Cover


1.
Licht viel durch die großen Fenster in Rosés Zimmer auf ihr Bett, mit der zerwühlten Decke. Immer weiter wanderte das Licht, denn es war erst früher Morgen und die Sonne ging gerade erst auf. Ein kühler Herbstwind kam durch das geöffnete Fenster in den Raum und fuhr durch Rosés offene schwarze Haare. Sie liebte es morgens früh die Fenster weit aufzureißen, die Sonne beim Aufgehen zu betrachten und sich den Wind durchs Haar fahren zu lassen.
Rosé saß mit überkreuzten Beinen auf ihrem blauen Stuhl direkt vor dem Fenster, so dass sie den Sonnenaufgang am besten betrachten konnte. Das Licht fiel auf ihr Gesicht mit den hohen Wangenknochen, der schmalen Nase und den dunkelbraunen Augen, die im Licht einen honigfarbenen Ton annahmen. Ein leises Lächeln umspielte ihren Mund, mit den vollen Lippen. Ihr schlanker Körper steckte in einer schwarzen Trainingshose und einem roten T-Shirt. Ihre Füße waren nackt. Nach ein paar weiteren Minuten des Betrachtens vom Sonnenaufgang, stand Rosé mit einer anmutigen Bewegung auf. Sie war für ihr Alter von fünfzehn Jahren, recht klein mit ihren 1,63cm.
Nun trat sie ganz nah an das Fenster dran und schaute runter in den Garten ihrer Familie. Ein großer Kirschbaum, der nun im Herbst seine bunten Blätter trug, thronte in der Mitte des Gartens. Vor ihm stand eine weiße Bank. Große Beete mit Wildblumen, aber auch Tulpen und roten und weißen Rosen zogen sich an der Seite des Gartens entlang.
Vor drei Jahren hat Rosé mit ihrer Mutter die ersten Rosen in den Garten gepflanzt. Rosé konnte sich noch genau an den Tag erinnern und an den Geruch der feuchten Erde, aber das ist schon lange her. Heute hat Rosés Mutter keine Zeit mehr für so was und Rosé sorgte alleine dafür, dass die Blumen nicht verwelkten. In ein paar Wochen sind die Rosen wahrscheinlich eh weg. Schließlich ist es Herbst! , dachte Rosé traurig. Sie liebte den Geruch von Rosen und war immer wieder traurig wenn der Herbst ins Land zog und die Rosen sich langsam ihrem Ende zuneigten.
Ein ungeduldiges Klopfen riss sie aus ihren Gedanken. „Rosé? Bist du wach?“, die Stimme ihrer Mutter, Rita, drang durch das grün bemalte Holz der Tür. Auch ihre Mutter war eine Frühaufsteherin und Rosé dachte schon immer, dass sie das von ihr hat.
„Ja, ich bin wach.“, antwortete Rosé und ging zur Tür um sie zu öffnen. Vor der Tür stand eine schlanke Hochgewachsene Frau von vierzig Jahren. Trotz ihres Alters war ihr Gesicht faltenlos und ihre lockigen schwarzen Haare ohne auch nur eine graue Strähne. Ihre Augen waren von einem leuchtendem grün, um das Rosé ihre Mutter schon seit Jahren beneidete.
„Guten Morgen, Kleines. Kommst du runter zum Frühstück?“
„Ja, ich komm gleich.“, antwortete Rosé.
„Beeile dich aber, sonst wird dein Kakao kalt.“ Mit einem Lächeln drehte sich Rita um und stieg die Wendeltreppe runter und ging in die Küche.
Rosé schloss die Tür und suchte sich ihre Klamotten zusammen. Das war eine der vielen Eigenarten von ihr und ihrer Mutter. Frühes frühstücken! John Engel, Rosé Vater, hat sich nach all den Jahren mit dieser und einigen anderen Eigenarten von seiner Tochter und seiner Frau abgefunden.
Nachdem Rosé sich umgezogen hatte flitzte sie aus ihrem Zimmer, sprintete die Treppe hinunter und folgte dem Geruch von frischen Brötchen und warmen Kakao in die Küche.
Die Küche war groß und in ihrer Mitte stand ein ovaler Tisch mit drei Stühlen. Auf einem der Stühle hatte sich Rosés in die Jahre gekommener Kater Shakespeare. Sein schwarzes Fell war trotz seines fortgeschrittenen Alters immer noch seidig und glänzend. Als Rosé in die Küche kam, sprang der Kater elegant von dem Stuhl und tapste zu Rosé. Er rieb seinen kleinen Kopf an ihrem Bein, schaute zu ihr hoch mit seinen gelben Augen und fing an laut zu schnurren.
Rosé bückte sich und kraulte Shakespeare am Kopf. Sein Schnurren wurde noch lauter. „Hast du ihn noch nicht gefüttert?“, fragte Rosé ihre Mutter. Rita drehte sich zu ihrer Mutter um und antwortete: „Doch, aber der scheint immer noch nicht satt zu sein. Wir müssen aufpassen, dass er sich nicht über frisst.“ Rosés Mutter nahm zwei Tassen, stellte sie auf den gedeckten Tisch und setzte sich. Rosé hatte ihre Mutter beobachtet wie sie sich durch den Raum bewegte. Sie hatte sich schon immer gefragt wo ihre Mutter ihre angeborene Eleganz her hat, denn sie bewegte sich wie eine Tänzerin.
„Willst du nicht essen?“
„Doch.“
Rosé setzte sich neben ihre Mutter auf einen Stuhl und griff dann nach ihrer Tasse. Der warme Kakao tat sehr gut am frühen Morgen. Rosé schmierte mit schnellen Bewegungen, ein Brötchen mit Butter und aß es. Sie ließ sich Zeit beim Essen, schließlich hatte sie Ferien und sie musste heute Morgen auch nicht im Buchladen ihres Vaters aushelfen.
Mit einem vernehmlichen Knarren schwang die Tür der Küche auf und ein großer leicht ergrauter Mann trat ein. John Engel rieb sich im Halbschlaf die Augen und fuhr mit einer Hand durch seine mit grauen Strähnen durchzogene braune Haarmähne. Seine grauen Augen blickten verschlafen aus ihren Höhlen und mit einer trägen Bewegung setzte John sich auf den letzten freien Stuhl. „Ich verstehe echt nicht, wie ihr zwei so früh morgens schon so munter aussehen könnt.“, murmelte er verschlafen.
„Dir auch einen Guten Morgen.“, sagte Rosés Mutter zwischen zwei Bissen Brot.
„Guten Morgen, Dad.“
Rosés Vater lächelte ihr nur verschlafen zu und griff dann nach einem Brötchen. Langsam schnitt er es auf und schaute sich dann suchend auf dem Tisch herum.
„Wo ist denn die Wurst?“
„Im Kühlschrank.“, antwortete Rita knapp und wand sich dann der Morgenzeitung zu.
„Wie kannst du das nur essen?“, fragte Rosé ihren Vater, als der Aufstand um die Wurst zu holen. „Wir können schließlich nicht alle Vegetarier sein.“, antwortete der.
Rosé und ihre Mutter waren schon Vegetarier seit sehr langer Zeit und Rosé konnte sich nicht dran erinnern jemals Fleisch gegessen zu haben. Es war auch nicht, weil sie Mitleid mit den Tieren hatte oder weil es ihr nicht schmeckte. Sie ist einfach nur so groß geworden, denn Rita hat nie zugelassen das Rosé Fleisch isst. Rosé fand das aber auch nicht schlimm und sie hat sich nie dagegen gewehrt.
Rosé ließ ihren Blick durch den Raum schweifen und der blieb an dem Kalender an der Wand hängen. Ihre Mutter hackte jeden Morgen einen Tag ab, damit jeder immer weiß welcher Tag gerade ist. Es war der siebzehnte September. Morgen hatte Rosé Geburtstag.
Geburtstage wurden in der Familie Engel nie groß gefeiert. Immer nur ein paar Freunde und Bekannte kamen, aber diesmal sollte es anders werden. Nur das wusste Rosé da noch nicht.
Als das Telefon klingelte sprang Rosé leichtfüßig auf, lief in den Flur und nahm dort den Hörer ab.
„Rosé Engel.“
„Hey, Süße.“, sagte die Stimme ihres Freundes Sven am anderen Ende der Leitung.
„Was willst du?“, fragte Rosé genervt. Sven und sie hatten sich vor zwei Tagen noch gestritten, weil er meinte sie würde zu viel Zeit mit ihrem Pferdefreund Alex verbringen. Rosé liebte Pferde über alles und Alex teilte diese Leidenschaft. Ihre Pferde, der braune Wallach von Alex und Rosés Schimmelstute standen auf demselben Gestüt und dort haben die beiden sich kennengelernt und Freundschaft geschlossen. Am Ende ihres Streits, war Rosé wütend aus Svens Haus gestürmt.
„Mich entschuldigen. Ich war total scheiße zu dir vorgestern.“, sagte er leise.
„Ja, das kann man wohl sagen. Noch was?“, fragte Rosé unerbittlich.
„Und ich wollte dich fragen ob du mir verzeihen kannst?“
„Mal schauen, aber vorher musst du mir ein Eis ausgeben.“, sagte sie und lächelte.
„Ja! Das ist super. Sollen wir uns noch heute treffen?“, seine Stimme überschlug sich fast vor Begeisterung und Rosé musste wieder lächeln. Aber sie war noch nicht bereit sofort nachzugeben, also sagte sie: „Tut mir leid, aber ich hab heute keine Zeit. Ich hab Alex versprochen, dass wir heute zusammen ausreiten. Vielleicht einen anderen Tag.“
„O.K!“, sagte Sven. Er klang sichtlich enttäuscht. Diese Genugtuung gönnte Rosé sich.
„Bis dann, Sven.“, sagte sie fröhlich.
„Bis dann und es tut mir wirklich leid. Ich liebe dich, Süße.“
„Ich dich auch, wenn du dich nicht gerade wie ein Idiot benimmst.“
„Kommt nie wieder vor.“
„O.K. Bis dann.“, sagte Rosé und legte auf.
Sie stand noch eine Minute lächelnd da, dann ging sie zurück in dir Küche. In der Zwischenzeit hatte ihr Vater vier Brötchen verdrückt und las die Zeitung. Rita war dabei ein paar Diktate ihrer Grundschulklasse zu korrigieren.
Rosés Mutter war Lehrerin an der Grundschule der Stadt. Sie unterrichtete Englisch, Deutsch und Kunst. Rita war eine ausgesprochen geduldige Lehrerin, was sie schon oft bewiesen hat wenn Rosé etwas in der Schule nicht verstand und Hilfe brauchte.
Es war mitten in den Herbstferien, aber trotzdem gab es fast immer noch etwas für Rosés Mutter zum Korrigieren, aber sie machte es gerne und die Arbeit machte ihr Spaß.
„Musst du heute zum Laden?“; fragte Rita ihren Mann, während sie ein falsch geschriebenes Wort anstrich.
„Ja, sonst würde ich jetzt noch selig schlafen. Mandy ist krank. Sie hat Grippe und ich muss ihre Schicht übernehmen, außer meine Tochter würde sich meiner begnadigen und würde das übernehmen.“, John sah seine Tochter bittend an.
Rosé schüttelte den Kopf. „Sorry Dad, aber ich hab Alex heute versprochen, dass ich zum Hof komme.“ Sie zuckte bedauernd mich den Schultern.
Nun stand Rosé auf und stellte ihren Teller in die Spüle. Dann ging sie wieder in ihr Zimmer hoch. Dort machte sie als erstes ihre Anlage an und warf sich aufs Bett. Ihr Zimmer war nicht behangen mit Postern wie Zimmer anderer Mädchen in ihrem Alter, sondern es hingen viele Selbstgemalte Bilder an den Wänden. Rosé war eine geschickte Malerin und Zeichnerin und genauso wie das Reiten war die Malerei ihre Leidenschaft. Nun schaute sie auf ihren kleinen Wecker und stellte fest, dass es immer noch sehr früh war. Sie war erst um neun auf dem Hof mit Alex verabredet. Sie verstand immer noch nicht, warum Sven sich so wegen Alex aufgeregt hat, aber wer verstand die Jungs schon. Während sie leise zum laufenden Song von Kelly Clarkson summte, stand sie von ihrem Bett auf, trat zum Fenster und setzte sich wieder auf den Stuhl. Seufzend langte sie nach einem Buch, das neben dem Stuhl auf dem Boden lag und schlug es auf. Sie vertiefte sich in die Welt der Buchstaben und kriegte nichts mehr von ihrer Umgebung mit. Immer wenn sie las, schien sie Teil dieser Welt zu sein. Als sie gerade mit Brian, der Hauptfigur in dem Buch, über eine weite Wiese rannte, piepste ihr Handy.
Rosé legte das Buch zur Seite und griff nach dem Handy.
Sie überflog schnell die SMS die sie bekommen hatte und seufzte. Alex ist krank.
„Das heißt dann wohl, dass ich heute alleine ausreite. Dann kann ich auch jetzt schon los.“, dachte sie und stand auf. Schnell schlüpfte sie in ihre Reithose und zog sich einen Pullover über. Dann rannte sie runter und zur Haustür. Bevor sie die Tür aufschloss, rief sie noch über ihre Schulter: „Gehe zum Hof. Bin nicht lange weg!“
Dann trat sie raus in die frische Luft des Morgens. Schnell zog sie sich ihre Schuhe an und schwang sich dann auf ihr rotes Fahrrad das an der Hauswand lehnte.
Dann fuhr sie langsam die Straße hinauf, in Richtung Hof.


2.
Der Geruch von Pferd und Stroh begrüßte Rosé als sie auf den Hof fuhr. Es war ein kleiner Hof, mit einem Haupthaus, in dem die Familie wohnte denen der Hof gehörte, einem Stall mit nur zehn Pferden, eine Reithalle und ein Reitplatz. Mehrere Felder erstreckten sich hinter und rundum dem Hof. Familie Hansen trieb größtenteils Landwirtschaft, aber vermietete auch ein paar Boxen an Pferdehalter. Um diese frühe Urzeit herrschte kaum Betrieb auf dem Hof. Nur die kleine Tochter Claire und ihre Mutter Frau Hansen waren da. Als Frau Hansen Rosé entdeckte lächelte sie und winkte ihr zu.
Claire schrie auf und rannte Rosé entgegen. Rosé hob das kleine dreijährige Mädchen hoch und während es vor Vergnügen kreischte. Dann gab sie Rosé einen dicken Kuss auf die Wange, sprang von ihrem Arm und rannte zu ihrer Mutter zurück.
„Hallo Rosé.“, sagte die, als Rosé zu ihr trat.
„Hallo Frau Hansen. Ich hoffe es ist kein Problem, dass ich schon so früh komme?“
„Nein, natürlich nicht. Silver ist schon gefüttert. Du kannst ihn fertig machen und ausreiten.“
„Danke.“, sagte Rosé und ging zum Stall. Sie hörte noch einmal wie Claire laut lachte, doch dann schnitt die große Tür des Stalls das Geräusch ab.
Rosé atmete einmal tief ein, genoss den Geruch nach Pferd und ging dann zu einer der hinteren Boxen. Als Rosé an den Türen vorbei ging, steckten die Pferde ihre Köpfe heraus um zu schauen wer schon so früh zu ihnen kam. Als Rosé an der Box ihres Pferdes ankam, wurde sie von einem lauten Wiehern begrüßt. Eine weiße Schimmelstute steckte den Kopf aus der Box raus. Silver stand in verschnörkelter Schrift auf einem Schild an der Boxen Tür. Rosé strich der Stute über die weichen Nüstern und die pustete ihr ihren warmen Atem ins Haar. Rosé ging die kleine Sattelkammer und holte Silvers Halfter und einen Strick. Dann holte sie die Stute aus der Box und band sie davor fest. Mit langsamen geübten Bewegungen fing Rosé an Silver zu putzen. Vorsichtig legte sie den bereitliegenden Sattel auf Silvers Rücken und zog den Gurt stramm. Schließlich trenste sie Silver schnell. Rosé nahm ihre Stute bei den Zügeln und führte sie auf den Hof. Dort saß sie auf und ritt zum Wald in der Nähe.
Nach zwei Stunden kam sie zurück. Es war ein ruhiger Ausritt gewesen, aber es hatte ihr und Silver gut getan. Als Silver versorgt in der Box stand und zufrieden ein bisschen Heu aß, verabschiedete Rosé sich, mit einem letzten kleinen Klaps auf den Hals, von ihrer Stute.
Lächelnd trat sie aus dem Stall heraus. Es gibt nichts besseres, als ein schöner ruhiger Ausritt. , dachte sie und wollte gerade zu ihrem Fahrrad gehen als sie ihn sah.
Er stand bewegungslos neben dem Zaun zur Koppel. Sein Haare waren Silbern, aber er schien erst Anfang zwanzig zu sein. Außerdem hätte Rosé schwören können, dass seine Augen leicht schräg waren und dass unter seinem Haare spitze Ohren hervorlugten. Als Rosé kurz die Augen schloss und sie dann wieder aufschlug, war der merkwürdige Mann verschwunden.
Rosé schüttelte einmal den Kopf und verbuchte diese Erscheinung auf eine Sinnestäuschung. Obwohl sie immer noch nicht ganz glaubte, dass es eine Halluzination war.
So schnell sie konnte fuhr sie nach Hause. Vor ihrem Haus stellte sie fest, dass sie die Strecke für die sie sonst zwanzig Minuten brauchte in zehn Minuten bewältigt hatte. „Wovor bin ich den geflohen? Da war doch gar nichts.“
Immer noch Kopf schüttelnd trat Rosé in dir Wärme des Hauses. Ihre Mutter saß inzwischen im Wohnzimmer und las. John war längst auf dem Weg zu dem Buchladen der Familie und würde erst zum Mittagessen wiederkommen. Rita sah von ihrem Buch auf und sah ihre Tochter an. Rosé fragte sich, ob ihr Gesicht wohl sehr gehetzt aussehe.
„Was ist los? Ist etwas passiert?“, fragte Rosés Mutter besorgt und legte ihr Buch zur Seite.
Rosé ließ sich auf einen roten Sessel fallen und sah ihre Mutter lange an. Sie wusste nicht, ob sie ihrer Mutter von der Begegnung mit dem Mann erzählen sollte. Womöglich hielt Rita sie dann für verrückt, aber andererseits konnte Rosé ihrer Mutter immer die Wahrheit sagen.
Sie begann stockend zu erzählen: „Ich hatte gerade Silver weggebracht und bin aus dem Stall gegangen, als ich da draußen so einen komischen Mann stehen sah. Er war groß, hatte silbriges Haar, wie echtes Silber so glänzend, er hatte schräge Augen und ich denke echt, dass er spitze Ohren hatte. Ich habe nur kurz weggesehen und dann war er weg.“
Rita schaute ihre Tochter lange an, bis sie was sagte.
Sie sprach langsam, genau darauf bedacht was sie sagte: „Ich denke du hast dich getäuscht. Vergiss es am besten einfach, o.k?“
Sie lächelte. Rosé nickte langsam und stand auf. Bevor sie das Zimmer verließ sah sie noch, wie ihre Mutter nachdenklich aus dem Fenster schaute und ihr Gesicht hatte einen leicht besorgten Gesichtsausdruck. Dann wand Rosé sich zum Gehen. Langsam schleppte sie sich die Treppe hoch, stieß die Tür in ihrem Zimmer auf und ein Geruch nach Rosen schlug ihr entgegen.
Sie schloss die Tür hinter sich und schaute sich im Zimmer nach dem Gegenstand um, das diesen Geruch verströmte. Er stand auf ihrem Schreibtisch. Eine Vase voller roter Rosen und vor der Vase lag eine Karte. Rosé erkannte sofort Svens ungelenke Schrift wieder und musste unwillkürlich lächeln. „Es tut mir leid. Dein Sven!“
Zwei einfache Sätze die Rosé das Herz erwärmten. Ja, manchmal war Sven ein Idiot, aber sie wusste trotzdem noch warum sie ihn liebte.
Sie stellte die Vase auf die Fensterbank und hängte die Karte an eine Pinnwand neben der Tür. Dann streifte sie ihre schmutzigen Reitsachen ab und warf sie in die Wäsche. In ein Handtuch gewickelt flitzte sie über den Flur in das große Badezimmer. Sie schloss die Tür ab und stellte sich sofort unter die Dusche. Rosé ließ ein paar Minuten lang nur das warme Wasser über ihren Kopf, ihre Schultern und ihren Rücken laufen. Aus einem Korb fischte sie sie ihr Lieblingsshampoo mit Pfirsichgeruch und seifte ihre Haare ein.
Nach zwanzig Minuten war sie mit dem duschen fertig und sie fing an sich abzutrocknen. Rosé wickelte ihre Haare in ein Handtuch und schlüpfte in ihren olivgrünen Bademantel. In ihrem Zimmer setzte Rosé sich an ihren Schreibtisch, stützte ihren Ellbogen auf das Holz und betrachtete lächelnd die Rosen von Sven. Da ging plötzlich die Tür einen Spalt auf und Shakespeare schob sich in den Raum. Mit lautem Miauen stolzierte er zu Rosé rüber und sprang ihr auf den Schoß. Sie kraulte den Kater am Kopf und betrachtete weiter die Rosen, während ihre Gedanken weit weg schweiften.
Gegen zwei Uhr Nachmittags rief Rita ihre Tochter zum Essen. Familie Engel saß diesen Tag schweigsam beisammen. Auch das Gesicht ihres Vaters schien einen besorgten Zug angenommen zu haben, bemerkte Rosé. Johns Blick huschte immer wieder besorgt zu seiner Tochter rüber und immer wieder senkte er seinen Blick wenn ihre Blicke sich trafen.
Da knallte Rosé plötzlich ihr Besteck auf den Tisch und sagte sichtlich entnervt: „Kann mir einer mal erklären was hier los ist? Seit ich von diesem komischen Typen erzählt habe, seid ihr total komisch drauf.“ Sie feuerte mehrere wütende Blicke auf ihre Eltern ab, doch als Rita nicht aufblickte und John sich noch weiter über das Essen beugte, gab sie auf und rannte aus der Küche. Polternd stieg sie die Treppe hinauf. Die Tür zu ihrem Zimmer riss sie mit einem gewaltigen Ruck auf, so dass sie gegen die Wand knallte und dort eine Scharte in der Tapete hinterließ. Rosé blieb den ganzen Abend auf ihrem Zimmer und brütete über ihre Eltern nach, bis sie schließlich vor Erschöpfung einschlief.
Am nächsten Morgen wurde Rosé von Shakespeare geweckt. Der Kater sprang elegant auf ihr Bett und legte sich dort auf Rosé Bauch. Sie hob träge den Kopf und schaute auf ihre Winnie der Pooh Uhr, die sie seit der Kindergartenzeit hatte und wegen vieler Erinnerungen nicht wegwerfen wollte. Es war halb neun. Rosé wunderte sich, warum sie so lange geschlafen habe. Ein Piepsen lenkte ihren Blick auf den Schreibtisch. Ächzend schob Rosé Shakespeare von ihrem Bauch und stand auf. Ihr Handy hatte das Piepsen verursacht. Die SMS war von Sven. „Hey Süße. Alles Gute zum Geburtstag! Ich komm später noch vorbei, o.k?“
Seufzend schrieb sie zurück. „Ist okay!“
„Mein sechzehnter Geburtstag und eigentlich wird es wieder nur ein Tag von vielen sein.“, dachte Rosé stumm bei sich. Schon oft hatte Rosé sich gewünscht, so zu feiern wie ihre Freundinnen in der Schule. Ihre besten Freundinnen Jana, Merle und Diana erzählten immer von ihren großen Partys bei Geburtstagen und von den vielen Geschenken die sie bekamen. Rosé hingegen hatte noch nie eine große Geburtstagsfeier und bekam meistens auch nur ein oder zwei kleine Geschenke. Meist störte sie dieser Umstand auch nicht, aber manchmal wünschte sie sich ihre Familie herbei, die eine riesige Party organisieren und ganz viele Geschenke für sie mitbringen. Doch diesen Traum hatte Rosé schon vor Jahren abgehackt und hatte ihn auch nie ihren Eltern gegenüber geäußert.
Sie schaltete ihre Anlage an und sang mit leiser Stimme zu Kelly Clarksons Song „A moment like this“.
Als Rosé zehn Minuten später unten in die Küche trat, war sie frisch geduscht, ihre Haare ordentlich gekämmt und umgezogen. Ihre Mutter saß bereits am Tisch und aß ein Spiegelei während sie, wie jeden Morgen, die Zeitung las. John war gerade dabei sich eine Tasse Kaffee ein zuschütten als Rosé sich zu ihnen an den Tisch setzte. Auf ihrem Teller lag ein Spiegelei und Brot. Langsam begann sie das Spiegelei zu essen, während sie die Begrüßungen ihrer Eltern ignorierte.
„Wir bekommen heute Besuch, Rosé.“, sagte ihre Mutter und brach so das Schweigen.
„Von wem?“, fragte Rosé ohne ihre Mutter anzublicken.
„Von meinen Eltern und einem Bekannten von ihnen. Sie wollen mit uns deinen Geburtstag feiern.“
Rosé sah ihre Mutter nur mit offenem Mund an. Das hatte Rosé nicht erwartet. Zum einen kannte sie die Eltern ihrer Mutter gar nicht und zum zweiten wäre dies das erste Mal das ihr Geburtstag (oder überhaupt der Geburtstag von einer Person der Familie) gefeiert wird.
„Deine Eltern?“
„Deine Großeltern.“
„Aber die kennen mich doch gar nicht. Warum wollen sie den jetzt plötzlich meinen Geburtstag feiern?“
„Deine Großeltern, Rosé, denken es wird an der Zeit, dass du sie kennen lernst und sie dich.“, mischte sich nun auch Rosés Vater in das Gespräch ein.
„Und wann kommen sie?“
„In etwa einer Stunden.“, antwortete Rita und betrachtete das Gesicht ihrer Tochter um zu schauen wie sie reagierte. Rosés Gesicht blieb jedoch komplett ausdruckslos. Auch erzählte sie nicht, dass Sven später vorbeikommen wollte.
Rosé stand auf und brachte ihr Geschirr zur Spülmaschine. Ohne ihre Eltern auch nur ein weiteres Mal anzusehen ging sie aus dem Raum und in ihr Zimmer. Dort drehte sie ihre Anlage ganz laut auf und warf sich aufs Bett. So blieb sie fast zehn Minuten liegen, bis sie schließlich zu ihrem Buch griff und sich wieder in die Welt der Worte vertiefte. Eine Stunde später klopfte Rita an die Tür ihrer Tochter. Rosé ließ sich Zeit bis sie aufstand und zur Tür trat. „Deine Großeltern sind da. Komm und begrüß sie.“
Rosé nickte nur und ging an ihrer Mutter vorbei Richtung Wohnzimmer. Auf dem Sofa in dem großen Wohnzimmer saßen zwei Menschen, die Rosé eher für ihre Tante und Onkel gehalten hätte, als für die Eltern ihrer Mutter. Die Frau hatte ihr schwarzes Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden, aus dem sich schon einzelne Strähnen lösten. Ihre grünen Augen standen leicht schräg und in Kombination mit ihren hohen Wangenknochen war sie eine sehr exotische Erscheinung. Sie trug ein grünes Fleece Shirt und Jeans, schien sich aber der Bekleidung nicht sehr wohl zu fühlen. Der Mann an ihrer Seite hatte schulterlanges blondes Haar, das er durch ein rotes Stirnband gebändigt hatte, und seine blauen Augen musterten Rosé wohlwollend. Seine Kleidung bestand aus einer verwaschenen Jeans und Hemd. Er schien sich, genauso wie seine Frau, in der Kleidung nicht Wohlzufühlen. Beide sahen irgendwie exotisch aus, aber man konnte auf jeden Fall eine Ähnlichkeit zwischen ihnen und Rosés Mutter erkennen. Als die Frau aufstand erkannte Rosé sofort, woher ihre Mutter ihre Anmut und Eleganz geerbt haben musste. Die Frau vor Rosé bewegte sich wie eine Tänzerin und als sie vor ihr stand streckte sie ihr eine schlanke Hand entgegen. Rosé ergriff die ihr dargebotene Hand und schüttelte sie.
„Rosé, es ist mir wirklich eine Freunde dich kennen zu lernen. Du siehst deiner Mutter sehr ähnlich.“ Ihre Stimme war wie ein Windspiel und klang wie ein zarter Singsang.
Nun stand auch der Mann auf und trat zu Rosé.
„Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Rosé. Mich freut es ebenfalls dich kennen zu lernen.“ Seine Stimme war kräftig, melodiös und von einer großen Sanftheit erfüllt. Rosé fand ihre Großeltern auf Anhieb sympathisch.
„Danke. Mich freut es auch euch kennen zu lernen.“, sagte Rosé zögernd, denn noch immer schüchterten diese exotischen Erscheinungen sie ein wenig ein.
„Oh, bevor wir es vergessen. Mein Name ist Cecilia und mein Mann heißt Narí. Und unser guter Freund hier heißt Lucen.“, sagte Rosés Großmutter, in ihrem Singsang. In diesem Moment trat ein Mann aus dem Schatten neben der Wohnzimmertür. Rosé starrte ihn nur erschrocken an. Es war der Mann den sie auf dem Hof gesehen hatte! Sein silbernes Haar war zu einem Zopf zusammengebunden und mit seinen kastanienbraunen Augen musterte er Rosé von oben bis unten. Er hatte natürlich keine spitzen Ohren! „Das war wohl eine Sinnestäuschung auf dem Hof!“, dachte sich Rosé.
„Es freut mich wirklich sehr dich kennen zu lernen, Rosé“, sagte der Mann, trat vor und machte eine leichte Verbeugung vor Rosé, „und herzlichen Glückwunsch zu deinem 15. Geburtstag. Dies ist ein besonderer Tag.“ Rosé sah ihn nur verständnislos an. Dann lächelte Lucen und versprühte seinen ganzen Charme. Rosé konnte nur leicht zurück lächeln.
„Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, meine Kleine.“, sagte ihr Vater nun, der sich vorher bewusst im Hintergrund gehalten hat. Er reichte ihr ein kleines in rotes Papier eingewickeltes Päckchen. „Geschenke?“, Rosé sah ihn fragend an, „Ist heute irgendwas besonderes?“ „Mach es einfach auf.“
Immer noch verwirrt, fing Rosé an das Papier von dem Päckchen abzureißen. Zum Vorschein kam ein in blauen Samt eingeschlagenes Kästchen. Mit zitternden Fingern öffnete sie das Kästchen. Auf rotem Samt lag ein Silberarmband mit kleinen Sternen dran. Rosé nahm die Kette aus dem Kästchen und legte sie sich um das linke Handgelenk. Sie betrachtete es noch einige Augenblicke, dann drehte sie sich zu ihrem Vater um und umarmte ihn. „Danke.“, flüsterte sie. Nun trat ihre Mutter vor und neben ihr stand Cecilia. In den Händen trug sie einen Holzkasten. „Nun kommt das wichtigste Geschenk, Rosé.“, sagte ihre Mutter mit einer, einer Krönung würdigen Stimme. Dann öffnete sie den Kasten und enthüllte eine lange Goldkette. Am Ende der Kette hing ein grüner Smaragd, in der Größe eines zwei Euro Stückes, in einer Goldfassung. Rosé stieß keuchend den angehaltenen Atem aus und hob gerade die Hand um die Kette zu berühren, doch da trat ihre Mutter einen Schritt zurück.
Rosé sah zu ihrer Mutter auf und blickte in das ernsteste Gesicht das sie je bei ihrer Mutter gesehen hatte. „Diese Kette ist ein Erbstück, Rosé. Immer wenn ein Kind in unserer Familie fünfzehn wird, wird ihm diese Kette gegeben. Rosé“, ihre Mutter stockte kurz und sprach dann langsam weiter, als ob sie sich genau überlegen müsste was sie sagt, „du hast sicher schon mal bemerkt, dass ich anders bin als viele Menschen. Ich esse nie Fleisch und sehe seit zehn Jahren genau gleich aus. Unsere Familie hütet schon lange ein Geheimnis und wir, ich und dein Vater, haben beschlossen dich in dieses Geheimnis einzuweihen wenn du volljährig bist, also heute.“ Rosé unterbrach ihre Mutter: „Volljährig? Aber man ist doch erst mit achtzehn volljährig!“ Rosé sah ihre Mutter verwirrt an. Diese schaute immer noch ernst drein. „Nein, bei unserem Volk ist man mit fünfzehn volljährig. Rosé unsere Familie besteht nicht aus Menschen. Wir sind und waren immer etwas Magisches.“ Rosé sah ihre Mutter immer noch verständnislos an. „Rosé, du bist eine Elfe!“

3.
„Eine Elfe?“ Rosé sah ihre Mutter entsetzt an. Diese nickte nur. „Wir wissen das das jetzt im ersten Moment sehr schockierend für dich ist, aber es ist wichtig das du es erfährst.“, sagte Rosés Vater und trat auf seine Tochter zu. „Aber ich hab keine Flügel oder so!“, Rosé wurde vor Schock lauter. „Das sind die Feen! Von den kleinen nervigen Dingern gibt es in Valon jede Menge.“, sagte Lucen und schaute Rosé forschend an. „Feen? Valon?“ Rosé kam sich vor wie im falschen Film und was alles noch schlimmer machte, alle schauten sie mit einem mitleidigen Blick an. „Feen sind kleine Menschen mit Flügeln. Sie sind ungefähr so lang wie mein Unterarm und Valon ist das Reich der Elfen. Es ist in vier Teile aufgeteilt die jeweils durch Flüsse voneinander getrennt sind. Hier ist eine Karte! Die kannst du dir gerne anschauen.“ Narí, Rosés Großvater, trat vor und breitete auf dem Wohnzimmertisch eine Landkarte aus. „Hier ist das Reich „La Energía“. Von der Stadt „Ciudad de las competencias“ aus regiert die jetzige Elfenkönigin Namarí. Dieses Reich ist das größte von allen und hier„ Er zeigte auf eine Linie die sich an der Grenze des Reiches wand „-ist der Fluss Andora und zwischen ihm und dem Fluss Dentalia liegt „La Tierra“. La Tierra ist besonders für den Wald bekannt der sich über das ganze Land erstreckt bekennt. Elfen die von da kommen nennt man auch oft Waldelfen und die nervigen kleinen Dingern, wie unser Freund Lucen es ausgedrückt hat, gibt es nirgendwo mehr als dort. Nun das nächste Reich wäre „Caudaloso“ und dort ist der Fluss Rumos, dann „El Incendio“ und der Fluss Undos. Dann das fünfte und letzte Reich „El Aire“ und der Fluss Kandra.“ Obwohl Rosé immer noch geschockt war trat sie nun vor und zeigte auf eine große rot gemalte Fläche in der Mitte der Karte. Jeder der Flüsse schien dieser Fläche zu entspringen und war ebenfalls rot.
„Was ist das und warum ist das rot?“
„Weil das Wasser in den Flüssen und in dem riesigen See wirklich von scharlachroter Farbe sind. Einer Legende nach war „Lágrimas de sangre“ nicht immer rot und trug auch nicht immer diesen Namen.“, antwortete Cecilia prompt. Doch Rosés Frage war immer noch nicht ganz beantwortet. Also hackte sie nach und bekam eine ganze Antwort. „Der Legende nach soll vor 500 Jahren der Königin Jarvandia die Blume der Elemente gestohlen worden sein. Diese Tat sollten der Legende nach die Armik, die Monster einer anderen Welt, begangen haben. Durch die Trauer um den Verlust der Blume weinte Königin Jarvandia rote Tränen und färbte somit die Flüsse und den See. Und dadurch bekam der See seinen Namen, der nämlich „Bluttränen“ bedeutet. Das Wasser in den Flüssen und dem See kann man seitdem nicht mehr trinken, aber zum Glück gibt es überall in Valon zerstreut kleine saubere Seen.“
Als Rosés Mutter geendet hatte schwirrte Rosé der Kopf, wegen der vielen Informationen die er verarbeiten musste. Vieles verstand sie nicht was ihre Familie ihr gerade erzählte und vieles wollte sie nicht verstehen. Aber was sie am meisten schockte war, dass ihr Leben gerade durch ein paar einfache Sätze komplett aus den Fugen geraten ist. Erst als Lucen ihr ein weißes mit blauen Ornamenten besticktes Tuch reichte merkte sie, dass ihr Tränen über die Wangen liefen und auf ihr T-Shirt tropften.
„Bist du auch ein Elf?“, mit dieser Frage wand sie sich nun an ihren Vater. Dieser schüttelte den Kopf.
„Das heißt ich bin ein Mischling!“ Es war keine Frage, sondern nur eine nackte Feststellung, ausgesprochen ohne die kleinste Gefühlsregung. „Nein, das darfst du niemals denken.“, sagte ihre Mutter schnell, „Du bist eine der neuen Generation. Halb Elfe und halb Mensch. Das ist nicht Schlechtes.“ Durch diese Versicherung leicht beruhigt, ließ Rosé sich nun langsam auf den Stuhl hinter ihr sinken. „Was heißt das für mein restliches Leben? Werde ich jetzt weiter die Lüge leben die ich die letzten fünfzehn Jahre gelebt habe?“ In ihrer Stimme verbarg sich eine Anklage an ihre Eltern. Ihr Vater schien dies nicht zu bemerken, doch ihre Mutter fuhr unter ihren Worten leicht zusammen. Sie sah ihre Tochter entschuldigend an, als wollten sie Rosé um Verzeihung bitten ohne zu sprechen. >Sag es, hör auf nur so auszusehen. Bitte mich um Verzeihung oder findest du das nicht angebracht. Happy Birthday, Süße!


Caroline, Rosés beste Freundin.
Alles Gute und sorry nochmal
Das ich gestern nicht kommen konnte.


Kevin
Rosé musste schmunzeln. Natürlich war sie nicht sauer auf Kevin aber er machte sich um so etwas immer gerne Sorgen.
Alles Gute zum Geburtstag, Kleine
hoffe du hast einen schönen Tag
und hast du Lust später mit in die Mall zu kommen?
Schreib einfach schnell zurück


Laura
>Ja, ein wunderschöner Tag. Heute hab ich herausgefunden das mein bisheriges Leben eine einzige Lüge war<, dachte Rosé betreten und schrieb Laura, dass es ihr nicht gut ginge und sie deswegen nicht in die Mall komme. Die letzte Nachricht war nur von ihrem Handy-Anbieter. Rosé legte ihr Handy neben sich auch den Nachttisch und vergrub dann ihr Gesicht in den weichen Kissen. Ein paar Minuten später stand sie auf und ging zu dem Spiegel an ihrem Kleiderschrank. Sie nahm sich ihren Lieblingskamm (mit Hello-Kitty drauf, nicht das sie ein Fan wäre, aber der Kamm gefiel ihr einfach) und fuhr damit durch ihre Haare. Als sie wieder vorzeigbar war legte sie den Kamm zu Seite und setzte sich auf den Stuhl vor dem Fenster. >Wie soll ich meinen Freunden erklären, dass ich mehrere Wochen verschwinde? Was wird in Valon passieren? Was ist wenn alles nur ein Missverständnis ist und ich zu nichts zu gebrauchen bin für sie? < Über solche und ähnliche Fragen machte Rosé sich Gedanken, als ihre Tür aufging. Ein trat ihr 1.78cm großer Freund. Seine braunen Haare waren wie immer leicht verwuschelt und seine meerblauen Augen blitzen frech aus ihren Höhlen. Ja, manchmal war er ein richtiger Idiot, aber Rosé wusste genau warum sie sich in ihn verliebt hatte. Auf seinem Gesicht breitete sich ein Grinsen aus als er sie ansah. In der Hand hielt er ein wunderschön eingepacktes Päckchen. Mit einer unglaublich großen roten Schleife drauf. Rosé musste leicht schmunzeln. Sie sah Sven förmlich vor sich wie er hochkonzentriert die Schleife gebastelt hatte. Er trat einen Schritt vor und schloss dann die Tür hinter sich. Dann breitete er die Arme aus, als wolle er die ganze Welt umarmen.
„Happy Birthday, Rosé.“ Mit diesen Worten trat er auf sie zu, hob sie hoch und wirbelte Rosé einmal herum. Rosé lachte als er sie wieder absetzte. Dann beugte er sich vor und küsste sie ganz leicht. Sein Grinsen schien sich in sein Gesicht gebrannt zu haben, nachdem er von Rosé abließ. Er stand immer noch dicht vor ihr, als er ihr das Päckchen reichte. Rosé nahm es lächelnd entgegen, trat einen Schritt zurück und machte es auf.
Zum Vorschein kam ein silberner Bilderrahmen mit einem Bild von Rosé und Sven und eine kleine Karte. Rosé überflog die Karte, darauf stand ein süßes kleines Gedicht und Sven hatte es sogar soweit fertig gebracht eine Kerze drauf zu malen und man konnte sogar erkennen was es darstellen soll. Sie stellte das Bild auf ihren Schreibtisch und lächelte Sven strahlend an. „Danke! Es ist wunderschön.“
„Für dich nur das Beste.“, sagte er und grinste. Rosé trat auf ihn zu und küsste ihn. Er schlang die Arme um sie. Ein paar Augenblicke später löste Rosé sich von ihm. Sven strich mit seiner Hand ihren Rücken auf und ab. Plötzlich viel Rosé alles wieder ein. Alles was vor ungefähr einer Stunde im Wohnzimmer der Engel passiert ist. Wie sollte sie ihm erklären dass sie in einer Woche für eine Zeit lang weg ist. ´Ach Sven, sorry aber ich bin nächste Woche weg, weil ich helfen muss die Welt der Elfen zu retten. ´ Nein, sie konnte es ihm nicht so sagen. Auch anders wird es sehr schwer fallen. Während sie in ihren inneren Monolog vertieft war betrachtete Sven sie besorgt. „Alles in Ordnung?“, fragte er sie und strich ihr mit dem Daumen sanft über die Stirn. Rosé wusste, dass sie ihm nicht die Wahrheit sagen konnte. „Ja, alles in Ordnung, aber du kannst nicht lange bleiben. Um ehrlich zu sein musst du schon in ein paar Minuten gehen.“ Er runzelte die Stirn. „Warum´n das?“ Rosé biss sich auf die Lippe. Eine ihrer schlechten Angewohnheiten, wenn sie nervös war und das wusste Sven auch.
Der Blick den er ihr zuwarf war deutlich misstrauisch und Rosé sah den Zweifel in seinen Augen. „Ich möchte es dir nicht so gerne erzählen.“
Sven nickte langsam und fragte dann: „Heißt das ich soll jetzt gehen?“
Rosé hasste es ihn so verletzten zu müssen, aber ihr viel nichts anderes ein. „Ja.“, sagte sie kleinlaut. Sven nickte wieder, ließ Rosé los und ging langsam Richtung Tür. Bevor er durch die Tür verschwand sagte sie noch schnell: „Es ist wirklich nicht wegen dir. Es hat was mit meinen Eltern zu tun. Sie meinten, das sie etwas Wichtiges mit mir bereden wollen.“
„Ist schon okay. Bis bald dann. Wir sehen uns ja in der Schule.“ Sven warf ihr ein warmes Lächeln zu und verließ dann den Raum.
Rosé schlug sich mir der Hand gegen die Stirn. Sie hasste sich für ihre eigene Dumpfheit. Da kam Sven schon nach einem Streit und entschuldigt sich und sie muss ihn wegschicken.
Sie stellte das Bild auf ihren Schreibtisch. Ein paar Sekunden stand sie nur da und betrachtete es. Ihre Gedanken überschlugen sich. Als hätte man als fünfzehn Jährige nicht genug Probleme. Schule, Freunde, Familie und jetzt soll sie auch noch eine ihr fremde Welt retten.
„Wenn das mal nicht gewaltig schief läuft!“, murmelte Rosé vor sich hin.


4.
Eine Woche später hatte Rosé ihre Sachen gepackt. Da weder sie noch ihre Eltern wussten wie lange sie in der Elfenwelt sein wird, hatte sie so viel Kleidung eingepackt wie in ihre Sporttasche passten. Nun zog sie den Reißverschluss der Tasche zu, nachdem sie noch ein Buch reingelegt hatte. Sie sah sich ein letztes Mal in ihrem Zimmer um und fragte sich, wann sie wohl wieder zurückkommen würde. Von ihren Freunden hatte sie sich nicht verabschieden können, da ihre Eltern sie ab Morgen krankmelden werden.
Sie hängte sich die Sporttasche um und machte sich auf den Weg nach unten. Dort warteten ihre Eltern. Ihre Mutter sah wunderschön aus, wie jeden Tag doch ihr Gesicht wies heute einen besorgten Zug auf, den sie aber zu verbergen versuchte. Ihr Vater ganz im Gegenteil trug seine Gefühle offen zu Schau. Sein Gesicht ist von Sorge und Angst gekennzeichnet.
„Pass gut auf dich auf.“, sagte ihre Mutter nachdem sie sie einmal fest umarmt hatte. „Mach ich.“, murmelte Rosé. Es klopfte. Rosés Vater ging los um aufzumachen, während ihre Mutter bei ihr im Flur stehen blieb. „Du musst immer auf dich vertrauen, Rosi. Und denk immer dran: Die Welt der Elfen und der Armik ist durchdrungen von Magie, nicht alles ist das was es zu sein scheint.“ Rosé sah ihre Mutter an und versuchte sich an ein Lächeln, das ihr aber sofort wieder vom Gesicht rutschte. „Kommt ihr?“, die Stimme ihres Vaters klang laut durch den Flur des Hauses. Rosé machte sich Richtung Haustür auf und hoffte an der Tür ihre Großeltern zu sehen, doch vor ihr stand Lucen. Das silberne Haar locker im Nacken zu einem Zopf gebunden und mit einem spöttischen Blich wartete er dort auf Rosé. „Komm schon. Wir müssen uns beeilen. Ich kann die Pforte nicht ewig offen halten.“
„Ja! Ich hab es verstanden.“, erwiderte Rosé gereizt. Lucen zog fragend eine Augenbraue hoch, doch sie achtete gar nicht darauf, sonder umarmte ein letztes Mal ihre Eltern. „Wir können!“ Rosé Stimme klang tonlos, nichts wies auf den emotionalen Sturm in ihrem Inneren hin. Der Elf nickte kurz und ruckartig. Er nahm ihr die Sporttasche ab, ohne auf ihre Proteste zu achten und ging durch den Vorgarten auf das kleine Tor zu. Rosé folgte ihm schweigend. Ihre Schritte waren auf dem mit gefallenen Blättern ausgelegtem Weg kaum zu hören. Ein Eichhörnchen huschte auf den nächsten Baum und verbarg sich hinter dessen Blättern. Wehmütig schaute Rosé dem Eichhörnchen hinterher und wünschte sie könnte ebenfalls einfach auf einen Baum klettern und sich dort vor der Welt verstecken. Das Quietschen des Tors riss sie aus ihren Gedanken. Vor dem Haus stand ein schwarzer Wagen mit offener Beifahrertür. Lucen war bereits eingestiegen und wartete ungeduldig darauf, dass Rosé seinem Beispiel folgte. Sie sah ein letztes Mal zu ihrem Haus zurück. In der Tür standen ihre Eltern festumschlugen gaben sie sich gegenseitig Halt. Rosé hob die Hand zu einem letzten sehnsüchtigen Winken und stieg dann ein. Lucen ließ den Wagen an und fuhr los. Die Stimmung in dem Auto waren zum Zerreißen gespannt und keiner der beiden sagte auch nur ein Wort. Rosé starrte ihre Hände an, die gefaltet in ihrem Schoß lagen und fragte sich wie lange sie wohl in Valon bleiben muss und was sie dort erwartet. Und immer noch hatte sie unglaublich viele Fragen die sie am liebsten sofort gestellt hätte, aber sie würde lieber sterben als Lucen zu fragen, der immer so kühl und unfreundlich ihr gegeüber war. Doch dieser schien ihre innere Unruhe zu bemerken und schaut sie hin und wieder fragend, aus dem Augenwinkel an. Womöglich besaßen Elfen einen sechsten Sinn oder ähnliches, dachte sich Rosé im Stillen.Schießlich seufzte Lucen laut und sagte: „Nun frag schon oder sag, was auch immer du sagen willst.“ Rosé sah ihn verblüfft an und runzelte die Stirn. „Wie kommst du darauf, dass ich etwas fragen oder sagen will.“ Ihr Ton war schnippischer als sie beabsichtigt hatte und sie versuchte sich nicht ansehen zu lassen, dass er mit seiner Aufforderung ins Schwarze getroffen hatte. Seine Mundwinkel hoben sich zu einem leichten Lächeln. Das allein schockte Rosé schon sehr, da sie nicht erwartet hatte das der kühle, ernste Elf zu so etwas wie einem Lächeln im Stande war, doch dann sagte er auch noch mit ungewöhnlich sanfter Stimme: „Man sieht dir an das du auf irgendwas rumkaust. Wenn du mich was fragen willst, kannst du das gerne tun. Dafür bin ich da! Man hat mir befohlen dir alle Fragen zu beantworten die du stellst … Naja, fast alle Fragen.“ Und immer noch lag dieses leichte Lächeln auf seinem, wie Rosé plötzlich feststellte, jungen und attraktiven Gesicht.
Rosé hatte sich bis jetzt nicht getraut ihn weiter zu betrachten, da er sie sonst immer mit einem kalten und manchmal sogar furchteinflößenden Blick bedacht hatte. Er hatte feine Züge, die beinahe aristokratisch wirkten. Eine gerade schmale Nase saß über einem fein geschwungenem Mund. Die kastanienbraunen Augen besaßen einen goldenen Schimmer, wenn er ins Licht sah.
Plötzlich wurde Rosé bewusst, dass Lucen sie fragend ansah, immer noch die Spur eines Lächelns auf dem Gesicht. „Ähm ja … Ich hab Fragen, aber ich will sie jetzt nicht unbedingt hier im Auto stellen.“ Ihre Stimme war kaum zu hören, trotz der Stille im Wagen, doch Lucen schien kein Problem zu haben sie zu verstehen. Er zuckte gleichgültig mit den Schulter, als sie es ihm egal wo und wann Rosé ihn mit Fragen bombadierte, und konzentrierte sich wieder auf die Straße vor ihnen. Nun trat wieder das allbekannte Schweigen zwischen ihnen ein und auch das Lächeln war aus Lucens Gesicht gewichen.
Schließlich wurde es Rosé dann aber auch zu ruhig. Sie beugte sich nach vorne und fing an, an dem Autoradio herumzuhantieren. Nach einigen Sekunden setzte die Stimme von Samu Haber der Stille ein Ende. Leise summte Rosé den Song „Fairytale gone bad“ mit und achtete nicht mehr weiter auf Lucen oder wohin er sie fuhr.Obwohl sie auch, als sie einmal einen Blick aus dem Fenster warf, nicht viel zu sehen hatte und das lag nicht nur an der langsam eintretenden Dunkelheit. Sie fuhren eine lange Landstraße entlang, mit mehr Schlaglöchern als Rosé in ihren ganzen bisherigen Leben gesehen hat. Bis auf hin und wieder ein einsames Straßenschild, bekamen sie dort nichts zu sehen.
Sie fuhren noch lange weiter und es war inzwischen dunkel, als Lucen endlich anhielt. Rosé bemerkte nicht wie er ausstieg und erschrak als er mit den Fingerknöcheln an das Fenster klopfte. Mit einem leisen Fluch stieg sie aus und funkelte Lucen wütend an, doch der tat als bemerke er es gar nicht. Dein Glück, dass Blicke nicht töten können, dachte Rosé still bei sich. Lucen hatte bereits ihre Sporttasche aus dem Kofferraum des Wagens geholt.
Rosé trat zu ihm und versuchte ihre Wut zurückzuhalten, obwohl das bei Lucens stets herablassenden und spötischen Lächeln nicht einfach war.
Schließlich sah sie sich um. „Hier ist doch gar nichts!“, sagte sie anklagend. Lucen schnaubte genervt und griff dann plötzlich in seine Jacke. Herraus zog er einen schlichten Dolch. Erschreckt wich Rosé einen Schritt zurück und sah Lucen ängstlich an, doch dieser beachtete sie gar nicht. Er hieb mit einer geschmeidigen Bewegung, die von seiner Erfahrung mit solchen Waffen zeugte, durch die Luft, als wolle er sie zerschneiden. Es schien, als hätte er wirklich einen Spalt in die Luft geschnitten. Eine dünne, golden leutene Linie folgte dem Lauf des Dolches durch die Luft und wurde, nachdem Lucen den Dolch wieder weggesteckt hatte langsam größer, bis ein ausgewachsener Mann durch gepasst hätte. Rosé blinzelte ein paar Mal und versuchte dann einen Blick in den Spalt zu werfern, doch außer ein das grelle goldenen Licht konnte sie nichts sehen und somit auch nicht was sich auf der anderen Seite befand.
Sie schluckte einmal.“Ist das das Portal?“
Lucen nickte ernst und schnappte sich Rosés Tasche. Dann hielt er ihr seine Hand hin. Noch ganz betäubt vom Anblick des Portals legte Rosé ihre Hand in die von Lucen, der sie dann sanft aber doch bestimmt durch das Portal zog.
Gleißendes Licht umfing die beiden und Rosé währe in Panik geraten, wenn da nicht der warme Händedruck von Lucen währe, der sie auf eine merkwürdige Art beruhigte.
Schließlich erlosch das Licht und Rosé konnte eine große Wiese erkennen. Hier in Valon schien die Sonne hoch am Himmel und es roch nach Sommer. Exotisch aussehende Blumen sprossen auf der Wiese. Sorten die Rosé noch nie gesehen hat. Am liebsten hätte sie einen Blumenstrauß gepflückt und mit nach Hause genommen, aber sie wusste nicht ob das möglich ist. Sie nahm sich vor kurz vor ihrer Abreise zurück nach Hause um Erlaubnis zu fragen.
„Wir müssen noch ein paar Meilen zurücklegen bevor wir im Schloss unserer Königin ankommen.“, sagte Lucen der natürlich von der Schönheit die ihn umgab unbeeindruckt blieb.
Rosé nickte nur knapp und wollte sich gerade, mit ihrer Tasche in der Hand, die sie Lucen abgenommen hatte, in Bewegung setzten, als dieser sie aufhielt.
Verwirrt schaute sie ihn an. „Wir gehen nicht zu Fuß. Gleich müssten ein paar Männer der Königin kommen um uns abzuholen.“ Natürlich, warum ist sie nicht selber darauf gekommen, dachte Rosé sarkastisch. Schlecht gelaunt setzte Rosé sich auf das Gras neben ihrer Tasche. Lucen betrachtete sie amüsiert und setzte sich neben sie. Sie warteten über zwei Stunde, jedenfalls kam es Rosé so vor und Uhren funktionieren in Valon leider nicht, als endlich fünf Männer auf drei der wunderschönsten Pferden die Rosé je gesehen hatte ihnen entgegen kamen. Zwei von ihnen führten außerdem zwei weitere Pferde an langen Zügeln neben sich her. Die Männer waren in braunen Reithosen und einem Wams mit einem merkwürdigen Symbol darauf gekleidet. Als sie bei ihnen ankamen wechselten sie einige Worte mit Lucen in einer wunderschönen melodischen Sprache. Rosé verstand natürlich kein Wort, weshalb sie Lucen auch fragend ansah, als der sich endlich wieder zu ihr umdrehte.
„Sie sagen, dass wir bereits erwartet werden und entschuldigen sich für die Verspätung. Sie mussten sich noch um eine wildgewordene Fee auf ihrem Weg hier her kümmern.“
Eine wildgewordene Fee? Das war ja mal eine originale Ausrede, dachte Rosé sich. Dann stieg auch schon einer deiner Reiter ab und kam auf sie zu. Er sah jung aus, doch Rosé war sich nicht sicher ob man bei Elfen überhaupt am Gesicht ihr wahres Alter erkennen kann.
Er lächelte sie freundlich an und führte sie zu einer schönen braunen Stute. Der Reiter wollte ihr beim Aufsteigen helfen, doch Rosé schnappte sich einfach die Zügel der Stute und sprang von alleine auf das Pferd. Der Elf starrte sie erst überrascht von unten an, konnte sich dann aber doch ein Lächeln nicht verkneifen. Auch die anderen Elfen lächelten freundlich, nur Lucen hatte wieder seine finstere Miene aufgesetzt und schnaubte abfällig. Mit einer fließenden Bewegung schwang er sich auf sein Pferd und wechselte dann wieder ein paar Worte in dieser melodischen Sprache mit dem Elf, der anscheinend sowas wie der Anführer dieser Elfen war. Dieser nickte knapp und wendete dann sein Pferd. Sie schlugen den Weg ein aus dem die Reiter gekommen sind.
Lange Zeit schwiegen alle, bis auf den Elfen, der Rosé aufs Pferd helfen wollte und nun rechts neben ihr ritt, anfing zu singen. Die Melodie des Liedes war fröhlich und ebenfalls in dieser seltsamen Sprache gesprochen.
Rosé wand sich leise an Lucen der links neben ihr ritt. „Was ist das für eine Sprache?“ An Stelle von Lucen jedoch, antwortete der Elf rechts neben Rosé auf ihre Frage.
„Es gibt keinen wirklichen Namen für diese Sprache. Jedenfalls keinen den jemand von uns aussprechen könnte.“, er zwinkerte Rosé freundlich zu und fuhr fort, „Viele nennen sie deswegen einfach Elfisch.“
Rosé sah den Elf überrascht an. „Du…du sprichst unsere Sprache?“ Rosé senkte ihren Blick. „Ja, kann ich. Ich habe eine Zeit lang in eurer Welt gelebt. Es war eine schöne Zeit.“ Der Elf schaute verträumt in die Ferne. Dann schien ihm etwas einzufallen und er sagte: „Oh, wir haben ganz vergessen uns vorzustellen. Ich bin Lavin und das sind Vanalin und Kevin.“ Lavin zeigte nacheinander auf die anderen beiden Elfen, die Rosé freundlich zunickten. „Kevin?“, fragte Rosé ein wenig verwirrt, „Hört sich nicht gerade wie der Name eines Elfen an.“
Kevin lachte laut auf, sodass sich ein paar Vögel in der Nähe in ihrer Ruhe gestört fühlten und laut anfingen rum zu zwitschern. „Meine Eltern lebten schon ein paar Jahre auf der Erde als sie mich bekamen. Also bin ich auf der Erde geboren und meine Mutter bestand darauf mir einen Irdischen Namen zu geben.“ Er lachte wieder auf. „Mein Vater war nicht so begeistert. Er wollte, dass ich Nurín heiße. Ich bin froh, dass sich meine Mutter durchgesetzt hat.“
Nun war Rosé ganz überfordert. „Moment mal…Du hast auf der Erde gelebt?! Und du warst auch schon auf der Erde?!“ Letztere Frage richtete sie wieder an Lavin. Der lächelte und antwortete geduldig: „Ja, ich habe zwei Jahre auf der Erde verbracht. Dort habe ich dann auch eure Sprache gelernt. Es war etwas änliches wie, das was ihr auf der Erde „Auslandsjahr“ nennt. Ich habe in der Schule viel über die Erde gehört und wollte dann sehen wie es wirklich ist. Und um auf Kevins Geschichte zurückzukommen: Es stimmt. Er ist auf der Erde aufgewachsen. Es ist den Elfen erlaubt dort zu leben, wenn wir uns nicht jemanden preisgeben, außer diese Person soll der Lebensgefährte werden.“
Das musste sich Rosé erstmal alles durch den Kopf gehen lassen. Es war verwirrend für sie zu wissen, dass es in Valon etwas wie „Auslandsjahr“ gibt und das es wirklich Elfen auf der Erde gibt die unter den Menschen leben, ohne je entdeckt zu werden. Möglicherweise war sogar einer von ihren Freunden ein Elf oder eine Elfe.
Lavin fing wieder an zu singen und diesmal stimmten auch Vanalin und Kevin in das Lied ein. Die Melodie war diesmal langsamer und machte Rosé schläfrig. Sie spürte die ruhigen Bewegungen der Stute unter sich und roch den Duft von Bäumen, aber ihr Geist schien immer wieder abzuschweifen, bis Lucen plötzlich sagte: „Ràs! Hört auf zu singen!“
Sofort verstummte das Lied der Elfen und Rosé wurde plötzlich wieder hellwach. Lavin sah sie bedauernd an. „Es tut uns leid. Wir vergaßen, was für eine Wirkung unsere Lieder auf Menschen haben können die nicht an sie gewöhnt sind. Elfische Lieder sollte man nicht unvorsichtig singen, da Elfisch eine magische Sprache ist. Sie kann etwas in der Welt bewirken.“ Er lächelte.
„Das musst du nicht verstehen.“, sagte Lucen abfällig ohne Rosé überhaupt anzusehen. „Warum? Denkst du ich bin da zu doof für?“, giftete Rosé ihn an. Sie fand es schrecklich, dass er sobald sie nicht mehr alleine waren sich so gemein und abfällig aufführen muss.
„Nein. Ich denke nur, dass es sich jetzt nicht lohnt dir das zu erklären da wir fast da sind.“, antwortete er fast sanft und deutete vor sie. Rosé hob ihren Blick und dann sah sie es.
Eine Stadt. Sie sah aus wie sich die meisten Eine Stadt aus dem Mittelalter vorstellen nur um einiges sauberer und unendlich schöner.
Inzwischen hat die Reitgruppe die ersten Häuser erreicht. Einige Elfen kamen ihnen entgegen und begrüßten sie mit freundlichen Rufen, aber natürlich sprachen sie alle Elfisch, sodass Rosé kein Wort verstand.
Geduldig übersetzte Lavin ein paar von den Sätzen die die Elfen ihnen zuriefen.
„Sie sagen: Sei gegrüßt, Menschenkind. Und die meisten rufen: Willkommen.“ Rosé lächelte und winkte den Elfen zu. Sie ritten noch einige Meter weiter, bis sie zu einer Art Stall gelangten. Als die anderen Elfen in Rosés Begleitung absaßen, nahm sie das als Signal ebenfalls abzusteigen. Aus dem Stall kamen einige Elfen heraus und nahmen ihnen die Pferde ab. Lavin wollte Rosé gerade an der Hand nehmen um sie in das Innere der Stadt zu führen, doch Lucen schlang ihr den Arm um die Taille. Verwirrt und auch ein wenig verlegen blickte Rosé zu Lucen, der aber nur seinen Blick auf Lavin gerichtet hielt. Dieser senkte leicht den Kopf und trat einen Schritt zurück. Rosé war verwirrt, ließ sich aber ohne Wiederspruch weiter in die Stadt hinein führen. „Ähm, ich kann auch alleine laufen!“, sagte Rosé mit leichtem Nachdruck. „Ich weiß!“
Rosé stutzte. Inzwischen fragte sie sich ernsthaft, wie dreist dieser Elf noch sein kann. Mit einiges an Kraftaufwand riss sie ihren Arm los und stolzierte dann neben Lucen her, der sich ein leichtes Grinsen nicht verkneifen konnte. „Was sollte diese Aktion vorhin?“, fragte Rosé wütend. Lucen setzte eine Unschuldsmine auf. „Was für eine Aktion?“
„Jetzt tu nicht so! Du weißt genau was ich meine!“, antwortete Rosé aufgebracht. Ohne es zu merken hatte sie ihre Stimme leicht erhoben. Ein paar Elfen, die ihnen auf dem Weg durch die Stadt zum Schloss begegneten schauten verwundert auf. Doch Rosé störte sich keineswegs an ihren Blicken und schaute weiter wütend zu Lucen auf, während sie neben ihm durch eine kleine Gasse zwischen den prächtigen Häusern eilte. Dem Schlosstor waren sie inwischen so nah gekommen, dass Rosé deutlich die in das Holz eingearbeiteten Einhörner sehen könnte. Vor dem Tor standen Wachen. Sie trugen verschiedenste Arten von Waffen und ihre Schwerter glänzten im Schein der Sonne. Als sie vor dem Tor standen wechselte Lucen ein paar schnelle Worte mit einem der Wachen. Dieser nickte kurz und griff an seinen Gürtel, wo neben seinem Schwert ein kunstvoll geschnitztes Horn hang. Er setzte es an seine Lippen und blies einmal laut hinnein. Das Horn erzeugte einen lauten Klang, der dann von einem der Wachtürme des Schlosses aus erwiedert wurde. Langsam began sich das Tor zu öffnen.
Rosé hatte das Gefühl, dass das Tor sich in Zeitlupe öffnete und verrenkte sich beinahe ihren Hals um etwas in der Burg erkennen zu können. Als das Tor schließlich vollständig geöffnet war konnte sie nur noch staunen. Die Steine im Burghofinneren waren schneeweiß und überall sah man trotzdem Pflanzen wuchern. Wunderschöne Kletterpflanzen rankten sich an den Mauern empor und präsentierten der Welt ihre wunderschönen Blüten. In der Mitte des Hofes war ein Springbrunnen der von Rosenbüschen umrahmt war. Die Blumen standen in voller Blüte und hatten den sattesten Rotton den Rosé je gesehen hatte.
Lucen ging direkt auf ein weiteres großes Tor direkt gegenüber des Burgtores zu. Doch sie achtete nicht mehr auf ihn. Rosé war zu faziniert von den wunderschönen Rosen und ging auf sie zu. Als sie schließlich neben dem Springbrunnen stand streckte sie ihre Hand nach einer der Rosen aus. Sie strich über die vollkommenen Blütenblätter und fuhr mit ihrer Hand am Stiel herab.

(Ich schreib so schnell wie möglich weiter...) :D

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Tag der Veröffentlichung: 15.11.2012

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