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Sie beugt sich langsam über die Kaffeetasse. Der ungezwungene milde Duft nach frisch gemahlenen Kaffeebohnen umschmiegt wie eine erfrischende Gesichtsmaske aus Yoghurt und Gurken ihr Gesicht. Sie streckt ihren rechten Arm aus. Mit fast geschlossenen Augen und halb geöffneten Lippen, auf denen ihre Zungenspitze fast unsichtbar geschmeidig hin und her gleitet, greift sie nach dem muschelförmigen Porzellangriff.

Er hat so anziehende Ohren. Kleine Muscheln, bedeckt mit leicht pulsierenden Sinnes-Härchen, mit watteweichen Ohrläppchen, die in ein warmes, fast durchsichtigblasses Rot eingetunkt sind. Sie presst ihre fiebernde Wange fest an eine dieser Muscheln. Immer wieder. Und hört das Meer rauschen. Immer wieder. Wie es sich aus den dunklen Tiefen langsam emporhebt.

Und plötzlich ist die Tiefe wie weggeschmolzen. Und der kraterartige Abgrund bläst sich wie ein gigantischer Luftballon auf. Und sie steht vor einem imposanten Gebirge, dessen Spitze sich zwischen den Wolken verliert. Denn die Welt steht auf dem Kopf. Weil sie auf dem Kopf steht. Weil ihr Herz auf dem Kopf steht. Ihr Brustkorb platzt. Die Seele fließt wie Honig aus der hervorstechenden Wunde. Schmetterlinge gleiten durch die leichte Windluft. Mit erstarrten Flügeln. Als wären sie aus Eis, das voller Ungeduld wegschmilzt, während klitzekleine Wasserperlchen davongetragen und im Wirbel zu dünnen Dampfstreifen umgemeißelt werden.

Wie es sich wellenartig auftakelt. Wie ein elfenbeinfarbiges Satinkleid. Es betont ihre üppigen Brüste.

Sie mag Walnuss Eis. Den kremigen Geschmack, der sich auf die Zunge klebt. Die erfrischende Kälte, die den Mund füllt. Als er sie zum ersten Mal küsste! Seine Lippen waren kalt. Sein Atem warm. Und seine Zunge war klebrig. Und schmeckte nach Walnuss Eis. Sie ist durstig. Ihr Rachen steht Feuer und Flamme. Kein Wasser dieser Welt kann die tobende Hitze in ihrem Körper löschen. Ihr Herz rast. Ihr Atem stockt. Sie holt nach Luft. Ihre Augen sind weitgeöffnet. Und schließen sich plötzlich. Und öffnen sich wieder. Und kreisen. Immer und immer wieder. Und sie fällt in Ohnmacht. Und wacht wieder auf. Streckt ihre Arme aus. Zappelt mit den Beinen. Ihren Körper durchzucken stichartige Krämpfe. Als seine Spucke ihren Rachen entlang gleitet. Und alle Feuer werden gelöscht. Und eine Oase blüht auf.

Es liebkost sie und schmiegt sich an ihren Körper wie eine zweite Haut.

Sie liegt in einer Hängematte. Sie ist nackt. Der Wind hat feine Kristallsandkörner in ihrem Bauchnabel versteckt. Und schreibt mit unsichtbarer Tinte ein Liebesgedicht auf ihre Haut.

Sie überkreuzt ihre Beine. Sie möchte die Melodie eindämmen, notenförmige Schönheitsfleckchen sammeln sich auf ihren Oberschenkeln. Die Musik wirbelt den Saum ihres Kleides durcheinander. Mandolinen durchdringen die Stille.

Sie schaukelt. Und beobachtet den Boden unter sich. Wie sie ihm mit voller Wucht entgegenrast. Wie sie sich von ihm entfernt. Ohne zu fallen. Ohne sich zu verletzen. Mit einer unerklärlichen Leichtigkeit. Unbeklommenheit. In tiefster Geborgenheit. Denn da, im Herzen, ist jeder frei. Und alles ist möglich.

Sie versinkt im vollen Geschmack des Kaffees. Leckt sich mit artistischer Kunstraffinesse und Erotik weiblicher Etikette den Cappuccinoschaumstreifen von der Oberlippe.

Und eine Meereswelle nach der anderen zerschellt auf den scharfen Klippen. Und sie presst ihre Wange noch fester an eine seiner Muscheln. Damit das Donnern der brechenden Wellen nicht das beruhigende Rauschen im Inneren der Muschel übertönen kann. Damit die Welt weiterhin auf dem Kopf stehen bleibt. Damit ihr Herz auf dem Kopf stehen bleibt. Damit die Wunde inmitten ihres Brustkorbs offen bleibt. Und die Todesschlucht als unbezwingbares Gebirge erscheint.

Mit einem Seidentuch wischt sie sich die Spuren des Orgasmus vom Gesicht. Vorsichtig öffnet sie das Tuch. Erblickt ein eingestickte Herz mit den beiden Anfangsinitialen. C & D - Vernimmt den Duft nach Rosenblüten.

Er beugt sich über sie. Küsst sie sanft auf den Mund.

Sie liebt Walnuss Eis!

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 13.01.2009

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