Posten ausschlagen?“

Constanze musste zweimal mit den Augen klimpern.

„Können Sie das wiederholen?“

„Wiederholen?“

Statt einer Antwort klimperte Hans mit seinen Augen. Constanze konnte nicht verhindern, den Wunsch zu erfüllen.

„E04“, rief sie in Erinnerung und ging etwas zu schnell in Richtung Konferenzraum voran.

*

Auf dem Weg hatte sich Constanze sammeln können. Nun saß sie auf einer Seite des langen Tisches, Hans gegenüber. Er blickte sich um. Das 08-15-Lächeln war verschwunden. Er neigte den Kopf mal leicht nach recht, mal leicht nach links. Sie beobachtete das aus den Augenwinkeln, während sie mehrere Seiten auf ihrem Tablet durchblätterte. Er schaute über eine Schulter, nach oben, auf seine Hände und beugte sich schließlich vor. Wahrscheinlich wollte er einen Blick auf das Tablet werfen. Constanze schaltete es aus, ganz so, als hätte sie eben gerade die gesuchte Information gefunden. Sie lächelte und wollte endlich mit dem Gespräch beginnen.

„Netter Raum“, war Hans schneller. „Groß, etwas steril, für den Anlass überdimensioniert. Allerdings müssen sich hier unsere Egos nicht kleiner machen als sie sind.“

‚Manchmal bissig, heute zynisch‘, stellte Constanze fest und lächelte noch immer. Vielleicht war er ein Hans-spuck-in-die-Luft. Dann war es Zeit, ihm den Spucknapf zu weisen.

„Sie wissen, warum Sie heute hier sind?“

„In diesem Raum? Zur Einschüchterung.“

„Ich meine natürlich den Zweck unseres Treffens.“

„Nach der Einladung soll es um die Möglichkeiten eines gemeinsamen Projekts gehen. Sie freuen sich, mich endlich kennenzulernen, Ihren Namen musste ich selber lesen und nun warte ich auf die Person, mit der ich die Möglichkeiten eines gemeinsamen Projekts diskutieren kann.“

„Wie unhöflich von mir! Wie schön, Sie endlich kennenzulernen, mein Name ist Constanze Kurz und wir werden gleich die Möglichkeiten eines gemeinsamen Projekts diskutieren!“

„Ganz meinerseits und jetzt verstehe ich, was Ihre Kollegin am Empfang meinte, als sie sagte, sie würde ‚kurz‘ Bescheid geben. Nein, wie unhöflich. Ich hoffe doch, Autoren werden etwas respektvoller behandelt, vor allem, wenn sie beim ersten Termin in viel zu großen Räumen abgefertigt werden!“

Der Termin wurde stressig. Noch mehr als über die Frechheiten ärgerte sich Constanze darüber, den Mann falsch eingeschätzt zu haben.

„Nun, da das geklärt ist, haben Sie denn eine Idee für ein gemeinsames Projekt?“

„Ideen massenhaft, gemeinsames Projekt eher negativ.“

„Aha. Darf ich fragen, wie Sie üblicherweise Inspiration erfahren?“

„Häufig kommt die von meinem Muserich.“

„Muserich? Wie darf ich das verstehen?“

„Es gibt da ein Geschöpf, das üblicherweise auf einer Seifenblase sitzt, in der ein Schwarzes Loch pulsiert. Das Geschöpf hat Elfenohren, Vampirzähne, ein Auge hinter einer Klappe mit silbernem Pentagramm verborgen, es trägt eine zu kleine Weste, Chaps, Jocks und Schwarze Cowboystiefel. Es ist mein Muserich. Über seiner Schulter liegt eine Flederratte. Sie schlägt mit den Flügeln, wenn Muserich Inspiration in Gestalt von regenbogenfarbenem Glitzerstaub verstreut, damit der Glitzerstaub nicht von dem Schwarzen Loch verschlungen wird. Gerade eben weht etwas Glitzerstaub an Ihrem Kopf vorbei, doch Sie scheinen die Ideen nicht empfangen zu können.“

„…“

„Er meint, sie hätten so wenig Phantasie, dass keine Inspiration keimen könnte.“

Constanze wurde es unheimlich. „Sie reden mit Ihrem … Muserich?“

„Sicher! Manchmal ist er etwas zickig…“

Constanze verspürte einen Windhauch.

„Lass das!“

„…“

„Nein, das würde wehtun.“

„…“

Der Windhauch wurde stärker und etwas zog an ihren Wimpern.

„…“

„Das ist keine gute Idee.“

„Was ist keine gute Idee?“, wollte Constanze wissen.

„Flederratte denkt, Ihre Wimpern wären Raupen und will sie fressen!“

Constanze wich nach hinten aus. In demselben Moment spürte sie einen ziehenden Schmerz. Es fühlte sich an, als würde sie an den Haaren vom Tisch weggezerrt, aber Hans war schneller und hielt sie fest.

Constanze tastete ihren Hinterkopf ab. Die Frisur war ruiniert, sogar ein Teil der Haare war abgerissen oder weggeflammt. Sie starrte auf ihre schmutzigen Finger. Der beißende Gestank von verbrannten Haaren lag in der Luft. „Was geschieht hier?“

„Sie sind etwas dicht an das Schwarze Loch herangekommen“, erklärte Hans. „Ich schlage vor, Sie schicken mir einen neuen Termin. Unser heutiges Treffen bringe ich dann als kleine Geschichte mit.“

Noch bevor Hans von Tück den Raum verlassen hatte, entdeckte Constanze vor sich etwas Längliches auf dem Tisch. Es sah aus wie eine angenagte Wimper. Sie tastete über ihre Augen und musste feststellen, dass die künstliche Wimper auf der rechten Seite fehlte. Nein, sie wollte keinen neuen Termin.

2

 

Hans saß bei einem Filialbäcker - weit von den übrigen Gästen entfernt. Er hatte sich einen Becher Schokolade gegönnt und seinem Muserich eine Tasse Kamillentee. Den trank er natürlich nicht, statt dessen rekelte er sich in seinem persönlichen Entspannungsbad.

„Könntest du wenigstens die Chaps ausziehen?“, flüsterte Hans. Schwupps, schon lag sie tropfend auf der Seifenblase. Die Kamillenteetropfen fielen allerdings nicht auf den Tisch, sondern verschwanden, nachdem sie mehrmals die Seifenblase umrundet hatten, in dem Schwarzen Loch. Nach einigen Tropfen vibrierte es. Mit einem Rülpser schossen an mehren Punkten gelbe Wölkchen heraus. Hans fügte gedanklich der Liste Absurditäten eine Information hinzu: Muserichs Schwarzes Loch mag keinen Kamillentee.

Die Hintergrundmusik war gerade so laut, dass Hans‘ Flüstern nicht auffiel. Trotzdem schaute er immer wieder zu den beiden anderen Gästen und zu der Verkäuferin. Die zwei Gäste, Männer in seinem Alter, beschäftigten sich mit ihren Smartphones. Die Verkäuferin bediente die wenigen Laufkunden und bewegte in der Zwischenzeit einen mittlerweile trockenen Lappen von einem Ende des Tresens zum anderen.

Seinen Muserich konnte nur Hans sehen und hören, wofür er ausgesprochen dankbar war. Andererseits hätte er auf die Bekanntschaft auch verzichten können. Zumindest blieb ihm die visuelle Peinlichkeit. Warum er Constanze die Wahrheit erzählt hatte, konnte er nicht erklären. Sie hätte es sicher als phantasievolle Erzählung abgetan, wären Flederrattes Appetit und die Anziehungskraft des Schwarzen Loches nicht real.

„Für einen Menschen hast du bei Constanze erstaunlich gut reagiert!“

Hans war anderer Meinung. Nur mit Mühe hatte er die Zurufe „Lächeln!“, „Starr ihr auf den Busen!“, „Das Namensschild!“, „Initialen!“, „Vor- und Nachnahme – teures Stinkewasser!“, „Ihr Titel ist CEO, man, ich kotz‘ mich impotent! Mach was draus. Zeig ihr, wer hier den Takt bestimmt“, „Hach, die soll nochmal klimpern“, „Gut gemacht, Hans“, umsetzen können. Er hatte sich sogar etwas ferngesteuert gefühlt. Auf dem Weg zum Besprechungsraum hatte er zum Glück die Anspannung überwinden können.

Als er am langen Tisch saß und wahllos hin- und hersah, las Muserich vor, welche Informationen Constanze auf den Tablet durchblätterte: Speiseplan, Nachmittagstermine, Seite des Verlages auf einem sozialen Netzwerk, Speiseplan, Seite des Verlages auf einem anderen sozialen Netzwerk, peinliches Foto einer verhassten Kollegin, Seite-nicht-vorhanden-Fehler, Speiseplan, anderes peinliches Foto der verhassten Kollegin.

Hans brauchte keine weitere Hilfe seines Muserichs. Er war – angepisst. Nun, der Hinweis, dass sich Constanze nicht professionell vorgestellt hatte, kam doch von ihm. Constanzes Frage nach der Inspiration kommentierte der dann auch mit einen selbstbewussten: „Von mir natürlich!“, vorauf sich Hans verplapperte. Und Muserich das erste Mal sprachlos war. Trotzdem sprudelten Worte aus Hans hervor.

Den Glitzerstaub gab es dann wirklich. Als er nutzlos um Constanze herumwehte, fand Muserich auch seine Stimme wieder. Der Plan, wie er Constanze derart durcheinanderbringen wollte, dass sie die Einzelheiten nicht mehr wiedergeben konnte, gefiel Hans weniger. Letzten Endes erfüllte er mit dem Wortwechsel, von dem Constanze nur Hans‘ Teil hören konnte den Plan. Als sich Flederratte dann auch an der Verwirrung der Frau beteiligte, wusste Hans, dass die Situation eskalieren würde. Der Rückzug war kurz und für Constanze schmerzhaft. Mit jedem Schluck spulten die Bilder einmal in seinen Erinnerung ab. Als der Becher leer war, konzentrierte sich Hans wieder auf die Teetasse.

Muserich genoss sein Bad. Was die beiden Männer auf ihren Smartphones sahen, konnte er auch mit geschlossenen Augen, bzw. mit einem verdeckten und einem geschlossenen Auge, kommentieren: „Barty sortiert die Neuen Teilnehmer in seiner Dating-App nach Schwanzlänge und Alter. Blondlocke chattet mit einem Mädchen über Einhörner – die kleine Schwester mit dem cooooolen Bruder. 23 cm, 28 Jahre, 23 cm 26 Jahre, 23 cm, 25 Jahre. Sag ihm, er soll nochmal oben anfangen!“

Hans ignorierte die Aufforderung.

Plötzlich schwebte eine Glitzerwolke zu dem Bärtigen. Als sie ihn erreichte, prustete er los. Der Blonde drehte sich um und sah ihn fragend an. „Warum machen Einhörner keinen Safer Sex?“, fragte der Bärtige. Der Blonde schüttelte irritiert den Kopf. Als ihn auch eine Glitzerwolke erreichte, erfuhr er jedoch einen Geistesblitz. „Weil sie zu spitz sind!“, prustete er los, worauf sich auch der andere vor Lachen schütteln musste. Wenig später saßen die beiden an einem Tisch und schienen sich bestens zu unterhalten. Hans konnte nicht verstehen, über was die beiden sprachen. Von Muserich erfuhr er allerdings, wie überdurchschnittlich der Blonde ausgestattet war. Zur Verdeutlichung ließ Muserich seine Jocks ein absurd übertriebenes Zelt errichten.

Hans wollte noch einen Schluck seiner Schokolade trinken. Verstimmt nahm er den leeren Becher, durchquerte den Gastraum und stelle den Becher aufs Abräumband. Als er den Laden verlassen wollte, maulte ihn die Verkäuferin wegen des Kamillentees an. „Der ist noch besetzt“, maulte Hans zurück und ging. „Unverschämtheit, frecher Kerl“, zeterte die Verkäuferin, „was glauben Sie denn, wie ich hier die ganze Arbeit schaffen soll, wenn ich allen hinterherräumen muss?“

Hans verzichtete auf eine Antwort. Als er bereits auf der Straße war, hörte er einen schrillen Schrei. Unsicher, ob sein Muserich etwas damit zu tun hatte, ging er zurück. Aus dem Laden wehte der Geruch von angesengtem Haar. Die Verkäuferin starrte auf den Kamillentee. Ihr Zopf war bei dem Versuch, die Tasse abzuräumen, nach vorne gerutscht. Die Spitze qualmte.

Muserich saß wieder auf seiner Seifenblase. Zufrieden schwebte er zum Ausgang. Die beiden Männer hatten nichts von dem Schauspiel mitbekommen. Ihre Gesichter glühten. Wenigstens die beiden hatten einen guten Tag.

3

 

Constanze schritt zu ihrem Chef. Im 7/8-Takt. Sie nannte es so, egal, ob es mit dem Musik-Takt vergleichbar war oder nicht. Es klang gut. Also konzentrierte sie sich auf ihre Schritte. Im 7/8-Takt: nur sieben Schritte für eine Strecke, für die sie eigentlich acht benötigte. Männern gefiel das. Sie glaubten dann, die Frau hätte es eilig zu ihnen zu gelangen. Es schmeichelte ihnen und das gewährte ihr einen leichten Vorteil. Einige Kolleginnen öffneten statt dessen einen weiteren Knopf der Bluse. Sogar bei ihrem schwulen Chef. Naive Dinger. Constanze war nicht ohne Grund Cheflektorin geworden. Sie war entschlossen, ungeachtet der gerade gemachten Erfahrung, ihren Status zu verteidigen.

Nach dem obligaten Klopf-Klopf auf Hüfthöhe und der für sie typischen knappen Pause öffnete sie die Tür. Auch dies fand im 7/8-Takt statt. So stellte sie sicher, dass ihr Chef noch mit dem „Ein“ von Herein beschäftigt war, während sie bereits eintrat. Ihr jahrelanges Training zahlte sich mal wieder aus.

„Grüß dich, Ulf-Theodor!“

„Mahlzeit Conny! Hattest du heute Raupen? Steht dir übrigens gut. Macht dich fast menschlich!“

„Ich sollte mal wieder in schwulen Chat Rooms vorbeischauen. Der Raupengag scheint gerade in zu sein.“

„War dein Treffen mit Hans so mies, dass du Isabel um Feuer gebeten hast. Oder nein, nicht Isabel hat dich gegrillt sonder Hans – wie hat er das geschafft? In den Räumen ist doch offenes Feuer verboten?“

„Es ist…“

„Wie auch immer. Ich habe überlegt, Hans selbst zu betreuen.“

„Das liegt an … was?“

„Ich dachte, ich entlaste meinen Schiiif Ädischenell Offiß etwas.“

Constanze Gesichtszüge drohten nun doch zu entgleisen.

„Tut mir leid, ich durfte eure Begrüßung auf dem Monitor verfolgen. Hans ist ein fescher Bursche.“

Dieses Spielchen konnte Constanze nur verlieren. Solange es unter vier Augen stattfand, konnte ihr niemand den Sieg nach Punkten zusprechen. Andererseits war es vorteilhaft. Solange keine dritte Person von den Ereignissen erfuhr, gab es im ungünstigsten Fall zwei widersprüchliche Versionen.

„Ich werde mich nicht um Hans von Tück reißen“, improvisierte Constanze, „wenn du ihn übernimmst, hast du wenigstens den … feschen … Rahmen. Hast du einen weiteren Frischling zu verteilen?“

Ulf-Theodors Miene hellte sich auf. In dem Moment erkannte Constanze, dass sie mit offenen Augen in die Falle gestolpert war.

„Stell dir vor“, begann er enthusiastisch, „gestern konnte ich in einer dieser Kreativ-WGs das Ende einer Lesung mitschneiden“, und startete die Wiedergabe einer Audiodatei.

„Pst! Hast du Sie heute schon gesehen?“

„Nein! Oder doch ... Sie?“

„Ja! SIE!“

„???“

„Du weißt schon...“

„... äh - nein!“

„Ach komm!“

„Nein wirklich!“

„Willst du mich verarschen?“

„Warum sollte ich?“

„Weil du den Stoff für dich willst!“

„Welchen Stoff?“

„BREZELN, du Honk!“

„Ach du meinst die B-U-F-Dealerin!“

„B-U-F?“

„Wer ist hier der Honk?“

„Was ist denn nun B-U-F?“

„Brezeln-Und-Frischkäse!“

„Frischkäse?“

„Ja, man, mit Frischkäse dröhnen Brezeln erst so richtig.“

„Voll krass, man!“

Ulf-Theodor stoppte die Aufnahme. Constanze ließ das Gehörte auf sich wirken. Gern hätte sie eine Brille zurechtgerückt, um ihre Fassungslosigkeit zu überspielen. Plötzlich schoss ihr das Bild einer brezelförmigen Brille durch den Kopf. Die Gläser waren mit Frischkäse verschmiert. Regenbogenfarbener Glitzerstaub rieselte auf den Frischkäse. Ihr Magen knurrte trotzdem. Dieser Verräter!

„Extravagant“, brachte sie mühsam hervor. Ihr Chef zeigte keine Regung.

„Du sagst, es war eine Lesung in einer Kreativ-WG?“

Ulf-Theodor nickte nur.

„Es hat ein gewisses Potential.“

Ulf-Theodor tippte etwas in seinen PC.

„Ein ungeschliffener Edelstein ist es nicht.“

Die Tür ging auf, und Ulf-Theodors persönlicher Assistent durchquerte den Raum. Er stellte ein Tablett auf den Schreibtisch. Zwei Glasteller standen darauf. Einer mit drei Brezeln und einer mit Frischkäse in Rosenform. Ohne Glitzerstaub. Ulf-Theodor nahm reichlich Frischkäse mit einer Brezel auf. Mit lautem Knuspern verspeiste er sie und lud Constanze mit einer Geste ein, sich ebenfalls zu bedienen.

„Nein, Danke“, lehnte sie ab, „ich hatte schon Raupe!“

Wenige Sekunden später schloss sich die Tür hinter ihr. Dieser Tag wurde nicht besser.

Zu spät kam ihr der Gedanke, sie hätte Banane mit Salzstange erwähnen können. Ohne frischen oder alten Käse! Damit hätte sie wenigstens auf seinen Hygiene-Tick anspielen können. Der Tag war vielleicht doch nicht völlig ruiniert. Sie würde in die Gasse bei der Bäckerei schleichen und dort hoffentlich jemanden antreffen, den sie um eine Zigarette anschnorren konnte.

4

Hans folgte Muserich, ohne ernsthaft auf den Weg zu achten. Kurz vor dem Verlagsgebäude blieb er verwundert stehen. Muserich flog weiter, beschleunigte und vollführte einen Looping. Flederratte fiel von der Schulter, Muserich beendete den Looping und Flederratte landete sicher auf ihrem Platz. Hans war überzeugt, dass sie grinste, obwohl er es nicht sehen konnte, schließlich flogen sie noch immer Richtung Verlagsgebäude, bogen plötzlich ab und verschwanden in einer Gasse.

Vorsichtig folgte Hans. Als er um die Ecke spähte, wehte ihm Zigarettenrauch und der Gestank von angesengten Haaren entgegen. Nur zwei Schritte entfernt standen ck und die Bäckereiverkäuferin. Eine blies Rauch durch die Nase, die andere durch den Mund. Muserich schwebte auf der anderen Seite. Flederratte schlug kräftig mit den Flügeln und wehte Rauch und Gestank in die andere Richtung. Hans musste husten. Die beiden Frauen sahen in seine Richtung, schrien, warfen ihre Zigaretten auf den Boden und flüchteten. Nachdem sich der Rauch aufgelöst hatte, schwebte noch immer etwas Glitzerstaub in der Luft.

Hans verlor beinahe das Gleichgewicht. Er versuchte, Muserichs Flugbahn zu verfolgen. Dabei musste er ganz schnell eine Kehrtwende vollführen. Im letzten Moment sah er, wie die Seifenblase mit einem stattlichen Schweif aus Glitzerstaub durch ein Fenster in der obersten Etage des Verlagsgebäudes verschwand. Hans überlegte nur kurz, ob er dort oben jemandem zu Hilfe eilen sollte. Er entschied sich dagegen. Bisher hatte Muserich noch nie an einem Tag zwei Menschen in Angst und Schrecken versetzt. Er gab wohl auch in dem Universum, der Dimension oder woher auch immer Muserich kam, Regeln, an die sich seinesgleichen in Hans‘ Welt halten mussten.

Gerade, als Hans den Blick abwenden wollte, trat eine Person an das Fenster. Sie schien zu telefonieren. Dabei hatte sie eine Hand locker in der Hosentasche gesteckt. Es sah nicht nach einem Notruf aus, also wandte sich Hans ab und wollte gehen.

Nach nur zwei Schritten brummte Hans‘ Smartphone. „Von Tück, Hallo!“

„Chapeau! Es war beeindruckend, wie Sie die zwei Damen in die Flucht geschlagen haben“, plapperte eine männliche Stimme. „Leider musste ich mein Telefon vom Schreibtisch holen. Ich hoffe, ich habe nichts verpasst?“

„Ich habe niemanden in die Flucht geschlagen und Ihr Name ist sicher nicht Chapeau“, erwiderte Hans übellaunig.

„Natürlich nicht! Gestatten, Ulf-Theodor Galle-Stein“, stellte sich Constanzes Chef vor. „Ich würde Sie gern zum Lunch einladen. Dann lernen Sie auch gleich meinen Mann kennen, dem ich die Galle vor meinem Stein verdanke.“

Hans sah vorsichtig am Verlagsgebäude hoch. Die Person, die er eben mit Telefon in der Hand hinter dem Fenster gesehen hatte, stand noch immer dort und winkte. Plötzlich schoss etwas durch ihn hindurch, durchs Fenster ins Freie und verteilte dabei eine großzügige Spur Glitzerstaub.

„Hans, sprechen Sie mit mir!“

Wie konnte das sein? Constanze und die Verkäuferin hatten verbrannte Haare, weil sie Muserichs Schwarzem Loch zu nahe gekommen waren, doch Ulf-Theodor Galle-Stein schien der Flug durch seinen Körper nichts auszumachen.

„Ich hoffe, meine sympathische Stimme macht Sie sprachlos!“

„Nein, es ist“, begann Hans, doch den tatsächlichen Grund für sein Schweigen konnte er unmöglich nennen, „alles etwas … anders.“

„Das passt hervorragend. Mein Mann und ich lieben ungewöhnliche Geschichten.“

„Sie können sie gern lesen“, versuchte Hans, Abstand zu bewahren, „je schneller ich nach Hause komme, umso schneller kann ich sie Ihnen zukommen lassen.“

„Eine verführerische Idee! Sie könnten sie aber auch vorlesen. Eine Autorenlesung auf dem Bärenfell vorm Kamin würde uns gefallen.“

Aber das gefiel Hans überhaupt nicht. Er wog die Ausreden ab. Es wäre einfacher, wenn ihn Muserich nicht missbilligend ansehen würde. Nachdem Hans keine Anstalten machte, auf Ulf-Theodors Angebot einzugehen, ließ sich Flederratte von der Schulter gleiten und flog über die Passanten hinweg, wobei sie großzügig Glitzerstaub verteilte. Ein Mann bewegte seine Arme wie Flügel und gackerte dazu. Eine Frau sang ohne jedes Talent „Er gehört zu mir“, während ein Mädchen mit rotem Basecap mit einem Korb in der Hand hinter dem Mann herlief. Ein anderer Mann hatte den Reißverschluss seiner Hose geöffnet und die rechte Hand hineingeschoben. Eine Frau stand wie hypnotisiert in der Nähe, allerdings starrte sie in eine andere Richtung. Ihre Augen waren so weit aufgerissen, dass ihre künstlichen Wimpern zusammen mit den Augenbrauen eine dicke Linie bildeten, und Flederratte flog direkt mit weit geöffnetem Maul darauf zu.

„OK, zum Lunch“, beeilte sich Hans leicht panisch zu bestätigen. Muserich klatschte, Flederratte drehte ab und streckte Hans im Vorbeiflug die Zunge heraus.

„Wunderbar!“, freute sich Ulf-Theodor, „in 10 Minuten am Eingang.“

5

Constanze sah zu, als ihr Chef in der Halle seinen Mann Guido begrüßte. Damit blieb ihr eine unangenehme Begegnung mit Ulf-Theodor erspart. Sie wollte sich in ihr Büro zurückziehen, doch ein spontaner Gedanke ließ sie umdrehen. Mit Abstand folge sie den zwei Männern. Vor dem Gebäude wartete ein dritter Mann: Hans von Tück! Soweit war das ein gutes Zeichen. Wenigstens ihr Gespür für pikante Situationen hatte sie nicht verloren.

Keine zehn Minuten später saß sie hinter einer Monstera deliciosa und beobachtete die drei Männer. Ulf-Theodor hatte sich zwar mit dem Rücken zur Wand gesetzt und versperrte ihr so nicht die Sicht, konnte dadurch aber genau in ihre Richtung sehen. Hans und Guido saßen sich gegenüber. Guido war eindeutig mit Kopulationsvorbereitung beschäftigt. Ulf-Theodor hatte bereits erklärt, keine Bedenken zu haben. Männer! Nur Hans schien die Situation unangenehm zu sein. Vor Kurzem konnte er noch ganz anders agieren. Warum ließ er Guido gewähren? Es ärgerte Constanze, nicht spontan die Erklärung zu finden. So unauffällig wie möglich bewegte sie sich hin und her. Dann hüpfte auch noch eine rothaarige Bedienung vorm Tisch herum. Als die Störung verschwunden war, hatten die drei Tafelwasser vor sich stehen. Das konnte Constanze erkennen, aber sie fand keine Position, in der sie die drei Männer zusammen durch die Blattschlitze beobachten konnte.

„Haben Sie schon gewählt?“

Constanze hätte gern geknurrt. Der Stimme nach war es nicht die Rothaarige, sondern ein Kellner. Und er hatte sie dabei erwischt, andere Gäste auszuspionieren. Drei Männer beim verbalen Vorspiel, um genau zu sein. Sie drehte ihren Kopf in Richtung des neuen Störenfrieds. Während sie ihre Gesichtszüge ein weiteres Mal in ihr Standardlächeln zwingen musste, scannte sie den Kerl von unten nach oben. Appetitlich … und schwul. Eine der sorgfältig gezupften Brauen wanderte ein winziges Stück nach oben. ‚Wo hast du deine Wimpern, Schätzchen?‘, schien sie zu fragen.

„Einen Espresso, bitte“, bestellte Constanze schnell, bevor der Kellner nach ihren Wimpern fragen konnte. Sein „Gerne“ war so geraunt, dass sie einen Moment überlegte, ob er unter Umständen doch nicht schwul wäre. Doch bei seinem Weg zurück zum Tresen lief er einen Bogen, aus dem er die drei Männer genau beobachten konnte. Also doch ein weiteres prachtvolles Gesäß, das ihrem innerer Kerl verwehrt blieb. Aber sie blieb realistisch. Silikonkissen im männlichen Untergeschoss waren weit weniger effektiv als in weiblichen Balkongewölben.

Constanze schweifte gedanklich kurz in ihre Jugend ab. In die Zeit, als sie überlegte, ihrem Gefühl, in Wirklichkeit ein Mann zu sein, nachzugeben. Es war die Erkenntnis, auch vom besten Chirurgen kein vollwertiges Equipment operiert zu bekommen. Einen Moment bedauerte sie die Entscheidung. Diesen Kellner hätte sie mit größter Freude flachgelegt. Aber auch das war so ein Grund, Frau zu bleiben. Nur ein Cis-Mann konnte sich mit echtem Genuss flachlegen lassen. Aber diese Überlegung behielt sie für sich. Schließlich wollte sie nicht auch noch als transphob gecancelt werden.

Unerwartet wurde der Espresso vor Constanze abgestellt. Das Gesicht des Kellners war despektierlich nahe: „Kennst du den Hübschen bei Guido und Ulf?“

„Hans im Glück, würde ich sagen“, improvisierte Constanze.

„Oder Hans im Sandwich.“

„Darf ich raten? Einmal heißer Snack und auf Nimmerwiedersehen?“

„Einmal ist besser als keinmal“, raunte er und Constanze beschlich das ungute Gefühl, sich gerade einer entscheidenden Erinnerung nicht bewusst zu werden. Einer spontanen Idee folgend drückte sie dem Kellner ihr Zweitsmarthphone in die Hand. „Wärst du so lieb, mir ein Selfie mit den drei Süßen zu schießen?“, säuselte sie. „Und schick dir ruhig eine Kopie mit einem der Messenger, bevor du mir das Gerät unauffällig mit einem kleinen Snack zurückbringst.“

Constanze war beeindruckt. Als wäre es das selbstverständlichste der Welt, war der Kellner an den anderen Tisch getreten. Guido bekam einen intensiven Kuss, Ulf-Theodor nur einen Luftkuss und schon war das Smartphone in Position und das Foto gemacht. Zum Schluss bekam Hans noch Küsschen rechts und links und ziemlich dreist ein Kärtchen in die Hand gedrückt. Als er den Tisch verließ, nahm er drei Suppenteller mit. Das war unverzeichlich. Constanze hatte weder das Auftragen der Vorspeise, noch deren Verzehr mitbekommen.

Die Selfie-Aktion hatte Unruhe ausgelöst. Constanze nutzte die Gelegenheit, um ein Blatt der Monstera so zu knicken, dass sie endlich freie Sicht hatte.

Guido war wieder uneingeschränkt im Balzmodus, Ulf-Theodor genoss die Vorfreude. Doch dann zuckte Guido zusammen, auch Hans war eindeutig gestresst. Seine Augen waren etwas verkniffen. Trug er Kontaktlinsen und die Raumluft war dafür zu trocken? Constanze machte den Selbsttest. Es war tatsächlich eine mögliche Erklärung. Aber warum bewegte Hans dann den Kopf langsam hin und her? Tschaka-Tschaka in Zeitlupe? Auch das passte nicht. Etwas machte die Bewegung unharmonisch. Zuckte Guido deshalb immer mal wieder zusammen? In unregelmäßigen Abständen und an willkürlich erscheinenden Position schob Hans denn Kopf minimal vor, ohne mit der Bewegung von rechts nach links innezuhalten. Kopf vor – Zuck. Es erinnerte etwas an „Wer sich zuerst bewegt, hat verloren“. Nur, um was sollten sie wetten? Hans war eingeladen ... Kopf vor – Zuck ... zum Lunch und zu mehr ... Kopf vor – Zuck.

Die rothaarige Bedienung brachte den Hauptgang. Constanze vermutete Lachs mit Salat und … brauner Beilage.

Ulf-Theodor schien unverändert und ausschließlich mit Vorfreude beschäftigt zu sein. Auch das Essen nahm er nicht zur Kenntnis. Ohne erkennbaren Grund sah Hans zu ihm und schon zuckte auch Ulf-Theodor. Doch das interessierte Hans nicht mehr. Er hatte den Kopf wieder in Guidos Richtung gedreht und prompt zuckte Guido, der gerade seine Gabel in die braune Masse geschoben hatte. Linsen! So wie sie nach dem Zucken von der Gabel rieselten, mussten es Linsen sein.

Einem inneren Zwang folgend tastete Constanze an ihren Hinterkopf, um die Extensions über den versengten Haaren zurecht zu zupfen.

„Sie sind noch nicht nachgewachsen“, flüsterte der Kellner. Ohne eine Antwort abzuwarten, stellte er ein Serviertablett ab und wollte gehen.

Constanze starrte auf drei Minibrezeln und ein Schälchen Kräuterdip. Den entsetzten Ausruf konnte sie nicht ganz verhindert. Der quitschende Laut ließ den Kellner innehalten. „Warum?“, fauchte sie, doch er schien nicht zu verstehen. „Das hier“, ergänzte sie und zeigte auf den Snack. Der Kellner war sichtlich enttäuscht.

„Es war eine spontane Idee und ich war überzeugt, dir eine Freude zu machen.“

„Spontane Idee beim Rumknutschen mit Gästen?“

Der Kellner blinzelte. Wenigstens diese kleine Genugtuung war Constanze vergönnt. Sie wartete auf Antwort, doch plötzlich fühlte sie sich beobachtet. Sie schaute zu einer Seite, entdeckte aber nichts Verdächtiges, und dann zur anderen Seite. Dort saß eine weißhaarige Frau. Sie hielt ihr Smartphone in Constanzes Richtung, der Blick durch die große, dunkel gerahmte Brille war nicht auf das Display gerichtet, sondern fixierte Constanze direkt. Die rote Handyhülle und die etwas gerötete linke Hand der Frau bildeten optisch im mäßig beleuchteten Restaurant eine Einheit. Die Finger sahen fast aus wie ein angelegter Flügel. Die Bauteile auf der Rückseite des Gerätes gaukelten Augen und Schnabel vor. Die weise Frau mit dem roten Uhu schoss es Constanze durch den Kopf. Es war der Titel eines Romans, den sie vor einigen Monaten verrissen hatte. Die Autorin, eine ältere Hobbyschreiberin, löschte danach ihr Profil auf einer Selfpublisher-Plattform.

Geräusche und Bewegungen lenkten Constanzes Aufmerksamkeit wieder zu den drei Männern. Hans von Tück war aufgesprungen und zischte irgendwas. Seine Augen sahen hektisch hin und her, zu der alten Frau sah er etwas länger. Er schien bestürzt zu sein. Die Frau war jetzt über eine Kladde gebeugt und schrieb eilig. Ab und zu kicherte sie. Einige Male hatte Constanze den Eindruck, zu der Frau würde bunter Staub wehen. Je größer die Wölkchen, umso lauter das Kichern. Es war gespenstisch. Constanze glaubte nicht an so etwas. Wären nicht erst vor Kurzem ihre Haare auf unheimliche Weise versengt und eine ihrer Wimpern abgerissen worden, würde ihr jetzt nicht ein eisiger Schauer nach dem andern über den Rücken laufen. Constanze warf das Geld für Espresso und Snack auf die Untertasse und schickte sich an, das Lokal zu verlassen. Das Serviertablett nahm sie mit. Nachdem sie ihr Zweitsmartphone in die andere Hand geschoben hatte, stellte sie das Tablett neben die Kladde. Die Frau sah erst zur Seite und dann auf zu Constanze. Auch das breite Grinsen wirkte bedrohlich. Constanze warf einen Blick in die Kladde. Dort stand etwas von Brezeln, Frischkäse, Qualmwökchen … und etwas über angesengte Haaren. Die Frau schrieb also wieder. Und es hatte besorgniserregend viel Ähnlichkeit mit Constanzes Tag. Wegen des Verrisses hatte sie kein schlechtes Gewissen. Es interessierte aber brennend, was sonst noch in der Geschichte passierte. Wenigstens in solchen Situationen war Constanze kreativ. „Wie schön“, heuchelte sie, „du schreibst wieder. Hör zu, beim letzten Mal war ich etwas streng. Wenn du die Geschichte fertig hast, spendiere ich dir ein echtes Profilektorat. Nur begründete Kritik, kein Spott und ohne verächtliche Kommentare.“

Die Frau überlegte. Sie überlegte, dippte eine Brezel in den Kräuterdip und verspeiste sie geräusch- und genussvoll. „Abgemacht“, sagte sie schließlich. „Deine Kontaktdaten habe ich noch. Sie sind immer noch an meine schönste Voodoopuppe geheftet.“

Das würde einiges erklären, dachte Constanze. Wenn man an so etwas glaubte. Sie verabschiedete sich hastig. Es war ihrer nicht würdig, trotzdem flüchtete sie ein weiteres Mal an diesem Tag. Wieder war Hans von Tück in der Nähe. Und eine weißhaarige Frau und Brezeln und eine Handyhülle.

6

Hans hatte es gewusst. Ein Lunch mit Galle-Stein und seinem Mann war keine gute Idee. Die beiden Männer waren allemal ein Abenteuer wert. Allerdings ruinierte sein ADHS-Muserich nicht nur die Chance auf dieses Abenteuer, sondern er mischte auch noch Gäste und Mitarbeiter des Lokal auf.

Die ersten Minuten waren noch angenehm. Sie gingen zum Tresen und Guido, den Namen erfuhr er wenige Augenblicke später, orderte drei Mittagsflirts. Der junge Mann hinter dem Tresen sah kurz zu ihnen. „Hallo Guido! Ulf!“

Während er drei Likörschalen mit einer roten Flüssigkeit füllte, checkte er Hans mit wenigen Blicken ab. „Hallo Mittagssnack!“

Hans beobachtete, wie der Rest Glitzerstaub in den Kopf des Kellners rieselte. Eine weitere Eingebung blieb jedoch aus. Muserich wirkte unzufrieden. Hans hegte die Hoffnung, der Glitzerstaub würde mit zunehmender Menge weniger Inspiration enthalten.

Während die Gläser zu ihnen geschoben wurde, bekam Ulf-Theodor eine Portion Glitzerstaub. Es wirkte aber nicht so, als würde er einer Eingebung folgen. Er hob nur das Glas, wartete bis Hans zurückprostete, hakte unter, trank einen Schluck, erklärte: „Nur Ulf!“, hauchte einen verdächtig harmlosen Kuss auf Hans Wange und machte Platz für seinen Mann. Auch der hob das Glas und wartete, bis Hans zurückprostete. Dann hakte er ebenfalls unter, trank einen Schluck, raunte: „Guido“, schob seine Zunge in Hans’ Rachen und zwängte ein Bein zwischen die Schenkel. Der Verräter in der Jeans signalisierte prompt Zustimmung.

Muserich jubilierte. Seine Seifenblase schwirrte wie ein angepickster Luftballon durchs Lokal. Überall schwebte Glitzerstaub. Es war so viel, dass etwas von dem Schwarzen Loch verschlungen wurde. Auch diesmal vibrierte es, rülpste und eine gelbliche Wolke mit vielen bunten Punkten verteilte sich im Raum. Hans erweiterte die Liste der Absurditäten. Ulf dirigierte seinen Mann und Hans zu einem Tisch. Muserich flog noch immer umher. Flederratte saß inzwischen auf Guidos Schulter und leckte an dessen Augenbraue, was Guido allerdings nicht bemerkte. Statt dessen spulte er das große Flirtprogamm ab. Hans vermutete zumindest, dass es sich um das große Programm handelte.

Eine rothaarige Bedienung servierte französisches Tafelwasser. Jedes Glas füllte sie knapp zur Hälfte. „Ich bringe gleich die Rahmsüppchen zum Vorspiel“, kündigte sie an, ohne dabei mit der Wimper zu zucken. Als hätte Flederratte auf das Stichwort Wimper gewartet, reckte sie sich kurz, zog dann aber doch Guidos Augenbraue vor. Nach wenigen Schritten wurde der Bedienung ihre Wortwahl bewusst. Die nur schwach durchs Make Up schimmernde Röte ließ es zumindest vermuten. Hans lächelte aufmunternd. Die Ärmste wusste ja nicht, zu was für Aussagen oder Handlungen sie der Glitzerstaub noch hätte verleiten können.

Muserich hatte ein neues Glitzerstaubdepot gefunden. Sogar die Seifenblase hinterließ eine breite Spur auf ihrem Flug durch das Lokal. Die ersten Gäste zeigten auffälliges Verhalten. Auch die rothaarige Bedienung bedrängte Guido geradezu, als sie die Süppchen servierte. Er musste etwas zurückweichen, wenn nicht ein Teller an sein Kinn oder der Busen an seine Stirn stoßen sollte. Flederratte nutze die Gelegenheit, das Süppchen zu verkosten. Es konnte eindeutig nicht mit Raupen, Wimpern oder Augenbrauen mithalten. Flederratte schüttelte sich und spuckte die Suppe zurück auf den Teller. Auch der Appetit auf Brauen war ihr vergangen, denn sie flog zurück auf Muserichs Schulter.

Mit Erleichterung stellte Hans fest, wie der Glitzerstaub weniger wurde. Flederratte auf Schulter wirkte also mäßigend auf Muserich. Ein weiterer Punkt für die Liste. Unbehagen spürte Hans, als er zusah, wie Guido einen Löffel mit Suppe zum Mund führte.

„Steht dir der Sinn auch nach einer anderen Vorspeise?“, fragte Guido und ließ die Hand sinken. Er hatte den Blick also anders interpretiert. Die Wahrheit konnte Hans nicht nennen und die Interpretation wollte er nicht stehenlassen. Dazu kam noch das unerfreuliche Aroma von Koriander. Koriander-Rahm-Suppe. Hans verzog das Gesicht.

„So schlimm?“, fragte Guido. Hans nickte, legte den Löffel zurück und schluckte demonstrativ gequält. Bevor er eine Antwort überlegt hatte, kam der junge Mann vom Tresen an den Tisch. Guido bekam einen kurzen, aber heftigen Zungenkuss, und Ulf einen Luftkuss, den er wegen der Suppe jedoch nicht zur Kenntnis nahm. Der junge Mann ging vor Tisch leicht in die Hocke, hob ein Smartphone und schoss ein Selfie. Danach drückte er Hans Küsschen auf beide Wangen und ein Kärtchen in die Hand und war schon mit den abgeräumten Suppentellern verschwunden.

Ob die Selfie-Einlage oder der noch immer im Raum schwebende Glitzerstaub Unruhe unter den Gästen ausgelöst hatte, war unklar. Niemand verhielt sich so auffällig wie die Passanten vor dem Verlagsgebäude. Die Hintergrundgeräusche mit Tuscheln und Kichern waren allerdings auch zu laut für ein Lokal dieser Qualität.

Muserich schwebte gemächlich in der Nähe von Guidos Kopf. Dabei wurde der Abstand geringer. Die Haare waren bereits mehrmals von der Anziehungskraft des Schwarzen Loches angehoben worden. Durch Ulf war es einfach so hindurchgeflogen, Guido drohte wohl ähnliches Ungemach wie Constanze und der Bedienung beim Filialbäcker.

Nach einigen Augenblicken merkte Hans, dass er, während Guido wieder voll im Flirtmodus war, mit seinem Kopf Muserichs Flugbahn minimal nachahmte. Also verkniff er sich die Bewegung. Die Seifenblase hielt nicht an, sondern bewegte sich auf Guidos Kopf zu. Erschrocken schob Hans seinen Kopf vor, die Seifenblase flog etwas nach oben. Guido zuckte zusammen, unterbrach sein Flirtprogramm jedoch nicht. Hans nahm die Bewegung nach rechts und links wieder auf. Die Seifenblase folgte. Immer wenn sie Guidos Haaren zu nahe kam, vollführte Hans einen Bogen nach vorne. So flog Muserich jedes Mal über Guidos Kopf hinweg, ließ ihn aber immer wie beim ersten Mal zusammenzucken.

Hans kam sich lächerlich vor. Fernbedienung für ein Schwarzes Loch mochte etwas Absurdes sein. Hier musste er sich jedoch anstrengen, Schaden von Personen abzuwenden, die nicht sehen konnten, was sie bedrohte.

Es war wieder die rothaarige Bedienung, von der die nächste Störung ausging. Sie servierte den Hauptgang. Den ersten Teller stellte sie auf Ulfs Platz. Prompt folgte Muserich. Er flog einige enge Kreise über dem Teller, dann sauste er hinter Ulf, wobei eine Reihe Linsen hinterherflog und direkt im Schwarzen Loch verschwanden. Ulf lächelte unverändert vor sich hin. Weder Essen noch fliegende Linsen schienen ihn zu interessieren. Da auch Guido kein Erstaunen kundtat, waren wohl auch die Linsen für die anderen unsichtbar.

Muserich schwebte nun hinter Ulfs Kopf. Dieselben Kopfbewegungen von Hans führten zu denselben Reaktionen. Muserich schwirrte wieder zu Guido, der gerade eine Gabel mit Linsen zum Mund führte. Ein weiteres Zucken, fallende Linsen und noch mehr Glitzerstaubwolken. Flederratte flog in immer größeren Bahnen durch das Lokal. Kichern, Murmeln, Schmatzen und Blähgeräusche waren zu hören. Jemand drehte die Hintergrundmusik etwas lauter. Dagegen setzte sich nur noch hin und wieder ein Lachen oder ein Verdauungsgeräusch durch. Irgendwer machte eine Vogelstimme nach. Eule, Kauz oder Uhu. Hans hatte keine Ahnung, aber es klang erschreckend echt. Ein anderer Tierlaut ertönte, deutlich lauter und schriller. Ein Greifvogel … oder eine Flederratte!

Hans sprang auf, zischte ein Schimpfwort, sah sich hektisch um und erstarrte, als er Flederratte in der Nähe einer weißhaarigen Frau entdeckte. Ein weiterer Eintrag auf der Absurditätenliste und ein perfekter Moment für einen Cliffhanger. Das Bild war es auch Wert, einer Bezahlversion vorbehalten zu bleiben. Der Verlag würde bestimmt mehr Umfang erwarten. Während Guidos Erzählungen hatte Hans bereits überlegt, die Geschichten in einer erotischen Episodensammlung zusammenzustellen. Muserich fand die Idee toll und plädierte für den Titel „Die Weltreise der Sandwichmaker – Dreifach Sauce included“. Eine Lightversion davon ließe sich mit ausreichend Glitzerstaub in das aktuelle Projekt einflechten. Bei dem Leder-Bottom auf dem Hinterhof an der Castro Street und der verhuschten Klemmschwester hinter einer Frankfurter Klappe war das etwas schwierig. Einfach war es zu einem Balletttänzer auf St. Georg, einem Tulpenverkäufer im Hausboot auf einer Gracht, wo es zur Abwechslung bunte Tulpenblätter regnen konnte, und dem Elektriker, der die bunte Beleuchtung am Nollendorfplatz repariert hatte. Das war sogar eine schöne Schlussszene. Guido und Ulf waren noch geblieben, um einen Glühwein zu trinken. Während sie an der gegenüberliegenden Straßenecke standen, begann es zu schneien. Im bunten Licht würde man nicht erkennen, was Schneeflocken waren und was Glitzerstaub.

 

 

7

 

„Geht es dir gut?“, fragte Guido besorgt.

Hans blinzelte. „Verloren!“, rief Muserich.

Constanze war an der Eingangstür ohnmächtig geworden.

„Die Menge tobt, der unbekannte Herausforderer Hansemann hat den Champion Kotzo-Tonzo in der Verlängerung besiegt“, kommentierte Muserich, „es war ein Kampf, wie ihn die Zuschauer lieben. Treten, Beißen, Spucken! Alles ist erlaubt! Und jetzt das: In gespielter Schockstarre verharrt der Traum aller Schwiegermütter“, Muserich trommelte auf die Seifenblase, „dieser Traum-Traum-Traum blinzelt in einem unmenschlichem Kraftakt Kotzo-Tonzo KO! KO in der vorletzten Runde, besiegt…“

Muserich plumpste von der Seifenblase. Der Glitzerstaub in der Luft wurde blasser und sank schließlich wie Staub zu Boden. Das Schwarze Loch verpuffte mit einem unscheinbaren Blitz und die Seifenblase platzte.

Hans blinzelte noch einmal. Guido war zu seinem Mann gegangen. Sie schienen etwas Wichtiges zu besprechen. Constanze saß inzwischen auf einem Stuhl. Der Kellner hielt ihre linke Hand. Die rothaarige Bedienung ging von Tisch zu Tisch und versprach den Gästen, dass alles in Ordnung wäre.

Flederratte flog noch immer um die weißhaarige Frau herum. Ebenso der rote Uhu, der auf ihrer Schulter gesessen hatte. Flederratte und der Uhu stießen immer wieder zusammen. Bei jedem Zusammenprall verwandelte sich Flederratte in einen Uhu und der Uhu in eine Flederratte. Flederrattes Farbe war immer gleich, aber der Uhu war mal rot und mal blau. Die Farbe, die verschwand, wehte von den beiden fort zu der Frau und verschwand in ihr. Sie war glücklich. Sie lächelte, schmunzelte oder schüttelte grinsend den Kopf.

Muserich lag regungslos auf dem Boden. Obwohl sich Hans ständig über ihn geärgert hatte, verspürte er nun Trauer. Vorsichtig hob er den schlaffen Körper auf. Es war das erste mal, dass er ihn berührte. Er war bleich, kühl und erschreckend leicht. Hans trug ihn zu der weißhaarigen Frau. Sie nahm ihm Muserich ab. Nun lag er in ihren Händen. So war es richtig. Muserich hatte nie zu ihm gehört.

Nachdem Hans einen Abschiedsgruß gedacht hatte, landeten eine Flederratte und der blaue Uhu neben Muserich. Sie stießen ihn gleichzeitig mit den Köpfen an. Dabei wechselten sie jedes Mal die Gestalt und wieder stieg eine blaue oder rote Wolke auf. Diesmal schien die Farbe in Muserich zu verschwinden. Langsam wich die Blässe. Irgendwann zuckte auch sein Körper. Die weißhaarige Frau richtete ihn etwas auf. Er legte seine Arme um Flederrate und Uhu. Wieder stießen ihre Köpfe zusammen. Das Farbenspiel wiederholte sich noch einige Male, dann wurde es bunter. Plötzlich verwandelte sich auch Muserich. Mal in eine Flederratte, mal in einen Uhu, und die beiden tauschten dann jeweils mit Muserich die Gestalt. Mit jedem Wechsel wurden die Farben lräftiger. Die drei stießen so gleichmäßig mit den Köpfen aneinander, als wären sie ein schlagendes Herz. Regenbogenfarben flossen gleichmäßig über sie hinweg. Bei jedem Herzschlag wechselten sie die Gestalt und drehten sich nun auch im Kreis. Langsam gewannen sie an Höhe. Kurz vor der Decke stoben sie auseinander. Nach einigen abenteuerlichen Flugmanövern prallten sie aufeinander. Die Stelle explodierte in einer gewaltigen Menge Glitzerstaub. Für einige Augenblicke füllte er das ganze Lokal, dann war alles verschwunden. Muserich, Flederratte, Uhu und Glitzerstaub.

Hans sah sich um. Am Tisch saß noch immer die weißhaarige Frau. Er selbst stand in einem Halbkreis an ihrem Tisch, auf einer Seite standen Constanze und der Kellner, auf der anderen Seite Guido und Ulf. Die beiden sahen sich schweigend in die Augen. Hans hatte den Eindruck, es war etwas, das sie viel zu lange versäumt hatten. Ulf legte seinem Mann einen Arm um die Schulter. Sie sprachen nun leise miteinander, während sie das Lokal verließen. Auch Constanze wandte sich zum Gehen, und der Kellner kümmerte sich bereits wieder um die Gäste. Vielleicht hatten die beiden bereits nach Constanzes Ohnmacht ihre offenen Fragen geklärt.

„Constanze! Warten Sie!“, rief Hans vergeblich.

„Du hast doch eben bei den beiden Süßen gesessen!“

Hans drehte sich zu der Stimme um. Die weißhaarige Frau sah ihn durch eine viel zu große Brille an. Die Augen wirkten unnatürlich groß, erinnerte etwas an den Uhu.

„Molly“, stellte sich die Frau vor. „Setz dich und erzähl mir, was du mit ck zu schaffen hast.“

*

Hans wunderte sich noch immer, wie diese Frau in die Welt von Constanze, Ulf und Theodor passen sollte. Etwas neugierig war er natürlich auch, also setzte er sich zu ihr.

„Es begann heute Vormittag. Ich saß in der Besucherecke des Verlages. Jemand näherte sich. Muserich kommentierte das Klacken der Absätze mit ‚Ach-tung, Ach-tung, Ach-tung‘. So gelangweilt, wie er das tat, merkte ich tatsächlich, dass jemand, der so durch stille Geschäftsräume stampft, auf Krawall gebürstet sein würde. Als ich aufsah, bestätigte sich der Eindruck. Die Frau, ich kannte Constanzes Namen noch nicht, zwang ihr Grinsen in ein nichtssagendes Lächeln. Ich stand auf und folgte Muserichs Rat, ebenfalls zu lächeln. Niedlich, schwul und 08/15. ‚Zeige ihr, dass du in der Welt der Business-Tussen noch nicht einmal zur Vorspeise taugst‘, lästerte er.“

Molly nickte wissend. Sie schien allerdings noch nichts dazu sagen zu wollen, also fuhr Hans fort:

„ ‚Wie schön, Sie endlich kennenzulernen‘, log Constanze.

‚Ganz meinerseits‘, erwiderte ich mit einem niedlichen 08/15-Lächeln. Mein Blick fiel in Richtung ihres stattlichen Busens. Sie sollte überlegen, ob ich vielleicht doch hetero oder wenigsten bi war.

Meine Augenbrauen zogen sich zusammen, dann schnellte eine in die Höhe. Mein Blick erfasste ihr Namensschild: constanze kurz, chief editorial office...“

*

Eine Stunde später verließen Molly und Hans das Lokal. Sie verabredeten, die Geschichte auf einer Selfpublisher-Plattform zu veröffentlichen. Kurz bevor sich ihre Wege trennten, hakte sich Molly unter und zeigte in die Richtung eines abfahrbereiten Busses.

Hans trauten seine Augen nicht. Vor dem Bus schwebte eine Erscheinung. Auf einer verbeulten Untertasse lag eine schimmernde Seifenblase, in der ein Schwarzes Loch pulsierte. Auf der Seifenblase stand eine Tasse. Nur Beine, Arme und Muserichs Kopf schauten heraus. Darüber flogen Flederratte und Uhu, zwischen ihnen waren Muserichs Chaps gespannt. Eine Laufschrift in Glitzerbuchstaben wanderte über die Chaps:

 

„...Start ins neue Jahr! Euch allen einen guten Start ins neue Jahr! Euch allen ...“

 

Impressum

Cover: pixabay
Tag der Veröffentlichung: 21.11.2020

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Danke an alle, die bei Entstehung der Geschichte mitgewirkt haben.

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