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Kapitel 1: Es ist Zeit das alte loszulassen




„Keine Liebe, keine Freundschaft kann unseren Lebensweg kreuzen,
ohne für immer eine Spur zu hinterlassen.“ (Francois Mauriac)




Katherines Sicht:
Genervt verdrehte ich die Augen über meine kleine Schwester, die schon wieder nichts anderes tat als Tagebuch zu schreiben. Sie war andauernd in ein Buch vertieft, entweder es war ihr Tagebuch oder ein anderes, in dem sie stundenlang lesen konnte. Ja, das machte sie auch am liebsten, lesen und schreiben.
„Bitte Elena, entspann dich mal! Sieh dir die Landschaft an! Sie ist wunderschön.“
Elena riskierte auf meine Aufforderung tatsächlich einen kurzen Blick aus dem Fenster.

Das sie auch bei fahrender Kutsche schreiben konnte war mir unbegreiflich, mir würde schlecht werden. Ich konnte nichts anderes tun, als mich zu unterhalten oder die Landschaft zu genießen.
„Ja, es ist sehr schön hier. Da kann man sicher gut spazieren können“, meinte sie schwach lächelnd und ich wusste genau das sie in diesen Moment an Elijah dachte.
Sicher stellte sie sich mit ihm zusammen in dieser Umgebung vor, wie sie spazieren gingen und sie sich gegenseitig ihre Liebe schwuren.
Das würde zu ihr passen.

„Wir sind gleich da, Miss Pierce und Miss Pierce“, rief der Kutscher und ich musste unwillkürlich grinsen.
Es war witzig, das wir den gleichen Namen hatten. So war es immer wieder interessant, wenn man uns gleichzeitig rief.
„Dort ist die Villa“, sagte Emily, unsere Zofe und zeigte dabei auf eine wunderschöne Villa.
Oh ja, hier konnte es mir gut gefallen.
Die Kutsche hielt an und Emily stieg als erste aus, dann half sie meiner Schwester und schließlich mir.

Sofort erblickte ich das Begrüßungskommando und dabei war ein gutaussehender junger Mann, der mich und meine Schwester fasziniert musterte.
Doch Elena beachtete ihn nicht wirklich, sie ließ ihren Blick in die Ferne schweifen und würdigte ihn kaum eines Blickes.
Der junge Mann kam auf uns zu und ich reichte ihm meine Hand, die er leicht küsste.
„Ich hoffe sie hatten eine angenehme Reise, Miss Pierce“, begrüßte er mich freundlich.
Genau musterte ich ihn.
Er war wirklich gutaussehend, diese starken Züge in seinem Gesicht, seine dunkelblonden Haare und seine hellbraunen Augen funkelten uns neugierig an.
Er war wirklich sehr gutaussehend.

„Bitte nennen sie mich Katherine. Ja, die Umgebung ist wunderschön, sie hat mir die Reise versüßt. Darf ich ihnen meine kleine Schwester vorstellen, sie heißt Elena.“
Er küsste auch Elenas Hand, doch ich merkte genau dass sie kein Interesse an den jungen Mann hatte. Das hatte sie nie. Sie träumte immer nur von Elijah.
„Angenehm, Mister Salvatore“, meinte sie höflich, aber knapp.
Er verbeugte sich nochmals vor uns beiden.
„Nennen sie mich Stefan, wenn sie wünschen werde ich ihnen das Haus zeigen“, bot er an.

Lächelnd harkte ich mich bei seinem dargebotenem Arm unter und er führte uns ins Haus.
Ich wusste dass Elena uns folgte und dabei ihren eigenen Gedanken nachhing.
Stefan zeigte uns die Villa.
Zuerst versuchte er uns gleichermaßen Aufmerksamkeit zu schenken, aber mit der Zeit wandte er sich immer mehr mir zu.
Das lag wohl an meinem Entgegenkommen und Elenas Desinteresse.
Sie zeigte jeden jungen Mann die kalte Schulter, weswegen sie sich schon bald voll und ganz mir zuwandten, da ich offener war und trotzdem genauso aussah.
Ein wenig erbärmlich dass sie es sich so leicht machten, aber irgendwie auch verständlich.


Am Abend nach dem Essen gingen wir unser tägliches Ritual durch und kümmerten uns gegenseitig um unsere Haare. Wir lösten unsere Frisuren und kämmten die Haare, der jeweilig anderen. Elena hatte im Gegensatz zu mir nur leicht gelockte Haare, aber es war schön ihre langen Haare zu kämmen. Das gab mir immer ein Gefühl von Frieden und Normalität, denn das hatten wir schon als Menschen so gemacht.
„Hast du heute Abend zugehört, Elena?
Stefan hat noch einen älteren Bruder, der im Krieg kämpft.
Damon Salvatore.
Aber er kommt in ein paar Tagen hierher zurück.
Ein Bruder für dich, der andere für mich.
Wie schon einmal.
Stefan ist wirklich charmant“, erzählte ich ihr, wohlwissend das sie kaum etwas mitbekommen hatte.

Sie seufzte nur. „Mir ist das egal“, sagte sie.
Natürlich das war es ihr immer, doch irgendwie musste ich sie zu ihrem Glück zwingen.
Wenn Damon halbwegs gutaussehend war, dann sollte ich die beiden verkuppeln. Wenn nicht würde ich ihr einen anderen charmanten jungen Mann suchen.
Sie sollte nicht Ewigkeiten Elijah hinterher hängen.
Sie sollte nicht ewig Trübsal blasen.

„Vergiss Elijah! Er war es auch der uns verraten hat. Er ist ein Vampir und hat dir nichts davon erzählt. Gleichzeitig hat er dir ewige Liebe geschworen!
Wie kann er davon sprechen, wenn du ihn noch nicht mal wirklich kennst.
Du wolltest eine Familie, heiraten und Kinder.
Selbst wenn er es ernst gemeint hat, so hätte er dir all deine Träume zerstört!“, hielt ich ihr die Sache ganz genau vor Augen.
Natürlich, Elijah war ein Gentleman.
Ein Ehrenmann.
Doch ich traute ihm genug Egoismus zu, das er meine Schwester mit in die Verdammnis gezogen hätte, wenn er sie wirklich für immer bei sich haben wollte.
Er hatte einfach zu viel Zeit mit seinem Bruder verbracht, so hatte er sich auch genug schlechte Seiten angeeignet.
Aber meine kleine gutmütige Schwester schien das nicht sehen zu wollen.

Sie seufzte nur.
„Ich weiß.
Aber es ist so schwer ihn zu vergessen.
Immer wenn ich allein bin muss ich an ihn denken und stelle mir vor, wie er schweigend neben mir sitzen würde und mich betrachten würde.
Manchmal hab ich das Gefühl seinen Blick so wirklich auf mir zu spüren.
Ich weiß nicht, vielleicht ist es Sehnsucht.
Vielleicht kann ich ihn aber auch einfach nicht vergessen.
Die Liebe, die zwischen uns war.
Ich kann sie einfach nicht abschalten oder vergessen.“

Mitfühlend betrachtete ich meine Schwester und umarmte sie von hinten.
So sah ich uns beide im Spiegel, mit traurigem Blick.
„Du musst loslassen, Elena.
Alles ist jetzt neu. Du bist neu, Elena.
Aber du klammerst dich an das alte.
Du klammerst dich an Helena. Aber du bist jetzt nicht mehr das schwache Mädchen von früher!
Du bist ein Vampir und ein außergewöhnlich starker, der die Gefühle von anderen so gut lesen und deuten kann, nur mit deinen eigenen scheinst du nicht zu Recht zu kommen.“

Elena schwieg.
Das bedeutete sie gab mir recht.
Zwar konnte ich nicht so gut die Gefühle von anderen verstehen, aber sie kannte ich.
Sie war meine Zwillingsschwester, meine beste Freundin.
Sie war der andere Teil meiner Seele.
Deswegen hatte ich auch nicht ohne sie sein können.
Deswegen hatte ich sie mit mir verflucht. Zwar sagte ich immer dass ich sie nur beschützen wollte, doch das war nur ein Teil der Wahrheit.
Ich liebte sie zu sehr und mein Egoismus war zu groß gewesen, um die Ewigkeit allein zu verbringen. Deshalb hatte ich sie verwandelt.
Ich wollte einfach nicht allein sein.
Aber jetzt war sie unglücklich.
Das wusste ich.
Und ich konnte das Gefühl nicht verdrängen, das auch ich daran einen Teil der Schuld trug und er für immer an mir haften würde.



Kapitel 2: Draußen im Garten





„Die Liebe ist geschwind ein Mann des Krieges: kann schießen, blind, von weitem treffen Liebes.“ (Unbekannt)


Elenas Sicht:
Ich saß draußen im Garten und las ein Buch, während Stefan und Katherine irgendwo herumtobten. Er war ihr bereits hoffnungslos verfallen. Ich hörte leise Schritte hinter mir, die sich versuchten anzuschleichen. Meine Schwester würde es schaffen und nicht einfach nur versuchen, also musste es ein Mensch sein. Wahrscheinlich ein Mann, seine Schritte waren schwerer.
„Halten sie es für höflich und angebracht sich bei einer Dame anzuschleichen“, tadelte ich, ohne denjenigen zu sehen, stand langsam auf und drehte mich zu einem überrascht aussehenden jungen Mann um.

Leicht legte ich den Kopf schief und sah ihn fragend an.
Er sah ziemlich erschlagen aus von meinem Anblick. Da ich wusste dass meine Schwester wunderschön war, musste ich zugeben dass auch ich es war.
„Entschuldigen sie, Miss…“
Er stoppte, da er offensichtlich nicht wusste wer ich war, aber er verbeugte sich sehr tief vor mir, bemüht seine Nachlässigkeit in Höflichkeit aufzuholen.
„Pierce, Elena Pierce“, half ich ihm und reichte ihn meine Hand, die er zärtlich in seine nahm und sie küsste.
Sanft streichelte er darüber.
„Damon Salvatore. Es ist mir eine große Freude sie kennenzulernen.“

Nach langem zögern ließ er meine Hand auch wieder los, obwohl ihm das gar nicht zu gefallen schien.
Leicht musste ich unter seinem Blick, den er mir unentwegt zuwarf, schmunzeln.
Er sah mich an als wäre ich eine Art Engel. Wie er sich darin doch täuschte. Ich war etwas ganz anderes.
„Sie wissen nicht zufällig, wo mein Bruder sich befindet?“, fragte er nach und ich sah ihn an, das er eine Antwort jetzt nicht mehr wirklich herbeisehnte.
Damon Salvatore, stimmt. Meine Schwester Katherine hatte erwähnt das Stefan einen älteren Bruder hatte, der im Krieg kämpfte, aber bald nach Hause kommen würde, da er Urlaub hatte.

Eine leichte Ähnlichkeit bestand schon, aber nur wenn man wirklich genauer hinsah.
Damons Gesicht schien nicht annähernd so streng zu sein, wie Stefans.
Viel weicher und offener.
Er hatte tiefschwarze gelockte Haare und seine Augen waren einfach nur außergewöhnlich. So ein blau hatte ich wohl noch nie gesehen.
Er war groß und trug die Uniform der Konföderierten.
Sein Grinsen war unglaublich markant, er hatte kein Allerweltsgesicht. Ihn würde ich wohl überall wiedererkennen.
„Er wollte mit meiner älteren Schwester spazieren gehen. Ich fürchte ich kann ihnen nicht sagen wann sie zurück sein werden“, erklärte ich ihm, aber wie als Zustimmung meiner Vermutung sah er weder traurig noch enttäuscht aus.

Ein klein wenig überrascht schien er vielleicht zu sein.
„Und er hat sie tatsächlich hier allein zurückgelassen?“, fragte Damon freundlich und auch ungläubig.
Das würde er nicht sein, wenn er meine viel offenere und fröhlichere Version kennen würde.
„Ich schätze es allein zu sein“, antwortete ich ihm ehrlich und gab ihm so zu verstehen, dass er meine Ruhe störte.
Doch das schreckte ihn nicht wirklich ab, er sah mich weiterhin grinsend an, vielleicht wurde es sogar noch ein Stück breiter.
„Dann bin ich hier wohl fehl am Platz und störe sie mit meiner Anwesenheit“, wagte er sich mutig voraus und ich musste über seine Forschheit lachen.

Er war wirklich sehr frech, allerdings auf eine charmante Art und Weise.
„Nun, jetzt sind sie hier.“
Das Leuchten wollte gar nicht mehr aus seinen Augen verschwinden. Er war wirklich ziemlich mutig.
„Darf ich sie dann noch weiter mit meiner Anwesenheit belästigen und sie auf einen Spaziergang einladen?“, fragte er und bot mir seinen Arm an.
Mein Herz setzte einen Moment aus und ich erstarrte. Auch wenn seine Worte ganz anders waren, so ähnelten seine Gesten doch einem Gentleman.
Wie Elijah es war.

Doch das durfte mich nicht ewig verfolgen.
Ich setzte ein freundliches Lächeln auf, klappte mein Buch zu und harkte mich bei ihm unter.
„Sie dürfen mich wohl zurück ins Haus begleiten“, räumte ich ihn ein und sein Lächeln wurde nun glücklicher.
„Wie lange sind sie schon hier?“, fragte mich Damon interessiert und ich spürte seinen Blick allgegenwertig auf mir.
Irgendwie sehnte ich mich danach, dass das aufhörte, andererseits genoss ich seine volle Aufmerksamkeit.

Er sollte sich nicht in mich verlieben, sondern in meine Schwester. Ich hatte wenig Interesse an Spiel und Spaß.
Ich mochte es zu lesen, schreiben und spazieren zu gehen. Das war es was mich mit Elijah verbunden hatte. Wir waren beide gerne allein gewesen und doch waren wir so zusammen gewesen. Vertrautes Alleinsein.
Doch ich war mir sicher, das Damon nicht so war. Ich spürte seinen drängenden Blick auf mir und erinnerte mich an seine Frage.
„Seit gut drei Tagen“, antwortete ich ihm schließlich.

In denen hatten Stefan und Katherine fast jede Minute zusammen verbracht. Allerdings wusste ich, dass sie noch ihre Spielchen spielte. So leicht würde sie es ihm nicht machen.
„Ich hoffe sie bleiben noch lange“, sagte er und klang dabei sehr hoffnungsvoll.
„So war es gedacht. Aber davon werden sie doch nicht viel haben, soweit ich gehört habe kämpfen sie doch im Krieg.“
Natürlich wusste ich, dass er hoffte dass ich für immer hier blieb, so würde er mich bei seiner Rückkehr auf jedenfall wiedersehen, wenn der Krieg vorbei war.

Das Lächeln auf seinem Gesicht wurde wieder breiter. Ob er wohl auch mal traurig oder ernst sein konnte?
„Sie wünschen sich wohl tatsächlich, mich loszuwerden“, meinte er gespielt empört und legte zur Unterstreichung seiner Aussage die Faust auf seine Brust.
Grinsend löste ich mich von ihm und stellte mich ihm gegenüber, die Hände hinter meinem Rücken in einander verschränkt.
„Ich wünsche mir gar nichts ihnen gegenüber. Ich kenne sie überhaupt nicht und sie kennen mich nicht“, stellte ich die Sache grinsend klar und ließ meinen Hochmut mitspielen. So würde ich ihn hoffentlich endgültig verschrecken.

„Ich bin nicht das richtige Mädchen zum Kennenlernen für sie, Mister Salvatore“, fügte ich hinzu und machten einen Knicks.
„Guten Tag.“
Mit diesem Worten drehte ich mich um, raffte meinen Rock und wollte ins Haus verschwinden. Doch Damon holte zu mir auf und stellte sich grinsend vor mich.
Er schien sich wirklich nicht entmutigen zu lassen.
„Lassen sie mich beurteilen wen ich kennenlernen möchte, Miss Pierce. Wenn sie erlauben suche ich jetzt meinen Bruder und danach gehört ihnen meine volle Aufmerksamkeit“, versicherte er mir Inbrünstig, nahm meine Hand und küsste sie zart und ein wenig länger als nötig.
„Ich wünsche mir nämlich alles von ihnen zu wissen.“

Sein Flüstern ließ mich erschauern.
Er verbeugte sich nochmals tief vor mir und lächelte mich spitzbübisch an.
„Guten Tag, Miss Pierce. Ich empfähle mich“, sagte er und eilte dann an mir vorbei.
Sprachlos und doch lächelnd sah ich ihm hinterher.
Er hatte es tatsächlich geschafft mich mit klopfendem Herzen zurückzulassen.
Wie hatte das dieser Junge nur angestellt?
Ich verstand mich selbst nicht mehr. Mit seiner Masche hätte er eigentlich mehr Chancen bei meiner Schwester, wieso also war ich jetzt irgendwie vollkommen durcheinander?



Kapitel 3: Ein gut gefundener Ansatz





„Liebe ist nur eine Schwäche des Herzens, wenn sie nicht mit Ehrgeiz gepaart ist.“ (Unbekannt)



Damons Sicht:
Erst am Abend tauchte mein Bruder wieder auf und wir konnten uns unterhalten, während das Essen fertig gemacht wurde und die Mädchen sich umzogen. Ich erzählte Stefan und Vater ein wenig von dem was ich erlebt und gesehen hatte.
„Hast du unsere Gäste schon kennengelernt?“, fragte mein Vater und automatisch wanderten meine Gedanken zu dem schönsten Mädchen, das ich je in meinem Leben gesehen hatte.
„Nur Miss Elena Pierce. Ihre Schwester war wohl den ganzen Tag mit Stefan unterwegs“, antwortete ich und sah dabei etwas vorwurfsvoll zu Stefan.
Nicht weil ich Elenas Schwester so nicht kennenlernen konnte, sondern weil er meiner Meinung nach das wundervollste Geschöpf der Welt zurückgelassen hatte.

„Guten Abend, ich hoffe sie mussten nicht zu lange auf uns warten“, hörte ich eine nur leicht bekannte Stimme und wandte mich um.
Überrascht weiteten sich meine Augen, als mein Blick von einem Mädchen zum anderen wandte. Nicht nur einfach Schwestern, sie waren Zwillinge.
Das vordere Mädchen war wohl Elenas Schwester, zwar hatten sie dasselbe Gesicht, doch sie wirken ganz anders.
Allein schon vom Auftreten.
Ihre Schwester hatte fein gelockte braune Haare, die zum Teil hochgesteckt waren. Ihr Kleid war dunkelgrün und reichlich mit hellgrünen Stoff und Fäden verziert.
Leicht hinter ihr stand Elena, zurückhaltend ihren Blick zu Boden gerichtet und die Hände hinter ihren Rücken. Ihre braunen Haare waren fast glatt und nach hinten gesteckt, nur zwei Strähnen umrahmten ihr liebliches Gesicht. Ihr Kleid war cremefarben, der Rock etwas dunkler als der Rest, aber sonst sehr schlicht.

Noch immer verstand ich nicht warum mein Bruder sie zurückgelassen hatte.
Sie hatte was Liebliches, Unschuldiges und doch war sie es nicht. Hinter ihrer ruhigen Fassade versteckte sie sich.
Zwar wusste ich noch nicht genau was, aber ich würde es herausfinden.
Sie war eine Herausforderung und ich liebte Herausforderungen.
Und sie war vielleicht die größte, die ich je haben würde.
Ich wusste das in ihr viel mehr steckte, als es auf den ersten Augenblick schien.
Vielleicht zeigte sie es nicht ganz so offen, aber das war das was nach ihrem Aussehen auch weiterhin faszinierte. Sodass man einfach an sie denken musste.
Sie war eben ein Geheimnis, man musste es entschlüsseln und darin bestand die Herausforderung, auch wenn sie sich dessen vielleicht selbst nicht bewusst war.

Ich ging zu ihrer Schwester und neigte leicht meinen Kopf vor ihr.
„Guten Abend, Miss Pierce. Sie müssen Elenas ältere Schwester sein. Mein Name ist Damon Salvatore“, stellte ich mich vor.
Aus dem Augenwinkel sah ich wie Elenas Augen sich vor Überraschung weiteten. Sie hatte wohl nicht damit gerechnet dass ich sie auseinander halten konnte.
„Katherine Pierce, es freut mich sie kennen zu lernen.“
Kurz küsste ich ihren Handrücken, dann trat ich zur Seite und wandte mich wieder Elena zu.
Ich bot ihr wieder meinen Arm an und sah sie freundlich lächelnd an. „Gut Abend, Miss Pierce. Sie sehen bezaubernd aus“, sagte ich leise, nur für sie wahrnehmbar und ich hatte das Gefühl, das sie am liebsten den Kopf schütteln wollte über mein Benehmen.
Doch sie atmete nur tief durch und harkte sich tatsächlich bei mir ein, sodass ich sie zum Esszimmer führen konnte.
Es war ein schönes Gefühl sie an meiner Seite zu wissen.

Ich rückte Elena den Stuhl zurecht und wartete, bis ich mich neben sie setzte, sodass sie neben meinen Vater sitzen konnte.
Ihre Schwester setzte sich, ihr gegenüber und mein Bruder neben sie.
Mein Vater erzählte uns von dem nächsten Gründerfest, das diesmal von uns organisiert werden würde.
Es sollte ein Fest sein, wo Spenden gesammelt werden sollten für die Stadtbibliothek, die gerade gebaut wurde.
Er bat uns dabei zu helfen.
Katherine schien davon begeistert zu sein und sicherte sofort ihre und die Hilfe ihrer Schwester zu, die leicht zustimmend nickte.

Stefan und Katherine unterhielten sich angeregt über die Feste, die es sonst hier gab und davon gab es eine Menge. Elena dagegen fragte meinen Vater nach der Bibliothek, die gebaut werden sollte.
Ihre Stimme war viel ruhiger und leiser, als die ihrer Schwester, auch wählte sie ihre Worte ganz bedacht. So wirkte sie viel zurückhaltender und verschlossener. Auch lachte sie nicht ganz so viel, wie ihre Schwester.
Elena war anders, aber für mich bedeutet das eher dass sie besonders war und dass ich ihr dieses seltene Lächeln und ihr Lachen entlocken wollte.
Sie täuschte sich, wenn sie wirklich glaubte dass ich so leicht aufgeben würde, wie es vielleicht mein Bruder getan hatte, nur weil sie mich nicht anredete.

„Was lesen sie gerne?“, fragte ich sie interessiert, da Bücher ihre Leidenschaft zu sein schien. Sie wandte ihren Kopf zu mir.
„Eigentlich lese ich Bücher aus allen Themengebieten, aber vor allem mag ich Historische Romane“, antwortete sie mir ehrlich und ausführlich und diesmal hatte ich sogar das Gefühl, das sie gerne darauf antwortete und nicht das es ihr eine lästige Frage war.
„Lesen sie auch gerne oder schreiben sie auch selbst?“, fragte ich weiter und sie schien entweder von der Weiterführung des Gesprächs oder von der Frage, überrascht zu sein.
„Vereinzelt schreibe ich auch, dann vor allem Gedichte. Meist in Kombination von Natur und Gefühlen.“
Sofort verspürte ich den drängenden Wunsch, etwas von ihr zu lesen. Diese Art von schreiben konnte, wenn man sie zu lesen wusste, einen guten Einblick in die Seele geben.

„Sie mögen die Natur sehr, nicht wahr? Was ist ihre Lieblingsjahreszeit?“
Elena wandte sich nun tatsächlich ganz mir zu, vorher hatte sie wohl noch darauf gewartet, dass das Gespräch abbrach.
Ich schätzte ihre Geste, das bedeutete dass sie positiv von mir überrascht war.
„Das ist schwer zu sagen, ich finde an jeder Jahreszeit etwas Schönes, was ich ihr abgewinnen kann. Ich könnte stundenlang spazieren gehen.“
Ihre Augen leuchteten tatsächlich bei der Aussage.

Überrascht sah ich sie an.
Die meisten mochten eigentlich nur den Sommer.
„Wirklich? Was mögen sie am Herbst?“, fragte ich interessiert, denn den fanden die meisten am schlimmsten, noch schrecklicher als den Winter.
„Zu keiner Jahreszeit ist es bunter, als im Herbst. Da sieht die Natur am vielfältigsten aus. Ich mag das rascheln der Blätter, wenn man spaziert und es ist interessant seinen Atem zu sehen.
Außerdem gibt es Äpfel, Birnen und Pflaumen, die man essen kann und wenn man sich auskennt kann man auch viele Pilze sammeln.
Es gibt auch so einen frischen Geruch, der ganz anders ist als der im Frühling. Nicht so blumig, sondern irgendwie anders, aber intensiv.“

Noch nie hatte ich jemanden so über diese Jahreszeit schwärmen gehört, aber wenn ich darüber nachdachte, dann waren das wirklich die schönen Seiten dieser Jahreszeit und ich mochte sie auch.
„Nicht zu vergessen, die Vogelschwärme die man sehen kann, bevor sie in den Süden fliegen. Es interessant zu sehen, wie sich versammeln.
Ich mag am liebsten die roten Blätter und wenn man am See sitzt, wie sich die bunte Landschaft dann im Wasser spiegelt“, erzählte ich ihr und sie sah mich leicht sprachlos an.
Sie blinzelte ein paarmal, nickte dann aber lächelnd.
Anscheinend hatte ich es doch geschafft sie ein wenig zu beeindrucken.

Nachdem Essen wollten sich die Schwestern zurückziehen.
Bevor sie nach oben gingen, hielt ich Elena noch auf.
„Miss Pierce, würden sie mir die Ehre erweisen, morgen mit mir spazieren zu gehen?“
Elena sah mich unentwegt an, aber als sie einen kleinen Stoß von ihrer Schwester bekam, nickte sie zögernd.
„Sehr gerne“, sagte sie schwach.
Lächelnd nahm ich ihre Hand in meine und küsste ihren Handrücken vorsichtig, aber so lang wie es als noch als anständig galt.
„Guten Nacht, Miss Pierce“, wünschte ich ihr.
Elena drehte sich um und ging mit ihrer Schwester nach oben, die ihr etwas zuflüsterte und dann kicherte.
Ich sah ihnen nach, bis sie verschwunden waren, danach ging ich erst wieder zu meinem Vater und meinen Bruder zurück.



Kapitel 4: Was ich mir wünsche…






„Ich liebe die Liebe und die Liebe liebt mich, doch den, den ich liebe… der liebt mich nicht.“ (Unbekannt)



Katherines Sicht:
Nachdem Essen wollten wir uns zurückziehen.
Doch bevor wir nach oben konnten, wurde meine Schwester am Treppenansatz aufgehalten.
„Miss Pierce, würden sie mir die Ehre erweisen, morgen mit mir spazieren zu gehen?“
Ich sah interessiert zu dem älteren Bruder, dessen Blick nur auf meiner kleinen Schwester lag.
Diese reagierte mal wieder nicht. Sie sollte bloß nicht wieder in Gedanken versinken, dann tauchten darin immer nur Elijah auf.
Deshalb versetzte ich ihr einen kleinen sanften Stoß in den Rücken.
„Sehr gerne“, sagte sie dann schwach und jetzt wusste ich dass ihre Zurückhaltung daher rührte, das sie positiv von Damon überrascht war und das ihr der Gedanke durchaus gefiel.
Er nahm ihre Hand und küsste sie verhältnismäßig lange, aber nicht so lang, dass man meinen konnte dass es unschicklich war. Doch auf jedenfall länger als bei mir.
„Guten Nacht, Miss Pierce“, wünschte er ihr.
Elena drehte sich um und ging mit mir nach oben. Ich entdeckte etwas, was ich lange nicht mehr bei ihr gesehen hatte.
„Du bist ja ganz rot, der Junge scheint es dir ja ganz schön angetan zu haben“, flüsterte ich ihr zu und musste kichern, als sie um weitere Nuancen roter wurde.

In unserem Zimmer sah ich genau, wie Elena tief durchatmete.
„Oh ja, du musst mir jetzt alles erzählen.
Das am Esstisch hab ich ja mitbekommen, das war natürlich alles anständig und unschuldig, aber jetzt erzählst du mir doch mal warum er sich so er auf dich konzentriert.
Ihr müsst euch schon vorher kennengelernt haben. Wie?“
Aufgeregt überschlug sich meine Stimme und Elena ließ sich auf dem Stuhl vor der Kommode sinken. Ich wusste dass sie versuchte mit aller Macht diesem Thema zu entgehen, aber das konnte sie vergessen.
Dafür war Damon viel zu fixiert auf sie gewesen und wirklich sehr charmant zu ihr.

„Wir haben uns draußen im Garten getroffen, als du mit Stefan spazieren warst.
Er war ganz offensichtlich an mir interessiert, da hab ich ihm deutlich zu verstehen gegeben, das er sich nicht um mich bemühen soll.
Aber anscheinend hatte das nun die Gegenteilige Wirkung.“
Ein dickes fettes Grinsen stahl sich auf mein Gesicht und wollte sich nicht wegwischen lassen.
„Ja, anscheinend“, stimmte ich ihr zu.
Das war wohl die Untertreibung des Jahrhunderts.
Damon bemühte sich wirklich sehr um sie.

Er hatte mein wohlwollen, dafür das er sich von dem ersten Eindruck von Elena nicht unterkriegen ließ. Jetzt musste ich nur noch prüfen, ob er sie auch wirklich verdient hatte.
Aber ein wenig Zeit würde ich ihn noch lassen.
Doch er hatte sie nur auf gute Themen, beim Essen angesprochen und sie dann auch noch zum spazieren einzuladen, war eine brillante Idee.

Lächelnd fing ich an ihre Frisur zu lösen.
„Siehst du, jetzt ist es wie ich es dir prophezeit habe.
Ein Bruder für dich und der andere für mich.
Wie damals.
Suchst du dir eigentlich immer den älteren Bruder raus, Elena? Das wird nämlich langsam auffällig!“, tadelte ich sie.
Meine Schwester lief rot an, ob vor Scham oder Wut, wusste ich nicht genau.
„Natürlich nicht!“, ereiferte sie sich sofort.

Auch wenn ich wusste, dass sie es ernst meinte und wahrscheinlich noch nicht mal darüber nachgedacht hatte, musste ich grinsend.
„Naja, irgendeinen Grund muss es ja geben.
Diesmal hast du dir nämlich nicht den vernünftigen ausgesucht, den hab ich nämlich bekommen.
Stefan ist so anständig“, klagte ich ein wenig.
Bis auf einen Kuss auf die Hand, hatte ich noch nichts von ihm bekommen.
Er hatte es noch nicht einmal versucht.
Elena dagegen ließ sich anscheinend von dem Draufgänger erobern, sie bremste ihn nämlich ziemlich ab.
„Das tut dir mal gut.
Vielleicht bekommst du dann mal eine Hochzeit. Du als ältere müsstest nämlich zuerst heiraten“, stieg Elena auf meine Spielchen mit ein.
Dann aber verschwand ihr Lächeln wieder.
„Ich will nichts von Damon. Er ist charmant und so, aber ich geh nur mit ihm spazieren. Es ist nicht so dass es ernst ist“, versuchte sie sich herauszuwinden, doch dafür kannte ich meine kleine Schwester viel zu gut.

„Oh doch, das ist es!
Bei dir ist es immer ernst.
Du zeigst jeden Mann die kalte Schulter, aber Damon nicht.
Wieso solltest du das tun?
Ergo, du magst ihn und dann ist es bei dir etwas Ernstes.
Aber du machst es von Natur aus richtig. Mit deiner Keuschheit lässt du ihn gehörig zappeln und das ist gut so.
Für Stefan muss ich mir erst noch ein paar Schwierigkeiten ausdenken. Vielleicht ein wenig Konkurrenz“, überlegte ich und nahm die Bürste in die Hand.

Lächelnd schüttelte Elena den Kopf.
„Vielleicht würde es auch helfen, wenn du nicht jede freie Minute des Tages mit ihn verbringst, sondern dich mal allein beschäftigst oder mit deiner Lieblingsschwester spazieren gehst“, schlug sie mir gespielt unschuldig vor.
Ja, das war eine Möglichkeit.
Von Klaus war ich es gewohnt gewesen, nur ein geringes Maß an Aufmerksamkeit zu bekommen, das ich von der überschwänglichen von Stefan und anderen ganz süchtig war.
Bei Elena war es anders.
Sie genoss die Ruhe und das Alleinsein.
Ein Mann musste sie schon wirklich beeindrucken, wenn er sie aus ihrer trauten Einsamkeit herausreißen durfte.
Dann war er auch ganz und gar von ihr verzaubert und schenkte ihr alles an Aufmerksamkeit, was schicklich war.
Bisher war das nur bei zwei unserer Brüder und Elijah vorgekommen. Jetzt auch bei Damon.
Damals hatte ich sie oft beneidet, als Klaus nicht da war und ich sie mit Elijah gesehen hatte.
Das war das einzige Mal, dass ich auf meine Schwester eifersüchtig gewesen war.

Rückblick
Ich sah nach unten in den Garten, wo ich Elijah mit meiner Schwester Helena spazieren sah. Das war oft so. Immer waren sie zusammen, zumindest kam es mir so vor, wenn ich mich allein fühlte.
Sie spazierten so oft oder unterhielten sich stundenlang auf einer Bank.
Ich dagegen fühlte mich einsam und verlassen. Klaus hatte versprochen Zeit mit mir zu verbringen, doch mal wieder war er nicht da.
Ich wusste nicht wirklich was ich erwartete oder mir von ihm erhoffen sollte.
Eigentlich wusste ich doch genau, dass er nichts von mir wollte. Zumindest hatte ich das im Gefühl. Trotzdem warb er immer wieder um mich.
Doch wenn ich das verglich, mit dem was zwischen meiner Schwester und Elijah war, so konnte ich nicht wirklich von Liebe reden.

Bei ihnen war es so anders. So echt. So intensiv.
Wenn Helena wegsah, dann schaute Elijah sie genau an und hatte dabei so ein glückliches Lächeln auf dem Gesicht, das man meinen konnte, dass sie die Erfüllung all seiner Wünsche widerspiegelte.
Er schenkte ihr all seine Aufmerksamkeit und bemühte sich um sie, obwohl meine Schwester alles andere als offen war.
Sie war schüchtern und meist in ihren Büchern vergraben.
Aber Elijah hielt sie doch wirklich so gut davon ab, das sie für ein Buch jetzt mehrere Tage brauchte.

Das wünschte ich mir auch.
Nicht Elijah.
Aber jemand der mich so von meinen Gewohnheiten ablenkte, der mich verlegen machte und der mich dazu brachte zu erröten.
Jemand der mir so viel Aufmerksamkeit schenkte, dass es offensichtlich war, dass er mich liebte.
Rückblick Ende



Kapitel 5: Das passende Gegenstück




„Das hat man doch nicht in seiner Macht, in wen man sich verliebt!“ (Henrik Ibsen)



Stefans Sicht:
„Ich wünsch euch einen angenehmen Tag, ich muss jetzt los“, sagte unser Vater und verschwand darauf kurz vom Esstisch. Da Damon und ich die einzigen waren, die da waren, war Höflichkeit nicht unbedingt notwendig.
„Wollen wir das Spiel ausprobieren von dem du mir erzählt hast?“, fragte ich meinen großen Bruder.
Ich freute mich, dass er wieder da war, ich hatte ihn vermisst.
Zwar war es schön mit Katherine Zeit zu verbringen, es war wahrscheinlich das angenehmste auf der Welt, aber ich wollte auch etwas mit ihm unternehmen.
Er war nicht nur mein Bruder, er war auch mein bester Freund.

Damon schüttelte lächelnd den Kopf.
„Heute nicht, kleiner Bruder. Ich gehe mit Elena spazieren“, erklärte er mir und ich sah ihn überrascht an.
Er ging mit Elena spazieren?
Daran waren irgendwie gleich zwei Dinge falsch.
Erstens, Damon interessierte sich niemals für eine Frau so sehr, das er mit ihr spazieren gehen würde.
Zweitens, Elena war so unnahbar, wie hatte er das geschafft?
Sie redete so wenig und war nur in ihren Büchern versunken.
Zwar liebte ich auch Bücher, aber sie schien keinen Spaß zu haben. Immer war sie in Gedanken und redete nur das nötigste.

Also war das wirklich eine komische Sache.
Aber auf der anderen Seite war ich ehrleichtert, wie auch schon gestern Abend, als er sich ihr zugewandt hatte.
So interessierte er sich zumindest nicht für Katherine.
Sie würde ihn bestimmt mehr mögen. Damon war eigentlich der lustigere von uns beiden, mit dem es mehr Spaß machte Zeit zu verbringen.
Deswegen war es komisch, das wir uns ausgerechnet für das gegenteilige Mädchen zu uns interessierten.

„Du guckst so, als wäre das etwas unmögliches, Stefan“, holte mein Bruder mich aus meinen Gedanken und überrascht schaute ich auf.
„Nein, das ist es nicht. Entschuldige.
Ich bin nur überrascht, dass du dich so für ein Mädchen zu interessieren scheinst, das du ihr so viel Aufmerksamkeit schenkst.“
Er hatte sich zwar schon vorher für Mädchen interessiert, sogar mehr als ich, aber nicht so, dass er ihre Aufwartung machen würde.
Elena begegnete er aber mit all der Etikette.
„Nun, Elena ist etwas Besonderes.
Ich weiß nicht, aber ich finde sie ist… perfekt.“

Überrascht sah ich Damon an.
Er hatte nach dem richtigen Wort gesucht und als er es gefunden hatte, schien es einfach nur richtig zu klingen.
Er fand Elena perfekt?
Was war zwischen den beiden passiert?
Redeten wir hier über dieselbe Elena?
„Bist du sicher?
Ich mag Katherine mehr, sie ist erfrischender.
Sie sucht das Abenteuer, ich hätte gedacht das du dich für sie interessierst.“
Eigentlich sollte ich mich für die Worte schlagen, dass ich ihn auch noch auf sie aufmerksam machte, war wirklich ziemlich dumm von mir.
Was dachte ich mir nur dabei?

Damon aber schüttelte bestimmend den Kopf.
„Elena ist das Abenteuer.
Allerdings hätte ich gedacht, dass du sie mehr mögen würdest.
Sie liebt Bücher und die Natur, genau wie du.“
Kurz dachte ich darüber nach, schüttelte dann aber genauso bestimmend den Kopf wie er.
Nein, sie war mir viel zu reserviert.
Grinsend sahen wir uns an.
Schien als hätten wir beide uns in unser Gegenteil verliebt, wenn das bei Damon das richtige Wort war, aber ich wusste genau dass mich Katherine schon jetzt vollkommen verzaubert hatte.

Mein Bruder trank seinen Kaffee aus, dann stand er auf und klopfte mir auf die Schulter.
„Nun denn, Stefan. Ich mach mich fertig.
Ich bring dir das Spiel heut Abend oder morgen bei.
Jetzt muss ich erstmal das bezauberndste Mädchen auf Erden erobern.“
Stirnrunzelnd sah ich Damon hinterher.
So glücklich und unbeschwert hatte ich ihn selten gesehen.
Natürlich grinste und lachte er viel, aber meist war dabei viel Sarkasmus und anderer Humor, der seine wahren Gefühle versteckte.
Dass unser Vater so wenig von ihm hielt, machte ihn mehr zu schaffen als er zu gab.
Aber jetzt schien er ganz von allem befreit zu sein.
Elena schien es ihm tatsächlich angetan zu haben, wenn er sich so benahm.
Er war glücklich und das freute mich.

Ich frühstückte noch zu Ende und las nebenbei die Zeitung. Da es noch früh am Morgen war, war es noch relativ ruhig im Haus.
Komisch, früher hatten Damon und ich dafür gesorgt, dass es auf jedenfall nicht so war.
Nun nahmen wir Rücksicht auf die Damen und oft war es Katherine, die mit ihrem munteren Lachen, das Haus belebte.
Nach einer Weile kam Damon wieder, in Kleidung die er sonst nicht so sehr mochte, da man sie nicht unbedingt dreckig machen sollte.
„Was meinst du? Wie seh ich aus?
Kann ich ihr so gegenübertreten und mich mit ihr sehen lassen?“, fragte er grinsend.
Lächelnd schüttelte ich den Kopf.
Wir hörten Schritte und gingen zur Eingangshalle, wo Damon am Treppenansatz auf seine heutige Begleitung wartete.

Elena und Katherine kamen die Treppe herunter. Eins musste ich zugeben, auch Elena war wunderschön.
Natürlich war sie das. Sie und Katherine waren Zwillinge und glichen sich von ihrem Äußeren her exakt. Aber Katherine hatte diese fröhliche Ader und ein Lächeln das einen mitreißen konnte.
Damon verbeugte sich tief und Elena reichte ihm ihre Hand, die er küsste.
Sie passten zueinander.
Damon trug ein blaues Jackett, eine dunkelblaue Hose und eine passende blaue Krawatte zum weißen Hemd. Er sah aus wie ein richtiger Gentleman.
Elena trug ein hellblaues Kleid aus Samt und dazu weiße Handschuhe. Wie immer sah sie aus wie eine richtige Lady, eine Dame.
„Guten Tag, Miss Pierce. Sie sehen wunderschön aus.“

Mir fiel auf, das Damon sie noch immer siezte. Selbst ich hatte Elena bereits am ersten Tag mit Vornamen angesprochen.
Zugern hätte ich ihrer ersten Begegnung beigewohnt. Diese schien ja sehr interessant gewesen zu sein.
„Vielen Dank, Mister Salvatore“, erwiderte Elena kurz lächelnd und die beiden gingen nach draußen. Zwei Zofen folgten ihnen mit gebührendem Abstand, sodass sie die beiden beobachten konnte und trotzdem keines ihrer Worte verstanden.
„Keine Sorge, Stefan. Meine Schwester besitzt genug Anstand, um eine ganze Armee damit zu versorgen. Es wird nichts passieren“, beruhigte sie mich, obwohl das nicht wirklich meine Sorge gewesen war.
Ich fragte mich, wie ernst es meinen Bruder mit Elena war. Sie war eine Dame und würde sich keine Spielchen gefallen lassen.
Ich wandte mich Katherine zu, die auch so gekleidet war, als würde sie rausgehen wollen.

„Wollen wir in den Garten gehen?“, fragte ich sie freundlich, doch sie schüttelte sogleich bedauernd den Kopf.
„Tut mir leid. Ich wollte meine Freundin Pearl, in der Stadt besuchen gehen“, entschuldigte sie sich bei mir und ich konnte nicht umhin enttäuscht zu sein. Ich war es so gewohnt mit ihr, Zeit zu verbringen, dass mir mein Leben ohne sie so leer erschien. So bedeutungslos.
„Dann wünsche ich dir viel Spaß. Ich werde mich derweil meinen Studien widmen.“
Diese hatte ich sowieso seit ihrer Anwesenheit vernachlässigt, auch wenn diese nur halb so spannend war, wie die Zeit mit ihr.
Ich begleitet sie nach draußen und küsste Katherine zum Abschied auf die Hand, bevor sie mit einer ihrer Zofen in die Stadt verschwand.

Obwohl das Haus vor einer Woche genauso leer gewesen war, wie jetzt, spürte ich erst jetzt die Einsamkeit.
Kein helles Lachen, das einen ansteckte, keiner der durch den Garten spazierte und sie Blumen betrachtete und kein Bruder, der sich wirklich komisch benahm.
Ich ging in die Bibliothek, die Elena und mein Vater gerade mehr benutzten als ich, dabei wollte ich doch Arzt werden und lernte deswegen sehr viel darüber.
In der nächsten Zeit sollte ich ein gutes System finden, um meinen Tag besser einzuteilen. Ich musste ein gesundes Mittelmaß finden.



Kapitel 6: Dein Herz, im Austausch gegen meins…





„Wer liebte je, ohne nicht auf den ersten Blick geliebt zu haben?“ (Sinn und Sinnlichkeit)


Damons Sicht:
Jetzt war ich in der Situation, die ich nie hatte nachvollziehen können.
Ich ging neben einer Frau, die ich mehr als alles andere begehrte. Hinter uns gingen zwei Anstandsdamen, die darauf achteten das nichts unsittliches passierte und ich musste das schöne Mädchen neben mir versuchen mit Worten zu beeindrucken.
Nie hatte ich geglaubt, das ich für ein Mädchen so empfinden würde, das ich sowas mitmachen würde. Doch dann hatte ich sie gesehen, wie sie mich getadelt hatte und elegant zu mir gedreht hatte, verkörperte sie für mich das Sinnbild einer kultivierten Dame und sie hatte mich vollkommen verzaubert.
„Wie kamen sie auf die Idee, der Armee beizutreten und das als ältester Sohn?“, fragte sie mich und irgendwie war diese Frage gerechtfertigt.
Trotzdem hätte ich mir vielleicht gewünscht, dass sie mit einem einfacheren Thema anfangen würde.
Aber hatte ich wirklich geglaubt, dass sie darüber sprach, wie schön das Wetter heute war?

Eigentlich müsste ich irgendwas lernen und mein Bruder müsste der Armee beitreten, aber bei uns war es so, dass unser Vater seine Hoffnung auf Stefan setzte.
Damit hatte ich mich schon lange abgefunden.
Auch wenn es mich am Anfang geschmerzt hatte.
Ich hatte noch nie eine große Verbundenheit zu meinem Vater gespürt.
Eher zu meiner Mutter, aber die war bald nach Stefans Geburt gestorben, da sie sich nie davon erholt hatte.
„Um nach Auffassung meines Vaters etwas vernünftiges zu tun“, erklärte ich ihr.
Aber auch für mich selbst war es nicht die schlechteste Wahl. Soldat zu sein war um einiges spannender, als ein trocknendes Studium.
„Zu lernen wäre doch auch sinnvoll. Als Soldat bringen sie sich dagegen in Lebensgefahr.“
Grinsend sah ich sie an.
„Haben sie Angst um mich?“, konterte ich und konnte nicht verhindern, dabei hoffnungsvoll zu klingen.
Die Vorstellung, dass sie um mich besorgt war, war einfach viel zu gut. Es würde heißen, dass ich ihr tatsächlich etwas bedeutete.
Wenn sie es wünschte würde ich es für sie aufgeben, das wusste ich.
Erschreckend wie viel Macht sie bereits über mich besaß.

Doch sie ignorierte meine Aussage vollkommen und sah mich einfach nur abwartend an.
„Natürlich, aber lernen liegt mir nicht. Meine Talente liegen woanders.“
Ich konnte an ihrem Gesichtsausdruck nicht erkennen was sie davon hielt.
„Das was man an Talent nicht besitzt kann man durch viel Fleiß und Disziplin ausgleichen. Üben sie sich darin“, riet sie mir ernst.
Leicht zuckten meine Mundwinkel nach oben. „Sie verurteilen mich“, verriet ich meine Überlegung.
Doch sie schüttelte den Kopf und stellte ihre Meinung richtig.
„Ich erlaube mir kein Urteil über sie, dafür kenne ich sie zu wenig. Allerdings glaube ich sehr wohl das sie sich unterschätzen und ich halte sie daher einfach für faul.“
Ich war sprachlos, ich wusste einfach nichts zu erwidern. Lächelnd versuchte ich nach den richtigen Worten zu ringen, doch ich wusste dass sie recht hatte.
„Auch glaube ich dass sie in bestimmten Punkten sehr ehrgeizig sein könne und dass mehr in ihnen steckt, als man am Anfang vermutet. Doch was es ist, kann ich noch nicht sagen.“
Übersetzte, sie wusste noch nicht was sie von mir halten sollte. Also bedeutete das auch dass noch nicht alles verloren war.

Wir kamen zu einem kleinen Fad, der durch einen dichten Wald führte, sodass wie einzeln lang gehen mussten.
„Sagen sie mir nun, wo wir hingehen?“, fragte sie mich und wechselte damit das Thema. Aber ich schüttelte mit meinen Kopf.
„Vertrauen sie mir, es wird ihnen gefallen“, versprach ich ihr und ich ließ ihr den Vortritt.
Es war schön sie selbst von hinten betrachten zu können. Ihre Haare waren zum Kopf gebunden, lagen aber nach vorne, sodass ich ihren Nacken bewundern konnte.
Zugern würde ich darüber streichen, sie berühren.
Ich konnte auch so ihren Po gut erkennen, der durch das Kleid, genauso wie ihr Busenhervorgehoben wurden.
Noch nie hatte mich eine Frau so sehr gereizt und das auch noch so unschuldig.

Der Wald lichtete sich und ich war schon gespannt, was sie sagen würde.
Als man langsam den glitzernden See erkennen konnte, blieb sie kurz stehen und als ich neben sie trat, konnte ich auf ihrem Gesicht Verblüffung erkennen.
Zu meiner Überraschung lief sie los, zum Ende des Waldes, wo sie zu einer Wiese kam und dort stehen blieb. Ich eilte ihr hinterher. Sie war schneller als ich gedacht hatte, aber ich hatte mir sowieso nicht vorgestellt, dass sie laufen würde.
Staunend betrachtete sie den See, indem die Sonne glitzerte und sich die Bäume wiederspiegelten.
„Es ist wunderschön“, hauchte sie und ich betrachtete ihr friedliches Gesicht.

„So ist es“, stimmte ich ihr zu.
Sie blinzelte und schaute mich an.
„Der Anblick des Sees ist um einiges interessanter, als der meine, Mister Salvatore“, belehrte sie mich mal wieder, aber da konnte ich ihr nicht zustimmen. Das war nicht wirklich ein Vergleich.
„Im Herbst ist es hier noch viel farbenfroher und im Winter ist es beeindruckend zu sehen, wie der Schnee auf den Bäumen liegt“, erzählte ich ihr und sie nickte verstehend.
„Kann man darauf Schlittschuhlaufen?“, fragte sie interessierte und Zugern hätte ich diese Frage bejaht.
Dann hätte ich sie vielleicht mal mit unglaublicher Eleganz über das Eis gleiten sehen, denn ich war mir sicher dass sie es konnte. Bisher hatte ich das Gefühl, das es einfach nichts gab, was sie nicht konnte, obwohl das wahrscheinlich nur Unsinn war.
„Nein, dafür ist es hier nicht kalt genug.“
Sie wirkte nicht sehr traurig, nickte nur verstehend.

Elena zeigte auf die andere Seite des Sees.
„Können wir ihn umrunden?“
Ich runzelte die Stirn, auf ihre Frage hin.
„Das ist ein sehr großer See“, gab ich zu bedenken.
Spöttisch lächelnd sah sie mich an. „Wenn sie glauben, dass sie zu schwach sind, um es zu schaffen, Mister Salvatore, dann müssen sie fürchte ich hierbleiben“, sagte sie wenig bedauernd und lief lachend davon, am See entlang.
Sprachlos sah ich ihr hinterher.
War das eine Herausforderung?
Sie irrte sich, wenn sie glaubte dass ich kneifen würde.
Schnell lief ich ihr hinterher und versuchte sie einzuholen, aber für eine Dame im Kleid war sie verdammt noch mal sehr schnell.
Ihre beiden Zofen hatten es wirklich nicht leicht mit uns, auf uns aufzupassen.
Was machte dieses Mädchen nur mit mir?
Jetzt brachte sie mich auch noch dazu ihr wie ein Trottel nachzulaufen. Wie ein verliebter Trottel, aber es machte mir nicht mal im Geringsten etwas aus.
Dieses Mädchen hatte mich einfach nur gefangen.
Nein, sie hatte mein Herz gestohlen und sie gab es nicht mehr her. Aber das wollte ich auch nicht, sie konnte es behalten.
Das einzige was ich mir dafür von ihr wünschte, war ihr Herz.
Ihres, im Austausch gegen meines.
Das war mein Wunsch.
Denn mein Herz gehörte ihr schon vom ersten Augenblick und seitdem schlug es nur noch einzig und allein für sie.



Kapitel 7: Hinterherlaufen




„Sie liebten sich beide, doch keiner wollt es dem andern gestehen; sie sahen sich an so feindlich und wollten vor Liebe vergehen.“ (Die Heimkehr)




Elenas Sicht:
Ich war glücklich. Ich war glücklich wie schon lange nicht mehr.
Es war so ein schöner Tag gewesen, den ich mit Damon verbracht hatte und ich bedauerte es, dass er schon vorbei sein musste.
Ein wenig taten mir meine Zofen leid, Emily und Angela.
Sie hatten uns folgen müssen und manchmal auch bei unserem etwas schnelleren Tempo.
„Elena, endlich bist du wieder da!“, rief meine Schwester erfreut, als ich in unser Zimmer trat und eilte zu mir. Da niemand da war, umarmte sie mich auch überschwänglich, was sie sonst nie ohne Grund in Anwesenheit anderer tun würde.

Entsetzt sah sie an mir herunter. Oh ja, das hatte ich ganz vergessen. „Was ist nur mit deinem Kleid passiert?“
Ich hob es leicht an und musste lächeln.
„Ist doch nicht so schlimm“, beruhigte ich sie.
„Nicht so schlimm? Das müssen zwanzig Zentimeter reiner Schmutz sein. Das Kleid kannst du nicht mehr anziehen! Ich dachte ihr wolltet spazieren gehen?“
Ja, es war wirklich schwer, bei einem einfachen Spaziergang sich so schmutzig zu machen.
„Daraus wurde wohl eher eine kleine Wanderung und ich bin ein wenig gerannt und der Boden war auch ziemlich weich.
Aber weißt du was? Damon ist mir hinterher gerannt! Das hat nicht einmal Elijah damals gemacht!“
Ich hatte ihn öfters versucht zu überreden mit mir fangen zu spielen. Zumindest bin ich losgelaufen und hab gerufen er soll mich fangen. Natürlich war mir jetzt klar, wie lächerlich das war und das es für ihn ein leichtes gewesen wäre, doch damals fand ich es schade.

Katherine merkte wie glücklich ich war und lächelte deswegen auch.
„Das sind doch die besten Männer überhaupt, diejenigen die einem hinterherlaufen!“, befand sie.
Nun, das wagte ich nicht zu beurteilen, aber ich hatte es toll gefunden dass er versucht hatte mich zu fangen. Es hatte mein Herz höher schlagen lassen.
Es war süß. Er war einem Mädchen im Kleid hinterher gerannt. Irgendwie hatte das für mich etwas Romantisches gehabt.
Es erinnerte mich daran wie anders er als Elijah war und trotzdem gefiel Damon mir. Sehr sogar. Zum ersten Mal, seit über dreihundert Jahren hatte ich wieder Interesse an einen Jungen. Aber wieso? Weil er sich um mich bemühte. Vielleicht, weil er wie Elijah mehr Geduld hatte und versuchte mich kennenzulernen.
Sonst hatten alle schnell aufgegeben und sich Katherine zugewandt.
Das mag vielleicht der Grund sein warum ich ihn entgegen kam, aber charmant fand ich ihn vom ersten Augenblick, als er mit mir geredet hatte und das hatte ich nicht mal bei Elijah empfunden.

Rückblick
„Geben sie zu Elijah, das ich gewonnen habe?“, fragte ich ihn grinsend.
Aber er schüttelte nur lächelnd den Kopf. „Werd ich nicht!“, beharrte er. „Dann müssen sie mich jagen!“, rief ich ihm zu, raffte meinen Rock ein wenig und lief weg.
Doch mein Lachen verklang als ich nach ein paar Metern merkte, dass er mir nicht nachlief. „Sie hätten mich fangen müssen!“, klagte ich gespielt beleidigt.
Er lächelte und kam mir im normalen Schritttempo hinterher. „Wenn ich sie fange, ist das Spiel aber vorbei“, erwiderte er, womit er auch recht hatte. Aber Spiele sollten schließlich irgendwann mal ein Ende haben.
Wir blieben vor einer Bank stehen. „Danke, das sie sich um mich kümmern“, sagte ich glücklich. Es war toll wie er sich um mich bemühte, sonst fielen alle Blicke auf meine Schwester, da sie offener war und ich einfach zu viel las.
Aber Elijah ließ nicht zu, das ich mich stundenlang allein in der Bibliothek verkroch. „Sie sahen da drin so verloren aus und haben mir leid getan“, erklärte er mir.
Ich hoffte allerdings, dass das nicht der einzige Grund war.

„Katerina wollte mit mir Federball spielen, aber da Klaus endlich Zeit für sie hatte, wollte sie den Tag mit ihm verbringen“, erklärte ich ihm.
Deswegen hatte ich mich in den Gängen mit einem Buch herumgetrieben und sah vielleicht nicht ganz so glücklich aus.
„Sie hatte es nicht gesagt, aber ich hatte es gewusst. Er hat wenig Zeit für sie.“ Das machte meine Schwester traurig, ich hatte es bemerkt. Aus diesem Grund hatte ich ihr auch versichert, dass es mir nichts ausmachte, wenn sie mich für ihn sitzen las.
„Weil Klaus nun mal nach eigenen Regeln lebt.“ Elijahs Stimme klang bei seiner Aussage komisch, anders als sonst. „Er ist wirklich charmant. Ich schätze kaum eine Frau kann ihn widerstehen, meine Schwester anscheinend auch nicht.“
Es frustete mich daran aber etwas anderes.
„Und doch?“, harkte Elijah nach, der anscheinend wieder verstand, das mehr dahinter steckte, als ich ihm verraten wollte. „Ich versteh nicht warum er um sie wirbt, sie scheint ihm doch vollkommen egal zu sein.“ Und ich wusste dass meine Schwester das insgeheim selbst wusste.
Aber wieso ließ sie es dann nur zu?

„Manche Verbindung basiert auf sehr viel weniger“, meinte Elijah. Das verstand ich gut, die Ehe meiner Eltern bewies dies. Sie war nur zustande gekommen, weil mein Vater eine Frau brauchte und ihre eigenen Eltern sie sozusagen an ihn verkauft hatten.
Trotzdem waren aus dieser Ehe sechs Kinder entstanden.
„Ist es falsch mehr zu wollen?“, fragte ich nach, weil ich immer von der großen Liebe geträumt hatte, während meine Schwester sich immer wieder neu in jemand anderen verliebt hatte, ohne das am Ende viel dahinter steckte.
„Gibt es denn mehr zwischen Katerina und Trevor? Oder haben sie jemand gefunden, den sie mehr Aufmerksamkeit schenken, als ihm zu verraten wie das Buch heißt, das sie zurzeit lesen?“
Er schien wirklich neugierig was diese Frage betrifft und ich hätte sie ihm auch in Bezug auf ihn selbst mit ja beantworten können.
„Trevor ist in meine Schwester verliebt, das weiß wohl jeder. Aber wahre Liebe ist erst echt, wenn jemand sie erwidert. Denken sie nicht?“, fragte ich nach.

Doch Elijah schaute so ernst, viel zu ernst.
„Ich glaube nicht an die Liebe, Helena“, offenbarte er mir und diese Aussage schmerzte meinem Herzen.
„Das ist zu traurig, um es zu akzeptieren, my Lord. Das Leben ist zu grausam und wenn wir nicht an die Liebe glauben, wofür sollten wir dann leben?“, fragte ich nach und er sah auf meine Aussage hin wirklich nachdenklich aus.
Ein Wind kam auf und Elijah bemerkte wie ich fror.
Er reichte mir seine Hand. „Komm, dir ist kalt. Wir sollten wieder rein gehen.“
Vorsichtig legte ich meine Hand in seine und bemerkte dabei, wie mein Herz höher schlug. Er sah mich genau an, als versuchte er etwas in meinen Augen zu lesen.
Rückblick Ende

„Auf was für einer Veranstaltung würdest selbst du dich amüsieren?“, riss mich meine ältere Schwester aus meinen Gedanken.
Verwirrt sah ich sie an. Es musste wohl um dieses Gründerfest gehen, wo Spenden gesammelt werden sollten.
Kurz überlegte ich, denn ich interessierte mich ernsthaft dafür. Zumindest welches Projekt mit den Spenden gefördert werden sollte.
„Ein Picknick. Das würde mir gefallen. Außerdem ist die Jahreszeit fabelhaft, um im freien zu sein“, erklärte ich meine Idee.
Katherine schien darüber nachzudenken, dann schien sie eine Art Geistesblitz zu haben, denn ihr Grinsen ragte übers ganze Gesicht. „Ich glaube ich habe die Idee, wie ich deinen Vorschlag mit meinen koppeln kann. Es ist ein wenig provokant und wird trotzdem Spaß machen und du wirst glücklich sein, wenn viele Spenden eingesammelt werden.“
Woher sie das nur wieder wusste, dass mich das freuen würde.

„Nun werde ich nur noch Mister Salvatore von meiner Idee begeistern müssen“, meinte sie und ich verdrehte lächelnd die Augen. „Das wird für dich wohl doch kein Problem sein.“ Mit ihrem Charme überzeugte sie jeden Mann.
Sie nickte leicht. „Das mag vielleicht sein, das er mich sympathisch findet, aber deine Meinung schätzt er. Deswegen kommt hier meine geniale Idee!“
Katherine erzählte mir was sie vor hatte und ich musste ihr recht geben, es war schon ein wenig provokant, aber gleichzeitig genial. So würden viele Spenden für die Bibliothek reinkommen, da war ich mir sicher.
Wir beschlossen uns auch selbst dabei zur Verfügung zu stellen. Sicher würde es auch Spaß machen. Manchmal hatte meine Schwester wirklich interessante Ideen.


Kapitel 8: Die Idee





„Die Liebe ist wie eine Droge, entweder sie zeigt dir das Paradies oder sie bringt dich um.“ (Unbekannt)



Stefans Sicht:
Ich sah aus dem Fenster der Bibliothek. Weiter hinten im Garten sah ich Katherine und Elena, die Federball spielten und dabei sehr viel lachten.
„Du magst Katherine Pierce, nehme ich an“, riss mich eine Stimme aus den Gedanken und erschrocken drehte ich mich um.
Dann aber nickte ich zustimmend.
„Ja, Vater. Sehr“, bestätigte ich ihm.
Er folgte meinen Blick nach draußen. Dass er dazu nichts sagte, verwunderte mich. Sonst bestätigte er mich entweder oder sagte mir dass es keine gute Idee war. Dass er nichts sagte, war neu. Das machte er sonst nur bei Damon. Es bedeutete das er die Entscheidung tolerierte, weil er musste, aber das man eine bessere hätte treffen können.
Er akzeptierte also, dass ich verliebt war, aber er fand dass ich mich in eine andere hätte verlieben sollen.

„Es gibt bald Abendbrot, da du nichts mehr zu tun zu haben scheinst, kannst du den Damen ja Bescheid geben“, meinte er und wandte sich von mir ab.
Kurz danach verließ ich die Bibliothek und wollte nach draußen gehen, als Damon mir entgegen kam. „Wo willst du denn hin? Gibt es nicht gleich Essen?“, fragte er mich und ich nickte leicht.
„Ich wollte nur Katherine und Elena Bescheid geben“, erklärte ich und diese Aussage reichte aus, damit mein Bruder mich mit nach draußen begleitete.
Es war interessant den beiden, bei ihrem Spiel zuzusehen, da sie gleich aussahen und so das auch ein klein wenig verwirrend war. Katherine fing den Ball mit einer Hand auf und beendete somit das Spiel. Dann wandten sich die Schwestern zu uns.
„Ich hab sowieso verloren. Elena hat mich fertig gemacht, nach dem zwanzigsten Punkt hab ich aufgehört zu zählen“, meinte Katherine lächelnd und kam auf mich zu.

Lächelnd bot ich ihr meinen Arm an. Ich hätte nicht gedacht, dass Elena die bessere in dem Spiel war. Allerdings hätte ich auch eher geglaubt, dass sie gleich gut waren.
Katherine harkte sich bei mir ein und sah mich glücklich an.
Damon trat zu Elena und küsste ihre Hand, diese sie ihm schnell wieder entzog. „Nicht, ich bin sicher verschwitzt.“ Ihre Stimme klang sanft und diesmal sogar schon ein wenig schüchtern. Damon bot ihr seinen Arm an, doch ich merkte wie sie zögerte. „Bitte, Miss Pierce. Ich bestehe darauf“, sagte er und sie harkte sich tatsächlich ein.
Erst dann gingen wir zurück zum Haus.
Es war merkwürdig das Damon sie immer noch mit Nachnamen anredete. Elena war so korrekt, ganz anders als Katherine, die sehr moderne Ansichten vertrat.

Mir gefiel die Vorstellung, dass mein Bruder in Elena verliebt war. Noch mehr gefiel mir, das die beiden Schwestern ein genauso starkes Band zu haben schienen, wie mein Bruder und ich.
Ich hoffte das es so bleiben würde, das Damon und Elena heiraten würden und ich und Katherine. So würden wir immer in der Nähe der anderen sein. Die Vorstellung erschien mir einfach perfekt, ich konnte nichts dagegen tun.
Bevor wir ins Gästezimmer gingen, verabschiedeten sich die Mädchen noch einmal kurz.

Unser Vater erklärte uns was wir zum Gründertag machen würden und ich war wahrlich überrascht von seiner Entscheidung.
Alle alleinstehenden Frauen, vor allem die jungen Mädchen, würden einen Picknickkorb zusammenstellen, der versteigert werden sollte.
Die Männer die ihn erstatteten würden den Korb und das dazugehörige Mädchen für ein Picknick gewinnen. Alles würde auf dem Grundstück stattfinden, sodass man zwar alleine war, aber doch unter Leuten. So würde nichts passieren.
„Wer würde da mitmachen?“, fragte ich, weil ich es wirklich gewagt fand.
„Elena und ich machen da mit“, mischte sich eine Stimme ein und überrascht drehte ich mich zu Katherine, die mit Elena zusammen erschienen war. Damon und ich sahen uns überrascht an und in seinen Augen spiegelte sich dasselbe wieder, wie in meinem Inneren.
Wir wussten beide nicht, ob uns die Idee gefallen sollte oder nicht.

„Meine Freundin Pearl macht auch mit“, meinte Katherine. „Und Anna“, fügte Elena hinzu. Ich glaubte dabei handelte es sich um Pearls Tochter. Sie besaß die Apotheke in der Stadt und Anna war nur zwei Jahre jünger als ich.
Nun, es könnte wahrscheinlich wirklich klappen.
Wenn sich andere an ihnen ein Beispiel nehmen würden, was sich er so sein wird, dann würde das wirklich eine große Veranstaltung werden.
Trotzdem blieb für mich die Frage stehen, wie mein Vater auf so eine Idee gekommen war.

Beim Abendbrot schaute ich zu Katherine, die sich mit ihrer Schwester unterhielt und beschloss mit ihr in der Stadt einkaufen zu gehen, um einen Korb auszusuchen.
Die Vorstellung dass sozusagen sie selbst, wenn auch nur indirekt, versteigert werden sollte, schien ihr nichts auszumachen.
Im Gegenteil.
Es war so als würde ihr das tatsächlich gefallen und Spaß machen und auch Elena schien wenig dagegen zu haben, dabei hätte ich gedacht, das zumindest bei ihr, das gegen ihre moralischen Vorstellungen verstieß.
Bei Katherine verstand ich es ja, sie war manchmal wirklich sehr modern.
Aber bei Elena nicht wirklich, sie war sonst so zurückhaltend.

Nach dem Essen, verschwanden mein Vater, mein Bruder und Elena.
Katherine und ich wollten Karten spielen, sie wollte mit mir Pokern spielen und sie war sehr gut. Ich wusste nicht dass Frauen sowas spielten.
Damon hatte es mir beigebracht, er hatte es in einer Bar gelernt.
„Wirst du dich bemühen meinen Korb zu ersteigern?“, fragte sie auf einmal offen heraus und überrascht sah ich ihr in ihre braunen Augen.
Eigentlich müsste ich mich langsam an ihre Direktheit gewöhnt haben, doch es war nicht so. Immer wieder schaffte sie es mich damit zu überraschen.
„Möchtest du das?“, erwiderte ich und sah sie fragend an. Katherine war geheimnisvoll. Obwohl sie so offen war, hatte sie immer wieder Überraschungen parat. Alles was sie tat faszinierte mich. Es war wie eine Art Sucht.
So genau wusste ich zwar nicht was das für mich bedeuten sollte, aber mir gefiel dieses Gefühl.

„Ich möchte mit dir picknicken. Reicht dir das als Antwort?“
Schalk spiegelte sich in ihren Augen wieder. Sie zog mich auf. Als wollte sie mich herausfordern.
Aber sie hatte recht. Das reichte als Antwort.
Auch ich wollte zusammen mit ihr picknicken. Auf einer Wiese zu sitzen mit ihr auf einer Decke und dort zusammen zu essen. Es war eine schöne Vorstellung.
„Keine Sorge, ich werde darum kämpfen mit dir diesen Tag zu verbringen“, versicherte ich ihr und sie nickte zufrieden lächelnd.

Katherine konnte unglaublich anspruchsvoll sein. Sie schien Erwartungen zu haben, von denen ich wirklich nicht wusste ob ich sie erfüllte.
Aber alles was sie tat erschien so leicht. So als würde sie nicht weiter darüber nachdenken, sondern nur für den Moment leben.
Ich wusste nicht ob sie es ernst meinte, was sie fühlte oder aber ob alles für sie nur ein Spiel war.
Doch was ich wusste, dass ich alles tun wollte, um ihr gerecht zu werden. Damit sie mich liebte, so wie ich sie. Denn für mich war sie das wundervollste Mädchen, das mir je begegnet war.

Katherine legte ihre Karten offen hin.
„Was hast du, Stefan? Oder willst du mir sagen, dass ich schon wieder gewonnen habe? Das würde sich dann langsam häufen“, meinte sie grinsend.
Katherine hatte drei Könige und ich nur zwei Siebenen und zwei Zehnen.
Lächelnd legte ich meine Karten offen hin und seufzte.
„Sieht so aus, als hätten sie wieder gewonnen, Miss Katherine“, beglückwünschte ich sie und ihr Grinsen war wirklich ansteckend.
„Das machen sie doch nicht mit Absicht, oder Mister Salvatore?“, harkte sie nach und hob eine Augenbraue.

Ich schüttelte lächelnd den Kopf.
„Das würde ich mir nie wagen, Miss Katherine“, verteidigte ich mich.
Sie nickte leicht.
„Das würde ich ihnen auch nicht raten, Mister Salvatore“, meinte sie.
Eine Weile sahen wir uns an, dann mussten wir loslachen. Es war schwer so distanziert mit ihr zu reden. Das überließ ich lieber meinem Bruder.

Katherine teilte die Karten aus und sah dabei mit ihren braunen Augen zu mir hoch, die mich sofort gefangen nahmen.
Ja, meine Liebe zu ihr war wie eine Droge und obwohl ich wusste, dass das nicht unbedingt etwas Gutes war, genoss ich das Gefühl. Sie hatte einfach eine zu schöne Wirkung auf mich. Das Gefühl von heiß und kalt, das mich durchströmte war genial.
Mein Herz schlug mir bis zum Hals.
Diese Droge war das Beste was mir im Leben passiert war.



Kapitel 9: Akzeptanz




„Doch sie zu sehn hieß, sie zu lieben, nur sie zu lieben und für immer.“ (Unbekannt)


Damons Sicht:
Ohne einzutreten, lauschte ich was passierte, doch ich konnte nichts hören.
Also beschloss ich einzutreten.
Mein Vater und Elena saßen sich gegenüber und spielten Schach. Mein Vater hatte seinen Kopf auf seine Hand gestützt und schien angestrengt nachzudenken und das wirklich eine Weile. Dabei wusste ich dass er ein genialer Schachspieler war.
Er hatte sowohl mir, als auch Stefan das Spiel beigebracht und nicht mal als wir Kinder waren hatte er uns geschont und gewinnen lassen.
Allerdings hatte mein kleiner Bruder mehr Freude daran als ich.
Er setzte eine Figur und drückte dann auf eine Uhr, sodass Elena am Zug war. Sie spielten auch noch auf Zeit.
„Damon, findest du es wirklich angemessen dort in der Tür zu stehen und uns anzustarren?“, rief mich mein Vater tadelnd aus meinen Gedanken.

Entschuldigend senkte ich leicht den Blick.
„Nein. Entschuldige, Sir“, sagte ich automatisch und setzte mich auf einen Stuhl, um das Spiel weiter zu beobachten.
Schon nach kurzer Zeit machte Elena ihren Zug.
„Schach“, sagte sie und drückte auf die Uhr.
Jetzt fiel mein Blick auf das Schachbrett und ich sah überrascht, dass mein Vater in arger Bedrängnis war. Elena führte eindeutig in dem Spiel.
„Damon, du kannst dich freuen.
Elena zeigt dir gerade, wie sie mir wohl zum hundertsten mal zeigt, das sie klüger ist als ich.“

Überrascht schaute ich den zierlichen braunhaarigen Mädchen, das gerade leicht schmunzelte.
Sie schienen öfters zu spielen und wie mein Vater zugab, gewann sie wohl immer.
„Das ist nicht wahr.
Ich hatte schon lange nicht mehr einen so guten Gegner“, meinte sie und ich wusste dass sie es ernst meinte.
Mein Vater setzte eine Figur, doch ich erkannte das es nur noch eine Art Verzweiflungsversuch war, besonders da er damit seine einzige noch gute Figur opferte.
Elena schlug diesen natürlich und Vater wich noch einmal aus, bevor sie ihn Schachmatt setzte.

Mein Vater reichte ihr die Hand, die sie lächelnd schüttelte.
„Wie immer war es mir eine Freude gegen sie zu spielen, Elena“, sagte er. Ich schaute von meinen Vater zu Elena. Er schien sie sehr zu mögen oder zu schätzen.
Sie hatte seinen Respekt, das sah ich. Sie hatte ihn und ich als sein Sohn besaß ihn nicht.
„Gibt es etwas das sie nicht können, Miss Pierce?“, fragte ich und sie sah mich überrascht an.
Sie schien nachdenklich und dachte wohl wirklich über eine Antwort nach. „Ich kann nichts was mit Kunst zu tun hat, außer sie zählen singen dazu“, gab sie zu.

Ich musste schmunzeln. Ja, ein wenig zählte das. Sie war wirklich perfekt.
Als sie sich erhob, standen mein Vater und ich auch sofort auf, wie es sich gehörte.
„Ich denke ich werde mich zurückziehen“, meinte sie.
„Einen Moment, bitte“, hielt mein Vater sie auf und ging zu seinen Schreibtisch. Er nahm ein Buch, das er ihr überreichte.
„Sie hatten recht, es ist wirklich sehr interessant. Thoreau war ein wirklich genialer Schriftsteller“, gab er zu und Elena nickte lächelnd.
Sie machte einen Knicks. „Gute Nacht, Mister Salvatore.“ Dann wandte sie sich an mich und nickte mir noch einmal extra zu. „Mister Salvatore.“
Dann sah ich ihr zu, wie sie aus der Bibliothek verschwand. „Gute Nacht“, flüsterte ich schwach, auch wenn ich wusste das sie mich nicht mehr hören konnte und wahrscheinlich schaute ich ihr sehnsuchtsvoll hinterher.

Erst nach einer Weile bemerkte ich den Blick meines Vaters.
„Es scheint so, als würdest du endlich mal eine gute Entscheidung treffen“, meinte er und ging zu seinem Schrank und holte eine Flasche Whiskey heraus.
Verwirrt sah ich ihn an?
Was meinte er damit?
Welche Entscheidung hielt er für richtig?
Er goss in zwei Gläser Alkohol und reichte mir eines davon. „Ich hoffe du vermasselst das nicht, Damon. Ich hätte Elena sehr gerne als Schwiegertochter.“

Überrascht sah ich meinen Vater an.
Das meinte er?
Er fand es gut dass ich… mich in sie verliebt hatte? Nie hatte er eines der Mädchen toleriert, die mir gefielen. Nie hatte er irgendwas in meinem Leben toleriert. Aber das ich mich in ein Waisenmädchen verliebt hatte? Oder lag es daran, was für eine Art Mensch sie war.
„Woher weißt du, das ich…“
„Ich bin nicht blind, Damon. Unerwartet, ungewöhnlich, aber überraschend beeindruckend. Es hätte kein besseres Mädchen geben können, durch das du zur Vernunft kommst.“

Sprachlos sah ich ihn an, als er mit mir anstieß.
Er hatte es bemerkt, er hatte bemerkt wie viel Elena mir bedeutete und er akzeptierte es tatsächlich. Er war sogar dafür.
Anscheinend war also mein Eindruck von Elena also nicht falsch, sie war die perfekte Dame. So sehr, dass sie sogar mein Vater beeindruckte. Das war er sonst nur von Stefan.
Ich trank den Alkohol, der mir ein warmes Gefühl gab.
Ich schwor mir dass ich es schaffen würde. Das ich Elena für mich gewinnen würde. Zwar würde ich damit sogar die Erwartungen meines Vaters erfüllen, von denen ich versucht hatte sie in den letzten Jahren sie mit Absicht zu enttäuschen, aber das war mir egal.
Die Idee hatte sich sowieso schon in meinen Kopf festgepflanzt.
Ich liebte Elena und ich wollte sie als Frau an meiner Seite wissen. Dass es vielleicht nicht so war, machte mich krank und die Vorstellung, dass sie einen anderen wählen würde machte mich rasend vor Eifersucht.

Nachdem ich das Glas geleert hatte, nickte ich meinen Vater zu und verschwand aus dem Raum, gerade dann als Stefan hinein ging.
Ich wollte gerade in mein Zimmer, als ich Katherine begegnete, die anscheinend auch auf den Weg nach oben war.
„Mister Salvatore“, grüßte sie mich und deutete einen Knicks an.
Leicht verbeugte mich und meinte höflich: „Miss Pierce“.
Ich fragte mich, wie es sein konnte, das ich in ihrer Nähe nichts fühlte, wobei mich schon allein der Anblick ihrer völlig gleich aussehenden Schwester aus dem Konzept brachte.

„Sie können mich Katherine nennen“, bot sie mir freundlich an.
Ich stutzte, schüttelte aber den Kopf.
„Tut mir leid, es ist nicht persönlich gemeint, aber ich möchte erst die Erlaubnis ihrer Schwester sie zu duzen, bevor ich auch sie beim Vornamen nennen“, erklärte ich und war selbst überrascht von meinem Entschluss.
Erst als sie es gesagt hatte, war mir dieser Gedanke gekommen. Vorher stand er natürlich nicht im Raum, aber jetzt erschien es mir logisch und ich wollte es tatsächlich so.
Sie musterte mich genau, nickte dann aber verstehend.
„Das versteh ich, Mister Salvatore. Dann müssen sie sich aber anstrengen, meine Schwester kann sehr anspruchsvoll sein, auf eine ganz andere Weise als andere. Sie wird es ihnen nicht leicht machen“, erklärte sie mir.

Leicht nickte ich.
Das hatte ich schon mitbekommen. Sie war sehr distanziert und tadelte mich offen, wenn ich zu weit ging oder ihrer Meinung einen Fehler machte oder unhöflich war.
„Falls sie das interessiert, sie mag Schwertlilien, Flieder und Gänseblümchen“, meinte sie, als wir die Treppe hochgingen.
Überrascht sah ich sie an. Sie half mir? Wieso?
„Danke für den Rat“, bedankte ich mich, als wir oben waren. Katherine nickte leicht, machte einen leichten Knicks und verschwand dann in das Zimmer von ihr und Elena.

Mein nächstes Ziel stand damit schon einmal fest. Ich musste es schaffen, Elena beim Vornamen nennen zu dürfen. Außerdem nahm ich mir fest vor ihren Korb zu ersteigern, um mit ihr picknicken zu dürfen.
Seufzend schmiss ich mich auf mein Bett und fuhr mir durch die Haare.
Was machte sie nur mit mir, das sie all meine Gedanken beherrschte? War das eine Art Zauber?
Ich schloss die Augen und sah ihr Gesicht vor mir, wie sie weglief, am See entlang.
Schnell hatte ich versucht sie einzuholen, aber das war ein wirklich schwieriges Unterfangen gewesen.
Am Ende als ich sie erreichte, konnte es auch gut so gewesen sein, das sie mich gewinnen lassen hatte.
Ich hatte sie am Arm gefasst und wäre von dem Schwung, den ich drauf hatte, beinah mit ihr umgekippt, so war sie ein wenig unfreiwillig in meine Arme gelandet.
Schnell hatte sie sich daraus zwar wieder befreit, mich auf Abstand geschoben und sich verlegen eine Strähne hinters Ohr gestrichen, doch für einen Moment hatte ich sie in den Armen gehalten. Zu gern würde ich dies noch einmal fühlen.

Ich hatte mich komplett gefühlt. Als wäre ein fehlender Teil von mir so nah bei mir, dass ich meine Finger nur ausstrecken musste, um ihn wieder zu erlangen.
Elena war der fehlende Teil zu mir und ich würde alles dafür tun, um ihn wirklich zu gewinnen und nie mehr zu verlieren.
Es war mir egal ob das, ein Zauber war, sie konnte von mir aus eine Hexe sein oder ein Dämon, mir war das egal.
Hauptsache ich durfte für immer bei ihr sein.
Immer wenn ich sie sah wusste ich es, das ich sie liebte, mit jedem Mal ein wenig mehr. Ein Fluch den ich mit offenen Armen empfing.



Spezial zu Kapitel 2: Verzaubert




„Sie ist nicht schön dem Anschein nach wie viele Mädchen, ah! Ihr Liebreiz wird mir klar danach, als ich sie lächeln sah.“ (Hartley Coleridge)


Damons Sicht:
Ich war gerade erst wieder gekommen und lief eigentlich schon ins Haus.
Aber obwohl ich nach meinem Bruder rief und jeden Raum durchsuchte, vor allem die Bibliothek, weil ich hoffte, ihn dort zu finden, war er unauffindbar.
War mein kleiner eifriger Bruder wirklich um diese Uhrzeit draußen? Das war doch die Zeit wo er über seinen Büchern hing. Wenn er einen Spaziergang machte, dann am Morgen.
Ich ging nach draußen in den Garten, vielleicht hatte er auch einfach seinen Studien nach draußen verlegt. Es war schließlich schönes Wetter.

Tatsächlich erkannte ich eine Gestalt auf einer Bank, weiter hinten.
Aber schon bald, als ich erkannte dass die Silhouette ganz und gar nicht mein Bruder sein konnte, stockte ich. Doch dann überlang natürlich meine Neugierde und ich schlich mich, näher an die Tür, heran.
Die Person war anscheinend eine zierliche Frau, die von ihrer Sitzhaltung ausgehend, mit lesen beschäftigt war.
Ich erkannte nur ihre langen seidigen braunen Haare, die in leichten Wellen hinter die Bank fielen. Sie hatte zwei geflochtene Strähnen nach hinten gesteckt.

Eigentlich wollte ich den unbekannten Gast überraschen, doch dieser drehte den Spieß um, indem sie sagte: „Halten sie es für höflich und angebracht sich bei einer Dame anzuschleichen.“
Eindeutig ein Tadel, von dem ich dachte nur mein Vater konnte sie mit dieser Stimmlage vollbringen, doch ihre Stimme klang dabei so seicht und melodisch.
Sie hatte mich nicht einmal gesehen. Wer war sie bloß?
Elegant stand sie auf und drehte sich zu mir um, dabei wirkte ihre Drehung wie die einer Tänzerin.

Als ich sie sah, war es wie ein Schlag ins Gesicht.
Noch nie hatte ich was Schöneres in meinem Leben gesehen. Wie konnte ein Mädchen nur so bezaubernd sein?
Sie legte ihren Kopf schief und ihre Haare fielen dabei zur Seite, wobei sie mich fragend ansah.
Ich musste ein paarmal blinzeln, um mich wieder unter Kontrolle zu bekommen und merkte dass mein Mund leicht offen stand.
Sofort rief ich mir wieder die Manieren in den Kopf, die ich gelernt hatte und versuchte stramm und ordentlich zu stehen.

„Entschuldigen sie, Miss…“
Ich stockte, ich hatte keine Ahnung wie das liebreizende Wesen hieß. Schnell verbeugte ich mich tief vor ihr, damit ich wenigstens etwas Gescheites machte.
„Pierce. Elena Pierce“, vervollständigte sie meinen angefangenen Satz und reichte mir ihre Hand. Vorsichtig nahm ich sie in meine, damit ich sie nicht zerbrach. Sie sah so zart wie eine Tänzerin aus. Ich küsste ihre Hand sanft und strich über ihre Haut.
Sie war so weich und schön.
Elena, wie Helena. Es war so passend.
„Damon Salvatore. Es ist mir eine große Freude sie kennenzulernen.“
Mehr als das. Eine Ehre. Ich war wie… wie verzaubert. Es gab keinen anderen Ausdruck dafür. Ich wollte einfach alles über das Mädchen wissen, dem ich bereits mit Leib und Seele gehörte.

Irgendwann musste ich mich doch überwinden ihre Hand loszulassen, doch es fiel mir entsetzlich schwer.
Sie schmunzelte, als sie meinen Blick sah, den sie ohne zu zögern erwiderte.
Los Damon, sag zumindest irgendwas gescheites, du musst mit ihr sprechen.
„Sie wissen nicht zufällig, wo mein Bruder sich befindet?“
Oh Gott, wieso war ich nur so doof und musste so etwas fragen? Wenn sie die Antwort nun wusste? Ich wollte hier nicht weg. Ich musste doch noch erfahren, was für ein wundervolles Wesen sie innerlich war.

Von außen her, war sie zumindest vollkommen.
Ihre langen braunen Haare glänzten seidig in der Sonne und ihre rehbraunen Augen zogen mich einfach an. Sie besaßen eine ungewöhnliche tiefe.
Ihr Gesicht war klein und schön und jede Fase davon zog mich an, am liebsten wollte ich sie überall küssen.
Ich musste mich schnell wieder unter Kontrolle bekommen.
Sie konnte doch nicht vom ersten Moment so eine Macht über mich haben, wo ich sie doch nicht einmal kannte.
Aber sie wirkte so klein und zerbrechlich.
Wirklich schon schmächtig, das ich sie schützend in den Arm nehmen wollte.

Aber auch sie schien mich zu mustern, weswegen ich mir ein Grinsen nicht verkneifen konnte.
„Er wollte mit meiner älteren Schwester spazieren gehen. Ich fürchte ich kann ihnen nicht sagen wann sie zurück sein werden“, erklärte sie mir und im selben Moment war ich ehrleichtert.
Das hieß ich konnte ein wenig bei ihr bleiben.
Aber dann fiel mir etwas auf, das mich überraschte.
Stefan war mit ihrer Schwester spazieren?
Warum sollte er mit ihr weg sein, wenn dieser Engel hier war?
Das ergab für mich keinen Sinn.
„Und er hat sie tatsächlich hier allein zurückgelassen?“

Die Antwort war für mich wirklich nicht greifbar.
„Ich schätze es allein zu sein“, gab sie mir zu verstehen und für einen kleinen Moment versetzte es mir einen Stich ins Herz.
Doch ich musste sie kennenlernen. So leicht würde ich nicht aufgeben.
„Dann bin ich hier wohl fehl am Platz und störe sie mit meiner Anwesenheit“, provozierte ich sie und setzte damit eigentlich alles auf eine Karte.
„Nun, jetzt sind sie hier.“
Eine einfache Feststellung und sie klang amüsiert. Noch viel besser, ihre Antwort war kein nein.

„Darf ich sie dann noch weiter mit meiner Anwesenheit belästigen und sie auf einen Spaziergang einladen?“, fragte ich sie und bot ihr dabei meinen Arm an.
Auf einmal schien sie zu versteinern und sah mich einfach nur an.
Aber kaum einen Augenblick später fing sie sich wieder und lächelte, dabei klappte sie ihr Buch zu und harkte sich bei mir unter.
Ihre Nähe war unglaublich berauschend.
„Sie dürfen mich wohl zurück ins Haus begleiten“, erlaubte sie mir und das war schon mal ein Anfang, der mich glücklich machte.
„Wie lange sind sie schon hier?“, fragte ich nach. Wie viel von ihrer Anwesenheit hier hatte ich schon eingebüßt?

Ich schaute auf das zierliche kleine Mädchen an meiner Seite und wünschte ich wüsste was in ihr vorging.
Sie antwortete nicht sofort und schien über irgendetwas nachzudenken.
Sie war ein wirkliches Rätsel. Mein persönliches Rätsel. Aber ich mochte es.
„Seit gut drei Tagen“, antwortete sie mir schließlich.
Das war noch nicht so lange, das hieß sie würde noch für eine Weile bleiben. Ein Besuch dauerte meist ein paar Wochen. Nur solange würde ich nicht hier bleiben.
„Ich hoffe sie bleiben noch lange“, meinte ich hoffnungsvoll.

Das Beste wäre natürlich sie würde für immer bleiben, aber das war wahrscheinlich unsinnig.
„So war es gedacht. Aber davon werden sie doch nicht viel haben, soweit ich gehört habe kämpfen sie doch im Krieg.“
Ja, das würde Vater sicher erzählt haben.
Seiner Meinung war es das einzig richtige was ich tat.
Stefan war sonst das Goldkind, das alles richtig machte.
Frech grinsend sah ich sie an.
„Sie wünschen sich wohl tatsächlich, mich loszuwerden“, meinte ich gespielt empört und legte zur Bekräftigung die Faust auf mein Herz.

Sie löste sich von mir und ich fragte mich ob ich zu weit gegangen war. Doch sie drehte sich grinsend zu mir um, die Hände, hinter ihren Rücken stand sie mir gegenüber.
„Ich wünsche mir gar nichts ihnen gegenüber. Ich kenne sie überhaupt nicht und sie kennen mich nicht“, sagte sie leicht überheblich und ich folgte sprachlos ihren Worten.
„Ich bin nicht das richtige Mädchen zum Kennenlernen für sie, Mister Salvatore“, fügte sie hinzu und machte einen Knicks.
„Guten Tag.“
Mit diesen Worten wandte sie sich ab, raffte ihren Rock und wollte gehen.
Nur Sekunden hatte ich Zeit ihre Worte zu realisieren.
Natürlich kannte ich sie nicht und sie mich nicht, aber das wollte ich ändern.
Um jeden Preis, wollte ich alles von ihr erfahren.

Schnell holte ich zu ihr auf und stellte mich grinsend vor sie.
So leicht würde sie mir bestimmt nicht entkommen. Nicht sie, ein wandelnder Engel auf Erden.
„Lassen sie mich beurteilen wen ich kennenlernen möchte, Miss Pierce. Wenn sie erlauben suche ich jetzt meinen Bruder und danach gehört ihnen meine volle Aufmerksamkeit“, versicherte ich ihr. Sie würde mich nicht mehr so einfach los werden.
Ich nahm ihre Hand sanft und küsste sie, so lange wie es noch erlaubt sein würde, aber wahrscheinlich schon nicht mehr nötig war.
Doch sie machte mich süchtig.
„Ich wünsche mir nämlich alles von ihnen zu wissen“, flüsterte ich ihr die Worte entgegen und verbeugte mich noch einmal tief vor ihr.

Frech grinste ich sie an und ihre leicht offenen Lippen, luden mich eigentlich ein sie zu küssen. Ich hatte diesen Dran irgendwie.
Schnell musste ich hier weg, mich ablenken, vielleicht mit meinen Bruder etwas Sport machen, bevor ich noch was Unüberlegtes und nicht Sittsames machte.
„Guten Tag, Miss Pierce. Ich empfähle mich“, sagte ich und diesmal konnte ich es fast kaum erwarten von ihr wegzukommen.
Sie benebelte einfach meinen Kopf, sodass ich mich vergas.
Elena, sie hatte mich verzaubert, voll und ganz.
Aber erstmal musste ich mich davon ein wenig lösen. Es durfte mich nicht vollkommen beherrschen, sonst würde ich es vielleicht nie schaffen ihr näher zu kommen und es war doch dieser Wunsch der mich gerade so verzehrte.



Kapitel 10: Kontraproduktiv




„Ein neues Jahr, eine neue Chance, eine neue Geschichte, ein neues Leben.
Das Ende brachte immer einen Anfang mit sich. Doch war das Ende wirklich bereits eingetroffen?“ (Unbekannt)



Katherines Sicht:
„Hier ist es schön, wir sollten aufpassen, damit wir solange wie möglich hierbleiben können“, meinte Pearl und ich nickte zustimmend.
„Das seh ich genauso, das hier ist eine neue Chance für uns. Ein Neuanfang.“
Den hatte es für mich schon so oft gegeben. Immer wenn wir irgendwo fliehen mussten, weil das Gerücht von übernatürlichen oder sogar Vampiren aufkam, mussten wir weg und irgendwo neu anfangen.
Natürlich gab es noch einen anderen Grund, warum wir manchmal weiter ziehen mussten.
Wenn irgendjemand von den Vampiren, die auf uns jagt machten, uns entdeckten. Entweder die von Klaus oder die von Elijah. Obwohl das im Endeffekt auch egal war. Wer von ihnen uns auch finden würde, das würde niemals glücklich für uns enden.
Obwohl ich zumindest bei Elijah für Elena noch das Glück herausquetschen konnte, wenn es noch etwas in ihm gab, das sie liebte.

Bei Klaus aber konnten wir uns auf etwas Schlimmeres als den Tod gefasst machen, dessen war ich mir sicher.
„Hast du schon einen Auserwählten, der für dich bieten soll?“, fragte Pearl neugierig.
Lächelnd strich über meinen Korb, den ich gekauft hatte. „Das hab ich tatsächlich. Einen charmanten jungen Mann“, antwortete ich ihr.
Stefan war charmant, doch so einfach würde ich das Spiel nicht für ihn machen. Ich musste es ihm erschweren. Dafür hatte ich auch schon eine exzellente Idee.
„Ich seh dich dann sicher beim Picknick, ich bin gespannt wie viele Männer für deinen Korb bieten werden“, sagte ich und ging zu meiner Schwester, die an der Tür stand.

Ich folgte ihren Blick, zum anderen Ende der Straße, wo Damon und Stefan waren.
„Meinen Segen hast du jedenfalls, er mag dich wirklich sehr, das hab ich überprüft.“ Damon machte einen Unterschied zwischen Elena und mir. Es war ihm nicht egal, wer von uns es war. Er wollte tatsächlich sie. Dadurch wusste ich dass er sie verdiente, denn die meisten war es egal, solange sie eine von uns haben konnten.
Meine Worte ließen sie aus ihren Gedanken schrecken, was mich schmunzeln lies.
Erwischt.
„Ich weiß nicht wovon du redest“, behauptete sie stur.
Natürlich. Sie machte sich sicher nie Gedanken um einen Jungen.

„Wie du meinst. Ich weiß das du ihn magst, sonst würdest du ihm seine Annäherungsversuche nicht durchgehen lassen, sondern sie im Keim ersticken.“
Das konnte sie wirklich gut. Zuweilen war sie dabei wirklich boshaft. Zumindest so höflich wie sie das sagte und sie abwürgte, war das richtig grausam.
„Das hab ich versucht, aber es hat nicht gewirkt“, murmelte sie und ich hob überrascht eine Augenbraue.
„Tatsächlich?“
Der Junge war ja wirklich ehrgeizig.
Der Rotschimmer auf Elenas Gesicht zeigte mir, das wohl besonders das sie beeindruckt hatte. Das war eine wirkliche Überraschung. Ich hoffte er würde es schaffen, Elijah aus ihren Gedanken zu vertreiben.
„Ich glaub ich mag ihn“, beschloss ich und meine Schwester verdrehte die Augen. Sie wusste ganz genau was ich damit meinte.
„Schnapp ihn dir, Elena. Zeig ihn was Vampir-Liebe ist“, stichelte ich sie an.
„Du weißt sowas mach ich nicht, Katherine.“
Ja, das wusste ich. Sie machte nie einfach so etwas, wegen dem Spaß. Während ich öfters Affären hatte, hielt sie sich immer zurück.
Aber diesmal mochte sie den Jungen, es würde dann zwar keine Affäre werden, sondern etwas Ernstes, aber wenn sie das glücklich machte und von Elijah wegbrachte, dann war ich damit einverstanden.

Wir mussten endlich von unserer Vergangenheit loskommen.
Ein neuer Anfang war für uns beide das Beste.
„Katherine, Elena, habt ihr etwas gegen unsere Anwesenheit einzuwenden oder dürfen wir euch nach Hause begleiten?“, fragte Stefan und ich drehte mich erfreut zu ihm um.
Gerade wollte ich ihm eine positive Bestätigung geben, da meinte Elena aber schon: „Tut mir leid, heute nicht.“
Sie hatten meinen Korb geschnappt und ihn wie ihren hinter uns versteckt.

Das reichte den Brüdern anscheinend auch als Begründung. Stefan lächelte leicht. „Das verstehen wir, dann bis nachher“, sagte er und drehte sich um und ging.
Ich wollte gerade auch mit Elena gehen, da hielt Damon sie aber zurück. „Miss Pierce, darf ich kurz mit ihnen reden?“, fragte er und bevor sie es verneinen konnte, lächelte ich mich meiner Schwester zu, nahm ihren Korb, sodass Damon ihn nicht sehen konnte und ging vor.
Natürlich konnte ich sie immer noch hören.
„Wie kann ich ihnen helfen?“, fragte Elena höflich, aber ziemlich distanziert. Ich musste ein Stöhnen unterdrücken. Man Elena, spiel nicht die Eisprinzessin.

„Haben sie etwas dagegen, wenn ich ihren Korb ersteigere?“, fragte er und ich musste lächeln.
Er fragte sie? Hmm… Was hatte Elena bei ihm nur für einen Eindruck hinterlassen.
„Dazu brauchen sie nicht meine Erlaubnis, Mister Salvatore. Das wissen sie schon, oder?“, fragte sie und ihre Stimme klang am Anfang ein wenig verdutzt. Anscheinend war sie auch ziemlich überrascht über die Frage.
„Bekomme ich dann diesmal keinen Tadel dafür?“, fragte er nach und ich konnte das Grinsen aus seiner Stimme praktisch heraushören. Oh ja, in sowas war sie gut und dass man dabei sich so richtig schlecht fühlt.

„Was mögen sie gern?“ Damon gab einen verwirrten Laut von sich, über die Frage meiner Schwester. Jetzt schaffte sie es auch noch den armen Jungen aus der Fassung zu bringen.
„Ich nehme mal an, sie haben vor zu gewinnen. Also was essen sie gerne?“, fragte sie noch einmal nach.
Oh, sie mochte ihn wirklich gerne. Bitte Junge, vermassel das bloß nicht.
„Kartoffelsalat mag ich gerne“, antwortete er ihr.
„Also gut. Bis dann, Mister Salvatore.“ Zwar sah ich nicht was passierte, aber ich nahm mal an, dass der übliche Ritus stattfand und er sie auf die Hand küsste und sich verbeugte. Elena würde einen Knicks machen und dann dauerte er nicht mehr lange, dann wäre sie neben mir.

Eine halbe Minute später war das auch der Fall.
„Was hast du nur mit dem armen Jungen angestellt?“, fragte ich sie tadelnd und schüttelte grinsend den Kopf.
Sie hob den Kopf leicht an und beschleunigte ihre Schritte, sodass sie an mir vorbei ging. Wie gemein! Sie wollte mich ignorieren. War das zu fassen?
„Komm schon, Elena. Du musst doch zugeben, dass er total in dich verknallt ist!“ „Muss ich nicht!“, erwiderte sie heftig und unterbrach mich, aber ich ließ mich davon nicht beirren und sprach einfach weiter. „Und das du selbst auf dem Weg bist, dich hoffnungslos in ihn zu verlieben.“

Mit geschockten weit aufgerissenen Augen sah sie mich an, als wären ihr meine Worte ins Bewusstsein gedrungen und hätten ihr einen unverzeihlichen Fehler aufgedeckt.
Ich grinste sie triumphierend an, da sie nun wusste und sich eingestand, dass ich recht hatte.
„So ist es nicht! Du täuschst dich Katherine! Ich empfinde nichts für ihn. Er ist nur ein Junge“, benutzte sie meine Worte. „Ich werde es dir beweisen!“
Mit diesen Worten ging sie hoch erhobenen Hauptes weiter.
Erst ein paar Sekunden später realisierte ich was sie gesagt hatte und sich damit wieder in den Kopf gesetzt hatte und sich selbst damit verbauen wollte.
Schnell eilte ich ihr hinterher.
„Warte! So war das nicht gemeint, Elena. Du musst mir gar nichts beweisen! Wirklich nicht! Es ist doch schön dass du den Jungen magst. Er ist sehr charmant“, versuchte ich sie umzustimmen, obwohl ich doch wusste das es unmöglich war Elena von ihren irren selbstzerstörerischen Ideen abzubringen.
In dem Punkt waren wir uns nun mal ähnlich. Wenn wir uns etwas in den Kopf gesetzt hatten, dann setzten wir es auch durch.

„Ich meine es aber ernst und du wirst sehen dass ich recht habe!“
Ging es etwa mal wieder darum?
Das sie recht hatte?
Ich wusste ja, dass sie es liebte, wenn sie recht behielt, doch das war doch wirklich lächerlich. Es geschah auf ihre Kosten und das sollte nun wirklich nicht sein.
„Bitte, Schwester! Überleg es dir doch nochmal. Das kannst du nicht tun! Ignorier nicht deine Gefühle, zumindest nicht diese, die du seit über dreihundert Jahren zum ersten mal wieder hast“, appellierte ich an ihre Vernunft, aber die war anscheinend gerade nicht zugänglich.
„Das tu ich nicht, Katherine. Schließlich habe ich keine Gefühle für ihn.“
Oh doch, das hatte sie und sie war mal wieder Elena genug an etwas alten festzuhalten, obwohl sie wusste das es nicht mehr zutraf.
Wieso musste sie nur so sein?



Kapitel 11: Fangen




„Die Liebe ist eine so starke Macht, dass sie nur durch Flucht überwunden werden kann.“ (Unbekannt)


Stefans Sicht:
„Warte, Katherine!“, rief ich ihr lachend hinterher, während sie zwischen den Sträuchern vor mir weglief.
Ihr Lachen drang an mein Ohr und verführte mich auf der Stelle stehen zu bleiben und ihr zuzuhören, doch ich widerstand meinen Drang.
„Kommt gar nicht in Frage! Du musst mich schon kriegen“, lachte sie und sie raffte ihren Rock und ich hatte das Gefühl das sie noch schneller lief.
Wie konnte ein Mädchen mir Rock nur so schnell sein?

Sie lief zu einem Baum und schlug an diesem an, bevor sie sich grinsend zu mir drehte.
„Gewonnen, stimmen sie mir da zu, Mister Salvatore?“, fragte sie nach und ihre Augen schienen vor Schalk zu glitzern.
Leicht verbeugte ich mich vor ihr.
„In der Tat, Miss Katherine. Sie waren um einiges schneller.“
Sie sah glücklich aus. Katherine sah eigentlich immer glücklich aus. Fast nie hatte ich sie ernst oder in einer anderen Stimmung gesehen. Traurig schon gar nicht.
„Was ist mein Preis?“, fragte sie provozierend und kam ein Schritt auf mich zu. Sie kam mir so nah und beugte sich zu meinem Gesicht.

Wie hypnotisiert beobachtete ich ihre Lippen und wollte gerade nichts mehr, als sie zu küssen.
Sie sahen so einladend weich aus.
Unbewusst lehnte ich mich zu ihr vor. Es schien mich zu durchzucken und alles andere schien nebensächlich zu sein.
War es wahr?
Durfte ich dieses fantastische, einzigartige Mädchen küssen?
Nein!

Verdammt! Was tat ich hier nur?
Im letzten Moment bekam ich gottseidank noch die Kurve und küsste sie auf die Stirn.
Sehnsuchtsvoll, leidvoll und eigentlich viel zu lange.
Aber das hier war nicht richtig. Ich durfte sie nicht besudeln. Das würde ihr einen schrecklichen Ruf bringen und das wollte ich nicht.
Mir vielleicht auch, aber das war mir egal.
Verzeihend legte ich meine Stirn gegen ihre und schloss meine Augen. „Verzeiht, wir dürfen das nicht tun.“
Meine Vernunft siegte mal wieder und das bedeutete dass ich sie zum Glück immer noch besaß. Zwischendurch hatte ich tatsächlich daran gezweifelt.

Sie lehnte sich an mich und schlang ihre Arme um meinen Körper. Automatisch legte ich auch meine Arme um sie und zog sie näher an mich, sodass ich sie doch tatsächlich umarmte. Hoffentlich sah das niemand.
„Das ist mir egal. Ich mag dich Stefan“, sprach sie offen und mein Herz schlug ein paar Takte höher.
Sie mochte mich. Tatsächlich. Vielleicht auch genauso gerne wie ich sie mochte.
Ich roch an ihren Haaren, die einen leichten süßen Kirschgeruch hatten.
„Ich mag dich ebenfalls, Katherine“, erwiderte ich und ich spürte wie sie nach meiner Hand griff und sie mit ihrer verschränkte.

Es war schön bei ihr zu sein, einfach nur so.
Auch wenn ich mich jetzt nach einen Kuss von ihr sehnte, aber das durfte ich nicht. Das ging nicht einfach, wo wir uns doch kaum kannten.
Langsam löste ich meine Arme wieder von ihr und trat zurück, um wieder einen angemessenen Abstand zwischen uns zu kommen.
Katherines Mund verzog sich dabei und sie sah beleidigt aus.
Es schmerzte mich ebenfalls sehr, ihr nicht nah sein zu dürfen und das wo wir es beide wollten.

„Vielleicht sollten wir wieder reingehen“, schlug ich vor, um uns aus dieser gefährlichen Situation zu bringen.
Es wäre nicht gut, wenn uns jemand sehen würde. Es wäre nicht gut, wenn das jemand gesehen hätte.
„Oder vielleicht spielen wir weiter und du versuchst mich zu fangen.“ Sie strahlte bei ihren Worten übers ganze Gesicht und irgendwie wusste ich gerade nicht, wie ich nein sagen sollte.
Ziemlich hilflos stand ich da und fragte mich, wie man noch einmal höflich das nein formulierte. Ich wollte uns auf keinen Fall weiter in Bredouille bringen.

Sie sah mich ernst an, aber dann fing sie an zu lächeln und tippte mich am Arm an.
In der nächsten Sekunde drehte sie sich um und lief weiter weg in den Garten hinein. „Du bist dran, Stefan. Du musst mich fangen!“, rief sie vergnügt.
Ein paar Sekunden überlegte ich und rief mir in den Kopf, was für eine dumme Idee es war.
Doch dann siegte mal wieder, wie so oft in letzter Zeit, etwas anderes über meinen Verstand und ich lief ihr hinterher.
Wir liefen durch die Fliedersträucher und ich versuchte sie einzuholen, was allerdings schwieriger war, als es sich anhörte.
Sie war einfach nicht zu erwischen.

Ich lief so schnell ich konnte und war knapp hinter ihr, doch ich schaffte es nicht sie zu erreichen. Sie schlug eine Kurve und lief zum Haus.
Dort schaffte ich es sie einzukesseln. An der Hauswand fasste ich nach ihr, doch sie drehte sich und war somit hinter mir. Sie legte ihre Hände auf meine Augen und ich konnte ihr Lächeln auch so sehen. Leicht spürte ich ihren Atem in meinen Nacken.
„Du hast mich wohl gefangen, Stefan oder zählt das trotzdem als mein Sieg?“, fragte sie keck.
Katherine nahm ihre Hände von meinen Augen und legte ihren Kopf schief zu mir nach vorn und sah mich fragend an.
Ihre gelockten Haare fielen dabei zur Seite und einige berührten meine Schultern.

Sie stand schon wieder so provozierend nah bei mir und ich lehnte meinen Kopf zur Seite, kam ihr wieder viel zu nah.
So nah und das in wenigen Minuten.
Was machte sie nur mit meinen Verstand? Schaltet der sich in ihrer Nähe völlig ab?
Dann hörte ich ein Räuspern und sah meinen Vater auf der Terrasse, etwa zehn Meter von uns entfernt.
Erwischt!
Sofort trat ich von Katherine zurück.
„Verzeiht, Miss Katherine“, sagte ich sofort und sie nickte nur verstehend.

Noch eine Weile sah ich sie an und schluckte.
Ich wusste ehrlich nicht was ich sagen sollte und sie wohl auch nicht.
Sie machte einen Knicks. „Entschuldigen sie mich, Mister Salvatore“, sagte sie und eilte an mir und auch meinen Vater vorbei ins Haus. Sie floh aus dieser Situation, zumindest kam es mir so vor. Wir waren von unseren Gefühlen überwältigt wurden und hatten uns ihnen leichtsinnig hingegeben.
Vater stand noch immer auf der Terrasse.
Er sah mich unentwegt an.
War er sauer auf mich?
Ich konnte es nicht erahnen, bisher war er noch nie wütend auf mich gewesen, das hatte bisher nur Damon erlebt. Ich wusste nicht wie das war und wie ich damit umgehen sollte.

„Endschuldige, Sir. Das war nicht angemessen von mir“, entschuldigte ich mich bei meinem Vater.
Er sah mich eine Weile lang an, dann nickte er leicht.
„Zumindest ist deine Urteilsfähigkeit im Nachhinein noch nicht abgeklungen. Dann besteht ja noch Hoffnung.“
Seine Worte klangen so distanziert, das war ich nicht gewohnt.
Aber eins wusste ich genau, das war ein Tadel.
Doch diesen hatte ich auch verdient. Ich hätte das nicht tun dürfen. Ich war ihr viel zu nah gekommen. In der nächsten Zeit sollte ich mich mehr um meine Selbstbeherrschung bemühen, damit sowas nie wieder passieren würde.
So durfte das nicht sein. Das musste seinen vorgeschriebenen Rahmen haben müssen. Eine klare Struktur. So wie es richtig war. Daran musste ich festhalten und mich halten, damit ich niemand enttäuschte, auch nicht mich selbst.

Ich liebte Katherine, aber das durfte mich nicht vergessen lassen, was richtig und was falsch war.
Auch wenn sie mir so entgegen kam, das war nicht richtig.
Ich musste um sie werben und einen gewissen Abstand waren, wie… ja wie Damon. Wie er es gerade tat.
Es war irgendwie grotesk, dass ich mir mal ein Beispiel an meinen verantwortungslosen Bruder nehmen musste.
So absurd.
Wie war es nur dazu gekommen.
Sonst war ich doch immer der Vernünftige gewesen. Ich schämte mich für mein unsittliches Verhalten.
Ich verbeugte mich vor meinen Vater. „Ich werde mich um meine Studien kümmern“, entschuldigte ich mich.
Außerdem sollte ich mich um meine Selbstdisziplin kümmern. Die gerieten bei Katherine immer viel zu stark ins Wanken.



Kapitel 12: Was ist hier los ?




„Den Sinn erhält das Leben einzig durch die Liebe. Das heißt: Je mehr wir lieben und uns hinzugeben fähig sind, desto sinnvoller wird unser Leben.“ (Hermann Hesse)



Der Fehler war dabei nicht schwer zu finden.
Eigentlich führten Stefan und Vater immer Gespräche, wenn sie zusammen in einem Raum waren. Dabei wurde ich entweder ignoriert, spärlich mit einbezogen oder mit abfälligen Bemerkungen bedacht.
Aber das kam nicht, wie auch, wenn die beiden nicht miteinander redeten?
Doch warum redeten die beiden überhaupt nicht miteinander?

Vater reichte mir das Glas und setzte sich dann mir gegenüber.
„Wann musst du wieder zurück zu deiner Einheit?“, fragte Vater an mich gewandt und ich versuchte meine Überraschung zu überspielen, dass er das Wort an mich gerichtet hatte.
„Schon nächste Woche“, meinte ich bedauernd. Vor kurzer Zeit hatte ich nichts Schöneres finden können, um von hier weg zu kommen. Um von ihn wegzukommen.
Dich jetzt würde ich am liebsten nur noch hierbleiben, wegen ihr. Elena.
Allein der Gedanke an sie ließ mich glücklich werden.

Aus Vaters Gesicht konnte ich nicht lesen, was er dachte.
„Wie sieht es aus? Denkst du der Krieg wird bald zu Ende sein?“
Überrascht sah ich ihn an. Worum ging es bei der Frage? Oder womit wollte er darauf hinaus?
„Denkst du dass du bald wieder heim kommen kannst?“, fragte er weiter nach und ich bemühte mich meine Gesichtszüge nicht entgleisen zu lassen.
Seine Stimme klang gar nicht, als würde er diesen Tag verfluchen, sondern als würde er ihn wirklich herbeiwünschen. Es ging um meine Heimkehr?

„Ich weiß es nicht. Wahrscheinlich wird der Krieg wirklich bald vorbei sein, aber wir werden ihn wohl verlieren“, sprach ich ganz ehrlich aus.
Es war auch nicht wirklich das ehrenvollste Ziel für das wir kämpften, die anderen Staaten hatten ein viel mehr das Recht zu gewinnen.
Aber mir ging es da, wenn dann überhaupt, mehr um die Verteidigung unseres Staates. Doch hat dieser das überhaupt verdient, wenn er sowas wie die Sklaverei nicht nur einfach tolerierte, sondern das Recht auch noch verteidigte?
Da war ich mir nicht so sicher.
„Bitte schreib mir, so oft du kannst, damit ich über die Lage dort informiert bin“, bat er mich.

Wahnsinn, das war auch ein Versprechen, das er mir schreiben würde.
Zwar hatte mir Stefan oft geschrieben, aber von Vater hatte ich bisher höchstens Anstandsbriefe bekommen.
„Wie ihr wünscht Vater“, sagte ich und neigte leicht den Kopf.
Das bedeutete ich würde von Vater, Stefan und Elena Briefe erhalten.
Auch sie hatte mir vor einer Woche versprochen zu schreiben, als Katherine mir dieselbe Frage wie Vater gestellt hatte.

Rückblick
„Wann müssen sie wieder zurück zu ihrer Einheit?“, fragte Katherine an mich gewandt. Ich merkte wie schwer es ihr fiel, ihren Aufmerksam von meinen Bruder zu nehmen.
Elena anscheinend auch, denn sie schmunzelte darüber, was sie aber versuchte zu verstecken.
„In zwei Wochen“, antwortete ich. Da ich mich freiwillig gemeldete hatte und aus einer wohlhabenden Familie kam, fiel der Urlaub für mich länger aus, als für andere.

„Findet ihr es schrecklich dort oder eher als Ehre für die Konföderierten zu kämpfen?“, fragte Katherine mich weiter.
Gerade wollte ich antworten, da übernahm Stefan das für mich.
„Eher schrecklich langweilig, wenn nicht gekämpft wird. Das abwarten ist nichts für Damon“, erklärte Stefan und Katherine wandte sich ihm wieder interessiert zu.
Ich hörte wie Elena neben mir sich stark ein Kichern unterdrücken musste und das hinter ihrer Hand als Husten zu tarnen versuchte, allerdings bekamen weder Stefan noch Katherine davon wirklich was mit.

Lächelnd sah ich sie an und sie erwiderte meinen Blick mit einem Nicken.
„Wenn sie möchten, schreibe ich ihnen, dann wissen sie alles was hier passiert und können es sich ausmalen, vielleicht ist es dann nicht ganz so langweilig“, schlug sie mir vor.
Überrascht sah ich sie an, nickte dann aber eilig. Ich hatte auch schon überlegt, sie um Erlaubnis zu fragen, ihr schreiben zu dürfen. Damit hatte sich das erledigt.
„Sehr gerne. Ich werde mich über jeden Brief, den sie mir schicken freuen.“
Dann würde ich viele Worte von ihr sehen und das sie mir schreiben würde war ein gutes Zeichen. Vielleicht würde sie auf mich warten.

Mein Vater kam ins Esszimmer, auf den wir alle gewartet hatten.
Wir wollten alle aufstehen, doch sagte er: „Ihr Damen, bleibt bitte sitzen.“
Stefan und ich warteten, bis auch Vater saß, dann setzten wir uns wieder hin.
„Entschuldigt, dass ich so spät komme. Ich hatte noch ein wichtiges Gespräch mit einem Architekten“, erklärte er.
Ja, natürlich. Bei Vater war jedes Gespräch wichtig.
„Geht es dabei um die Bibliothek, die gebaut werden soll, Sir?“, fragte Elena interessiert und lächelnd wandte sich mein Vater an sie.
Er mochte sie wirklich sehr gerne. Wahrscheinlich weil sie so anständig und gescheit war. Oder es war der Grund, der auch mir schon aufgefallen war, sie war die perfekte Dame.

„Allerdings. Natürlich haben wir noch nicht genug Geld, aber um sie zu bauen reicht es und jetzt wollen wir Geld sammeln, damit sie wirklich gut wird und auch groß. Außerdem brauchen wir auch viele Bücher“, erklärte er ihr.
Vater war sehr stolz auf sein Projekt und er investierte mal wieder sehr viel Zeit darin.
„Wenn ich irgendwie helfen kann, sagen sie mir bitte Bescheid. Ich würde mich freuen bei so einem Projekt zu helfen.“
Lächelnd verfolgte ich das Gespräch zwischen Elena und meinen Vater. Ich mochte es Elena zuzuhören, sie hatte eine so angenehme Stimme und alles was sie sagte schien wichtig zu sein. Ich fragte mich wie es war mit ihr zu schreiben.
Rückblick Ende

Allerdings war dieses Ereignis bereits eine Woche her, aber ich glaubte dass sie ihr Wort hielt.
Doch in letzter Zeit hatte ich sie bis auf die Essenszeiten kaum gesehen und dort war sie wieder sehr zurückhaltend zu mir, schon seit ein paar Tagen.
Ich hoffte das ich sie nicht irgendwie unbeabsichtigt verärgert hatte, aber ich wusste auch nicht wie.
Ich trank mein Glas aus und stand dann auf.
„Ich werde mich zurückziehen. Viel Erfolg bei deinen Studien, Stefan. Gute Nacht, Vater“, verabschiedete ich mich von den beiden und stand dann auf.

Ich ging hinauf in mein Zimmer, da hörte ich eine Stimme, die ich unter tausenden wiedererkennen würde.
Meine Neugier überwog und deswegen folgte ich ihr sofort.
Ich linste durch einen Türspalt und sah dort Elena.
Meine wunderschöne Elena, nur mit einem Nachthemd bekleidet. Nagut, sie war nicht meine Elena. Aber ich wünschte mir, dass es irgendwann so sein würde.
„Lieber Gott, bitte lass mich das, was ich nicht ändern kann, gelassen hinnehmen.
Gib mir Mut, das zu ändern, was ich ändern kann und gib mir die Weisheit, zwischen beiden Dingen zu unterscheiden.
Amen“, schloss sie ihr Gebet.

Noch eine Weile stand sie mit geschlossenen Augen vor dem Kamin, bevor sie die Kerze darauf auspustete.
„Ihnen ist schon klar, Mister Salvatore, dass es wirklich nicht schicklich ist eine Frau zu beobachten, besonders wenn sie nicht weiter als ein Nachthemd trägt“, hörte ich ihren Tadel und sofort drehte ich mich von ihr weg, mit dem Rücken zur Tür.
„Entschuldigung, Miss Pierce. Ich wollte sie nicht belauschen, es ist einfach… Es tut mir leid“, sagte ich etwas unbeholfen.

Ein Schweigen folgte darauf, was wirklich unangenehm war und mein Herz schlug mir bis zum Hals.
„Ich wusste nicht dass sie an Gott glauben“, platzte es aus mir raus, da ich diese Stille nicht mehr ertragen konnte.
„Glauben sie nicht an Gott? Ich nehme an auf dem Schlachtfeld ist das wohl das einzig tröstende, zu wissen das es einen besseren Ort gibt“, sagte sie und berührte mich an der Schulter. Mein Kopf zuckte sofort zu ihr herum.
Sie hatte die Tür etwas weiter geöffnet und trug nun einen Morgenmantel, sodass von ihrem Nachthemd nichts mehr zu sehen war und das einzig nackte was jetzt zu sehen war, waren ihre Füße und ihre Gesicht.
Ihre braunen Haare fielen in sanften Wellen an ihrem Rücken herunter und zum ersten Mal sah ich genau wie lang sie waren. Sie sah einfach bezaubernd aus, selbst in diesem Aufzug.

Ich erwischte mich selbst beim starren und trat einen Schritt zurück.
„Für einige vielleicht, aber schließe mich eher der Meinung der anderen Hälfte an. Man überlegt und denkt an seine Verwandten, an die Menschen die man liebt. Das hilft mehr.“ Ich sah ihr lange in die Augen. „Ich werde an sie denken“, gab ich zu.
Ihr Gesicht blieb weiterhin ausdruckslos. Wieder entstand eine Stille, doch diesmal unterbrach sie diese.
„Mister Salvatore, ich weiß nicht viel über die Liebe, nur wie zerstörerisch sie sein kann. Bitte verrennen sie sich nicht in etwas“, meinte sie und wollte die Tür schließen, doch ich hielt sie auf.

„Das tu ich nicht. Und selbst wenn, ich weiß sie sind es wert.“
Sie sah mich lange an, dann schlug sie die Augen zu und atmete tief durch.
„Gute Nacht, Mister Salvatore“, wünschte sie mir und schloss dann die Tür.
Noch lange blickte ich darauf, bis ich mich selbst wirklich zurückzog. Ich wünschte mir so sehr, sie zu verstehen.
Sie war ein Rätsel und ich wusste nicht wirklich viel über sie, aber ich wollte es so sehr.


Ich wachte aus einem unruhigen Traum auf und schreckte hoch.
Aber ich erschreckte mich noch mehr, als ich sah, wer dort vor meinem Bett stand. Braune Augen blickten mich unentwegt an.
Ich richtete mich auf und wischte mir über meine Augen, doch als ich sie wieder öffnete war sie nicht mehr da.
Was war das gewesen? Wunschdenken?
Elena würde doch nie mitten in der Nacht zu mir kommen, dafür war sie zu anständig.



Kapitel 13: Erste Begegnung




„Du wirst diesen Augenblick nie vergessen.“ (Pitch Black – Planet der Finsternis)



Elijahs Sicht:
Rückblick
Ich sah wie der junge Vampir auf mich zukam und begrüßte ihn sogleich.
„Ah, guten Abend Trevor. Es freut mich sie hier zusehen“, sagte ich und sah ihn genau an.
„Ich wollte die Geburtstagsfeier nicht verpassen“, meinte er und so selbstbewusst wie er auftrat, schien an seinen Worten wirklich etwas dran zu sein.
„Nicht angesichts des Geschenks, das sie behaupten zu bringen.“
Ich sah ihn genau an, um eine Lüge zu erkennen, aber er nickte nur. Ich erkannte nichts, er meinte es wirklich ernst.

Ich neigte meinen Kopf und sah an ihm vorbei.
„Wo ist denn die Mysteriöse im Augenblick?“, fragte ich nach.
Er deutete mit dem Arm eine Richtung an. „Folgen sie mir und machen sie sich auf eine Überraschung bereit“, sagte er, doch ich konnte mir nicht wirklich einen Reim darauf machen.
Er ging voraus und ich folgte ihm durch den Raum. Er hielt bei zwei braunhaarigen Damen an, die sich unterhielten, deren Gesichter ich aber nicht erkennen konnte.
Wer von ihnen war wohl der Doppelgänger.

Trevor berührte eine Dame kurz am Oberarm. „Meine Damen, Teuerste“, sagte er und deutete auf mich, sodass sich die beiden zu mir drehten und mir stockte automatisch der Atem.
Das konnte nicht sein. Nach so langer Zeit und dann sowas.
Wie war das möglich?
Zwei von ihnen?
„Hallo“, begrüßte mich eine von ihnen lächelnd. Sie hatte lange fein gelockte Haare, zum Teil hochgesteckt und sie trug ein rot/braunes Kleid.
Die andere machte ein Knicks vor mir und neigte leicht ihren Kopf. „Guten Abend“, wünschte sie mir und senkte ihren Blick. Ihren Manieren waren perfekt.
Ihre Haare waren wellig, offen und nach hinten gesteckt. Sie trug ein dunkelblaues Kleid mit goldenen Stickereien.
Das andere Mädchen sah mich unerlässlich an. Sie musste meinen starrenden und verdutzten Gesichtsausdruck bemerken. Dieser hatte zwei Gründe, einmal das es sich hierbei um Zwillinge handelte und dann waren sie ihr auch noch wirklich absolut ähnlich.
Doppelgänger.

Das gibt’s doch nicht, fuhr es mir unwillkürlich den Kopf.
Ich blinzelte noch ein paarmal, um mich wieder zu klaren Verstand zu bringen.
„Sie müssen mir vergeben, aber sie erinnern mich an jemanden“, gab ich meine Verwirrung zu.
„Katerina, Helena, darf ich euch Lord Elijah vorstellen“, meinte Trevor und deutete bei jedem Namen auf den jeweiligen von uns.
Überrascht sahen mich die Mädchen an und Katerina knickste sofort und nahm die Hand an, die ich ihr reichte. „Sehr erfreut, my Lord“, begrüßte sie mich.
„Die Freude ist ganz meinerseits.“ Ich nahm ihre Hand und führte sie zu meinem Mund, um sie zu küssen. „Katerina.“ Sie sah mich erstaunt an.
Dann wandte ich mich an ihre Schwester, die etwas zurückgetreten war und erst zu mir blickte, als sie spürte, dass ich nach ihrer Hand griff. Sanft küsste ich sie und ich erkannte Erstaunen in ihren Augen, obwohl sie versuchte ihre Gefühle zu verstecken und neutral zu wirken.
„Helena.“ Sie bekam ihren Gesichtsausdruck wieder in den Griff und wirkte so schon irgendwie gleichgültig.
Als ich sie los ließ, trat sie schnell wieder einen Schritt zurück, so als würde sie so weit wie möglich von mir weg sein wollen.

Im Gegensatz zu ihrer Schwester, schenkte sie mir kein Lächeln.
„Wollen wir ein wenig gehen. Auf einer Stelle zur verharren ist nicht unbedingt bequem, würde ich meinen und ich würde gerne erfahren, wie ihr hierher kamt“, bekundete ich mein Interesse.
Ich bot meinen Arm an, in Helenas Richtung, allerdings reagierte sie nicht darauf.
„Meine Schwester hält nicht so viel von Gesellschaft“, flüsterte mir Katerina zu.
Ich schaute auf Helena, die uns folgte, als wir durch den Saal schritten, aber mehr Interesse an der Einrichtung zu zeigte, als an den Menschen.

„Darf ich fragen woher ihr kommt?“
Es war wichtig das zu erfahren, aber gleichzeitig war es eine höfliche Frage.
„Sie dürfen, wir sind aus… Bulgarien“, erklärte mir Katerina. Sie hatte mir die Frage eigentlich nicht beantworten wollen.
Immer wieder sah ich zu Helena, aber sie schien sich wirklich nicht am Gespräch beteiligen zu wollen.
„Was verschlägt sie hierher nach London?“, fragte ich weiter nach.
Sie wollte nicht darüber reden, das merkte ich, aber schnell versteckte sie es.
„Eigentlich wollte nur ich hierher für unbestimmte Zeit, aber Helena wollte mich begleiten, wofür ich ihr sehr dankbar bin. Ich weiß nicht was ich ohne sie machen würde“, erklärte sie mir lächelnd.
Die beiden Schwestern schienen ein sehr gutes Verhältnis zu haben.

Ich erwiderte Katerinas Lächeln. „Sie können sehr gut Englisch sprechen“, merkte ich an.
„Unsere Mutter wuchs in England auf.“
Dann waren die beiden Mädchen zweisprachig aufgewachsen.
„Deswegen haben sie diesen Ort gewählt, die Heimat ihrer Mutter.“ Aber es schien als wären sie nicht einfach so hier. Es schien einen Grund zu geben, den sie nicht preisgeben wollte. Niemand entschloss sich einfach mal so, in ein anderes Land zu reisen, um dort zu leben, zumindest keine Frau.
„Ja, genau“, stimmte Katerina mir lächelnd zu.
„Eigentlich stammt unsere Mutter aus Griechenland. Sie ist nur in London aufgewachsen“, fügte Helena ein und erstaunt sah ich sie an.
Sie vermied allerdings weiterhin meinen Blick zu erwidern und sah lieber ihre Schwester an. Es wirkte so als hätte sie sich nur in das Gespräch eingeschaltet, um den Fehler zu berichtigen.

Ich griff nach Helenas Hand, was sie zu erschrecken schien und küsste sie leicht.
„Das erklärt ihren Namen, ob ihre Mutter ihn bewusst gewählt hatte, weil sie ahnte dass sie eine wunderschöne Frau werden würden.“
Sie zwang sich ihre Lippen fest aufeinander zu pressen und ich wusste nicht, ob es war um mir keine beleidigende Antwort zu geben oder damit ihr Mund nicht offen stand. Beides wäre sicher amüsant gewesen.
„Unser Vater gab ihr den Namen, weil er die Geschichte von Troja mochte. Für ihn ist Helena seine Prinzessin“, erklärte Katerina mir. Ihr Vater schien das Mädchen sehr zu lieben, ich fragte mich ob er einen Unterschied zwischen den Zwillingen machte. Wie es schien, waren die Schwestern grundverschieden.
Plötzlich schien sich Helena bewusst zu werden, dass ich ihre Hand immer noch hielt und sie zog sie zurück, als hätte sie sich verbrannt.

Wir gingen weiter, am Tisch entlang und Helena hatte wieder mit dem Schweigen begonnen.
„Ich hab schon viel von dem mysteriösen Gastgeber gehört. Wann kommt er wohl?“, fragte mich Katerina interessiert.
„Vornehmend zu spät. Er liebt große Auftritte“, sagte ich und wie auf Stichwort, sah ich ihn die Treppe herunter schreiten. Mit dem Arm deutete ich auf ihn. „Ah, da kommt er.“
Er bewegte sich wenig interessiert durch die Leute, doch als er uns erblickte, lächelte er.
Es schien ihn nicht mal zu überraschen, dass es sich bei den Mädchen um Zwillinge handelte und wenn doch, so verbarg er das gut.

Selbst Helena schaute auf, doch wieder war ihr Gesicht ausdruckslos, während Katerina erstaunt und interessiert zugleich aussah. „Katerina, Helena, darf ich vorstellen, Lord Niklaus.“
Katerina knickste vor ihm und reichte ihm ihre Hand, die er küsste.
Auch Helena knickste vor ihm, machte aber keine Anstalten ihn näher zu kommen. Doch als er die Hand nach ihr ausstreckte, trat sie zögernd zu ihm und reichte ihm ihre Hand, die er ebenfalls küsste. Als er sie losließ trat sie schnell wieder zurück und diesmal ein wenig hinter mir, als würde sie lieber in meiner Nähe, als in seiner sein. Fast als würde sie sich verstecken wollen.
„Niklaus ist der Name den mein Vater mir gab. Bitte, nennen sie mich Klaus.“ Er sah dabei vor allem Katerina an.
Natürlich hatte er bemerkt, wie Helena sich zurückgezogen hatte. Da Katerina viel umgänglicher war würde er sie erwählen.
Ich fragte mich warum Helena so handelte. Spürte sie, dass von ihm Gefahr drohte oder reagierte sie allgemein so auf männliche Personen? Aber sie schien Klaus weniger zu mögen als mich und suchte auch lieber bei mir Schutz.

Ein Kellner kam vorbei und ich nahm mir einen Glas. Fragend sah ich zu Helena, die aber kaum merklich den Kopf schüttelte.
Es war ungewohnt das sie so nah stand, wo sie das doch in den letzten Minuten so krampfhaft versuchte hatte es zu vermeiden, aber ich musste zugeben, dass es nicht unangenehm war.
„Woher kommt ihr?“, fragte Klaus die beiden, aber die Frage war mehr an Katerina gerichtet. Denn sie stand immer noch vor Klaus und war bereit mit ihm ein Gespräch zu führen.
„Wir sind neu in der Stadt, Mylord“, kam es von Katerina und sie schluckte. Es war offensichtlich dass sie das Thema nicht anschneiden wollte.
„Katerina und Helena sind aus Bulgarien“, sagte ich lächelnd und mein Blick richtete sich auf Helena, die Klaus fixiert hatte. Sie sah ihn misstrauisch an.
„Zradevei, Katerina“, meinte Klaus und bemühte sich um den Akzent des Landes. Katerina lachte, obwohl ihr das Thema doch unangenehm zu sein schien, doch das schien sie verdrängen zu wollen. „Sehr gut“, sagte sie und schaute von Klaus zu mir und Helena.

Helena schien das nicht ganz so zu sehen.
Sie machte einen Ansatz des Augenverdrehens, verkniff es sich dann aber und drehte ihren Kopf leicht weg, um genervt über ihren Nasenrücken zu fahren.
Klaus schien erfreut zu sein, seinem Plan schien auch nichts mehr im Wege zu stehen.
„Wenn du erlaubst Bruder.
Ich wäre gern einen Moment mit ihr allein.“
Dieses Funkeln in seinen Augen zeigte mir genau, dass es ihn erfreute, wenn Katerina in seiner Nähe war. Wie ein Besitz und so würde ihm das Gefühl nur noch mehr überkommen, wie mächtig er war und das ihm nichts mehr im Wege stand, um den Fluch zu brechen.

„Ja, natürlich. Alles Gute zum Geburtstag Bruder“, wünschte ich ihm und sah wie er nach Katerinas Hand griff, um mit ihr fortzugehen.
Er würde Katerina für sich gewinnen und dann ohne zu zögern opfern, während sie ihn wahrscheinlich auch noch liebte. Oder er würde Helena nehmen.
Sie sah Klaus und Katerina ebenfalls hinterher, ihr schien es gar nicht zu behagen. Wahrscheinlich hatte sie wirklich eine gute Menschenkenntnis.
Ich bot ihr meinen Arm an, in der Hoffnung sie würde diesmal darauf eingehen, doch sie sah mich nur abwartend an.
„Darf ich ihnen das Gebäude zeigen, sie scheinen sich sehr dafür zu interessieren.“

„Es tut mir leid, wenn ich sie enttäuschen muss, Mylord. Aber nein danke und es gibt wirklich nichts worüber ich mich mit ihnen unterhalten möchte. Bitte, bemühen sie sich nicht“, wies sie mich höflich ab, machte einen Knicks und wandte sich von mir ab.
Sprachlos sah ich ihr hinterher, wie sie davon ging.
Wer war nur dieses Mädchen?
Helena.
Sie war einfach unglaublich. Tatsächlich hatte sie mir einen Korb gegeben.
Eigentlich hatte ich mir um sowas nie Gedanken gemacht, aber bei diesem Mädchen faszinierte es mich. Dass sie mich offensichtlich nicht wollte, weckte in mir den Wunsch sie kennenzulernen.
Irgendwie hatte ich einfach das Gefühl das sie was Besonderes war.
Rückblick Ende

Kapitel 14: Eine gute Versicherung




„Die Vergangenheit ist nur der Anfang eines Anfangs und alles, was ist und war, ist nur das Zwielicht der Dämmerung.“ (Unbekannt)


Klaus Sicht:
Rückblick
Als wir wieder zurück in den Saal mit den anderen verbliebenen Gästen kamen, machte Katerina einen Knicks. „Es war wirklich schön sie kennenzulernen, doch ich muss jetzt zurück zu meiner Schwester“, verabschiedete sie sich und ging zu dieser.
Es war faszinierend zu sehen, das es gleich zwei Doppelgänger gab und dann auch noch beieinander. Nun würde der Fluch endlich ein Ende haben. Danach würde mich niemand mehr aufhalten können, auch nicht mein Vater.

Interessiert betrachtete ich die Szene, die sich zwischen den Schwestern abspielte.
Helena fuhr sie sofort an.
„Wo bist du so lange gewesen? Hast du den Verstand verloren? Muss ich dich erinnern weswegen wir hier in London sind?
Ich soll verdammt nochmal auf dich aufpassen und du machst so einen Mist! Gabriel hatte recht, wir hätten jemand mitnehmen sollen, aber du musstest ja so stur sein! Wieso machst du es mir so schwer? Macht dir das Spaß?“
Katerina legte ihre Hände auf die Schultern ihrer Schwester, die sie sichtlich wütend musterte.
„Beruhig dich, kleine Schwester. Es ist nichts passiert. Du brauchst dir keine Sorgen machen“, versuchte sie Helena zu beruhigen, doch diese sah sie unerbittlich an.

Elijah trat zu mir.
„Die beiden sind wirklich ungleich“, meinte er.
Das stimmte, ein Wunder das die beiden Schwestern waren, so kamen sie einem wirklich nicht gerade vor.
„Wir gehen jetzt. Sofort“, bestimmte Helena und umfasste den Arm ihrer Schwester, um sie hier raus ziehen. Das konnte ich dann aber doch nicht zulassen.
Schnell beeilte ich mich zu ihnen zu treten, um sie aufzuhalten. Elijah folgte mir dabei.
Freundlich lächelnd versperrte ich den beiden den Weg und bekam dafür von Helena einen misstrauischen Blick. Es schien als würde sie mich nicht mögen, aber das machte nichts. Ich brauchte nur die Gunst einer Schwester.
Deswegen wandte ich mich an Katerina.

„Bitte Katerina, es wäre mir eine Freude, wenn sie während ihrer Anwesenheit hier in London, bei uns wohnen würden. Ihre Schwester ist natürlich auch eingeladen.“
Katerina sah erfreut aus, Helenas Gesicht war ausdrucklos.
„Entschuldigung, das können wir nicht annehmen.“ „Bitte, ich bestehe darauf“, unterbrach ich Helena und sah Katerina charmant lächelnd an.
Sie musste einfach hierbleiben. Ich konnte es nicht riskieren sie aus den Augen zu verlieren oder das ihr etwas zustieß.
Sie beide, mussten beschützt werden. Denn eine von ihnen würde mich von dem Fluch, der auf mir lastete befreien und das konnte ich mir nicht entgehen lassen.

Unsicher sah Katerina zu ihrer Schwester, es war merkwürdig, dass sie nach einer Bestätigung suchte, wenn sie doch die ältere war.
Helenas Hand verkrampfte sich und ich merkte wie sie tief durchatmete und die Augen schloss.
„Ja, gerne. Es wäre uns eine Freude.“
Ich musste über ihre Aussage lächeln, ich merkte wie viel Kraft es sie kostete so ruhig und höflich zu bleiben. Sie wollte das ganz und gar nicht.
Vielleicht war es auch etwas gewagt die Gastfreundschaft eines fremden Mannes anzunehmen, sie schien nicht viel von mir zu halten.

„Ich werde selbstverständlich veranlassen, dass ihr Gepäck hierher gebracht wird und dass ihnen Zimmer hergerichtet werden“, meinte ich freundlich lächelnd, was aber nur von Katerina erwidert wurde.
Helena war zurückgetreten und ich merkte wie Elijahs Blick auf ihr lag.
Eine gute Idee von ihm sie im Auge zu behalten, solange ich mich um Katerina kümmerte. Denn wenn etwas schief gehen sollte, gab es immer noch sie als wichtigen Ersatz.
Beide waren kostbar, zumindest bis die Opferung vorbei war, dann war eine von ihnen bedeutungslos und die andere tot.

Ich gab einen Diener ein Zeichen, das er sich um die Angelegenheiten der Damen kümmert sollte, da er ein Vampir war, hatte er uns verstanden.
Natürlich waren ihre Zimmer bereits fertig. Das war schon so, seit ich von ihnen erfahren hatte. Obwohl ich ehrlich gesagt bei dem Wort Doppelgänger erst nur von einer ausgegangen war. Nun wie sagte man so schön, lieber zu viel als zu wenig.
Katerina sah mich dankbar an und machte einen leichten Knicks. „Das ist sehr freundlich von ihnen“, bedankte sie sich.

Ich bot Katerina meinen Arm an und ohne zu zögern kam sie meiner Geste entgegen.
„Ich werde ihnen ihr Zimmer zeigen, wenn es genehm ist.“
Heute bemühte ich mich besonders charmant zu sein. Es war vorteilhaft, wenn sie mich mochte. Das erleichtert alles nur noch viel mehr.
Sowohl Helena, als auch Elijah folgte uns, obwohl zwischen ihnen ein deutlich größerer Abstand war.
Sie mochte also nicht nur mich nicht.

Es dauerte eine Weile bis wir die Gemächer erreichten, die ich für sie vorbereiten lassen hatte.
In der Zeit stellte mir Katerina Fragen über das Schloss, die ich ihr aller so interessant wie möglich beantwortete.
„Da wären wir. Ich wünsche ihnen eine angenehme Nacht, Katerina. Wenn sie etwas benötigen, sagen sie es mir.“
Ich küsste sie auf die Hand und beobachtete das Lächeln, das auf ihrem Gesicht erschien. Bevor sie einen Knicks machte und mit einem „Gute Nacht“ verschwand.
Helena wollte ihr nach einem Knicks sofort folgen, doch ich griff nach ihrer Hand.
Aber sobald sie meine Berührung spürte zuckte sie zurück und ich sah wie sich ein leichter Rotschimmer auf ihrem Gesicht bildete, der mir Klarheit über ihr ausdrucksloses Gesicht verlieh.
Sie schlug die Augen nieder und atmete tief durch. „Gute Nacht“, sagte sie leise und verschwand dann in den Räumen.

Ein wissendes Grinsen legte sich auf meine Gesichtszüge.
Das war doch mal interessant.
„Sie ist schüchtern“, stellte ich fest.
Schüchtern, zurückhaltend, korrekt und wütend über Offenheit. Ein Mädchen das nie die Regeln brach und sich fein an die Etikette halten würde.
Es war gut mich an Katerina zu wenden und das Elijah sie im Auge behielt.
Ohne ihre Schwester hätte ich mich um sie stark bemühen müssen, ein großer Aufwand für den einen Monat. So aber war es nicht weiter tragisch.
Elijah würde sicher gehen, das sie nichts anstellte oder verschwand und ich würde Katerinas Vertrauen vollkommen gewinnen, sodass es ein leichtes sein würde sie zu opfern.

Ich schaute zu Elijah, als wir zu einem anderen Teil der Burg gingen. Er sah nachdenklich aus.
„Was denkst du?“, fragte ich meinen Bruder. Auf Elijahs Meinung setzte ich viel, er war klug und besaß eine gute Intuition. Seine Entscheidungen waren immer wohlüberlegt. Ich schätzte ihn als älteren Bruder.
„Das es nicht schwer sein wird an Katerina ran zu kommen, ihr habt sie bereits in der Hand.
Allerdings ist Helena sehr verschlossen und sie scheint uns nicht zu vertrauen, besonders dir nicht. Deine Offenheit ihrer Schwester gegenüber stört sie“, teilte er mir mit.
So ungefähr hatte ich das auch gedacht. Er bestätigte meine Meinung.

Knapp nickte ich.
„Behalt sie einfach im Auge. So wichtig ist sie nicht, wenn ich zwei von ihnen habe.
Aber als Absicherung ist sie trotzdem ganz nützlich.“
Elijah nickte leicht.
Zwei, wie skurril.
Es hatte fast ein Jahrtausend gedauert, bis ein Doppelgänger kam und dann gleich zwei auf einmal. Oder vielleicht hatte ich es vorher einfach nicht bemerkt.
Doch sobald der Fluch von mir los war, konnte ich Hybriden erschaffen. Eine ganz neue Art. Damit würde ich Vater loswerden und das weglaufen hätte endlich ein Ende.
Ich würde meine Familie wieder vereinen können.
Alles dank eines dieser Mädchen. Noch wusste ich nicht genau welche der beiden ich für die Opferung nehmen würde, aber ich stellte es mir bildlich vor und was ich sah, gefiel mir.
Rückblick Ende



Kapitel 15: Manchmal machen wir es uns unnötig schwer





„Kommunikation. Das ist das Erste, was man im Leben wirklich lernt. Komisch ist nur, wenn man älter wird und anfängt ernsthaft miteinander zu reden, dann wird es richtig schwer zu wissen, was man sagen soll. Oder um etwas zu bitten, was man wirklich braucht.“ (Grey‘s Anatomy)




Katherines Sicht:
Es war soweit. Heute war der Tag des Picknicks.
Überall auf dem Anwesen tummelten sich schon Menschen.
Es war schönes Wetter, die Sonne strahlte, perfekt für dieses Ereignis.
Alle waren in feine Ausgehkleidung zu sehen, keine Abendkleidung, aber festlich.
Als ich hinaus trat, schlug mir das Stimmengewirr entgegen. Ich merkte wie viele Blicke sich auf mich richteten und meine Bewegungen verfolgten.

Selbstbewusst und zielsicher ging ich zu dem Tisch, wo die anderen Körbe standen und stellte meinen mit dazu.
Ich wusste dass viele nun wussten welcher mir gehörte und genau so hatte ich es auch geplant.
Unter den Körben entdeckte ich auch den meiner Schwester, ich wusste das sie ihn schon heut Morgen dorthin gestellt hatte, sodass niemand es hatte sehen können.
Auch Pearls fand ich darunter.
Ich sah mich nach ihr um, doch ich sah nur ihre Tochter, die sich mit Elena unterhielt. Anna und Elena waren gute Freundinnen.

Weiter sah ich mich nach ihr um und entdeckte sie schließlich bei Jonathan Gilbert, was für eine Überraschung, Giuseppe Salvatore und einen jungen Mann, den ich nicht kannte.
Sie lobten ihre Apotheke, da sie eine große Bereicherung für die Stadt war.
„Guten Tag, meine Herren. Hallo Pearl“, begrüßte ich sie und gesellte mich zu ihnen mit einem kleinen angedeuteten Knicks.
„Katherine, gut sie zu sehen. Es gibt jemand den ich ihnen vorstellen wollte. Das ist mein Neffe Charles. Er ist auf der Durchreise hier“, erklärte er mir.
Charles verbeugte sich vor mir und lächelnd reichte ich ihm meine Hand, die er sanft küsste.

Er sah recht gut aus. Er hatte dunkelbraune Haare und graublaue Augen, die an einen Sturm erinnerten.
Wie alle anderen war auch er gut gekleidet.
„Es freut mich sie kennenzulernen“, meinte ich lächelnd.
Er musterte mich genau und anscheinend gefiel ihm was er sah. Das konnte ich allerdings nur zurückgeben und ich befand dass er perfekt in meinen Plan hineinpassen würde.
Lächelnd beobachtete ich Pearl, die sich vor allem mit Mister Gilbert unterhielt. Wahrscheinlich würde er ihren Korb ersteigern.
„Sind sie öfters hier?“, fragte ich freundlich und interessiert an Charles gewandt, der erfreut zu sein schien, dass ich mich mit ihm unterhielt.

„Nein, leider nicht.
Ich wohne mit meinen Eltern in North Carolina in Rayleigh.
Ich bin auch nur zu Besuch, weil ich mit Damon bald wieder zurück zu unserer Kompanie muss. Da ich sowieso hier durch musste, dachte ich besuch vorher noch meinen Onkel“, erklärte er mir.
Ach ja, Damon musste bald wieder zurück zur Armee.
Das veranlasste mich dazu, auf jedenfall noch vorher die Sache zwischen ihm und meiner Schwester wieder einigermaßen zu glätten.
Er musste zu ihr zurückkehren und sie durfte ruhig das brave Mädchen sein, das sehnsuchtsvoll auf ihn wartete. Das würde zu ihr passen.

„Würden sie mich ein Stück begleiten?“, fragte ich an Charles gewandt und sofort bot er mir seinen Arm an.
Ich sah mich um. Elena redete immer noch mit Anna.
Es hatte keinen Sinn, die Sache über meine Schwester zu regeln, die war viel zu stur.
Also musste Damon es schaffen sie aus der Reserve zu locken.
Wenn sie gezwungen wären Zeit miteinander zu verbringen, kommt sie vielleicht wieder zu Vernunft.
Deshalb sah ich mich nach Damon um und steuerte dann mit Charles auf ihn zu, nicht ohne mich mit diesen in der Zeit höflich zu unterhalten.

„Kämpfen sie aus Überzeugung für die Konföderierten?“
„Nun… ich kämpfe aus Überzeugung für unser Land und um es zu schützen, aber nicht für die Ziele die sie vertreten“, erklärte er mir.
Mir war es egal wer gewinnen würde. Es war auch kein Problem ohne Sklaven auszukommen, wir Vampire hatten da sowieso viele Möglichkeiten. Obwohl ich an den Umstand schon gewohnt war. Mit Elena konnte man darüber wirklich sehr gut diskutieren und wenn man schon immer gern mal mit seiner Meinung untergehen wollte, war genau dass das richtige Thema.
„Finden sie North Carolina schöner als Virginia?“, fragte ich weiter nach.
Ein Lächeln umspielte seine Lippen.
„Ich fürchte da bin ich etwas voreingenommen, Miss.
North Carolina ist meine Heimat und die findet man bekanntlich immer am schönsten“, erklärte er mir.

Ich nickte nur verstehend.
Das war wirklich logisch. Auch ich fand Bulgarien immer noch am schönsten und auch bei Elena war es so. Sie war sowieso sehr bodenständig.
Nach mehreren Jahrhunderten verlor auch das reisen seinen Reiz, besonders wenn man sich vor Augen führte, das wir eigentlich immer nur wegliefen.
Da wollte man eigentlich so lange wie möglich an einem Platz bleiben.

Gerade sah ich wie Damon allein war und im Begriff war an uns vorbeizulaufen.
„Warten sie, Mister Salvatore“, hielt ich ihn auf.
Ich zeigte zu den Körben, die auf einen Tisch standen. „Der Korb meiner Schwester ist der kleine blaue“, erklärte ich ihm und er entdeckte ihn tatsächlich.
„Danke, Miss Pierce“, meinte er lächelnd und ich sah an seiner Körperhaltung wie erleichtert er wurde.
Ich nickte ihm zu, bevor er weiter ging.
Dann wandte ich mich wieder Charles zu. „Entschuldigen sie, Mister…“ Ich stockte, ich wusste nicht genau welchen Nachnamen er hatte.
„Ebenfalls Salvatore“, meinte er schmunzelnd. „Aber nennen sie mich bitte Charles“, bot er mir freundlich an.
Ich erwiderte sein Lächeln freundlich.
„Dann für sie Katherine“, erwiderte ich.
Mein Blick fiel auf Stefan und auch wenn er weit weg war, erkannte ich seinen Gesichtsausdruck nur zu deutlich.
Er kochte vor Eifersucht.
Mein Plan ging also auf.

„Nun, entschuldigen sie das eben, Charles. Ich wollte nur…“
Ich schwieg, so genau wusste ich nicht wie ich das ausdrücken sollte. Es war schwer zu erklären.
„Sie wollten ihre Schwester verkuppeln“, half er mir lächelnd nach und ich sah ihm an das er es nicht wirklich schlimm fand.
„Ich will dass meine Schwester glücklich ist.“ Meine Stimme war sicher und fest, denn es war die reine Wahrheit. „Sie ist manchmal nur sehr zurückhaltend und auch…“ Ich runzelte die Stirn. „…stur“, fügte ich hinzu.
„Sie schafft es dafür zu sorgen, dass alle Menschen um sie glücklich sind und das alles richtig ist und vergisst dabei sich selbst“, erklärte ich ihm.
Elena war nun einmal die selbstloseste Person die ich kannte und dafür bewunderte ich sie einfach.
Sie war einfach nur großartig.
Anders konnte man es wirklich nicht beschreiben.

Ich sah zu Elena und bemerkte wie Damon hinter ihr stand.
Ich lauschte seinen Worten und musste dabei lächeln. Danach ließ er sie ziemlich sprachlos stehen.
Ich schaute zu Charles und machte einen Knicks.
„Entschuldigen sie mich bitte, aber ich möchte gerne den neuste Tratsch meiner Schwester hören“, sagte ich zu ihm und bevor ich mich abwenden konnte, nahm er meine Hand und küsste sie.
„Es war mir eine Freude ihre Bekanntschaft zu machen, Miss Katherine.“
Lächelnd sah ich ihn an, bevor ich meinen Rock raffte und mich zu meiner Schwester begab, die noch immer etwas benommen zu sein schien.

Kapitel 16: Die Versteigerung




„Jede Liebe ist bezaubernd, ob sie geschenkt wird oder erwidert. Verbreitet wie das Licht ist die Liebe, und ihre vertraute Stimme ermüdet niemals.“ (Percy Bysshe Shelley)



Elenas Sicht:
Gerade hatte ich mich dem Pfarrer gesprochen und mich dafür angemeldet im Kirchenchor zu singen, den es hier gab. Er hatte sich gefreut, dass ich zu den Proben kommen wollte.
Ich wollte mich wieder zu Anna bewegen, da hörte ich Schritte und es war bereits zu spät um ihn aus dem Weg zu gehen und wenn dann wäre es mehr als unhöflich.



„Helena! O Helena! Ich flehe,
Ein Weilchen, kleines Weilchen zögre hier,
Bis dass der junge Tag die Schattenjagt:
Wenn ich die Sonne deines Lächelns sehe,
Macht Himmel nicht noch Hölle mich verzagt,
Da ich es weiß, mein Gott lebt nur in dir:
Mein Gott ist der, der über dem Getriebe
Der goldumsponnenen Planeten thront,
Der Fleisch gewordne Geist geistiger Liebe,
Der freudevoll in deinem Körper wohnt.“



Erstaunt weiteten sich meine Augen als ich das hörte.
War es Zufall oder wusste er tatsächlich wie ich hieß?
Nein, es konnte nur Zufall sein.
Kurz spürte ich wie seine Finger meinen Nacken streiften und ich versteifte mich automatisch.
„Elena für mich bist du so schön und wertvoll, wie das griechische Mädchen aus der Sage und du wärst es jederzeit wert ein Krieg zu führen, nur wegen dir.
Ich werde um dich kämpfen, Elena. Verstehst du?“, fragte er und ich merkte wie eine Gänsehaut meinen ganzen Körper durchzog.
Ich wollte mich umdrehen und etwas sagen, doch da ging er auch schon weg.

Ich musste mit den Augen blinzeln, um meine Benommenheit abzuschütteln.
Seine Worte hallten in meinen Ohren wieder und ob es nun Sünde war oder nicht, eine schon lange nicht mehr dagewesene Glückseligkeit durchströmte mich.
Diese Worte waren so schön gewesen, dass ich sie wohl nie wieder vergessen würde.
„Was meinst du Elena, ist dieser Junge es nicht doch Wert ihm sein Herz zu öffnen?“, holte mich die Stimme meiner Schwester aus meinen Gedanken zurück.
„Ich weiß du magst ihn, sehr sogar.
Also was hast du schon zu verlieren, außer dein Herz?
Und wir beide wissen, dass du das nicht halb so schlimm findest wie ich.

Vergiss das was ich zu dir sage, es kann dir doch egal sein was ich oder andere sagen.
Hier geht es nur um dich und darum das du glücklich bist, da zählt alles andere nicht.
Also sei ein wenig nett zu den Jungen und du machst dich selbst und ihn überglücklich.“
Ich sah sie an, ihr Blick war ernst und ohne Zweifel.
Katherine war meine Schwester und manchmal wusste sie besser was für mich gut war, als ich selbst.
Meine Mundwinkel zogen sich nach oben und ein paar meiner Zweifel verließen mein Herz, ich konnte es spüren.
„Danke“, flüsterte ich so leise, dass es nur ein Vampir verstehen konnte.
Milde lächelnd nickte sie mir zu. Sie wusste genau dass ich ihr innerlich für diese Worte eine Umarmung schickte.

Dann erklang ein Gong und die Versteigerung begann.
Benjamin Lockwood stand auf einem Podest, da er die Versteigerung leitete und seine Frau präsentierte immer die Körbe.
Plötzlich packte mich Panik und ich umklammerte Katherines Arm, in dem ich mich eingeharkt hatte.
„Oh mein Gott, mir fällt ein das Damon jetzt gar nicht weiß welchen Korb er ersteigern soll.
Ich bin so dumm.“
Wieso hatte ich daran nicht gedacht?
Ich wollte ihn am Anfang heute Morgen zeigen, doch dann wollte ich Abstand und jetzt… jetzt war ich wahrscheinlich völlig aufgelöst.

Katherine strich beruhigend über den Arm.
„Beruhig dich Schwesterchen, ich hab anscheinend dich belauscht, aber du nicht mich.
Ich hab Damon verraten welchen Korb du hast.
Es ist einfach toll, wie du mal aus der Fassung gerätst.
Das müssen die Nachwirkungen seiner Worte sein.“
Das glaubte ich auch. Ich musste mich schnell wieder unter Kontrolle bringen.

„Willkommen, liebe Bürger, zum ersten Picknick von Mystic Falls.
Heute sammeln wir spenden für unsere Stadtbibliothek.
Einen besonderer Dank geht dabei vor allem an die Frauen von Mystic Falls, die Picknickkörbe gepackt haben und sie und sich selbst für ein Picknick, zur Versteigerung angeboten haben“, begann der Bürgermeister mit der Einleitung.
Als erstes wurde ein sehr großer Korb von seiner Frau in die Höhe gehoben, der mit rotem Samt ausgelegt war und auch mir rot durchzogen war.
„Das ist Pearls Korb“, erklärte mir Katherine.
Es war klar, dass sie wusste welcher Korb ihr gehörte. Schließlich waren die beiden gute Freundinnen und sie machten immer Scherze darüber das Jonathan Gilbert was von ihr wollte.

Tatsächlich schien dieser zu wissen, dass es ihr Korb war, denn er bot fleißig mit.
Aber auch andere boten mit, da sie den Korb wohl für beachtenswert zur Ersteigerung hielten.
Am Ende wurde Korb für sage und schreibe 72 Dollar versteigert und das an Jonathan Gilbert.
Glücklich lächelten Katherine und ich uns an. „Scheint so als hättest du eine geniale Idee gehabt. Damit werden wir genug Spenden für die Bibliothek bekommen“, sagte ich glücklich.
Denn auf dem Tisch standen noch genug Körbe.
Es wurde noch andere Körbe versteigert, große für viel Geld, kleine für eher weniger, aber auch kleine Körbe für viel Geld.
Manche waren wohl auch sicher gegangen, dass die richtigen Leute wussten welchen Korb sie hatten.

Ein eher kleiner Korb, der ähnlich aussah wie Pearls, war als nächstes dran.
„Das ist Annas“, meinte ich lächelnd, ich schaute zu ihr und zwinkerte ihr zu. Verlegen strich sie sich einige Strähnen hinters Ohr.
„Wer bietet wohl für sie?“
„Der Sohn von Jonathan Gilbert, soviel ich weiß, Johann.“
Sie hatte mir erzählt, dass der Junge sie zu mögen schien. Katherine musste daraufhin kichern. „Anscheinend haben Gilbert-Männer eine Schwäche für diese Familie.“
Bei dieser Aussage konnte ich nur zustimmend nicken. Da hatte sie wohl recht.
Annas Korb wurde tatsächlich für 29 Dollar an Johann Gilbert versteigert und Anna schien darüber sehr glücklich zu sein, wie auch der Junge zu dem sie sich gesellte.

Dann kam Katherines Korb dran und ich merkte wie mehrere Männer sich bereit machten.
„Du hast Stefan eine Menge Konkurrenz geschaffen.“
Sie zuckte nur kurz mit dem Kopf. „Sonst würde es doch keinen richtigen Spaß machen, findest du nicht und jeder kann sich glücklich schätzen den Korb zu ersteigern“, sagte sie überzeugt.
Fragend sah ich sie an und zog eine Augenbraue nach oben.
„Wegen deiner Gesellschaft oder meinem Essen?“, fragte ich nach und sie schwieg daraufhin beharrlich.
Egal.

„20 Dollar sind für den Korb geboten, wer bietet 25?“, fragte Mister Lockwood und ein junger Mann mit braunen Haaren hob die Hand.
Verwirrt runzelte ich die Stirn.
„Wer ist das?“, fragte ich ahnungslos.
„Charles Salvatore, der Cousin von Damon und Stefan.“
Ungläubig sah ich sie an. Sie schien sehr mit sich zufrieden zu sein.
„Du bist unglaublich mies, dagegen bin ich nichts“, stellte ich fest, doch sie zuckte einfach nur mit den Schultern.
Meine Schwester war wirklich unglaublich mies.

„Wer bietet 30 Dollar?“
„30“, kam es von Stefan.
„35“, schoss es von Charles zurück.
„40“.
„45“.
„50“.
„55“.
„60“.
„70“.
„80“.
„Um Himmelswillen Katherine, unterbinde das!“, sagte ich eindringlich, doch sie schien daran nicht im Mindesten zu denken.

Ich ließ sie los und ging zu Charles, der Gottseidank allein stand.
„90!“, bot er gerade und ich zwang ihn mir kurz in die Augen zu sehen.
„Hör damit auf!“, sagte ich eindringlich und sofort verstummte er. „Du wirst vergessen dass ich mit dir gerade geredet habe“, manipulierte ich ihn weiter und ging zu Anna.
„100“, bot Stefan und ich wusste dass es das letzte Angebot jetzt war.
„100 Dollar zum ersten, zum zweiten und verkauft an den jungen Mister Salvatore.“
Ich sah zu Katherine und schüttelte nur den Kopf.
Sie war eine richtige Idiotin.
„Ab jetzt wäre es wirklich zweifelhaft und merkwürdig geworden, gut dass du das unterbunden hast!“, flüsterte Anna mir zu und ich nickte leicht.
„Bist du mit deinem Jungen zufrieden, dem du den Nachmittag Gesellschaft leisten wirst?“, fragte ich sie und sie nickte nur leicht verlegen und strich sich eine Strähne hinters Ohr.

Ich freute mich, dass sie glücklich war.
Sie war noch sehr jung, als sie verwandelt wurde und so wurde sie nicht immer ganz ernst genommen. Aber sie war meine beste Freundin, nach meiner Schwester, die sich gerade mal wieder schrecklich benommen hatte, auch wenn es kaum jemand wusste.
Die armen Jungen.
„Jetzt ist dein Korb dran“, meinte Anna und sie klang so aufgeregt, wie ich mich fühlte.
Wo Damon war wusste ich nicht, gerade sah ich ihn nicht.
Mister Lockwood wollte gerade das Anfangsgebot sagen, als ich Damons Stimme hörte, die rief: „30 Dollar“.
Ich war erleichtert und als er zu mir sah, konnte ich nicht anders als ihn ein wenig anzulächeln.
Es bot noch jemand 40 Dollar, Damon wieder 50 und noch einmal wurde 55 Dollar geboten, doch Damon ersteigerte ihn für 60 Dollar und ich konnte mich nicht glücklicher fühlen.
Ja, ich musste mich einfach nur fallen lassen und glücklich sein.
„Ich denke du hast heute auch eine ganz charmante Gesellschaft“, meinte Anna lächelnd und ich nickte glücklich.
Dann wurde die Versteigerung beendet und man konnte seinen Korb mit der passenden Gesellschaft abholen. Lächelnd harkte ich mich bei Damon ein. Ja, das machte mich glücklich und so sollte es wohl wirklich einfach sein.

Kapitel 17: Offenheit





„Die schönsten Augenblicke des Lebens
sind jene, in denen das Herz aus Freude
und nicht aus Gewohnheit schlägt.

Lachen können ist auch eine Gnade –
gemeinsam mit anderen lachen,
kann auch Nächstenliebe sein.“ (Anna Dengel)



Stefans Sicht:
Ich beobachtete meinen Bruder und Elena, sie harkte sich lächelnd bei ihr unter und er nahm den Korb.
Wie ein wirkliches Paar, verlobt oder verheiratet, schlenderten die beiden über die Wiese und suchten sich einen Platz, als würde nichts in der Welt sie kümmern.
Sie passten zueinander. Damon verhielt sich durch sie wie ein Gentleman. Anscheinend schaffte sie es das Beste in ihm hervorzuholen.
„Wollen wir, Stefan oder verzichtest du auf meine Gesellschaft?“, hörte ich eine nur zu gut bekannte Stimme, die mein Herz automatisch höher schlagen ließ, ob ich das nun wollte oder nicht.

Leicht schüttelte ich den Kopf und bot ihr meinen Arm an.
Über ihren Kopf hinweg, sah ich meinen Cousin, der verdattert und auch ein wenig sauer zu sein schien.
Ich freute mich das ich es geschafft hatte ihn auszustechen. Es hätte mich wohl auch zerfressen, wenn er mit Katherine zusammen gepicknickt hätte.
„Sie haben meinen Cousin kennengelernt?“
Es war eigentlich keine Frage, sondern mehr eine Feststellung.
Sie nickte leicht. „Er erzählte mir, dass er zusammen mit deinem Bruder im Krieg dient. Dein Vater hat ihn mir vorgestellt“, erzählte sie mir.
Plötzlich umfing mich eine große Wut auf meinen Vater, bis ich mich wieder zusammennahm. Er hatte es sicher nicht getan, weil er mein Glück zerstören wollte, sondern einfach, weil es die Höflichkeit verlangte. Schließlich hatte ich gesehen, wie er bei ihm gestanden hatte. Eine Vorstellung war da einfach nur üblich.

Wir suchten uns einen Platz unter einen Baum, wo wir uns auf die Decke setzten, die mit im Korb war.
Der Korb war voll mit Sandwiches, Fleischsalat, Obst und Spieße.
Katherine und ich breiteten all das Essen vor uns aus und lehnten uns an den Baum.
Ich lud mir von allem etwas auf und es schmeckte so köstlich wie es aussah.
„Du kannst sehr gut kochen“, lobte ich sie und sie fing sogleich an zu kichern.
Hatte ich etwas Falsches gesagt?
„Stefan, ich hab noch nie im meinem Leben gekocht. Ich hab gestern dabei zugesehen, wie Elena sowohl für ihren als auch meinen Korb gekocht hat und alles zubereitet hat.
Ich hab gesagt was ich glaubte das es gerne isst und hab dann alles eingepackt“, gab sie offen zu und ich sah sie überrascht an.

Sie sagte das wirklich frei heraus, kein Mädchen das ich kannte würde zugeben das sie nicht kochen konnte, besonders keinen Jungen gegenüber.
Aber wenn ich darüber nachdachte und ehrlich war, dann würde das auch niemals zu Katherine passen.
Lächelnd lehnte ich mich mit meinen Kopf an den Baum und schloss kurz die Augen.
„Bist du sprachlos, Stefan?“, fragte sie nach.
„Ein wenig“, gab ich zu. „Und ich frag mich was du immer machst, während deine Schwester…“
Ich wusste nicht wie ich den Satz geschickt beenden konnte.

„Während meine Schwester so viele Dinge macht, wie lesen, Schach spielen, singen, kochen, schreiben und ja sie kann auch sticken und nähen, obwohl es nicht zu ihren Hobbys gehört.“
Ich sah zu Katherine, die das ganze wohl genauso amüsant fand wie ich.
„Ich mach diese Dinge vielleicht auch alle sehr gerne, aber ich habe einfach nicht ihre Geduld und das Durchhaltevermögen mich mit einer Sache länger zu beschäftigen, besonders wenn ich nicht weiter komme.
Deswegen ist es auch frustrierend gegen meine Schwester Federball und Tennis zu spielen, durch ihr üben ist sie besser darin und deswegen will ich nicht so oft mit ihr spielen. Es frustriert mich einfach zu verlieren.
Aber ich gehe gerne spazieren, besonders mit dir.“
Dabei lächelte sie mich an.
„Ich spiele gerne Pokern, was ich wie auch meine Schwester, damals von unseren Brüdern gelernt habe.
Am liebsten spiele ich das mit dir.“
Wieder wandte sie dabei ihren Kopf zu mir und sah mir direkt in die Augen.
„Es macht mir sehr viel Spaß mit dir auszureiten.“
Dabei tippte sie mir leicht auf die Brust.
„Und es macht mir gerade unglaublich Spaß mit dir zu picknicken.“
Sie reichte mir ein Sandwich.

Es macht mich glücklich, wie aufrichtig sie zu mir war und wie viel sie mir gerade von ihr erzählt hatte.
Wahrscheinlich hätte kein anderes Mädchen mit mir so offen über ihre eigenen Fehler gesprochen.
Mein Herz schlug wieder höher und ich biss lächelnd in das Sandwich.
„Deine Schwester kann das sehr gut“, gab ich zu und sie musste lachen. Sie nahm sich ebenfalls ein Sandwich und biss hinein. „In der Tat, das kann sie wirklich, aber sie kann alles gut, was sie tut. Außer sich einfach fallen lassen und Spaß haben, sie nimmt alles viel zu ernst und achtet nicht darauf das es ihr selbst gut geht.“
Ich sah sie an, auch wenn sie lächelte, hatten ihre Augen einen ernsten Ausdruck.
„Aber du achtest auf sie und du machst dir sorgen um sie“, stellte ich fest und sie nickte leicht bedrückt.

„Du hattest Brüder?“, fragte ich nach, da sie es kurz erwähnt hatte.
„Vier“, präzisierte sie es und ich war wirklich überrascht. Vier Brüder. Wie das wohl für sie gewesen ist? Oder wie war es für sie gewesen als sie starben?
„Gabriel, Philipp und Christoph waren älter als wir und wir hatten einen zwei Jahre jüngeren Bruder namens David.
Unsere Eltern haben Pferde gezüchtet und wir haben in einer Umgebung gelebt in der man Rosen gezüchtet hat.
Alles war voller Rosen und wir haben bei den Pferden gespielt.
Unsere Brüder haben uns vergöttert. Gabriel und Philipp liebten vor allem Elena. Sie fanden es toll wie unsere Schwester zu jedem war und was sie alles tat, besonders aber auch ihr benehmen. Sie waren wirklich stolz auf sie.
Ich hab viel Zeit mit Christoph und David verbracht. Sie waren lustig und für sie war Spaß genauso wichtig wie für mich. Wir haben die Pferde frei gelassen und Dad war sauer, weil sie wieder einfangen musste. Wir hatten viel Blödsinn gemacht“, erzählte sie mir.

Es klang schön was sie sagte.
Sie hatte eine glückliche Familie gehabt.
„Es tut mir leid“, sagte ich, da ich wusste dass sie alle im Feuer gestorben waren.
Lächelnd schüttelte sie den Kopf. „Das brauch es nicht. Es war eine schöne Zeit und gute Erinnerungen, um die es einen nicht leid tun muss. Sie schmerzen nicht mehr, sondern geben nur noch ein gutes Gefühl.“
Ich nickte leicht. Es war gut, wenn sie es so sehen konnte.
„Jetzt bist du dran, mir etwas zu erzählen!“, forderte sie mich munter auf und natürlich konnte ich ihr den Wunsch nicht verwehren.

„Nun, Damon war sieben als ich geboren wurde und unsere Mutter starb, im Kindbett.
Aber er gab mir nie die Schuld dafür, er liebte mich und kümmerte sich um mich.
Mein Vater ist ihm nicht sehr zu getan, da er oft die Schule vernachlässigt hat und mit mir Unsinn angestellt hat.
Vater sah ihn als Unruhestifter. Als der ältere erwartete er von ihm mehr Verantwortung, doch Damon hatte seinen eignen Kopf und er wollte das wir beiden Spaß hatten und sorglos waren.
Wir haben Hühner zusammen aufgescheucht und unsere Kindermädchen in den Wahnsinn getrieben. Ich erinnere mich an sieben Kindermädchen, danach gab es mein Vater auf.
Es war traurig für mich zu hören, als Damon in den Krieg zog. Ich hab immer Angst um ihn, das ihm was geschied“, gab ich zu und erzählte ihr somit etwas von mir.

„Tut es weh, nichts von deiner Mutter zu wissen?“, fragte Katherine und legte dabei die Stirn in Falten.
Ich schüttelte den Kopf. „Nein, Damon hat mir keine Zeit gelassen sie zu vermissen und sich selbst wahrscheinlich damit auch nicht.
Ich weiß sie hieß Lorelai und hatte schwarze lange wellige Haare, auch hatte sie blaue Augen. Ich hab sie auf einem Gemälde gesehen. Sie war wunderschön und sieht Damon sehr ähnlich.
Sie soll fröhlich und locker gewesen sein und sie konnte sehr gut Harfe spielen.“
Viel mehr wusste ich nicht über sie, Vater und Damon redeten beide nicht gerne über sie.
„Deswegen steht die Harfe im Teezimmer“, meinte Katherine und ich nickte zustimmend. So war es in der Tat.
„Ich kann es mir nicht vorstellen ohne unsere Mutter, sie war unsere gute Seele.
Vater war sehr streng und wenn ich Unsinn gemacht hatte, hatte er mit mir geschimpft. Sie hatte mich getröstet. Er hatte für Gelassenheit und Späße nur wenig Verständnis.“
Da war ihr Vater meinen sehr ähnlich. Auch er war streng, doch meistens kam ich mit der Verantwortung zurecht. Nur Katherine ließ sie mich manchmal vergessen.

Katherine holte Joghurt aus dem Korb heraus und reichte ihn mir.
„Komm wir sollten Elenas Essen nicht verschmähen. Dafür könnte ich ihr keine Begründung geben“, meinte sie lächelnd.
Da hatte sie recht, dafür würde es tatsächlich keine Gründe geben.
Sie rückte näher zu mir, sodass sie mich leicht mit ihrer Schulter an meiner berührte und mein Herz schlug augenblicklich ein paar Takte höher.
Es linderte jeden Schmerz und ließ alles vergessen.
Hier mit ihr zu sitzen, erschien mir einfach nur perfekt zu sein.

Kapitel 18: Picknick beim Flieder




„Der wahrhaft große Mensch ist der, der niemanden beherrscht und der von niemandem beherrscht wird.“ (Khalil Gibran)



Elenas Sicht:
„Wohin entführen sie mich, Mister Salvatore?“, fragte ich lächelnd und gut gelaunt, als wir uns immer mehr von den anderen entfernten.
Wir nährten uns zu dem Garten, den ich gerne stundenlang mit einem Buch durchwanderte.
„Keine Sorge, wir sind gleich da. Wir werden immer noch in der Sichtweite der anderen sein“, beruhigte er mich. Das war gut.
Er brachte mich zu der Bank, auf der ich gesessen hatte und wo wir uns dann kennenglernt hatten.
„Ich weiß jetzt warum sie den Ort so mögen, es ist wegen dem Flieder“, meinte er und zeigte auf Fliedersträucher die, die Bank, umgaben.

Ja, die mochte ich tatsächlich.
Ich legte mein Kleid ein wenig zur Seite und wir setzten uns hin.
„Es scheint so als hätten sie sich mit meiner Schwester unterhalten“, stellte ich schmunzelnd fest. War klar dass sie mich versuchte zu verkuppeln, so war sie nun mal.
Er stellte den Korb zwischen uns und machte ihn auf. „Sind sie mir böse?“, fragte er und ich holte eine Schüsselhervor, die ich ihm gleich reichte.
„Kartoffelsalat“, sagte er erstaunt. Wahrscheinlich hatte er nicht damit gerechnet, dass ich ihn machen würde. Ehrlich gesagt hatte ich auch nicht gewusst, warum ich es getan hatte.

„Ich bin ihnen nicht böse, wenn wäre ich sauer auf meine Schwester, aber so ist es nicht.“
Er nahm ein paar Dinge aus dem Korb und sah ziemlich erstaunt aus. „Sie haben wirklich viel gemacht“, meinte er überrascht.
Lächelnd zuckte ich mit meiner Schulter und nahm mir auch etwas von meinem Essen. „Dann sollten sie wohl viel essen“, gab ich zurück und er tat es auch sogleich.
Er nahm eine Gabel und aß zuerst eines der Würstchen und den Kartoffelsalat.
Seine Augen weiteten sich erstaunt und ich musste kichern.
„Wahrscheinlich sollte es mich nicht überraschen, dass sie so gut kochen können“, meinte er.
Ich zuckte mit den Schultern.
„Ich hab meiner Mutter früher immer geholfen. Es ist nicht wirklich schwer“, gab ich zu.
Ich konnte mich daran kaum noch erinnern. Ich musste ihr wohl schon als kleines Mädchen geholfen haben, sodass das kochen später einfach drin war.

Er nickte leicht.
„Stimmt. Ich hab meiner Mutter auch immer geholfen und wir haben ziemlich viel genascht, sodass wir dann automatisch mehr kochen mussten, weil das meiste beim kochen schon verloren ging“, erklärte er und ich musste bei der Vorstellung schmunzeln.
„Das hat mir an Zuhause gefehlt, das gute Essen“, meinte er und ich wurde automatisch traurig.
Es erinnerte mich daran, dass er bald wieder in den Krieg ziehen würde.
Der Flieder verblühte langsam und zeigte den Ende des Frühlings an und mit ihm würde auch Damon gehen.
„Ist es ihnen doch nicht egal, das ich wieder gehe?“, fragte er nach und ich wusste das er auf unsere erste Unterhaltung anspielte, wo er mich gefragt hatte, ob ich mich um ihn sorgen machen würde.
„Sie sind weit davon entfernt mir egal zu sein, Mister Salvatore“, gab ich zu und er schien überrascht zu sein, dabei hätte ich jetzt wirklich mit seinem typischen Grinsen gerechnet.

Plötzlich verschluckte er sich und lächelnd schlug ich ihm auf den Rücken.
„Verschlucken sie sich nicht“, ermahnte ich ihn.
Er schlug sich leicht auf die Brust und schluckte das Essen herunter.
„Sie dürfen sowas nicht sagen, wenn jemand isst. Womöglich erstickt er noch an ihrer Gefühlsoffenbarung“, meinte er und ich verzog gespielt beleidigt meinen Mund.
Ich wusste natürlich wie er es gemeint hatte.
„Meinen sie dass es so schrecklich ist, von mir umsorgt zu werden?“, fragte ich verletzt nach und geschockt weiteten sich seine Augen.
Am liebsten hätte ich sofort angefangen zu kichern, aber dann würde ich seine Antwort ja nicht hören und ich ahnte dass sie mich glücklich machen würde.

„Nein! Aber wenn derjenige sie nur halb so gern mag, wie ich sie, dann ist er einfach zu geschockt um zu schlucken, da er den Atem anhalten muss.
Ich könnte mir gerade nichts schöneres wünschen, als das sie sich um mich sorgen, es würde bedeuten das es nicht hoffnungslos ist und das sie mich…“
Er stockte und konnte es wohl nicht aussprechen.
Auch mir fiel es schwer, doch ich warf meine Zweifel über Bord, wie meine Schwester es mir geraten hatte und vollendete seinen Satz. „Das ich sie mag.“
Es war beabsichtigt, dass ich es nicht zur Frage formuliert hatte.
Ich nickte leicht und fügte hinzu: „Ich mag sie Damon. Es ist nicht hoffnungslos.“
Ich wusste dass ich mit diesem Geständnis bewirkt hatte, das er nicht mehr aufgeben würde, aber das wollte ich auch nicht mehr.
Es war an der Zeit für mich glücklich zu werden.

Freudig aß er weiter, das Lächeln war unablässig auf seinem Gesicht und ich konnte es nur erwidern.
„Das Gedicht, was sie mir vorhin gesagt haben. Ich kenne es nicht und ich wollte…“
Bevor ich weiterreden konnte, holte er etwas aus seinem Jackett.
Er reichte mir das Stück Papier.
„Das ist von Heinrich Heine. Ich hab es aus dem deutschen übersetzt. Es ist über Helena aus der griechischen Mythologie. Ich fand es passte zu ihnen und auch ihrem Namen.
Wenn ich mir vorstelle, das man für eine wunderschöne Frau Krieg geführt hat, dann für eine wie sie.“
Ungläubig sah ich ihn an und deutete dann fragend auf das Blatt Papier.
„Darf ich es behalten?“, fragte ich nach.
Es würde für mich eine wundervolle Erinnerung sein und ich würde die Worte dazuschreiben, die er gesagt hatte.

Er nickte lächelnd.
„Natürlich, dürfen sie. Es war sowieso nur für sie.“
Dankbar erwiderte ich sein Lächeln.
„Ich werde sie vermissen“, gab ich nun zu.
„Und ich werde immer an sie denken“, gestand er und ich freute mich darüber.
Schweigend aßen wir auf und Damon lobte immer wieder mein Essen, dabei war nur wenig davon wirklich gekocht.

„Sind sie für die Sklaverei oder kämpfen sie um unser Land zu verteidigen?“, fragte ich, denn ich wusste nur dass er der Armee beigetreten war, um in den Augen seines Vaters etwas Vernünftiges zu tun.
Dabei fragte ich mich aber, was das vernünftige war und ob er es genauso sah.
„Eigentlich wollte ich nur dass mein Vater stolz auf mich war, er ist dafür dass mein Land zu verteidigen etwas Ehrenvolles ist.
Über die Sklaven habe ich ehrlich gesagt nie viel nachgedacht.
Es war einfach so und ich hab es nie in Frage gestellt, aber es hat sich verändert als ich an der Front war.
Die anderen haben ein viel ehrenvolleres Ziel, für das es sich zu kämpfen lohnt.
Jetzt muss ich einfach daran denken, dass ich mein Land verteidige, denn sonst könnte ich dem Feind nicht ins Gesicht sehen.
Sie kämpfen für die Freiheit und wir dafür dass ein Gesetzt bleibt, wovon sich niemand wünschen würde darunter zu fallen“, erklärte er mir offen.

„Der herrschaftliche Stand ist gar nicht durch seinen Ursprung, sondern nur durch das Gesetz rechtmäßig; das Gesetz aber darf den Grund seiner Rechte weder in den Gewaltgelüsten übergroßer Herren noch in den demütigen Niederträchtigkeiten überschwacher Knechte suchen“, zitierte ich zustimmend und nickte.
Das war auch meine Meinung.
„Das ist von Johann Heinrich Pestalozzi.
Ich finde er hatte recht.
Wenn wir uns tatsächlich als besser bezeichnen, dann sollten wir auch die besseren Menschen sein und nicht wider besseren Wissens handeln und für etwas kämpfen, das einfach nur grauenvoll ist.“

Damon lächelte mich an und wandte sich völlig mir zu, indem er sich so auf die Bank setzte, dass ein Bein auf jeder Seite war.
Ich setzte mich etwas schräg hin, sodass ich ihm in die Augen sehen konnte.
Den Korb stellten wir auf den Boden.
„Sie sollten einen Vortrag vor allen Südstaaten halten, damit sie ihre Waffen niederlegen und zugeben, dass sie recht haben.
Es gibt wirklich einen Grund für so ein schreckliches Ziel zu kämpfen“, stimmte er mir zu.
Ich fand es toll, dass wir einer Meinung waren.
Wir diskutierten über den Krieg und wie wenig ehrenvoll so etwas war. Aber wir versprachen uns auch noch einmal uns zu schreiben.
Das Essen wurde leer und wir blieben hier, bis die Sonne unterging und sich auch die letzten vom Picknick entfernten.

Als fast die letzten erhoben wir uns und Damon bot mir wie immer seinen Arm an, als wir reingehen wollten.
Er brachte mich zu meinem Zimmer, das Haus war noch leer.
Ich hatte gesehen, dass Stefan und Katherine noch unterm Baum saß und Damons Vater sich noch mit ein paar Leuten unterhielt.
„Ich werde den Text lesen, danke dass sie ihn für mich übersetzt haben.“
Er sagte nichts, sondern sah mir nur ins Gesicht und streckte vorsichtig eine Hand aus, um mir eine Strähne aus dem Gesicht hinters Ohr zu streichen.
„Sie sind meine Helena, für sie werde ich in den Krieg ziehen und kämpfen“, flüsterte er und mein totes Herz schlug schneller.
Er kam mir näher und ich schloss meine Augen und ein Bild von Elijah und mir, als wir uns zum ersten Mal küssten, brannte sich in mein Bewusstsein.
Ich wollte nicht, dass es genauso oder ähnlich war.
Schnell drehte ich mich, sodass Damons Lippen auf meiner Wange landeten.
Kurz strich ich ihn über die Schläfe und lächelte ihn an, er war so verdutzt, das er nicht reagieren konnte. „Gute Nacht, Damon. Es war wirklich ein wunderschöner Tag heute“, versicherte ich ihm und ging in mein Zimmer.
An der Tür ließ ich mich herunter gleiten.
Es dauerte eine Weile, bis ich ihn „Gute Nacht, Elena“ flüstern hörte und er in sein Zimmer verschwand.
Glücklich vergrub ich mein Gesicht in meine Hände und genoss den Schauder, der gekommen war als er meinen Namen über seine Lippen gebracht hatte.
Freuden Tränen liefen über mein Gesicht und ich musste mich zusammenreißen, damit sie wieder verschwanden. Ich wollte doch nicht dass das Gedicht verschwamm, wenn ich es mir durchlas.
Aber die Tränen des Glücks wollten einfach nicht versiegen.


Kapitel 19: Wert




„Des Liebenden Blick wird einen Adler mit Blindheit schlagen, des Liebenden Ohr wird noch den leisesten Ton vernehmen.“ (William Shakespeare)



Katherines Sicht:
Stefans Hand war mit meiner verschränkt und es fühlte sich an als wären wir eins.
Vollkommen, eben.
Ich zog ihn hinter mich her, durch den Garten und genossen den Duft des Gartens am Abend, der ganz anders war, als am Tag.
Wir hatten uns von den wachsamen Augen der Erwachsenen weggeschlichen und liefen nun durch den großen Garten und versuchten dabei unser Lachen zu unterdrücken.
Fröhlich drehte ich mich unter seinem Arm hinweg.

Hier hinter dem Haus und den Sträuchern konnten sie uns in der Dunkelheit nicht mehr sehen, zumindest niemand der kein Vampir war.
Ich sah das Funkeln in Stefans Augen und wusste dass er mich wirklich sehr gerne mochte und dass keine bloße Schwärmerei war.
Ich hatte ihn nie manipulieren müssen.
Seine Gefühle waren von allein so stark.
Das war es was ich mir immer gewünscht hatte in Klaus Augen zu sehen.
Nur sehr wenige Jungen hatten mich mit diesen Augen angesehen und keiner von dem ich es mir gewünscht hätte.
Elijah und Helena hatten sich gegenseitig so angesehen und ich hatte wahrscheinlich Klaus so angesehen.
Aber diesmal schien auch ich Glück zu haben.

Der Junge, den ich mochte und für den ich mich interessierte, sah mich mit einem Funkeln in den Augen an, das meine Beine schwach wurden.
Glücklich lächelnd schlang ich meine Arme um seinen Nacken und zog mich näher an sich.
„Tanz mit mir“, bat ich ihn.
Er lachte leicht und sah sich um.
„Katherine, hier ist nicht mal Musik“, protestierte er, aber nur sehr schwach wie ich fand.
Unbeschwert zuckte ich mit den Schultern.
„Ist doch egal!
Wen interessiert schon so eine Nebensächlichkeit?“, fragte ich ausgelassen.
Ich hatte einfach gute Laune.

Er nahm eine meiner Hände in seine und legte seine andere Hand oberhalb von meiner Hüfte. Ich legte meine Hand auf seinen Rücken und langsam fingen wir uns an zu bewegen.
Die Sonne war verschwunden und dafür erleuchteten nun die Sterne den Himmel. Aber am meisten dominierte das Licht des Mondes den Himmel, die Sterne sahen dagegen nur mickrig aus.
Wir tanzten ganz langsam, ohne Musik, aber ich summte ein Lied, das mir gefiel und ich stellte mir vor wie ein Orchester nur für uns ganz allein spielte.
Ich legte meinen Kopf auf seine Brust und lauschte seinem unregelmäßigen Herzschlag.
„Es wäre schön auf ewig hierzubleiben“, gestand er mir und in Gedanken stimmte ich ihm zu.
Das wäre ein schönes Bild für die Ewigkeit, auch wenn er sich davon in Wirklichkeit nur wenig einen Begriff machen konnte.

„Das wäre es“, flüsterte ich zurück.
Ich hob meinen Kopf an und sah ihm in die Augen.
Der Moment war so magisch, ich stellte mich auf Zehenspitzen, um ihn noch besser zu machen. Doch gerade als ich ihn küssen wollte, wich er von mir zurück.
Er löste sich von mir und trat einen Schritt zurück.
„Wir… wir sollten zurück gehen. Es wäre nicht klug noch länger fortzubleiben, sonst bemerken sie noch unser fernbleiben… sie könnten…“, stotterte er ziemlich unbeholfen.
Ich wusste ja was er meinte, doch es war mir egal.
„Stefan“, sagte ich und trat auf ihn zu, aber wieder wich er vor mir zurück und mein Blick wurde ganz sicher traurig.

Ich wollte nicht dass er auf meine Ehre oder Anständigkeit achtete, das brauchte er nicht, schließlich hatte ich sie schon lange und oft genug verloren.
Das war nichts mehr auf das man Wert legen brauchte.
Er brauchte nichts beschützen und in Ehre halten, das nicht einmal mehr da war.
„Stefan, weißt du…“, fing ich an, doch stockte ich und kniff die Augen zusammen, als ich jemand hinter ihm sah.
Was?
Konnte das sein?
Aber dann war es wieder weg.
Doch eben da… Trevor… ich hab… oder?

Ich schüttelte den Kopf.
Wahrscheinlich wollten mich meine Gedanken bestrafen, dass ich gerade so glücklich war.
Ich hatte das Glück meiner Schwester zerstört, wie durfte ich da hoffen selbst glücklich zu sein und aufzuatmen.
Erst musste sie ihr Glück wiederfinden, bevor ich von meiner Last befreit wurde.
Da war nichts.
Nicht nach so kurzer Zeit, das konnte nicht sein.
„Ist gut. Lass uns rein gehen“, stimmte ich ihm brav zu und harkte mich bei seinen dargebotenem Arm ein.

Es war eigentlich noch nicht mal ein ganzer Monat vergangen, da war es auch klar.
Wir hatten noch alle Zeit der Welt.
Meinen Kuss würde ich sicher noch bekommen und Elena würde glücklich werden.
Wir schlichen uns ins Haus und Stefan brachte mich in zu dem Zimmer meiner Schwester und mir, dort brannte noch eine kleine Lampe.
„Gute Nacht, Stefan“, flüsterte ich und ich war froh, als er zumindest wieder meine Hand küsste und über diese strich.
„Gute Nacht, Katherine“, erwiderte er und wartete bis ich im Zimmer verschwunden war.

Dort saß Elena an ihrem Schreibtisch. Sie trug nur ein Nachthemd, aber ihre Haare waren noch immer nach hinten gesteckt.
Ich nahm einen Kamm und ging zu ihr.
Neugierig beugte ich mich über sie und mein Blick huschte über ein beschriebenes Blatt Pergament.
„Was liest du da?“, fragte ich interessiert.
„Ein Gedicht, das Damon für mich übersetzt hat. Ich könnte es mir immer wieder durchlesen“, gab sie zu und ich hörte an ihrer etwas kratzigen Stimme, das ihre Aufregung noch immer nicht verflogen war.
Ich strich ihr durch die Haare und entfernte ein paar Spangen.
„Du hast deine Haare noch nicht gemacht“, flüsterte ich.
„Das machst du doch.“

Natürlich.
Es war auch eine Selbstverständlichkeit für sie, sie hatte auf mich gewartet.
Für sie wäre es genauso unnatürlich, wenn sie es selbst machen würde.
Ich machte noch das Fenster zu, bevor ich begann ihre Haare zu kämmen.
„Warst du nett zu Damon?“, fragte ich nach, obwohl von ihrer Körpersprache her, was das einzige war, das ich aus der Entfernung mitbekommen hatte, schon.
„Nicht so nett, wie du wahrscheinlich zu Stefan.
Aber ja, ich war nett.“
Die Frage war nur, was nett bei ihr bedeutete, aber sie hatte wie ich natürlichen Charme, der alles ein wenig glätten sollte.

„Ich hab ihn Hoffnungen gemacht, Katherine“, flüsterte sie und sie schaute dabei nach vorn, aus dem Fenster hinaus.
Kurz stockte ich, bevor ich ihre Haare weiter kämmte.
„Du bist traurig, weil er in den Krieg ziehen wird.
Wieso überredest du ihn nicht hier bei dir zu bleiben oder findest du die Vorstellung das er sich vor Sehnsucht nach dir zerfrisst reizvoll?“, fragte ich halb belustigt, halb ernst.
„Ich hab Angst um ihn.
Aber ich will darauf warten dass er zu mir zurückkommt. Wenn es so ist, dann kann es doch nur wahre Liebe sein, oder?“, fragte sie mich und ich konnte nicht anders als zu nicken.
Wahre Liebe.
Daran glaubte ich nie.
Das hatte ich nie und die Zeit hatte mir bewiesen dass ich Recht hatte.
Aber Elena hatte immer daran geglaubt, sie hatte verzweifelt daran gehangen das Elijah ihre wahre Liebe war und deswegen hatte es so sehr weh getan, sie leiden zu sehen.
Doch Damon hatte wirklich Potenzial zumindest in ihren Augen ihre wahre Liebe zu sein.
Ich umarmte meine Schwester von hinten.
„Er kommt zu dir zurück. Kein Junge der dich richtig kennt, würde das nicht. Du bist es wert, Elena“, sagte ich ihr und ich war fest von meinen Worten überzeugt.
Sie war es wert. Sie schon.

Kapitel 20: Sorgen




„Wer darf entscheiden, wann das Alte endet und das Neue beginnt?
Es ist kein besonderer Tag im Kalender. Kein Geburtstag und auch nicht das neue Jahr. Es ist etwas, das passiert. Etwas Großes oder Kleines. Etwas, das uns verändert. Im Idealfall etwas, das uns Hoffnung gibt. Eine neue Art zu leben, ein neuer Blickwinkel. Das Loslassen von alten Gewohnheiten, alten Erinnerungen.
Das Wichtigste ist, dass wir niemals aufhören daran zu glauben, dass ein neuer Anfang möglich ist.“ (Grey’s Anatomy)




lich wusste ich ja selbst, das es ziemlich dumm von mir hier zu sein und eigentlich sogar lächerlich überflüssig.
Der Gedanke aber, dass ihm etwas passieren konnte, beherrschte mich.
Ich dachte daran, was einem Menschen alles Schreckliches widerfahren konnte und hatte Angst um ihn.
Deswegen wachte ich nun schon die zweite Nacht über seinen Schlaf.
Ich wusste dass meinElenas Sicht:
Eigente Angst, etwas Reales war, schließlich war er im Krieg vielen Gefahren ausgesetzt. Aber auch ich war eine Gefahr für ihn.
Ich setzte mich zu ihm und strich ihm über die Wange und dann ein paar Strähnen aus dem Gesicht.

Ich beugte mich zu ihm vor und war nah dran ihn zu küssen.
Es war möglich.
Ich konnte ihm jetzt einfach auf die Lippen küssen, er würde nichts davon mitbekommen.
Das war dumm, ich schüttelte den Kopf über meine eigene Torheit.
Dann küsste ich ihn auf die Stirn. Er war leicht verschwitzt vom Schlaf. „Süße Träume, Damon“, wünschte ich ihn und manipulierte seinen Traum, damit zumindest er etwas hatte worauf er sich freuen konnte.
Ich ließ ihn von seiner Mutter träumen, einer intakten Familie und ihn mich als Mensch kennenlernen. Damals, als ich noch kein Monster war.

Ich nahm seine Hand in meine und merkte wie langsam Tränen über meine Wangen ließen.
„Katherine hat wohl recht, ich verliebe mich langsam in dich, Damon“, meinte ich und musste leicht auflachen. „Wie könnte ich auch nicht? Du bist wundervoll.“
Ich schüttelte leicht den Kopf und strich ihm durch seine lockigen Haare.
„Aber…“
Ich fasste an mein Herz und wieder quollen Tränen aus meinen Augen heraus.
Konnte man das nicht abschalten.
„Schlaf“, flüsterte ich und eilte auf leisen Sohlen nach draußen.
Mit meinen Tränen lief ich weg von dem Haus, immer weiter davon. Ohne darauf zu achten wohin ich überhaupt lief, rannte ich ohne Schuhe durch den Wald.

Ich blieb erst stehen, als ich an einen See kam.
Der See, den Damon mir gezeigt hatte.
Die Tränen liefen nun ohne Unterbrechung über mein Gesicht.
Verzweifelt sank ich auf die Knie.
„Bitte lieber Gott!“, fing ich an zu flehen und sah hinauf in den Nachthimmel. „Bitte! Ich liebe ihn immer noch. Aber ich will ihn nicht mehr lieben!“
Ich schluckte.
„Ich will nicht mehr so leiden! Bitte! Hilf mir ihn zu vergessen! Bitte hilf mir nicht mehr an ihn zu denken!“, stieß ich mein verzweifeltes Gebet in den Himmel.

Es sollte endlich vorbei sein.
Es sollte endlich zu Ende sein.
Ich wollte endlich dass das Kapitel Elijah in meinem Leben zu Ende ging. Ich fing an mich in Damon zu verlieben und das war richtig so, das wusste ich und spürte ich. Also sollte er endlich aus meinem Herzen verschwinden.
Er hatte da nichts mehr zu suchen.
Er musste Damon Platz machen, damit er zum wichtigsten Teil meines Lebens werden konnte.
Denn ich wusste bei ihm musste ich nichts bereuen. Bei ihm würde ich nie etwas bereuen.

Verzweifelt ließ ich mich ins Gras fallen.
Es war so bitter kalt. Aber ich würde nicht erfrieren.
Zwar spürte ich alles noch genauso wie als Mensch, vielleicht sogar noch intensiver, aber es hatte keine Folgen mehr für mich.
Der Schmerz, der körperliche, verging.
So sollte auch der andere folgen.
Ich war zu lange ein Vampir, als das es mir noch möglich wäre meine Gefühle abzustellen.
Sie waren viel zu deutlich da.

Am Anfang hatte ich sie nicht abgeschaltet, weil ich es nicht wollte und jetzt war ich nicht mehr in der Lage dazu, davon Gebrauch zu machen.
Deshalb hoffte ich verzweifelt auf das erbarmen Gottes.
Ich hoffte dass er Mitleid mit mir hatte und mich nicht für meine Fehler bestrafte.
Ich hoffte es so sehr.


Am nächsten Morgen weckten mich die ersten Sonnenstrahlen, die wirklich ersten.
Schnell begriff ich wo ich war und beeilte mich zurückzukommen.
Durch die Vampir-Geschwindigkeit war ich in nur wenigen Minuten da.
Meine Schwester hatte meine Abwesenheit nicht bemerkt, sie schlief noch. Nun sie schlief immer sehr lange und es war noch früher morgen.
In Damons Zimmer hörte ich aber schon Geräusche, weswegen ich meinen kurzen Plan ihn zu besuchen, wieder verwarf.
Wahrscheinlich packte er. Er würde verschwinden und ich würde ihn für lange Zeit nicht sehen.
Wieder packte mich die Angst und ich setzte mich auf das Bett.

Nie hatte ich um Elijah Angst haben müssen.
Selbst wenn er sich in eine gefährliche Situation begab, war er stark genug, der Gefahr zu trotzen.
Er war ein Urvampir, ihn zu töten war so gut wie Unmöglich und nur jemand aus seiner Familie würde es können.
Damon dagegen war ein Mensch.
Ein schwacher Mensch, dem alles Mögliche passieren konnte.
Es gab so viele Gefahren.
Krankheiten, Unfälle, Verrat, Kämpfe, Kriege.
Ich fand ich hatte allen Grund zur Sorge, dass ich ihn vielleicht nie wieder sehen würde.

Ich ging zum Schrank und holte eines meiner Kleider heraus, bevor ich mir von Emily Wasser holen ließ, um mich für den Tag zu Recht zu machen.
Gerade als ich meine Haare vereinzelt hochzustecken, wachte meine Schwester aus dem Schlaf der Gerechten.
„Du bist schon wach?“, fragte sie verschlafen.
Leicht nickte ich. „Das bin ich“, bestätigte ich ihr.
Seufzend ließ sie sich wieder zurück ins Bett fallen. „Ist es nicht anstrengend so verantwortungsvoll zu sein und zu einer gesitteten Uhrzeit aufzustehen?“
Leicht musste ich kichern, bekam dafür aber sogleich ein genervtes Stöhnen.
Typisch Katherine.
Sollte ich als kleine Schwester nicht mehr das Recht haben verantwortungslos zu sein?

Ich machte meine Haare fertig, schminkte mich leicht und legte mir meinen Schmuck an.
Dann ging ich zu ihr zum Bett und strich ihr über die Stirn, wie es unsere Mutter immer bei uns getan hatte. Ich zog leichte Kreise durch ihren Haaransatz und bemerkte lächelnd, wie sie wohlige Laute von sich gab.
Federleicht küsste ich sie auf die Stirn.
„Träum nochmal süß“, flüsterte ich und ich merkte wie sie tatsächlich wieder in das Land der Träume abdriftete.
Zumindest sie sollte ohne Sorgen sein und voller Leichtigkeit leben.
Nach all dem Schmerz, den sie erlebt hatte, hatte sie es verdient.

Ich holte etwas aus der Truhe, das ich in den letzten Tagen angefertigt hatte und drückte es an mich.
Noch schnell nahm ich eine Nadel und fügte etwas hinzu, was mir plötzlich sehr wichtig war und was ich wollte, das er es wusste.
Dann ging zur Tür und lauschte, um darauf zu warten dass er sein Zimmer verließ.
Ich konnte es nicht wirklich glauben.
So wirklich wollte mein Kopf es einfach nicht begreifen, das er wieder gehen würde. Dabei war das wohl eigentlich normal.
Ich hoffte dass das aber nicht bedeuten würde, dass es zu Ende war.
Ich hoffte dass es ein Anfang war.
Allerdings wusste ich nicht wo die Grenze lag.
Ich konnte sie einfach nicht bestimmen.
Aber bitte Gott, lass es nur der Anfang sein.

Kapitel 21: Glücksbringer




„Ist es, um Himmels willen, ein Verbrechen, allzu innig zu lieben?“ (Alexander Pope)



Damons Sicht:
Ich schulterte meine Tasche und ging aus meinen Zimmer, gerade als ich meine Tür schloss, hörte ich, wie es auch jemand anderes tat.
Mist! Ich hatte doch darauf geachtet so früh zu verschwinden, dass noch niemand wach war.
„Du willst schon gehen, ohne dich zu verabschieden?“, hörte ich die liebreizendste Stimme, die ich kannte und drehte mich sofort um.
Natürlich, nur sie konnte zu so früher Stunde wach sein.
Ich verbeugte mich vor ihr, bevor ich näher zu ihr trat. „Guten Morgen…“ Ich stockte, mir fiel auf das ich sie siezen wollte, bevor mir einfiel, das ich das doch nicht mehr musste.
Ein Lächeln huschte über mein Gesicht. „Elena“, sagte ich glücklich.

Sie blieb ernst und sah mich abwartend an.
„Entschuldige, ich wusste nicht dass du wach warst, sonst…“
Ich stoppte, aber sie vollendete meinen Satz für mich. „Sonst wärst du verschwunden, ohne dich von jemand zu verabschieden.“
Ich zog die Augenbrauen zusammen und holte etwas aus meiner Tasche.
„Ich gebe zu Abschied ist nicht so meine Stärke, aber ich hab einen Brief für dich“, sagte ich und reichte ihn ihr.
Schweigend nahm sie ihn an sich, sah mich aber trotzdem anklagend an. Oh, den Blick beherrschte sie so gut.

Ich blickte ihr in ihre wundervollen rehbraunen Augen.
Sie reichte mir etwas und verwundert sah ich auf das Paket, eingepackt in Packpapier.
„Damon…“
Sie stoppte und was auch immer sie mir sagen wollte, es verließ nicht ihre Lippen.
Lächelnd legte ich meine Hand auf ihre Wange.
„Deswegen mag ich keine Abschiede, aber keine Sorge, Elena.
Ich komm zurück zu dir. Du wirst mich schon nicht los, nie mehr.“
Sie schluckte versuchte mich anzulächeln, beruhigend, auch wenn es ihr nicht wirklich gelang.

Sie reichte mir ihre Hand, die ich nahm und sie sofort daran zu mir zog.
Ich legte meine Lippen auf ihre und zog so nah es ging zu mir, indem ich meinen Arm um ihren Nacken legte, überrascht weiteten sich ihre Augen. Ich genoss den Kuss, wie kurz er auch war, das war egal.
Es war das schönste Gefühl der Welt, ihre Lippen auf meinen zu spüren.
Lächelnd strich ich ihr noch einmal über die Wange.
„Als Glücksbringer“, flüsterte ich grinsend und eilte die Treppe herunter.

Meine Lippen prickelten noch immer von der allzu kurzen Berührung.
Der Krieg machte mir jetzt keine Angst mehr.
Ich fühlte mich von dem Kuss beflügelt und hatte das Gefühl alles schaffen zu können. Ich fühlte mich einfach unbesiegbar.
Auch wenn ich mich nicht mehr zu ihr umsah, hatte ich ihr Bild genau vor Augen.
Ich hatte mir jede Einzelheit von ihr eingeprägt, nie wieder würde ich ihr Gesicht vergessen.
Elena war meine Muse.
Sie war der Grund für mich zu kämpfen und in den Krieg zu gehen. Wenn ich an sie dachte, dann machte alles einen Sinn.
Mein Leben, der Krieg, die Liebe.
Ich.
Mein Selbst hatte einen Sinn und das allein durch sie.

Bevor ich nach draußen ging, legte ich zwei Briefe, einen für Stefan und einen für Vater, auf den kleinen Beistelltisch an der Tür.
Charles wollte bei den Ställen auf mich warten.
Er musterte mich kritisch. „Du hast anscheinend eine Menge unangebrachte gute Laune“, meinte er zweifelnd und sah mich an.
Klar hatte ich die, schließlich hatte ich gerade das wundervollste Mädchen der Welt geküsst.
Wie konnte ich da keine gute Laune haben?
Und wie konnte mir das nicht Glück bringen?
Daran konnte wirklich nichts verkehrt sein. Es war das einzig richtige.

Ich sattelte mein Pferd, genau wie Charles und wir befestigten unser spärliches Gepäck.
„Ich hab gute Laune“, bestätigte ich meinen Cousin, der mich weiterhin so ansah, als hätte ich ein Rad ab.
„Das Mädchen meiner Träume mag mich nämlich auch und wie ist das bei dir?“, fragte ich und ritt los, ohne eine Antwort abzuwarten.
Er kam mir aber ziemlich schnell hinterher.
„Du Glückspilz“, gab er zu und genau so fühlte ich mich auch.


Charles und ich rasteten am Abend. Es würde noch einen halben Tag dauern, bis wir wieder bei unserer Kompanie waren.
Schon nach dem Abendbrot, zog ich mich zurück und ging zu den Ställen, wo ich mit Charles übernachtete.
Ich brauchte nicht feiern, dazu hatte ich keine Ambitionen.
Ich wollte einfach nur in die Sterne gucken und an Elena denken.
Als ich meine Decke raussuchte, fiel mir das Paket auf, das Elena mir gereicht hatte.

Ich nahm es an mich und öffnete es bedacht.
Heraus holte ich ein feines beiges Leinenhemd, das sorgsam verarbeitet wurden war.
Ich roch daran und ein Hauch von Honig zog sich in meine Nase, der Geruch, der immer an Elena haftete.
Sie hatte mir das Hemd genäht.
Glücklich betrachtete ich es und mir fiel etwas am Kragen auf.
Auf der Innenseite stand etwas genäht, das mich glücklicher gar nicht machen könnte und jetzt wusste ich, was sie mir hatte sagen wollen.
Unbewusst hatte ich das richtige geantwortet.

Komm zurück zu mir.

Da standen tatsächlich diese Worte.
Sie wollte dass ich zu ihr zurück kam. Sie! Sie wollte es.
Glück und Hoffnung durchflossen mich gleichermaßen.
Ich nahm meine beiden Decken und breitete sie auf dem Boden aus, die andere legte ich über mich. Das Hemd von ihr zog ich mir über. Zwar würde ihr Geruch dadurch irgendwann verschwinden und durch meinen ersetzt werden, aber ich wollte es immer bei mir tragen.
Ich hatte das Gefühl sie dadurch bei mir zu haben. Sie mit mir zu tragen.

Ich verschränkte meine Arme unter meinen Kopf und sah hinauf in den Sternenhimmel.
Mittlerweile hatte ich mich daran gewöhnt, dass sie meine Gedanken beherrschte und ich hinterfragte es nicht mehr.
Ich wusste dass ich sie liebte.
Dass sie das Mädchen war, an dessen Seite ich immer sein wollte.
Ohne Einschränkungen oder Rückzug.
Ihr Bild war in meinem Herzen und ihre Stimme in meinem Kopf.

Zurück zu ihr kommen.
Zu dem Mädchen meiner Träume. Das würde ich. Ich war mir sicher.
Zum ersten Mal fand ich den Gedanken nach Hause zurückzukehren, schön, tröstlich.
Ein Leben mit ihr, dafür würde ich kämpfen.
In den Krieg ziehen für meine persönliche Helena.
Mein Leben verlief zum ersten Mal richtig. So wie ich es mir vorstellte und ich freute mich erstmals darauf, was mich erwartete.

Ich hatte eine Zukunft.
Eine Zukunft mir ihr, das war mir so gewiss.
Sie brachte mir Glück und ich war mir so sicher.
Ich musste an meinen Traum denken, den ich letzte Nacht gehabt hatte.
Da war meine Mutter gewesen, Stefan mein kleiner Bruder und mein Vater, der mich akzeptierte, so wie ich war.
Und Elena war da.
Ich hatte sie kennengelernt, sie war schüchtern und zurückhaltend, aber wir hatten uns gut verstanden.
Ich hatte von ihr geträumt und es hätte nicht realer sein können.
Sie war dabei zu meiner Familie geworden.
Konnte das unsere Zukunft sein? Heiraten und eine Familie?
Früher hatte ich nichts lächerlich finden können, aber jetzt fand ich es einfach nur schön.
Ein Wunsch, der nicht mehr undenkbar war.

Ich fragte mich ob Mum, Elena gemocht hätte.
Natürlich hätte sie das, auch sie hätte erkannt was für ein wundervolles Mädchen war.
Sie hätte sich gefreut, wenn sie gesehen hätte, wie viel Glück sie brachte.
Elena brachte mir Glück, denn durch sie war ich glücklich.
Daran konnte nichts verkehrt sein.
Da war kein Fehler.
Es war so rein und einfach nur perfekt.


Kapitel 22: Weg





„Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht.“ (Vaclav Havel)


Stefans Sicht:
Das war es.
Nur ein Brief?
Ein Brief und er war einfach weg?
Das konnte doch nicht sein ernst sein.
Warum machte er das?
Wütend schlug ich auf den Tisch und merkte wie Tränen über mein Gesicht rollten, sofort verbannte ich sie.
Weinen durfte ich nun wirklich nicht. Das konnte ich mir nicht leisten.
Aber warum musste er sowas machen?



Stefan,

was soll ich dir sagen?
Wahrscheinlich das, was ich dir auch beim letzten Mal gesagt habe.
Pass auf alles auf, sei nicht zu fleißig und hab auch mal Spaß.
Ich komm wieder zurück, mach dir keine Sorgen um mich.
Unkraut vergeht nicht.
Diesmal füg ich noch hinzu, dass du dich mit Vater vertragen sollst.
Es ist einfach komisch, wenn ihr Streit habt und so kein Schach spielt und nicht stundenlang über irgendwas philosophiert, wovon ich keine Ahnung hab.
Dann wünsch ich dir noch viel Spaß mit Katherine, ich weiß sie macht dich glücklich und ich glaubte sie ist die einzige außer ich, die dich dazu bringt unvernünftig zu sein.
Ich bin schneller zurück, als du mich wieder haben willst.

Dein Bruder Damon

P.S.: Üb ein wenig Football!



Das wars?
Ein einfacher sorgloser Brief?
Spinnte mein Bruder jetzt total?
Wie konnte Damon das nur so einfach locker auf die Schulter nehmen?
War das überhaupt normal?
Angst war doch da wirklich angebracht, doch er tat einfach so als würde er verreisen und Urlaub machen, anstatt in den Krieg zu ziehen.

Verdammt!
Ich machte mir sorgen.
Er war mein großer Bruder und schaffte es nicht mal richtig sich bei mir zu verabschieden.
Ich wusste ja, das er dieses Mal auch zurückgekommen war, aber der Krieg neigte sich dem Ende zu und er hatte selbst zugeben, dass es nicht wirklich sehr gut stand.
Diese Sorglosigkeit war also in keinem Fall begründet, dieser Idiot.
Ich schaffte es nicht den Brief zu zerknüllen, was wenn das die letzten idiotischen Worte meines Bruders waren.
Aber so durfte ich gar nicht erst denken!

Ich sollte mir keine Sorgen machen, aber wie war das möglich?
Ich machte mir verdammt nochmal sorgen und ich hatte jedes erdenkliche Recht dazu!
Wütend packte ich den Brief zu den anderen, die ich von ihm bekommen hatte. Es waren nicht wirklich sehr viele. Damon war nicht der Mensch, der viele Worte gebrauchte und vor allem schrieb er sie nicht auf.
Ganz anders als Vater und ich, wir schrieben unzählige Seiten voll. Tagebücher oder Memoiren. Kam aufs selbe drauf heraus, nur das seines wahrscheinlich sinnvollere Gedanken waren, als meine.
Damon war nie wie wir gewesen, er ging seinen eigenen Weg und das mehr oder weniger allein, da er von Vater keine Unterstützung fand.

Ich ging in die Bibliothek, wo ich erschrocken stehen blieb und meine Wut mit einem mal verpuffte.
Elena saß dort ganz ruhig und las ein Buch.
Sie wusste noch nicht, das er weg war und ich wusste nicht wie schwer es für sie sein würde.
Aber wenn sie seine Gefühle nur halbwegs erwiderte, dann wäre es wohl ein Weltuntergang.
Ich musste es ihr sagen.
Damon hatte nur einen Brief an mich und Vater dagelassen.
„Guten Morgen, Stefan“, meinte sie ohne aufzublicken.
Mein Herz zog sich zusammen, sie war noch voller guter Gedanken und wusste es nicht. Ich fragte mich, wie ich mich fühlen würde, wenn Katherine ohne ein Wort verschwinden würde. Ich schüttelte den Kopf, nein das ging einfach nicht. Ein unmöglicher Gedanke.

„Guten Morgen, Elena“, sagte ich und trat näher zu ihr. „Ich muss dir etwas sagen. Damon, er ist…“ „weg“, beendete sie meinen Satz und sah von ihrem Buch zu mir auf.
Perplex sah ich sie an.
„Du weißt es?“, fragte ich verwirrt nach.
„Ich bin ihm heut Morgen begegnet, als er sich wegschleichen wollte. Er hat mir das hier gegeben.“ Sie hielt einen Brief hoch und ich fragte mich was da drin stand.
„Steht etwas drin, was deinen Schmerz lindert?“, fragte ich stirnrunzelnd.

Sie seufzte.
„Es wäre wohl eine Lüge, wenn ich sagen würde, dass ich mir keine Sorgen machen würde und dass ich keine Angst um ihn hätte.
Aber er hat geschrieben dass er zu mir zurückkommt und ich glaube ihn.
Ich hab das sichere Gefühl, das es so sein wird.
Klingt das merkwürdig?“, fragte sie stirnrunzelnd.
Sie war sich sicher.
Es klang merkwürdig, aber… aber auch beruhigend. Wenn sie es glaubte, dann konnte ich es auch.

„Na gut.
Ich werde etwas essen und dann zu meiner ersten Chorprobe.
Ich hab mit dem Pfarrer geredet und erfahren dass es einen Kirchenchor gibt und da ich gern singe, habe ich mich dazu angemeldet.
Du solltest dich deinen Studien widmen, Stefan. Dein Vater würde sich sicher mehr darüber freuen, als wenn du Trübsal schlägst“, riet sie mir und erhob sich so elegant, wie ich es nur von ihr kannte.
Ich sah ihr hinterher und fragte mich noch immer was in dem Brief stand.
Wie konnte es sein, das sie vernünftiger war als ich oder war ich einfach nur unvernünftig geworden?
Zumindest hatte sie recht.
Ich sollte meine Nase in die Bücher stecken und mich um meine Studien kümmern.

Nur weil Damon meinte ich soll nicht fleißig sein, war das noch lange kein Grund sich daran zu halten.
Es gab überhaupt keinen Grund, sich an so einen dummen Rat zu halten.
Ich setzte mich an den Schreibtisch und fiel wieder in meine Grübelei.
Elena war sich sicher, genauso wie Damon. Wenn die beiden sich sicher waren, bestand dann nicht tatsächlich Hoffnung?
War es dann vielleicht nicht auch sicher?

Ich vergrub meinen Kopf in meinen Händen und wusste nicht was ich denken sollte.
Irgendwie war ich noch immer verzweifelt.
Konnte Damon nicht einfach Damon sein und das alles hinschmeißen?
Das würde alles viel einfacher machen.
Ich hatte einfach Angst ihn zu verlieren, ich konnte dieses Gefühl nicht abschaltet. Es haftete in meinen Inneren, wie eine Klette.
Etwas das sich festgesaugt hatte und einfach nicht mehr loslassen wollte.

Wie hatte ich das nur beim letzten Mal überstanden?
Aber da war es noch nicht so schlimm gewesen.
Alle waren zuversichtlich gewesen und auch er war es, nun er war es noch immer, aber es war unangebracht und das obwohl er selbst zugegeben hatte, das wir wahrscheinlich verlieren würden.
Das war einfach reiner Wahnsinn!
Der ganze Krieg, war einfach nur eine Selbstmordaktion, die zu nichts führen würde.
Natürlich zu unserer Niederlage und wir hätten gar nichts gewonnen und würden wir den Krieg gewinnen, dann würden wir als die Tyrannen eingehen, die den Krieg gewonnen hätten.
Tyrannen, so konnte man uns getrost nennen, wenn es unser Ziel war unsere Sklaven behalten zu dürfen.
Damon durfte einfach nicht für eine so unnütze Sache sterben. Es musste einfach Hoffnung geben, an die Elena und er so sicher glaubten.

Kapitel 23: Es darf nicht sein




„Wer könnte den Liebenden Vorschriften machen?
Die Liebe ist sich selbst umfassendes Gesetz.“ (Boethius)



Elijahs Sicht:
Rückblick
Es war so ruhig in diesem Schloss, wie es nach einem Fest nur sein konnte. Die Diener waren damit beschäftigt aufzuräumen.
Klaus hatte Katerina und Helena zu uns zum Frühstück eingeladen.
Ich wusste dass es sein Plan war, sie dazu zu bringen, sich in ihn zu verlieben.
Es war unnütz, aber er fand es stilvoller, wenn sie als erhabene Frau geopfert wurde, anstatt als Gefangene, die womöglich noch im Kerker ganz dürr geworden war. Zumindest war das seine Aussage.

Als Katerina und Helena den Raum betraten, standen wir sofort auf.
Auch wenn sie Zwillinge waren, konnte man sie leicht unterscheiden, an der Art wie sie sich kleideten und ihre Haare trugen.
Ich reichte Helena die Hand und führte sie zu ihrem Platz, dabei sah ich unentwegt in die Augen. Ich rückte noch ihren Stuhl zurecht und erst danach setzte ich mich neben sie.
„Guten Morgen“, begrüßten mein Bruder und ich, die Damen.
Während Klaus sich mit Katerina über irgendwelche Nichtigkeiten von Festtagen unterhielt, beobachtete ich Helena.
Ich befand dass sie eindeutig zu wenig aß, nach dem menschlichen Maßstab und versuchte mich daran zu erinnern wie viel Rebekah damals gegessen hatte. Auch bei ihr hatten wir gemeint dass sie zu wenig aß und Helena unterbot sie bei ihrer Menge auch noch klar.
Aber ich konnte sie auch nicht zwingen mehr zu essen, wie sollte ich das machen?

Ich reichte ihr den Brötchenkorb und sah ihr in die Augen.
„Bitte, Helena. Essen sie noch etwas“, bat ich sie höflich. Ihre Hand zögerte, bevor sie mir den Gefallen aber tat und sich noch eines nahm. Obst und ein halbes Brötchen waren eindeutig zu wenig, auch für ein junges Mädchen wie sie.
Ich hatte sie nicht manipulieren wollen, aber zur Not hätte ich das auch getan.
Helena und ich schwiegen, wogegen sich Katerina und Klaus über die Feiertage von England und Bulgarien ausließen.
„Darf ich ihnen den Garten zeigen, Katerina? Wir haben viele verschiedene Rosensträucher dort“, meinte Klaus nach dem Frühstück, als wir uns wieder erhoben haben.
Katerina sah erfreut aus und nahm dankbar seine Hand.
„Ja, sehr gerne. Ich liebe Rosen“, sagte sie begeistert. Das überraschte mich nicht, wohl jede Frau liebte Rosen.

Als sie weg waren seufzte Helena und verdrehte die Augen.
„Ihrer Schwester wird im Garten schon nichts passieren“, beruhigte ich sie und da war ich mir sogar sicher.
Sie sah mich an und schüttelte dann den Kopf.
„Darum geht es nicht. Ich meine die Aussage meiner Schwester, ich liebe Rosen…“
Ungläubig zog sie die Stirn in Falten und schüttelte dann den Kopf.
„Das ist so als würde sie sagen, ich liebe meine Heimat.
Wir sind aufgewachsen an einem Ort wo man Rosen züchtet, sie kennt wahrscheinlich jede Sorte davon“, erklärte sie.
Erstaunt sah ich sie an und Erkenntnis spiegelte sich wahrscheinlich in meinen Augen wieder.
„Sie sind im Tal der Rosen aufgewachsen“, stellte ich fest.
Es war eine ganz berühmte Gegend in Bulgarien, die dafür berühmt war, dass man dort alle Arten von Rosen züchtete.
Sie sah mich eine Weile an, bevor sie wieder zu sprechen begann.
„Können sie mir sagen, wo ich die Bibliothek finde?“, fragte sie.

Die Bibliothek?
Ich musste lächeln und musste dabei ein Lachen unterdrücken.
Wieso überraschte mich es nur nicht in keinster Weise, dass sie gerne las? Bei Katerina konnte ich mir das nicht vorstellen, aber zu ihr passte, das kluge Mädchen.
„Ich führe sie hin“, meinte ich schmunzelnd und bot ihr meinen Arm an, aber sie wich sofort wieder zurück.
„Ähm… nein, danke. Ich finde sie schon allein“, stotterte sie etwas unbeholfen und diese wunderbare Röte zierte wieder ihre Wangen.
Manchmal war sie so mutig und dann wieder so schüchtern.
„Ich werde ihnen schon nichts tun“, versuchte ich sie zu beruhigen.
Doch sie schüttelte den Kopf und sah mich beruhigend lächelnd an.
„Das ist es nicht. Entschuldigen sie, aber ich bin lieber für mich allein“, erklärte sie mir und sah mir nun die Augen.

Sie war lieber allein.
So wie ich.
Ich zog es auch vor lieber allein zu sein und für mich zu lesen.
Verstehend nickte ich.
„Sie müssen den Gang entlang, dann nach links, die Treppe runter. Dann gehen sie weiter und kommen in den Saal von gestern Abend. Sie gehen auf der gegenüberliegenden Seite die Treppe wieder hoch, den Gang weiter und die letzte Tür rechts“, erklärte ich ihr.
Sie nickte und als sie mir in die Augen sah, zierte ein mildes Lächeln ihr Gesicht. Sie machte einen Knicks und neigte leicht den Kopf. „Danke, my Lord“, sagte sie und verschwand dann auch schon.
Ich machte mir irgendwie nicht die geringsten Sorgen, das sie es nicht finden würde.
Sie war ein kluges Mädchen.

Wenn man mit ihr eine neue Geschichte schreiben würde, wie würde diese wohl lauten?
Die wunderschöne Helena, aufgewachsen im Tal der Rosen.
Ich verließ das Esszimmer und schaute aus den Fenstern des Ganges, hinaus in den Garten, wo Klaus und Katerina hindurch spazierten.
Wie konnte er mit ihr so viel Zeit verbringen, nur mit dem Ziel sie zu opfern?
Wie schaffte er es so nett zu ihr zu sein und dabei zu wissen, was er ihr antun würde?
Wie gelang es ihm, ihr in die Augen zu sehen, mit dem Wissen, was er ihr schon bald nehmen würde? Ihr Leben.
Könnte ich so zu Helena sein, wenn ich vor hatte sie zu opfern? Es war irgendwie krank, lieber würde ich dieses wunderschöne zarte Mädchen in Ketten legen und in den Kerker sperren. Aber die Vorstellung von Helena mit Ketten machte mich krank und mir wurde auf eine Art übel, die ich schon lange nicht mehr gekannt hatte.

Es wäre so einfach sie zu manipulieren, damit sie von hier verschwand.
Zurück zu den Rosen kehrte, wo sie herkam und deren Schönheit sie ohne Zweifel übertraf.
Aber das konnte ich, meinem Bruder, nicht antun.
Er war meine Familie und sie war nur ein unbedeutendes Mädchen, egal wie schön oder klug sie auch sein mochte.
Am Ende war sie nichts weiter als ein Menschenmädchen und ihr Ende würde so oder so irgendwann kommen.
Sie würde verblassen, genauso wie ihre Schönheit und Anmut mit der Zeit und es wäre nicht mal wirklich viel Zeit dafür nötig.
Der Gedanke machte mich irgendwie traurig und wehleidig.
Schnell schüttelte ich dieses Gefühl ab, es durfte mich nicht in die Irre führen.

Unser Ziel lag klar vor Augen.
Wir würden den Fluch aufheben und dann konnten wir eine Hybriden-Armee erschaffen, mit der es uns gelingen würde Mikael zu töten.
Dann müssten wir nie wieder fliehen.
Um dieses Ziel zu erreichen brauchten wir nun einmal den Doppelgänger, um ihn zu opfern.
Natürlich gab es zwei, aber Klaus hatte rechte. Eine Absicherung war nicht schlecht. Falls etwas passieren sollte, dann durften mich nicht irgendwelche Gefühle zurückhalten.
Sympathie für Menschen bedeutete Schwäche, die ich mir nicht leisten konnte.

Trotzdem als ich nach unten sah und Klaus mit Katerina beobachtete hatte das etwas Krankes.
Demnächst würde sie geopfert werden, aber im Gegensatz zu mir lief Klaus wohl nicht Gefahr einfach für sie Gefühle zu entwickeln.
Für ihn war das alles ein Spiel.
Ich war mir sicher dass ich so etwas nicht konnte. Dieses Spiel würde schnell zu etwas echten umschwenken, da war ich mir sicher und noch leichter wäre das bei Helena.
Ah.
Ich fasste mir an den Kopf und versuchte den Gedanken an sie zu verdrängen.
Ich musste etwas finden das mich ablenkte, sonst würde es tatsächlich ernst werden.
Das durfte nicht geschehen.
Gefühle waren unangebracht und nicht erlaubt.
Ich konnte es mir nicht leisten.
Rückblick Ende


Kapitel 24: Der Plan




„Der Reichtum und die Zufriedenheit leben auf zwei unterschiedlichen Sternen.“ (Erich Limpach)



Klaus Sicht:
Rückblick
Katerina lief durch die Rosensträucher und ich lief ihr hinterher.
Es war ein leichtes für mich sie einzuholen und wieder einzufangen.
Sie würde mir nie entkommen und vor mir davon laufen können.
Sie lachte als ich sie am Arm packte und sie zu mir an die Brust zog. Sie hatte dabei so einen Schwung drauf, dass wir auch gut hätten umfallen können. Da ich ein Vampir war, konnte ich sie aber einfach aufhalten, sodass sie jetzt direkt vor mir stand und zu mir hoch schaute.
Ich spürte deutlich ihr schnell schlagendes Herz und ihren schnellen unregelmäßigen Atem.
Ihre Wangen glühten rot und machten sie noch schöner, als sie es sowieso schon war. Es war logisch, wir waren fast schon den ganzen Tag draußen.

„Ich hab gewonnen“, flüsterte ich ihr selbstsicher grinsend zu und neigte meinen Kopf ihr entgegen.
„Das haben sie, my Lord“, flüsterte sie zurück.
Ich zog sie näher an mich und presste meine Lippen gegen ihre, die so süß und verführerisch schmeckten.
Fast schon zu schön, um sie zu opfern.
Hatte das meine Mutter damit geplant?
Dass ich es als Sünde ansehen würde und deswegen unterlassen würde?
Das konnte sie vergessen!
So würde es nie mehr sein. Nie würde ich mich wieder von meinen Gefühlen leiten lassen. Ich würde dieses wunderschöne Mädchen hier opfern und ich würde es mit Freuden tun.

Katerina löste sich wieder von mir, da sie ja Atemluft brauchte. Sie war ja nur ein einfacher Mensch.
Ich strich ihr einen ihrer gelockten Haare hinters Ohr.
Ich griff neben mir und pflückte eine der roten Rosen, um sie ihr zu geben.
„So wunderschön wie sie, my Lady“, meinte ich lächelnd und nahm ihre Hand, um einen Kuss darauf zu hauchen.
Es war keine Lüge.
Wunderschön war sie ohne jeden Zweifel.
Benommen sah sie mich an und der Rotschimmer auf ihren Wangen hatte sich nur noch verstärkt.
Sie schluckte und bemühte sich um Fassung, dann trat sie einen Schritt zurück.
„Wir sollten wieder rein gehen, my Lord.“
Ich nickte zustimmend und bot ihr meinen Arm an, indem sie sich ohne zu zögern einharkte.

Wir gingen die Treppe hoch, auf der Elijah uns entgegen kam.
„Klaus, ich muss mit dir sprechen!“, sagte er direkt und Katerina machte nur einen Knicks und drehte sich um, da sah sie Helena, die gerade herein kam und lief die Treppe zu ihrer Schwester wieder herunter.
„Wir wissen immer noch nicht wo sich der Mondstein befindet, das letzte Mal haben die Werwölfe ihn gehabt. Das war aber in Griechenland und die Nachricht ist aber erst eine Woche alt.
Es dürfte kein Problem sein, dem weiter nachzugehen“, berichtete mir mein Bruder.
Leicht nickte ich.
„Sag ihnen sie sollen den Stein noch diesen Monat beschaffen!“, hielt ich ihn an, damit er die Nachricht schnell weiter leitete.

Elijah folgte meinen Blick, zu den Schwestern nach unten und wir belauschten wieder ihr Gespräch.
„Dein Kleid ist völlig verdreckt, wie hast du das geschafft?“, fragte Katerina ihre jüngere Schwester verwirrt.
Helena lächelte und wirkte ziemlich ausgeglichen.
Ihr Kleid war unten fast einen halben Meter voller Schlamm und Matsch. Sie hatte ein Buch in der Hand.
„Ich war draußen spazieren und es ist Herbst“, gab sie zur Antwort, als wäre das völlig klar.
„Ich war auch draußen und mein Kleid brauch ich nicht zu waschen“, erwiderte Katerina kopfschüttelnd.
Helena harkte sich bei ihr unter.
„Ich war außerhalb der Stadt bei den Feldern. Dort gibt es überall Sonnenblumen.“
Bei den Feldern? Das waren mehrere Kilometer! Sie war einfach so da gewesen.
„Und Schlamm anscheinend auch. hast du wieder beim spazieren gelesen? Ich frag mich wie du das machst. Mir wird sogar beim Lesen in einer Kutsche schlecht und du läufst nirgendswo gegen, obwohl du tief in ein Buch vergraben bist“, meinte Katerina frustriert.
Ihre Schwester zuckte nur lächelnd mit den Schultern.

„Pass auf das sie nicht wieder allein zu den Feldern geht und das sie zumindest von der Ferne aus beobachtet wird.
Hier gibt es zu viele Vampire und wer weiß was Menschen noch alles passieren kann.“
Die hatten doch wirklich alles zu fürchten.
Menschen waren so schwach und es gab tausend Möglichkeiten wie sie den Tod finden konnten, wahrscheinlich sogar noch viel mehr.
Deswegen durfte ihr nichts passieren. Vorerst nicht.
Solange die Opferung nicht vorbei war, war die Gesundheit und Sicherheit der beiden Mädchen, das wichtigste überhaupt. Sie hatten oberste Priorität.
Ich hatte keine Ahnung was ich mit der zweiten Schwester anfangen sollte, wenn die erste tot war, aber darum konnte ich mir auch später Gedanken machen.

Helena erzählte Katerina von der Bibliothek und das was sie von der Stadt gesehen hatte.
Sie überredete ihre Schwester mit ihr, die Stadtbibliothek zu besuchen, wobei Katerina zwar zustimmte, aber nur ungern.
Ich fragte mich ob die beiden Schwestern noch etwas anderes als ihr Aussehen gemeinsam hatte, denn es sah nicht wirklich so aus.
Vielleicht war Helenas Klugheit der Grund warum sie sich mir gegenüber so zurückhaltend verhielt.
Sie wusste wohl einfach dass es nicht klug war und wenig Aussicht hatte oder sie konnte mich tatsächlich einfach nicht leiden.
Aber das konnte nicht der ausschlaggebende Punkt sein, da sie mir vom ersten Augenblick nicht sehr wohlgesonnen war.
Nach Elijahs Aussage, war sie aber keinem Mann zugewandt. Vielleicht war alles wirklich nur mit ihrer Schüchternheit gekoppelt.
Es machte keinen Sinn darüber zu philosophieren.
Durch Katerina brauchte ich mir zumindest um das Innere von Helena keine Gedanken machen.
Falls doch was sein sollte, konnte sich genauso gut Elijah darum kümmern.

Ich wandte mich an Elijah.
„Lad die beiden zum Abendessen ein“, meinte ich und verschwand dann nach oben.
Es fehlte nur noch dieser Mondstein, dann die Zeit bis zum Vollmond und ich würde wieder das sein, als das ich geboren wurde.
Ein Hybrid und damit das mächtigste Wesen von allen.
Ich hatte eine ganze Hexenfamilie auf meiner Seite.
Vampir war das kleinste Problem und ich hatte mehrere Werwölfe im Kerker gefangen.
Ich hatte sogar zwei Doppelgänger, so hatte ich auch dabei eine Reserve.
Obwohl Doppelgänger und Mondstein doch immer einzigartig zu sein schienen. Jetzt war es nur noch der Mondstein.
Aber sie waren trotzdem noch wichtig, denn Vampir, Werwolf und Hexe waren jederzeit ersetzbar. Sie allerdings nicht.
Deswegen musste gut auf sie achtgegeben werden, damit ihnen auch nichts geschah.

Ich ging hinauf zu meinen Gemächern.
Es würde nicht mehr lange dauern, nach so endloser Zeit, hatte ich beinah mein Ziel erreicht.
Es hatte ja auch nur über ein ganzes Jahrtausend gedauert.
Aber es würde sich auszahlen.
Danach würde ich eine ganze Armee von Hybriden erschaffen. Meine eigene Spezies. Ich wäre nicht mehr allein.
Damit konnte ich Mikael endgültig von diesem Planeten fegen. Er wäre tot und ich und meine Familie wären frei.
Nach eintausend Jahren hätten wir tatsächlich unsere vollkommene Freiheit.
Ich wäre frei von dem Fluch meiner Mutter und der Rache meines Vaters.
Keine Eltern, die uns mehr einschränken würden und ich wäre von allen der Herrscher. So wie es sein sollte.

Der Plan war perfekt.
Nichts stand mir noch im Weg, nur das Finden des Mondsteins. Doch auch das würde nicht mehr lange dauern.
Ich stellte mir die Opferung vor und dann meinen Sieg über Mikael.
Dann wäre ich unbestreitbar, der stärkste von allen. Kein Werwolf, keine Hexe, kein Vampir und auch kein Urvampir würden mir dann noch etwas anhaben können.
Es würde nicht die leiseste Gefahr mehr für mich geben.
Nicht mehr lange.
Schon sehr bald würde es soweit sein.
Rückblick Ende

Kapitel 25: Annäherung





„Was Prügel sind, weiß jeder; was Liebe ist, hat noch niemand herausgefunden.“ (Heinrich Heine)



Elijahs Sicht:
Rückblick
Auf dem Weg zu Klaus, sah ich Helena, die mir im Gang direkt entgegen kam.
Allerdings war sie in ein Buch vertieft, sodass sie mich gar nicht erst bemerkte.
Es war schon interessant, dass sie beim Lesen normal gehen konnte, ohne wirkliche schwere Verletzungen davonzutragen.
Ich wollte sie auf mich aufmerksam machen, doch zwei Meter von mir entfernt, machte sie eine Drehung zur Seite und ging einfach mit einem halben Meter Abstand an mir vorbei, so als wäre nichts gewesen.
Beeindruckt und auch sprachlos blieb ich stehen und sah ihr nach.
Das war wirklich nicht schlecht gewesen.

Ich hörte schnelle Schritte und aus der Abbiegung kam Katerina und fasste ihrer Schwester an die Schultern, die so stehen blieb und ihr ihre Aufmerksamkeit schenkte.
„Komm mit, Helena. Lass uns was spielen!“, rief sie und schleifte ihre Schwester sogleich mit sich, aus der Richtung, aus der sie gerade gekommen war.
Ich wartete noch, bis ich ihre Schritte nicht mehr hörte und setzte dann meinen Weg fort.
Es war schon komisch wie unterschiedlich sie waren, ich musste es immer wieder von neuem feststellen.
Während Helena so ruhig war, strotzte Katerina anscheinend nur so vor Lebensfreude.

Ich klopfte an die Tür meines Bruders, bevor ich eintrat.
Gerade schickte er irgendein Mädchen weg, was mir nur noch einmal mehr bezeugte, das ihm Katerina nichts bedeutete.
Aber das hatte ich ja auch schon gewusst und es war auch vollkommen uninteressant, wieso also sollte ich mich damit beschäftigen?
„Der Mondstein fehlt noch immer. Obwohl es Gerüchte gibt, die sagen, dass er sich nach England bewegt. Denn die Werwölfe haben wohl gehört, dass hier der Doppelgänger sein soll. Sie denken natürlich an den Sonne-Mond-Fluch.“, berichtete ich meinem Bruder die neusten Geschehnisse.
Er nickte leicht und ging zum Fenster.
„Das ist eher schlecht. Wenn Mikael davon erfährt wird er hierher kommen, um die Doppelgänger zu töten und uns wird er gleich dazu finden.“, meinte er.

Diese Möglichkeit bestand tatsächlich.
Eine durchaus reelle Furcht, die es galt zu vermeiden.
Mikael würde nicht lange zögern, sondern kurzen Prozess machen. Er würde die Doppelgänger als erstes töten, damit Klaus keine Chance hatte, wieder das zu werden was er wirklich war und danach würde er natürlich unseren Tod anstreben.
Wir liefen schon so lange weg, das Spiel war uns keinesfalls mehr unbekannt.
„Ich werde alle anweisen die Augen offen zu halten und bei dem kleinsten Zeichen von ihm werden wir verschwinden. Ich werde dafür sorgen das alles abfahrbereit ist, auch die Doppelgänger.“, erklärte ich und verschwand nach einem Nicken von Klaus.

Ich wusste dass er jetzt allein sein wollte.
Er dachte sehr oft nach, über unseren Vater und wahrscheinlich auch über unsere Mutter.
Das tat ich auch zu genüge.
Allerdings war unsere Familie schon vor langer Zeit zerbrochen und ich bezweifelte, dass wir noch einmal zueinander finden würden, wenn dann nur wir Geschwister. Aber eine Versöhnung mit unseren Vater war undenkbar.
Ich ging in den Saal, um dort die neusten Aufgaben weiterzuleiten und natürlich nickten die Männer, oder auch Vampire, sofort und verschwanden dann sofort, um die Nachricht an alle anderen weiterzuleiten.

Wieder hörte ich schnelle Schritte und drehte mich in die Richtung aus der sie kamen. Ich sah Helena, die in den Raum gelaufen kam und kurz stockte, als sie mich erblickte.
Dann fasste sie sich aber und lief zu dem Kamin, um anscheinend dahinter Deckung zu nehmen.
Sie sah mir tief in die Augen und legte einen Finger auf ihre Lippen, um mir zu bedeuten still zu sein. Leicht zustimmend nickte ich.
Wenige Sekunden später kam ihre Schwester mitten in den Saal gelaufen und lief an Helena vorbei ohne sie zu bemerken.
Diese schlich sich grinsend von hinten an ihre Schwester ran und tippte ihr auf die Schulter. „Du bist dran“, rief sie fröhlich und lief dann weg.
Katerina bemerkte erst einige Augenblicke später was passiert war und lief danach ihrer jüngeren Zwillingsschwester hinterher aus dem Raum.

Erst einige Augenblicke später registrierte ich was hier passiert war und musste kurz blinzeln.
Die beiden spielten eine Mischung aus Fangen und Verstecken.
Ich rief mir ins Gedächtnis, wie jung sie eigentlich erst waren, siebzehn.
Fast noch Kinder, meiner Meinung. Aber in der Gesellschaft waren sie junge Frauen, die man schon lange verheiraten konnte.
Ich bekam automatisch Mitleid mit ihnen, als ich daran dachte, was für ein Schicksal sie erwartete. Sie konnten doch nichts für das, was sie waren.
Es war schon niedlich wie sie miteinander umgingen, es hatte so etwas Unschuldiges, Verspieltes.

Ich folgte ihnen zu der Eingangshalle nach draußen, wo Helena mehrere Stufen nach unten sprang und einfach weiter lief und Katerina ihr so schnell wie möglich folgte. Sie liefen nach draußen und ich ging zum nächsten Gang, um sie von dort aus zu beobachteten.
Katerina jagte ihre Schwester über die Wiese und immer wieder sah ich, das Lachen und Lächeln der beiden.
Sie waren nur Mittel zum Zweck und doch war es traurig ihnen so etwas an zu tun. Sie hatten es nicht verdient.
Ich wandte mich ab und wollte zurück in mein Zimmer, doch als ich die Eingangshalle wieder durchquerte kamen die Zwillinge gerade wieder herein und ich sah wie Katerina Helena stützte.
Beim Treppenansatz blieben sie stehen und Helena setzte sich auf die unterste Stufe.

Was war nur geschehen?
Da sah man einen Moment nicht hin und ihr passierte etwas. Wieso waren Menschen nur so schwach und zerbrechlich? Warum musste es Helena sein?
Schnell eilte ich zu ihnen. „Was ist geschehen?“, fragte ich sofort.
„Ich bin gestolpert, nichts Schlimmes passiert“, meinte Helena beruhigend und nahm den Arm von der Schulter ihrer Schwester, die sich sogleich wieder aufrichtet.
„Ihr hättet nicht so übermütig sein und herumrennen sollen!“, tadelte ich sie. Ich war wütend, dass sie so unvorsichtig gewesen war und auf mich selbst, dass ich nicht besser aufgepasst hatte.
„Es ist doch nichts Schlimmes passiert und es nicht beim Rennen passiert. Wir wollten gerade wieder reingehen, da bin ich vor der Tür auf Treppe gestolpert.“, erklärte Helena und ich verfluchte die Treppe. Sie fasste zum Geländer und wollte sich daran hochziehen, verzog allerdings schon bei der kleinsten Belastung ihres Fußes das Gesicht.

Schnell überbrückte ich den letzten Abstand und hob sie ohne große Mühe hoch, einen Arm unter ihren Knien, den anderen unter ihren Armen.
Helena wollte protestieren, doch ich beachtete es gar nicht.
„Sollten wir einen Arzt rufen?“, fragte Katerina besorgt.
Ich schüttelte den Kopf. „Das wird nicht nötig sein. Ich bring sie auf euer Zimmer. Wissen sie, wo die Küche ist Katerina?“, fragte ich an ihre Schwester.
Sie schüttelte den Kopf, deswegen erklärte ich es ihr.
„Sagen sie ihnen sie sollen Helenas Essen auf euer Zimmer bringen und dann gehen sie doch ins Esszimmer. Ich bin sicher Klaus freut sich sie zu sehen, ich werde mich um ihre Schwester kümmern.“
Katerina nickte lächelnd, sie mochte Klaus wohl sehr. Schnell verschwand sie. Ich schluckte mein Mitleid herunter und wandte meine Aufmerksamkeit wieder Helena zu.
Diese sah nicht gerade erfreut aus, wahrscheinlich weil ich ihre Proteste ignoriert hatte.

Ich trug Helena die Treppe hinauf und schlug dann den Weg zu meinen Gemächern ein.
Das merkte natürlich auch meine Verletzte. Sie war sehr aufmerksam. „Das ist der falsche Weg.“, meinte sie und ihre Stimme klang leicht aufgebracht.
Ich schmunzelte leicht, sie war wohl gerade gar nicht gut auf mich zu sprechen.
„Ich weiß, aber ich habe ein paar Zutaten, aus denen ich ihnen einen Tee machen werde, der hilft gegen die Schmerzen und beschleunigt den Heilungsprozess.“
Zumindest würde er es sobald ich ein wenig meines Blutes darin untergemischt hatte. Ich wollte nicht, dass sie lange Schmerzen hatte und sich so nicht bewegen konnte.
Das würde nicht nur Leid bedeuten, es war auch sicher nicht ihrer Laune förderlich.

Ich setzte sie in das Vorderzimmer auf einem Sessel ab.
„Nicht bewegen, Helena… Obwohl das können sie ja gar nicht.“, meinte ich amüsiert und wechselt das Zimmer.
Dort fand ich alles, was ich brauchte um ihr Tee zu machen.
„Das finden sie witzig, oder?“, rief Helena empört aus, da es sich dabei in keinster Weise um eine Frage handelte.
Ein Lächeln bildete sich auf mein Gesicht. In der Tat, das erachtete ich wirklich als witzig.
„Natürlich nicht, Helena. Was denken sie von mir? So etwas würde ich doch nicht als humorvoll erachten.“, beteuerte ich ihr und sah durch die Tür, wie sie das Gesicht verzog. Unglaube spiegelte sich in ihren Augen wieder.
Es dauerte eine Weile bis das Wasser kochte und ich biss mir in den Finger und ließ ein wenig Blut in die Tasse fließen, bevor ich den Tee dazu goss, der auch noch hatte ziehen müssen.
Ich rührte alles gut um und ging wieder ins Nebenzimmer, wo Helena natürlich noch geduldig wartete. Was blieb ihr auch anderes übrig?

Ich reichte ihn ihr. „Vorsichtig, heiß!“, warnte ich sie. Ich wollte nicht, dass sie heute noch mehr Verletzungen, welcher Art auch immer, erlitt und auf keinen Fall wollte ich daran schuld sein.
Sie nickte leicht und trank nun einen Schluck. Sofort verzog sie das Gesicht, das Blut musste den Tee wohl wenig schmackhaft machen.
Ich sah auf meinen Finger, der bereits wieder verheilt war.
„Denken sie dran, dass keine Medizin die hilft auch gut schmeckt.“
„Ist mir bekannt.“
Wir sahen uns in die Augen und zum ersten Mal fiel mir auf, wie sehr ihre rehbraunen Augen doch funkelten. Wenn man wollte, dann konnte man daran ihre Gefühle ablesen. Gerade spiegelten sie Erstaunen wieder, wahrscheinlich weil ich ihr half.
„Danke.“, meinte sie und ich nickte lächelnd.
Langsam trank sie den Tee und verzog auch nicht mehr dabei das Gesicht. Sie hatte sich wohl daran gewöhnt.

Als sie fertig war, nahm ich sie wieder auf die Arme und trug sie diesmal zu ihren Gemächern, wo ich sie auf ihr Bett legte.
Kurz zuckte meine Hand, ich hatte das Verlangen ihr durch die Haare zu streichen, unterließ es dann aber doch.
„Haben sie noch Schmerzen?“
„Wie, wenn sie mich tragen, so belaste ich den Fuß nicht.“, meinte sie und das war wirklich logisch.
„Aber nein, er schmerzt grad nicht.“
Leicht nickte ich. Mein Blut sollte sie wieder heilen.
„Gute Nacht, Helena. Passen sie auf sich auf und verletzten sie sich nicht wieder.“, verabschiedete ich mich und das Lächeln, dass sie mir schenkte, gab mir eine bisher unbekannte Wärme.
Rückblick Ende



Kapitel 26: So dumm…




„Alle finden das so romantisch: Romeo und Julia – die wahre Liebe. Wie traurig... Wenn Julia blöd genug war sich in den Feind zu verlieben, eine Flasche Gift zu trinken und sich in einem Mausoleum schlafen zu legen, dann hat sie das verdient, was sie bekommen hat.“ (Greys Anatomy)



Klaus Sicht:
Rückblick
Geduldig wartete ich auf meinen Bruder und unsere wirklich sehr speziellen Gäste.
Sehr ungewöhnlich für meinen Bruder, dass er zu spät kommt. Sonst war er früher da als ich, denn er hatte diesen Tick immer überpünktlich zu sein.
Dass Katerina und Helena zu spät kamen war das Recht der Frauen.
Ich hörte Schritte, die allerdings viel zu sanft klangen um von meinen Bruder zu stammen, die sich auf die Tür zubewegten.
Als sich die Tür öffnete und ich Katerina erblickte, stand ich sofort auf, wie es sich gehörte.
Freundlich lächelte ich sie an und trat auf sie zu.
Sie machte einen Knicks bevor sie meine dargebotene Hand nahm.
„Ich soll ihren Bruder entschuldigen, er kümmert sich um meine Schwester, die gestolpert ist und sich ihren Fuß verletzt hat.“, erklärte sie mir.

Helena war verletzt? Ich wusste doch, dass Menschen schwächlich waren und dass ihnen ständig etwas passierte.
Andauernd verletzten sie sich, das war wirklich nicht sehr normal. Es war einfach so unnatürlich wie schwach die Menschen waren. Schon stolperten sie und verletzten sich ihren Fuß.
Aber solange mein Bruder zur Stelle war und sich um sie kümmerte, brauchte ich mir deshalb keine Sorgen machen. Außerdem war bis zum nächsten Vollmond noch drei Wochen Zeit. Ob das nun ein Segen oder ein Fluch war konnte ich wirklich noch nicht sagen.
„Dann werden wir halt nur zu zweit essen. Kommen sie, setzten sie sich bitte neben mich, Katerina.“
Ich ließ meine Stimme sanft und freundlich klingen.

Ein zarter, rosafarbener Ton legte sich auf ihre Wangen und ich spürte wie das Blut in ihrem Körper zirkulierte. Ihr angenehmer Duft verstärkte sich dadurch nur noch mehr.
Kurz strich ich ihr eine gelockte Strähne nach hinten und meine Hand streifte dabei ihren Nacken.
Es wäre ein leichtes für mich von ihr zu kosten und sie dann alles wieder vergessen zu lassen.
Eigentlich konnte ich alles mit ihr machen was ich wollte. Da gab es einfach keine Einschränkungen, denn ich war ihr in allen Punkten überlegen.
Sie würde sich nicht wehren können.
Sie würde sich nicht mal daran erinnern, wenn ich das nicht wollte.
Aber eines hielt mich doch von davon ab.
Sie war viel zu wertvoll, als dass ich sie für sowas missbrauchen könnte. Ich wusste zwar, dass ich die Kontrolle behalten konnte, doch in diesem Fall wollte ich nicht das geringste Risiko eingehen.
Natürlich gab es einen Ersatz, aber man musste kein Unglück heraufbeschwören.
Schließlich hatte Helena mir heute mit ihren Sturz bewiesen wie leicht Menschen zu verletzten waren.
Es war gut, dass sie mich daran erinnerte.

Deswegen überlegte ich es mir anders, nahm ihre Hand und führte sie zu dem Stuhl neben meinen.
Sie lächelte mich glücklich an und ich konnte in ihren Augen sehen, wie sehr sie mir verfallen war und dass sie alles für mich tun würde.
Das wird sie.
Ich werde sie dazu zwingen mir alles von sich zu geben.
Ihr Blut, das Wichtigste und Kostbarste was sie besaß.
Das wohl wertvollste Blut, was es auf der Welt für mich gab und ich, werde davon kosten, sobald der Mond sich bei uns in voller Pracht zeigen wird.
Ich versuchte die Vorstellung davon zu verdrängen um mich nicht selbst in Versuchung zu führen.
Noch durfte es nicht geschehen.
Aber schon bald. Sehr bald.
„Ist ihre Schwester schwer verletzt?“, fragte ich mit milder Sorge nach.
Katerina runzelte die Stirn, schüttelte dann aber den Kopf. „Ich glaube sie hat sich das Fußgelenk verstaucht. Aber ihr Bruder sagte, dass es nicht so schlimm wäre und dass kein Arzt nötig sein würde.“

Ach, hatte er das?
Mein lieber Bruder würde dann also persönlich dafür sorgen, dass sie morgen wieder in Ordnung war.
Übersetzt hieß das er würde ihr sein Blut einflößen. Ich hoffte, dass er darauf achtete dass sie es nicht mitbekam.
Katerina und Helena brauchten nicht zu wissen was wir waren.
Ihre Panik würde alles durcheinander bringen und am Ende müssten wir sie dann doch noch in einen Kerker sperren.
Wieso sollten wir das in Kauf nehmen, wenn es doch auf viel angenehmere Art ging?
Die Vorstellung, dass sie völlig ahnungslos wie ein Lamm zur Schlachtbank geführt wurden hatte etwas viel Angenehmeres und Reizvolleres.
Freiwillig würde sie es wohl nicht tun, obwohl das die Sache perfekt machen würde.

Leicht nickte ich Katerina zu.
„Dann wird das wohl stimmen.
Mein Bruder weiß wovon er redet, sie brauchen sich keine Sorgen machen.“
Mit unserem Blut konnten wir alles heilen, selbst wenn sie irgendwelche Krankheiten oder Ähnliches hatte, würden diese gleich mitgeheilt werden.
Selbst der Tod konnte damit überwunden werden, solange das Blut vorher bereits im Organismus war.
Der Fluch, den uns unser Vater uns aufgehalst hatte, konnte so viele Wunder vollbringen, wie auch Leid, welches er über alle verstreuen konnte.
Katerina lächelte mich an - die kleine, unwissende und doch wunderschöne Katerina.
Wieso musste ausgerechnet ihre Gestalt das Doppelgänger-Blut in sich haben?
Wieso hatte meine Mutter damals von allen sie nehmen müssen, um das Blut zu opfern und den Bann zu vervollständigen?

War es nicht ihre Schuld gewesen, dass ich ein Hybrid war?
Es war doch ihr Fehler gewesen, wieso hatte sie mich deswegen bestrafen müssen?
„Geht es euch gut, my Lord?“, fragte Katerina aufrichtig und voller Sorge.
Ich schluckte all meine Gefühle herunter, den Hass und alles andere. Gefühle, Menschlichkeit, waren für uns Vampire ein Fluch und konnten unseren Untergang bedeuten. Deswegen war es besser, wenn wir sie unterdrückten.
Damit waren wir besser dran.
Ich erwiderte ihren Blick und lächelte sie an.
„Ja, natürlich. Machen sie sich keine Gedanken, Katerina. Mir geht es gut.“
Ich griff nach ihrer Hand und drückte sie leicht, was sie glücklich zur Kenntnis nahm.
„Ich hab nur über etwas nachgedacht.
Was halten sie davon wenn wir morgen einen Ausflug machen?“, fragte ich sie und sofort erstrahlte ihr Gesicht vor Freude.

In den letzten Tagen hatte ich mich eher wenig um sie gekümmert und wir hatten uns meist nur zum Essen gesehen.
Von Elijah wusste ich, dass sie die Zeit mit ihrer Schwester verbrachte.
Sie waren oft im Garten und machten meiner Meinung irgendwelche dummen Kinderspielchen.
Zumindest etwas das ich völlig irrelevant und unwichtig fand.
„Sehr gerne, my Lord. Ich freue mich darauf.“, versicherte sie mir und ich konnte es in ihren Augen sehen, dass sie absolut die Wahrheit sagte.
Wir aßen schweigend zu Ende, aber es war kein unangenehmes Schweigen.
Katerina lächelte vor sich hin und ich erkannte, dass sie in mich verliebt war.
So eine Närrin. Sie verliebte sich in den Feind, der sie tot sehen wollte und bekam es nicht einmal mit.
Schon ziemlich trostlos dieses Menschsein.
Ich konnte mir nicht mehr vorstellen, wie es mal gewesen war und wollte es auch nicht mehr. Mit meiner Existenz jetzt, war ich vollkommen zufrieden.
So war alles in Ordnung.

Noch besser wäre es natürlich ein Hybrid zu sein.
Einzigartig und der Stärkste von allen.
Eine ganz neue Spezies.
Aber schon bald würde dieser Traum Wahrheit sein.
Nicht mehr lang und das bezaubernde Geschöpf neben mir würde mir in ihrer Blindheit dabei behilflich sein.
Dann musste ich nur weitere von mir schaffen und konnte eine Armee zusammenstellen mit der ich Mikael, meinen verhassten Stiefvater endlich töten konnte.
Meine Familie würde wieder vereint sein und wir würden über alle herrschen können.
Schon bald würde das mehr als nur ein einfacher Traum sein.
Da konnte man sehen wohin die Liebe führte, sie machte einen einfach viel zu schwach. Dabei war das einzige was zählte Macht.
Nichts anderes bringt einen voran.
Liebe hielt einen auf und war sinnlos, nicht nur, dass sie einen in den Ruin treiben könnte.
An Katerina würde ich dieses Beispiel anführen und dann würden alle es sehen können. Es war damit auch wie eine Art von Warnung.
Eine ganz persönliche Warnung an bestimmte Personen.
Rückblick Ende



Kapitel 27: Besteht dieser Wunsch noch immer?




„Ich weiß nicht, ob es besser wird, wenn es anders wird. Aber es muss anders werden, wenn es besser werden soll.“ (Georg Christoph Lichtenberg)






Katherines Sicht:
Ich summte ein Lied, ein fröhliches Volkslied aus meiner Heimat, während ich mich vor dem Spiegel zurechtmachte.
Elena dagegen saß am Tisch und schrieb einen Brief.
An Damon natürlich.
An wen auch sonst?
Gab es überhaupt eine andere Möglichkeit?
Sie hatte seinen Abschiedsbrief und das Gedicht an dem Spiegel ihrer Kommode befestigt, ganz wie das erste Foto, das von uns beiden gemacht worden war.

„Würdest du mir bitte helfen?“, bat ich meine Schwester und deutete auf mein Korsett.
Zu der Zeit wo wir geboren worden waren hatte es so etwas noch nicht gegeben und es war auch nicht schade darum. Falls es wieder aus der Mode kommen sollte würde ich es auch sicherlich nicht vermissen. Egal wie gut man damit aussah, es war einfach unbequem.
„Fest?“, fragte sie nach als sie hinter mich trat.
„Fest!“, bestätigte ich ihr und nickte. Wenn schon, dann konnte es auch richtig sein.
Sie schnürte mein Korsett fest und ich hielt mich dabei am Spiegel fest und atmete tief durch.

„Lieber Damon,
Ich muss ehrlich zu dir sein.
Ich liebe dich so sehr! Bitte schmeiß einfach alles hin und komm zurück zu mir, damit wir ganz viel Liebe machen können und… Au!“, fluchte ich als Elena mein Korsett wirklich sehr eng schnürte.
„Entschuldige bitte.“, heuchelte sie gespielt reuevoll und ich sah im Spiegel wie sie die Augen verdrehte.
„Musste das jetzt tatsächlich sein?“, fragte ich nach.
Sie zuckte unbekümmert mit den Schultern. „Ja, irgendwie schon.“, meinte sie locker. War ja klar gewesen.
Ok, ich verstand schon.
Ich hatte mich dazu nicht zu äußern und meine Worte waren wohl auch ein wenig unangebracht gewesen.
Aber man durfte wohl ja noch seine Schwester ein wenig ärgern oder nicht?
Eigentlich ja schon, aber wahrscheinlich brauchte ich mich dann auch nicht zu wundern, wenn sie sich rächte.

Doch jetzt durchzuckte mich wieder meine gewohnte Neugier.
Was stand nun eigentlich in den Brief?
Dass es nichts in der Art von dem war, was ich gerade gesagt hatte, war ja eigentlich schon klar.
„Was steht in diesem Brief?“, fragte ich durchaus interessiert.
Nichts was ich hinein schreiben würde, er war sicher Elena typisch verfasst. Distanziert, zurückhaltend, höflich und trotzdem mit so viel Liebreiz, dass sie einen Mann auf ihre Weise gewiss fesseln konnte.
„Hast du schon mal etwas vom Briefgeheimnis gehört?“, fragte sie und zog dabei eine ihrer Augenbrauen in die Höhe.

„Fertig!“ Sie ließ von mir ab und ich atmete noch einmal tief durch.
Ich wusste immer noch nicht, ob ich das Korsett verabscheuen sollte, da es einem mörderisch einengte, oder doch toll finden sollte, da es die weiblichen Kurven mehr als deutlich hervorhob und betonte. Klar wollte ich es nicht mehr tragen, zumindest nicht als Pflicht, aber vielleicht ab und zu so. Für einen Mann, der es einem schnell wieder auszog.
Das wäre wahrlich eine gute Lösung, befand ich.

Ich richtete mich gerade auf und betrachtete mich im Spiegel. Ich sah gut aus, eindeutig, so konnte ich mich zeigen lassen.
„Natürlich, es verdient die höchste Achtung und ich akzeptiere es vollkommen.“, bestätigte ich ihr und ging zu ihrer Kommode.
Elena setzte sich wieder an den Tisch und schrieb ihren Brief weiter.
„Du wirst es mir also nicht verraten?“, hakte ich noch einmal nach und ich wusste, dass sie ein selbstgefälliges Grinsen auf dem Gesicht hatte, auch wenn es milder war als meines. Nie würde sie so eine Geste überreizt darstellen, sodass es wirklich unhöflich war. Elena hielt weder etwas von Hochmut, noch von irgendeiner Form von Egoismus.
Sie war das Musterbeispiel einer aufopfernden und freundlichen Frau. Echt grauenvoll meiner Meinung nach und langweilig.
„Nein, werde ich nicht.“, bestätigte sie mir noch einmal.


Mein Blick fiel auf Damons Brief an sie und ich las ihn mir noch einmal durch.



Liebe Elena,

Abschiede sind wirklich nicht meine Stärke, deswegen versuche ich es auf diese Weise.
Ich bin zum ersten Mal traurig von Zuhause wegzugehen und das liegt einzig und allein an dir.
Dich werde ich vermissen, wie nichts anderes.
Aber du hast mir gesagt, dass du mich magst und dass es für mich nicht hoffnungslos ist.
Deswegen wirst du mich jetzt nie wieder loswerden.
Die Hoffnung lass ich mir nicht mehr nehmen.
Ich werde zu dir zurückkehren, das ist ein Versprechen.
Du brauchst dir also keine Sorgen zu machen.

In tief verbleibender Sehnsucht,
Damon


Ich drehte mich zu ihr.
„Damon ist wirklich süß zu dir.“, stellte ich fest, doch sie äußerte sich nicht zu meiner Aussage.
Ich setzte mich zu ihr an den Tisch und sah sie an.
Seufzend hob sie ihren Blick und sah mich abwarten an.
„Liebst du ihn?“
Sie sah mich weiterhin einfach nur an und antwortete mir nicht.
„Was ist mit Elijah? Liebst du ihn noch?“, fragte ich weiter nach, doch weiterhin schwieg sie noch immer beharrlich.
„Versteh mich nicht falsch, ich will dir nichts unterstellen.
Aber damals hieltst du ihn für die Liebe deines Lebens und ich hab in den letzten Jahrhunderten beobachtet, wie du dich gequält hast.
Ich bin deine Schwester und weiß, dass du dir gewünscht hast, er würde uns finden und alles sich irgendwie klären.“

Die Stille war unbehaglich und wir sahen uns dabei gegenseitig in die Augen.
„Ich frag dich also nur eins.
Hegst du diesen Wunsch noch immer?
Das ist alles was ich wissen will.“
Das andere würde sich meiner Meinung nach mit der Zeit von selbst klären.
„Nein!“, sagte sie mit fester Stimme und in ihrer Stimme erkannte ich nichts anderes als Aufrichtigkeit.
Ein Lächeln schlich sich auf mein Gesicht und mit guter Laune stand ich auf.
Ich ging zu ihrer Kommode und holte einen Briefumschlag, ein Blatt Papier und noch etwas anderes heraus, wobei ich sicher ging, dass Elena es nicht zu Gesicht bekam und es sofort in den Briefumschlag steckte.

Dann setzte ich mich zu ihr und schrieb schnell etwas auf das Papier.
Ein paar Worte reichten schon aus.
Die ganze Zeit über spürte ich Elenas Blick auf mir ruhen. Schnell schüttelte ich das Blatt, damit die Tinte trocknete, faltete es und steckte es dann in den Briefumschlag.
„Ich habe nur ebenfalls einen Brief an Damon geschrieben. Aber keine Angst, es ist weder etwas Persönliches, noch Verfängliches.“
Elena sah mich finster an.
Der Blick konnte wirklich sehr beängstigend sein und man fühlte sich sofort schuldig.
„Wie gut, dass wir beide das Briefgeheimnis so sehr schätzen. Findest du nicht auch?“
Meine Schwester verdrehte die Augen und beendete ihren Brief. Ein wenig ungeduldig wartete ich darauf, dass sie fertig wurde.
Als sie ihre Schreibfeder niederlegte und den Brief zusammenfaltete, hielt ich ihr auffordernd meine Hand hin.

Fragend sah mich meine Schwester an.
„Ich werde jemanden suchen der die Briefe überbringt. Manipulation, du weißt schon.“
Zögernd überreichte sie mir den Brief.
„Wie wäre es, wenn wir ein wenig Tennis spielen? Das lenkt dich von deiner Sehnsucht ab.“
Sie nickte leicht als Zustimmung zu meinem Vorschlag.
Glücklich ging ich nach unten und suchte nach einem geeigneten Boten.
Ich war sehr zufrieden damit, wie die Dinge sich entwickelten.

Kapitel 28: Bei mir




„Wer kämpft kann verlieren, wer nicht kämpft hat schon verloren.“ (Bert Brecht)

Damons Sicht:
„Der Major scheint heute gute Laune zu haben.
Es wurden noch keine fragwürdigen Aufgaben verteilt und er hat mehr geredet als geschrien.“, meinte Charles.
Das konnte man tatsächlich schon als Wunder bezeichnen.
Der Major schien allein für den Krieg geboren worden zu sein.
Ich fragte mich, ob er überhaupt überleben würde, wenn er kein Soldat mehr sein konnte und das Kämpfen aufgeben müsste.
Oder was er tun würde, wenn der Krieg vorbei wäre.
Er lebte einzig und allein dafür und von uns schein er dasselbe zu erwarten, denn der Drill war äußerst hart.
„Vielleicht hat er einen neuen Schlachtplan entwickelt oder erfahren, dass es einen neuen Kampf gibt.“, überlegte ich laut.

Charles schüttelte entschieden den Kopf.
„Ich denke dann hätten wir das schon auf unangenehme Weise erfahren.“
Da hatte er wohl Recht.
Dann würden wir hier nicht einfach so sitzen und unser Mittagessen genießen können. Ohne Hektik zu essen war bei uns eine Seltenheit, überhaupt wirklich viel zu essen war allerdings auch nicht wirklich die Regel.
Ein Soldat kam bei uns vorbei.
„Damon Salvatore?“
Bei der Nennung meines Namens stand ich sofort auf und salutierte. Es war irgendwie ein automatischer Ablauf.
Der Mann reichte mir etwas, was ich entgegen nahm.
„Zwei Briefe für sie.“, sagte er und verwundert sah ich ihm nach. Etwas fassungslos setzte ich mich daraufhin wieder.

Wie konnte es sein, dass ich schon nach knapp zwei Wochen Briefe bekam?
Ich schaute sie mir an und erkannte mit Freude, dass einer von Elena war und mit Verwunderung, dass der Andere von ihrer Schwester Katherine war.
Natürlich machte ich den Brief von Elena zuerst auf.
„Hast du einen Brief von deiner Freundin bekommen?“, fragte Charles neugierig nach und ohne weiter auf ihn zu achten, nickte ich und begann ihn voller Aufregung zu lesen.



Damon,

noch immer ist die ganze Stadt in Aufruhr.
Soweit ich gehört habe, haben sich viele neue Paare gefunden.
Zumindest habe ich das dem Klatsch von Pearl und Katherine entnommen.
Die Bauarbeiten für die Bibliothek sind im vollen Gange, wenn du wiederkommst wird sie sicher schon fertig sein.
Dein Vater steckt selbst viele Stunden Arbeit hinein.
Dann fürchte ich ist dein Bruder wütend auf dich.
Er scheint es nicht sehr gut aufgenommen zu haben, dass du einfach ohne ein Wort verschwunden bist.
Wahrscheinlich ist er einfach nur verletzt.
Ehrlich gesagt wäre ich das wohl auch.
Du solltest so etwas also nie wieder machen, abgesehen davon das es sich nicht gehört.

Wie schaffte sie es nur mich auch so zu tadeln und mir selbst über einen Brief ein schlechtes Gewissen zu machen?
Sie war einfach unglaublich.


Ich hoffe dir geht es gut, da wo du bist.
Ich werde dich in meine Gebete mit einschließen.
Auch wenn du nicht an Gott glaubst, ich bin mir sicher er wird dir beistehen und über dich wachen, sodass du heil zurückkommst.
Alle wünschen sich das, auch dein Vater hat das geäußert.
Es wird immer wärmer.
Du hattest Recht, ich kann mir nicht vorstellen, dass im Winter der See zufrieren wird, geschweige denn, dass vielleicht Schnee fallen wird.
In meiner Heimat lag immer viel Schnee und das Tal war abgeschottet vom Rest der Welt.
Man kam nicht mehr durch die Pfade über die Berge.
Deswegen musste man für den Winter immer gut vorsorgen.
Hier ist es dagegen ungewöhnlich warm, besser ausgedrückt heiß.
Wo bist du?
Seit ihr immer noch an derselben Stelle oder zieht ihr oft weiter?

Ich vermisse dich,
Elena



Sie vermisste mich.
Ich sie auch.
Am liebsten würde ich so schnell wie nur möglich zu ihr zurückkehren, aber ich hatte das dringende Bedürfnis sie zu beschützen und sie nicht durch meine Feigheit zu enttäuschen.
Ich öffnete den anderen Brief, den ich merkwürdiger Weise von Katherine bekommen hatte.
Wieso schrieb sie mir?



Mr. Salvatore,

ich habe ein Geschenk für sie beigelegt, von dem ich mir denken kann, dass es ihnen gefallen wird.
Meine Schwester hat sie wirklich gern.

Mit freundlichen Grüßen,
Katherine Pierce


In dem Umschlag fand ich ein Bild auf dem ich eindeutig Elena erkannte.
Wellige zurückgesteckte Haare, ihre weichen Gesichtszüge und ihr sanfter aufrichtiger Blick.

Elena Pierce, 22 Juni 1862

Ich wusste, dass das ihr Geburtsdatum war. Das Bild musste an ihrem siebzehnten Geburtstag gemacht worden sein.
Charles schaute mir über die Schulter.
„Ich finde es unglaublich, wie identisch die beiden sind. Zwillinge, sowas ist absolut faszinierend.“
Ich schüttelte den Kopf.
„Ich finde nicht, dass sie etwas haben, worin sie sich ähneln, geschweige denn, dass sie identisch sind.
Sie sind absolut unterschiedlich.“, befand ich entschieden, wobei ich Elena in jedem Punkt bevorzugte.
Charles schüttelte lächelnd den Kopf.
„So kann ehrlich einzig nur ein vollkommen verliebter Mann sprechen.“, sagte mein Cousin entschieden.
Ich zuckte nur mit den Schultern.
Mir war klar, dass ich in sie verliebt war und von mir aus konnte es jeder auf der Welt wissen. Das war mir wirklich ganz egal.
Ehrfürchtig strich ich über das Foto.
Meine wundervolle Elena, wenn sie nur wirklich mir gehören würde.
Aber ich würde zumindest nichts versucht lassen, dass dem irgendwann so war.
Sobald ich zurück war würde ich dafür kämpfen.

Ich musste Katherine wirklich dafür danken, dass sie mir das Foto geschickt hatte.
Es war wunderschön und ich hatte das Gefühl, dass sie so bei mir war, noch mehr als ohnehin schon.

Kapitel 29: Briefe




„Alle Wörter dieser Welt könnten nicht ausdrücken was ich wirklich fühle, auch nicht auf ein Blatt Papier dokumentiert.“ (RoseAkaShi)


Liebe Elena,

Ich danke dir für deinen Brief.
Die Normalität die du schilderst lässt einen von etwas Besserem als dem Hier träumen.
Der General Lee plant eine Invasion im Norden.
Durch seinen Sieg beim Chancellorsville-Feldzug scheint ihm meiner Meinung nach, alles zu Kopf zu steigen.
Er hat unsere Armee von zwei auf drei Korps umgegliedert und wir marschieren jetzt durch das Shenandoah-Tal und das Cumberland-Tal.
Unser Ziel ist Pennsylvania.
Aber ehrlich gesagt finde ich das Marschieren besser, als ewig im Lager zu warten und nichts zu tun.
Es ist für mich besser eine Aufgabe zu haben, als einfach nur auszuharren.
Am liebsten allerdings wäre ich bei dir und würde wieder neben dir auf der Bank sitzen zwischen all dem Flieder.
Dabei könntest du sogar die ganze Zeit lesen, es wäre spannender als hier zu sein.
Mein Cousin Charles und ich versuchen irgendwie die Zeit herumzubekommen.
Da wir für Football meist schon zu kaputt sind, spielen wir sehr oft Poker.
Wie groß wird die geplante Bibliothek?
Glaubst du es wird ausreichen um deinen Wissensdurst zu stillen?
Wahrscheinlich hast du so viele Bücher wie mein Bruder gelesen oder noch mehr, da er in letzter Zeit sehr abgelenkt ist.

Ich vermisse dich und hoffe bald zu dir zurückkommen zu können.
Auch ich bete zum ersten Mal, dafür dass der Krieg bald vorbei sein mag.

Damon


Lieber Damon,

Der Flieder ist leider bereits verblüht, dafür wachsen in eurem Garten viele andere wunderschöne Blumen.
Es ist alles sehr bunt hier.
Alles blüht in blau, gelb, weiß, rosa und rot.
Dazwischen sind die wundervollen Bäume, der ganze Wald ist grün.
Aber nicht einfach nur grün, er leuchtet in vielen verschiedenen Tönen.
Ich gehe jeden Tag an dem See spazieren, den du mir gezeigt hast.
Er ist zu einem meiner Lieblingsplätze geworden.
Ich wünschte du wärst hier und könntest mit mir spazieren gehen.
Die Natur hat jeden Tag neuen Wert gemalt zu werden, denn immer scheint sich etwas zu verändern und doch ist es einzigartig schön.
Die Bibliothek scheint riesig zu werden, über zwei Stockwerke, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass es jemals so viel zu lesen gibt, dass es mir reichen würde.
Dafür ist es für mich viel zu spannend in einem der Bücher abzutauchen.
Geschichten lassen mich träumen und geben mir die Hoffnung, dass am Ende alles gut ausgehen wird.
Das ist ein zu schöner Gedanke, den ich nicht aufgeben will, sondern lieber noch mehr vertiefen möchte.
Vielleicht maße ich mir zu viel an, aber ich glaube ich habe mehr gelesen als dein Bruder.
Meine Schwester findet den Gedanken grauenvoll, dass ich es an einem Tag schaffe ein Buch zu lesen.
Obwohl das nicht unbedingt immer wahr ist, manchmal brauche ich auch zwei oder drei Tage dafür.

Bitte pass gut auf dich auf, da wo du bist.
Ich wünsche mir, dass du heil und gesund wieder zurückkommst.

Elena


Liebe Elena,

Du glaubst gar nicht wie sehr deine Briefe helfen das alles zu überstehen.
Immer wenn ich deine Briefe lese, weiß ich was ich an der Welt mag, dabei ist es egal wie oft ich sie lese.
Sicher weißt du, dass du es bist, die meine Welt erleuchtet.
Sobald ich wieder da bin, werde ich jeden Tag mit dir spazieren gehen, solange du das wünschst werde ich nicht mehr von deiner Seite weichen.
Alles erscheint mir hier immer so trostlos zu sein, aber die Natur würde dir sicher gefallen.
Irgendwie glaube ich dir ohne zu zögern, dass du mehr liest als Stefan.
Es ist so ein Gefühl.
Ich würde niemals so viel freiwillig lesen, obwohl es schön klingt, wie du es beschreibst.
Für mich ist es eher erstaunlich wie schnell du es schaffst, dass die Briefe hier ankommen.
Manchmal mitten auf der Reise, kommt ein Bote und überreicht mir einen Brief von dir.
Die von Stefan und Vater brauchen viel länger.
Meine sicher auch.
Bitte verrate mir das Geheimnis wie du das schaffst!
Es macht mich wirklich neugierig.
Am 9. Juni kämpfte ich mit den Anderen in einer Schlacht bei Brandy Station in Culpeper County.
Vielleicht hast du in der Zeitung davon gelesen.
Es war die bisher größte Reiterschlacht und sie ging unentschieden aus.
Mach dir keine Sorgen, ich bin unverletzt und auch Charles geht es gut.

Ich verbleibe in tiefer Sehnsucht zu dir,
Damon


Lieber Damon,

Hast du schon einmal von dem Spruch gehört, ein Geheimnis mache eine Frau zu einer Frau?
Ich kann es dir einfach nicht verraten, dann wäre mein Geheimnis doch dahin.
Deswegen wird deine Neugier in diesem Fall nicht gestillt.
Aber ich werde dafür sorgen, dass auch die Briefe deines Bruders und Vaters schnell zu dir kommen.
Ich bin wirklich erleichtert, dass es dir gut geht.
Ich verfolge jede Nachricht die über den Krieg kommt und lese jeden Tag die Zeitung in der Hoffnung, dass keine schrecklichen Nachrichten eintreffen.
Aber alles ist überschüttet von grauenvollen Berichten.
Doch dein Name erscheint nie auf der Liste, wofür ich Gott mehr als dankbar bin.
Ich wünsche mir, dass das alles vorbei ist oder zumindest bald ein schnelles Ende hat.
Ein Krieg ist wirklich nichts was man sich wünschen kann, ich kann die Begeisterung dafür nicht verstehen, immer wenn es beginnt.
Sobald es losgeht und am Ende ist der Enthusiasmus doch sowieso auf ein Minimum gesunken, sodass man meinen kann, dass sie daraus auch mal etwas lernen.
Ich freue mich auf den Frieden und sehne mich danach all die Zeit mit dir zu verbringen.
Ich vermisse dein Lächeln und deine Stimme.
Ich bin mir sicher, dass dies ein noch schönerer Ort mit dir wäre.

Ich warte auf dich und bete, dass dir nichts geschehen mag,
Elena


Liebe Elena,

Warst du es die dafür gesorgt hat, dass Bote der jetzt immer auf eine Antwort meinerseits wartet bevor er wieder geht?
Ich zermürbe mir wirklich den Kopf wie du das angestellt haben magst.
Er scheint dir gegenüber wirklich sehr loyal und verschwiegen zu sein, was mich wahrlich erstaunt.
Aber ich lass dir dein Geheimnis, auch wenn ich eigentlich am liebsten alles von dir wüsste.
Bei dir ist meine Neugierde nur noch weiter verstärkt.
Am ersten Juli kämpften wir in Gettysburg, allerdings verloren wir die Schlacht nach drei Tagen.
Doch wieder kann ich dich beruhigen und dir berichten, dass ich und mein Cousin am Leben sind.
Allerdings ist die Stimmung hier sehr bedrückt und wir alle wissen nicht was vor uns liegt.
Auch ich sehne mich nach dem Ende dieses sinnlosen Krieges und zurück zu dir.
Die Freude an diesem Krieg ist zumindest uns einfachen Soldaten schon lange vergangen.
Ich weiß nicht wirklich, ob sich noch jemand hierfür begeistern kann und wenn, dann kann ich dir versichern und zustimmen, dass ich es nicht verstehe.
Gerade befinden wir uns auf den Rückweg nach Virginia, damit wir uns neu organisieren können.
Auch wenn ich dich nicht sehen werde, ist der Gedanke wieder näher bei dir zu sein tröstlich.
Ich weiß nicht ob es dir deine Schwester gebeichtet hat, aber sie hat mir ein Foto von dir geschickt, dass ich mir jeden Tag ansehe.
Es lässt mich nie mein Ziel vergessen, dass ich wieder bei dir sein will.
Deine Gegenwart ist das Schönste was ich mir vorstellen kann.

In Liebe zu dir,
Damon


Kapitel 30: Abschied mit Veränderung




„Manchmal kommt man im Leben an eine Weggabelung, an der man eine unangenehme Entscheidung treffen muss. Zwei Wege kann man gehen und keiner scheint der Richtige zu sein. Man kann nicht immer das richtige tun, nicht immer gibt es einen goldenen Mittelweg. Jeder macht Fehler. Doch man sollte nie vergessen, dass man mit seinen Fehlern leben muss.“ (Schlangenkind)



Elenas Sicht:
Es war kein wirklicher schöner Tag heute.
Ich sah dem Regen zu, der gegen das Fenster prasselte.
Sommerregen, keine Frage.
Angenehmer als im Herbst mit kaltem Wind dazu, aber immer noch nicht wirklich schön, denn graue Wolken zierten den Himmel und kündigten ein kräftiges Gewitter an.
„Ich hasse diese Art von Wetter“, murmelte meine Schwester beleidigt und ließ sich nach hinten aufs Bett fallen.
Zustimmend nickte ich.
Ja sicher, es war grauenvoll.
Ein wenig Regen konnte ich eigentlich sogar sehr gut leiden, besonders im Sommer hatte das etwas Traumhaftes, es roch dann auch immer sehr gut.
Aber das war unausstehlich.
Es regnete bereits den ganzen Tag und es grollte auch schon.
Bald würde es blitzen und donnern.
Zwar war so etwas wie Angst sehr fern, aber es gehörte wirklich nicht zu meinen Lieblingswetter.

Katherine seufzte schwer.
Es war auch sehr schwer ihre schlechte Laune zu ignorieren.
Da sie nicht raus konnte, war ihr natürlich langweilig, weil sie sich schwer tat eine andere Beschäftigung zu finden.
Ich war dabei einen neuen Brief an Damon zu verfassen, was mich genug fesselte.
Ich liebte es mit ihm zu schreiben, ich hatte das Gefühl, dass wir uns jedes Mal ein wenig mehr voneinander offenbarten.
„Weißt du an was mich das erinnert?“, fragte Katherine nach und ich wusste worauf das hinaus lief.
„Ich bin sicher du wirst mir gleich deine Gedanken diesbezüglich mitteilen.“

Lächelnd sah ich zu ihr und beobachtete wie sich ihre Augen ein wenig verengten.
„An einen Abschied, an den Abschied!“
Merklich zuckte ich bei ihren Worten zusammen und ich wusste genau wovon sie sprach.
Es war nicht wirklich etwas woran ich mich gerne erinnerte und ich war mir sicher, dass wir daran unterschiedliche Gedanken hatten.
Das war das erste Mal, dass sich unsere Wege trennten, zumindest innerlich.
Damals begannen wir andere Sichtweisen auf die Welt zu entwickeln.
Natürlich waren wir schon vorher verschieden gewesen, aber ab da an orientierten wir uns an unterschiedlichen Punkten, auch wenn wir unseren Weg gemeinsam fortsetzten.
Es war eine schmerzhafte Erinnerung.

Rückblick
Die Koffer waren gepackt und wurden von unseren Brüdern nach draußen gebracht.
Alles schrie danach, dass dies unser Abschied war. Dass das wohl das letzte Mal sein würde, dass wir hier waren. Auch wenn ich mir etwas anderes wünschte, glaubte ich nicht, dass wir hierher zurückkehren würden.
Katerina saß bereits in der Kutsche. Stolz hatte sie ihr Kinn in die Höhe gerückt und wollte sich keine Schwäche zugestehen.
Meine Mutter streckte lächelnd ihre Arme nach mir aus. „Komm her, Helena. Lass dich ansehen.“
Zurückhaltend lächelnd trat ich zu ihr und sie nahm mein Gesicht in ihre Hände, um mich zu betrachten.
„Du brauchst keine Angst zu haben, Helena. Ich bin sicher du machst das gut. Alles wird wieder gut“, versicherte sie mir.
Sie war immer so hoffnungsvoll. Meine Mutter glaubte einfach immer, dass alles sich zum Besten wenden würde und dass es keinen Grund zur Besorgnis gab.
„Ich bin wohl kaum angstvoll, Mutter. Vielleicht nervös. Und gut ist verschieden definiert. Gut ist nicht akzeptabel.“
Meine Mutter schien genauso nervös zu sein, wie ich.
Sie versuchte meine Kleidung in Ordnung zu bringen, obwohl sie es doch schon war.
„Verstehe“, meinte sie und zwang sich zu einem Lächeln, während sie an dem Kragen meines Kleides herum werkelte.

Ich nahm ihre Hände in meine.
„Dürfte ich eine persönliche Frage stellen?“, fragte ich und sah ihr in die Augen.
Beruhigend lächelnd sah sie mich an. „Natürlich.“
Es klang auch wirklich natürlich wie sie es sagte, aber so war es nicht. Vater erlaubte mir nur selten ihn etwas Persönliches zu fragen und noch weniger antwortete er mir darauf.
„Seid ihr sauer auf mich, da ich Katerina begleiten werde?
Zwar ist sie meine Schwester, doch ist sie nun eine Ausgestoßene der Familie.
Ich hoffe doch ihr empfindet es nicht als abwertendes Urteil euch gegenüber, dass ich zu ihr halte, anstatt zu euch. Schließlich hat sie Schande über unsere Familie gebracht.“

Das bereitete mir am meisten Angst.
Katerina wurde aus unserer Familie und unserem Land verbannt. Vater sah sie nicht mehr als seine Tochter an und wollte sie nicht mehr in seinem Haus haben.
Von meinen Brüdern wurde das Thema totgeschwiegen.
„Oh Helena. Du wirst, welchen Entschluss du auch fasst, immer eine Mutter haben die Stolz ist auf dich. Ich liebe dich und nicht nur dich, auch Katerina. Ich hoffe das werdet ihr nie vergessen. Egal was geschieht.“
Leicht nickte ich und küsste ihre Hände.
Demütig neigte ich meinen Kopf vor ihr. „Lebe lange und in Frieden“, wünschte ich ihr und verdrängte mir aller Macht meine Gefühle, die versuchten mich in Form von Tränen zu überrollen.
„Leb wohl, mein Engel“, verabschiedete sie sich und ich wandte mich ab.
Wahrscheinlich zum letzten Mal verließ ich das Haus.

Es machte mich traurig und schnürte mir die Kehle zu. Ich wusste, dass ich das alles vermissen würde, doch wusste ich auch, dass ich es bereuen würde, wenn ich meine Schwester jetzt alleine lassen würde mit ihrer Bürde.
Klar hatte sie einen Fehler gemacht und dieser war wahrscheinlich unverzeihlich, aber… aber sie war meine Schwester. Meine Zwillingsschwester.
Gabriel setzte die Kutsche in Bewegung und ich beobachtete unser Zuhause, wie es immer kleiner wurde.
Die Felder, die Pferde, alles ließ ich hinter mir. Nur um bei ihr zu sein und sie zu unterstützen.
Wir fuhren nach Osten, zu einem Hafen, wo ein Schiff auf uns warten würde, um uns nach England tragen.
Wir werden Wochen darauf unterwegs sein.
Rückblick Ende

Es war nicht das letzte Mal gewesen, dass Katerina und ich das Haus verlassen hatten.
Doch als wir es das nächste Mal betreten hatten, war es so gewesen, dass unsere Familie abgeschlachtet da lag.
Es war ein Anblick, der in einem Übelkeit hervor rief.
Aber damals als wir gingen, das veränderte uns.
Auch wenn ich mir damals darüber nicht wirklich im Klaren war.
Mich machte es vorsichtig und sorgevoll gegenüber Katerina.
Von da an hatte ich zum ersten Mal das Gefühl, dass ich auf sich achtgeben musste und sie beschützen sollte.
Katerina machte diese Erfahrung unglaublich stark und selbstbewusst.
Die Unabhängigkeit bewahrte sie sich und seitdem hinterfragte sie die Gesellschaft aufs Kritischste.
Sie war seitdem mehr als nur modern, sie war der Zeit immer mit ihren Ansichten voraus.

Am liebsten würde ich Damon davon schreiben, ihm erzählen was ich fühlte, aber das konnte ich nicht, weil es so viel zu erklären gab, was er nicht verstehen würde ohne mein Geheimnis zu kennen.
Schon die ganze Zeit über überlegte ich, ob ich es wagen konnte es ihm anzuvertrauen.
Sicher war ich mir noch nicht ganz, aber in einen Brief würde das auf keinen Fall gehen.
Allerdings hatte ich irgendwie das Gefühl, dass wenn ich es Jemandem anvertrauen konnte, es Damon sein würde.
Aus irgendeinem Grund vertraute ich ihm mehr als jedem Anderen.
Mehr als meine Schwester?
Ich wusste es nicht, aber es brachte mich zum Nachdenken.
Sollte ich mich über diesen Gedanken fürchten?
Das letzte Mal als ich Jemandem mehr vertraut hatte als meine Schwester, war es Elijah gewesen und das hatte ich am Ende bitterlich bereut.
Es war schwierig und ich hatte Angst einen Fehler zu begehen, das hatte ich schon einmal getan.

Aber Damon war nicht Elijah.
Ich musste schmunzeln und verkniff mir ein Auflachen.
Nein, das war er ganz bestimmt nicht.
Unwillkürlich fuhren meine Finger zu meinen Lippen und ich musste an den Kuss denken, den mir Damon wahrlich gestohlen hatte.
Das hatte nichts von der süßen Unschuld und Vorsicht gehabt, die Elijah und ich früher geteilt hatten.
Er war stürmisch und drängend gewesen, leidenschaftlich.
Sein Griff war besitzergreifend gewesen.
Damon war… Damon.
Ich konnte ihn nicht mit Elijah vergleichen, da sich nur Unterschiede auftaten.
Das war gut so.
So war es auch nicht fair, Damon nicht zu vertrauen, aus dieser Erfahrung heraus.
Ich musste ihm vertrauen und mir die Möglichkeit einräumen einen Fehler zu begehen.
Manchmal wurden auch Fehler zu den schönsten Geschenken unseres Lebens.



Kapitel 31: Nur noch uns




„Die Menschen, die am Ende eines Tages noch bei einem sind, das sind diejenigen, die es wert sind, dass man bei ihnen bleibt. Natürlich kann man sich auch zu nah kommen. Andererseits ist es manchmal genau das, was man braucht: sich jemandem ganz nah zu fühlen.“ (Greys Anatomy)




Katherines Sicht:
Rückblick
Vorsichtig sah ich zu Helena, die traurig und gebrochen aussah und deren Blick immer wieder zu nach hinten glitt, zu unserem Zuhause.
Nein, es war nicht mehr unser Zuhause.
Es könnte noch ihres sein, aber sie hatte es für mich aufgegeben.
Ich sollte selbstlos sein und ihr sagen, dass sie das nicht tun sollte, dass sie mit unseren Brüdern wieder zurückreisen sollte.
Dass sie sich einen Mann, den sie mag suchen und den sie heiraten sollte.
Aber keines der Worte kam über meine Lippen.
Ich konnte das einfach nicht.
Es schmerzte mich und machte mich traurig, aber trotzdem konnte ich sie nicht loslassen.
Wenn ich sie gehen lassen würde wäre ich allein und nicht einfach nur allein, wie ich es ohne meine Familie war.
Ich wäre vollkommen allein und nicht einmal vollständig.
Helena gehörte zu mir, sie war meine kleine Schwester und ein Teil von mir.
Ohne sie würde mir etwas fehlen.

Vielleicht war es egoistisch, aber ich brachte es nicht fertig selbstlos zu sein.
Deswegen sah ich sie nur an und als sie zu mir sah, bemerkte ich die Tränen auf ihrem Gesicht.
Zaghaft griff ich nach ihrer Hand und versuchte zu lächeln, auch wenn es wahrscheinlich mehr als nur kläglich aussah.
Aber ich musste für sie stark sein, wenn sie schon alles für mich aufgab, dann musste ich Diejenige sein die stark war und die ihr Halt gab, denn sie gab mir ihren, mit ihrer bloßen Anwesenheit.
Ich durfte nicht weinen, das stand mir nicht zu, nur ihr.
Es dauerte fast den halben Tag, bis wir endlich am Hafen ankamen.
Gabriel und Philipp regelten alles was wichtig war, unsere Tickets, unsere Kabine und Christoph und David halfen uns mit dem Gepäck.
Keiner sagte etwas und doch wusste ich, dass sie mich hassen mussten.
Meine Brüder mussten mich hassen, nicht nur weil ich ging und sie eine Schwester verloren, ich nahm ihnen auch noch ihre andere.
Es war so ungerecht und sie konnten sicher gar nicht anders, als mich zu hassen, es war nur fair.

Gabriel nahm Helena zur Seite und ich sah wie er ihr die Tickets gab und mit ihr ein paar Worte wechselte.
Mein kleiner Bruder David sah mich mit Tränen in den Augen an.
Er war gerade mal dreizehn Jahre alt und der jüngste von uns Geschwistern.
Ich nahm ihn in die Arme und versuchte zu verhindern, dass auch mich die Tränen überrollten.
Ich hatte ihn so lieb. Sanft küsste ich ihn auf den Kopf und wuschelte ihn durch seine dunkelbraunen Haare.
Er war so unschuldig und lieb und ich war mir nicht mal sicher, ob er wirklich verstand was hier vor sich ging.
So unschuldig sah er mich auch aus seinen graublauen Augen an.
„Bitte, Katerina bleib.
Ich will nicht, dass ihr geht.
Das geht einfach nicht, ich werde dich zu sehr vermissen.“
Sofort nahm ich ihn wieder in die Arme und drückte ihn noch fester an mich.

Ich streichelte über seine Wange und küsste ihn auf die Stirn.

„Ich hab dich lieb David und es tut mir so unendlich leid“, sagte ich ihm reuevoll und diese Worte waren nicht nur an ihn gerichtet.
„Bitte nicht, Schwester.
Bitte nicht!
Bleib hier, ich…“
Christoph legte eine Hand auf Davids Schulter und unterbrach ihn somit.
Er schüttelte den Kopf und David schien nur noch mehr zu weinen.
Vorsichtig sah ich Christoph an, mit David zusammen war er Derjenige gewesen mit dem ich am meisten Zeit verbracht hatte.
Zögernd reichte ich ihm meine Hand und er sah darauf. Als ich sie zurückziehen wollte, nahm er meine Hand und zog mich zu sich.
Er schlang seine Arme um mich und küsste mich auf die Wange.
„Du warst so dumm, Katerina.
So dumm“, meinte er seufzend und strich durch meine Haare.

Ich zog seinen Geruch ein, er roch nach einer Mischung aus unseren Pferden und Holz.
Das lag wohl daran, dass wir alle viel mit Pferden zu tun hatten und dass Christoph meist derjenige war, der Holz hackte.
Er war nur ein Jahr älter als ich und Helena.
„Ich weiß, ich weiß…
Es tut mir so leid.
Ich werde euch so sehr vermissen“, flüsterte ich.
Ich wollte nicht gehen, das war nichts, was ich jemals angestrebt hatte.
Sie waren meine Familie, ich liebte meine Familie und ich wollte bei ihnen bleiben.
Christoph sah traurig aus, er sah mich aus seinen dunkelblauen Augen aus an.
Seine dreckigen blonden Haaren waren total verwuschelt und hatten heute anscheinend noch keinen Kamm gesehen.
Sanft fuhr ich ihm durch die Haare und versuchte sie ein wenig zu richten.

Danach kam Philipp zu mir und auch er schloss mich in seine Arme, was mich wahrlich verwunderte.
Philipp war zurückhaltend und er sah mir und Helena sehr ähnlich.
Er hatte dieselbe Haarfarbe wie wir und genauso braune Augen, er sah ordentlich und korrekt aus und er war groß und schlank.
Er hatte viele Muskeln, er und Gabriel trainierten oft zusammen und kämpften gegeneinander.
„Stell nichts Dummes an, Katerina“, warnte er mich und küsste mich auf die Stirn.
Leicht nickte ich und nahm mir wirklich vor, bewusst nichts Dummes anzustellen.
Als letztes kam Gabriel zu mir und selbst er umarmte mich.
Er war acht Jahre älter als ich und Helena, Philipp nur vier.
Er hatte goldblonde leicht gelockte Haare und graue Augen.
Gabriel war nicht nur der Älteste, sondern auch der größte von uns, er war sogar größer als unser Vater.
„Bitte tu mir den Gefallen, Schwester und hör ab sofort auf das was Helena sagt.
Du bist zwar älter, aber sie ist vernünftiger, also hör auf sie, ja?
Versprichst du mir das?“, flüsterte er mir zu und küsste mich auf meine Stirn.

Eifrig nickte ich.
„Ich verspreche es!“, sagte ich und meinte es ernst damit.
Keiner der Jungs, bis auf David, weinten.
Natürlich nicht, wie auch.
Sie durften es nicht.
Männer zeigten keine solchen intensiven Gefühle, das war nicht nur eine Regel unseres Vaters, sondern auch eine unserer Gesellschaft.
Ich spürte Tropfen auf meiner Wange und wollte meine Tränen wegwischen, doch sie waren viel kälter.
Verwundert schaute ich nach oben in den Himmel und merkte wie es langsam anfing zu regnen.
Aber bei ein paar Tropfen blieb es nicht lange, ein paar Sekunden später steigerte sich die Zahl so sehr, dass wir vollkommen nass wurden.
Wie eine dichte Wand prasselte der Regen auf uns hernieder.

Gabriel küsste sowohl mich, als auch Helena noch einmal und schubste uns dann Richtung Schiff.
„Na los, schnell rein da mit euch und zieht euch was anderes an, sonst werdet ihr krank“, jagte er uns davon.
Ich musste schlucken und merkte nur nebenbei wie Helena sich bei mir unterharkte.

„Lebt wohl!“, rief sie zu unseren Geschwistern und ich schaffte es nur ihnen zuzunicken.
Wir liefen hinauf auf das Schiff und der Regen hatte bereits unsere Kleidung durchgeweicht, die nun an unserem Körper klebte.
Als ich nach hinten sah, merkte ich wie Christoph David festhielt, der laut schrie und weinte und offensichtlich zu uns laufen wollte.
Philipp winkte uns leicht zu und ich sah zu Gabriel, der so ernst aussah.
Da drang es zum ersten Mal wirklich in mein Bewusstsein.
Wir würden unsere Brüder nie mehr wiedersehen.
Das hier war ein Abschied für immer, womit ich wirklich nie gerechnet hätte.
Ich wollte das nicht, das hatte ich niemals gewollt.
Ich hatte mich doch nur verliebt und das hatte bis hier hin geführt, wie weit würde mich diese Sache noch weitertreiben.
Welche Konsequenzen würde das noch haben?

Wir gingen auf das Schiff und dann hinein, meine Brüder verschwanden für immer aus meinen Blickwinkel.
Noch fester klammerte ich mich an meine Zwillingsschwester und wir suchten unsere Kabine auf.
Zwar hatte Gabriel gesagt wir sollten uns umziehen, doch wir setzten uns auf das untere Ende des
Doppelbettes.
Schweigend schlangen wir die Arme umeinander.
Alle waren weg, ich war allein, bis auf meine zweite Hälfte.
Bis auf meine Schwester waren alle weg und ich würde sie nie wieder sehen.
So nah wie möglich rückte ich an Helena ran, denn das war es was ich jetzt brauchte, ihre Nähe, ihre Geborgenheit, ihren Schutz.
Wieso war sie nicht meine ältere Schwester?
Ich war nicht gut für diesen Job geeignet.
Ich hatte versagt und jetzt war das Einzige was wir noch hatten, uns.
Rückblick Ende



Kapitel 32: Schicksal ungewiss




„Auch ein Schiff ist im Hafen am besten aufgehoben. Aber dafür wurde es nicht gebaut.“ (John G. Shedd)


Stefans Sicht:
Lachend lief Katherine durch die niedrigen Sträucher, die wie ein Labyrinth angepflanzt waren.
Nicht zum ersten Mal fragte ich mich ob das beabsichtigt gewesen war.
Genauso fröhlich wie Katherine es war, so war ich es auch und deswegen lief ich lachend hinterher.
Bei der Statur stoppte sie und tippte sie an.
„Gewonnen!“, rief sie fröhlich aus und wirklich etwas atemlos kam ich vor ihr zum Stehen.
„Was ist mein Preis?“, fragte sie keck und legte lächelnd den Kopf schief.
Katherine war schnell, noch nie hatte ich wirklich gegen sie gewonnen und wenn dann hatte ich das Gefühl, dass sie es beabsichtigt hatte.
Ich fragte mich oft wie sie es anstellte so elegant und schnell zu laufen ohne dabei einmal zu schwanken oder sogar hinzufallen.
Aber auch wenn ich Katherine und Elena draußen im Garten beobachtete konnte ich sehen, dass es bei Elena genauso war.
Die beiden waren verdammt schnell und verletzten taten sie sich nie.
„Hast du einen speziellen Wunsch?“, fragte ich nach, und sie kam einen Schritt auf mich zu.

Sie kam nah an mich dran, zu nah, würde ich fast schon sagen.
Mein Herz fing an schneller zu schlagen und mein Atem beschleunigte sich.
Auch wenn es wohl gerade nicht besonders männlich war, befürchtete ich, dass das Blut in meine Wangen schoss.
Es wurde schon wieder zu einer Situation, die mich meinen Anstand verlassen ließ.
Katherine war darin wirklich sehr talentiert und es wurde von Mal zu Mal schwerer ihr zu widerstehen.
Eigentlich wollte ich das aber auch nicht mehr wirklich.
Ich verzehrte mich nach dieser Frau, ich liebte sie mehr, als alles vorher auf der Welt.
„Kommt darauf an…“
Bedeutsam klangen ihre Worte und es machte mich fast irre als sie sich grinsend auf die Unterlippe biss und den Kopf schief legte.
Meine Hand fand wie von allein zu ihrer Wange und meine andere legte sich auf ihren Rücken, zog sie näher zu mir heran.

Doch unsere Köpfe zuckten auseinander als wir eine panische Stimme hörten.
„Miss Katherine, Miss Katherine!
Bitte kommen sie!
Sie müssen sich beeilen, es geht um ihre Schwester!“, rief Emily, ihre Magd.
Überrascht runzelte Katherine die Stirn, sie wich zwar nicht von mir, sah aber fragend an mir vorbei, zu Emily.
„Miss Elena hat die Zeitung gelesen und dann war sie plötzlich geschockt.
Sie ist nicht mehr ansprechbar und sie weint.“
Diese Worte brachten Katherine doch dazu sich, ohne mich weiter zu beachten, von mir zu rücken und mit ihrer Magd eilig ins Haus zu laufen.
Ich war nicht enttäuscht, schließlich ging es um ihre Schwester und ich würde dasselbe für meinen Bruder tun und auch alles einfach stehen und liegen lassen.
Manchmal verloren die eignen Belange ihre Bedeutung bei den Problemen unserer Geschwister.

Schnell folgte ich Katherine, die wirklich rannte und diesmal nicht weil es ihr Spaß machte.
Ein paar Sekunden nach ihr kam ich im Wohnzimmer an, wo Katherine bereits neben Elena auf dem Boden saß und ihre Schwester in den Armen hielt.
Was hatte Elena, Elena, die immer anständig war und keine Schwäche zeigte, dazu gebracht so gebrochen am Boden zu sitzen?
Ich nahm die Zeitung die offen auf dem Tisch lag und versuchte darin einen Grund für ihren Zustand zu erfahren.
Katherine hatte Elenas Kopf auf ihre Brust gedrückt und strich ihr übers Haar und ihren Rücken. Aus schmerzerfüllten Augen sah sie mich an und mein Herzschlag beschleunigte sich.
Ich ahnte Schlimmes und die pure Panik ergriff mich.
Schnell blickte ich zu den Kriegsnachrichten, da stand etwas von einer Schlacht am Rappahannock, wo auch die Nord-Virginia-Armee mitgekämpft hatte, in der auch Damon und mein Cousin Charles dienten.
Die Schlacht hatte mit einem Sieg für die Union geendet.

Oh nein.
Sofort suchte ich nach dem Extrablatt der immer beigelegten Liste, die über das Schicksal der Soldaten berichtete, soweit es ihnen möglich war.
Voller Angst sah ich auf die Todesliste und schaute sie durch, aber da stand zu meiner Erleichterung, weder Damons Name, noch der von Charles.
Hoffnungsvoll sah ich zu Katherine, doch sie schüttelte den Kopf.
Ich runzelte die Stirn und schaute noch einmal auf die Liste, vielleicht hatte ich etwas übersehen, aber ich hatte genau geguckt und da stand Damons Name nicht.
Noch einmal sah ich mir die Liste an, bis ganz nach unten, aber da war nichts.
Dann kam ich zur nächsten Liste, der Verwundeten.
War Damon verwundet?
Das würde durchaus Elenas Angst und Zustand erklären, aber wieder fand ich nichts.
Auch nicht bei Gefangenschaft, meist nahmen sie Soldaten aus wohlhabenden Familien gefangen.

Doch dann fand ich eine weitere Liste, nicht größer als die anderen und es war nicht die Liste der Überlebenden, diese gab es gar nicht.
Unter Schicksal ungewiss, standen die Namen, Damon Salvatore und Charles Salvatore.
Das bedeutete man hatte ihre Leichen nicht gefunden, aber sie waren auch in keinem Krankenlager oder bei der Armee.
Sie könnten in einem Fluss liegen oder irgendwo festgehalten werden, ohne Bekanntmachung.
Sie könnten tot sein.
Mein Cousin.
Mein Bruder.
Geschockt ließ ich die Liste sinken und musste schlucken.
Es war sehr gut möglich, dass ich sie nie wieder sehen würde.
Das sie tot waren.

Ich versuchte mich gegen die Erkenntnis zu wehren, aber sie sackte in mich hinein und zog mich wie ein Sack Steine auf den nächsten Stuhl.
Es fühlte sich an, als wollte jemand mit seinen Händen mein Herz und meine Kehle drücken, bis sie zerplatzten.
Geschockt sah ich zu Elena, die lautlos weinte.
Katherine streichelte sie und küsste sie auf die Stirn, sagte aber kein Wort.
Weil kein Wort in diesem Moment richtig oder tröstend gewesen wäre, weil alles wie Regen an uns vorbeiwischte und von der nächsten Sonne verdunstet werden würde.
Es wäre weg.
Weg.
Aber dieser Schmerz, den ich jetzt spürte, den auch Elena wohl auf eine genauso schlimme Weise spürte, würde bleiben und uns zerfressen.
Ich wollte das nicht, ich wollte nicht, dass das wahr war.
Doch wie sollte ich mich gegen eine solche offensichtliche Tatsache wehren?
Ich wusste genau, dass die Namen der Liste vom ungewissen Schicksal sich schnell auf die Liste der Gefallenen übertrugen.
Auch das war eine Tatsache.

Nur am Rande bekam ich mit wie Katherine Elena stützte und mir ihr verschwand, wahrscheinlich auf ihr Zimmer.
Regungslos saß ich da und versuchte mich an die geschriebenen Worte meines Bruders zu erinnern, in denen er mir immer wieder beteuerte, dass alles wieder gut werden würde und er nach Hause kommen würde, unversehrt.
Wütend ballte ich meine Hand zur Faust und zerknitterte dabei die Liste in meiner Hand.
Diese verfluchte Liste, die es nicht mal wert war sie zu zerreißen.
Sie sollte verbrennen, erlöschen und damit auch das Schicksal meines Bruders neu definiert werden.
Ich wusste nicht ob ich weinen oder schreien sollte.
Nein, ich durfte nicht weinen.
Vater hatte oft gesagt, dass es sich nicht ziemen würde zu weinen, wir Männer durften keine Schwäche zeigen, aber gerade war mir wirklich danach zumute.
Oder eben zu schreien.
Dafür entschied ich mich auch.

Mit einem wütenden Schrei schlug ich mit geballter Faust auf den Tisch.
Am liebsten wollte ich Damon gerade verprügeln, ich hatte eine solch riesige Wut auf ihn.
„Du dämlicher Idiot!
Ich hasse dich.
Ich hasse dich!
Wehe du wagst es dir nicht zurückzukommen“, flüsterte ich und schluckte meine Trauer herunter, lieber machte ich ihr der Wut Platz.
In dieser Raserei warf ich den Tisch mit einem Ruck um und stand nun schnaufend davor.
Ich war wütend auf meinen Bruder und auch wenn ich wollte, dass er wieder zurückkam, so würde ich ihm nächsten Moment wahrscheinlich zu Boden werfen und verprügeln.
Zurückkommen.
Wieder holte mich die Erkenntnis ein.
Er würde nicht zurückkommen, es war so unwahrscheinlich.
Dafür wurde sogar schon ein Prozentsatz ausgerechnet und zu welcher Überraschung, war er grottenschlecht für die Soldaten.
Ich würde meinen Bruder nicht wiedersehen.
Das Einzige worauf ich wohl hoffen durfte war, dass sie seine Leiche fanden.
Die Tür wurde geöffnet und Vater trat herein.
Seine Frage lag offen in seinem Blick und er sah mich an.
„Was gab dir Grund zum Anlass, so etwas zu tun?“, fragte er ohne großes Vorgeplänkel.
Der Schmerz ergriff wieder besitzt von mir und als er mich mit der Liste sah, traf auch ihn, wie mich zuvor, die eiskalte Erkenntnis.



Spezial: Über Geschmack lässt sich streiten




„Lieber verlieben
und von der Liebe gefesselt
als von Liebe verlassen
und mit Hass getränkt“ (RoseAkaShi)



Elijahs Sicht:
Rückblick
Mein Bruder war mit Katerina weggefahren um mit ihr einen Ausflug zu machen. Sie würden sicher nicht nur den einen Tag wegbleiben. Ich wusste genau was Klaus damit bezweckte und was er dabei erreichen wollte.
Automatisch wanderten meine Gedanken von Katerina zu Helena.
Ich schaffte es nie mich lange auf ihr ersichtliches Elend zu konzentrieren, denn mein Interesse lag bei dem Wohlergehen ihrer Schwester, obwohl sie ganz offensichtlich weniger gefährdet war.
Ich wollte in ihrem Zimmer vorbeisehen und sie nach ihren Fuß fragen, doch sie war nicht da.
Die Wachen hatten mir bestätigt, dass sie nicht rausgegangen war.
Mir kam ein Ort in den Sinn wo sie sein könnte, es würde wahrscheinlich einfach perfekt zu ihr passen.

Tatsächlich fand ich sie an dem von mir gedachten Ort - die Bibliothek.
Ohne auf mich aufmerksam zu machen beobachtete ich sie, wie sie mit hinter dem Rücken verstränkten Armen die Regale ablief und interessiert die Bücher betrachtete.
Sie ging dabei gerade und hatte das Kinn angehoben, es war also wirklich keine Fassade, dass sie immer wie eine perfekte Dame wirkte. Auch wenn sie sich nicht beobachtete fühlte und keiner anwesend war benahm sie sich wohlerzogen.
Sie nahm ein Buch heraus und strich über den Einband. So liebevoll wie sie hatte hier sicher noch keiner die Bücher betrachtet oder behandelt.
Ihr Blick glitt hinaus aus dem Fenster und wirkte leicht sehnsuchtsvoll.
Vielleicht wünschte sie sich spazieren zu gehen oder sie vermisste ihre Schwester. Ja, sie wirkte so als vermisse sie etwas.
„Geht es ihrem Fuß wieder besser?“, machte ich sie mit meiner Frage nun auf mich aufmerksam.

Erschrocken zuckte sie zusammen und drehte sich geschwind zu mir um.
Sie wirkte ein wenig perplex und durcheinander, aber das hielt nicht lange an. Sie fing sich schnell wieder und lächelte mich freundlich an.
„So grauenhaft der Tee geschmeckt hat, so gut hat er auch gewirkt.
Vielen Dank dafür, My Lord.“
Ich beobachtete sie genau und konnte nicht anders, als ihr freundlich Lächeln zu erwidern.
„Wollen wir ein Stück spazieren gehen?“, fragte ich freundlich und machte eine einladende Geste.
Wieder wirkte sie überrascht, nickte dann aber freundlich und stellte das Buch weg.
„Sehr gerne, My Lord.“
Zwar wollte sie sich wieder nicht bei mir einharken, aber sie lächelte mich weiterhin freundlich an und ging neben mir nach draußen.
So konnte ich auch diesmal darauf aufpassen, dass sie nicht stolperte oder sich sonst irgendwie verletzte.

„Ich wette der Tee hat ihnen gar nicht so schlecht geschmeckt.“
Irgendwie konnte ich es nicht lassen sie damit aufzuziehen, es hatte mir gestern schon Spaß gemacht, sie damit aufzuregen.
Empört sah sie mich an, obwohl ich an dem Glitzern in ihren Augen erkannte, dass sie wohl wusste, dass ich mir einen Scherz bei ihr erlaubte.
„Denken sie das, ja?
Mögen sie etwa den bitteren Nachgeschmack?“, fragte sie mich ernst und das Funkeln in ihren Augen verstärkte sich.
Als hätte sie es als Aufforderung verstanden und nun wollte sie dieses Duell gewinnen.
Ich konnte ihr schlecht sagen, dass es für mich nicht bitter war.
Irgendwie musste es ja für uns gleich schmecken.
„Bitter, tatsächlich? Aber nur was bitter ist hilft auch. Sonst war der Tee doch gut.“

Zweifelnd sah sie mich an.
Oder hatte das Blut den Geschmack des Tees völlig überdeckt?
Wir gingen im Garten entlang und in ihren Augen sah ich, dass sie sich in dieses Thema wahrlich gerne hineinsteigerte.
„Natürlich, wenn man salzigen Tee mag“, meinte sie und verdrehte verspielt lächelnd die Augen.
Als ich wieder ansetzten wollte fügte sie hinzu: „Und er schmeckte auch noch irgendwie metallisch, haben sie ihr Schwert hinein getaucht oder etwas ähnliches?“
Spöttisch grinsend sah sie mich an und ich konnte nicht anders als belustigt den Kopf zu schütteln.
Sie beschrieb das Blut sehr genau, hoffentlich erkannte sie nicht, dass dies wirklich eine Zutat gewesen war.
Aber damit war klar, dass sie von dem Tee nichts geschmeckt hatte.
Ich sollte ihr ein anderes Mal wirklich Tee anbieten ohne solche Zugaben.

„Geben sie zu Elijah, das ich gewonnen habe?“, fragte Helena mich grinsend.
Aber ich schüttelte nur belustigt den Kopf. Schließlich fand ich ihn immer noch köstlich. „Werde ich nicht!“, beharrte ich genauso stur wie sie. „Dann müssen sie mich jagen!“, rief sie mir zu, raffte ihren Rock ein wenig und lief weg.
Sie lachte dabei und ich sah ihr lächelnd nach, verfolgte sie aber nicht. Helena hatte doch keine faire Chance, obwohl ich bewunderte wie elegant sie mit ihrem Kleid laufen konnte.
Aber vielleicht würde sie sich auch wieder verletzen und das wollte ich auf keinen Fall fördern.
Ihr Lachen verklang und nach ein paar Metern hörte sie auf zu laufen. „Sie hätten mich fangen müssen!“, klagte sie gespielt beleidigt.
Ich lächelte und behielt mein Schritttempo weiterhin bei. „Wenn ich sie fange, ist das Spiel aber vorbei“, erwiderte ich. Irgendwie kam mir ein Ende, welches es auch sein mochte, in Bezug auf Helena unglaublich traurig vor.
Wir blieben vor einer Bank stehen. „Danke, dass sie sich um mich kümmern“, sagte sie und klang dabei wirklich glücklich und dankbar.
„Sie sahen da drin so verloren aus und haben mir leid getan“, erklärte ich ihr. Auch wenn das längst nicht alles war. Zwar konnte ich es wirklich nicht ertragen sie traurig zu sehen, aber ihre Gesellschaft war erfrischend und das angenehmste, was ich in den letzten Jahrhunderten erlebt hatte.

„Katerina wollte mit mir Federball spielen, aber da Klaus endlich Zeit für sie hatte, wollte sie den Tag mit ihm verbringen“, erklärte sie mir.
Genau gesagt hatte Klaus vor, Katerina endgültig an ihn zu binden, indem er sie verführen wollte. Er war der Meinung, dass wenn sie ihm blind vor Liebe folgen würde, sie alles für ihn tun würde.
Wahrscheinlich hatte er da gar nicht so Unrecht.
„Sie hatte es nicht gesagt, aber ich hatte es gewusst. Er hat wenig Zeit für sie.“
Klar, er wollte zwar etwas von ihr, aber das war nicht wirklich ihre Liebe. Zumindest wollte er sie nicht dauerhaft. Deswegen machte er ihr auch nicht zu sehr Hoffnungen, aber für eine Frau war so etwas leidvoll.
„Weil Klaus nun mal nach eigenen Regeln lebt.“ Ich versuchte ihr etwas zu übermitteln. Genau wusste ich auch nicht was. Aber ich wollte ihr irgendwie klar machen, dass Klaus nicht die Regel war. Das ich ihr sowas nie antun würde.
Würde ich nicht?
Nein, auf keinen Fall würde ich ihr falsche Hoffnungen machen.
„Er ist wirklich charmant. Ich schätze kaum eine Frau kann ihm widerstehen, meine Schwester anscheinend auch nicht.“
Sie schien frustriert zu sein und ich hoffte inständig, dass ihre distanzierte Art ihm gegenüber wirklich so gemeint war.
„Und doch?“, harkte ich nach.
„Ich versteh nicht warum er um sie wirbt, sie scheint ihm doch vollkommen egal zu sein.“

Ich versuchte mir nicht anmerken zu lassen, wie Recht sie damit hatte.
„Manche Verbindung basiert auf sehr viel weniger.“
Meine Aussage konnte sie gut auf unsere Zeit beziehen. Wann entstand eine Ehe oder Verbindung schon aus Liebe.
Wir Vampire waren da noch die Ehesten die darauf hoffen konnten, weil wir einfach eine bestimmte Unabhängigkeit hatten, die Menschen nicht besaßen.
„Ist es falsch mehr zu wollen?“, fragte sie nach und wieder beschlich mich eine Angst. Doch ich wusste sie nicht genau zuzuordnen.
Sie zu verlieren?
Aber es war nicht so, dass sie mir gehörte.
„Gibt es denn mehr zwischen Katerina und Trevor? Oder haben sie Jemanden gefunden, dem sie mehr Aufmerksamkeit schenken, als ihm zu verraten wie das Buch heißt, welches sie zurzeit lesen?“
Das war es.
Ich wollte wirklich eine Antwort auf meine Frage, auf meine letzte Frage.
Schenkte sie Jemandem mehr Aufmerksamkeit als mir?
Der Gedanke war die reinste Quälerei.
„Trevor ist in meine Schwester verliebt, das weiß wohl jeder. Aber wahre Liebe ist erst echt, wenn sie erwidert wird. Denken sie nicht?“, fragte sie wieder nach.

Mir kam der Gedanke an meine Eltern und an meine Geschwister.
Wir hatten beschlossen, dass wir uns Liebe nicht leisten konnten.
„Ich glaube nicht an die Liebe, Helena“, erklärte ich ihr und versuchte meine Gefühle abzustellen.
Alles was ich für sie empfand, das durfte ich nicht.
Diese Liebe, ich war mir jetzt sicher, dass es das war, durfte nicht zu meinem Herzen vordringen.
Aufgrund unseres Vaters hatten Klaus, Rebekah und ich uns festgelegt Niemanden an uns so heranzulassen, damit uns eine Trennung nicht zerbrechen könnte.
Es gab nur uns drei.
„Das ist zu traurig, um es zu akzeptieren, my Lord. Das Leben ist zu grausam und wenn wir nicht an die Liebe glauben, wofür sollten wir dann leben?“, fragte sie nach und irgendwie schien mir ihre Aussage seltsam logisch.
Nachdenklich betrachtete ich sie und die Wärme die ich bei ihr spürte, sie ließ sich nicht abstellen.
Liebe.
Wenn es so etwas gab, wenn ich mir vorstellen sollte, wie es sein könnte, dann waren es die Wärme und der Frieden, die ich in ihrer Gegenwart spürte.
Sollte ich mir etwas unter Liebe vorstellen, dann war es das Bild von ihr.
Ob ich es wollte oder nicht, ich machte mir so viele Gedanken um sie, dass sie unabsichtlich zu dem Mittelpunkt meines Lebens geworden war.
Liebe und Leben.
Beides war wirklich sehr eng miteinander verknüpft.
Ein Wind kam auf und ich bemerkte wie Helena leicht zitterte und eine Gänsehaut bekam.
Automatisch reichte ich ihr wieder meine Hand. „Kommen sie, ihnen ist kalt. Wir sollten wieder rein gehen.“
Zögernd legte sie zum ersten Mal freiwillig ihre Hand in meine, obwohl sie sich sonst nicht mal bei mir einharken wollte.
Ich hörte wie ihr Herz höher schlug und sah in ihre Augen, in denen zum ersten Mal Vertrauen lag.
Sollte ich es wagen sie zu lieben?
Konnte ich das?
Durfte ich das?
Auf einmal schien mir alles andere, außer diesen Fragen, bedeutungslos.
Alles war bedeutungslos, bis auf sie.
Rückblick Ende



Kapitel 33: Wärme




„Am größten ist eine Liebe dann, wenn sie unsere Seele anrührt und uns nach dem Besten streben lässt. Dann entfacht sie ein Feuer in unseren Herzen und bringt Frieden in unsere Seelen.“ (Wie ein einziger Tag)


Elijahs Sicht:
Rückblick
Auch wenn ich wusste, dass es falsch war, dass mir diese Dummheit womöglich noch das Genick brechen würde, konnte ich es nicht lassen ihre Nähe zu suchen.
Helena hatte etwas an sich, das mich beruhigte und mir Wärme schenkte.
Es war als wäre ich in einer Hülle vollkommenen Friedens, wenn ich bei ihr war.
Probleme wurden nebensächlich und all die Dinge, die ich sonst geschätzt hatte verblassten neben ihr.
Dabei war es nicht mal ihre unvergleichliche Schönheit, die mich schon damals an Tatia fasziniert hatte und mich zu ihr hinzog.
Sie war anders und bei ihr zu sein erschien mir fast schon wie eine Sucht.
Nie hatte ich die Geborgenheit bei einem anderen Menschen so deutlich gespürt wie in ihrer Nähe.
Mit Tatia hatten wir wenig Zeit verbringen können, wie alle anderen auch hatten wir sie weitestgehend aus der Ferne geliebt.
Nur zu besonderen Anlässen konnten wir mehr als ein paar Worte mit ihr wechseln.
Eigentlich hatten sich die Sitten diesbezüglich bis heute nicht viel geändert, doch Helena lebte mit ihrer Schwester hier, was mir die Möglichkeit gab, ihre Nähe zu suchen und sie kennenzulernen.

Das aber brachte mich in einen Teufelskreis.
Je näher ich sie kennenlernte, desto mehr ich von ihr sah, umso mehr gefiel sie mir und ich konnte sie nicht länger als Doppelgängerin von Tatia sehen.
Ich konnte nicht sagen, ob ich sie jemals so betrachtet hatte, wie es eigentlich der Fall sein sollte.
Ich wusste sie zu unterscheiden und das war mein größter Fluch.
Denn ich sehnte mich nach Helena.
Nach Helena!
Ich hegte nicht den Wunsch, dass sie Tatia war, ich fand es genau so wie es war in Ordnung.
Das Schlimmste daran war, dass ich mich nicht mehr dagegen wehren konnte.
Meine Gefühle hatten mich so korrumpiert, dass ich nicht mehr von ihr getrennt sein wollte und dass ich die Liebe, die ich zu ihr empfand, nicht mehr bekämpfen wollte.
Sie leuchtete in meinem Inneren und brannte dort wie ein Feuer.

Aus diesem Grund zog es mich auch heute wieder in die Bibliothek und nicht wie sonst wegen der Bücher.
Sogleich fand ich dort auch den Ursprung meiner Unruhe. Helena saß auf einem Sofa und war in ein Buch vertieft.
Eine Decke war um sie geschlungen, die Kälte des Herbstes war also auch schon in die Burg gekrochen.
Ich beauftragte einen Dienstboten uns Tee zu machen und den Kamin in diesem Raum, der sich bei den Sitzgelegenheiten befand, zu entzünden.
Um sie nicht ganz zu erschrecken, bemühte ich mich nicht so leise mit meinen Schritten zu sein wie sonst im Normalfall.
Tatsächlich registrierte sie mich so, bevor ich sie ansprach und ihr Gesicht erhellte sich, als sie mich sah.
Ich war glücklich, dass meine Anwesenheit ihr Freude bereitete.
„Darf ich ihnen Gesellschaft leisten?“, fragte ich und lächelte sie freundlich an.

Lächelnd schüttelte sie den Kopf.
Auch ich erkannte die Komik darin, schließlich war ich Lord und sie war hier nur zu Gast.
Es bedeutete, dass ich keinem Rechenschaft schuldig war, höchstens meinem Bruder, aber ich behielt die Höflichkeit, die ich gelehrt wurden war, bei.
„Sie dürfen“, meinte sie und ich nahm mir ein Buch, das ich noch hatte lesen wollen und setzte mich zu ihr.
Meine Unruhe war bereits wieder verschwunden und das bekannte Gefühl von Wärme machte sich dank Helena in mir breit.
Ohne dass sie es bemerkte sah ich zu hier herüber und sah, wie sie konzentriert ihr Buch las.
Dabei hatte sich eine kleine Falte zwischen ihren Augen gebildet.
Mir fiel auf, dass ich noch nie so konzentriert gesehen hatte.
„My Lord, ganz ehrlich, es fällt mir schwer zu lesen, wenn ich dabei ihren Blick auf mir spüre“, sagte sie ehrlich und sah zu mir auf.

Auffordernd sah sie mich an und ich wusste, dass ich jetzt entweder die Möglichkeit hatte mein Buch zu lesen oder mich zu erklären.
„Entschuldigen sie, Helena. Es ist nur sie sind für mich sehr…“ Ich suchte nach dem Wort das ihr gerecht wurde, aber keines erschien mir passend.
Deswegen wählte ich eines aus, das meine Gefühle für sie zumindest etwas beschrieb.
„…faszinierend.“
Helena zog eine Augenbraue hoch und legte den Kopf schief, als versuchte sie mich genauso zu ergründen, wie ich es zu weilen tat.
Sie lächelte zaghaft und wollte gerade etwas sagen, als ein Diener mit einem Tablett hereinkam.
Er stellte es auf den Tisch ab und machte sich dann daran Feuer zu machen.
Ich goss uns beiden einen Tee ein.
„Damit sie auch mal einen Tee bekommen der schmeckt“, erwiderte ich und kopfschüttelnd legte sie das Buch weg, lehnte sich dann vor und lächelte mich an.

„Mit Milch und ohne Zucker, ich mag keinen Zucker“, erklärte sie, als ich fragend den Becher hochhielt.
Kein Zucker, das war, soweit ich das einschätzen konnte, für eine Frau eher ungewöhnlich.
Ich erinnerte mich daran, dass Rebekah drei Löffel Zucker genommen hatte, wobei mir der Tee mit bereits einem Löffel zu süß vorgekommen war.
Meine Mutter hatte ihn auch mit zwei Löffeln Zucker getrunken.
Ich reichte ihr die Tasse, an der sie sich klammerte wie eine Ertrunkene, weswegen ich belustigt eine Augenbraue hob.
„Er ist schön warm“, versuchte sie schulterzuckend zu rechtfertigen, aber trotzdem zierte ein Rotschimmer ihre Wangen.
Es gefiel mir unglaublich gut sie in Verlegenheit zu bringen, zu gut.
Dabei war das nicht meine Art, ich versuchte eigentlich immer höflich zu bleiben, selbst wenn mich manchmal mein Zorn überwältigte.

Ich schaute zu dem Kamin, der nun bereits entzündet war und den Raum langsam mit Wärme füllte.
Natürlich spürte ich auch diese Art von Wärme, aber sie machte mir nicht wirklich etwas aus, ganz im Gegensatz zu einem Menschen.
Ich blickte zu Helena und ich wünschte mir auf einmal, dass sie nicht so zerbrechlich und schwach war, damit ich sie nicht einfach wieder verlieren würde.
Denn durch sie spürte ich Wärme, wenn es auch nicht die der Sonne oder des Feuers war.
„Danke, dass ihr euch um mich kümmert.“
Sanft lächelte sie und sah bei ihren Worten in den Tee.
Kümmern…
Das ist es was Klaus mir aufgetragen hatte.
Aber so konnte ich es nicht beschreiben, denn das wurde dem nicht gerecht und es war schlicht und ergreifend eine Lüge.
„Helena“, fing ich an und schon wieder suchte ich nach den richtigen Worten.
Wieso war das bei ihr so unglaublich schwer?

Sie sah auf zu mir und schaute mir erwartungsvoll in die Augen.
Ihre Augen waren anders als Tatias.
Sie waren warm und freundlich, dieses Mädchen war so sanft, dass ich Angst hatte, sie könnte zerbrechen, wenn man sie zu fest packte.
Tatia war anders gewesen, stärker, selbstsicherer, nicht üblich für diese Zeit, aber sie hatte uns vor allem mit ihrer Schönheit fasziniert.
„Mich um euch zu kümmern ist nur ein Nebeneffekt.“
Ihre Augen weiteten sich erstaunt. Natürlich, hatte ich ihr nicht noch letztes gesagt, dass ich nicht an die Liebe glaubte.
Aber sie ließ mich sowieso alles vergessen, auch meist meine Höflichkeit.
„Ich bin gern in eurer Nähe“, gab ich zu und sie schien immer noch erstaunt, doch dann lächelte sie mich an.

Wieder ziert ein sanftes Rot ihre Wangen und sie setzte sich nach hinten.
Trotzdem lächelte sie mich an und sagt: „Mir geht es genauso.“
Das Rot vertieft sich noch weiter und ich fand, dass es ihr gut stand. Nie hatte es für mich ein Mädchen gegeben, dem diese Farbe besser stand.
Vorsichtig nippte sie an dem Tee und ich merkte wie sie versuchte ihr Gesicht zu verstecken und sich ganz klein zu machen.
Wieso gefiel mir ihre schüchterne und zurückhaltende Art nur so sehr?
Wieso schien mir alles an ihr zu gefallen?
Liebte ich sie wirklich schon so sehr, dass ich nicht mehr klar sehen konnte?
Nein, das war echt.
Sie schien wirklich so perfekt zu sein oder war ich der Einzige der es bemerkte?
Ich trank meinen Tee und suchte darin nach Ruhe.
Rückblick Ende



Kapitel 34: Lächerlich





„Durch nichts bezeichnen die Menschen mehr ihren Charakter, als durch das, was sie lächerlich finden.“ (Johann Wolfgang von Goethe)

Klaus Sicht:
Rückblick
„Der Mondstein ist hier in England, daran gibt es gar keinen Zweifel. Die Gerüchte kochten deswegen über“, berichtete mir Elijah.
„Aber wir bekommen ihn trotzdem nicht, zumindest nicht so schnell.
Ich hab zwar alle, die wir entbehren konnten darauf angesetzt, aber es wird trotzdem nicht so schnell klappen.
Es ist unwahrscheinlich, dass wir den Mondstein noch bis zum Vollmond bekommen.“
Vollmond war in einer Woche, nun ich hatte noch nicht alles zusammen, aber es würde keine eintausend Jahre mehr dauern, also hielt ich einen Monat mehr getrost aus.
Außerdem war Katerina eine vorzügliche Gesellschaft, sie war aufgeschlossen und verstand es Spaß zu haben. Es gab auch unangenehmere Gesellschaften.
Die schweigsame Helena, die ich meinen Bruder aufgedrückt hatte, würde mir nicht so gut gefallen.

Ich sah aus dem Fenster und bemerkte die Diener, die mehr als sonst da unten herumliefen und alles fertig machten.
„Für das Fest ist alles vorbereitet?“, fragte ich nach, obwohl ich wusste, dass es unnötig gewesen ist.
Elijah regelte alles, nie enttäuschte er mich und meistens war er Allem sogar einen Schritt voraus.
„Natürlich“, bestätigte er und dann sah ich etwas, das mich verwunderte, weswegen ich die Stirn runzelte.
„Wo ist Helena schon wieder gewesen?“
Meine Stimme war aufgebracht, wieso musste sie nur so eine Neigung dazu haben abzuhauen, nur um irgendwo zu spazieren?
Kein anderes Mädchen stand auf solche Wanderungen, wie sie es tat.
„Chorprobe, da ist sie öfters.
Ich hab ihr eine Wache und eine Anstandsdame mitgegeben.“
Wie gesagt, Elijah war immer einen Schritt voraus.

Doch dann zwang sich mir der Gedanke auf, dass Helena in solchen Dingen sehr ablehnend war.
Sie wollte nicht einmal hier bleiben, ohne dass ich sie wirklich dazu überredete.
Wie hatte sie das so einfach zugelassen oder hatte Elijah sie manipuliert?
Denkbar und auch die einfachste Lösung.
„Das hat sie sich gefallen lassen?“
„Ich hab ihr gesagt, dass ich mich um sie sorgen würde, wenn ihr etwas passiert.“
Verwundert runzelte ich die Stirn.
Hatte er das?
„Ja, sowas wollen Mädchen hören.
Die Frage ist tust du das wirklich?“
Genau sah ich meinen Bruder an um auch seine Reaktion mitzubekommen, aber seine Emotionen waren wieder einmal nicht zu lesen.
„Natürlich, ihr darf nichts geschehen.
Nicht bis zu dem Ritual.“
Zustimmend nickte ich.
Das war allerdings richtig. Ihr durfte auf keinen Fall etwas geschehen.

Katerina lief ihrer Schwester entgegen und nahm fröhlich ihre Schwester in Empfang.
Sie beide waren wichtig, zumindest noch.
Als sie irgendein Klatschspiel begannen, wandte ich meinen Blick von ihnen ab.
Sie waren eben doch noch kleine Kinder, die man nicht zu ernst nehmen sollte.
Dann kam in mir eine Frage auf, die ich bisher noch zurückgestellt hatte, da sie mir nicht wirklich wichtig erschien.
„Katerina hatte mir erzählt, dass sich Helena verletzt hat.
Was ist passiert?“, fragte ich nach und schaute doch wieder nach unten, wo die beiden anscheinend fangen spielten.
So etwas Dämliches, Einfältiges und Lächerliches.
„Sie hatte sich den Fuß gebrochen, aber ich hab ihr den Ausmaß ihrer Verletzung verschwiegen und ihr einen Tee mit meinem Blut versetzt gegeben.
Am nächsten Tag war natürlich alles wieder in Ordnung.“

Natürlich war es das.
Aber ein Risiko war es dennoch, wieso also dieser großer Aufwand.
„Du scheinst dir viel aus dem Mädchen zu machen, wenn du dir solche Mühe gibst“, sprach ich beiläufig an, aber Elijah versteifte sich und schwieg zu dem Thema.
Ich sah ihn an und fragte mich, ob er sie zu nah an sich heran ließ, ob er sie mit Tatia verwechselte, was er nicht wagen sollte.
Sie war unsere Schwäche und sowas konnten wir nicht noch einmal zulassen, sie hatte uns damals beide beinah zerstört und uns auseinander gebracht.
Ich hörte wie unten die schwere Tür aufging und das Kichern zeigte mir, das die Doppelgängerinnen hier waren.
Deswegen ließ ich das Thema fallen und wartete nicht auf eine Antwort seitens Elijah.

Wir gingen den Gang entlang und kamen zur Treppe, die wir zu den Zwillingen hinunter schritten.
Als sie uns sahen hatte ihre Toberei ein sofortiges Ende.
Katerina strahlte mich an, wie sie es immer tat. Durch die Kälte draußen und ihrem aufgeregtem Herumgealbere waren ihre Wangen gerötet.
Ich schaute zu Helena, die wie immer ausgezeichnete Manieren zeigte und einen Knicks in meine Richtung machte, aber sich wie immer schnell von mir abwandte.
Dabei bemerkte ich den Blickwechsel zwischen ihr und meinen Bruder, der mich stutzig werden ließ.
Sie lächelten sich beide zaghaft an und es schien mir als wären sie für sich allein.
Helena registrierte den Blick ihrer Schwester, schluckte und wandte sich ihr zu.
„Ich werde spazieren gehen, bis später.“
Wieder machte sie einen Knicks und wollte nach draußen verschwinden.
Elijah warf mir einen kurzen Blick zu und eilte ihr dann hinterher.

„Erlaubt ihr mir, dass ich mich ihnen anschließe?“, fragte er höflich und ich musste zugeben, dass ich überrascht war, dass diese Höflichkeit zwischen ihnen noch bestand, wo ihre Blicke doch etwas ganz anderes aussagten.
Aber das war gut, dann waren sie sich über die Gefühle des Anderen vielleicht noch nicht im Klaren oder noch besser, sie wussten es selber nicht.
Helena lachte leicht, was Elijah mit einem Lächeln erwiderte.
Ich erkannte nicht wirklich was daran nur so witzig sein sollte.
Aber Helena kicherte mit vorgehaltener Hand und nickte meinem Bruder zu.
„Ich erlaube es“, sagte sie und es klang irgendwie sehr übertrieben, was meinen Bruder aber nur noch mehr lächeln ließ.
Wo war da bitteschön der Scherz versteckt?
Sie harkte sich bei ihm unter und die beiden verschwanden nach draußen.

Weiter hörte ich nichts von ihnen, deswegen wandte ich mich wieder Katerina zu.
Allerdings würde ich das erstmal in der nächsten Zeit im Auge behalten.
Katerina sah den Beiden nachdenklich hinterher, anscheinend hatte sie die beiden ebenfalls beobachtet, weswegen ihr meine fehlende Aufmerksamkeit ihr gegenüber, nicht aufgefallen war.
Gut so.
Im Gegensatz zu mir schien sie aber nicht besorgt zu sein, sondern eher glücklich über diese Ereignisse.
Das Gefühl konnte ich beim besten Willen nicht mit ihr teilen.
Liebe ist die größte Schwäche, die wir Vampire haben, denn sie sorgt dafür, dass uns unsere Gefühle überrollen können, das war nichts was wir anstreben sollten.

„Katerina, wollen wir zusammen einen Tee trinken?“, fragte ich, da die Uhrzeit dieses Ereignis gerade gestattet und ich wusste, dass sie sich über Gesellschaft freute.
Sofort strahlte sie mich an, wie leicht kleine Mädchen doch zu beeinflussen waren und wie schnell man ihnen eine Freude machen konnte.
Ich bot ihr meinen Arm an und sie harkte sich sogleich bei ihr unter.
„Sehr gerne“, flüsterte sie und sah mich glücklich an.
Mein Glück war es, das Liebe anscheinend auch Blindheit mit sich brachte.
Zumindest in ihrem Fall war es wahrlich ein Segen.
Mir würde das nicht geschehen, aber bei Elijah machte ich mir Sorgen, er könnte Helena verfallen und dann irgendeine Dummheit begehen.
Sie war ein Mensch, natürlich ein Doppelgänger, aber sobald der Fluch von mir war, würde sie einfach nur bedeutungslos sein.
Ein kleines Mädchen mit hübschem Gesicht, mehr würde sie nicht sein.
Liebe war genauso wie diese Kinderspiele, noch etwas Lächerliches, was die Welt nicht brauchte, zumindest unsere Welt sollte davon verschont werden.
Rückblick Ende



Kapitel 35: Der Kuss




„Ein Kuss klingt nicht so laut wie eine Kanone. Aber das Echo lebt länger.“ (Oliver Wendell Holmes)



Elijahs Sicht:
Rückblick
Mit Helena an meiner Seite sah ich die Welt auf einmal ganz anders als vorher.
Sie erschien mir irgendwie… schöner, lebenswerter.
Natürlich wusste ich, dass die Welt sich nicht wirklich verändert hatte, sonders dass es meine Sichtweise war, die nun anders war.
Zusammen entfernten wir uns von dem Anwesen der Burg, sodass wir schon bald aus der Sichtweite der Angestellten waren.
Ich verstärkte den Druck um Helenas Arm und hielt an, weswegen sie es auch tun musste.
Fragend sah sie mich an.
„Wo wollen sie hin?“, fragte ich und sah ihr dabei in die Augen.
Sie wurde nicht wirklich nervös, aber sie zögerte und ich schloss daraus, dass sie selbst nicht wirklich darüber nachgedacht hatte.

Etwas hilflos deutete sie in Richtung Norden.
„In den Wald, dort war ich noch nicht“, meinte sie und ich musste lächeln.
Ich nahm ihre Hand in meine und küsste sie zärtlich. Ziemlich verblüfft sah sie mir in die Augen.
„Ein anderes Mal, Helena.
Ich will ihnen und ihrer Familie keinen Schaden zufügen.“
In ihren Augen erkannte ich, dass sie verstanden hatte, was ich damit meinte.
„Das würde nicht passieren, es gibt keine Familie mehr die ich habe, außer Katerina“, erklärte sie und konnte dabei den Schmerz in ihrer Stimme nicht verschleiern.
Sanft strich ich über ihre Hand, auch wenn ich ihr lieber über die Wange streichen würde, um sie zu trösten.
„Helena, ich weiß, dass sie es trotzdem noch haben und das will ich ihnen nicht nehmen.
Zumindest nicht so.
Wenn, dann will ich sie für immer bei mir haben.“

Ich merkte wie sie den Atem anhielt und mich unverändert verblüfft ansah, bis ich beschloss sie aus ihrer Starre zu befreien.
„Das ist nicht gesund, was sie tun.
Bitte atmen sie“, bat ich sie und eine sanfte Röte legte sich auf ihren Wangen, die sie nur noch bezaubernder machte.
Ich zog sie näher zu mir und suchte einen neuen Weg aus, den wir gehen konnten, wo die Leute einen guten Blick auf uns hatten, sodass ich ihren Ruf unbefleckt lassen konnte.
Mir kam ein Gedanke, der sich nicht verdrängen ließ, seit sie ihn angesprochen hatte.
„Würden sie mir etwas über ihre Familie erzählen?“ Auf ihren fragenden Blick, fügte ich schnell hinzu: „Nur, wenn es ihnen nichts ausmacht, natürlich.“
Sie atmete noch einmal tief durch, so als müsste sie sich sammeln.
„Ich habe zwar nur eine Schwester, aber dafür vier Brüder.“
Überrascht sah ich sie an. Vier. Sechs Kinder waren nicht ungewöhnlich, aber es erinnerte mich sogleich an meine eigene Familie, auch ich hatte vier Brüder und eine Schwester.
Auch wenn es in ihrer Familie ein Mädchen mehr gab und sie war die jüngste. Ich war dankbar darum, dass es so war.

„Einen jüngeren Bruder, namens David. Er ist dreizehn Jahre alt und müsste bald vierzehn werden, der den ganzen Tag bei den Pferden verbringen könnte, ohne dass ihm langweilig werden würde.
Christoph war derjenige, der immer im Wald war und dort Bäume gefällt hat. Er hat Holz gehackt und Katerina und David waren in seiner Nähe, bei den Pferden. Er war ebenfalls älter als ich, da ich die zweitjüngste in der Familie bin.“
Es erinnerte mich daran, wie jung sie eigentlich war.
Nicht nur im Gegensatz zu einem Vampir, sondern auch als Mensch, war sie gerade mal eine junge Frau.
Natürlich schon im heiratsfähigen Alter, das war man schon mit dreizehn und doch war sie noch ein Kind, das man viel zu früh zu einer Erwachsenen erzogen hatte.
„Philipp und Gabriel, sie waren diejenigen mit denen ich am meisten Zeit verbracht hatte.
Sie haben immer viel trainiert und wir hatten uns gegenseitig bei unseren Pflichten geholfen.
Philipp war mir ziemlich ähnlich, er hat mir das Lesen beigebracht und Schach zu spielen. Wir haben abends Stunden lang im Schweigen miteinander verbracht.
Gabriel war so etwas wie mein persönlicher Engel, zumindest schien es mir immer so. Er hat mir bei allem geholfen, mich aufgebaut und getröstet. Es war als würde er immer die richtigen Worte für mich finden.“

Sie hatten ihnen nah gestanden, ihren ältesten Brüdern hatte sie näher gestanden, als ihren jüngeren, auch wenn ich an ihrer Stimmlage merkte, dass sie sie ebenso geliebt hatte.
„Katerina und ich waren so unterschiedlich, wie wir es auch jetzt noch sind, und doch wussten wir immer was die Andere dachte und fühlten mit ihr.
Nie hatte ich jemanden besser verstanden als sie und sie war mir immer das Wichtigste, obwohl wir kaum etwas gemeinsam haben.
Sie ist nun mal meine…“
Helena stoppte und runzelte die Stirn, ihr Blick glitt zu Boden und sie versuchte es irgendwie zu erklären.
„…Schwester“, vollendete ich ihren angefangen Satz.
„Zwillingsschwester.“ Sie sagte es, als hätte es eine ganz andere Bedeutung, zumindest für sie. „Und ich brauche sie auf eine Art, wie kein anderer Mensch sie ersetzen kann.
Sie ist einfach, ein Teil von mir.“

Ein Teil von ihr.
Ich dachte an Klaus oder Rebekah und fand dort zwar tiefe geschwisterliche Gefühle für sie, aber sie als einen Teil von mir zu sehen, ohne den ich nicht eins wäre, das konnte ich mir nicht vorstellen.
Wenn es einen fehlenden Teil zu meiner Seele gab, dann war es Helena.
„Das klingt verrückt, oder?“, fragte sie und verdrehte über sich selbst die Augen.
„Nein, es klingt wunderschön“, gab ich zu und es wäre schön so etwas zu fühlen. Zaghaft lächelte sie mich an und dann fiel mir auf, dass ich so etwas fühlte, nur eben nicht bei meinen Geschwistern, sondern bei ihr.
„Was ist mit ihren Eltern?“, fragte ich weiter nach.
Ich spürte wie sich ihr Körper an meiner Seite verkrampfte und ich wünschte mir in diesem Moment, dass ich nicht nachgefragt hätte.
„Mein Vater war… streng und schwierig.“ Sie wählte ihre Worte bedacht und es gab wohl noch einiges mehr zu sagen, aber sie sprach es nicht aus, sondern schluckte es herunter.
Dann lächelte sie sanft und ihr Gesicht erhellte sich bei ihren nächsten Worten.
„Meine Mutter war einfach nur wundervoll. Sie war sanft, liebevoll, fürsorglich, mitfühlend und egal was man tat, sie war für einen da. Ihre größte und stärkste Eigenschaft war es ihre Kinder alle gleichermaßen, unwiderruflich und bedingungslos zu lieben.
Meiner Meinung gibt es keinen besseren Menschen als sie.“

Ansichtssache.
Allerdings schien sie eine tolle Mutter zu haben, auch war es unsere gewesen.
Mutter war besser gewesen als Vater, das hatten wir alle gewusst und auch so gesehen und doch hatte sie sich selten gegen ihn durchsetzen können.
Aber sie hatte uns so sehr geliebt, dass sie uns in Vampire verwandelt hatte.
„Was ist geschehen, dass sie von ihnen in der Vergangenheit reden und nicht mehr ihre Familie sind.
Es hört sich nicht wirklich an, als wären sie tot.“
Mehr als hätte sie etwas auseinander getrieben, aber was gab ihnen Anlass sich von ihrer Familie zu trennen?
Das machte keiner, schon gar nicht zwei junge Mädchen.
„Ich hätte es nicht tun müssen, aber ich habe mich dafür entschieden.
Es war meine Wahl, Katerina zu begleiten. Ich hätte nicht gehen müssen, aber sie…“
Ich verstand es, auch ohne dass sie die Erklärung beendete und jetzt wusste ich auch, warum es keine Rolle mehr für sie spielte, wenn wir allein gesehen werden würden.
Auf einmal war es mir so klar, was Katerina getan haben musste und ich konnte es mir wahrlich vorstellen.
Es erklärte so einiges und es machte sie blind.
Sie suchte so sehr nach Liebe, dass sie nicht sah welche Gefahr sie bereits umschlossen hatte.

Aber wenn ich zu Helena hinunterblickte, sie war so rein und unschuldig, wie ein Kind es nur sein konnte und ich wollte es ihr nicht einfach unehrenhaft nehmen.
Sie hatte mehr als das verdient, so viel mehr, wahrscheinlich mehr als ich ihr geben konnte, aber ich war zu egoistisch, um sie gehen zu lassen.
Für mich würde sowieso nie jemand gut genug für sie sein.
Wir machten uns wieder auf den Rückweg, zu der Burg, da es langsam dunkel wurde.
„Was ist mit ihrer Familie, würden sie mir etwas von ihr erzählen?“, fragte sie mich und sah mir nun neugierig in die Augen.
Nun, ich nehme an, das wäre jetzt nur fair.
„Meine Mutter brachte sieben Kinder auf die Welt.
Eines starb wirklich sehr früh.
Henrik wurde umgebracht, er war noch sehr jung.
Finn ist auch tot.“ Gut, zumindest irgendwie.
Helena sah mich entsetzt an und ich musste meine Worte wohl falsch gewählten haben.
„Es tut mir leid für sie“, sagte sie. Natürlich, sie war eine so mitfühlende Person, das niemand der sie etwas kannte, darüber überrascht sein würde.
„Schon gut. Aber Klaus lebt noch, ihn kennen sie bereits und dann sind da noch Kol und Rebekah, sie werden sie bald kennenlernen. Ich werde sie ihnen vorstellen“, versprach ich ihr.

Irgendwie musste ich Klaus nur noch begreifbar machen, wie wichtig Helena mir war und zwar ohne dass er auf den Gedanken kam, dass sie meine Schwäche bedeutete und er ihr etwas antat.
Sie war zwar ein Doppelgänger, aber es gab noch Katerina.
Zwar wäre es Helenas Verlust, aber es war nicht mal eine wirkliche Wahl, es gab kein Vergleich.
Auch in diesem Fall war ich selbstsüchtig genug, sie nicht sterben zu lassen.
„Was ist mit ihrer Mutter und ihrem Vater?“, fragte sie nach und ich konnte mir ein knappes Lächeln nicht verkneifen, als ich merkte wie ähnlich diese Situation ihrer wieder war.
„Mein Vater ist wohl… nunja, wie ihrer, schätze ich.
Meine Mutter hat uns sehr geliebt, aber sie starb schon vor einer Weile.“ Durch die Schuld meines Vaters.
Ich hoffte nicht, dass Helenas Vater ebenfalls so grausam war.
Unser Gespräch fand ein Ende, als wir uns Klaus und Katerina zum Abendessen anschlossen und wir schwiegen beide, wie auch sonst üblich, wohingegen mein Bruder sich mit ihrer Schwester, wie immer über etwas, für mich unwichtiges unterhielt.

Ich begleitete Helena allerdings zu ihrem Zimmer, das sie sich mit ihrer Schwester teilte.
Nicht unter den Blicken meines Bruders zu sein und dazu auch noch mit ihr allein, war um einiges angenehmer.
„Ziehen ihr Bruder und ihre Schwester zu ihnen, dass sie hierher kommen?“, riss sie mich aus meinen Gedanken und kurz musste ich nachdenken, wie sie darauf kam. Aber dann fiel es mir wieder ein, dass ich sie den beiden vorstellen wollte.
„Nein, wir veranstalten ein Fest, zum Geburtstag unseres Bruders Kol, allerdings wird er nicht lange bleiben. Er lebt in Rom.“ Zurzeit zumindest.
Helena nickte verstehend und vor ihrer Tür bleiben wir stehen.
„Würden sie mir die Ehre erweisen, mich zu dem Fest zu begleiten?“, fragte ich höflich nach, aber etwas das mir auf der Seele lag und wichtig für mich war.
Sofort sah ich, wie sich wieder diese bezaubernde Röte auf ihre Wangen legte, aber sie nickte leicht und lächelte mich an.
Dieses Lächeln, das mir mehr gab, als sie sich träumen lassen konnte.
Meine Hand legte sich wie von selbst auf ihre Wange und ich kam ihr immer näher. Sie wusste eher was ich tat, als ich selbst.
Helena schloss ihre Augen und sanft legte ich meine Lippen auf ihre.
Nur einen Moment, ein paar Sekunden und doch brachen mehr Gefühle über mich ein, als ich in den letzten Jahrhunderten gefühlt hatte.
Der Kuss war so schnell vorbei und doch brannten meine Lippen wie Feuer und ich konnte in ihren Augen sehen, dass sie dasselbe fühlte.
„Danke“, flüsterte sie zaghaft und schüchtern wendete sie sich ab.
„Gute Nacht, Helena“, wünschte ich ihr, bevor sie verschwand und mich mit einem Gefühlschaos zurückließ, dass ich glaubte nicht bewältigen zu können und vor allem, das nicht so schnell verschwand.
Es verhallte weiterhin in mir und fesselte mich an dieses einzigartige Wesen.
Rückblick Ende



Kapitel 36: Familienbande




„Glückliche Familien sind alle gleich, jede unglückliche Familie ist auf ihre eigene Weise unglücklich.“ (Leo Tolstoy)




Klaus Sicht:
Rückblick
Etwas kam mir an Elijah komisch vor, wirklich sagen konnte ich nicht was es war, doch ich spürte es genau.
Es hatte sich etwas verändert, das sagte mir seine gelassene Art, wie er mit seinen Tätigkeiten umging und die angespannte Art, wenn er mit mir redete.
Ein Widerspruch lag darin, doch ich wusste ihn in keinster Weise zuzuordnen.
Möglicherweise lag es nur daran, dass Rebekah und Kol jeden Moment kommen sollten, doch etwas in mir ließ mich daran zweifeln.
Vielleicht sollte ich Rebekah damit beauftragen es heraus zu finden, sie verstanden sich auf eine besondere Weise.
Rebekah hatte zu uns allen einen guten Draht und wir zu ihr.
Unser Verhältnis zu ihr war anders, als unser Verhältnis untereinander.
Das lag höchstwahrscheinlich daran, dass sie ein Mädchen oder auch Frau war und dass Frauen eine Macht besaßen, die wir oft nicht nachvollziehen konnten.

Ich wusste dass die Lösung für das Rätsel um Elijah direkt vor mir lag, doch ich konnte sie nicht erfassen.
Es blieb mir einfach verborgen.
Ein Diener verbeugte sich vor mir und kündigte mir die Ankunft meiner beiden Geschwister an.
Meist reiste Rebekah mit uns, aber ein paar Jahre wollte sie lieber mit Kol in Italien verbringen um dort die Sonne zu genießen, die sie hier vermisste.
In manchen Punkten war sie eben ein verwöhntes, kleines Mädchen, obwohl ich es ihr nie sagen würde, aus Respekt gegenüber ihrem Temperament.
Elijah wartete bereits am Eingang, als ich mich zu ihm gesellte.
Sobald Rebekah aus der Kutsche ausstieg, kam sie wirklich zu uns gelaufen und fiel uns gleichzeitig in die Arme.
Sie küsste Elijah auf die Wange und umarmte mich danach fest. Nur kurz erwiderte ich ihre Geste und als sie das merkte, fiel sie noch einmal Elijah in die Arme, der sie bereitwillig an sich drückte.
Ich beobachtete Kol, der mit einem Grinsen auf uns zukam.
Er hatte immer dieses Lächeln auf dem Gesicht, was ich lieber nicht hinterfragen wollte, er war wohl einfach eine Frohnatur.
Es gab kaum etwas das ihn anders stimmen konnte, meist war dieses Gefühl mit einem anderen gekoppelt, aber nur absolut selten verging ihm sein Lachen.
Wut war eine Alternative, die man bei ihm lieber nicht hervorrufen sollte.

Er schüttelte sowohl meine, als auch Elijahs Hand, nachdem sich Rebekah von ihm wieder losreißen konnte.
„Ich hab von der Doppelgängerin gehört.
Sagt, wo ist sie?“, fragte Kol und klang dabei wirklich neugierig.
Es war wohl auch einfach eine Sensation, dass es ein Mädchen geben sollte, das so aussah wie Tatia oder noch besser, zwei, wovon er aber offensichtlich noch nichts wusste.
„Ihr werdet sie bei deiner Geburtstagsfeier sehen, glaubt mir, es wird euch überraschen.“
Bedeutungsvoll hob Rebekah eine Augenbraue und sah zu Kol, der darauf nur grinste.
„Eine Feier, wo es offiziell nur um mich geht?
Woher wusstet ihr nur, das mir das gefallen wird?“, fragte er grinsend und nun verdrehte unsere Schwester die Augen.
Wie viele selbstverliebte Sprüche sie sich wohl anhören musste, während sie bei ihm war.
„Wir kennen dich einfach, Kol“, sprach nun Elijah und wies nach drinnen.
Rebekah harkte sich bei Kol unter und sie traten in die Burg ein.
„Klar, Familiending, ich verstehe.“
Kols Worte waren leicht verächtlich, aber er beließ es.
Trotzdem war mir natürlich klar, dass er auf unseren Bruder Finn anspielte.
Aber das machte mir nichts, in dem Punkt würde ich eisern bleiben, bis die richtige Zeit dafür kommen würde.
Das verstanden sie nicht, aber es war einfach noch nicht soweit.
Während Kol und Elijah begannen Informationen auszutauschen, nahm ich Rebekah an die Seite.
„Können wir uns bitte unterhalten?“, fragte ich ernst und fragend sah sie mich an.
Sie zog eine Augenbraue nach oben und beäugte mich skeptisch.
„Hab ich denn eine Wahl?“, konterte sie und ein Lächeln über ihr feuriges Temperament, schlich sich auf mein Gesicht.
Eigentlich war ich nichts anderes von ihr gewohnt und doch schaffte sie es mich nach all den Jahrhunderten immer noch zu überraschen.
„Wohl nicht“, antwortete ich ihr ehrlich und führte sie weg, aus der Hörweite unserer Brüder.

„Ich möchte dich um einen Gefallen bitten.“
Ich wusste selbst wie absurd meine Worte klangen, aber Rebekah bestätigte mir das noch einmal, indem sie mich skeptisch ansah und spöttisch ihre Lippen kräuselte.
„Oh, natürlich. Als würdest du mich um einen Gefallen bitten, als würdest du überhaupt jemals bitten.“
Mir war selbst klar, wie abgedroschen das war.
„Ich verbessere mich, Schwester.
Ich gebe dir einen Auftrag, von dem du das Gefühl hast, dass du mir einen Gefallen tust, wenn du ihn erfüllst.“
Sie sah mir intensiv in die Augen und seufzte dann dramatisch, sie war wirklich sehr theatralisch veranlagt.
„Da kommen wir der Sache bereits näher.
Was willst du von mir, Nik?“, fragte sie mich direkt und ohne Umschweifen, was auch nicht ihre Art gewesen wäre.

Meist mied ich es Rebekah in die Dinge mit einzubeziehen.
Es war etwas anderes, als bei meinen Brüdern, sie war meine Schwester und meist hatte ich das Gefühl sie beschützen zu müssen.
Allerdings war dies eine Familienangelegenheit.
„Elijah benimmt sich eigenartig.
Ich möchte, dass du herausfindest, wieso er sich so verändert.“
Fragend sah sie mich an und ich war mir sicher, dass ihr die Veränderung noch nicht aufgefallen war.
Elijah war, wie wir alle, ein hervorragender Schauspieler.
„Beobachte ihn und du wirst merken, dass ich Recht habe.
Mal ist er ausgelassen und scheint ungewöhnlich glücklich und mit glücklich meine ich, verdammt fröhlich, natürlich auf seine zurückhaltende Art immer noch.
Dann ist er verkrampft und verschlossen.
Ein ziemliches Wechselbad der Gefühle.
Wenn du mich fragst, wie damals als du noch ein Mensch warst und uns einmal im Monat alle fertig gemacht hast.“

Schlimmer als sonst, versteht sich. Denn Rebekah war immer hitzköpfig und zeigte uns ihre Krallen, aber einmal im Monat war es besonders schlimm gewesen.
Natürlich verstand sie meine Anspielung, sah nun aber skeptisch und nachdenklich aus.
„Wenn ich es herausfinde und genau Bescheid weiß, sag ich dir womöglich was los ist.“
Wie bitte?
An ihrer Stimmlage erkannte ich, dass sie bereits eine Ahnung hatte.
Aber wie konnte sie es wagen, mir nicht eine konkrete Antwort deswegen zu geben?
Sie bemerkte meinen Blick und sah mich furchtlos an.
„Wenn es das ist, was ich vermute, dann geht es dich in keinster Weise etwas an und du wirst sowieso nichts dagegen tun können.
Ich denke ich werde mich jetzt hinlegen, es war eine lange Reise.“
Sie war im Beginn sich von mir abzuwenden, doch ich hielt sie auf, indem ich sie am Arm packte und sie in meine Richtung zog.
„Rebekah, ich meine es ernst“, sagte ich eiskalt und funkelte sie an.
Ohne Probleme riss sie sich von mir los und zögerte nicht meinen Blick ebenso intensiv zu erwidern.
„Und ich ebenfalls. Ich mische mich nicht in die Privatangelegenheiten meiner Brüder ein, wenn es mich nichts angeht und vor allem werde ich sie nicht an einen Anderen verraten.
Finde es allein raus, so schwer wird es sicher nicht sein.
Wenn ich mich nicht irre, ist es das urälteste was es auf der Welt gibt und sie zusammenhält, aber davon hast du ja keine Ahnung.“

Sprachlos ließ sie mich zurück und noch immer hatte ich keine Ahnung was sie überhaupt meinte.
Das Urälteste was es auf dieser Welt gab, waren die Menschen.
Rein theoretisch so viel man weiß.
Ich hatte absolut keinen Schimmer, was sie mir damit sagen wollte und das hatte sie auch noch beabsichtigt.
Manchmal verstand ich meine Schwester einfach nicht, ich verfluchte sie auch, wenn sie so stur war und so etwas tat.
Sie weigerte sich Tatsache mir zu helfen.
Dabei ging es doch auch um ihren Bruder, mit dem ganz eindeutig etwas nicht stimmte.
Unsere Familie war doch bereits kaputt, da sollten wir wenigen doch zusammenhalten.
War ihr das denn nicht klar?
Es könnte eine Sache sein, die unsere Familie vielleicht zerstören würde.
Von einem Mal zum anderen, war es passiert und ich konnte schwören, dass die Antwort vor mir lag und ich sie nur nicht sah.
Doch wo?
Wo war der Zusammenhang zwischen den letzten Ereignissen?
Es entzog sich einfach meinem Verständnisbereich, aber ich würde sicher nicht aufgeben und es herausfinden.
Rückblick Ende



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Und Gefällt euch die Geschichte ? Ich freue mich über Herzen und Kommentare .

Kapitel 37: Ich komm zurück zu dir




„Aus der tiefsten Sehnsucht entsteht oft der tödlichste Hass.“ (Sokrates)


Elijahs Sicht:
Es war mir wirklich ein Rätsel wie Menschen sich gegenseitig so etwas antun konnten und das meist auch noch aus einem banalen Grund.
Gut, in diesem Fall hatten die einen Menschen wirklich einen ehrenhaften Grund, aber die anderen sahen das sicher genauso.
Allerdings entzog es sich meiner Vorstellungskraft, warum sie nicht einsehen konnten, dass all das auch mal ein Ende haben musste und damit meinte ich nicht die Soldaten, die eigentlich am wenigsten dafür konnten.
Ich schlenderte über das verwüstete Schlachtfeld, wo alle hier Liegenden, egal woher sie kamen und wofür sie kämpften, eins gemeinsam hatten - sie würden zu demselben Ort gelangen.
Sie waren sowieso alle verloren und deswegen war das der perfekte Ort um jemanden zu finden, den keiner mehr suchen würde.
Aber keiner hier lebte noch, sie waren alle tot.

„Elijah, wir haben hier noch drei Überlebende“, rief mir einer meiner Gefolgsmänner zu.
Ich folgte ihn an einem Fluss, wo tatsächlich noch drei schwach atmende Soldaten waren.
„Gebt ihnen Blut und tötet sie dann“, wies ich sie an und sie taten was ich sagte.
Ich brauchte ein paar Gefolgsleute, damit sie mir bei meiner Suche halfen. Wiedermal hatte ich eine Spur, der ich nachgehen wollte, um sie zu finden.
Eigentlich drehten sich alle meine Taten seit über drei Jahrhunderten nur um sie.
Ich hatte damals recht gehabt, sie hatte mich gefesselt und ließ mich nicht mehr los.
All meine Gefühle drehten sich nur um sie.

Eine Spur machte mich stutzig.
Schwere Abdrücke.
Zwei Personen, der eine musste den anderen stützen oder ihn mehr mit sich schleifen, als alles andere.
In Vampir-Geschwindigkeit folgte ich der Spur und musste beeindruckt feststellen, dass die beiden fast zwei Meilen zurückgelegt hatten.
Es waren zwei konföderierte Soldaten.
Einer von ihnen war an einen Baum gelehnt, der andere lag am Boden.
Sie schienen zu schlafen oder waren ohnmächtig vom Schmerz.
Der schwarzhaarige junge Mann, der am Baum lehnte, schien nichts weiter als eine Schusswunde an der Schulter zu haben.
Der andere allerdings, hatte kaum mehr einen Herzschlag.
Ich drehte ihn um, da er auf dem Bauch lag und gab ihm mein Blut.
Den anderen zog ich am Kragen seines Hemdes hoch, um auch ihn mein Blut zu geben, doch dann fühlte ich etwas an seinem Hemdkragen, was ich mir genauer ansah.

Komm zurück zu mir.

Der Junge wurde von irgendjemand vermisst.
Von einer Frau, die wollte das er zu ihr zurück kam.
Seufzend ließ ich von ihm ab. An der Schulterverletzung würde er nicht sterben und er würde damit weiterkommen, besonders da sein Freund nun bald vollständig geheilt war.
Ich entschied mich um und ließ den beiden ihr menschliches Leben.
Ich schlug den am Boden liegenden auf die Wange, sodass er aufwachte.
„Geht nach Westen, nicht weit von hier ist ein Dorf. Dort werdet ihr sicher Verpflegung bekommen“, manipulierte ich ihn und er nickte ergeben.
Dann ließ ich wieder von ihnen ab und wandte ihnen den Rücken zu.
Sie hatten noch etwas zu verlieren, besonders der Eine.
Sollte er zurück zu seinem Mädchen gehen, das sicher sehnsüchtig auf ihn wartete.

Ich würde dasselbe tun.
Auch ich würde zu meinem Mädchen zurückkehren, allerdings aus einem ganz anderen Grund.
Zwar wird sie wohl nicht minder überrascht sein, aber sicher nicht ganz so glücklich.
Doch all meine Taten drehten sich um sie und darüber, dass ich zu ihr wollte.
Der Schmerz und der Hass, den sie mir beschert hatte und der wirklich einzigartig in seiner Intensität war, trieben mich automatisch zu ihr.
Helena.
Damals hatte ich sie für die unschuldigste und reinste Person gehalten, aber der Schmerz, der wie kein anderer war, sagte sie mir, dass sie eher ein Teufel war, als der Engel für den ich sie gehalten hatte.
Es schmerzte mehr als alles andere, was mir je passiert war.
Wie immer wurde alles andere bedeutungslos und blass neben ihr, selbst der Hass und der Schmerz.
Wie eine Art Fluch, der mich an sie fesselte und folterte.
Aber ich würde es beenden.

Nur musste ich sie dazu erst einmal finden.
Ich kehrte zurück zu meinen Gefolgsleuten. Sie hatten die drei Soldaten bereits aufgeladen.
Sie würden mir weiterhelfen, wenn auch nur geringfügig.
Die beiden Schwestern waren gut, das musste ich ihnen lassen. Sie hatten ihre Spuren eindeutig gut verwischt und es würde auch eine gute Portion Glück mit dazugehören bis ich sie fand.
Vielleicht war Virginia der richtige Ort, das hoffte ich zumindest, aber noch war es unklar.
Es war nicht so, dass die beiden sich auffällig benahmen oder Werbung von sich machten. Ich fand nur vereinzelt verstreute Gerüchte, die ich zusammensetzte.
So hatte ich schon einige Vampire gefunden, nur nicht sie.
„Bringt ihnen die Grundregeln bei, wenn sie aufwachen und danach zu mir“, gab ich den Befehl und sie nickten, wie es nicht anders sein konnte.

Wir begaben uns nach Richmond, wo wir in einem Gasthof Quartier bezogen hatten.
Ich ging auf mein Zimmer und goss mir einen starken Whiskey ein.
Kurz schweiften meine Gedanken zu dem Jungen oder jungen Mann, wie auch immer. Eigentlich war er bereits erwachsen.
Ob Helena auch auf mich wartete?
Natürlich nicht sehnsuchtsvoll, aber ob sich mich erwartete?
Ihr musste klar sein, dass ich sie suchte, eigentlich sogar noch viel verbissener als Klaus es tat.
Ich wusste er wollte sie leiden lassen, sicher auch Jahrhunderte lang.
Seine Rache würde sicher grausam sein.
Auch ich wollte Rache, allerdings wusste ich auch genau, dass ich sie nicht leiden lassen konnte und vor allem konnte ich sie nicht foltern, wie Klaus es sicher tun würde.
Ich hatte gelernt zu Allem grausam und hart zu sein, wenn ich es nur wollte, nur ihr konnte ich nichts antun.
Die Vorstellung ihr körperlich wehzutun war einfach absurd und würde mir selbst nur weitere Schmerzen bringen.
Ich wollte, dass sie Schmerzen hatte, so wie ich. Auf der anderen Seite konnte ich sie ihr nicht zufügen, da ich sie nicht leiden sehen konnte.
Trotzdem sehnte sich mein Herz nach Vergeltung für das was sie mir angetan hatte.

Ich ging zu dem Bild an der Wand rüber, das mit einem weißen Tuch verdeckt war.
Mit einem Ruck zog ich es weg und legte ihre ganze Perfektion, die sie auf diesem Bild vereinte, frei.
Das Bild hatte ich mitgenommen, nachdem Klaus das Anwesen ihrer Familie verwüstet hatte und all ihre Lieben getötet hatte.
Die Gemälde hatten mir wenig Aufschluss über ihre Familie gegeben. Sie alle strahlten Perfektion und Harmonie aus.
Es gab ein Familienportrait und von jedem Familienmitglied ein Einzelnes. So hatte ich erfahren, dass sie und ihre Schwester als tot galten und somit die Schande überdeckt wurde.
Katerina war eine Ausgestoßene und Helena war mit ihr gegangen.
Die Tagebücher ihres Vaters gaben mir mehr Einblick in ihre Familie. Sie war nach außen hin perfekt, aber innerlich genauso kaputt und verfault wie die meine.

Sie wurde von ihrem Vater beherrscht, der das Wort hatte und jegliche Ärgernisse sofort unterband.
Seine Frau hatte er nicht wirklich geliebt, auch nicht alle seine Kinder.
Er hatte wenig für den Jüngsten, David, übrig. Er fand ihn zu albern und verweichlicht.
Auch Katerina konnte er wenig abgewinnen, da sie ihm zu unreif und undiszipliniert war. Er verbannte sie aus seiner Familie, als sie von einem armen Dorfjungen ein Kind bekam.
Sie waren kurzzeitig durchgebrannt, aber ihr Vater hatte sie wieder eingefangen und den Jungen getötet.
Danach wurde Katerina vor allen verschlossen bis sie ihr Kind bekam. Über den Verbleib stand nichts, aber ich konnte mir gut vorstellen was er damit getan hatte, wenn ich seine anderen Maßnahmen bedachte.
Er hatte Philipp und Christoph geduldet und auch gemocht.
Wirklich stolz war er allerdings nur auf Gabriel und Helena, er hatte die beiden wohl wirklich als einzige geliebt.
Bis Helena mit ihrer Schwester ging, was ihn tief verletzt und enttäuscht hatte.
Danach hatte er nie wieder ein Wort über sie verloren, weder ein gutes, noch ein schlechtes.
Die Familie war schon zerstört gewesen bevor Klaus es tat.

Ich blickte auf Helenas Gesicht, das schöner nicht sein konnte.
Nie hatte ich etwas Schöneres als sie gesehen, kein anderes Mädchen kam an ihre Vollkommenheit heran.
Was sollte ich nur tun, um sie für meinen Schmerz zu bestrafen?
Der Verlust ihrer Familie musste ihr wehgetan haben, aber sicher war es kein Vergleich mit dem meinen Verlust.
Ich dachte daran sie einzusperren, in alle Ewigkeit in ein Verließ, wo sie nicht mehr herauskam.
Mit oder ohne Blut.
Vertrocknet oder verdammt zum stillen Alleinsein.
Vielleicht sollte ich auch ihre Schwester töten. Sie hatte gesagt sie wäre ein Teil von ihr.
Ein Teil ihrer Seele.
Eigentlich wäre genau das perfekt.
Sie hatte mir meinen Teil der Seele genommen, ich würde ihr den Ihren nehmen.
Sie hatte es damals gesagt, aber ich hatte es nicht wirklich gehört, es nicht als das erfasst was es war.
Das Wichtigste für sie war ihre Schwester.
Ich war nicht der andere Teil ihrer Seele gewesen, der sie für mich war.
Sie hatte mich verraten.
Ich verhüllte das Bild wieder mit dem Laken, begrub meine Gedanken von ihr, damit sie mich nicht zerfraßen.
Der Schmerz in mir wandelte sich wieder zu Hass und ich wusste ich musste sie wieder haben.
Ich musste sie wieder haben.
Auch wenn mir noch nicht klar war, was ich danach tun würde.
Aber ich musste zu ihr zurück.



Kapitel 38: Liebe




„Die Liebe ist alles, was wir haben, die einzige Möglichkeit, einander zu helfen.“ (Euripides)


Damons Sicht:
Nur wage nahm ich die Worte war, die gesprochen wurden.
Sie drangen an mein Ohr wie ein Summen. Aber ich versuchte mich zu konzentrieren um sie zu entschlüsseln.
Es wollte mir nicht recht gelingen, aber die Augen zu öffnen ging erst recht nicht.
Es war ein Ding der Unmöglichkeit.
Also konzentrierte ich mich auf das Summen um daraus schlau zu werden. Es zu entschlüsseln.
Ich war sicher es schon einmal gehört zu haben und dann…
Es war eine Stimme, eine Stimme die ich kannte.
Charles Stimme.
Versuchte er mir was zu sagen?
Versuchte er mit mir zu reden?
Nein, seine Stimme hatte einen eher monotonen Klang.
Ich versuchte etwas zu sagen, aber kein Wort verließ meine Lippen.

Es war mir als wäre ich in Trance.
War ich vielleicht gar nicht wach?
Das hier könnte auch alles ein Traum sein.
Es war schwarz, ich sah überhaupt nichts, aber da musste doch etwas sein.
Irgendwas.
Das Summen wurde lauter, drang näher zu mir und versuchte mich zu erreichen.
Aber ich hatte mich geirrt, es war gar kein Summen, es waren Worte.
Eine fremde Sprache?
Nein.
Aber warum verstand ich nichts?
Ich musste etwas verstehen! Ich musste diese Worte verstehen!
Ruhig, ich versuchte mich zu beruhigen und die Worte zu verstehen, bis sie endlich einen Sinn ergaben.

„Ich freue… Frieden… sehne mich… Zeit… verbringen.“
Langsam verstand ich die Worte und langsam ergaben sie einen Sinn. Es waren Elenas Worte, aber Charles Stimme.
Ein Brief!
Ihre Briefe für mich.
Ich hörte genau hin, damit ich nichts davon verpasste.
„Ich vermisse dein Lächeln und deine Stimme. Ich bin mir sicher, dass dies ein noch schönerer Ort mit dir wäre. Ich warte auf dich und bete, dass dir nichts geschehen mag, Elena.
Das war der vorletzte Brief den sie dir geschrieben hat, jetzt kommt der Letzte.
Pass auf.“

Das tat ich.
Zwar kannte ich alle Briefe von ihr und das auch mehr oder weniger auswendig, aber trotzdem liebte ich sie und konnte sie mir immer wieder durchlesen oder in diesem seltenen Fall sogar hören.

„Lieber Damon,

Du weißt sicher wie viel Angst ich jeden Tag um dich habe, auch wenn du sagst, dass ich es nicht brauche, schlägt mein Herz jedes Mal vor Aufregung, bevor ich die Liste lese und hoffe deinen Namen auch weiterhin nicht darauf zu finden.
Dabei haben sich deine Worte in meinen Kopf eingebrannt, dass du wiederkommen wirst.
Dass du zu mir zurückkommen wirst und glaub mir, es gibt keinen Wunsch den ich mehr hege, als dass das wahr wird.
Auf einmal scheint mir die Welt voller Gefahren für dich zu sein und noch grausamer und furchteinflößender als je zuvor.
Noch nie war mir die Gefahr für Menschen so bewusst gewesen, wie jetzt.
Aber am Ende soll man ja immer klüger sein.
Dieser Krieg muss endlich ein Ende haben, da stimme ich dir voll und ganz zu, doch die Menschen sind zu egoistisch um einfach nachzugeben.
Sie halten selbst an Dingen fest, selbst wenn sie wissen, dass sie im Unrecht sind.
Das ist eine Art Fluch, der nicht abzuschalten ist.
Natürlich sind wir in der Lage selbstlos und gut zueinander zu sein, allerdings denke ich, dass das nur für einen einzelnen Mensch gilt.
Ein Haufen Menschen sind immer dumm.
Ein Einzelner kann klug und selbstlos sein, aber gegenseitig wecken viele meist nur das Schlechte ineinander.
Sie sehen sich in ihrer Meinung bestätigt und alles kocht auf.
Dabei vergessen sie, worauf es im Leben wirklich ankommt.
Das mit dem Foto ist schon in Ordnung, ich kann dir dafür schlecht böse sein, du kannst schließlich nichts dafür und ich würde lügen, wenn ich wirklich behaupten würde, dass ich etwas anderes von meiner Schwester erwartet habe.
Ich hoffe wir sehen uns bald wieder, denn ich weiß dass die Tage schöner mit dir sind, als ohne dich.

In Gedanken immer bei dir,
Elena“, las mir Charles vor.

Sie war bei mir.
Sie war immer mit Gedanken bei mir und sie wollte, dass ich zu ihr zurückkomme.
„Was lesen sie ihm da vor?“, fragte eine mir völlig unbekannte Stimme.
Ich glaubte sie war die einer Frau. Ja, es musste eine Frau sein die gesprochen hatte.
„Ich lese ihm die Briefe der Frau vor, die er liebt.
Ich hoffe darauf, dass ihn der Gedanke an sie Kraft gibt, sodass er sich wieder erholt.“
Erholt?
War ich krank?
Was war nur geschehen?
Aber er redete von Elena.
Elena, der wundervollsten Person dieser Welt.

„Ich wusste nicht, dass er verheiratet ist“, sagte sie und klang dabei überrascht, aber auch ein wenig enttäuscht.
Ich verstand das alles nicht, aber ich wollte endlich aufwachen, damit ich zurück konnte.
Zurück zu ihr.
„Ist er nicht.
Nur verliebt, wahnsinnig verliebt, um genau zu sein.“
Charles lachte ein wenig, aber auch Trauer steckte mit in seiner Stimme.
Sehr widersprüchlich.
„Liebt sie ihn denn auch?“, fragte diese andere Stimme nach.
„Wenn ich diese Briefe lese, hab ich daran eigentlich keinen Zweifel.“
Charles glaubte, dass Elena mich liebte?
Ein wundervoller Gedanke, ich hoffte nur, dass er recht hatte.
Sie war so wundervoll! Ich würde verstehen, wenn sie meine Gefühle nicht erwiderte, dass ich ihrer vielleicht nicht wert war.
Sie verdiente das Beste und ich war nur ein einfacher Soldat.

„Das ist ein Bild von ihr.“
Charles musste ihr das Bild zeigen, dass ich in das Buch geklebt hatte.
Ich hatte mir ein schwarzes, leeres, in Leder gebundenes Buch gekauft, in das ich auf der ersten Seite ihr Bild geklebt hatte.
All die Briefe von ihr hatte ich hinein geklebt und alle Worte aufgeschrieben von ihr, an die ich mich noch erinnerte.
„Wahnsinn, sie ist wunderschön.“
Wunderschön. Eigentlich war das Wort nicht mal ausreichend für die Beschreibung ihrer Schönheit.
Ihr Innerstes war wundervoll, sie leuchtet von innen heraus und das machte sie schöner und besser als jeden anderen Menschen.
„Ja, das ist sie.
Mein Cousin liebt alles an ihr und denkt wohl jede Minute an sie.
Wahrscheinlich träumt er auch gerade von ihr.“
Träumen?
Tat ich das?
Wenn ich meine Augen fest zusammenpresste, dann konnte ich ihr Gesicht vor mir sehen.
Dann konnte ich sie tatsächlich sehen, wie sie lächelte.
Wie sie zwischen all dem Flieder saß, in ihr Buch vertieft war und dabei die Welt um sich herum vergaß.

Elena.
Meine wundervolle Elena.
Sie dachte an mich und ich dachte an sie.
Ich musste aufwachen.
Ich musste gesund werden.
Ich musste zu ihr zurückkehren.
Ich musste unbedingt bei ihr sein.
Ich musste jetzt die Augen aufschlagen.



Kapitel 39: Eine starke Frau




„Bei all meinen Vorurteilen gegen das weibliche Geschlecht meine ich doch, dass die schlimmste Frau, die je existiert hat, einen sehr annehmbaren Mann abgegeben hätte.“ (George Gordon Byron - Lord Byron)


Elenas Sicht:
Ich wusste nicht mehr was ich tun sollte.
Ich wusste nicht mehr was ich denken sollte.
Ich fühlte mich so schwach und so allein.
Dabei lag Katherine direkt neben mir.
Meine Schwester war doch bei mir, hatte die Arme um mich geschlungen und tröstete mich fortwährend.
Warum konnte das nicht genug sein?
War ich wirklich so erbärmlich und schwach, dass ich das nicht aushalten konnte?
Ich erinnerte mich daran wie es war Elijah zu verlieren, aber ich hatte ihn anders verloren.
Es war ein anderer Schmerz gewesen, doch nicht weniger schlimm.
Wieso?
Wieso musste ich nur so verdammt sein, immer den Mann zu verlieren, den ich liebte?

Liebte?
Oh mein Gott!
Mir wurde es bewusst, sobald ich es dachte.
Kaum hatte ich vorher darüber nachgedacht, wieso musste es mir denn jetzt auffallen?
Ich liebte Damon.
Ich liebte ihn, wie ich es mir gewünscht hatte.
Ich wollte bei ihm sein, er sollte bei mir sein.
Ich brauchte ihn, brauchte ihn hier bei mir und dann wurde mir auf einmal klar, dass alles viel zu spät war.
Es war vorbei.
Ich hatte ihn wohl für immer verloren, denn was sollte es geben, das ihn jetzt noch zu mir zurück brachte?
Nichts.
Ich war leer, verlassen und einsamer als jemals zuvor.
Katherine atmete gleichmäßig. Sie schlief und ich befreite mich vorsichtig aus ihrer Umarmung ohne sie dabei zu wecken.
Es war Nacht, aber ich hatte keine Ahnung, welcher Tag heute war oder wie viel Zeit seit meinem Ausbruch vergangen war.

Das einzige was ich spürte, war diese intensive Leere und ein Gefühl, das mich nach draußen trug.
Verloren. Verloren. Verloren.
Alles war verloren.
Wie ein Geist, leise und ohne eine Spur zu hinterlassen, wandelte ich durch das Haus nach unten.
Alles schlief und war ruhig und ich ging nach draußen.
Es war kaum kühl, eine angenehme Sommernacht und ich konnte nichts von all dem was ich liebte genießen.
Auf einmal schien alles bedeutungslos, doch wie schon einmal stand ich vor einem Problem.
Ich war ein Vampir und sterben war gar nicht so einfach.
Und dann…
Und dann war da noch meine Schwester.
Ich liebte sie und ich konnte sie doch nicht allein lassen, nur weil mein Elend und der Abgrund gerade zum Greifen nah zu sein schienen.
Das konnte ich ihr auf keinen Fall antun.

„Miss Pierce“, hörte ich eine Stimme und drehte mich automatisch zu ihr um.
War ich so in meinen Gedanken gewesen, dass ich ihn nicht mal bemerkt hatte? Dabei war ich doch sonst so aufmerksam.
Wie sehr war ich wohl in mich selbst vertieft?
Der Mann kam auf mich zu und gab mir einen Brief.
Ungläubig sah ich ihn an.
Wieso einen Brief?
„Er ist von ihrem Freund. Ich sollte die Briefe doch so schnell wie möglich zwischen ihnen überbringen, das haben sie mir doch aufgetragen!“
Weiterhin sah ich ihn wohl sprachlos an.
„Natürlich hätte ich sie heute nicht mehr geweckt, aber sie sind noch wach, deswegen wollte ich ihnen den Brief gleich geben.
Wollen sie ihn nicht lesen?“, fragte er nach und sah mich skeptisch an.
Zitternd nahm ich den Brief entgegen und erkannte, dass er von Damon war.
Ein Brief, der letzte den er mir wohl geschrieben hatte.
Sollte ich es wagen ihn zu lesen oder ihn wegwerfen?
Vielleicht würde er mich nur noch mehr verletzen?
Aber ich konnte es nicht, ich musste einfach wissen was darin steht, es war wie eine Art Zwang.
Ich wollte Damons liebe Worte lesen, ich liebte die Worte, die er für mich wählte.
„Bitte gehen sie und kommen sie morgen Vormittag wieder“, trug ich dem Boten auf und er verabschiedete sich mit einer Verbeugung vor mir.
Schnell machte ich den Brief auf und begann ihn zu lesen.

Liebe Elena,

Ich erwische mich dabei, wie ich das erste Mal aus Überzeugung Gott um Hilfe bitte, dass er meine Zeit hier verkürzt, damit ich wieder bei dir sein kann.
Ich kann jetzt selbst auf die Aufregung hier verzichten, die brauche ich gar nicht, bei dir sehne ich mich sowieso nur nach Frieden und Geborgenheit.
Ich weiß genau, dass ich sie nur bei dir finden kann.
Immer noch glaube ich, dass du den Krieg allein mit deinen Worten beenden könntest.
Sie müssten dir nur einmal genau zuhören, um zu erkennen wie recht du hast und das du viel mehr über das Leben weißt, als sie je lernen könnten.
Meiner Meinung nach können Frauen viel mehr bewirken als wir Männer, nur manchmal scheinen wir einfach zu uneinsichtig, um das zu begreifen.
Aber ich halte dich für eine großartige Frau, Elena, die alles schaffen kann was sie sich vornimmt.
Du brauchst keinen der dir hilft, du kannst alles was du willst auch alleine erreichen.
Mir macht die Gefahr hier keine Angst, da ich weiß, dass mein Platz an deiner Seite ist und ich nicht glaube, dass es wirklich etwas gibt, das uns trennen kann.
Von mir aus kannst du sagen, dass ich ein Narr bin und vielleicht ist es auch wahr, aber daran glaube ich nun mal.
Ich denke du weißt, dass ich dich liebe.
Oh Gott und wie ich dich liebe! Noch nie zuvor gab es einen Menschen auf der Welt, der mir so viel bedeutet hat wie du.
Du bist mein ganz persönlicher Engel, für den ich leben möchte.
Du bist meine ganz persönliche Helena, für die ich kämpfen möchte.
Du bist mein Grund dafür alles zu tun, was ich tue.
Deswegen hab ich keine Angst und weiß einfach, dass nichts passieren kann.

In Liebe,
Damon

Tränen rannen über mein Gesicht und ich schlug mir die Hand vor dem Mund.
Oh mein Gott.
Er war so überzeugt gewesen. Er war so sicher gewesen und dann auf einmal erinnerte ich mich wieder an dieses Gefühl, dass ich ebenso sicher gewesen war wie er.
Und es kehrte zu mir zurück.
Er musste leben.
Damon musste einfach leben.
Seine Worte, schon einmal hatte jemand so etwas zu mir gesagt. Eine kleine Erinnerung, die zu mir durchdrang.
Nicht so schwerwiegend wie andere, aber genauso bedeutungsvoll für mich.

Rückblick
Ich weinte und bittere Tränen quollen aus meinen Augen, auch wenn ich sie versuchte zu unterdrücken.
Vater hatte gesagt, dass Gefühle zu zeigen ein Zeichen von Schwäche sei.
Deswegen schniefte ich und versuchte den pochenden Schmerz zu ignorieren.
„Du kannst ruhig weinen, Helena.
Das sieht schlimm aus, auch jemanden der so tapfer ist wie du würde der Schmerz zum Weinen bringen“, animierte mich Gabriel, doch ich schüttelte stur den Kopf.
Mir scheint als wäre Gabriel ein Engel, immer denke ich das, wenn er sich so liebevoll um mich kümmert, wie es kein anderer tun würde, selbst Mutter und Vater nicht.
„Du willst nicht?
Denkst du etwa daran was Vater gesagt hat?
Er hat es nicht mal wirklich zu dir und Katerina gesagt.
Er meinte damit eigentlich nur Philipp, Christoph und mich.“

Traurig sah ich ihn an und er lächelte gequält, verband meinen Fuß aber weiter.
„Ich weiß, eigentlich ist das noch schlimmer.
Gefühle zu zeigen macht schwach, aber zu einer Frau sagt er es erst gar nicht, weil er denkt sie ist von Natur aus schon schwach und dass es selbst nichts bringen würde, wenn sie ihre Gefühle unterdrücken sollte.
Aber weißt du Helena, ich verrate dir ein Geheimnis.“
Lächelnd sah er mich an und er setzte sich neben mich, als mein Fuß verbunden war.
Er zog mich auf seinen Schoß und legte seinen Kopf in meinen Nacken, dann flüsterte er mir das Geheimnis ins Ohr.
„Gott wollte, dass ihr das stärkere Geschlecht seid.
Er wollte, dass ihr besser seid und er hatte Recht.
Ihr seid schöner, klüger und standhafter als wir, aber leider hat sich Gott vergriffen und hat euch zu zart gemacht.“

Ich musste lächeln und sogar etwas lachen.
Ich lehnte mich näher an Gabriel und meine Tränen versiegten in seinem Hemd.
Seine Hand strich durch meine Haare und hatte eine seltsam beruhigende Wirkung auf mich, wie immer.
Gabriel war nur mal mein Engel, irgendwie schaffte er es immer, dass es mir besser ging.
Er hielt mich nicht für schwach und erbärmlich und ich war glücklich, dass er so an mich glaubte.
„Vergiss das bitte nicht, Helena.
Du bist niemals schwach“, flüsterte er mir zu und ich konnte gar nicht anders, als daraufhin zu nicken.
„Ich verspreche es“, flüsterte ich zurück und ich war wirklich froh, dass er dieses Geheimnis mit mir teilte.
Rückblick Ende

Ich war nicht schwach, auf keinen Fall.
Gabriel hatte es mir gesagt, Damon hatte es mir gesagt.
Ich war nicht schwach und Damon musste einfach noch leben.
Er hatte es immer wieder gesagt, so eine positive Metapher konnte doch nichts Negatives bringen und Gott würde das nicht einfach ignorieren.
Er würde nicht unsere Liebe ignorieren, er konnte mich nicht so sehr hassen, dass er mich strafen und quälen wollte.
Damon musste noch leben und auf einmal hatte ich daran keinen Zweifel mehr, wie auch keinen daran, dass er zu mir zurückkehren würde.



Kapitel 40: Verloren




„Erst wenn man etwas verloren hat, weiß man wie wichtig es war.“ (Unbekannt)






Stefans Sicht:
Resigniert sah ich mich in dem Zimmer meines Bruders um, in dem kaum persönliche Dinge von ihm standen.
Er war nicht der Typ, der viele Dinge aufhob die ihn an etwas erinnerten und wenn, dann hatte er sie wahrscheinlich mitgenommen.
Aber auf seinem Nachttisch fand ich ein Foto von uns beiden, wir hatten die Arme auf die Schultern des anderen gelegt.
Ich traute mich gar nicht es anzufassen.
Die schönen Zeiten schienen endgültig vorbei zu sein, auch wenn ich es kaum begreifen konnte, begreifen mochte.
So sehr wünschte ich mir, dass alles nur ein Traum war.
Dass ich daraus aufwachen würde und Damon würde wiederkommen und mich mit einer neuen, verrückten Idee mitreißen.
Wir würden irgendetwas Verbotenes tun, worüber Vater sich furchtbar aufregen würde.

Ich ertrug dieses Zimmer nicht, es brachte zu viele Erinnerungen an ihn hoch.
Noch immer gab es keine Auskunft über den Verbleib von Damon und Charles.
Während die anderen Namen aus der Liste vom ungewissen Schicksal sich so langsam bei den Verletzten und größtenteils Toten einordneten, gab es von den beiden immer noch keine Spur.
Ich wandte mich ab und ging nach draußen, ich ertrug das ganze Haus nicht, in dem alles so friedlich zu sein schien.
Es schnürte mir die Kehle zu.
Ich ging nach draußen, in irgendeine Richtung, ohne wirklich eine Ahnung zu haben, wohin ich überhaupt ging.
Es war doch sowieso egal.
Der Weg war ohnehin schöner, als das Ziel an sich. Zumindest war das Damons Meinung gewesen.
Ich war auch immer froh über das Ziel gewesen, ihn hatte das weniger interessiert.
Ich rannte durch den Wald, nur um dann irgendwann zu einer Lichtung zu kommen.

Ich versuchte weitere Wut in mir zu sammeln, aber alles davon war verraucht, deswegen war mein Schlag gegen den Baum ziemlich kraftlos.
Doch noch immer überwältigte mich nicht meine Trauer.
„Du bist nicht tot.
Ich kann einfach nicht glauben, dass du tot bist.
Ich kann es mir einfach nicht vorstellen.
Es darf einfach nicht stimmen!“, zischte ich vor mich hin.
Für mich war die ganze Sache einfach nicht begreifbar. Wie konnte es auch sein, dass mein Bruder tot sein sollte?
Das wollte einfach nicht in mein Gehirn sickern, es war einfach nicht wahr.
Es konnte nicht wahr sein.
Es durfte nicht wahr sein.

„Sowas in der Art hat Elena auch gesagt“, hörte ich eine bekannte Stimme und drehte mich sofort zu ihr um.
Ich bemühte mich um Fassung, um ihr nicht zu zeigen was in mir vorging, aber ich war mir sicher, dass ich kläglich versagte.
„Wie geht es ihr?“, fragte ich nach, da ich mich damit bisher noch nicht wirklich beschäftigt hatte, aber vor allem auch, um von mir abzulenken.
„Ich denke sie wird leicht verrückt.
Sie glaubt nicht, dass Damon tot ist, allerdings ist es bei ihr anders als bei dir.
Du hast es bisher einfach noch nicht zugelassen, weil dich dann deine Gefühle endgültig überwältigen würden. Elena ist nahezu versessen auf ihre Idee, aber sie hat sowas schon einmal überstanden.“
Überwältigten mich meine Gefühle jetzt noch nicht genug?
Wie sollte es denn bitteschön noch schlimmer werden können?
„Wegen eurer Familie, nicht?“
Sie beide hatten sie in einem Feuer in Atlanta verloren und wurden deshalb zu Waisen. Sie kamen als Flüchtlinge hierher, mit anderen und wir hatten die Zwillinge aufgenommen.
„Ja. Ja, wegen unserer Familie.“
Ihre Stimme klang irgendwie komisch, doch ich wusste nicht was es war und ich fand auch nicht die Konzentration dafür mich damit zu beschäftigen.

Katherine kam näher auf mich zu, ich hatte mich am Baum abgestützt und sie musterte mich genau.
Sie tat mir leid, es musste schwer für sie sein, sowohl mich als auch ihre Schwester zu trösten und sich um sie zu kümmern.
Und auch ihre Schwester, auch sie tat mir leid…
„Tu das nicht!“, meinte Katherine eindringlich und ich sah sie fragend an.
„Was soll ich nicht tun?“, fragte ich unwissend nach.
„Tu das nicht. Dieses Mitleid. Das brauchst du nicht. Wenn dann brauchst du all deine Gefühle für dich selbst, aber nicht für Elena und schon gar nicht für mich.“
Ihre Worte schnürten mir die Kehle zu und ich hatte das Gefühl, dass ich ein Glas Wasser brauchte.
„Es ist leichter, weißt du?
Andere Gefühle sind leichter…“
Ich konnte es nicht wirklich beschreiben und schon gar nicht wusste ich, wie ich es ausdrücken sollte.
„Ich weiß. Alle Gefühle sind leichter, als die Trauer zuzulassen. Aber irgendwann wird sie dich sowieso überwältigen. Du wirst nicht ewig davor fliehen können“, erklärte sie mir.

Doch das wollte ich.
Das wollte ich so sehr.
Irgendetwas, ein Gefühl, in das ich hinein fliehen konnte.
Aber es war gar nicht so einfach.
Auf einmal fand ich mich in einer Umarmung wieder, ohne wirklich bemerkt zu haben, wie es geschehen war.
Doch es war so und ich spürte Katherines zierliche Arme um mich.
Ich war unfähig mich zu bewegen oder gar die Geste zu erwidern.
Auch konnte ich meine Augen nicht schließen, ich blickte in die weite Ferne ohne wirklich etwas dabei zu sehen.
„Du kannst weinen wenn du willst.
Ich hab auch geweint.
Es ist nicht so schlimm und einfach nur verständlich.
Unser Vater hat zwar immer gesagt, dass weinen ein Zeichen von Schwäche ist, doch seien wir mal ehrlich.
Du bist gerade schwach und verletzlich, aber das ist verständlich und macht gar nichts.
Niemand kann und wird dir deswegen einen Vorwurf machen.“

Ich schlang wie ein Ertrinkender, der nach Rettung suchte, meine Arme um sie und klammerte mich fest an sie.
Sicher war meine Umarmung kaum noch sanft, wahrscheinlich schon brutal, aber sie sagte nichts.
Ich legte meinen Kopf in ihren Nacken und tatsächlich rannen mir stumme Tränen aus den Augen.
Mein Herz sandte einen Schmerz durch meinen ganzen Körper, der ihn verstiefen ließ und einfach nur schmerzte.
Aus irgendeinem Grund musste ich sogar zittern.
Es war wirklich erbärmlich, auch wenn Katherine gesagt hatte, dass es in Ordnung war.
Ich fühlte mich so schwach und verloren, wie noch nie zuvor in meinem Leben und ich wusste, dass Damon mir diesmal nicht mehr helfen konnte, da er nicht mehr da war.
Er war nicht mehr da und er würde nie wieder zurückkommen.
Es war alles vorbei.
Damon wiederzusehen würde nur noch ein Traum sein, das hier allerdings war kein Traum.
Es war die bittere Realität und ehrlich das Leben schmeckte gerade wirklich scheiße.
„Wird es aufhören?“, fragte ich nach und hoffte nur, dass sie ja sagte. Dass dieser Schmerz, den ich spürte, irgendwann einmal verschwinden würde.

„Nein, es wird immer etwas davon zurückbleiben.
Egal wie viel Zeit vergeht.
Es wird nie wirklich aufhören.“ Wie tröstend.
Sie löste sich von mir und nahm mein Gesicht in ihre Hände. Intensiv sah sie mir in die Augen, auch wenn ich sie ebenfalls ansah, hatte ich immer noch das Gefühl ins Leere zu schauen.
„Ich will dich nicht anlügen.
Du hast deinen Bruder verloren und das ist schrecklich.
Ich weiß das, ich hab alle meine vier Brüder verloren.
Aber das Leben geht weiter, leider. Es wird weiter gehen, die Welt wird sich weiterdrehen und irgendwann nehmen die Menschen auf den Schmerz, den du nie loswerden wirst, nicht mehr Rücksicht.
Aufgeben darfst du deswegen nicht.
Du hast noch deinen Vater und egal wie schrecklich das auch klingen mag, du hast mich.
Stefan, du hast mich und ich bin bei dir und ehrlich ich will dich nicht verlieren.
Also musst du kämpfen, du musst jeden Tag wieder gegen diesen Schmerz ankämpfen, auch wenn du weißt wie hoffnungslos es ist.“

Die Tränen rannen nun unaufhaltsam über meine Wangen und ich sackte an dem Baum herunter.
Katherine schaute traurig zu mir herunter.
„Wieso kämpfst du dagegen an? Wieso hast du diese Kraft?“, fragte ich sie ehrlich neugierig, schaute aber auf den Boden.
„Natürlich wegen meiner Schwester.
Sie war das Einzige was ich noch hatte.
Aber so wie sie mich nie allein lassen konnte, so konnte ich das ebenfalls nicht.“
Katherine setzte sich zu mir, an den Baum und schwieg.
Auch ich wusste nicht mehr was ich sagen sollte.
Es war auch alles gesagt.
Keine Worte mehr brauchte es jetzt.
Da blieb nichts mehr zurück, bis auf den Schmerz, mit dem ich klar kommen musste.
Also saßen wir hier, an den Baum gelehnt, schweigend und das für eine unbestimmte Zeit.
Ich hatte keine Ahnung, die Zeit hatte sich verloren, wie auch ich etwas Wichtiges verloren hatte.



Kapitel 41: Keine Beachtung




„Mein Kopf sagt: Er ist ein Arschloch!
Mein Herz sagt: Aber ich liebe dieses Arschloch!“ (Unbekannt)




Katherines Sicht:
Rückblick
Glücklich hielt ich das Kleid an mich und drehte mich damit im Kreis.
„Ist es nicht wunderschön?“, fragte ich meine Zwillingsschwester aufgeregt. Ich fand es einfach wunderbar und noch toller war, dass ich es geschenkt bekommen hatte.
Ich hatte tatsächlich von einem Mann, einem Lord, ein so tolles Geschenk bekommen.
Ein Kleid, was auch noch sehr teuer zu sein schien.
„Hmm“, war das einzige was Helena von sich gab. Sie saß auf einem Stuhl am Fenster und war, wie sollte es auch anders sein, in ein Buch vertieft.
„Helena, du hast es noch nicht mal angesehen!“, rief ich meiner Schwester entrüstet zu und überrascht schaute sie auf, als hätte sie mich vorher gar nicht registriert.
Seufzend legte ich das Kleid zur Seite und stemmte meine Hände in die Hüfte.
„Gut, sag mir was los ist“, bestand ich darauf und Helena ließ sich wirklich dazu bewegen, ihr Lesezeichen ins Buch zu tun und es wegzulegen.

Ich setzte mich aufs Bett und hörte meiner Schwester zu. Immer musste ich sie drängen mir von ihren Sorgen zu erzählen, da sie von sich allein nie etwas sagen würde, um mich nie mit etwas zu belasten.
„Elijah hat mich geküsst“, fing sie an und ich runzelte die Stirn.
„Das hast du mir gleich am Abend noch erzählt und du warst wahnsinnig, nervig glücklich darüber.
Hat sich daran etwas geändert?“, fragte ich skeptisch nach.
Die hässlichen Nachwirkungen ihrer Fröhlichkeit waren beängstigend gewesen, so etwas passte nicht zu ihr, eher zu mir.
„Nein, aber ich erinnere mich zurück und habe Danke gesagt.
Katerina, ich habe Danke gesagt, nachdem er mich geküsst hat.“
Oh.
Das war…
Das war eigenartig.
Ich runzelte die Stirn und wusste nicht so recht was ich dazu sagen sollte.
„Da haben wir es.
Im Nachhinein ist das doch ziemlich eigenartig.“
Ihre Stimme klang ein wenig schrill und sie schien deswegen wirklich sehr aufgewühlt zu sein.
„Warte mal! Bevor du in grundlose Panik verfällst, was hat er zu dir gesagt?“

Sie sah nach rechts und ich wusste sie versuchte sich daran zu erinnern.
„Gute Nacht, Helena“, gab sie sanft zurück, als würde sie damit den Ton nachempfinden in dem er es zu ihr gesagt hatte.
„Siehst du, kein Grund zur Panik!
Er hatte es wahrscheinlich gar nicht mal richtig registriert.
Wahrscheinlich war er genauso aufgelöst und glücklich wie du über den Kuss.
Da ist es ihm nicht weiter aufgefallen und wenn schon, dann hast du dich halt für einen Kuss bedankt.
Das ist nicht das Ende der Welt!“, meinte ich vollkommen überzeugt und sie hob skeptisch eine Augenbraue hoch.
Sie sah das vielleicht nicht ganz so, aber wenn das ihre größte Sorge war, dann hatte sie es gut.
„Also, kommen wir nun wieder zu mir!
Klaus hat mir dieses wunderschöne Kleid für das Fest geschenkt.
Wie findest du es?
Was sagt das aus?“, fragte ich sie und hielt nun wieder das Kleid an mich und sah meine Schwester fragend an.

Sie stand auf und besah sich das Kleid genau.
„Dass er dich begehrt und dir Aufmerksamkeit schenkt, damit du ihm völlig verfällst“, antwortete sie lächelnd und es sah ein wenig melancholisch aus.
„Das bin ich schon.
Aber wann machen Männer einem schon Geschenke?“, fragte ich sie.
Sie verdrehte die Augen und setzte sich wieder hin, mit dem eindeutigen Ziel mich zu ignorieren, was ich daran erkannte, dass sie sich wieder ihrem Buch widmete.
„Wenn sie um einen werben.
Zieh es an und tanz mit ihm heut Abend, aber tu mir einen Gefallen und mach nichts, was uns dazu veranlasst uns wieder ein neues Zuhause zu suchen.“
Danke Helena, das war wieder einmal äußerst reizend.
Andauernd erinnerte sie mich daran, wenn ich von Klaus sprach. Als würde sie ihm genauso wenig trauen, wie mir in diesem Punkt.
„Das wäre äußerst betrüblich, weil du dich dann nicht mehr für den nächsten Kuss bei Elijah bedanken könntest.“

Lachend wich ich dem Buch aus, das sie nach mir warf und dann auf dem Bett landete.
Da hatte ich sie ganz schön erwischt.
„Ich zieh mich um, solltest du auch machen, wenn ich noch deine Haare zurechtmachen soll“, riet sie mir und ich nickte, während sie in ihr Schlafzimmer verschwand.
Wir hatten zwei Zimmer bekommen, die aneinander grenzten, aber eigentlich befanden wir uns immer in demselben Zimmer.
Wir waren nun mal nicht gerne getrennt, das war schon immer so gewesen.
Ich zog mir das Kleid an, das ich geschenkt bekommen hatte.
Es war in einem tiefen grün gehalten, aus einem samtigen Stoff, der meiner Meinung nach sehr teuer aussah.
Die Nähte schimmerten golden zu und innen schien der Stoff ebenfalls diese Farbe zu haben, was man aber nur bei den langen Ärmeln sehen konnte.
Lächelnd betrachtete ich mich im Spiegel und fragte mich, ob ich Klaus gefallen würde. Ob ihn das dazu bringen würde mich genauso zu betrachten, wie Elijah meine Schwester ansah.
Ich hoffte es so sehr.

Nach ein paar Minuten kam meine Schwester in einem hellblauen Kleid wieder, das obwohl es durchaus schön aussah, nicht annähernd so schön wirkte wie das Meine.
Meine Schwester dirigierte mich zum Schminktisch und machte mich fertig.
Ich lächelte und drehte eine goldene Spange in meinen Händen, welche ich von Mutter bekommen hatte.
Helena nahm sie mir aus der Hand und steckte sie in meine Haare, die sie nur zum Teil hochgesteckt hatte.
„Keine Angst, du siehst wunderschön aus, definitiv schöner als ich und das obwohl wir Zwillinge sind.
Nur ein Blinder würde das nicht bemerken“, munterte sie mich auf und ich schluckte, um dann zu lächeln.
Ja, ich sah schön aus, sogar schöner als sie heute, das wusste ich.
Hoffentlich würde Klaus es bemerken.

Ich machte die Haare meiner Schwester, ich steckte sie nach hinten, ließ sie sonst aber offen.
So sah sie natürlich ohnehin immer am schönsten aus und es passte am besten zu ihr. Es verlieh ihr diesen unschuldigen Schimmer, den sie tatsächlich noch besaß.
Helena drückte meine Hand, als wir aus dem Zimmer gingen und uns zum Ballsaal bewegten.
Ihre Anwesenheit beruhigte mich automatisch.
Erst bevor wir die Treppe hinunter gingen, ließ sie meine Hand los.
Zwischen all den Menschen, fiel mein Blick auf vier Personen, die sich miteinander unterhielten, allerdings stoppten, als sie uns sahen.
Es waren Klaus und Elijah, aber auch ein junger Mann, den ich nicht kannte und eine blonde junge Frau, die einfach nur schön war.
Ich sah wie Elijah meine Schwester erblickte und ein Leuchten trat in seine Augen, dass das Herz eines Mädchens nur höher schlagen lassen konnte.
Er schritt auf sie zu und Helena hatte dieses unwiderrufliche Lächeln auf dem Gesicht, was einen nur neidisch machen konnte.
Ich suchte Klaus Blick, dessen Augen einen dunklen Schimmer bekommen hatten.

Ich nahm mich zusammen und ging an Elijah und Helena vorbei, bewegte mich durch die Massen und wollte zu ihm.
Aber bevor ich zu ihm gelangen konnte hielt der junge Mann mich auf, der eben noch neben Klaus gestanden hatte.
„Guten Abend, Miss.
Darf ich mich ihnen vorstellen, mein Name ist Kol Mikaelson.“
Ich sah ihn erstaunt an, wie er mich mit einem Lächeln begrüßte, meine Hand in seine nahm und sie sanft küsste.
Ich schaute zu Klaus, der sich aber mit der blonden Frau unterhielt während er dabei zu mir blickte.
Deswegen wandte ich mich Kol zu und zwang mich zu einem Lächeln.
„Guten Abend, mein Name ist Katerina Petrova.“
Ich machte einen knappen Knicks vor ihm und bemühte mich freundlich und aufmerksam zu sein.
„Sie sehen wunderschön aus, Katerina.
Darf ich um den ersten Tanz bitten?“, fragte er freundlich.
Kurz huschte mein Blick zu Klaus, der aber immer noch unverändert da stand.
Ich lächelte und nickte Kol zu. „Sie dürfen“, antwortete ich ihm und er nahm lächelnd meine Hand in seine, während er mich zur Tanzsaal begleitete, in dem gerade der Tanz eröffnet werden sollte.
Elijah tanzte natürlich mit Helena und Klaus mit der blonden Frau.
Ich war enttäuscht und traurig, obwohl ich dazu nur wenig Zeit hatte, da Kol mich mit Aufmerksamkeit und Komplimenten überhäufte.
Dinge die ich mir von einem anderen Mann ersehnte, dieser mich aber nicht mal so ansehen konnte wie Kol es tat, geschweige denn wie Elijah es bei Helena tat.
Es schnürte mir die Kehle zu, aber wie meine Erziehung es mich gelehrt hatte, ließ ich mir davon nichts anmerken, sondern schenkte meinem Tanzpartner ein fröhliches Lächeln.
Rückblick Ende



Kapitel 42: Erkenntnis




„Und nur die Klugheit einiger weniger nimmt wahr, was so gründlich verborgen schien.“ (Fedrus)




Klaus Sicht:
Rückblick
„Würdest du mir nun bitte endlich eine Antwort geben?
Du weißt es doch, oder?
Was versteckt sich hinter Elijahs Verhalten?“, fragte ich nach, während ich mit ihr zusammen den ersten Tanz des Abends tanzte.
Doch wieder tat Rebekah mir nicht den Gefallen, sie schwieg beharrlich.
„Es ist direkt vor deiner Nase, wenn du es nicht siehst oder verstehst ist das dein Problem.
Aber es ist mehr als deutlich.“
Wunderbar meine Schwester sprach in Rätseln. Es wurde immer besser. Hatten sich denn alle gegen mich verschworen?
„Ich hab keine Ahnung, ich will nur wissen warum er sich so eigenartig benimmt.
Dass er krank ist kann ich wohl ausschließen“, meinte ich lapidar.
Wer hat auch schon einmal einen kranken Vampir gesehen? Sowas gab es einfach nicht, von einem kranken Urvampir ganz zu schweigen.

Ich schaute zu Kol, der viel Spaß zu haben schien, als er mit Katerina tanzte, deren Blick immer wieder zu mir huschte.
Aber wenn sie bei meinen Bruder war, dann war das in Ordnung.
Auf Helena passte wieder Elijah auf, so waren beide Doppelgänger jedenfalls in Sicherheit.
„Nik, ganz ehrlich“, begann Rebekah und ich sah sie wachsam an und achtete genau auf ihre nächsten Worte. „Manchmal zweifle ich an deiner Intelligenz.“
Vielen Dank auch, was hatte ich nur wieder für eine nette Schwester. Die konnte ich wohl kaum umtauschen.
„Rebekah, mach daraus kein Rätsel.
Sag es doch einfach“, drängte ich sie und hielt sie fest, als der Tanz zu Ende war, damit sie nicht einfach abhauen konnte, doch sie riss sich einfach los und funkelte mich wütend an.
„Nein!“, sagte sie ganz eindeutig und ging zu Kol, wahrscheinlich um mit ihm zu tanzen.

Ich sah zu Elijah, der sich mit Helena und Katerina unterhielt, die aber gerade ging, um sie allein zu lassen.
Allerdings war ich nicht so rücksichtsvoll zu meinem Bruder, wie sie zu ihrer Schwester.
Auch hoffte ich nicht wie sie, dass sich die beiden ineinander verlieben würden.
„Was möchtest du trinken, Helena?“, fragte er sie und ich fragte mich in dem Augenblick, wann und wie ich das Ereignis verpasst hatte, nachdem sie sich duzten.
Das war gar nicht Elijahs Art.
„Rotwein, bitte“, sagte sie lächelnd und er küsste ihre Hand, bevor er ging.
Er bemerkte wie ich zu Helena ging, war aber schon weggegangen und beobachtete mich deswegen ziemlich kritisch.
Doch seine Aufmerksamkeit wurde von Kol in Anspruch genommen, der wie auch schon vorhin, auf das Thema der Zwillinge zurückkam.
Kol und Rebekah fanden es unglaublich, dass es zwei von ihnen gab und das wo wir solange darauf gewartet hatten nur eine zu finden.

Helena beäugte mich kritisch und wie immer schien sie von meiner Anwesenheit nicht begeistert zu sein.
Mittlerweile war ich mir sicher, dass es nicht nur ihre Schüchternheit war, die sie auf Abstand zu mir brachte, sondern dass sie mich aus irgendeinen Grund tatsächlich nicht leiden kannte und das von Anfang an.
Dabei hatte ich ihr tatsächlich nie etwas getan. Nun, noch nicht jedenfalls.
„Was ist das urälteste auf dieser Welt, das sie zusammenhält?“, fragte ich sie, da Elijah am Anfang mal erwähnt hatte, dass sie klug war, wüsste sie die Antwort vielleicht und würde sie mir verraten, weil sie den Grund für meine Nachfrage nicht kannte.
Überrascht weiteten sich ihre Augen und sie legte den Kopf leicht schief, während sie mich fragend ansah.
„Das urälteste auf dieser Welt, das sie zusammenhält?“, fragte Helena nach und lächelte dabei spöttisch, als würde die Antwort kinderleicht sein.
„Natürlich die Liebe.
Sie ist uralt und rein.
Sie ist das Gefühl das seit Urzeiten die Menschen auf der Welt zusammenhält“, erklärte sie und mir fiel es wie Schuppen von den Augen.
Sie sah zu Elijah, der ihr zulächelte, was sie glücklich erwiderte und da wusste ich es.

Liebe.
Er liebte sie.
Sie liebte ihn.
Das, wovon ich gehofft hatte, das es nicht eintreffen würde, es war schon geschehen.
Aber wieso veränderte es Elijahs Verhalten so stark?
Es erklärte allerdings warum er ohne jeglichen Grund glücklich war.
Verdammt, wieso hatte er sich in sie verlieben müssen?
Wollte er mich damit ärgern oder etwas ähnliches?
„Bruder, kann ich dir behilflich sein?“, fragte Elijah ernst, als er zu uns trat und ich sah es in seinen Augen, dass er mich gerade loswerden wollte.
Lächelnd schüttelte ich den Kopf.
„Nein, danke.
Ich hab herausgefunden was ich wissen wollte.“
Eigentlich konnte ich darüber wenig lächeln, meiner Meinung war die Tatsache eine Katastrophe, denn leider wusste ich, dass sie nicht so einfach zu beheben war.
Doch auch Elijahs verwirrte Miene, trug zu meiner guten Laune bei, die zum größten Teil allerdings nur gespielt war.

„Ich bin sicher, dass Katerina sich freuen würde, wenn du mit ihr tanzt“, erinnerte er mich, wieder mit dem Ziel, dass ich ging.
„Ein angenehmer Vorschlag.
Wenn ihr mich entschuldigen würdet, Helena, überlasse ich euch wieder der Obhut meines Bruders.“
Sie nickte knapp, wahrscheinlich ebenfalls glücklich mich loszuwerden.
Kurz sah ich Elijah noch einmal in die Augen, der meinen Blick erwiderte.
Dann wandte ich mich ab, suchte kurz nach Katerina und fand sie bei meinem Bruder Kol und meiner Schwester Rebekah.
Katerina lachte, anscheinend über etwas, dass er gesagt hatte.
Kol fand Katerina attraktiv, das hatte er gesagt sobald sie die Treppe heruntergekommen war und er fand sie auch schöner als Helena.
Diese Meinung teilte ich mit ihm.
Katerina war wirklich sehr schön, schöner als sonst eine Frau in diesem Saal, das war nicht zu bestreiten.
„Kol, erzählst du mal wieder einen deiner schlechten Witze?“, fragte ich nach.

Er ließ sich davon nicht aus der Ruhe bringen, sondern lächelte nur weiter und sah ziemlich selbstgefällig dabei aus.
„Sie sind nicht schlecht. Katerina kann dir das sicher bestätigen“, meinte er und sah mich herausfordernd an.
Ernst und auch mit ein wenig Wut erwiderte ich seinen Blick.
Nach dem eben Erfahrenen, war ich gerade äußerst leicht zu reizen.
„Bist du nur hier um schlechte Laune zu verbreiten oder um uns etwas zu bestimmtes zu sagen?“, fragte Rebekah und ich merkte, dass ich sie mit meinem Benehmen verärgert hatte.
Ich wandte meinen Blick von Kol nicht ab, zuckte dann aber mit der Schulter und lächelte.
„Weder noch, Schwesterherz. Ich bin hier wegen Katerina und wollte sie um den nächsten Tanz bitten“, erzählte ich meine ehrliche Absicht.
Falls es sie überraschte, so ließ sie es sich zumindest nicht anmerken.
Kol sah aber alles andere als glücklich darüber aus.
Ich wandte mich Katerina zu, die auf jeden Fall überrascht aussah.
Charmant lächelnd reichte ich ihr meine Hand. „Darf ich um den nächsten Tanz bitten?“, fragte ich sie nochmal persönlich.

Sie schien sich aus ihrer Starre befreien zu müssen, nickte dann aber glücklich. Katerina nahm meine Hand und ich führte sie zur Tanzfläche.
Ich spürte wie ihr Herz aufgeregt pochte und wie sie mich hoffnungsvoll ansah.
Mit ihr zu tanzen war ganz anders, als mit meiner Schwester. Es war weniger anstrengend. Im Gegensatz zu Rebekah, war sie nicht so nervig und penetrant.
Mein Blick huschte immer wieder dabei zu Elijah und Helena, die auch miteinander tanzten und sich die ganze Zeit über anlächelten.
Ich hatte ihn eigentlich immer für klug gehalten und nicht für so dumm sich von irgendwelchen überflüssigen Gefühlen zu leiten.
Das war etwas für Menschen und man konnte es nur bereuen.
Doch ihm das jetzt zu sagen würde wenig bringen. Er würde es sowieso nicht einsehen und möglicherweise schlecht darauf reagieren, wenn man ihn auf das offensichtliche und deren Folgen hinwies, die unweigerlich immer kommen würden.
Ich lächelte Katerina an, deren Herzschlag sich deswegen sofort zu verdoppeln schien.
Dieses reizende und wunderschöne Mädchen war der beste Beweis dafür.
Ihre naive Liebe zu mir würde sie ins Verderben führen und ich wäre dabei ihr Begleiter und später Vollstrecker.
Rückblick Ende



Kapitel 43: Ein Wunsch




„Die Liebe ist eine angenehme, doch wechselvolle Sphäre.“ (William Shenstone)




Elijahs Sicht:
Rückblick
Ich schaute hinauf in den Himmel.
Heute war Vollmond und wir hatten den Mondstein noch nicht bekommen.
Es war schwer meine Freude darüber zu verbergen. Obwohl es mir in Klaus Gegenwart relativ leicht gelang, es kam ganz automatisch.
Aber ich war froh, dass Kol und Rebekah schnell wieder abgereist waren.
In ihrer Gegenwart war ich viel zu schnell ich selbst und besonders Rebekah war gut darin Gefühle zu erkennen und zu deuten.
Sie hatte mir nach dem Ende des Festes offen gesagt, dass ich Tatia nie so betrachtet hatte, wie ich Helena ansah. Sie meinte meine Gefühle ihr gegenüber wären viel intensiver.
Wie immer war ich beeindruckt, dass sie es so schnell erkannt hatte, wobei ich selbst dafür viel länger gebraucht hatte.
Meine größte Sorge deswegen war allerdings, dass Klaus es rausfinden könnte und ihr etwas antat.
Eigentlich hatte ich schon den Verdacht, dass er etwas wusste, aber er tat ihr nichts.
Ich wusste nicht genau, ob ich darüber beunruhigt oder deswegen erleichtert sein sollte.
Allerdings entschied ich mich zu etwas ganz anderem, Vorsicht.

Als ich Schritte hörte, konzentrierte ich mich wieder auf die Gegenwart.
Es war Trevor, der mir entgegen kam und von dem ich eine Nachricht erwartete.
Abwartend sah ich ihn an, bis er begann zu sprechen.
„Der Mondstein ist bei den Werwölfen, die ihr Lager außerhalb von London haben. Wir müssen sie wohl töten, um ihn zu bekommen.“
Was anderes hatte ich nicht wirklich erwartet.
Sie würden uns den Stein wohl kaum freiwillig geben, aber das machte gar nichts.
„Das wird kein Problem sein.
Ich werde es Klaus berichten und wir werden morgen aufbrechen und die Sache erledigen, dann ist es endgültig vorbei.“
Es würde beim nächsten Vollmond vorbei sein.
„Welchen der Doppelgänger gedenkt Klaus zu opfern?“, fragte Trevor nach und ich erkannte Angst in seinen Augen.
Ich wusste er mochte Katerina und wollte damit auf keinen Fall ihren Tod.
Allerdings würde ich es nicht zulassen, dass Helena starb, das würde keine Option sein.
Kalt sah ich ihn an und er zog sofort demütig den Kopf ein.
„Verzeiht, ich nahm mir zu viel heraus“, sagte er sogleich.

Kurz sah ich ihn noch an, dann machte ich eine wegwerfende Handbewegung.
„Du kannst gehen“, erlaubte ich ihm und wandte mich von ihm ab, um zurück ins Schloss zu gehen, damit ich Klaus von der Neuigkeit berichten konnte.
„My Lord, ich dachte die Doppelgänger sollten nicht mehr allein heraus gehen“, warf Trevor ein, aber ich hatte keine Ahnung was er damit meinte.
Fragend drehte ich mich zu ihm um.
„Ich hab Helena in den Wald gehen sehen“, erklärte er auf meinen fragenden Blick.
Wütend presste ich die Lippen aufeinander und sah zur Seite, damit ich meinen Zorn nicht unangebracht an Trevor auslassen würde.
Wieso?
Wieso musste Helena sich nur so in Gefahr bringen? Sonst war sie doch die Vernünftigere der beiden Schwestern und dann ging sie ohne Begleitung in den Wald und das auch noch nachts.
„Gut, ich werde sie zurückbringen.“

Trevor nickte und verbeugte sich kurz, bevor er verschwand. Ich dagegen machte mich auf in den Wald um Helena zu finden.
Ich konzentrierte mich auf ihren Geruch und versuchte sie so zu finden.
Es dauerte eine Weile, sie musste ziemlich tief in den Wald gegangen sein.
„Ich werde es nicht vergessen!“, hörte ich ihre leise unsichere Stimme, die mir Auskunft gab, wo genau sie sich befand.
Was würde sie nicht vergessen?
Sprach sie etwa mit Jemandem? Aber außer ihr selbst nahm ich nichts weiter war. Sie war die ganze Zeit allein und ich hatte auch niemanden außer ihr in diesem Wald bemerkt.
Führte sie Selbstgespräche?
Ich fand sie, der Mond beleuchtete sie und auch wenn ich sie nur von hinten sah, wusste ich sofort, dass sie es war.
Ich würde sie immer und überall erkennen.
„Helena“, sagte ich und sie drehte sich ruckartig zu mir um. Ihre Augen waren panisch geweitet, so als hätte sie Angst.
Auch ich hatte Angst um sie gehabt. Aber dass sie welche hatte zeugte zumindest noch von gesundem Menschenverstand.
„Elijah, du bist es.“
Sie seufzte erleichtert und auch ich war beruhigt, dass es ihr gut ging. Ihr hätte sonst was geschehen können.
„Ich dachte…“ Sie beendete den Satz nicht, aber ich wusste auch so ganz genau was sie sagen wollte.

„Was machst du nur hier allein?“, fragte ich vorwurfsvoll und bemerkte so, dass meine Wut noch lange nicht verflogen war, aber die wollte ich nicht an ihr auslassen.
Ihr Blick glitt schuldbewusst zu Boden und spätestens dann konnte ich nicht mehr auf sie wütend sein.
Doch ich beschloss besser auf sie aufzupassen, sodass sowas nicht mehr so einfach geschehen konnte. Anscheinend brauchte sie eine rund um die Uhr Überwachung.
„Entschuldige, ich hab nur…“
Es schien, als wüsste sie nicht genau, wie sie sich ausdrücken sollte. „Es ist ziemlich peinlich.“
Peinlich? Was meinte sie nur?
Ich überwand die letzten Meter zwischen uns und sah sie fragend an. Aber ich war auch besorgt um sie, was ging in ihr vor? Wovon handelten ihre Gedanken?
Ihr Blick glitt wieder zum Waldboden und ich wusste, dass sie sich schuldig fühlte.
„Ich hab Selbstgespräche geführt.“
Ihre Worte kamen sehr schnell und ich hörte ihr Herz höher schlagen.
Selbstgespräche? Sie bestätigte meine Vermutung von vorhin.
Ich wusste, dass es ihr unangenehm war, deswegen ging ich nicht weiter auf das Thema ein.
Ich legte meine Hand auf ihre Wange und sie sah zu mir auf, sodass ich in ihre wundervollen braunen Augen gucken konnte.
„Bitte tu das nicht mehr. Komm nicht mehr hierher und vor allem geh nachts nicht allein hinaus. Ich mach mir Sorgen um dich“, manipulierte ich sie, obwohl ich das nie gewollt hatte.
Aber meine oberste Priorität war ihre Sicherheit geworden und wenn das bedeutete, dass ich sie auch vor sich selbst schützen musste, dann sollte es so sein.
Leicht nickte sie.
„Versprochen“, antwortete sie automatisch und mein Mund formte sich zu einem knappen Lächeln.

Ich hielt ihr meine Hand hin, die sie kaum einen Augenblick später ergriff.
Ich versuchte meine Horrorszenarien, von dem was ihr alles hätte passieren können, zu verdrängen. Mir graute es davor.
„Mir ist nichts passiert.
Ich hab mich nur erschreckt, als du da warst. Ich dachte es sei irgendein Tier“, erklärte sie. Sie hatte keine Ahnung. Sie wusste nicht was es alles für Gefahren für sie gab, von den normalen, menschlichen ganz zu schweigen.
Mein Körper verkrampfte sich und ich drückte ihre Hand fester.
„Im Wald gibt es Schlimmeres als Tiere“, meinte ich, mir bewusst, dass sie nicht wusste was ich eigentlich damit meinte. Aber vielleicht würde sie es ganz einfach auf Menschen beziehen, zumindest hoffte ich das.
„Kein Mensch geht nachts raus“, argumentierte sie.
Ich musste meine Wut unterdrücken, als ich wieder daran dachte, was ihr alles hätte passieren können.
„Ja, kein Mensch geht nachts raus“, verwendete ich ihre Worte gegen sie. Ich wollte meinen Zorn nicht an ihr auslassen, ich würde später einen anderen Weg dafür finden, jemand anderen, etwas anderes, was ganz sicher dabei kaputt gehen würde.
„Du brauchst dir keine Sorgen um mich machen, Elijah“, versicherte sie mir und sie hatte diesmal keine Ahnung wie sehr sie sich doch irrte.

Ich konnte nicht anderes, als darüber zu lächeln wie ahnungslos das Mädchen war, welches ich so sehr liebte.
Noch früh genug würde ich ihr von den Schrecken der Welt berichten, aber jetzt erst mal sollte sie noch ihren Frieden davor haben.
„Helena, ich werde mich immer um dich sorgen.“
Erklärte ich ihr aufrichtig und sah ihr in die Augen.
Ich hörte wie ihr Herz schneller schlug und es beflügelte mich nur noch mehr in meinen Gefühlen. Aber noch unglaublicher war ihr sanftes Lächeln.
Dabei fiel mir etwas Wichtiges ein.
„Ich hab etwas für dich“, meinte ich und ihr Blick wurde fragend und verwirrt.
Wir hielten inne und ich griff in meine Tasche. Schnell trat ich hinter sie und legte ihr eine Kette um. Ich konnte und wollte es auch nicht verhindern, dass meine Hand dabei ihren Hals berührte.
Die Kette hatte ich von den Hexen anfertigen lassen, der Anhänger war ein Lapislazuli-Stein, der länglich war, sechseckig, schmal und zu einer Spitze nach unten verlief. Sie hatten ihn verzaubert, sodass er einen Vampir vor der Sonne schützte.
Helena fasste danach.
„Er ist wunderschön“, flüsterte sie und drehte sich zu mir um, nachdem ich den Verschluss zugemacht hatte.
„Danke.“
Ihr Lächeln war ein noch größeres Geschenk, es machte sie noch schöner, als sie ohnehin schon war.
Wieder legte ich meine Hand auf ihre Wange und sah ihr in ihre braunen Augen, die durch die Nacht dunkler als gewohnt aussahen. Ich legte meine Stirn gegen ihre und atmete ihren unvergleichlichen Duft ein.

Sie war es, ihre Anwesenheit, machte diese Situation perfekt. Seltsamer weise konnte ich mir gerade nichts Schöneres vorstellen, als hier mit ihr zu stehen.
Als sie sich an mich drückte, nahm ich sie in die Arme. Ihr Körper war so zierlich und so zerbrechlich.
„Ich liebe dich, Helena“, gestand ich ihr und flüsterte diese längst überfälligen Worte in ihr Ohr. Sofort spürte ich wie ihr Herz unregelmäßig schneller schlug und freute mich darüber. Sie war das einzige Mädchen, das ich gerne aus dem Konzept brachte.
Ich merkte, dass sie weinte, sich aber näher an mich drückte.
„Ich liebe dich auch, Elijah“, erwiderte sie ebenso leiste und glücklich. Sanft strich ich ihr durch ihre wundervollen langen braunen Haare und küsste sie auf die Stirn. Mein Glück, das mich wie warme Wellen durchflutete, konnte ich wohl kaum verbergen und wollte es auch nicht.
Die Zeit verlor zum ersten Mal wirklich ihre Bedeutung in diesem Augenblick und ich wünschte mir, dass er nicht verfliegen würde.
Ich wünschte mir, dass wir ewig zusammen sein würden, denn ich wusste, dass es nichts Besseres auf der Welt gab als sie.
Sie war mein persönlicher Engel, der mich errettet hatte. Sie war einfach alles was gut war und ich wollte nicht, dass sie starb.
Rückblick Ende



Kapitel 44: Wie er




„Irgendwann kommt die Zeit wo man lernt Eiskalt zu sein um nicht selber kaputt zu gehen.“ (Unbekannt)




Klaus Sicht:
Rückblick
„Ich überlege immer noch, welche der Schwestern ich opfern sollte. Natürlich ist es im Prinzip egal, aber Katerina hat dieses Feuer. Sie würde sich sicher gut als triumphierendes Opfer machen. Helena, dagegen ist so zurückhaltend. Aber allein ihr Name hat was Philosophisches und sie hat diesen unschuldigen Faktor.“
Mit voller Absicht sprach ich dieses Thema an.
Es war doch besser als mit der Tür ins Haus zu fallen. Ich hätte ihn auch gleich sagen können, dass ich von seinen Gefühlen zu Helena wusste, aber wenn ich ehrlich war, so machte es auf diese Weise auch mehr Spaß.
Ich sah ganz genau wie sich seine Hand um das Buch, welches er gerade las, verkrampfte.
Er wollte wohl kaum, dass sie starb. Aber wenn, dann sollte er es mir sagen. Ich tat ihm sicher nicht von selbst, den Gefallen.
„Nimm Katerina“, sagte er mit überzeugender Stimme und ich war wirklich überrascht wie fest seine Stimme war.
Vor allem, dass er damit so leicht den Tod eines anderen bestimmte. Elijah war eigentlich so moralisch, dass er Opfer im generellen vermeiden wollte.

Mein Blick und meine ganze Aufmerksamkeit gehörten nun meinem Bruder.
„Hat das zufällig etwas damit zu tun, dass du all deine Zeit mit Helena verbringst?“
Ich bemerkte das kleine Zucken, welches er vor mir verbergen wollte, als ich ihn erwischt hatte, da ich mit meinen Worten natürlich vollkommen Recht hatte.
„Hab ich dir nicht oft genug gesagt, dass Liebe eine Schwäche ist und dann auch noch zu einem Menschen?“ Meine Stimme war spöttisch und tadelnd und sie verfehlten ihre Wirkung nicht.
„Ich will sie verwandeln“, offenbarte er mir seinen Plan, mit dem ich nicht wirklich gerechnet hatte, denn es bedeutete sehr viel.
Er wollte nicht die Ewigkeit weiter ohne sie verbringen.
Er wollte sie an seiner Seite wissen.
Das war der größte Liebesbeweis bei uns Vampiren und ich wusste, das ist das war, was ich für Tatia gewollt hatte, aber er nie für sie.
Eine Ewigkeit ohne sie kam für ihn nicht mehr in Frage und tatsächlich überraschte mich das.
Mein Bruder hatte so tiefe Gefühle für sie entwickelt, dass ich es nicht mitbekommen hatte und jetzt war es zu spät. Ich hatte gewusst es würde gefährlich werden, aber ehrlich gesagt hatte ich nicht damit gerechnet, dass er sich so sehr in sie verlieren würde. Allerdings schien er ihr tatsächlich verfallen zu sein.

„So viel Menschlichkeit hab ich lang nicht mehr in dir gesehen. Aber ich denke zum Wohle unserer Geschwisterbeziehung sollte ich dir das nicht verwehren.“
Es würde andernfalls einen Krieg heraufbeschwören, den ich kaum kontrollieren konnte. Ich würde meinen Bruder verlieren und das für immer.
Das wäre etwas, das ich auf keinen Fall mehr reparieren konnte.
Liebe war einfach unkontrollierbar und wenn man es herausforderte, machte sie einfach zu viel kaputt.
Ich verfluchte sie, dass sie Elijah gefangen genommen hatte.
Das hätte nicht passieren sollen.
„Gut, Helena ist frei. Ich werde Katerina opfern. Da es zwei von ihnen gibt, ist dies kein Problem“, erklärte ich und nickte ihn zu.
Ich hatte keine Wahl.
Beide waren nur Menschen, unbedeutend auf jeden Fall. Aber Elijah hatte Helena für sich auserwählt und das machte sie für ihn wertvoll und für mich unantastbar, außer ich wollte einen Streit provozieren.
Aber Katerina war noch immer unbedeutend und so würde sie das Opfer werden.
Elijah nickte mir dankbar zu.

Damit würde eine Doppelgängerin tatsächlich die Ewigkeit bei uns verbringen und ich würde mir immer wieder Tatias Gesicht ansehen müssen.
Ich vertrieb meine Gedanken. Nein, das machte mir nichts aus. Das durfte mir einfach nichts ausmachen.
Es sollte so unwichtig sein wie bisher. So wie in den letzten Jahrhunderten. So wie ich es perfektioniert hatte.
Was war sie schon?
Ein Menschen, bestenfalls ein einfacher Vampir, wenn Elijah sie zu unseres gleichen gemacht hatte.
Nichts sollte mir weniger ausmachen als das.
Tatia war Vergangenheit, sowie meine Menschlichkeit.
Sie hatte keine Bedeutung mehr.
Das Einzige was noch zählte war die Familie, ich würde sie beschützen, damit wir wieder zusammen sein konnten, sobald Vater starb.

„Wir müssen eigentlich nur noch abwarten.
Wir haben alles beisammen.
Mondstein, Doppelgänger, Werwolf, Vampir und Hexe.
Es fehlen nur noch der Vollmond und der richtige Ort.
Danach können wir uns einer weiteren Aufgabe widmen, dem Tod unseres Vaters. Sobald der Fluch gebrochen ist werde ich daran arbeiten.“
Ich blickte hinaus aus dem Fenster, es hatte ein Jahrtausend gedauert, aber nun würde es endlich soweit sein.
„Wir werden nie mehr weglaufen müssen.“
Frei sein, von ihm.
Nie müssten wir Angst haben.
Es würde endlich alles ein Ende haben.
„Wir haben lange darauf gewartet“, stimmte Elijah mir zu.
Seit damals, als wir zusammen am Grab unserer Mutter mit Rebekah geschworen hatten zusammen zu bleiben.
„Glaubst du Mikael hat etwas, dass er uns entgegensetzen kann?
Er scheint immer so sicher zu sein.“
Er war bisher noch das Einzige auf der Welt das ich zu fürchten hatte, aber selbst das würde vorbei gehen.

Elijah schüttelte den Kopf.
„Vater hat sich genauso verwandelt wie wir.
Er kann nicht stärker sein und auch nichts gegen uns in der Hand haben.
Wenn dann wüssten wir davon.
Er ist einfach gut im Bluffen.“
Stimmt, mein Bruder hatte Recht. Was sollte unser Vater schon gegen uns in der Hand haben?
Wir waren alle Urvampire, keiner von uns war stärker.
Erst wenn der Fluch aufgehoben worden wäre, würde ich stärker sein, denn dann könnte mir auch der Dolch nichts mehr anhaben.
Ich würde Kameraden haben, die genauso wären wie ich und es würde die Zeit kommen, wo unsere Familie wieder vereint wäre.
Natürlich ohne unsere Eltern, aber die hatten darin schon lange keinen Platz mehr.
Meine Mutter die mich verflucht hatte und mein Vater der mich jagte.
Nein, er war nicht mal mein Vater.
Die einzige, wirkliche Familie die ich noch hatte waren meine Geschwister.
Wir konnten wieder vereint sein und in Freiheit leben, nichts das uns mehr aufhielt, keine Grenzen auf dieser Welt.

„Ich werde ihn in einen Sarg einschließen und für ewig wegsperren.
Am besten auf den Grund des Ozeans, sodass ihn nie wieder jemand erwecken kann.
Dann werden wir die Stärksten sein und keiner kann uns aufhalten.“
Was für eine Vorstellung! Und Diejenige, die das vollbringen würde, die mir endgültig die Macht dazu geben würde, war die kleine Doppelgängerin.
Ein kleiner, unbedeutender Mensch, der nichts weiter wert war.
Irgendwie war das amüsant.
Das, was am schwächsten auf dieser Welt war, würde mir am meisten Kraft geben.
Diese Hexen und ihre Flüche, die waren schon merkwürdig.
„Er wird bedeutungslos und vergessen werden, wie alles andere auch“, stimmte Elijah mir zu.
Ja, vollkommen bedeutungslos.
Aber wir werden ihn wohl niemals vergessen.
Das was er uns angetan hatte, es definierte uns und das wir waren.
Er hatte uns zu dem gemacht was wir sind.
Alles seine Schuld.
Wir hatten gelernt damit umzugehen, damit zu leben und die einzige Möglichkeit dazu war eiskalt zu werden und alle Rücksicht zu verlieren.
Das hatten wir und nun waren wir genau wie er.
Aber das war gut, denn so wurden wir stark.
Rückblick Ende



Kapitel 45: Erwiderung




„Wenn einem die Treue Spaß macht, dann ist es Liebe.“ (Julie Andrews)


Damons Sicht:
Ich versuchte die Schmerzen in meiner Schulter so gut es ging zu ignorieren und richtete mich auf.
Charlotte kam zu mir und war sofort an meiner Seite um mir zu helfen, das war sie immer.
Sie war eine fürsorgliche, junge Frau, die ganz offensichtlich in mich verliebt war.
Es war nicht so schwer zu erkennen gewesen.
Sie hatte mich und Charles gepflegt und uns Unterschlupf gewehrt.
Sie hatte mit meinen Cousin dafür gesorgt, dass ich wieder gesund wurde, nachdem sich meine Wunde in der Schulter entzündet hatte und ich Fieber und Krämpfe bekommen hatte.
Kein Arzt konnte kommen, da natürlich alle mit dem Krieg beschäftigt waren.
Ich versuchte Charlotte so gut es ging zu ignorieren, wie ich es immer tat.
Sie war schön, liebevoll und auch völlig vernarrt in mich.
Normalerweise hätte ich das sofort ausgenutzt.
Aber meine Gedanken beherrschte einzig und allein sie, Elena und es gab kein anderes Mädchen auf der Welt, das es mit ihr aufnehmen konnte, weder vom Charakter noch von ihrem Aussehen und beides in Kombination machten sie perfekt, zumindest perfekt für mich.

Charles kam herein und er sah ein wenig gehetzt aus.
Er sah, wie Charlotte meine Wunde an der Schulter neu verband.
„Also, willst du die gute Nachricht oder die gute Nachricht hören?
Es gibt auch eine schlechte Nachricht, allerdings betrifft diese dich nicht“, erklärte Charles und verwirrt legte ich meine Stirn in Falten.
„Die schlechte Nachricht, die mich nicht betrifft“, meinte ich.
Es war gut die schlechten Nachrichten zuerst anzuhören, dann konnte es zumindest nicht mehr schlimmer kommen.
„Gut, ich muss zurück zur Armee und weiterkämpfen.“
Nein.
Entsetzt sah ich ihn an.
Während der Kampf sich immer weiter zuspitzte, musste er zurück?
„Wieso?“, fragte ich nach.
Er zuckte nur mit den Schultern.
„Nun ich bin nicht verletzt und damals hab ich mich freiwillig mit dir gemeldet, erinnerst du dich?
Jetzt muss ich meinen Dienst für das Land auch leisten.“

Das hatte ich schon verstanden, aber darum ging es mir nicht.
„Wieso hast du dich zurückgemeldet?
Sie dachten sicher wir wären tot.“
„Oder desertiert“, fügte er hinzu.
„Sie wussten nichts über unseren Verbleib, deswegen haben sie uns bei `Schicksal unbekannt` hinzugefügt.
Unsere Familien befürchten sicher schon das Schlimmste und machen sich Sorgen, außerdem will ich weiterkämpfen.“
Unverständlich sah ich ihn an, aber ich respektierte seine Entscheidung, wenn sie mir auch nicht wirklich gefiel.
„Die gute Nachricht?“, fragte ich nach und konnte mir plötzlich nicht mehr vorstellen, dass es die überhaupt gab oder dass sie wirklich so gut war, wie er behauptete.
„Du bist verletzt und sie können dich nicht gebrauchen. Du wirst zur Erholung nach Hause geschickt.
Charlotte hatte ihnen bestätigt wie schwer deine Verletzungen sind und als du krank warst, kamen auch ein paar Soldaten vorbei um das zu bestätigen, in diesem Zustand können sie nichts mit dir anfangen.“

Warte.
Wollte er mir damit sagen ich konnte nach Hause?
Ich konnte in meine Heimat zurück.
„Du kannst auch hier bei mir bleiben. Du musst nicht mit deiner Verletzung nach Hause, Damon. Das würde dich nur belasten“, sprach Charlotte, doch wie immer ignorierte ich sie.
Sie verstand es einfach nicht. Sie wollte nicht erkennen, dass mein Herz für eine andere schlug und dass ich allein mit den Gedanken an sie glücklich war.
Charles ignorierte sie ebenfalls, da er genau wusste, dass ich nie von meiner Meinung abweichen würde und er fand ihre Annäherungsversuche deswegen geradezu lächerlich.
„Jetzt kommt die wohl noch bessere Nachricht, zumindest wirst du das wohl so sehen.
Ein Brief von deiner Freundin“, sagte er locker und reichte mir einen Umschlag.
Geschockt sah ich ihn an und all die schlechten Gefühle drehten sich in meinen Magen um und wurden langsam zu einem guten Gefühl.
Freude.
„Damon, ich-“

Bestimmend hob ich meine Hand hoch und unterbrach damit Charlottes gestammelte Worte, die noch geschockter auf den Brief reagierte.
Ich nahm ihn entgegen und merkte noch wie Charles Charlotte aus dem Raum zog, um mich allein zu lassen.
Begierig verschlang ich die Zeilen auf dem Brief.

Lieber Damon,

Weißt du noch, als ich gesagt hab, ich wüsste nicht viel über die Liebe, außer dass sie zerstörerisch ist?
Also das war gelogen...
Ich weiß so einiges über die Liebe.
Ich hab sie gesehen!
Ich hab Jahrhunderte und Jahrhunderte davon gesehen, die Geschichte der Menschen gelesen, am Ende dreht sich alles nur darum.
Ich hab beobachtet wie die Menschen sich um mich verliebten und gelesen was die Liebe alles bewirken kann.
Das war das Einzige, was es mir erträglich gemacht hat diese Welt dennoch zu lieben, auch wenn sie voller Übel und Grausamkeit ist.
All diese Kriege, Schmerz, Lügen und Hass.
Ich wollte mich abwenden und nie wieder hinsehen.
Aber Zeuge zu werden, wie Menschen sich gegenseitig lieben…
Ich meine, man könnte in den entferntesten Winkeln des Universums suchen und doch würde man nie etwas Schöneres finden.
Deswegen, ja ich weiß, dass Liebe bedingungslos ist, aber ich weiß auch, sie ist manchmal unvorhersehbar, unerwartet, unkontrollierbar, unerträglich und seltsamer Weise sehr leicht mit Hass zu verwechseln ist.
Was ich damit sagen will Damon...
Ich denke ich liebe dich.
Mein Herz, es fühlt sich an als ob mein Brustkorb es kaum mehr halten kann, als sei es, als ob es auf einmal nicht mehr mir gehört, denn es gehört jetzt dir und wenn du es wolltest, würde ich von dir nichts als Gegenleistung verlangen.
Keine Geschenke, keine Güter, keine Beweise der Hingabe oder sonst etwas.
Ich würde nur wissen wollen ob du mich auch liebst.
Nur dein Herz, im Tausch gegen meins.
Ich wünsche mir, dass du zu mir zurückkommst, wo immer du auch bist.
Ich hoffe mein Bote erreicht dich, denn ich kann nicht glauben, dass du tot bist und ich denke an deine Worte, mit denen du mir versprachst, dass du wiederkommst.
Denn die Welt, meine Welt, ist eine bessere mit dir darin.

In Liebe,
Elena

Immer und immer wieder las ich den Brief, besonders die Worte, in denen sie mir ihre Liebe erklärte.
Ich hatte ihr gestanden, dass ich sie liebte, in einem Brief und kam mir damit total unromantisch vor, da ich es ihr lieber persönlich sagen wollte.
Aber bei ihr war es perfekt.
Nichts klang für mich gerade schöner und ich versuchte mir bei ihren Worten dazu ihre Stimme vorzustellen.
Sie liebte mich und ich sie.
Ich hatte mir bei unserem Spaziergang mal vorgestellt, dass es wirklich nur das Einzige war, was ich von ihr wollte.
Ihr Herz im Austausch gegen meines.
Es gab auch nichts mehr das sie von mir wollte.
Ich hatte meines längst an sie verloren.

Sofort packte ich den Brief in mein schwarzes Notizbuch, zu den anderen von ihr.
So schnell ich konnte packte ich die wenigen Sachen, die ich besaß und bei der Schlacht bei mir getragen hatte ein, es war nicht viel und passte alles an meinen Körper.
Ich zog das Hemd von ihr an, das Charlotte gewaschen und geflickt hatte.
Es sah ein wenig in Mitleidenschaft gezogen aus, aber für mich war es noch immer das Schönste was ich besaß.
Als ich aus dem Zimmer ging, sahen mich die beiden geschockt an.
„Wo willst du hin?“, fragte Charlotte total panisch. „Du bist verletzt und geschwächt. Du kannst noch nicht gehen. Das wäre töricht!“
Sie rannte zu mir und stellte sich mir in den Weg, um mich aufzuhalten, aber gerade hatte ich wirklich keine Nerven für ein kleines, dummes Mädchen, das mit ihren hoffnungslosen Gefühlen nicht zu Recht kam und versuchte mich aufzuhalten.
Aus diesem Grund packte ich sie an den Handgelenken.
„Jetzt hör mir genau zu, Charlotte!
Es gibt nichts das ich von dir will und es ist völlig ausgeschlossen, dass ich jemals mehr als Dankbarkeit für dich empfinden würde, dafür das du mich gepflegt hast.
Ob ich verletzt bin oder nicht ist vollkommen egal!
Ich gehe jetzt zu dem Mädchen zurück, das ich mehr als alles auf der Welt liebe und die mich im Übrigen ebenfalls liebt, weswegen das keine verlorene Sache ist.
Also wag es nicht dich mir in den Weg zustellen, denn dann werde ich wirklich böse und das will ich nicht.“

Ich war nicht jemand der Frauen schlug oder überhaupt zu ihnen ein schlechtes Wort sagte, aber dieses Mädchen regte mich auf.
Sie wollte mich von Elena abhalten und da sah ich nun einmal schwarz.
Elena liebte mich und jetzt gab es nichts mehr, das mich von ihr fern halten würde.
Sie liebte mich!
So wie ich sie.
Nichts könnte besser sein.
Nie war etwas besser gelaufen in meinem Leben als das. Es war das Beste, sie war das Beste, was mir je geschehen war und nicht nur das, es wurde sogar akzeptiert. Mein Vater würde mir deswegen nicht im Wege stehen, er begrüßte das Mädchen auch noch.
Nicht dass seine Meinung zählte, aber so würde er niemals dazwischen funken.
„Danke, Charlotte“, sagte ich eindringlich und sah die Tränen, die über ihr Gesicht liefen.
„Leb wohl!“, verabschiedete ich mich von ihr und ging an ihr vorbei.
Charles folgte mir und ich atmete tief die Luft von draußen ein und ignorierte diesmal den brennenden Schmerz in meiner Schulter.
Denn der war bedeutungslos, im Gegensatz zu ihr.



Kapitel 46: Zorn




„Wohl fühl ich, welchen Groll ich vollbringen will, doch über mein Erbarmen siegt des Zornes Wut, die stets die größten Leiden bringt den Sterblichen.“ (Medea Euripides)




Elijahs Sicht:
Meine neuste Information führte mich zu einem kleinen, verlassenen Häuschen am Rande eines Dorfes.
Eindeutig ein abgeschiedener Unterschlupf.
Es war unnötig zu klopfen, meine Ankunft wurde nicht nur erwartet, auch so würden sie es spüren, dass ich da war.
Rosemarie stand an der Tür, neben ihr eine alte Frau.
„Bitte ihn hinein“, manipulierte sie die Frau.
Ein Hausschutz, äußerst praktisch. Aber Rosemarie war schon immer die Klügere der beiden gewesen.
„Kommen sie bitte herein“, bat mich die Frau und ich trat in die Hütte hinein, die von innen gemütlicher und schöner aussah als von außen.
Anscheinend lebte sie hier.

Ich entdeckte Trevor, der angsterfüllt an einer Wand stand und ich unterdrückte meinen Impuls ihm sofort das Herz aus der Brust zu reißen.
„Rosemarie, was gibt dir den Mut dich mit mir in Verbindung zu setzen?“, fragte ich sie direkt.
Sie bedeutete mir mich hinzusetzen, doch ich bevorzugte es lieber zu stehen.
Sie tauschte mit Trevor einen Blick aus.
„Katerina Petrova“, sagte sie.
Unbeeindruckt wandte ich mich von ihr ab und besah mir weiter den Raum.
„Was ist mit ihr?
Hast du sie in deiner Gewalt?“, fragte ich nach.
Wenn es so war, interessierte mich das nur im Mindesten. Ich würde sie befragen und dann zu Klaus schicken, sie war mir eigentlich egal.
„Wir wissen wo sie ist und ihre Schwester, Helena.“
Vorsichtig drehte ich mich zu ihr. Abwartend sah ich sie an.
„Wo?“, formulierte ich schlicht meine Aufforderung.

Rosemarie fühlte sich gerade unbehaglich, man sah es ihr an jede ihrer Gesten an.
„Ich weiß dir kann man vertrauen, aber ich brauche dein Wort.
Ich will meine Freiheit wieder und nicht mehr weglaufen müssen.“
Ich ging einen Schritt auf sie zu und sah ihr ernst in die Augen. Mit einem Nicken gestand ich ihr dies zu.
„Ich begnadige dich, wenn du mir konkrete und korrekte Informationen gibst.
Stellen die sich als falsch heraus, werden wir dich weiter jagen und du wirst sterben.
Darauf hast du mein Wort.“
Sie schluckte merklich, schien aber tatsächlich überzeugt zu sein.
„Sie sind hier in Virginia. In einer Kleinstadt namens Mystic Falls. Die beiden geben sich als Waisenkinder aus, die ihre Familie in einem Feuer in Atlanta verloren haben.
Sie nennen sich Katherine und Elena Pierce und haben in einer Villa bei der Familie Salvatore Unterschlupf gefunden“, erklärte mir Rosemarie.
Da war sie also.
Noch nie war ich meinem Ziel so nah gewesen wie jetzt.
Sie war hier, gar nicht weit von mir entfernt und das in der Stadt, die nun dort steht, wo ich früher mit meiner Familie gelebt hatte.
Was für eine Ironie des Schicksals.

Ich wandte mich an Trevor, der kaum merklich zu zittern begann.
„Ich habe lange auf diesen Tag gewartet und ich entschuldige mich dafür, was damals passiert ist“, erklärte er, aber ich war nicht gewillt ihm zu verzeihen.
„Eine Entschuldigung ist vollkommen unnötig.“
Er würde sowieso sterben. Nie hatte ich mein Wort auf seine Begnadigung gegeben und es gab nichts, kein Wort, das mich davon abhalten würde, ihm sein wohlverdientes Ende zu geben.
„Nein, ist sie nicht.
Du hast mir mit Katerina vertraut und ich hab dich verraten.
Es tut mir leid, was geschehen ist.“
Schlimmer noch als Katerinas Verrat bei dem er ihr geholfen hatte, waren die Folgen dessen gewesen, was sie getan hatten.
Helena war weg.

„Ich verstehe was geschehen ist und dass Rosemarie dich wegen ihrer Loyalität gedeckt hat, aber wo war deine Loyalität gewesen?“, fragte ich nach und sah ihm in die Augen.
„Ich bitte dich um Vergebung“, bat er demütig und senkte dabei seinen Kopf.
„Sie sei dir gewehrt“, erklärte ich. Zumindest nach seinem Tod.
Mit einer einzigen Bewegung schlug ich seinen verräterischen Kopf ab.
Rosemarie schrie auf und schluchzte lautlos.
„Du!“, sagte sie drohend, doch ich hob die Hand.
„Nicht, Rosemarie. Du bist doch jetzt frei. Ich hab es dir versichert, oder etwa nicht?
Ich halte mein Wort.“
Sie fing stumm an zu weinen, um über ihren toten Freund zu trauern.
„Sollte das wahr sein, was du mir gesagt hast, betrachte das hier als deine Begnadigung und auch als Warnung mich nie wieder zu verärgern.“
Eine letzte Warnung war nicht schlecht, angesichts dessen was sie schon einmal getan hatte und manche waren nun einmal geneigt ihre Fehler zu wiederholen.
Aber gerade war ich mir sicher, dass Rosemarie dies nie wieder tun würde.

Mein Blick fiel auf die alte Frau, die vollkommen still war, wozu sie wahrscheinlich manipuliert worden war, dann verließ ich diese Hütte.
Endlich hatte ich ein konkretes Ziel, der Ort wo Helena sich aufhielt oder auch Elena, wie sie sich nun nannte.
Aber das war egal, nach über dreihundert Jahren würde ich sie nun endlich wiedersehen und ich hatte immer noch keine Ahnung was ich tun sollte.
Vielleicht würde ich es wissen, wenn ich sie sah und mir würde die Antwort einfach zufliegen.
Ich war gespannt auf ihren Gesichtsausdruck und ob sie sich fürchten würden.
Sie wäre dumm, wenn sie es nicht tun würde.
Ihre Schwester würde ich Klaus übergeben, er wusste sicher schon was er mit ihr tun würde.
Bestrafung und Rache für ihren Verrat, sie würde leiden müssen und sich den Tod wahrscheinlich herbeisehnen.
Allein diese Gewissheit würde sicher auch Helena um den Verstand bringen.
Die beiden Schwestern waren immer so fixiert aufeinander gewesen und das Schicksal der Anderen hatten sie über sich selbst gestellt.
Helena war mit Katerina nach London gekommen. Katerina war um die Sicherheit ihrer Schwester besorgt gewesen.
Ein Band zwischen beiden, das wohl demnächst gekappt werden würde.
Eigentlich überraschte es mich nicht, dass sie zusammen unterwegs waren. Es wäre merkwürdig gewesen, wenn Rosemarie nur gewusst hätte wo eine von ihnen war.
Zusammen waren die beiden ziemlich clever, zumindest so sehr, dass sie es geschafft hatten, uns über dreihundert Jahre zu entfliehen.

Doch endlich war damit Schluss.
Es würde bald ein Ende haben und ich würde Helena wiedersehen.
Das perfekte Mädchen, zumindest hatte ich das einmal vor langer Zeit gedacht.
Jetzt war sie eine unsterbliche Verräterin, die dafür büßen und ihr Schicksal wohl noch früh genug verfluchen würde, dafür würde ich Sorge tragen.
Ich wusste, dass mein Zorn groß war und dass er schon vielen Unschuldigen das Leben gekostet hatte, aber es war schwer ihn zu kontrollieren und ehrlich, ich war nicht gewillt, es überhaupt zu versuchen.
Wieso auch?
Immer wenn ich daran dachte würde er mich von neuem überwältigen und ich dachte eigentlich ständig daran.
Da war ein Kampf aussichtlos.
Also ergab ich mich vollkommen meinen schwarzen Gefühlen, von denen ich genau wusste, dass sie sehr zerstörerisch waren.

Ich dachte zurück an die schönen Zeiten mit ihr, in denen meine Gefühle ebenso stark waren, aber weniger gefährlich.
Wir saßen in der Bibliothek und lasen einfach nur.
Trotzdem fehlte mir meine Konzentration und ich hatte immer wieder zu ihrem bezaubernden Antlitz gesehen. Sie hatte sich darüber beschwert, da ich ihr mit meinem Starren selbst die Konzentration raubte.
Nichts war schöner gewesen, als mit ihr auf dem Sofa vor dem Kamin zu sitzen und bei ihr zu sein,
Tee zu trinken und wenn wir nicht mehr sitzen konnten, im Garten zu spazieren.
Aber letztendlich hatte sie all das verraten und war abgehauen.
Mit ihrer Schwester war sie einfach verschwunden. Für sie war all das bedeutungslos gewesen und sie hatte sich ohne zurückzublicken einfach davon abwenden können.
Sie war eine bessere Schauspielerin, als ich je vermutet hatte.
Eine Verräterin.
Sie hatte meine Liebe mit Füßen getreten, das Mädchen das alles für mich gewesen war, hatte sich ohne Bedauern davongeschlichen.
Und jetzt war all die Liebe nur noch bitterer Hass und allauslöschender Zorn, den sie zu spüren bekommen würde.
Nicht mehr lang und ich würde zu meinem verräterischen Mädchen zurückkehren.



Kapitel 47: Hilfe




„Ich lächle, damit ich nicht erklären muss, wie scheiße es mir geht…“ (Unbekannt)




Stefans Sicht:
Ich saß in der Bibliothek und hatte mich in meine Studien vertieft, die mich seltsamer Weise von der Wirklichkeit ablenkten.
Wenn ich mich auf Fakten konzentrierte, hatte ich keine Zeit über anderes zu philosophieren.
Sicher war es nicht der beste Weg, sich wegen Trauer in Arbeit zu stürzen, aber es half nun einmal.
Ich hielt Vaters Schweigen nicht aus und Katherine, wie sehr sie mich auch zu trösten versuchte und wie sehr es auch half, meist schickte ich sie zu ihrer Schwester, die ihrer Meinung verrückt war und nicht in der Wirklichkeit lebte.
Bücher dagegen, sie halfen seltsamer Weise der wirklichen Welt zu entfliehen, auch wenn ich dadurch nicht in eine andere abtauchte, sondern einfach nur Fakten paukten.
So kam ich weiter mit meinen Studien und würde schon bald studieren können.
Vater unterstützte diesen Plan.

Ich sah auf, als Katherine in den Raum hinein trat, mit ein paar Büchern in der Hand.
Sofort stand ich auf, wie es sich gehörte.
Fragend sah ich sie an.
„Elena liest sehr viel, anscheinend hilft es der Wirklichkeit zu entfliehen und sie muss sich so wohl nicht den Tatsachen stellen.“
Sie warf einen Blick auf den Schreibtisch, an dem ich saß.
„Es scheint nicht nur Einbildung zu sein“, meinte sie und zog prüfend eine Augenbraue hoch.
Sie ging zu einem Bücherregal und stellte die Lektüre, die Elena wohl verschlungen hatte, wieder weg. Dafür holte sie ein paar neue Bücher heraus.
„Sie liest so viel, wie schon lange nicht mehr.
Bis auf das und zu ihren Chorproben zu gehen, macht sie gar nichts mehr.
Ich versuch sie zu überreden mit mir einkaufen zu gehen, weil wir ein Kleid brauchen, aber sie will nicht.
Jetzt werde ich für uns beide eins aussuchen“, meinte sie bestimmend.

Ein neues Kleid?
Dann fiel mir auf, was mein Vater erwähnt hatte, aber meist war meine Konzentration, bei den sowieso schweigsam gewordenen Tischgesprächen, nicht sehr hoch.
„Der Gründerball, richtig?“, erinnerte ich mich.
Sie sah mich prüfend an, nickte dann aber.
„Der Gründerball, in der Tat.
Wird wohl kein sehr freudiges Ereignis.“ Ihre Stimme klang traurig und ich wollte nicht dass sie auch noch traurig war.
In diesem Haus kämpften alle mit Damons Verlust und sie versuchte zu helfen und zu trösten wo sie konnte, da sie nur durch uns betroffen war.
„Würdest du…“ Ich stoppte und atmete tief durch, um das besser hinzu bekommen.
Ich zwang mich zu einem Lächeln und sah ihr in die Augen.
„Willst du zusammen mit mir dahin gehen?“, fragte ich sie.
Ein Schweigen entstand und die Stille zerriss mich förmlich.
Ihr Blick war skeptisch und prüfend, als wollte sie damit mein Innerstes ergründen.

Sie kam zu mir, um den Schreibtisch herum und stellte sich vor mich.
Katherine legte ihre Hand auf meine Wange und zwang mich ihr in die Augen zu sehen.
„Das ist wirklich sehr süß von dir, Stefan.
Auch wenn es dir schwer fällt, ich weiß es. Danke.
Ich freue mich darauf und werde mir Mühe geben das du an diesem Abend auch ein wenig glücklich bist.
Ich hoffe meine Gesellschaft kann das bewirken“, sprach sie ehrlich aus und selbst in dieser wirklich beschissenen Zeit, schaffte sie es, dass mein Herz unkontrolliert höher schlug.
Sie war einfach etwas Besonderes und schaffte so etwas.
Wie konnte ich nicht sagen.
Aber sie hatte die Macht, dass es mir besser ging und dass die Welt, wie grausam sie auf mich auch wirkte, schöner wirkte durch sie.
Da wo sie war, brannte das Licht.
In vollkommender Dunkelheit schaffte sie es meine Welt zu erstrahlen und mich aus meinem Schmerz herauszuführen, sei es auch nur für Sekunden.
„Ich bin sicher ich werde Spaß haben“, versicherte ich ihr.

Es war schwer in ihrer Gegenwart unglücklich zu sein, denn sie nahm die Last von meinem Herzen.
Wenn sie bei mir war, fühlte sich mein Herz leichter an und der Knoten in meiner Kehle begann sich zu lösen.
Ich lächelte sie an und sie erwiderte meinen Blick, leider aber nur traurig.
„Du musst nicht lächeln, wenn es dir schlecht geht.“
Diese Worte erwischten mich eiskalt, sie hatte es schon vorher gemerkt.
Ich lächelte immer, wenn es mir schlecht ging.
Das machte es leichter, für alle anderen zumindest. Ich kam damit einfach klar.
Ich nahm ihre rechte Hand in meine, führte sie zu meinen Lippen und küsste sie.
„Du hast recht, meist lächle ich, obwohl mir nicht im Entferntesten dazu zu Mute ist.
Doch gerade jetzt und meist immer wenn ich dich sehe, dann lächle ich wegen dir, einzig und allein wegen dir.
Weil alles so viel schöner ist, wenn du da bist.
Weil ich dann glücklich bin und der Schmerz zumindest ein wenig vergessen ist“, erklärte ich ihr.
Es sah aus, als wusste sie nicht ob sie weinen oder lächeln sollte.

Am Ende entschied sie sich aber dafür zu lächeln und ich bewunderte sie dafür nur noch mehr.
Sie war so eine starke Frau, das sie damit dem ganzen Weltbild der Frau widersprach, das alle hatten.
Wenn alle Katherine kennen würden, sie so kennen würde wie ich, wenn sie es sehen konnten, so sehen konnten wie ich, dann würden sie niemals glauben, dass eine Frau schwach war.
Im Gegensatz zu ihr wirkte ich wie ein schwächliches Kind.
Sie dagegen kam mit all dem hier zurecht, war stark und half ihrer Schwester und mir.
Durch sie besaß dieses Haus noch so etwas wie ein wenig Normalität.
„Danke, Stefan“, flüsterte sie mir zu.
Dabei war ich es doch, der ihr danken musste.
Dafür das sie da war, dafür das sie half, dafür das sie einfach nur geboren war.
Sie beugte sich zu mir hoch und küsste mich auf die Wange, dann nahm sie die Bücher für ihre Schwester und verschwand aus den Raum.
Die Stelle an der sie mich geküsst hatte, brannte noch immer wie Feuer.
Wie ein Orkan schaffte sie es meine Gefühle durcheinander zu bringen und diesmal ließ sie mich zurück.
Nicht mit meiner Einsamkeit, sondern mit einem tief verankertem Gefühl.
Einem das mir sagte, dass obwohl ich meinen Bruder verloren hatte, ich nicht mein ganzes Leben deswegen verloren hatte.
Das ich immer noch Hoffnung hatte und diese manifestierte sich auf sie.

Sie war meine Stütze.
Sie war meine Hilfe.
Sie war meine Rettung.
Und falls ich sie vorher schon geliebt hatte, so liebte ich sie jetzt nur noch mehr.
Oder falls ich sie vorher noch nicht geliebt hatte, so liebte ich sie spätestens jetzt.
Wie ich es auch drehte und wendete.
Ich liebte diese Frau, für all das was sie war.
So verspielt, anspruchsvoll, unüberlegt oder auch egoistisch sie manchmal war, ich liebte sie für all das.
Denn was auch immer sie alles war, etwas von ihr bewegte sie mich zu mögen und mir zu helfen.
Sollte es auch nur Egoismus sein, mir war es egal.
Ich liebte sie und ich konnte nicht mehr von ihr loslassen.
In dieser traurigen Welt, war sie das Licht.
Mein Licht.
Alles war verloschen, doch sie strahlte weiterhin hell für mich und errettete mich mehr als Fakten von Büchern.
Mehr als mein Vater, den ich noch hatte.
Am Ende war es nur sie die ich wirklich brauchte, die mir einzig helfen konnte.
Wieso es so war, wusste ich nicht.
Aber ich beschwerte mich ganz bestimmt nicht und zum ersten Mal konnte ich Gott und dem Schicksal wieder danken.
Denn es hatte mir diese Frau gegeben, die mein Lächeln zumindest bei ihr echt zaubern lassen konnte.

Unbeholfen setzte ich mich wieder hin.
Plumpste mit dieser Erkenntnis über meine unverhoffte Hilfe zurück.
Meine Gedanken kreisten sich zum ersten Mal nicht um Damons ungewissen Verbleib, sondern um sie.
Ich hatte das gefunden, von dem sie gesprochen hatte.
Den Grund jeden Tag wieder gegen den Schmerz und den Verlust anzukämpfen.
Den Grund weiterzumachen und nach vorn zu blicken.
Ihrer war ihre Schwester gewesen.
Meiner war sie.
Katherine.
Das Mädchen, das ich liebte und davon würde mich nichts abbringen.
Sie die mir die Hilfe durch sich selbst brachte.
Sie war meine Heilung.



Kapitel 48: Rückkehr




„Was immer ich auch lesen konnte und erfahren durch Erzählung, durch Geschichte: Wahre Liebe lief nie reibungslos.“ (William Shakespeare)



Elenas Sicht:
Eine Stille beherrschte den Tisch und seine dort sitzenden Gäste seit Damons ungewissem Verbleib.
Doch das war das Einzige, das wahr war.
Damons Verbleib war ungewiss.
Aber nicht für immer. Noch nie war ich mir bei etwas so sicher gewesen.
Und als voller Hektik eine Sklavin von draußen herein gerannt kam, bestätigten sich nach endlosen Wochen endlich meine Worte.
„Meine Herren, meine Herren!“, rief sie aufgeregt und alle schauten sofort verwirrt und unwissend auf.
„Er ist zurück! Der junge Herr kehrt zurück!“
Man hätte eine Stecknadel in diesem Raum fallen lassen können, alle wären zusammengezuckt.
Reines Glück durchfloss jede Ader meines Körpers.
Ich sprang auf und der Stuhl kippte achtlos nach hinten, bevor ich wohl wenig damenhaft hinausrannte, mein Kleid dabei raffte, damit es mich nicht behindern konnte.
Durch meine gute Sicht als Vampir sah ich ihn schon von weitem und lief auf ihn zu.

Sobald er mich sah lächelte er voller Freude und kam schneller auf mich zugelaufen.
Jede Sekunde die verging war zu viel und endlich konnte ich mich in seine Arme werfen.
„Damon“, flüsterte ich und betastete mit meinen Händen seinen Kopf um zu überprüfen, ob dies tatsächlich kein Traum war, während ich an seiner Schulter weinte.
„Elena, ich bin wieder da“, sagte er überflüssigerweise, doch es war mir egal.
„Ja, du bist wieder da“, bestätigte auch ich unnötig.
Aber all das war egal.
All das war bedeutungslos, denn er war wieder bei mir.
„Geh nie wieder weg, bitte geh nie wieder weg“, flüsterte ich weinend und sein Griff um mich verstärkte sich.
„Ich verspreche es“, flüsterte er zurück und ich wollte ihn nie wieder loslassen.
Es war einfach die schönste Wirklichkeit der Welt, dass er wieder zurück war.
Nichts konnte dies trüben.

„Das ist unmöglich“, hörte ich die Stimme meiner Schwester hinter mir und ließ widerwillig von Damon ab, blieb aber weiterhin bei ihm stehen, während seine Hände um mich geschlungen blieben.
Katherine lächelte uns beide an.
Sie fragte nicht nach oder kommentierte es anderweitig, sie freute sich wohl einzig allein über die Tatsache, dass es so war.
Auch Damons Vater und Stefan standen da.
Guiseppe schien einfach nur ungläubig zu sein und Stefan einfach nur fassungslos.
Damon ließ mich los und ging auf die beiden zu.
„Stefan“, sagte er und dann sah ich wie sich Stefans Gesicht vor Wut verzog, ausholte und Damon seine Faust ins Gesicht schlug und dieser nach hinten fiel.
Erschrocken eilte ich sofort zu ihm.
„Damon!“, entkam es meinen Lippen, während ich ihn in meine Arme zog und er sich die Wange hielt.
„Ich nehme an das hab ich nach meiner Rückkehr verdient.
Ich meine ich bin durch meine Schussverletzung sowieso schon für den Dienst untauglich, da ich keine Waffe mehr halten kann.
Wir wollen natürlich nicht, dass meine Genesung schneller verläuft.“
Seine Worte trieften vor Sarkasmus, doch so wirklich hatte ich nur eines gehört und alles andere eher überhört.
„Du bist verletzt?“, rief ich entsetzt und er verzog das Gesicht, als ich meinen Griff unwillkürlich verstärkt hatte.
Um seine Schulter… oh, oh…

Sofort fasste ich ihn sanfter an und half ihm vorsichtig hoch.
Guiseppe kam auf uns zu und legte seine Hand auf seine unverletzte Schulter.
„Willkommen zu Hause, mein Sohn.
Du bereitest uns mit deiner Anwesenheit allen eine große Freude, besonders dem Mädchen an deiner Seite.“
Damons Blick fiel auf mich und er lächelte mich an, ich konnte gar nicht anders als zurück zu lächeln.
„Ich nehme an für deine Pflege ist bereits gesorgt“, sprach er weiter und wandte sich dann an die Diener und Sklaven, die etwas abseits standen.
„Bereitet sofort das Zimmer meines Sohnes vor, er braucht Erholung.“
Guiseppe fuhr damit fort den Dienern alle Befehle zu erteilen.
Dass gekocht werden sollte, das Bett frisch bezogen werden würde, es überall geputzt werden sollte, Kleidung zu Recht gelegt werde.
Ich stand dagegen nur glücklich an Damons Seite und befand mich in vollkommener Glückseligkeit.
Damons Blick lag auf seinem Bruder, der ihn noch vor einer Minute geschlagen hatte.
Stefan sah irgendwie wütend aus.
Etwas anderes konnte ich nicht aus seinem Gesicht lesen.
Dann aber flutete ein anderes Gefühl seine Gesichtszüge und zwar wie bei mir handelte es sich dabei um ungläubige Freude und Glück.
„Du dämlicher Idiot! Willkommen zu Hause, Bruder“, sagte er und ich trat zur Seite, damit sich die beiden umarmen konnten.

Katherine nahm mich ebenfalls lächelnd in den Arm und ich konnte mir keinen schöneren Augenblick auf dieser Welt vorstellen.
„Der Schlag war echt gut, Stefan.
Du bist doch nicht so ein Schwächling, wie ich immer dachte.“
Anscheinend hatte Damon nichts von seinem Humor verloren.
„Oder du bist einfach verweichlicht, dass du dich davon aus der Fassung bringen lässt“, gab Stefan locker zurück und sowohl ich als auch Katherine kicherten, was die Aufmerksamkeit der Jungs auf uns zurücklenkte. .
Sie lächelten uns voller Freude und Liebe entgegen.
„Übrigens sind sie zur besten Zeit zurückgekehrt, Mister Salvatore“, sprach Katherine aus und Damon schenkte ihr einen fragenden Blick.
„In zwei Tagen ist der Gründerball von Mystic Falls“, erklärte Stefan seinem Bruder, die beiden hatten einen Arm auf der Schulter des jeweils anderen.
„Exakt und meine kleine Schwester hat noch immer keine Begleitung.
Sie sind also genau richtig zu ihrer Rettung zurückgekehrt.
Sie müssen sich also schnell erholen um zumindest einmal mit ihr tanzen zu können“, übernahm Katherine weiterhin für mich das Reden.

Damon schritt auf mich zu, nahm meine Hand und küsste sie.
„Es wäre mir eine Freude ihnen zur Hilfe zu eilen, Miss Elena“, sagte er so höflich wie am Anfang, blickte mir jedoch tief in die Augen und ich lächelte ihm entgegen.
„Das wäre mir mehr als nur recht“, entgegnete ich ihm in derselben Höflichkeit und Katherine lachte uns aus.
Blöde Schwester, sie hatte schließlich damit angefangen.
„Dann sollten wir dich vorher aber erst einmal zu Erholungszwecken ins Bett verfrachten“, merkte Stefan an und wir machten uns auf den Weg nach drinnen.
Das Haus schien durch Damons Anwesenheit sofort wieder zum Leben erwacht zu sein und alle wuselten tüchtig herum, um irgendwas Wichtiges und Dringendes zu erledigen.
Wir brachten Damon in sein Zimmer, welches anscheinend als erstes von mehreren diensteifrigen Händen hergerichtet worden war, denn das Bett war frisch bezogen, die Fenster offen und ein wenig geputzt war es ebenfalls.
Als Damon sich auszog, verschwand Katherine aus dem Raum und ich drehte mich um.
Erst als er im Bett lag, verschmitzt grinsend und überhaupt nicht kränklich aussehend, wandte ich mich ihm wieder zu.
„Dir geht es offensichtlich gut.
Ich überlass dich dann mal Elenas Obhut, ich bin sicher du bist bei ihr in besten Händen“, verabschiedete sich Stefan und ließ mich mit Damon allein.

Ich setzte mich zu ihm an den Bettrand und strich ihm durch seine schwarz gelockten Haare.
Oh, wie sehr hatte ich ihn vermisst. Alles an ihm.
„So schlecht kann es dir bei deinem Grinsen ja nicht wirklich gehen“, meinte ich locker und er nahm lächelnd meine Hand und küsste sie wieder.
„Du bist bei mir, da kann ich auch bei den schlimmsten Schmerzen lächeln“, meinte er locker und ich beugte mich zu ihm vor, um seine Stirn zu küssen.
Er war so süß und lieb, ich liebte einfach alles an ihm.
„Wie du meinst.
Ich bin gleich wieder da, mit einem Tee, der dir helfen wird.
Er schmeckt grauenvoll, wirklich grauenvoll, aber er hilft wirklich“, meinte ich lächelnd und wandte mich von ihm ab, wobei er trotzdem schmollte.
Schnell ging ich in die Küche und machte einen Tee.
Ich dachte daran wie ich ihn getrunken hatte, als Elijah ihn mir gemacht hatte.
Wirklich widerlich, aber geholfen hatte es.
Natürlich kannte ich das Geheimnis davon.
Als ich unterwegs kurz allein war, hielt ich das Tablett mit einer Hand, biss mir in den Finger und ließ ein paar Tropfen meines Blutes in den Tee hinein tröpfeln.

Dann kam ich mit dem Tablett zurück in Damons Zimmer, der sich aufgerichtet hatte.
Ich stellte es auf den Nachttisch und goss Damon eine Tasse ein, die er skeptisch von mir entgegen nahm.
Er setzte an und trank ein paar Schlucke, sofort verzog er das Gesicht.
„Immer daran denken, umso widerlicher die Medizin schmeckt, umso besser wird es dir später gehen.
Ich verspreche dir, du bist schon bald wieder fit.“
Natürlich würde er das.
Daran gab es keinen Zweifel.
Er trank brav den Tee und stellte ihn erleichtert weg, als er leer war.
„Du willst mich eindeutig vergiften, um mir nicht eingestehen zu müssen, dass du mich mehr als jede andere Person vermisst hatte“, stellte er die Behauptung auf.
Lächelnd beugte ich mich zu ihm vor und legte meine Stirn gegen seine.
„Das muss ich gar nicht, ich geb es offen zu.“
Er überbrückte die letzte Distanz, hielt mit einer Hand mein Kinn und küsste mich fordernd aber sanft.
Ganz anders als der stürmische, gestohlene Kuss bei seinem Abschied, aber nicht weniger süß und verheißungsvoll.
Mit vernebeltem Blick sah er mich an, als er von mir abließ.
„Sagst du es mir?“, fragte er mich und seine Stimme klang so unschuldig und sehnsuchtsvoll.

Ich wusste genau was er meinte, dazu brauchte es keine weiteren Erklärungen.
„Ich liebe dich, Damon“, erfüllte ich ihm seinen Wunsch und das Glühen in seinen Augen verstärkte sich nur noch mehr.
„Ich liebe dich, Elena“, erwiderte er und egal wie unbequem diese Position auch war, wie verweilten solange darin, bis einer der Dienstboten kam um Damon das Essen zu bringen.
Er war zu mir zurückgekehrt, wie er es mir versprochen hatte.
Wir waren zusammen und ich wollte dass es für immer so blieb.
Was sollte diesen Augenblick auch trüben?



Kapitel 49: Mein Leben




„Glaube an Wunder, Liebe und Glück,
schaue nach vorne und niemals zurück,
Tu was du willst und stehe dazu,
denn dein Leben, das lebst nur du!“ (Unbekannt)




Stefans Sicht:
Es war merkwürdig, dass er wieder zurück war.
Nicht dass ich etwas dagegen hatte, nein, ganz im Gegenteil! Aber es war trotzdem seltsam eigenartig.
Ich hatte gerade damit angefangen es zu akzeptieren, genauso wie den Schmerz, den es mit sich brachte.
Ich hatte mir überlegt wie es war ohne ihn weiterzuleben.
Doch jetzt war alles anders.
Jetzt war er wieder da, so als wäre nie etwas geschehen, so als hätte es all diesen Schmerz nie gegeben.
Aber es war so gewesen.
Ich erinnerte mich noch genau daran wie intensiv es gewesen war, doch nun… es war als wollte er mir entgleiten.
Ich wusste selbst nicht warum ich mich daran festhalten wollte.
Schließlich konnte mir nichts Besseres passieren.
Vielleicht hatte ich mich einfach daran gewöhnt.
Vielleicht war ich masochistisch.
Ich wusste es wirklich nicht, aber es schien mir noch immer nicht die Wirklichkeit zu sein.
Die Angst packte mich immer wieder, dass das hier ein Traum war und dass ich irgendwann an einer besonders schönen Stelle aufwachen würde und der Schmerz wieder da wäre.
Vielleicht wollte ich ihn deshalb nicht vergessen.
Damit er mich nicht überwältigen konnte, wenn er wiederkommen würde.

Allerdings war da auch noch diese Freude, die mich drohte zu überrollen.
Sie kämpfte mit dem Schmerz an und wollte ihn vollkommen vertreiben.
Wieso konnte ich nicht wie Elena sein, einfach froh, dass er wieder da war und Zeit mit ihm verbringen?
Damon und Elena waren im Garten, sie lagen auf einer Decke und unterhielten sich.
Sie waren sich nah, taten aber nichts das jemanden aufregen konnte oder unsittlich wäre.
Sie tauschten nur kleinere Zärtlichkeiten aus, so viel wie erlaubt war und doch sah man selbst von weitem wie glücklich und verliebt sie ineinander waren.
„Wie geht es dir?“, fragte Katherine, ihre Stimme errettete mich mal wieder aus meinen eigenen Gedanken.
Leicht wiegte ich den Kopf und sah weiter hinaus.
„Die Freude überwiegt die Wut, die ich auf ihn spüre.
Allerdings ist es für mich immer noch nicht ganz fassbar, dass er zurück ist, dass er wirklich lebt.
Ich hatte gerade angefangen mit dem Schmerz umzugehen, ihn zu bekämpfen und jetzt klingt er langsam ab und ich kann es nicht verhindern.“
Das musste sich dumm anhören, selbst in meinen Ohren klang das lächerlich und dumm.

Katherine trat zu mir ans Fenster und schaute ebenfalls hinaus in den Garten, wo ihre Schwester und mein Bruder zusammen lagen.
„Willst du das denn?“, fragte sie ehrlich nach und machte sich nicht lustig über meine absurden Worte.
„Ich will nicht, dass er mich noch einmal so intensiv ergreift“, erklärte ich ihr.
Ich spürte ihren Blick auf mir und wandte mich von der märchenhaften Szene, welche die beiden da unten boten, ab.
„Ich denke nicht, dass du ihn jemals wieder verlieren wirst, nicht so“, sprach Katherine zuversichtlich.
Katherine war trotz ihrer ständigen Fröhlichkeit eine realistische Person und keine träumerische oder optimistische.
Sie redete sich die Dinge niemals schön.
Die Überzeugung in ihrer Stimme mit der sie mir versicherte, dass meinem Bruder nichts mehr geschehen würde, schoben meine Zweifel noch weiter zur Seite.
Dabei fragte ich mich trotzdem warum sich so sicher war.
Was steckte hinter ihrer Zuversicht?

Aber was es auch sein mochte, ihr Glaube daran gab mir Kraft.
Es war ein wenig furchteinflößend, wenn man darüber nachdachte, wie viel Macht sie über mich hatte und wie sehr sie meine Gefühle lenken konnte.
Aber nachdem sie mich aus meinem Schmerz gerettet hatte, nahm ich an, dass das einfach nur fair war und dass ich ihr meine Gefühle anvertrauen konnte.
Etwas anderes blieb mir so oder so nicht übrig.
Es gab für mich kein Zurück mehr.
Vielleicht hatte es das nie gegeben.
Wie es auch war, es machte mich glücklich und das war alles was wichtig war.
„Miss Katherine, würden sie mir die Ehre erweisen mit mir auf den Gründerball zu gehen?“, fragte ich sie sanft und ohne ein Fünkchen schlechtes Gefühl in mir.

Sie sah mich ungläubig an, bevor sie auf ihre niedliche Art und Weise kicherte.
„Aber du hast mich das doch bereits einmal gefragt, Stefan“, wies sie mich auf eine Tatsache hin, die mir sehr wohl bewusst war.
Leicht bestätigend nickte ich.
„Ich weiß, aber diesmal ist es nicht, weil die Zeit mit ihnen das einzig Gute sein wird, sondern weil die Zeit mit ihnen das wohl schönste Geschenk überhaupt sein wird.“
Sanft lächelte ich sie an und mein Herz schlug schneller vor Aufregung.
Sie machte einen Knicks und lächelte mich ebenfalls an.
„Wenn das so ist, dann wäre es mir eine Freude sie zu begleiten“, erwiderte sie und obwohl es schon klar gewesen war, das wir zusammen hingehen würden, überschwappte mich eine neue Welle des Glücks.
Ich nahm ihre Hand und küsste sie vorsichtig.
Dabei sah ich ihr in ihre wundervollen rehbraunen Augen, die mich glücklich ansahen.
Mich wiederum überwältigte es dafür mit Stolz, dass ich für dieses Glück tatsächlich verantwortlich war. Dass ich es war, der von dieser wunderschönen Frau Aufmerksamkeit geschenkt bekam.

Lächelnd wandte sie ihren Blick wieder von mir ab und schaute wieder hinaus.
Ich folgte ihrem Beispiel, merkwürdigerweise war die Szene, die reinen Frieden ausstrahlte, ebenso ein Suchtpotenzial, wie die Frau neben mir.
„Meine Schwester ist mir jetzt im übrigem doch sehr dankbar, dass ich ein Kleid für sie gekauft habe.
Sie hat Panik bekommen und dann hatte ich sie daran erinnert.
So musste sie aber wieder mal einsehen, dass ich doch manchmal weiß, was das Beste für sie ist“, meinte sie selbstgefällig grinsend.
„Ich nehme an du hast geahnt, wie das alles kommen würde und deine hellseherischen Fähigkeiten haben dir gesagt, dass Elena unbedingt ein Kleid braucht“, stieg ich auf ihr Eigenlob mit ein.
Sie nickte leicht.
„In der Tat ich habe ein feines Gespür für einen guten Ausgang einer Geschichte und das ist mir deswegen einfach zugeflogen.“
Ich musste leicht lachen und sie stimmte nach kurzen mit ein.

Es war so leicht mit ihr Spaß zu haben und sich gut in ihrer Nähe zu fühlen.
Sie hatte einen Sinn dafür die Menschen dazu zu bewegen Spaß zu haben, selbst wenn sie es nicht wollten.
So hatte sie es geschafft mich zu dem Ball zu bewegen und so hätte sie es sicher auch versucht, Elena zu dem Ball zu bekommen.
Katherine schien einfach eine Frohnatur zu sein und sie wusste einfach wie sie dafür sorgen konnte, dass es ihr selbst und anderen gut ging.
Eine tolle Eigenschaft wie ich fand, besonders da ich sie selbst nicht besaß.
Mein Bruder allerdings schon und damit schien er auch Elena begeistern zu können.
Es war so als hätten wir durch die Zwillinge beide unser Gegenstück gefunden.
Ich konnte ehrlich nicht behaupten, dass ich etwas dagegen hätte.
Katherine wandte sich lächelnd an mich und machte dann einen Knicks.
„Bis später, Stefan. Ich werde meine Freundin Pearl besuchen und sie sollten sich sicher wieder ihren Studien widmen, damit ihr Vater zumindest den Eindruck macht, das einer in diesem Haus etwas sinnvolles tut“, meinte sie scherzhaft und verschwand.

Verzaubert sah ich ihr hinterher.
Jetzt war sie es auch noch, die mich dazu anhalten musste meinen Pflichten nachzukommen.
Ich war wirklich total verloren.
Noch ein letztes Mal blickte ich hinunter zu meinen Bruder und Elena, dann setzte ich mich wieder an den Schreibtisch und versuchte mich auf meine Aufgaben zu konzentrieren.
Allerdings war das gar nicht so einfach, da meine Gedanken schlimmer denn je abzuweichen drohte.
Zu meinen Bruder, zu Katherine… Katherine…
Vielleicht war sie tatsächlich mein Gegenstück, denn für mich war sie vollkommen.
Ich liebte sie mit jedem ihrer Fehler und mit jeder ihrer guten Seiten.
Merkwürdig, aber sie war… mein Leben.
Schlicht und einfach, sie war mein Leben. Meine Zukunft.



Kapitel 50: Vorbei




„Allen Veränderungen, selbst jenen, die wir ersehnt haben,
haftet etwas Melancholisches an,
denn wir lassen einen Teil von uns selbst zurück.
Wir müssen ein Leben sterben, ehe wir ein anderes beginnen können.“ (Anatole France)




Elenas Sicht:
Damon und ich lagen zusammen auf einer Decke im Garten, die man für uns ausgebreitet hatte.
Seine Wunde war wieder verheilt, sowie jegliche kleine Schmerzen verschwunden waren und ein blauer Fleck von Stefans Schlag war erst gar nicht entstanden.
Wir genossen die Augustsonne, die auf uns herunter schien und uns wärmte.
Damon sah mich die ganze Zeit über an, er konnte seine Augen einfach nicht von mir lassen.
Obwohl ich die Augen geschlossen hatte, spürte ich seinen Blick und musste deswegen unweigerlich lächeln.
Es ließ sich einfach nicht verhindern.
„Was guckst du so?“, fragte ich und drehte meinen Kopf zu ihm ihn um in seine traumhaften blauen Augen zu sehen.
Ich liebte die Farbe seiner Augen, sie funkelten mir entgegen und waren trotzdem unergründlich, obwohl Damons Stimmung sehr leicht für mich zu lesen war.
„Ich sehe dich an“, gab er offen zu und wir beide mussten schmunzeln.

Ich verschränkte seine Hand mit meiner und tippte mit meinen Fingern immer wieder gegen seine.
Er hatte seinen Kopf auf seinen Arm gestützt und lag auf der Seite, während ich auf dem Rücken lag.
„Es ist schön, dass du wieder da bist.
Hab ich das bereits erwähnt?“, fragte ich nach, weil ich mich im Moment wirklich beim besten Willen nicht daran erinnern konnte.
Seine Gegenwart schaffte es einfach mich durcheinander zu bringen, sodass mir das klare Denken manchmal abhanden kam.
„Keine Ahnung.
Hab ich bereits erwähnt, dass es schön ist wieder da zu sein?“, fragte er mich seinerseits und ich wusste die Antwort darauf leider auch nicht.
Deswegen zuckte ich nur mit den Schultern. „Keine Ahnung“, gab ich zu und wir beide schmunzelten.

Seine Hand war so warm, meine dagegen musste um einiges kühler sein.
Auch wenn Kaffee und Tee half unseren Körper warm zu halten und die Sonne gerade auch dafür sorgte, hielt das nicht zu jeder Zeit an.
Im Gegensatz zu ihm musste ich eine Art Kühlung für ihn sein, wenn er mich berührte.
Er musste es spüren, besonders wenn wir uns dauerhaft berührten.
Ich holte etwas aus meiner Tasche, das ich ihm schon lange geben wollte.
„Ich hab etwas für dich“, sprach ich aus und er sah mich verwirrt an.
Lächelnd wandte ich mich ganz zu ihm und steckte ein Medaillon mit einer Nadel, an die Tasche seines Jacketts.
Es war Silber und weitestgehend schlicht, es hatte in der Mitte einen schwarzen Stein mit acht Zacken darum, die einen Stern bildeten. Sonst war es glatt und flach nur am Rand waren noch eingedrückte Muster.
„Du musst es bitte tragen, es wird dich beschützen“, sagte ich sehr ernst und sah ihn dabei in die Augen.
Darin war Eisenkraut, es würde ihn vor der Manipulation, der vielen Vampire in dieser Stadt, schützen.

Damon nahm meine Hand, mit der ich es befestigt hatte in seine und sah mich ernst an.
„Elena“, begann er und eine leise Angst kroch in mir hoch.
„Es ist ein Familienerbstück“, erklärte ich.
„Elena, wieso bin ich so schnell gesund geworden?
Was war in dem Tee?“, fragte er ernst und sah mir dabei in die Augen.
Die Angst packte mich nur noch mehr und schnürte mir die Kehle zu.
„Es war ein Tee für eine schnelle Genesung“, antwortete ich wage und auch ein wenig heiser.
Er schien meine Angst zu bemerken und strich sanft über meine Wange, tatsächlich schaffte er es mir ein wenig von meiner Furcht zu nehmen, allerdings auch das mein Herz schneller schlug.
„Ich bin dir doch nicht böse, Elena und ich hab es auch niemandem gesagt.
Aber da gibt es noch mehr.
Der Bote, Elena.
Wie hast du einen gefunden, der einfach nur Briefe übermittelt und dann auch noch so zuverlässig und schnell?“, fragte er weiter nach.

Ich presste meine Lippen aufeinander und schwieg beharrlich.
„Manchmal benimmst du dich komisch oder sagst merkwürdige Dinge.
Andeutungen, die ich nicht wirklich verstehe.
Deine Haut ist so kalt.
Bitte, Elena, du kannst mir vertrauen. Was es auch ist, ich werde es niemanden verraten, das verspreche ich dir.
Ich möchte doch nur…“
Ich sah ihm in die Augen. Ich wusste doch, dass ich ihm vertrauen konnte. Damon hatte mir nie einen Anlass gegeben, warum ich daran zweifeln sollte.
„Du möchtest was?“, fragte ich scharf nach, vielleicht ein wenig zu sehr.
„Ich möchte doch nur Teil deines Lebens sein.“
Seine Worte ließen mein Herz sofort höher schlagen und alles in mir schrie ja.
Ich wollte auch, dass er ein Teil meines Lebens war, meines Daseins.
Ich drückte seine Hand fest und sah ihn bei meinen nächsten Worten ernst in die Augen.
„Ich verspreche dir alles zu sagen, was du wissen willst, nach dem Gründerfest.
Einverstanden?
Hältst du es bis dahin noch aus?“

Er lächelte mich an, führte meine Hand zu seinem Mund und küsste sie.
„Natürlich, ich würde ewig auf dich warten“, versprach er mir und mir lief es eiskalt den Rücken dabei herunter.
„Weißt du, Damon.
Ewig ist eine wirklich lange Zeit.“
Eine sehr lange Zeit.
Ich lebte seit über drei Jahrhunderten und nicht mal das konnte man wirklich als Ewigkeit bezeichnen.
Für manch andere war das ein Katzensprung, nicht weiter bedeutungsvoll und die Ewigkeit würde für alle Zeit weitergehen.
„Aber ich liebe dich, Elena.
Das wird niemals aufhören“, versicherte er mir weiter und wenn ich in seine Augen sah, konnte ich ihm das tatsächlich glauben.
Doch andererseits kam er mir auch gerade wie ein kleiner Junge vor, der stur und einfach nur naiv war, da er keine Ahnung von der Welt hatte.
„Das weiß ich und ich glaube es dir.
Ich liebe dich auch, Damon.
Aber du unterschätzt das Wort ewig.
Für mich hat es eine tiefe Bedeutung.“
Meine Formulierung war wahrscheinlich wieder einmal sehr vage und somit höchstwahrscheinlich nicht sehr passend gewählt, geschweige denn zufriedenstellend.

Doch Damon überraschte mich wieder mit seinen folgenden Worten.
„Du erklärst es mir doch, nach dem Gründerfest, richtig?“, fragte er nach und ich sah wie er seine eigene Ungeduld zügelte.
Ich konnte nicht anders, als einfach nur zu nicken.
„Nach dem Gründerfest, ich verspreche es.“
Dann würde er erfahren was ich war, ein Monster, das zu vielem fähig war.
Dass ich ihm niemals Kinder schenken könnte und nicht mit ihm alt werden würde.
Das Ewig bedeutete, dass ich mich ewig nicht verändern würde, sondern für immer so blieb, wie ich jetzt war.
In dieser Ewigkeit gab es nicht wirklich viele Veränderungen.
Natürlich passten wir uns der Zeit an.
Mit der Mode, sowas wie ein Korsett hatte es früher nicht gegeben und die Kleider waren nun viel weiter.
Mit der Sprache, manchmal wurde sie höflicher und distanzierter, ein anderes Mal ziemlich forsch.
Der Gesellschaft, Sitte, Moral, sie veränderte sich jedes Mal.
Der Fortschritt, nie hätte ich geglaubt, dass es sowas wie Fotos gab. Früher waren das einzige das etwas wiedergeben konnte Bilder und Gemälde gewesen, sonst verfloss alles.
Bücher, es gab immer mehr und jetzt langsam sogar von Frauen geschrieben.
Alle Veränderungen in der Ewigkeit, in der wir uns anpassten, aber wir blieben weitestgehend gleich.
Auch Gefühle änderten sich nicht so schnell, deswegen reisten wir meist mit denselben Personen.
Wir suchten uns einen Gefährten für die Ewigkeit und bisher hatte meine Gefährtin in meiner Schwester bestanden, da ich niemanden gefunden hatte mit dem ich alle Zeiten durchlaufen wollte.

Doch nun, zum ersten Mal nach wirklich langer Zeit, hatte ich einen Jungen gefunden, für mich eigentlich noch ein Kind, mit dem ich all meine Zeit verbringen wollte, für alle Zeiten.
Aber er hatte davon keine Ahnung, gar kein Gefühl für diese Zeit und was wenn er das alles nicht wollte?
Ich hatte es auch nicht gewollt, nicht wirklich in dem Moment als es passiert war und ich hatte nie wirklich Zeit gehabt, darüber nachzudenken.
Damon hatte meine Hand genommen und streichelte sie unentwegt, als würde ihn das allein zufriedenstellen.
Bei ihm zu sein, war einfach nur beruhigend und schön.
Allerdings bedeutete ein neuer Gefährte Veränderung.
Er würde das Wichtigste in meinem Leben sein, nun eigentlich war er es bereits.
Ich würde mit ihm zusammen reisen und wir würden auf ewig zusammen sein.
Die Ewigkeit war lang.
Doch ich konnte es mir tatsächlich mit ihm vorstellen und das überraschte mich doch wirklich.
Nie hätte ich gedacht, dass mein Herz für jemand anderen schlagen konnte, für jemand anderen als Elijah.
Ich hatte mich über dreihundert Jahre immer noch an ihn geklammert, obwohl es schon längst vorbei gewesen war und hatte die Hoffnung gehabt, dass alles irgendwann wieder repariert sein würde.
Nun, ich liebte ihn noch immer.
Wahrscheinlich würde ich niemals damit aufhören können.
Aber ich liebte Damon mehr und konnte mich ohne zu bereuen für ihn entscheiden.
Wie ich es mir gewünscht hatte, besaß er nun den größeren Teil meines Herzens und ich wollte es auch nicht anders.
Doch trotzdem ließ ich mit meiner Vergangenheit einen Teil von mir zurück, einen großen Teil.
Elijah.
Er war mein Leben gewesen und jetzt wurde er langsam zu einer blassen Erinnerung, eine trotzdem noch tief in meinem Herzen versteckte, die ich nun versuchte wegzuschließen.
Denn mein neues Leben sollte endlich beginnen.



Kapitel 51: Das Kind




Ich habe erlebt wie Kinder die Einflüsse ihres bösen Erbes erfolgreich überwunden haben. Denn Reinheit ist ein angeborenes Merkmal der Seele.“ (Gandhi)





Katherines Sicht:
Rückblick
Es tat so schrecklich weh, ich wollte nur, dass die Schmerzen aufhörten.
„Ein bisschen mehr, meine Liebste. Ein bisschen mehr“, sprach mir meine Mutter gut zu und ich drückte die Hand meiner Schwester noch fester.
Ich schrie und presste, es fühlte sich an als würde ich sterben.
„Pressen. Ein bisschen mehr.“
Es tat so weh, so weh. Ich wollte, dass es aufhörte. Ich schrie und presste.
„Ein bisschen mehr, ein bisschen mehr, pressen.“
Ich tat was sie sagte und dann war es auf einmal vorbei und ich hörte das Schreien eines Kindes.
Ich war glücklich, dass es vorbei war, aber jetzt wollte ich nur noch mein Kind sehen.
Mein kleines Baby.
Meine Mutter sah es lächelnd an.
„Es ist ein Mädchen“, sagte sie mir und hielt es so, dass ich es betrachten konnte.
„Ein Mädchen“, wiederholte ich und war so glücklich.
Es war ein Mädchen, ich hatte ein kleines Mädchen bekommen.
„Bitte, Mutter, lass sie mich sehen“, bat ich und wollte nur noch meine kleine Tochter in den Armen halten.
All die Schmerzen von der Geburt waren in diesem Augenblick vergessen.
Ich wollte sie nur noch in den Armen halten.

Doch als meine Mutter sie mir geben wollte, hielt Vater sie auf.
„Weib, nicht! Was tust du da?“, fragte er harsch nach und wie es immer war, hörte meine Mutter auf ihn und kam mit dem Baby zu ihm.
Geschockt sah ich zu ihm und drückte wieder die Hand meiner Schwester fester, die noch immer neben mir am Bett saß.
Meine Mutter gab sie ihm und ich wusste in dem Augenblick, dass ich mein Kind nie wieder sehen würde.
„Lass sie mich wenigstens einmal halten, nur einmal, wenigstens einmal“, fing ich an zu bitten.
Wütend wandte er sich zu mir.
„Vergiss es. Du hast Schande über unsere Familie gebracht.“
Ich wusste, dass wenn Helena darum bitten würde, er ihr diesen Wunsch erfüllen würde.
Allerdings hätte sie auch niemals Schande über unsere Familie gebracht, sie hätte sowas nie getan.
Sie würde nur mit dem Mann schlafen, den Vater mit ihr vermählen wird.
„Vater, bitte!“, schrie ich, als er wegging und eine schreckliche Angst um das Baby packte mich.

„Nicht, Vater, nicht, nicht!“, schrie ich verzweifelt und Mutter hielt mich auf, als ich hinterher lief.
Sobald Helena meine Tränen sah lief sie ihm allerdings hinterher und ich betete zu Gott, dass sie etwas ausrichten könnte.
„Nein, Katerina, es ist besser für sie!
Es ist besser für sie!“, versuchte mich Mutter zu beruhigen, wobei ich versuchte gegen sie anzukämpfen um aufzustehen und ich weinte.
Weinte einfach nur noch und konnte es doch nicht verhindern, dass ich in ihren Armen lag.
„Nicht, Mutter, bitte.“
Sie musste mit Vater reden, sie alle mussten es, um ihn aufzuhalten.
Doch ich wusste Mutter würde das niemals machen.
„Lass sie gehen…
Lass sie gehen, Katerina“, versuchte sie mir Vernunft einzureden. Ich wusste es, es war besser so, aber ich wollte nicht.
Ich wollte mein kleines Mädchen haben, es in den Armen halten, es streicheln, es küssen, es lieb haben, es füttern, mich um sie kümmern.
Ich liebte mein kleines Mädchen doch.
„Bitte, Mama“, flehte ich und wir beide weinten.
Ich atmete schnell, viel zu schnell und ich wollte mein kleines Kind sehen.

Sobald es leiser wurde, konnte ich die Stimmen von unten hören.
„Vater, bitte, tu dem Kind nichts.
Ich flehe sie an, es ist doch Katerinas Kind! Bitte, Vater!“, hörte ich die Stimme meiner Schwester eindringlich sagen und ein Schweigen folgte.
„Vater, egal was Katerina getan hat.
Das Kind ist unschuldig und es kann nichts für ihre Fehler“, hörte ich Gabriels Stimme.
Meine Fehler.
Mein Kind war ein Fehler.
Ich war schuld, wenn ihr etwas passieren sollte.
„Mutter könnte sich um es kümmern oder eine der Mägde.
Wir könnten es auch einer Familie im Dorf geben, damit es sich um das Kind kümmert.“
Philipps Stimme.
Irgendwas wurde gesagt, aber die Stimme meines Vaters war zu leise, als dass ich sie hören konnte. Er sprach wohl sein Urteil.
„Vater, bitte lass mich sie halten und ihr einen Namen geben“, hörte ich Helenas Stimme und anscheinend bekam sie das worum sie bat.

Ich wünschte mir ich wäre an Helenas Stelle.
Das ich Vaters Lieblingstochter wäre und mein Kind halten dürfte, ihr einen Namen geben dürfte.
Dass ich so wäre wie sie, die liebe Tochter, die auch von allen geliebt wurde.
Ich hörte keine Stimmen mehr, eine ganze Weile war es ruhig und Mutter hielt mich weiterhin in den Armen und strich über meinen Rücken.
Ich hatte Angst.
Was hatte Vater wohl beschlossen mit meinen Kind zu tun?
Er wollte es doch hoffentlich nicht töten, aber dann wäre die Bitte von meiner Schwester, es zu halten und ihr einen Namen zu geben auch wirklich unnötig gewesen.
Dann, nach einer Ewigkeit, kam Helena hinein und ich sah sie erwartungsvoll an.
„Mutter, Vater will sie sprechen“, sprach Helena gewohnt höflich und meine Mutter sah mich noch einmal mitleidig an, bevor sie aus dem Raum verschwand.
Ich wollte aufstehen, doch Helena kam zu mir gelaufen und hielt mich auf.
„Nicht, Schwester, tu das nicht!“, bat sie mich und wieder kamen Tränen in mir hoch.

Sie nahm mich in den Arm und hielt mich ebenfalls auf.
„Was, Helena?
Was hat Vater gesagt?“, fragte ich sie und weinte.
„Sie wird leben. Sie wird ins Dorf zu einer Familie gebracht, die bezahlt wird, damit es sich um das Kind kümmert.
Es wird ihr gut gehen.
Ich hab ihr den Namen gegeben, den du ausgesucht hast.
Erinnerst du dich?
Du wolltest sie Magarete nennen“, erinnerte sie mich an unsere Gespräche, um die Findung eines Namens, bevor mir alle Hoffnung genommen wurde, dass ich mein Kind behalten durfte.
„Magarete“, flüsterte ich den Namen nach und freute mich, dass mein Kind einen so wunderschönen Namen hatte.
Ich packte meine kleine Schwester an den Schultern und zwang sie mich anzusehen.
„Wie sieht sie aus?
Wie sieht meine kleine Tochter aus?“, fragte ich begierig.
Ich war so neidisch und eifersüchtig, dass sie meine Tochter in den Armen hatte halten dürfen.
Das war so ungerecht.

Helena lächelte mich beruhigend an.
„Sie ist wunderschön.
Sie hat deine Augen und deine Nase, die Ohrläppchen sind auch von dir.
Sie hat einen süßen kleinen Mund und ihre Hände sind so klein, genauso wie ihre Finger.
Es ist als wäre sie eine kleine, niedliche, zerbrechliche Puppe und sie war ganz warm.
Magarete ist ein wunderschönes, kleines Mädchen und sie wird einmal eine wunderschöne Frau werden“, erklärte sie mir sicher und ausführlich.
Ich weinte an Helenas Schulter, ich wünschte ich hätte sie sehen können. So sehr.
„Sie soll viel Spaß in ihrem Leben haben, aber sie soll so sein wie du, anständig und vernünftig“, wünschte ich mir für meine Tochter.
Nie würde ich sehen wie sie aufwuchs, wie sie lachte und wie sie weinte.
Aber ich versuchte es mir auszumalen.
Ein schönes, kleines Mädchen, mit einem einfachen hellblauen Kleid, das über die Felder dieses Tals lief und mit den Pferden spielte.
„Oh, Katerina“, flüsterte Helena sorgevoll und ich wusste damit, dass es noch lange nicht vorbei war.

Ich hatte ehrlich Angst, was nun als nächstes kommen sollte.
„Vater will dich von hier wegschicken, er will dich aus der Familie verbannen“, weinte nun auch Helena und es riss mein Herz entzwei.
Ich sollte weg?
Von hier?
Wo sollte ich denn hin?
Wie konnte Vater nur so etwas tun?
Das hier war doch mein Zuhause.
Hier waren er und Mutter.
Gabriel, Philipp, Christoph und David.
Helena, hier war Helena, meine kleine Schwester, meine geliebte Schwester.
Ich konnte doch nicht ohne sie sein. Wie sollte ich es nur ohne Helena schaffen zu überleben?
Ich liebte sie doch so sehr.
„Nein, Helena!
Ich will nicht von dir weg.
Ich will dich nicht verlieren.
Bitte, ich will nicht von dir getrennt sein.
Ich liebe dich doch“, sprach ich ehrlich aus und Helena legte meinen Kopf an ihre Brust.
„Oh, Katerina, das weiß ich doch.
Ich liebe dich auch.
Ich werde dich nicht verlassen.
Ich werde immer bei dir sein, ich verspreche es“, sagte sie und ich hatte keine Ahnung, wie sehr ihr selbst das Versprechen weh tat und noch wehtun würde.
Rückblick Ende



Kapitel 52: Der einen Leben, der anderen Tod




„So süß und melodiös wie des leuchtenden Apollos Laute, besaitet mit seinem Haar, erklingt das Lied der Liebe, macht die Götterschar den Himmel trunken mit Harmonie.“ (William Shakespeare)




Elijahs Sicht:
Rückblick
Meine volle Aufmerksamkeit richtete sich auf Helena, die dort mit beim Chor stand.
Ich hatte mir nie besonders viel dabei gedacht, wenn sie gesagt hatte, dass sie zu den Chorproben in die Kirche ging. Aber jetzt sah ich es.
Wie belebt sie dadurch war. Ihre Wangen leuchteten rot und auch ohne dass sie lächelte, sah man dieses Leuchten in ihren Augen, das zeigte wie glücklich sie war.
Sie schien sich gar nicht unwohl dort oben auf der Bühne zu fühlen, obwohl ich sie immer für ein wenig schüchtern gehalten hatte. Doch beim Singen schien sie alles um sich herum zu vergessen.

Angels we have heard on high
Sweetly singing o'er the plains
And the mountains in reply
Echo back their joyous strains
Gloria, Gloria

Dass sie jetzt auch noch da vorne alleine sang und sich somit von allen abhob, war erstaunlich.
Ich sah ihre Schwester Katerina, die ihr zulächelte.
Sie schien der Stimme ihrer Schwester genauso gerne zu lauschen, wie auch ich. Ich hatte immer nur bemerkt, was für einen schönen Klang sie beim Reden hatte, aber noch sanfter und stimmungsvoller klang sie, wenn sie sang.
Als würde sie direkt das Herz eines Einzelnen erreichen können.
Mein Herz, erreichte sie.

Shepherds, why this jubilee
Why your joyous strains prolong
Say what may these tidings be
Which inspire your heavenly song
Gloria, Gloria

Gloria, in excelsis Deo
Gloria, in excelsis Deo

Come to Bethlehem and see
Him whose birth the angels sing
Come adore on bended knee
Christ the Lord, the new born King
Gloria, Gloria

Ich gesellte mich zu Klaus und Katerina, doch ich bemerkte, dass nur Katerina sich für das Geschehen auf der Bühne interessierte.
„Meine Schwester blüht richtig auf, oder? Ich finde so wirkt sie immer besonders lebendig“, meinte Katerina lächelnd zu mir und mir war nun klar, dass sie meine Blicke bemerkt haben musste, die ich ihrer Schwester schenkte, genauso wie meine Aufmerksamkeit.
Außerdem waren die beiden Schwestern, sicher redeten sie viel miteinander.
Doch wie sie mich anlächelte wusste ich, dass sie nichts dagegen hatte.
Katerina liebte ihre Schwester und Helena liebte sie ebenso. Sie wussten noch nicht, dass eine von ihnen den Tod finden würde.
Doch in meinen Kopf blieb der Wunsch, dass Helena leben sollte und das bedeutete allerdings für Katerina den Tod.

Gloria, in excelsis Deo
Gloria, in excelsis Deo

We sing Gloria
Gloria, in excelsis Deo
Gloria, in excelsis Deo

Wie alle anderen applaudierte auch ich. Klaus unterhielt sich dabei mit einem der anderen Adligen, die hier alle zur Feier anwesend waren.
Katerina und ich lächelten zu Helena, die uns beiden zunickte und glücklich wirkte, so wie ich sie nur in seltenen Momenten erlebt hatte.
Bald würde Weihnachten sein und mir war klar, dass Katerina diesen Tag nicht mehr erleben würde.
Schon bald war alles für sie vorbei, doch ich fühlte mich wenig schuldig, da es anderenfalls bedeuten würde, dass Helena starb und das war für mich nicht denkbar.
Sicher würde Helena sauer sein, mehr als das.
Ihre Schwester zu verlieren würde für sie einen bitteren Schmerz bedeuten.
Doch ich konnte sie nicht retten und ich war egoistisch genug, Helena bei mir behalten zu wollen.
Mir war es egal, solange sie nicht starb.
Sollte sie mich hassen, so würde ich zumindest wissen, dass sie ewig leben würde und vielleicht war das genug Zeit, um mir zu verzeihen.
Ich wollte und konnte sie einfach nicht verlieren. Egal was das für Katerina zu bedeuten hatte.


Klaus saß in seinem Stuhl vor dem prasselnden Kaminfeuer und ging einer seiner Lieblingsbeschäftigungen nach.
Er trank.
Eine Frau verschwand aus dem Zimmer.
„Sieh nur, eine römische Pergamentrolle“, meinte ich und übergab sie ihm.
Er nahm sie und schaute sie sich genau an, während ich mich hinter ihn stellte und auf der Lehne des Stuhls abstützte und eine Hand auf seine Schulter legte.
„Ich habe diese Rolle angefertigt“, stellte er fest, als er sie studierte. „Ich war vom Alkohol ziemlich berauscht.“
Das kam eigentlich öfters mal vor, sowas besonderes war dieser Zustand bei meinem Bruder nicht, generell hatten Vampire diese Eigenschaft, dem Alkohol zugeneigt zu sein.
„Die besten Arbeiten sind die Aztekenzeichnungen“, befand ich, als ich mich daran erinnerte, wo wir das Gerücht über den Fluch überall verbreitet hatten.
Der ´Sonne und Mond-Fluch´, das hatte immer ziemlich gut geklungen.
Ich fand die Aztekenzeichnungen am glaubwürdigsten.
„Nicht die afrikanischen Schnitzereien?
Auf die war ich nämlich recht stolz.“
Klaus hatte schon immer eine künstlerische Ader, auch wenn man ihm dies nicht wirklich zutraute und nicht wirklich viele davon wussten.
„Die Azteken“, meinte ich absolut sicher. „Wer widersteht schon einem Schamanen?“, fragte ich rhetorisch.
Klaus lachte und stimmte mir zu. „Oh ja!“
Er schien genug getrunken zu haben, um betrunken zu sein. Was für einen Vampir, besonders einen Urvampir, wirklich ziemlich schwierig zu bewerkstelligen war.
Aber die Möglichkeit bestand trotz allem.

Ich wünschte ihm eine erholsame Nacht und mein Weg führte mich an den Gemächern von Katerina und Helena vorbei.
Nicht weil es mein Weg war, sondern weil ich hoffte ihre Stimme zu hören.
Ihre Stimme war so schön wie sie selbst.
Ich lehnte mich an die Wand und versuchte etwas zu hören, anscheinend hatte ich Glück und die beiden waren noch wach.
„Hilfst du mir bitte mit dem Kleid?“, hörte ich Helenas Stimme und diese Worte waren ein Segen und Fluch zu gleich.
Ich schloss die Augen und atmete tief durch, um zu vermeiden, dass ich mir die Tathergänge darin detailliert vorstellte.
„Lass uns morgen Tennis spielen, ja?
Trevor hat mir erzählt, dass es bald kaum noch schönes Wetter geben wird und mir graut es jetzt schon vor der Zeit, in der ich die Tage immer drinnen verbringen muss.“
Ich hörte wie Katerinas Stimme dabei unglücklich klang.
Sie war wirklich kein Kind von Langweile und Ruhe.
„Du solltest dir die Bibliothek ansehen, sie ist riesig und damit wärst du ewig beschäftigt ohne dabei etwas anderes zu tun“, meinte Helena und sie klang dabei begeistert.
Sie war ein wissensdurstiges Mädchen, was bei Frauen eher ungewöhnlich war.
Die Vorstellung Rebekah mit einem Buch in der Hand zu sehen, war einfach nur lächerlich, auch sie suchte mehr das Abenteuer.

Aber genau das war einer der Gründe, warum ich Helena so mochte.
Dass sie nicht wie andere war und ich mich mit ihr verbunden fühlte.
Sie war klug und einfallsreich und manchmal auch verspielt und witzig, sodass ich mich zwar mit ihr unterhalten konnte, sie es aber auch schaffte mich zum Lachen zu bringen.
„Die sind alle auf Englisch!“, beschwerte sich Katerina und ich war überrascht, da ich noch nicht daran gedacht hatte, dass das ein Problem sein konnte.
Für Helena schien es keines zu sein.
Aber sie waren beide in Bulgarien aufgewachsen, da war es sicher nicht so leicht, wie es den Anschein hatte, nur weil sie Englisch sprechen konnten.
Helena lachte herzlich und sofort rührte sich etwas in meinem Herzen, als würde es von dem Klang ihrer vibrierenden Stimme flattern.
„Als würdest du mehr lesen, wenn die Bücher auf Bulgarisch wären.
Denk daran, ich kenne dich.
Deine Lieblingsbeschäftigung war es, dich mit Christoph und David vor der Arbeit zu drücken und mit deinem Pferd auszureiten, obwohl du wusstest das Vater am Abend darüber schimpfen würde.“

Aus den kleinen Erzählungen von Helena versuchte ich mir immer wieder ihre Kindheit vorzustellen und ich bekam ein immer besseres Bild davon.
Ihre Familie schien eine große Rolle zu spielen, so wie es auch bei mir gewesen war.
„Wieso musst du nur immer Recht haben?
Das ist wahrlich frustrierend“, hörte ich Katerinas Stimme und wie sie sich irgendwo drauf fallen ließ, wahrscheinlich auf ein Bett.
„Schlaf bei mir, Helena“, bat sie ihre Schwester. „Sei bei mir, ganz nah!“
Traurig senkte ich meinen Blick.
Dieses Band zwischen ihnen.
„Ich werde immer bei dir bleiben, Katerina. Das weißt du doch. Ich hab dich lieb“, sprach Helena und ich hörte, wie sie sich wohl zu ihrer Schwester legte.
Mir stieg ein Bild in meine Gedanken, wie sie eng beieinander lagen, Stirn an Stirn.
Dieses unsichtbare Band, diese geschwisterliche Liebe, die sie hatten.
Klaus würde sie zerstören und ich würde nichts tun, um ihn aufzuhalten.
Dabei war dies eigentlich nur etwas, das man bewahren und beschützen sollte.
„Ich hab dich auch sehr lieb, Helena. Ich bin dir dankbar. Sehr dankbar, dafür dass du bei mir bist. Ich brauche dich nämlich“, flüsterte Katerina.
„Ich brauche dich auch und ich bin glücklich. Ich bin gern bei dir und ich bereue nichts was ich getan habe“, antwortete Helena genauso leise.
Ich stieß mich von der Wand ab und machte mich auf zu meinen Zimmern.
Zumindest sollte ich versuchen, das Band der beiden zu bewahren, auch wenn Helena immer das wichtigste sein würde, zumindest für mich.
Rückblick Ende



Kapitel 53: Wieder Brüder




„Die Liebe zwischen Brüdern ist eine starke Stütze im Leben.“ (Vincent van Gogh)



Stefans Sicht:
Damon warf mir den Ball so stark entgegen, das ich um ihn noch zu erwischen, nach hinten springen musste und ihn zwar fing, damit aber zu Boden fiel.
Mein Bruder lachte mich deswegen aus und ich sah ihn ziemlich ungläubig an.
„Ich dachte wir wollten nur ein wenig werfen üben und du machst sowas?
Dir scheint es aber schnell wieder gut zu gehen“, merkte ich an und schaute auf seine Schulter.
Damon grinste mich nur zufrieden an und zuckte mit den Schultern, als wäre das alles gar nichts, aber es spielte Dinge gerne herunter, das wusste ich.
„Das macht die gute Pflege und ich bin nun mal nicht so eine Memme wie du.“
Zweifelnd sah ich ihn an, da ich das alles nicht so wirklich glauben und verstehen konnte.
Natürlich wusste ich, dass das mit Pflege wohl gar nicht so weit hergeholt war.
Elena war nun einmal ein sehr fürsorglicher Mensch, die sich um alle kümmerte und sicher besonders um diejenigen die sie liebte.

Trotzdem war es komisch, das sich Damon so schnell erholt hatte.
„Hast du vielleicht nur simuliert, um wieder nach Hause zu kommen?“, fragte ich nach, da mir eine andere Erklärung nicht einfiel.
Sofort verdrehte Damon deswegen die Augen.
„Klar, Stefan.
Weil man eine Schussverletzung auch so gut simulieren kann.
Ich hab einfach ein wenig Farbe genommen und mich angemalt, das kam so glaubwürdig rüber, das sie schon den Leichenbestatter holen wollten“, antwortete Damon sarkastisch.
Seufzend war es nun an mir, darüber die Augen zu verdrehen, aber irgendwie hatte er ja recht.
Das war wirklich ein sehr lächerlicher Gedanke.
Aber was anderes fiel mir auch nicht ein.
Es war schon ungewöhnlich, dass er so schnell wieder gesund geworden sein sollte.
Ich verzog mein Gesicht.
„Trotzdem ist es doch komisch, meinst du nicht?“, fragte ich nach und Damon seufzte schwer.

„Lass es gut sein, Stefan.
Freu dich doch, genauso wie ich und es ist nicht einfach weg.
Meine Schulter schmerzt noch immer, bist du jetzt beruhigt?“, fragte er nach und ich zuckte mit den Schultern.
Ich warf ihn dem Ball zu, den er ohne Probleme auffing.
„Ein wenig.
Es tut mir leid, ich will ja auch nicht dass du Schmerzen hast.
Es ist einfach nur komisch, verstehst du?
Aber vielleicht ist das eines der medizinischen Wunder, von denen in meinen Büchern die Rede ist“, überlegte ich.
Manchmal kam das vor.
Krankheiten die auf unerklärliche Weise tatsächlich verschwanden.
Es war selten, aber es kam tatsächlich vor.
Damon zuckte mit seinen Schultern. „Ja, vielleicht“, stimmte er meiner Überlegung zu.

Dann warf er den Ball wieder heftig mir entgegen, sodass ich ihn zwar auffing, aber ein paar Schritte zurück trat.
„Vielleicht bin ich auch einfach nicht so verweichlicht wie du es bist.“
Das Grinsen auf seinem Gesicht verhöhnte mich und es gehörte typisch zu meinem Bruder.
Er war so markant und ich kannte keinen anderen der so ein Grinsen hatte.
„Hey, hast du nicht erst bei deiner Ankunft zugegeben, dass ich doch ziemlich stark war.
Mein Schlag war doch gar nicht so schlecht“, beschwerte ich mich darüber, dass er sich schon wieder über mich lustig machte.
Natürlich wusste ich, dass ich schwächer war.
Damon hatte schon immer sehr viel mehr Sport gemacht, war auf der Militärakademie gewesen und hatte fleißig trainiert, während ich mehr den Büchern zugetan war und viel gelernt und gelesen hatte.
Deswegen war ich der klügere und er wohl der sportlichere.
Es passte auch einfach zu uns.
„Nicht schlecht, war er, Stefan.
Doch er hatte trotzdem keine Auswirkungen, nicht?“, fragte Damon frech nach.
Ich schaute auf sein Gesicht und erkannte tatsächlich kein Zeichen darauf, es war makellos rein.

Wir warfen den Ball uns noch mehrere Male zu und ich war tatsächlich froh, dass es so leicht und unbeschwert war.
Es war so als wären diese schlimmen Wochen gar nicht dagewesen und wir waren einfach das, was wir immer gewesen waren, Brüder.
Doch erst jetzt wusste ich, wie wichtig es war, ihn zu haben.
Noch nie war es mir so klar und bewusst gewesen.
Aber deswegen wusste ich nun auch, was es für mich bedeuten würde ihn wieder zu verlieren.
Diese Angst würde niemals verfliegen, da war ich mir sicher.
Doch es war nun einmal so, dass er jetzt wieder da war und ich wusste es, es war kein Traum oder eine Illusion, es war eine neue Chance, dir mir gegeben wurden war.
Eine Chance auf ein Leben mit meinem Bruder.
Ich brauchte meinen großen Bruder, der mich immer beschützt hatte, auch wenn das jetzt nicht mehr der Fall war, aber ich hatte immer noch das Gefühl, das ich seine Hilfe brauchte, für was auch immer.
Vielleicht war es auch nur seine Anwesenheit, die ich brauchte und seinen Rat.
So genau konnte ich das nicht sagen, aber es war nun einmal so.

Damon warf den Ball in die Höhe und fing ihn selbst wieder auf.
„Wir sollten reingehen und uns ebenfalls fertig machen.
Die Mädchen haben schon vor Stunden damit angefangen.
Ehrlich ich bin froh keines zu sein, einfach nur mich zu waschen und in einen Anzug zu schlüpfen ist auf jedenfall besser, als sich stundenlang zurecht zu machen.“
Grinsend nickte ich zustimmend.
Das stimmte.
Das verdiente in der Tat Anerkennung oder man verzweifelte daran.
Beides war meiner Meinung nach wirklich gut möglich.
„Die Haare solltest du dir vielleicht auch noch kämmen“, merkte ich an und Damon stieß mir für meinen Kommentar in die Seite.
Au.
Tatsächlich, ich hatte ihn sehr vermisst, aber sowas nicht.

Wir liefen um die Wette ins Haus und Damon war auch noch schneller als ich, sodass er mir im ersten Moment die Tür von der Nase zuschlug.
Im ersten Augenblick schaute ich ein wenig bedeppert drein.
Damon öffnete wieder grinsend die Tür und lehnte sich zufrieden dagegen.
„War nur ein Scherz, kleiner Bruder.
Du bist aber auch verdammt lahm.
Hab ich dir nicht gesagt, dass du ein wenig trainieren sollst?
Hast du das nicht gemacht oder das Training einfach nur an den falschen Stellen angesetzt, wie bei deiner Zunge?“
Seine Stimme klang spöttisch und voller Hohn und wütend warf ich mich auf ihn, sodass wir beide nach hinten überfielen und uns schlugen.
„Was soll das hier?
Hab ich etwa zwei kleine Kinder, anstatt zwei erwachsene Söhne oder warum prügelt ihr euch wie zwei kleine Schuljungen?
Dann muss ich wohl Katherine und Elena mit Bedauern mitteilen, dass sie keine Begleitung für heut Abend haben.“

Sofort sprangen Damon und ich auf und richteten unsere Kleidung, bevor wir demütig nach unten sahen.
Aber seine Stimme hatte diesmal gar nicht so wütend geklungen, eher tadelnd.
„Tut uns leid Vater“, sagte ich sofort.
„Besonders du, Stefan. Lass dich nicht provozieren, Damon ist noch verletzt und ich will nicht, das du das verschlimmerst.“
Wohl kaum, ihn ging es so gut wie früher.
Zumindest hatte das so den Anschein, wirklich sicher war ich mir da nicht, außerdem sagte er dass er noch Schmerzen hatte, was ich mir auch nur vorstellen konnte.
„Ich bitte um Entschuldigung“, sprach ich weiter.
Eigentlich war das hier, Damons Part.
Er war derjenige, der sonst noch eine Spitze oben drauf bekam.
„Benimmt euch jetzt bitte eurem Alter entsprechen und macht euch für den Abend fertig.
Ich will das ihr einen guten Eindruck macht.“
Überrascht sah ich ihn an und dann zu Damon, der nicht weniger unglaubwürdig aussah, als ich mich fühlte.

Kam es mir nur so vor oder war Vater schneller als sonst von seiner Strafpredigt abgekommen.
Sonst war sie um einiges länger und auch ein wenig böswilliger.
Diesmal war sie nur in gerechtem Maße strafend gewesen.
Aber beschweren würde ich mich darüber sicher nicht, das würde mir nie einfallen.
Wir gingen nach oben ins Stockwerk und Damon versuchte unbekümmert den Ball auf seinem Kopf zu balancieren, als wäre das zu schaffen, die einzige Herausforderung, die er hatte.
„Es ist gut zu wissen, dass du wieder da bist, Damon“, sagte ich und überrascht wandte er sich mir zu, als hätte er wirklich nicht damit gerechnet.
Er musterte mich genau und lächelte dann milde.
Mit seiner Hand klopfte er mir auf die Schulter.
„Keine Sorge, Kleiner.
Ich hab nicht vor wieder von hier zu verschwinden.
Es ist schön wieder zuhause zu sein und das liegt nicht nur allein an Elena, obwohl sie das wirklich der hervorstechendste Grund dafür ist.“
Ich grinste über seinen Kommentar, obwohl ich mir im Klaren darüber war, das er es absolut ernst meinte.
Für ihn bedeutete Elena wohl seine Heimat, die Anlaufstelle für ihn, aber ich hatte auch meinen Bruder wiedergewonnen.
Ich wusste jetzt wie wichtig er war und ich würde es nie wieder vergessen



Kapitel 54: Willkommen Katerina




„Männer sind eher bereit eine Verletzung zu vergelten als eine Wohltat, denn Dankbarkeit ist eine Last und Rache ein Vergnügen.“ (Tacitus)





Klaus Sicht:
Grinsend stieß ich mit Kol an, denn das was wir sahen war wirklich mehr als Exquisit.
„Ihr beide wisst schon, dass das sexistisch ist.
Es ist einfach unglaublich, dass sowas keine Huren sein sollen.“
Ich seufzte innerlich. Es war mal wieder klar, dass Rebekah alles daran setzte uns den Spaß zu verderben, darin war sie wirklich gut und anscheinend schien sie das doch tatsächlich auch zu lieben.
Trotzdem wandte ich den Blick von den schönen Mädchen dort unten nicht ab, die das Bein wirklich weit nach oben heben konnten.
Diese Beweglichkeit hatte sicher einiges für sich bei einer bestimmten Sportart, die einfach nur noch nicht anerkannt wurde.
„Es sind Tänzerinnen, Rebekah!
Das heißt sie tanzen nur.
Deine Empörung für den Fortschritt verdirbt uns einfach nur die Laune, könntest du dir also bitte eine Mahlzeit suchen“, meinte Kol und seine Stimme klang genauso genervt wie ich mich fühlte.
Hochnäsig hob sie ihren Kopf an und stolzierte dann davon.
„Manchmal kann sie ehrlich anstrengend sein“, murmelte Kol.

Ich nickte zustimmend.
„Wie recht du doch hast“, antwortete ich und die meiste Zeit reiste sie auch noch mit mir zusammen herum.
Natürlich liebte ich meine Schwester und wollte ihre Anwesenheit auch, aber bei sowas war sie doch wirklich schrecklich.
Da wollte man sie so weit wie nur möglich von einem weg haben.
Sie beschwerte sich über jede Zeit und darüber, dass immer mehr erlaubt war.
Kol und ich dagegen waren dem sehr zugetan.
Ich liebte das Korsett seit dem es erfunden wurde, denn es betonte die Figur einfach nur einmalig und Kleider konnten jetzt schulterfrei oder kurzärmlig sein, sodass man mehr Haut erkennen konnte, als nur die vom Gesicht.
Die Kleider waren enganliegend und mussten nicht extra weit geschnitten sein, sodass die Fantasie jetzt weiter gesponnen werden konnte.
Früher hatten wir sie darauf verwendet zu erahnen, was für ein Körper unter dem Kleid verborgen war.
Das wurde uns jetzt schon mal abgenommen.
Generell war es eine schönere Zeit geworden.
Freier und leichter wurde sie mit jedem weiteren Jahrzehnt.

Kol zeigte hinunter auf eine der Frauen.
„Mir gefällt die Blonde mit den gelockten Haaren, sie sieht toll aus.
Ich glaube ich werde versuchen ihre Aufmerksamkeit zu erhaschen, sie hat dieses gewisse Etwas, verstehst du?“, fragte er nach.
Ich wusste was Kol meinte.
Er mochte schöne Frauen, besonders diejenigen, die von Natur aus schön war und deren Schönheit dann durch die Möglichkeiten der Zeit noch hervorgehoben wurde, sodass sie für ihn strahlten.
So in der Art hatte er es erklärt und hinzugefügt, dass es deswegen war, damit er sich am Morgen nicht über das wahre Aussehen der Frau erschreckte.
„Lass dich bloß nicht von unserer Schwester dabei erwischen, sonst riskierst du einen Anfall.
Sie scheint heute besonders mies gelaunt zu sein“, warnte ich ihn.
Aber Kol schüttelte nur den Kopf, als ob ich nicht wirklich verstanden hatte, was er gemeint hatte.
„Nein, nicht heute.
Ich meinte sie gefällt mir, Niklaus.
Ehrlich.
Wir bleiben doch länger hier in Paris, da werde ich nett zu ihr sein und ein wenig länger Spaß mit ihr haben“, erklärte er sich und ich schüttelte grinsend den Kopf.

Sie musste ihm wirklich sehr gut gefallen.
Manchmal, wenn wir länger an einen Ort blieben, suchte er sich eine Frau aus, mit der er die Monate verbrachte.
Er umwarb sie ehrlich mit Geschenken und nahm sie mit zu Festen und Bällen.
Dabei war sie alles für ihn, er redet mit ihr, schlief mit ihr und nutzte sie natürlich als Blutquelle, aber sie wurde so seine Freundin zu der er wirklich nett war.
Kol hatte manchmal wirklich komische Anwandlungen.
„Weißt du schon ihren Namen?“, fragte ich nach und er stand sogleich auf.
„Darum werde ich mich jetzt kümmern“, meinte er ausgelassen und heiter.
Lächelnd schüttelte ich meinen Kopf.
Er würde ein ewiger Junge bleiben.
Ich sah wie meine Schwester tatsächlich einen Mann gefunden hatte mit dem sie sich unterhielt, von dem sie sich umschmeicheln ließ.
Sie suchte sich gerne mehrere Verehrer in einer Stadt, die ihr Aufwartungen machten.
Nach dem Ende des Besuches einer Stadt, löschte sie deren Gedächtnis oder sie kamen auf die Liste, der ewig Vermissten.

Eigentlich wollte ich mir ein Mädchen suchen bei dem ich die Nacht verbrachte, doch als ich die Loge verlassen wollte kam ein Vampir herein.
Einer der für mich arbeitete.
Er verbeugte sich vor mir und ich nickte ihm zu, als Zeichen das er sprechen konnte.
„Es gibt neue Nachrichten aus Amerika, Klaus.
Elijah lässt euch berichten, dass er die Schwestern in Virginia gefunden hat und dass er sich darum kümmert, das Katerina noch da ist, wenn ihr ankommt.“
Katerina.
Endlich.
Leicht nickte ich dem Vampir zu und deutete ihm zu verschwinden.
Es war also endlich soweit, nach über drei Jahrhunderten saß sie nun endlich in der Falle.
Eigentlich war es wirklich beeindruckend, dass sie es geschafft hatte so lange zu fliehen.

Ich freute mich schon richtig darauf zu sehen, wie sie in dieser Zeit aussah und die Angst, die ihr ins Gesicht geschrieben stehen würde.
Besonders wenn ich ihr zeigen würde, was ich von ihrem Verrat hielt, den sie an mir begangen hatte mit ihrer Schwester.
Aber um Helena würde sich Elijah kümmern, ich hatte ihm versprochen, dass ich es ihm überließ.
Diese beiden dummen Mädchen hatten uns lange genug zum Narren gehalten, damit war nun endgültig Schluss.
Dafür würden die beiden genügend bezahlen und vor allem Katerina.
Sie würde sich noch wünschen damals gestorben zu sein, wie ich es geplant hatte.
Auf jeden Fall hatte ich in den nächsten Jahrhunderten noch genug Zeit sie leiden zu lassen.
Sie war also in Virginia gelandet, dort wo meine alte Heimat lag. Was für ein wirklich netter Zufall das doch war.

Unten sah ich, wie Kol die Hand seines bevorzugten Mädchens küsste und Rebekah mit einem Mann tanzte.
In der nächsten Zeit würde sie dann wohl wieder mit Kol reisen müssen.
Ich hatte ein paar Dinge zu erledigen und würde das nächste Schiff nach Amerika nehmen.
Die Überquerung würde sowieso allein schon ihre Zeit dauern und da musste ich mich nicht auch noch mit den Launen meiner Geschwister auseinander setzen.
Besonders da es sie sowieso nichts anging und es sie auch nicht wirklich interessierte.
Für sie zählte einfach nur der Spaß, bis auf natürlich die Flucht vor unserem Vater.
Das aber war eine ganz eigene Geschichte, die auf einem anderen Blatt Papier stand.

Ich goss mir ein neues Glas Cognac ein und malte mir dabei die Zukunft aus, die mich wirklich anzulächeln schien.
Das würde ein schönes Vergnügen werden.
Ich prostete dieser Zeit entgegen, genauso wie Kol, der das Glas in meine Richtung zu mir hoch hielt und mir damit zeigte, dass er was auch immer er haben wollte, diesen Abend erreicht hatte.
„Das wird wirklich noch interessant“, meinte ich schmunzelnd für mich selbst.
Ich wusste, dass dieses Jahrhundert immer besser wurde. Es gefiel mir ganz und gar, mit all seinen versteckten Facetten.
Willkommen Katerina, in diesem neuen Jahrhundert und lernte meine Version der Rache kennen.



Kapitel 55: Nähe





„Nähe. Das sind zwei kurze Silben für: "Hier hast du mein Herz und meine Seele. Bitte mach sie zu Hackfleisch. Viel Spaß dabei." Nähe ist genauso ersehnt wie gefürchtet. Es ist schwer, mit ihr zu leben, und unmöglich, ohne sie auszukommen.“ (Greys Anatomy)





Elenas Sicht:
Meine Schwester steckte mir meine Haare hoch und ich musste einfach in den Spiegel lächeln.
Zuletzt waren wir in ebenso einer Situation vor genau 362 Jahren beide so vollkommen glücklich gewesen, damals in England.
Wie zu der Zeit machten wir uns auch jetzt für einen Ball fertig, ein Fest auf das mich ein wundervoller junger Mann führen würde und ich hatte tatsächlich das Gefühl, dass alles gut werden würde.
Dass ich wieder glücklich werden konnte.
Ich drehte eine Spange in meiner Hand, die eine Art silberner Kamm war, mit blauen Steinen in Form von Lilien verziert.
Katherine nahm mir dieses Schmuckstück aus der Hand und steckte es in meine Hochsteckfrisur.
Meine gewellten Haare hatte sie mir hinten links hochgesteckte, nur ein paar kurze Strähnen kitzelten mir in meinen Nacken.

Die Kette, die mir Elijah einmal geschenkt hatte, baumelte um meinen Hals und schützte mich noch immer vor der Sonne.
Katherine legte ihre Arme um mich und beugte sich zu mir herunter, ihren Kopf legte sie auf meine Schulter und ich sah ihr sanftes Lächeln im Spiegel.
„Ich bin glücklich, bist du es auch?“, fragte sie nach.
Ich nickte lächelnd.
„Ich bin glücklich, reicht das aus?“, fragte ich nach.
„Wir sind zusammen und glücklich, das macht die Welt perfekt“, vollendete Katerina unser kleines Gespräch, das wir einmal als Kinder entwickelt hatten.
Aber lange, sehr lange, zu lange, hatten wir es nicht mehr aufgesagt.
Doch es war das was ich gerade fühlte, die Welt schien für mich perfekt zu sein und auch für sie.

Sie fuhr durch eine kleine Strähne an der Seite meines Gesichtes und sog meinen Duft ein, damit sie sich mir noch näher fühlen konnte.
Ich drehte mich um und nahm meine Schwester in den Arm, denn das war es was wir jetzt beide brauchten.
Die Nähe der Anderen.
Sie war wichtig.
Wir brauchten uns nicht nur, wenn es uns schlecht ging.
Manchmal brauchten wir uns auch, um das Glück das wir fühlten, miteinander teilen zu können.
Keinen Menschen auf der Welt verstand ich besser als sie und hatte ich je besser gekannt.
Egal wie viel Zeit ich auch mit Gabriel und Philipp verbracht hatte oder wie gut ich mich auch mit ihnen verstanden hatte, etwas fehlte.
Katherine war ein Teil von mir, es gab etwas das uns verband und das sie unersetzlich machte.
Genau wusste ich es auch nicht zu erklären, aber es war auch der Grund warum ich über all ihre Fehler hinwegsehen konnte und weshalb sie alles zu mir sagen konnte.
Eigentlich war sie kein Mensch, den ich Normalfall mögen würde, aber dann war sie es doch wieder, durch dieses Verbundenheit, die ich mit sonst niemand teilen konnte.

Deswegen brauchte ich auch ihre Nähe.
Ich wusste, dass sie die einzige war, die mich trotz dessen nicht verletzten konnte, egal was sie tun würde.
Da ich wusste, dass auch ich sie niemals verletzten konnte.
Wir waren dazu einfach nicht in der Lage, wir konnten einander nicht wehtun und hatten es auch nie getan.
Alle anderen waren dazu in der Lage mir weh zu tun und umso näher ich sie ließ, umso eine bessere Chance hatten sie.
Elijah war mir so nah gewesen, wie Katerina es immer war, nur auf eine andere Art und Weise.
Aber es hatte mich verletzt, wie noch nie jemand zuvor in meinem Leben.
Trotzdem gab es nun wieder einen Jungen, den ich an mich heran ließ.
Denn irgendwie hatte ich erkennen müssen, dass ich es brauchte.
Dass ich seine Nähe brauchte und ich wusste, dass es anders war, dass ich das nicht vergleichen konnte, trotzdem erwischte ich mich immer wieder dabei, wie ich es tat.

„Ich liebe Damon“, sprach ich das aus, was ich ihr noch nicht gesagt hatte.
Sie nickte an meiner Schulter.
„Das weiß ich, Elena“, antwortete sie.
„Ich liebe auch dich“, sagte ich weiter.
Sie sollte nicht glauben, dass es aufhören würde. So würde es nie sein, so war es bei Elijah nicht gewesen und auch bei Damon nicht.
Ich würde sie weiterhin lieben und würde sie wohl immer brauchen.
Denn egal wie viel Zeit auch verging, sie änderte nichts an der Tatsache, dass Katherine meine ältere Schwester war.
Auch die Änderung unserer Namen konnte nichts an dieser Tatsache rückgängig machen und das war auch gut so.
Ich wollte es nicht anders haben, als wie es war.
„Ich wünsche mir, dass wir auf Ewig zusammen sind.“
Das war mein ehrlicher Wunsch.

Sie ließ von mir ab und sah mir lächelnd in die Augen.
„Das wünsche ich mir auch.“
Wir drückten uns gegenseitig die Hände.
„Wir stehen füreinander ein“, begann sie.
„Beschützen einander“, sprach ich weiter.
„Unterstützen uns gegenseitig“, fügte sie hinzu.
„Wenn uns etwas verletzt…“
„… fangen wir einander auf.“
„Wir vertrauen uns, was auch immer wir tun.“
„Wer auch immer etwas Gegenteiliges sagt…“
„… ist ein Lügner“, beendete ich unseren Schwur.
Wir sahen uns dabei fest in die Augen und es gab an unseren Worten nicht den geringsten Zweifel.

Es gab niemand anderen den ich so vertrauen konnte wie ihr.
Wir würden auf ewig füreinander sorgen und uns darum kümmern, dass es der Anderen gut ging, denn gegenübereinander konnte keiner von uns beiden egoistisch sein.
Die Andere würde für uns immer an erster Stelle stehen und danach kamen erst wir selbst.
Aber jetzt hatte ich zwei Menschen in meinem Leben, die ich mehr liebte als mein eigenes Wohlbefinden, also war ich sogar an dritter Stelle gerutscht, aber das machte mir überhaupt nichts aus.
Denn Damon schenkte mir etwas, das kein anderer vermochte, nicht einmal meine Schwester.
Er schenkte mir etwas, das mein Herz leichter machte.
Seine Liebe schaffte es mich glücklich zu machen und die Last wegzunehmen, die mein Herz sonst immer zu erdrücken drohte.
Erst als wir aus der Tür gingen, ließen wir unsere Hände los.
Wir kamen zur Treppe und als ich hinunter blickte sah ich den Mann, der mein Herz erwärmte.
Natürlich standen neben ihn auch Stefan und Guiseppe, sein Vater.
Allerdings hatte ich nur Augen für ihn und er ging sofort zum Treppenansatz und als ich herunter schritt reichte ich ihm meine Hand, die er küsste und das obwohl ich einen Handschuh trug.
„Guten Abend, Miss Elena“, sagte er lächelnd und wie er das sagte, mit dieser wundervollen Stimme, ließ mein Herz flattern.
„Guten Abend“, wünschte ich ihm zurück und harkte mich bei ihm unter.
Er führte mich nach draußen, wo eine Kutsche auf uns wartete.
Mein Blick war allein auf ihn beschränkt.
Schon merkwürdig, wie sehr mich seine Anwesenheit einnahm, doch ich genoss seine Nähe.

Ich wusste es genau.
Nähe konnte viel anrichten.
Liebe, die diese Nähe mit sich brachte, konnte noch viel mehr anrichten und obwohl wir das alle wussten, jeder Mensch wusste das, riskierten wir es doch immer wieder.
Weil wir sie liebten.
Wir liebten die Nähe und was noch viel wichtiger war, wir liebten die Liebe.
Der Schmerz und die Enttäuschung vom letzten Mal war egal, wir probieren es immer wieder erneut.
So waren wir Menschen und auch wir Vampire, auch wenn es Zeitunterschiede gab, wann wir wieder Vertrauen fassten.
Aber das war gut so, denn so konnten wir unser Schicksal selbst schreiben.
Wir mussten nicht Gott für alles die Verantwortung geben, sondern konnten unser Schicksal auch mal selbst in die Hand nehmen.
Wir hatten die Chance glücklich zu werden und manchmal mussten wir uns auch einfach nur darauf einlassen.
Auf die Menschen.
Auf die Nähe.
Auf die Liebe.



Spezial 3: Ein schöner Tag




„Man merkt immer zu spät, dass man diesen Moment hätte genießen sollen!“ (Unbekannt)




Klaus Sicht:
Rückblick
Zusammen mit Katerina besuchte ich die Ställe, um ihr die Pferde zu zeigen.
Ich hatte ihr versprochen den Tag mit ihr zu verbringen und auch wenn ich es oft tat, konnte ich mich nicht immer davor drücken.
So schlimm war es dann auch doch nicht, sie war wirklich nicht die schlechteste Gesellschaft.
Katerina war durchaus amüsant und natürlich besaß sie ihre unvergleichliche Schönheit.
Sie schien sehr glücklich gerade zu sein und zufrieden lächelnd streichelte sie einen schwarzen Hengst, als hätte sie das lange nicht mehr getan.
„Sein Name ist Arthus“, erzählte ich ihr und streichelte seinen Hals entlang, was ihm zu gefallen schien.
„Er ist wunderschön“, meinte sie mit schwacher Stimme und da hatte sie recht.
Es war eigenartig sie mit dem Pferd zu beobachten, es hatte etwas Vertrautes und Arthus schien sie von Anfang an zu mögen.
„Kannst du reiten, Katerina?“, fragte ich sie direkt.
Erstaunt sah sie mich an und dann holte sie lächelnd das Pferd aus der Box heraus, holte einen Sattel und sattelte es schnell und geschickt, ohne weitere Probleme.
Ich sattelte ebenfalls mein Pferd, auch ein Hengst namens Tales.

Ohne Probleme setzte sie sich auf, was beeindruckend war, das es sich für Frauen nicht unbedingt gehörte zu reiten, besonders nicht ohne im Damensattel zu sitzen.
Sie nahm die Zügel in die Hand wandte sich an mich.
„Du musst dich anstrengen, wenn du mit mir mithalten willst“, sagte sie ziemlich vorlaut und war kaum danach auch schon weg.
In Galoppschritt verließ sie den Hof und schnell folgte ich ihr, wir ritten zu den Feldern und ich musste mich tatsächlich bemühen mit ihr Schritt zu halten.
Sie schaute zu mir nach hinten und ihr Lachen hallte in meinen Ohren wieder, ihre Haare flogen im Wind und ich hatte sie noch nie so glücklich gewesen.
Wir kamen zu ein paar einzelnen Bäumen, die an einem Abhang standen und Katerina sprang mit dem Pferd ohne Probleme, über die umgestürzten Bäume und Äste hinweg.
Ich holte zu ihr auf und bald lieferten wir uns ein Kopf an Kopf Rennen.
Auch ohne sie gewinnen lassen zu wollen, schaffte sie es besser zu sein als ich und die Frage ob sie reiten konnte, war damit lächerlich gewesen.
Sie war eine fantastische Reiterin, eine bessere hatte ich noch nie im Leben gesehen.

Wir hielten an, der Abhang war nun weg, hier ging es zwar steil, aber schräg nach unten.
„Braust du eine Verschnaufpause?“, fragte sie neckisch und ich schüttelte lächelnd den Kopf.
Wir stiegen von den Pferden ab und banden sie an den Zügeln an einem Baum.
Glücklich fraßen sie dort das Gras und Katerina ließ ein wenig über die Wiese und drehte sich fröhlich im Kreis.
Fasziniert beobachtete ich, wie sie dabei die Arme ausgestreckt hatte und ihr violettes Kleid dabei um sie herum wirbelte.
Es passte hervorragend zu den violetten Wildblumen, von dem sie einige pflückte und daraus ein Blumenkranz zu flechten begann.
„Du bist eine sehr gute Reiterin, die beste die ich je gesehen habe“, gab ich zu und damit schloss ich auch Rebekah mit ein, die ich eigentlich immer für sehr talentiert gehalten hatte.
Lächelnd drehte sie sich zu mir.
„Weil ich schneller war als du?“, fragte sie frei heraus und ich konnte nur lächelnd den Kopf schütteln.
Allerdings hatte sie recht, sie war tatsächlich schneller als ich gewesen, das musste ich schon zugeben.
„Meine Familie züchtet Pferde, weißt du?
Wir haben zwar auch Felder und andere Tiere, aber das ist der Schwerpunkt unseres Gutes und zwar haben wir viele Angestellte, aber darum hat sich meine Familie meist noch selbst gekümmert.
Helena und ich haben vier Brüder und wir hatten immer mitgeholfen“, erzählte sie mir und ich stellte mir sie auf einem Hof vor.
Sie kicherte leicht.
„Es war allerdings nicht meine Lieblingsbeschäftigung, zu arbeiten meine ich.
Ich hab mich gerne vor den Aufgaben gedrückt und bin zwei meiner Brüder oft ausgeritten.
Oder wir haben die Pferde freigelassen, um sie wieder einzufangen.
Vater ist jedes Mal ausgerastet.“
Sie erzählte es nicht so als wäre es schlimm, sondern eine schöne Erinnerung.

Als sie den Blumenkranz fertig hatte, hängte sie ihn Arthus um den Hals und begann dann gleich darauf einen neuen zu machen.
„Er ist sehr streng, weißt du?“
Dieses Mal klang ihre Stimme traurig und ich verstand sie besser als sie glaubte, auch mein Vater und derjenige, den ich all die Jahre dafür gehalten hatte, war nicht gerade die freundlichste Person gewesen und streng war in dem Fall eine Untertreibung.
„Wir haben Pferde auch ausgebildet, zu allen möglichen.
Meine beiden ältesten Brüder hatten es einmal geschafft eine Herde von Wildpferden einzufangen und zwei davon hatte ich zugeritten.
Eines für meine Schwester und das andere für mich.
Meines hatte einen beigen, fast schon goldenen Ton. Es war eine Stute gewesen und ich hatte sie Phönix genannt. Sie hatte einen weißen Fleck unter dem linken Auge.“
Abwartend sah ich Katerina an und lauschte tatsächlich interessiert ihren Worten.
Sie mochte Pferde genauso wie ich.

Den nächsten Blumenkranz hängte sie meinem Pferd um und dann pflückte sie eine Blume, die sie in den Zügel verknotete.
„Ich hoffe Vater kümmert sich gut darum.“
Dabei war sie mit ihren Gedanken abwesend und ich hoffte, dass ihr Vater besser war als meiner.
„Mein Vater hasst mich und als Warnung schlug er meinem Lieblingspferd den Kopf ab.“
Das war etwas, das ich nicht hatte begreifen können.
Wieso hatte er das getan?
Ich hatte keine Antwort gewusst und hatte einfach geglaubt dass er grausam war, grausamer als ich es gewesen war.
Katerina sah mich entsetzt an, als ob sie nicht glauben konnte was sie hörte.
Aber es war die Wahrheit.
„Ich… das ist ja schrecklich“, stotterte sie und wusste wohl nicht wirklich was sie dazu sagen sollte.
Mir hatten damals allerdings auch die Worte gefehlt.
„Es tut mir leid“, flüsterte sie und spielte dabei unruhig mit der Blume herum, die sie in der Hand hatte.
Ich nahm sie ihr aus der Hand und steckte sie ihr hinters Ohr.
„Schon gut.
Seit dem ist ja bereits sehr viel Zeit vergangen, da ist es nicht so schlimm.“

Zaghaft und unsicher lächelte sie, als konnte sie nicht genau glauben, was ich ihr da erzählte und damit war sie auf keinen Fall allein.
Sie zog sich vorsichtig zu mir hoch und hauchte mir einen Kuss auf die Lippen, der schöner war und seltsam heilender, als es eigentlich sein sollte.
Katerina schaute mich mit ihren großen braunen Augen an und ich konnte nicht anders als diesen Blick zu erwidern.
Irgendwie nahm sie mich gerade gefangen.
Ich realisierte nicht wirklich was passierte, aber ich wollte das nicht länger, deswegen drückte ich meine Lippen fest auf ihre.
Meine Gedanken lösten sich alle auf und die Verwirrung und das Chaos gab einen Moment ruhe.
Seltsam, aber schön.
Beruhigend.
Sie lehnte sich an mich und ich hielt sie ganz fest.
Dieser Moment hatte etwas friedfertiges, was ich sonst eigentlich nicht leiden konnte, aber heute genoss ich es.
„Wir sollten zurückkehren“, flüsterte ich und ich wusste nicht wieso.
„Das sollten wir wohl“, stimmte sie mir leise zu, aber wir bewegten uns keinen Millimeter.
Wenn ich im Nachhinein tiefgründig über alles nachgedacht hätte, wäre mir vielleicht aufgefallen, dass ich in diesen Momenten des Tages nicht einmal daran gedacht hatte sie zu opfern und sie nicht einmal mit Tatia verglichen hatte.
Aber ich verbot mir all diese Gedanken, auch wenn ich mir eingestehen musste, das es ein sehr schöner Tag mit Katerina gewesen war.
Rückblick Ende



Kapitel 56: Nicht zulassen




„Wer nicht zuweilen zu viel empfindet, der empfindet immer zu wenig.“ (Jean Paul)




Klaus Sicht:
Rückblick
Ich beobachtete die Flammen im Kamin, sie hatten etwas einzigartig Beruhigendes auf mich.
Obwohl sie ganz ruhig waren, wie auch ich, hatten sie Unmengen von Kraft.
Sie wurden allerdings in Zaum gehalten, doch wenn man sie ließ und sie ausbrachen, würden sie Zerstörung bringen.
Ich hörte wie sich Schritte näherten und wusste, dass sie meinem älteren Bruder gehörten.
Nicht weil ich ihn daran erkannte, sondern einfach schlicht deswegen, weil keiner außer ihm sonst die Erlaubnis hatte einfach zu mir zu kommen.
Jeder andere oder auch jede andere brauchte dafür eine Genehmigung.
„Morgen ist Vollmond, Bruder“, sagte ich und starrte weithin in den Kamin ohne aufzublicken, während Elijah eintrat. „Nach all den Jahrhunderten ist der Zeitpunkt endlich gekommen.“
Ich war deswegen schon in freudiger Erwartung.
Morgen würde ich wieder zu dem werden, was ich eigentlich war.
Ein Hybrid.
So würde ich eine ganz neue Spezies erschaffen können.
Ich konnte es kaum noch erwarten, endlich würde mein langgehegter Traum endlich Wirklichkeit werden.

„Ich war bei den Hexen. Ich glaube sie haben eine Möglichkeit gefunden den Doppelgänger zu verschonen.“
Ich war verwirrt.
Was redete Elijah da?
Was interessierte ihn der Doppelgänger?
Ich hatte ihn doch zugesichert, dass ich Katerina nehmen würde.
Helena war demnach frei und er konnte mit ihr die Ewigkeit verbringen, so wie er es selbst gewollt hatte.
Wieso also wollte er jetzt auch noch Katerina retten?
„Wen interessiert es, ob sie lebt oder nicht? Sie ist ein Mittel zum Zweck, nichts weiter.“
Ein sehr schönes Mittel natürlich, das musste ich zugeben, aber mehr auch nicht und er würde seine Helena bekommen.
Damit war meiner Meinung alles geregelt.
Die Hexen waren damit vollkommen unnütz.
„Aber sie soll zu deinem Vorteil sterben“, meinte Elijah.
Da war doch kein Mitleid in ihm oder etwa doch?
Hatte ihn die Liebe schon so schwach gemacht, dass er sich um Menschen kümmerte.

Unsere Familie ging noch in Ordnung, auch Helena, wenn er es so wollte, aber alle anderen sollten ihm egal sein.
Sie waren bedeutungslos und selbst die Vampire würden irgendwann sterben.
Wirkliche Ewigkeit gab es nur für uns, das machte alle anderen bedeutungslos.
„Sie ist ein Mensch. Ihr Leben ist ohne Bedeutung“, meinte ich lächelnd und sah weiterhin ins Feuer.
Er sollte seine fixe Idee schnell vergessen.
„Ich bitte dich, zieh es in Erwägung“, sagte Elijah eindringlich.
Ich drehte mich zu ihm um. Jetzt wurde es ernst. Es schien mehr zu sein, aber was steckte genau dahinter?
Hatte ihn die Liebe wirklich korrumpiert?
„Solltest du so dumm sein, dir auch noch etwas aus ihr zu machen?
Aus Mitleid?
„Ich verschone Helena, da du sie zu einer der unseren auserkoren hast. Wieso soll auch ihre Schwester leben?“, fragte ich eindringlich nach.
„Natürlich mach ich mir nichts aus ihr, aber Helena wäre unglücklich über den Verlust ihrer Schwester.“

Fest sah ich ihm in die Augen.
Das steckte dahinter?
Das Helena um ihre Schwester trauern würde?
„Liebe ist für uns Vampire die größte Schwäche und wir sind nicht schwach, Elijah.
Wir kümmern uns um nichts, wir haben keinerlei Gefühle“, sagte ich ihm eindringlich.
„Früher hatten wir welche“, meinte Elijah.
Ich atmete tief durch.
Die Erinnerung an Tatia kam hoch, aber sie trug dabei nicht ihre alten Gewänder, sondern die von heute.
Sie sah so aus wie Katerina.
Weg!
„Das ist vergangen.“ Sehr lange vergangen um genau zu sein und so sollte es auch für immer bleiben.
„Sag den Hexen sie sollen sich nicht unnötig bemühen.
Das Opfer wird stattfinden wie geplant.“
Dagegen würde mich kein Wort der Welt überzeugen.
Kein Rückzug.

Elijah sah nicht sehr glücklich darüber aus, aber das war gerade nicht wichtig.
„Du hast durch Helena zwar einen Teil deiner Gefühle, aber du darfst sie nicht zu deiner Schwäche machen.
Morgen werde ich Katerina opfern und du wirst Helena verwandeln.
Wenn sie um ihre Schwester zu sehr trauern sollte, dann nimmst du ihr eben die Erinnerung an sie.“
Helena war gefährlich, aber wenn ich sie ihm jetzt nehmen würde, dann würde ich meinen Bruder verlieren.
Aber sie durfte ihn nicht korrumpieren.
Es war ein großes Glück, dass sie so passiv war.
So würde sie ihn wenig beeinflussen, zumindest so lange er es selbst nicht zuließ.
Nicht direkt also.
Aber es zeigte sich bereits im Ansatz, wie schwach ihn das machte, denn es zeigte sich bei ihm bereits, dass er Mitgefühl entwickelte.
Liebe brachte anscheinend Mitgefühl mit sich und ich war mir auch sicher noch so einige andere, unnütze Gefühle dieser Art.
Was kam als nächstes?
Toleranz, Verständnis, Vergebung, Nachsichtigkeit, womöglich noch Selbstlosigkeit?
Es war einfach nur grauenvoll, wenn man nur darüber nachdachte.
„Ich werde sie verwandeln“, meinte Elijah und sah dabei auf den Boden, aber er schien nicht wirklich glücklich deswegen zu sein.
Nur weil Helena nicht glücklich sein würde, da sie ihre Schwester verlor.
Manchmal kam es halt vor, dass man seine Geschwister verlor.

Er setzte sich auf einen Sessel und wirkte kraftlos.
Irgendwie konnte ich mir so eher sein wirkliches Alter vorstellen, als er in den Kamin sah und nachzudenken schien, wie auch ich es zuweilen tat.
Ich ging zu einem Tisch und goss uns beiden ein Glas von etwas Hochprozentigem ein, das war etwas das half.
Ich reichte ihm das Glas, was er noch eine Weile unbeirrt in seiner Hand drehte, ohne dabei wirklich hinzusehen, bevor er den Alkohol dann doch hinunterschluckte.
Mein Bruder war manchmal schon wirklich eigenartig.
Er stand dann einfach auf, mit einem ernsten Gesichtsausdruck.
„Ich denke ich werde lesen gehen“, meinte er und verschwand aus dem Raum, um sich in seine eigenen zurückzuziehen.
Ich würde einiges dafür geben, um im Kopf meines Bruders zu sein.
Vielleicht verstand ich dann auch wie er zulassen konnte sich in Helena zu verlieben.
Natürlich besaß sie das Potenzial dazu, dass man sich in sie verliebte, besonders da sie meinem Bruder mit ihrer Art ziemlich ähnlich war und sonst einfach nur entgegen kam.
Doch das war ein Fakt den alle Petrova-Doppelgängerinnen zu teilen schienen.
Sie alle hatten das Potenzial, dass man sich in sie verliebte.
Auch Katerina besaß es.
Allerdings durfte man das dann einfach nicht zulassen, dass es soweit kam.
Ich hatte es nicht zugelassen.
Je weniger man fühlte, umso besser war es am Ende.

Ich wandte mich von den Flammen im Kamin ab und ging zum Fenster, um hinaus in den Nachthimmel zu schauen, auf den Mond, der fast voll war.
Morgen wird es soweit sein und da ich nichts für Katerina fühlte, würde es mir keine Schwierigkeiten bereiten sie zu opfern.
Hätte ich meine Gefühle zugelassen, hätten sie mir dabei nur Unannehmlichkeiten bereitet.
Aber das hatte ich nicht getan.
Deswegen war ich nicht schwach, nicht so wie Elijah.
Ich war stark, stärker als meine Geschwister, die Gefühle immer wieder zuließen.
Deswegen war ich stärker als jeder andere von ihnen.
Rückblick Ende



Kapitel 57: Weglaufen




„Ich wollte lieben, ich wollte geliebt werden. Also verliebte ich mich. Mit anderen Worten: Ich macht mich zum Narren...“ (Unbekannt)



Katherines Sicht:
Rückblick
Mir spukte das ganze Gespräch im Kopf herum.
Bis zu dem Punkt, an dem Elijah gesagt hatte, dass er Helena verwandeln würde.
Trevor hatte also nicht gelogen, er hatte mir die Wahrheit gesagt, die ich ihm nicht hatte glauben wollen.
Ich war so fest davon überzeugt gewesen, dass Klaus mich liebte.
Ich hatte zu ihm gehen wollen, fragen ob es die Wahrheit war oder eigentlich eher mir eine Bestätigung holen wollen, dass Trevor log.
Doch dem war nicht so.
In das Gespräch in das ich reingeplatzt war, wenn auch nur von weitem, es war einfach nur grauenvoll.
Ich war ein Mittel zum Zweck, mein Leben war ohne Bedeutung.
So hatte es Klaus beschrieben.
Elijah machte sich nichts aus mir, er meinte nur, dass Helena unglücklich über meinen Tod wäre.
Doch er würde sie verwandeln, er wollte sie mir wegnehmen und mich ihr wegnehmen.
Als wäre dann all das zwischen uns bedeutungslos.
Er würde ihr ihre Erinnerungen an mich nehmen und dann würde es nur noch ihn für sie geben.
Sie würde mich vergessen und ich würde sterben.
Dann war ich tatsächlich nur noch bedeutungslos, wenn ich es nicht einmal wert war, dass man sich an mich erinnerte.

Die ganze Nacht hatte ich nicht schlafen können.
Ich hatte mich an Helena geklammert wie eine Ertrinkende, von hinten hatte ich sie umarmt und meine Tränen nicht zugelassen, weil die Antwort auf ihre dann kommenden Fragen, sie zerstört hätten.
Meine kleine Schwester, die ich nicht zerstören konnte, die ich aber bei mir haben wollte und dass würde nur auf diesem Weg funktionieren.
Doch wenn ich es ihr jetzt sagen würde, dann würde sie zu Elijah rennen, der ihr etwas anderes sagen würde.
Selbst wenn sie ihm dann nicht glauben würde, weil mein Wort dann gegen seines stand und sie mir glaubt, da das nun einmal so war, würde sie nicht nur totunglücklich sein, sondern Elijah würde auch nicht mehr zulassen, dass wir fliehen konnten.
Weder Klaus noch Elijah durften von meinem Mitwissen erfahren und auch nicht Helena.
Es würde das bedeuten, was sie planten.
Es würde zu meiner Opferung führen und zu Helenas Verwandlung.
Trevor hatte mir gesagt, dass Klaus jeden einzelnen Tropfen Blut aus meinen Körper saugen wollte, nur um einen dämlichen Fluch zu brechen.
Das sollte der Grund für meinen Tod sein.

Ich begriff es auf einmal all das, was geschehen war.
Wie Klaus sich mir gegenüber benahm, er warb um mich, doch ließ er mich nicht in seine Nähe, zumindest nicht im übertragenen Sinne.
Ich hatte ihm mein Herz geöffnet, doch er mir nicht seins.
Ich war verletzlich, doch er dagegen nicht.
Deswegen war er so distanziert zu mir, da er mich nicht liebte, aber dennoch brauchte.
So als hatte er mich die ganze Zeit nur bei Laune halten wollen.
Keine Liebe, ich hatte es gewusst und doch nie wirklich geglaubt.
Ich war so verblendet, von der Idee gefesselt, dass all diese oberflächlichen Beweise genug zeigten, dass auch er mich wollte.
Doch es war niemals dasselbe gewesen.
Ich war nie das gewesen, was er für mich war.
Ich hatte mich in ihn verliebt und damit war ich allerdings allein gewesen, ich war die einzige von uns beiden gewesen, die sich in ihren Gefühlen verloren hatte.
Es hatte mich blind gemacht.
Es tat weh.
Es tat so schrecklich weh.

Doch ich durfte es nicht zulassen, ich musste verhindern, dass dieser Schmerz mich am Denken hinderte.
Wenn ich für ihn bedeutungslos war, dann hatte er es nicht verdient, dass ich um ihn trauerte.
Ich musste nun stark sein, so wie er es die ganze Zeit gewesen war, musste ich nun gleichgültig sein und trotzdem all das vorspielen können.
Nicht lange, nur so lange, bis ich von hier weg war.
Ich hatte nichts gepackt.
Trevor hatte gesagt, dass mich das alles nur behindern würde.
Deswegen war das Einzige was ich tat, eine versteckte Nachricht für Helena zu machen, von der nur sie in der Lage war, sie zu finden.
Das Frühstück war eine Qual, gute Miene zum bösen Spiel zu machen war viel eher Klaus Ding als meines.
Aber er bemerkte den Unterschied zwischen meiner echten und gespielten Liebe nicht, was er erneuter Beweis dafür war, dass ich ihm egal war.
Elijah war ruhig und ernst, wie ich es von ihm am Anfang kannte, allerdings war er genauso beherzt, wie in den letzten Wochen, wenn er sich an Helena wandte.
Diese konzentrierte sich größtenteils auf Elijah, warf mir aber ab und zu fragende Blicke zu.

Nach dem Frühstück entschuldigte sich Klaus, da er etwas zu außerhalb zu erledigen hatte und er deswegen heute nicht da sein würde, er versprach mir allerdings mit mir heute Abend etwas Besonderes zu unternehmen.
Das Glitzern in seinen Augen freute mich diesmal nicht, sondern machte mir Angst.
Meine Opferung, es würde tatsächlich etwas Besonderes sein.
Elijah wollte mit Helena den Tag verbringen und so war ich diesmal, wie auch gewünscht, wieder einmal allein.
Ich schlich mich in Klaus Zimmer und suchte dort nach dem Mondstein, den ich nach einiger Zeit beim Kamin in einer Kiste fand.
Anstelle des Mondsteins legte ich einen Zettel hin.
Wenn er das Verschwinden des Mondsteins bemerken würde, dann hätte er mein Entkommen auch bereits bemerkt, also war das nicht so wichtig.
Danach lief ich herunter, aus dem Haus, zu den Ställen, an denen Trevor auf mich warten wollte.

Er lächelte, als er mich sah und schien erleichtert zu sein, dass es mir gut ging und wohl auch, dass ich ihm geglaubt hatte.
Trevor hielt mir seine Hände hin und ich legte meine hinein.
„Es ist gut zu wissen, dass ihr wohl auf seid, Teuerste.“
Sein Lächeln war freundlich und ich wusste, dass ich ihm vertrauen konnte.
Er schien wirklich um meine Sicherheit besorgt zu sein, es tat mir leid, dass ich das nur ausnutzen würde und seine Liebe nicht erwiderte.
Eigentlich hätte er es verdient.
„Danke, Trevor“, sprach ich gerührt und das war ich tatsächlich.
Doch egal was nun kommen mochte, das Wichtigste würden Helena und ich sein, auf andere konnte ich dabei keine Rücksicht nehmen.
„Nimm, das Pferd.
Wenn jemand uns bemerkt wird es so aussehen, als würde ich dich nur begleiten, während du ein wenig ausreitest.
Ich bring dich zum Wald und von da an wirst du allein sein.
Reite immer nur in die eine Richtung, nach Süden.
Sobald das Pferd nicht mehr kann, lässt du es zurück und läufst weiter.
Ich werde dein Verschwinden so lange wie möglich vertuschen und dir später helfen, aber es ist erst einmal wichtig, dass du so weit wie nur möglich von hier verschwindest.
Hast du verstanden?“, fragte er nach und ich nickte entschlossen.

Er half mir in den Sattel zu kommen und führte mich bis zum Waldrand, soweit ich das beurteilen konnte, bemerkte uns niemand.
Allerdings wusste ich nicht, was ein Vampir bemerkte.
Trevor hatte mir erzählt, wie viel besser ihre Sinne im Gegensatz zu unseren waren.
„Von hier aus musst du allein weiter.
Bitte sei vorsichtig, Katerina“, bat er mich eindringlich.
Ich nickte ihm zu, das war etwas das ich sowieso vorhatte.
„Danke“, sprach ich leise und dann galoppierte ich los, so schnell es mir mit dem Pferd möglich war, bewegte ich mich mit ihm durch den Wald.
Natürlich kam ich nicht annähernd so schnell voran, wie auf einem geraden Feld, da ich immer wieder Bäumen, Ästen und anderen Dingen ausweichen musste.
Allerdings war ich noch immer schneller, als wenn ich den ganzen Tag nur zu Fuß gehen würde.
Das Unglück passierte aber dann, als das Pferd einen Ast anscheinend nicht richtig erwischte und mich dann herunter warf.
Ich wollte mich wieder aufsetzen, doch bemerkte es an dem Vorderbein lahmte.
Ich schluckte und ließ das Pferd zurück, wie Trevor es mir gesagt hatte und wie ich mir gesagt hatte, dass Helena und ich das Wichtigste waren, egal wie sehr ich Pferde auch liebte.
Deswegen lief ich weiter, ich lief und lief, nur weg von Klaus, so weit und so schnell wie es mir nur möglich war.
Rückblick Ende



Kapitel 58: Sie ist weg!




„Der Glaube an eine übernatürliche Quelle des Bösen ist unnötig. Der Mensch allein ist zu jeder möglichen Art des Bösen fähig." (Joseph Conrad)



Klaus Sicht:
Rückblick
Nein.
Nein!
Das war einfach nicht möglich.
Das durfte einfach nicht möglich sein.
All meine Pläne, es warf einfach alles um, alles wurde dadurch aus der Bahn geworfen.
Trevor sagte mir, dass Katerina unauffindbar war, nachdem ich ihn geschickt hatte, sie zu suchen.
Er meinte, dass sie noch nicht lange weg war, er hätte ihr Essen zum Mittag gebracht, da sie sich nicht wohl fühlte, aber jetzt war sie nicht mehr da.
Wütend schmiss ich alles in meinem Zimmer kurz und klein.
Ich warf einfach alles um und schrie.
Sie sollten sie finden, das ganze Schloss wurde gerade auf dem Kopf gestellt, aber ich wusste in meinem Inneren genau, dass sie bereits weg war.
Ich schlug alle Sachen vom Kaminsims runter und warf den nächstgelegenen Sessel um.
Als ich mich umdrehte und den Tisch umwerfen wollte, fiel mir etwas ins Auge.
Die Kiste, die ich heruntergeworfen hatte, sie war aufgeklappt.
Doch der Mondstein war nicht mehr darin, er war auch nirgendwo anders zu sehen.
Er war einfach weg.

Ich stürzte zu der kleinen Kiste und untersuchte sie, ein Zettel fiel mir dabei unweigerlich in die Hände.

Das Spiel ist vorbei, Klaus.
Ich hab dich durchschaut und bin bereits weg.
Du wirst ganz verloren haben, bevor du dir dessen überhaupt bewusst bist.

Katerina

Fassungslos sah ich auf den Zettel, bevor ich vor Wut aufschrie.
Wie konnte das sein?
Das war einfach unmöglich.
Wie konnte sie Bescheid wissen?
Wer hatte ihr etwas gesagt?
Mir kam der Gedanke an Elijah und dass er Katerina hatte retten wollen, aber er war doch nicht wirklich so dumm gewesen?
Ich konnte es mir nicht vorstellen und doch waren die Fehler, die aus Liebe entstanden grenzenlos, alles war dabei möglich.
Wütend verließ ich das Zimmer und schleuderte dabei die Tür achtlos zur Seite.
Ich ließ meinem Zorn freien Lauf und machte mich auf den Weg zu Elijahs Gemächern, die nicht weit entfernt lagen.

Er saß ruhig auf einen Sessel und las ein Buch, als würde nichts in der Welt ihn stören.
Konnte es sein…?
Vielleicht hatte er nichts getan?
Aber irgendwer musste dafür verantwortlich sein, sie konnte nicht allein darauf gekommen sein, was vor sich ging.
„Was hast du nur getan?“
Verwirrt klappte er das Buch zu, legte es weg und sah mich mit gerunzelter Stirn an.
„Ich verstehe nicht“, meinte er verständnislos.
Wusste er etwa wirklich nicht, was vor sich ging.
„Katerina ist fort, sie ist geflohen“, erklärte ich und schaffte es dabei nicht meinen Groll zu unterdrücken, die Wut platze aus mir heraus.
Aus meinem Innersten und machte vor nichts halt.
Ich war auch nicht gewillt dies zu dämmen.
Geschockt weiteten sich die Augen meines älteren Bruders.

„Nein!“, sagte er sofort ungläubig, geschockt und fassungslos.
Er stand auf und schien für sich nachdenklich, was geschehen sein konnte.
„Was hast du ihr erzählt?“, fragte ich nach, da es noch immer sein konnte, dass er dafür verantwortlich war oder vielleicht hatte er auch etwas Helena gesagt.
Dummheiten taten verliebte Menschen dauernd.
So abwegig war das damit auf keinen Fall.
„Überhaupt nichts.“
Der Zorn strömte wieder aus mir heraus und ich nutzte meine Vampir-Kräfte um meinen Bruder an die Wand zu pinnen.
„Lüg mich gefälligst nicht an!“, schrie ich.
Er musste es gewesen sein, irgendwas musste geschehen sein, dass Katerina davon erfahren hatte.
Es musste so sein!
„Ich werde sie finden, Klaus. Du hast mein Wort“, versicherte Elijah mir und ich sah in seinen Augen, dass er es ernst meinte, wie ernst er es meinte.
„Wenn du sie nicht findest, geb ich dir mein Wort.
Helena wird sterben und du wirst dabei zusehen, bevor ich dich dann ewig mit deiner Trauer einsperren werde ohne dich verhungern zu lassen“, erklärte ich ihm gefasst und das war ein Versprechen an ihn.
Ich meinte es genau so, wie ich es sagte.

Ich ließ ihn los und hörte wie er eilig an mir vorbei lief und alles in die Wege leiten würde, um Katerina zu finden.
Dieses dumme, kleine Menschenmädchen würde noch sehen was sie davon hatte.
Für ihre Frechheit.
Vor der Opferung würde sie leiden, ich werde sie in den tiefsten Kerker werfen, sie wird mir nicht mehr entkommen.
Sie musste einfach gefunden werden!
Ihr durfte nichts geschehen!
Sie brachte alles durcheinander, meine Pläne, ich hatte alles so gut geplant.
Ich hatte den Mondstein gehabt, einen Werwolf, einen Vampir, eine Hexe.
Ich hatte sogar für alles Ersatz.
Eigentlich hatte ich sogar für den Doppelgänger Ersatz.
Zur Not konnte ich einfach Helena opfern, aber Katerina hatte den Mondstein geklaut.
Ohne Mondstein konnte ich noch so sehr für alles Ersatz haben, es nützte einfach nichts.

Das würde sie bereuen.
Das würde sie schrecklich bereuen.
Ich ging zum Fenster und sah wie alle umher rannten, um Katerina zu suchen.
Jeder im Schloss war wach und war mobilisiert worden, in allen Richtungen strömten sie heraus, um die Doppelgängerin zu finden.
Das dumme Mädchen, das einfach abgehauen war?
Wie konnte sie nur glauben, dass sie mir entkommen konnte?
Dass sie es wirklich schaffen würde wegzulaufen?
Wer immer sie auch gewarnt hatte, wahrscheinlich doch nicht Elijah, er hatte ihr nicht gesagt, was ich mit ihr und diesem Verräter tun würde.
Sie würde sich noch wünschen, dass ich sie endlich opferte, denn mit Nettigkeiten war nun endgültig Schluss.
Dumme Katerina, ihre Schwester war doch so klug.
Wie konnte es sein, dass die beiden so verschieden waren?
Helena würde niemals so eine Dummheit begehen, selbst wenn sie es wäre die geopfert werden sollte und sie es dann wüsste, wäre sie nicht weggelaufen.
Ich wusste von Elijah zur Genüge, dass sie so ein Mensch war.
Wieso musste also Katerina so anders sein und sowas tun?

Es war wichtig, dass man sie so schnell wie möglich fand, die Werwölfe durften sie nicht bekommen und auch niemand anderes.
Wieder erinnerte ich mich an all die Gefahren für einen Menschen.
Sie würde nicht entkommen, sie war viel zu schwach um auf Ewig vor mir zu fliehen, allerdings war sie auch so schwach, dass sie sterben konnte.
Einfach so, aber vorher brauchte ich noch den Mondstein.
Zwar war Helena noch immer eine sehr gute Option, aber ich brauchte auch den Mondstein und wenn sie starb, ihn aber nicht bei sich hatte, dann würde die wahre Katastrophe hereinbrechen.
Sie würde es tatsächlich bereuen, für die Nerven die sie mir gerade bereitete.
Ich würde ihr mein wahres Wesen zeigen und sie wüsste, dass ich der Teufel für sie war.
Schluss mit der Nachsichtigkeit, die ich bisher hatte walten lassen.
Es war Zeit, dass sie mit dem Bösen bekannt gemacht wurde.
Rückblick Ende



Kapitel 59: Ernsthaftes Gespräch




„Betrittst du den Raum
so erhellt er sich für mich
Das tanzen geht weiter
doch meine Welt dreht sich nur um dich
Du bewegst dich durch die Massen
wie eine Dame von Welt
Elegant und zierlich
Kann es denn niemand sonst sehen?
Wie schön du bist?
Wie einzigartig toll?
Oh Helena,
für mich strahlst du heller als Gold“ (RoseAkaShi)





Damons Sicht:
Zusammen mit meinem Vater warteten wir unten an der Treppe auf die beiden Schwestern.
Stefan war noch nicht da, aber auch er würde sicher gleich kommen.
Wie vorgeschrieben trugen wir einen Anzug, aber das war eher langweilig.
Vielmehr war ich darauf gespannt, was Elena tragen würde.
Sie sah immer wunderschön und passend gekleidet aus, es gab nie einen Augenblick an dem sie von etwas wie dem Protokoll oder den Sitten abwich.
Elena war einfach immer perfekt oder zumindest hatte ich das Gefühl. Wenn sie einen Fehler beging, so bemerkte ich es jedenfalls nicht.
„Elena hat mir erzählt, dass die Bibliothek fertig gestellt wurde“, führte ich mit meinen Vater einfach nur loses Geplänkel.
Das hatten wir immer so getan, wir redeten nie ernsthaft miteinander, außer natürlich wenn wir auf das Thema kamen, was für eine Enttäuschung ich doch war. Darüber konnte er sich gut auslassen und wir konnten darüber stundenlang ernsthaft debattieren.
Doch in letzter Zeit war nichts dergleichen geschehen.
Nie hatte er darüber ein Wort fallen lassen, dass ich nicht studierte oder sonst etwas ´Sinnvolles´ tat.
Das Thema war komplett gestrichen worden.

Natürlich war ich froh darüber, dass diese endlosen Diskussionen ausblieben, aber eigenartig war es trotzdem.
„Hat sie dir auch gesagt, dass sie bei der Organisation mitgeholfen hat und auch beim Einrichten?“, fragte er nach und ich war erstaunt, da sie mir das tatsächlich gegenüber nicht erwähnt hatte.
Ich schüttelte den Kopf.
„Nein, hat sie nicht“, gab ich zu.
Ich stellte mir vor wie sie Bücher einräumte und irgendwie passte das Bild zu ihr.
Elena liebte Bücher, sie konnte stundenlang lesen und ich konnte ihr stundenlang zusehen, ohne dass mir langweilig wurde.
Sie brachte in mir diese Ruhe hervor, die nicht einmal langweilig war.
„Nun… sie ist halt sehr bescheiden“, meinte Vater und dessen konnte ich nur zustimmen.
Das war sie tatsächlich.
Sie war bescheiden, rücksichtsvoll, nachsichtig, mitfühlend, freundlich und höflich.
Leider auch manchmal ein wenig zu moralisch und zurückhaltend, aber ich liebte sie mit allem was sie war und ich ihr selbst zu geben vermochte.
Vielleicht war das nicht sehr viel, aber sie erwiderte meine Gefühle auf dieselbe Weise und es machte mich mehr als glücklich.

Ich zuckte ein wenig zusammen, als ich eine Hand auf meine Schulter spürte und drehte mich überrascht zu meinem Vater um.
„Es ist schön, dass du wieder da bist, Damon“, sagte er mir eindringlich und überrascht weiteten sich meine Augen.
Er hatte es mir zwar schon gesagt, aber zur Begrüßung und vor allen Anderen, die das wohl erwarteten.
Es jetzt von ihm zu hören war… eigenartig, ungewöhnlich und ich wusste kaum etwas damit anzufangen.
Vielleicht war ich immer noch viel zu voreingenommen von seinem sonstigen Benehmen mir gegenüber oder es schien mir einfach zu irrational, was es auch war, es brachte mich zu meinen nächsten Worten.
„Ist es, weil du so doch die Chance bekommst, Elena als Tochter zu haben?“, fragte ich nach und vielleicht war das besonders bei unserer wirklich wackligen Beziehung ein wenig unüberlegt.
Aber das war es was ich dachte.
Ich wusste, er mochte beide Schwestern, Katherine weil sie sehr erfrischend und originell war, Elena weil sie klug war und einfach alles verkörperte, was auch er selbst vertrat.
Aus diesen Gründen mochte er Elena sogar noch ein wenig mehr, wahrscheinlich war sie einfach die Tochter, die sich jeder Vater wünschte.
Ihrer hatte sie sicher auch sehr geliebt.

Vater ließ von mir ab und ich wusste ich hatte was Falsches gesagt.
„Es stimmt, Damon.
Ich hätte Elena wirklich gern als Schwiegertochter.
Ein besseres Mädchen als sie kannst du gar nicht finden und es entspricht vollends meinem Wunsch, dass ihr beide zusammen seid.
Aber du bist auch mein ältester Sohn und ich bin froh, dass du wieder gesund zurückgekehrt bist und lebst.
Du bist ein guter Mensch geworden, wie… deine Mutter.“
Die letzten Worte hatte er zögernd hinzugefügt und ich stand nun wahrlich unter Schock.
Wie meine Mutter.
Das war eigentlich der Grund, warum er mich so wenig gemocht hat, zumindest hatte ich das immer vermutet.
Ich sah wie meine Mutter aus, ich hatte ihre schwarzen Haare und ihre intensiven blauen Augen.
Generell sah ich ihr sehr ähnlich und war es ihr auch vom Charakter, wir hatten uns immer gut verstanden und Vater hatte uns beide geliebt.
Und wie er uns geliebt hatte, besonders meine Mutter.
Es war nicht so, dass er vollkommen anders gewesen war, vor dem Tod meiner Mutter.
Er war wie jetzt, streng und er hatte seine Prinzipien.
Aber meine Mutter war alles für ihn gewesen und in jeder Geste und jedem Wort hatte man gesehen, wie sehr er sie geliebt hatte.
Sie hatte Leben in das Haus gebracht, hatte Musik gespielt, sie war zu allen freundlich und bescheiden gewesen und doch immer fröhlich, für sie gab es keine schlechten Tage.
Sie war sehr jung gewesen, als sie meinen Vater geheiratet hatte, aber es war Liebe gewesen und sie waren sehr glücklich.
Damals auch mit mir, aber nach Stefans Geburt war es, als konnte Vater die Fröhlichkeit nicht mehr ertragen, sowie wohl auch nicht meinen Anblick.
Er hatte sie einfach zu sehr geliebt.

Aber jetzt gerade, gab er zu das ich wie sie war und dass es richtig war und mich zu einem guten Menschen machte.
Es war das größte Kompliment, das ich je von ihm bekommen hatte.
Er erkannte an wer ich war und das machte mich glücklicher, als ich es für möglich gehalten hatte.
Ich hatte immer gedacht, dass meine Beziehung zu ihm so kaputt sei, dass mir seine Worte nichts mehr bedeuten würden.
Doch hier stand ich nun und war glücklich, aber auch geschockt, dass er meine Mutter offen erwähnte und dass auch noch mir gegenüber.
Stefan kam die Treppe herunter, was ich an seinen Schritten hörte, da sie ganz anders waren, als die der Mädchen, die viel sanfter waren.
Es war ein Unterschied wie Tag und Nacht, den konnte man nur bemerken.
Immer noch sah ich Vater in die Augen und auch wenn wir von Stefan wohl dafür komische Blicke bekamen, konnte ich meinen Anblick irgendwie nicht von ihm abwenden.
Er nickte mir kaum merklich zu und ich blinzelte verwirrt, erwiderte dann aber das Nicken.

Ich wusste nicht genau wie lange wir dort standen, aber etwas brachte mich aus dieser Träumerei und schickte mich in eine ganz andere Welt.
Die Ankunft der Schwestern, wie sie dort oben standen.
Elena, wie sie meinen Blick auffing und wir uns unentwegt in die Augen sahen.
Sie trug ein dunkelblaues Kleid mit silbernen Steinen unten am Rock und unten an der Hüfte, die den Eindruck von Schnee machten.
Sie unterstützten das Funkeln in ihren Augen und als sie die Treppe herunter schritt, glaubte ich sie sei eine Prinzessin.
Sofort ging ich zum Treppenansatz und nahm ihre Hand, die sie mir reichte, um sie zu küssen.
Es war schade, dass sie dabei einen Handschuh trug.
„Guten Abend, Miss Elena“, begrüßte ich sie und ich fand irgendwie keine Worte, um zu beschreiben wie schön sie doch war.
Es war nicht wirklich in Worte zu fassen für mich.
„Guten Abend“, erwiderte sie meinen Gruß und harkte sich bei mir unter.
Ich führte sie nach draußen zur Kutsche, mit der wir alle zum Lockwood-Anwesen fahren wollten.

Dort angekommen half ich ihr aus der Kutsche und ich spürte pures Glück, das sie an meiner Seite war.
Etwas, das alles sehen konnten.
Wir trugen uns in die Liste ein und traten dann in den Saal.
Er war bereits gut gefüllt und bald würde der Eröffnungstanz stattfinden.
Wieder führte ich Elenas Hand zu meinen Lippen und küsste sie, ich konnte sie gar nicht oft genug berühren.
„Würden sie mir die Ehre erweisen mit mir zu tanzen, Miss Elena?“, fragte ich höflich nach und ihr Strahlen, das daraufhin folgte, ließ mein Herz unkontrolliert höher schlagen.
Sie machte einen Knicks.
„Es wäre mir eine Ehre“, erwiderte sie und ließ sich von mir zur Tanzfläche geleiten.
Als alle Paare aufgestellt waren und die Musik erklang, musste ich feststellen, dass der erste Teil des Tanzes noch nie so eine schöne Qual wie jetzt gewesen war.
Viel besser wurde es aber dann noch, als ich sie berühren durfte und mit ihr wirklich zusammen tanzen durfte.
Ich stellte fest, dass es das erste Mal war, das wir zusammen tanzten.
Ihre Berührungen, auch mit Handschuhen, ließen mich erschauern und mein Herz wollte heute wohl nicht mehr normal schlagen.
Sie schaute zu mir hoch, in meine Augen.
„Dein Herz schlägt ganz wild“, stellte sie fest und ich fragte mich, wie es sein konnte, dass sie das hörte oder bemerkte.
Vielleicht gehörte das zu dem Geheimnis, eigentlich war ich mir sicher, dass es dazu gehörte und sie wollte es mir nach dem heutigen Abend erzählen.
Sie hatte es versprochen und ich glaubte ihr.
„Das liegt an dir“, gab ich zu.
An wem konnte es auch sonst liegen?
Sie allein brachte mich zu den außergewöhnlichsten Empfindungen.



Kapitel 60: Das wichtigste sind wir




„Unsere besten Eigenschaften stecken wir in unsere Liebe zur Familie, denn sie ist das Maß unserer Stabilität und sie bestimmt unsere Loyalität.“ (Haniel Long)





Katherines Sicht:
Es war toll mit Stefan zu tanzen, er war ein hervorragender Tänzer und jetzt, wo all das Drama um Damon vorbei war, hatten wir alle gute Laune und brauchten für unser Verhalten kein schlechtes Gewissen haben.
„Da hat jemand seine Tanzschuhe gefunden“, meinte ich halb anerkennend ernst, aber auch ein wenig spöttisch.
Stefan wollte mir näher kommen, doch ich hielt warnend einen Zeigefinger hoch und hielt ihn davon ab.
„Ah!“, warnte ich ihn. „Nicht berühren, Mister Salvatore, so lauten die Regeln!“
Wir hatten dafür noch wann anders genug Zeit, ich konnte ja auch mal versuchen so nett und anständig zu sein, wie meine Schwester.
Stefan lächelte auf meine Aussage hin und wir fielen wieder in die üblichen Tanzschritte zurück.
„Ich dachte sie würden nicht an Regeln glauben.“
Da hatte Stefan Recht, das tat ich nicht und ich hatte es ihm schon oft genug gegenüber erwähnt.
„Vielleicht wollte ich auch einmal das Vorbild für meine Schwester sein, schließlich bin ich die Ältere“, erklärte ich ernst.
Stefan lachte leicht, er fand dies wohl genauso amüsant wie ich.
„Es tut mir leid, Miss Katherine, aber die Rolle passt nicht ganz zu ihnen.“
Oh, waren wir jetzt zurück in die höfliche Anrede gefallen?
Nun, für den Ball war das vielleicht auch gar nicht so schlecht.
„Finden sie das auch?“
Stefan und ich lächelten uns auf die Aussage hin an.
Elena gab eine viel bessere ältere Schwester ab. Sie war höflich, anständig, vernünftig, zurückhaltend und verantwortungsbewusst.
Es war erstaunlich, wie unterschiedlich wir uns waren, selbst für mich, dabei trennten uns nur Minuten.

Nachdem der Tanz zu Ende war, verbeugten wir uns voreinander.
„Sie sind ein ausgezeichneter Tänzer, Mister Salvatore“, lobte ich ihn.
„Das Kompliment kann ich nur erwidern, Miss Katherine“, gab er zurück.
Ein Kellner kam bei uns vorbei und brachte uns Gläser und Champagner, zum Anstoßen.
Stefan goss uns beiden etwas ein und dann hörte ich auch schon Damons Stimme.
Ich schaute zu ihm.
Elena stand natürlich ganz in seiner Nähe.
Es war traumhaft wie glücklich sie aussah.
„Wenn sie bitte alle zusammen mit mir, ihr Glas auf einen guten Freund erheben würden, George Lockwood.
George, danke dass sie den Süden so tapfer verteidigt haben“, sprach Damon seinen Trost aus.
Elena und ich sahen uns in die Augen und hoben kurz unser Glas an.
„Es ist mir eine Ehre, Mister Salvatore.
Letzten Endes musste es ja jemand tun“, erklärte George lächelnd zurück und stieß mit Damon zusammen an.
Von irgendwo erklang ein „Hört, hört!“.
Danach prosteten sich alle zu und stießen dann an.
„Cheers“, sagte jemand und ich wandte mich an Stefan, um mit ihm zusammen anzustoßen.

Ich kam allerdings nur dazu einen Schluck zu trinken, denn ein junger Mann oder auch Vampir trat zu uns.
„Dürfte ich sie kurz sprechen, Miss Katherine?“, fragte er eilig.
„Nehmen sie sich ein Glas, Henry.
Das ist eine Feier“, wollte ich die Stimmung lockern, denn er sah wirklich sehr ernst aus.
Doch es half anscheinend nichts, es musste wohl wirklich wichtig sein.
„Äh, bitte, Miss Katherine!“, sagte er drängend und auch wenn es mir nicht gefiel, so ließ ich Stefan allein und folgte Henry, um mit ihm etwas abseits zu sprechen.
Dafür gingen wir zu einer Treppe.
„Ich bin diesen Angriffen von neulich Nacht noch einmal nachgegangen. Das waren keine Vampire!“
Ich erinnerte mich daran.
Da waren Angriffe gewesen, die von Keinem der unseren Vampire begangen worden waren.
Ich hatte es meiner Schwester nicht erzählt, da ich sie nicht noch mehr beunruhigen wollte, wo sie doch schon solche Angst um Damon gehabt hatte.
„Das sind gute Neuigkeiten.
Dann besteht kein Grund zur Sorge mehr.“
Es mussten irgendwelche Menschen gewesen sein und wenn sie diese fanden, dann würden sie vielleicht auch unsere Angriffe ihnen zuordnen.
„Tut mir leid, sie verstehen nicht richtig.
Diese Leute waren völlig zerfetzt, so wie ich es noch nie zuvor gesehen hatte.“

Die Erkenntnis sickerte in mein Gehirn, auch wenn Henry selbst es wohl nicht wusste.
Doch ich erinnerte mich an alte Geschichten, an das was Trevor mir erzählt hatte, dass auch ein Werwolf geopfert werden musste.
Ein Werwolf war wild und er würde einen Menschen sicher zerfetzten können, sodass es selbst für einen Vampir erschreckend aussah.
„Also, in dem Fall wird der Gründerrat eine Untersuchung einleiten.“
„Wir verlassen sofort die Stadt.
Ich unterrichte die Anderen“, sagte Henry unruhig, aber das war etwas das ich nicht zulassen konnte.
Nicht zulassen wollte.
Elena und auch ich waren so glücklich wie schon lange nicht mehr.
Das konnte jetzt noch nicht geschehen, der richtige Zeitpunkt würde erst noch kommen.
„Entspannen sie sich, Henry.
Diese Stadt ist unsere Heimat und die Vampire sind meine Familie.
Ich werde nicht zulassen, dass uns etwas zustößt“, versicherte ich ihm und obwohl es Henry unwohl zu Mute sein schien, nickte er.
Ich würde nicht zulassen, dass meiner Familie etwas geschah, Elena und ich würden wie immer überleben, das war das Wichtigste.
Sie und ich.
„Oh und Henry, bitte erwähnen sie es meiner Schwester gegenüber nicht.
Ich will nicht, dass sie sich Sorgen macht.
Seit langer Zeit ist sie mal wieder unbeschwert und glücklich.
Ich weiß, was das Beste für sie ist.“
Das wusste ich manchmal besser als sie selbst, schon einmal hatte ich so eine wichtige Entscheidung für uns beide ohne ihr Wissen getroffen und es hatte uns das Leben gerettet.
Henry nickte leicht.
Ich schaute an ihm vorbei und fand den Blick von George Lockwood, in dem Moment wurde mir klar, wer er war und was er war.
Es war einfach so einleuchtend.
Der Zeitpunkt war richtig, er war gerade erst zurückgekehrt und vorher hatte es solche Angriffe hier noch nicht gegeben.
Sonstige kamen kaum in Frage.
Ich deutete einen Knicks an und Henry und meine Wege trennten sich wieder.

Ich tanzte noch einige Male mit Stefan und unterhielt mich mit den verschiedensten Leuten.
Nebenbei hatte ich bemerkt, wie Damon und Elena im Garten verschwunden waren.
Sicher nicht um etwas anzustellen, da brauchte ich mir bei ihr wirklich keine Sorgen machen.
In Ruhe trank ich ein Glas Champagner.
„Sie ist ganz allein.
Heißt das, ich kann sie endlich ganz für mich allein haben?“, fragte er spielerisch nach und wenn er kein Werwolf gewesen wäre, dann hätte mir das sehr wohl gefallen.
Aber er war nun einmal mein Spinnenfeind, da konnte man nichts machen.
Schade um ihn, er war ein süßer, junger Mann.
„Ihr Vater hat sich selbst übertroffen“, meinte ich, während ich George Lockwood ein paar Schritte folgte.
„Ja, wie ich Vater kenne wird er jedes Jahr ein Gründerfest feiern wollen“, erklärte er mir.
Ich hatte nichts gegen Bälle, sie konnten einem wirklich viel Vergnügen bereiten.
Wir standen uns gegenüber und sein Lächeln wirkte wahrlich friedlich, aber vielleicht sollten wir damit aufhören und zum Punkt der Sache kommen.
„Ich bin überrascht, dass sie nach mir Ausschau gehalten haben“, gab ich zu.
„Weil sie die Begleitung von Stefan Salvatore sind?“, fragte er lächelnd nach und das wäre eigentlich für einen Menschen ein annehmbarer Grund.
Ich musste mir ein Lachen stark unterdrücken, aber ganz konnte ich es nicht aus meiner Stimme verbergen.
„Nein, weil ich ein Vampir bin, der sie im Schlaf zur Strecke bringen könnte“, legte ich erheiternd die Karten auf den Tisch.

Georges Blick wurde sofort ernst und geschockt, sein Mund klappte sogar ein wenig auf.
Dann konnten wir das belanglose Gerede nun endlich hinter uns lassen.
„Wie war das bitte?“, fragte er schockiert nach und sah sich um.
Ich wusste, dass uns niemand gehört hatte, nicht einmal ein Vampir, alle waren zu sehr abgelenkt.
„Ganz ruhig, George.
Ich weiß, dass sie mein Geheimnis kennen.“
Andernfalls hätte er auch ganz anders reagiert und würde auch nach diesen Worten anders reagieren. „Die Konversation ist hiermit beendet“, sagte er und wollte bereits gehen, doch das konnte ich nicht zulassen.
Ich packte ihn am Arm und hielt ihn fest.
„Und ich kenne auch ihr Geheimnis und ich weiß, dass sie besonders stark sind.
Allerdings so stark dann auch wieder nicht.“
Selbstgefällig und überlegen sah ich ihn an und sein Blick wurde immer geschockter, von Mal zu Mal mehr.
Ich ließ seinen Arm wieder frei.
Er trat wieder näher zu mich ran.
„Woher wissen sie was ich bin?“, fragte er nach und ich hatte damit meine endgültige Bestätigung auf alles.
„Denken sie etwa, ich lasse mich irgendwo nieder, ohne meine Feinde zu kennen.“
Allerdings war ich bisher nur davon ausgegangen, dass es ein Gerücht war, dass das Werwolf-Gen sich durch die Familie Lockwood zieht.
Ich war hiermit eines Besseren belehrt worden.
„Was wollen sie?“, fragte er nach und meine Mundwinkel zogen sich leicht nach oben.
Ich hatte bereits einen Plan in meinem Kopf entworfen, einen für mich und meine Schwester, sodass wir länger hierbleiben konnten, sodass wir Klaus und Elijah loswurden, sodass wir am Ende beide überleben würden.
Wie damals auch.
Das Wichtigste waren Elena und ich, denn wir waren eine Familie.



Kapitel 61: Verwirrung




„Manche Männer bemühen sich lebenslang, das Wesen einer Frau zu verstehen.
Andere befassen sich mit weniger schwierigen Dingen z.B. der Relativitätstheorie.“ (Albert Einstein)



Stefans Sicht:
Ich beobachtete Katherine, wie sie mit George sprach.
Sie schien selbstsicher und an manchen Stellen auch erheitert zu sein, aber nachdem sich die beiden trennten, schien sie unruhig zu sein.
Ich drehte mich wieder zu dem Mann, der mir ab und zu aufgefallen war.
Nicht weil er besonders aus der Menge herausstach, denn das tat er nicht. Es schien mir sogar, dass er versuchte sich im Hintergrund zu halten.
Er hatte braune kurze Haare und sah eigentlich ganz normal aus.
Aber mir war aufgefallen, wie er Damon und Elena beobachtet hatte, aber von deren Blicken anscheinend nicht wahrgenommen wurde.
Manchmal hatte er auch zu mir und Katherine gesehen, aber weniger.
Er schien mehr auf Elena fixiert zu sein.
Wenn er was von ihr wollte, dann würde er extrem schlechte Karten haben, denn es war unübersehbar, für jeden in diesen Raum, das sie in meinen Bruder verliebt war und dieser in sie.
Da kam keiner dran vorbei.

Jemand harkte sich bei mir unter und als ich zur Seite sah, stellte ich fest, dass es sich dabei um Katherine handelte.
„Nach wen schauen sie denn, Mister Salvatore?“, fragte sie höflich und doch neugierig.
Irgendwie waren wir heut Abend zu dem höflichen sie zurückgekehrt.
Das war ungewöhnlich, aber es hatte irgendwie etwas.
Ich schaute zurück zu dem Mann, der mir ab und zu in den Blick fiel, aber jetzt als ich nach ihm Ausschau hielt, fand ich ihn nicht mehr.
Er war einfach weg oder ich hatte wahrscheinlich einfach nur nicht bemerkt, wie er weggegangen war, da ich durch Katherine zu sehr abgelenkt war.
Bei ihr passierte mir das öfters.
„Nichts, ich hab mich nur umgesehen“, meinte ich lächelnd an sie gewandt, was sie auch erwiderte.
Trotzdem schien sie ein wenig anders als sonst zu wirken.
Als wäre ihr ein wenig unwohl.
„Geht es ihnen gut, Miss Katherine?“, fragte ich vorsichtig, da sie nicht wirklich den Eindruck auf mich machte.
Sie nickte leicht, was aber nicht wirklich überzeugend war.
„Mir geht es gut“, versicherte sie mir.

Ich runzelte die Stirn, weil irgendwas nicht mit ihr stimmte.
Auch sie sah sich um.
„Sind sie sicher?“, fragte ich noch einmal nach, da ich mir Sorgen machte.
Ihr Kopf huschte in Rekordzeit zu mir und sie sah mir direkt in die Augen.
„Ich sagte, mir geht es gut!“
Ihre Worte drangen in mich ein und ich wusste es.
Ihr ging es gut.
Ich hatte keinen Grund mir ihretwegen Sorgen zu machen.
Alles war in bester Ordnung.
Dann wandelte sich ihr Gesicht wieder und der ernste Ausdruck darin verschwand.
„Lass uns doch noch einmal tanzen.
Was halten sie davon, Mister Salvatore?“, fragte sie schmunzelnd und wir gingen zur Tanzfläche zurück.
Obwohl Katherine noch immer unruhig zu sein schien, wusste ich dass es ihr gut ging, es war eine Tatsache, die sich in mir manifestiert hatte.
Ich wusste es einfach.
Wieso konnte ich auch nicht genau sagen.

Trotzdem konnte ich mir nicht helfen, dass ich Katherines Verhalten irgendwie ein wenig verwirrend fand, denn ihre Worte unterschieden sich von ihrem Verhalten.
Aber ich versuchte meine Verwirrung zu verdrängen und mich auf sie zu konzentrieren.
Auf die Zeit, die ich mit ihr verbrachte.
Schließlich ging es ihr gut.
„Miss Katherine, suchen sie etwa etwas?“, fragte ich amüsiert nach, um es ihr gleich zu tun und es schien als würde ich sie dadurch aus ihren Gedanken holen.
Sie schüttelte kurz den Kopf, als müsste sie ihre Benommenheit abschütteln und sah mich dann an.
„Nein, wieso?“, fragte sie ernst nach.
Ich zuckte mit den Schultern.
Sie erwiderte dann mein Lächeln und ich wusste dass sie mit den Gedanken wieder bei mir war.
„Mein Bruder und ihre Schwester sind schon eine Weile weg“, stellte ich fest, aber irgendwie machte ich mir deswegen keine Sorgen.
Vielleicht war Damon der Typ dafür, das etwas geschah, aber bisher war es noch nicht so gewesen.
„Keinen Grund für Panik.
Bei meiner Schwester kann man sich sicher sein, das sie nichts tun werden, was über die Moral hinausgeht.
Da könnten wir sie auch Stundenlang allein lassen, ich hätte trotzdem Vertrauen zu ihr“, sprach Katherine sicher aus.

Ich dachte daran, wie Elena sich verhielt und Katherines Worte schienen mir logisch zu sein.
Elena war tatsächlich nicht der Typ Mädchen, die sich auf etwas hinauslassen würde, das sie später bereuen könnte und Damon war so sehr verliebt, das ich mir sicher war das er es ernst meinte.
Generell deswegen, weil er überhaupt noch nie vorher wirklich verliebt war.
Katherine wäre sicher eher die Frau dafür, etwas zu tun, worüber viele Leute empört sein würden.
Sie erschien mir mit ihrer heiteren Art so zu sein.
Außerdem hatte sie mir etwas in der Richtung schon des Öfteren einmal angedeutet.
„Ich glaube sie haben recht.
Elena scheint ein hohes Maß an Moral zu haben“, meinte ich schmunzelnd.
Katherines Grinsen wurde breiter und sie schüttelte kurz amüsiert den Kopf.
„Oh, du hast ja keine Ahnung wie schlimm das ausgeprägt ist und das auf alle Fassetten des Lebens bezogen.
Das ist soweit ich das beurteilen kann, bei ihr unübertroffen.“
Wir konnten beide gut darüber lachen.
Es passte einfach zu dem Bild, das ich von ihrer Schwester hatte.
„Mögen sie das nicht an ihrer Schwester?“, fragte ich nach.
Ihr Blick wurde ernst und sie schien wirklich über meine Frage tiefgründig nachzudenken.
„Sie ist meine Schwester, ich liebe sie genau so wie sie ist.
Wäre sie anders, dann wäre sie nicht der Mensch, den ich so sehr liebe.
Das heißt allerdings nicht, dass ich nie genervt von ihr bin. Das bin ich sogar ziemlich häufig.
Wir sind oft verschiedener Meinung, aber meist schaffen wir es uns zu einigen.
Manchmal streiten wir auch, aber wir wissen dass wir uns vertrauen können und wir haben so einander, das ist uns das wichtigste.“

Ihre Erklärung leuchtete mir tatsächlich ein.
Damon war auch nicht der Mensch, den ich normalerweise unbedingt aufsuchen würde, um mit ihm Zeit zu verbringen.
Er hatte genug Eigenschaften, die ich nicht an ihm mochte.
Aber er war nun einmal mein Bruder und wie er mich behandelte, das zeigte mir dass er auch genügend gute Seiten hatte, die ihn für mich unersetzlich machten.
Doch vielleicht war es so, dass man Geschwister sein musste, um sowas zu erkennen.
Als Fremder zumindest hätte ich mir nicht diese Mühe gemacht.
Vielleicht war es auch das, was Geschwister auszeichnete.
Dass man es schaffte sich kennenzulernen und die guten Seiten so sehr zu schätzen wissen lernte, dass sie all die schlechten überwogen.
Man musste seine Geschwister wohl einfach lieben, zumindest konnte ich mir nichts anderes vorstellen.

Wir beendeten unseren Tanz und ich verbeugte mich vor ihr, während sie einen Knicks machte.
Sie holte sich ein Glas Champagner, als ein Kellner an uns vorbei kam.
„Ich denke, ich werde einmal nach draußen gehen und frische Luft schnappen“, erklärte sie mir und ich wollte sie begleiten, da legte sie bereits eine Hand auf meine Brust.
Wieder sah sie mir in die Augen und ich verlor mich in ihren braunen tiefen.
„Nein, Stefan.
Ich werde allein gehen.
Ich brauche ein wenig Ruhe.“
Sofort lächelte ich und nickte ihr zu.
„Sicher, Miss Katherine.
Wie sie wünschen“, antwortete ich automatisch und ich wusste nicht genau, woher diese Überzeugung in mir her kam, das sie ihre Ruhe dringend benötigte.
Es war ein wenig merkwürdig.
Ich schaute ihr nach, wie sie nach draußen ging und war ein bisschen verwirrt.
Heute war alles ein wenig eigenartig.
Sie war ein eigenartig, aber auch ich kam mir selbst komisch vor und ein paar meiner Handlungen brachten mein Innerstes durcheinander.
Etwas wollte rebellieren, aber alles war ruhig.
Ich verstand mich nicht, die Welt gerade überhaupt nicht und vor allem nicht Katherine.
Irgendetwas stimmte nicht, aber was, das konnte ich nicht erfassen.



Spezial 4: Ausritt




„Schön ist eigentlich alles, was man mit Liebe betrachtet. Je mehr jemand die Welt liebt, desto schöner wird er sie finden.” (Christian Morgenstern)





Stefans Sicht:
Ich konnte nicht wirklich glauben, was ich da sah, es schien mir wie ein Traum zu sein.
Damon, Elena, Katherine und ich hatten uns dazu entschlossen zusammen auszureiten, um dann am See zu picknicken.
Jetzt war es so, dass Katherine und Elena vorwegritten und Damon und ich ganz schön Mühe hatten mit ihnen mitzuhalten.
Katherine war sogar noch ein Stück besser und schneller.
Dabei ließen sie die Pferde immer wieder über umgekippte Äste und andere Hindernisse springen.
Damon war knapp vor mir und grinste zu mir nach hinten.
Ihm schien das genauso viel Spaß zu machen, wie den Schwestern.
Ihr Lachen konnte ich bis hierher hören, obwohl sie sicher gut fünfzig Meter vor uns waren.

Nie hätte ich geglaubt, das ein Mädchen so gut reiten könnte und dann auch noch die beiden.
Aber ich erinnerte mich daran, das Katherine mir erzählt hatte, das sie Pferde gezüchtet hatten.
War das gleich die logische Antwort darauf, dass sie so talentiert war?
Reiten kam für Frauen gerade erst in Mode, in manchen Teilen und bei manchen Leuten allerdings war es immer noch verpönt.
Zwar waren Katherine und ich schon ein paarmal ausreiten gewesen, aber dann immer in Begleitung und sie hatte dann im Damensattel gesessen.
Jetzt aber schien es kein Halten mehr für sie zu geben und mein Herz vibrierte von ihrem fröhlichen Lachen nur noch viel mehr.
Als würde das Adrenalin von dem schnellen Ritt nicht schon genug sein.
Aber es freute mich nun einmal sie so glücklich zu sehen, da konnte ich nichts machen.

Wir nahmen einen Umweg, um zum See zu gelangen.
Durch den Wald würde es schneller gehen, allerdings konnte man dann nicht so leicht reiten, denn in einem dichten Wald machte es sich schwieriger.
Deswegen hatten wir den Weg über die Felder gewählt, die alle im sanften Gelb leuchteten, was durch die Sonne nur verstärkt wurde.
Wir mussten so nur durch einen kleines Stück Wald, der aber ziemlich offen war.
Bevor wir an unserem Ziel waren, ritten Katherine und Elena immer wieder knapp über Kreuz, sodass es ziemlich gefährlich, aber auch beindruckend und toll aussah.
Sie waren als erstes da und sprangen elegant von den Pferden herunter.
Alles was sie machten so toll und einfach bei ihnen aus, das man sie dafür nur bewundern konnte.
Anders war das gar nicht möglich.
Katherine streichelten den schwarzen Hengst, den sie ausgesucht hatte und Elena holte für die Pferde Wasser am See mit einer Schüssel, die sie mitgenommen hatte.
Wir banden unsere Pferde ebenfalls fest, bei den anderen.
Katherine schien sich gut mit dem Hengst zu verstehen und ich trat zu ihr und beobachtete weiter wie überaus liebevoll sie mit dem Pferd umging.
Sie streichelte und schmuste mit ihm, als wäre es ihr liebster Freund.
Selbst sie schien selten so glücklich und befreit zu sein, wie in diesem Moment.
Auch wenn sie sehr oft lachte und lächelte, das hier war noch etwas ganz anderes.

Sie legte ihren Kopf an den des Pferdes und sah mich strahlend an.
Es war ein Bild für die Götter, meiner Meinung zumindest.
Ein Schreien holte uns beide aus den Gedanken und wir schauten zum Wasser, wo Damon Elena hochgehoben hatte und sie herumwirbelte.
Beide hatten ihre Schuhe ausgezogen und Elenas Kleid war unten nass, so auch Damons Hose.
Aber das war wohl nichts was sie störte.
Damon ließ sie langsam wieder zu sich runter gleiten, setzte sie aber nicht zurück ins Wasser ab, sondern behielt sie in seinen Armen.
Ich schaute zu der Decke, die ausgebreitet war, wie auch die Beutel, die aber einfach nur da lagen, in ihnen hatten wir das Essen transportiert.
Die Schuhe der beiden waren bis zum Wasser hin einfach nur verteilt.
Sie hatten es anscheinend eilig gehabt.
„Wollen wir mal die netten sein und das Essen auspacken?“, fragte Katherine gut gelaunt nach und ich sah wieder zu ihr und nickte ihr zu.
Ich nahm Katherines Hand und führte sie zur Decke, wo wir uns hinsetzten und das Essen verteilten, das Elena und Damon in der Küche gemacht hatten.
So sicher war ich nicht, ob Damon nun mitgeholfen hatte oder einfach nur ihr zugesehen hatte, aber soweit ich das noch aus meiner Kindheit wusste, konnte Damon das sogar.

„He ihr beiden, löst euch mal voneinander und kommt Essen“, rief Katherine zu ihnen.
Sie waren ineinander verschlungen und küssten sich einfach nur, das Wasser schien ganz nebensächlich zu sein.
Damon hob sich hoch und trug sie im Brautstil zu uns, bevor er sie mit den Füßen zuerst, auf der Decke absetzte.
Elena lehnte sich an Damon und Katherine legte sich mit den Kopf an meinen Beinen hin.
Am meisten hatten sie Sandwiches gemacht, aber auch Kartoffelsalat, Nudelsalat, Buletten und ein paar Steaks, dazu ein paar Soßen und einen Gemüse sowie Obstsalat.
Es war unwahrscheinlich das wir das alles schaffen würden, aber wenn ich sah, wie viel mein Bruder verdrückte könnte es uns vielleicht doch gelingen alles alle zu machen, zumindest könnten wir nah dran kommen.
„Mein Lob an die Köchin“, meinte Katherine grinsend und sah dabei ihre Schwestern an.
Elena grinste daraufhin Damon an. „Siehst du, du wirst jetzt auch schon mit als Köchin bezeichnet“, meinte sie neckend und jetzt konnte sich keiner mehr ein Grinsen verkneifen.
Nun Katherine schien auch noch ein wenig ungläubig zu sein.
„Warte! Ihr wollt mir also tatsächlich erzählen, das Damon wirklich mitgeholfen hat?“, fragte sie und sah ein wenig sprachlos aus.
Elena kicherte leicht und ich wusste nicht ob es wegen der Aussage ihrer Schwester war oder wegen dem was Damon ihr ins Ohr flüsterte.
„Er hat die Stecks und die Buletten gebraten, so wurde ich nicht vom Bratenfett bespritzt.“
Schien etwas Unangenehmes zu sein, so wie Elena deswegen das Gesicht verzog.
So wirklich hatte ich davon keine Ahnung.
In einem Punkt konnte ich allerdings zustimmen, das Essen schmeckte wieder großartig.

Damon und Elena seilten sich nach dem Essen gleich wieder ab und schienen da weiter zu machen wo sie aufgehört hatten.
Sie liefen zurück ins Wasser und bespritzen sich da gegenseitig, wie kleine Kinder und liefen im knietiefen Wasser herum.
Ich dagegen ließ mich nach hinten fallen und genoss die Sonne.
Ich musste meine Augen geschlossen haben, denn ich spürte nur wie jemand meine Nasespitze küsste und als ich meine Augen flattern ließ, hörte ich Katherines liebliches Kichern.
Sie schien sich gut über mich zu amüsieren.
Ich genoss es, wie sie mir durch meine Haare strich und mich an der Stirn kraulte.
Als ich meine Augen öffnete sah ich sie neben mir knien, zu mir herunterschauend.
Ihre Haare, die sie kunstvoll zur Seite gebunden hatte, fielen nach vorn und wenn sie sich nur noch ein bisschen mehr zu mir lehnen würde, dann würden sie mich berühren und kitzeln.
„Hast du Spaß?“, fragte ich sie und streckte die Hand nach ihrer aus, als sie ihre Haare zur Seite strich.
Lächelnd nickte sie.
„Ja, sehr und du?“, gab sie die Frage zurück.
Leicht nickte ich.
„Ja und ich bin glücklich“, antwortete ich ihr.
Nur ein sanftes Lächeln zog sich auf ihr Gesicht, aber ich konnte sehen wie ehrlich und gut es war.
„Das ist schön“, meinte sie und wir sahen uns in die Augen.

Ich mochte ihre wundervollen hellen braunen Augen, die vor Selbstsicherheit strotzen und mir zeigten dass sie genau wusste was sie wollte.
Ich mochte ihr niedliches und süßes Gesicht, ihr Lächeln und ihr Kichern.
Ihre Stimme wenn sie sprach, bestimmend und doch lieblich.
Ihre wundervollen gelockten Haare, die sie immer kunstvoll zu einer Frisur steckte, so dass sie einfach nur Perfektion ausstrahlte.
Ihr Anblick brauchte mich und es gab nichts Schöneres für mich, das ich betrachten konnte.
„Du bist schön“, sprach ich ehrlich aus und sie beugte sich zu mir herunter und küsste mich.
Ihre Lippen waren leicht kühl, aber nicht unangenehm und so sanft und süß, das ich noch mehr davon kosten wollte.
Vorsichtig hob ich meine Hände und umfasste damit ihr Gesicht, um sie näher zu mir zu halten.
Auch ohne meine Augen zu öffnen konnte ich sie sehen und das Beste war, ich fühlte sie, näher als jemals zuvor.
Ich wusste ich liebte sie und am liebsten wollte ich mich nie mehr von ihr lösen, aber es musste sein.
Jetzt spürte ich auch wie ihre Haare mich kitzelten, aber zum Lachen war mir grad nicht zu Mute.
Diesmal genoss ich Katherines Nähe, die viel schöner war, als die Sonne.
„He, könnt ihr beiden euch nicht einmal voneinander lösen“, rief Damon neckisch und zahlte es uns so heim.
Ich hörte Elenas lautes Kichern und auch Katherine und ich mussten lächeln.
Retourkutsche, schon verstanden.
Aber das war mir egal, ich genoss zu sehr.
Was?
Einfach alles.




Kapitel 62: Die Jagd




„Es war ein Lächeln, das eine ganze Welt besser machen konnte.“ (Detektiv Conan)




Elijahs Sicht:
Rückblick
Ich las ein Buch, eines das Helena mir empfohlen hatte, als Klaus wütend ins Zimmer hinein getreten kam.
„Was hast du nur getan?“
Verwirrt klappte ich mein Buch zu, legte es weg und sah ihn an.
„Ich verstehe nicht“, meinte ich ehrlich.
„Katerina ist fort, sie ist geflohen“, erklärte er sauer und geschockt weiteten sich meine Augen.
Das konnte nicht sein.
„Nein!“, sagte ich eindringlich und stand auf, einerseits weil ich es nicht glauben konnte, andererseits weil das bedeutete, dass er nun Helena nehmen würde.
„Was hast du ihr erzählt?“, fragte er nach und ich runzelte die Stirn.
Wieso sollte ich ihr etwas erzählt haben?
Ich redete kaum mit ihr.
„Überhaupt nichts.“
Wütend drückte mich Klaus gegen eine Wand und seine Augen unterliefen sich dunkel.
Der Zorn war regelrecht zu greifen, so sehr tobte mein kleiner Bruder.

„Lüg mich gefälligst nicht an!“, schrie er aus vollem Halse und schien kaum noch zu bremsen zu sein, als wäre seine Kontrolle vollkommen abhanden gekommen.
„Ich werde sie finden, Klaus.
Du hast mein Wort“, versprach ich ihm.
Nicht nur wegen meiner Treue zu ihm, sondern vor allem wegen Helena.
Ich wollte nicht dass ihr etwas geschah, der Gedanke daran zerriss mich wie kein anderer.
Ihr durfte einfach nichts geschehen.
„Wenn du sie nicht findest, geb ich dir mein Wort, wird Helena sterben und du wirst dabei zusehen, bevor ich dich dann ewig mit deiner Trauer einsperren werde, ohne dich verhungern zu lassen“, erklärte er mir nüchtern und ich wusste, das ich nicht ein Sekunde an seinen Worten zweifeln durfte.
Jede Grausamkeit die er aussprach meinte er ernst, auch wenn es dabei um seine Geschwister ging.
Klaus hatte da kein Erbarmen.

Nur ein paar Minuten später war ich vor Helenas und Katerinas Gemächern.
Ich klopfte an ihre Tür und es dauerte nicht lange da öffnete Helena sie mir.
Verwirrt sah sie mich an und blinzelte.
„Elijah, was…“, fing sie an, stoppte dann aber. Ich wusste selbst dass es sich nicht gehörte sie zu so später Stunde zu stören.
Aber sie lächelte mich aufmunternd an und bedeutete mir reinzukommen.
„Weißt du wo Katerina ist?
Sie ist verschwunden“, erklärte ich und ihre Augen weiteten sich geschockt und voller Angst sah sie mich an, als würde sie das schlimmste befürchten.
Sie schüttelte entsetzt den Kopf, wahrscheinlich machte sie sich schreckliche Sorgen um ihre Schwester.

Beruhigend lächelnd trat ich auf sie zu und strich ihr über die Wange.
„Keine Sorge, alles wird gut Helena“, versicherte ich ihr.
„Ich werde sie finden“, versprach ich ihr und musste dabei meine Hintergedanken verdrängen, dass es nur deswegen war, um sie zu opfern und Helena zu retten.
Leichte Tränen glitzerten in ihren Augen, aber trotzdem zwang sie sich zu einem Lächeln und nickte leicht.
Sie griff nach meiner Hand und drückte sie fest.
Ich wusste dass sie mir vertraute.
Vorsichtig beugte ich mich zu ihr vor und küsste sie, meinen persönlichen Engel. Gerade als sie meinen Kuss erwiderte, löste ich mich von ihr.
„Ich muss los, pass auf dich auf und bitte tu mir einen Gefallen und geh nicht raus“, bat ich sie eindringlich.

Beruhigend lächelnd sah sie mich an und nickte.
Ich liebte ihr Lächeln so sehr. Es war ein Lächeln das eine ganze Welt besser machen konnte.
„Ich liebe dich, Elijah“, flüsterte sie und ich hörte wie ihr Herz aufgeregt pochte.
Noch einmal strich ich ihr durch ihre wundervollen Haare.
„Ich liebe dich auch, Helena“, erwiderte ich und küsste sie ein letztes Mal auf die Stirn, bevor ich aus dem Raum verschwand.
Ich musste sie retten, koste es was es wolle.
Auch wenn es sie unglücklich machte, auch wenn ihre Schwester dafür sterben musste.
Es war wichtig das lebte und am besten ihr Lächeln dazu ebenfalls.
Natürlich grenzte das schon an die Unmöglichkeit, aber ich musste es versuchen.
Sie war das Mädchen, das ich liebte.
Was konnte ich anderes tun, als versuchen sie zu retten, alles von ihr?

Ich rief alle Männer zusammen, alle Vampir, die für uns arbeiteten, damit sie die ganze Umgebung absuchten.
Die Jagd sollte beginnen.
Die Jagd nach Katerina.
So etwas hätte nie passieren dürfen, allerdings hätte so vieles nicht passieren dürfen.
Aber egal wie unmenschlich ich das Ganze hier fand, meine Angst wandelte sich zu purer Wut, auf dieses Mädchen.
Ich durfte Helena nicht wegen ihr verlieren.
Es war Grausam, aber wie immer siegte mein Egoismus bei diesem Thema.
„Ein Pferd kam vorhin aus dem Wald gelaufen.
Es war verletzt“, erzählte mir jemand.
„Von wo?“, herrschte ich ihn an, da mir gerade alle Höflichkeitsregeln egal waren.
Er zeigte in eine Richtung in den Wald und mit einem Trupp bewegte ich mich in diese Richtung.
Das Pferd erklärte wie sie so weit gekommen war und sie war wirklich sehr weit gekommen.
Wieso war sie abgehauen?
Wie hatte sie es herausgefunden?
Wer hatte es ihr verraten?
Irgendjemand musste es getan haben, sie konnte nicht selbst darauf gekommen sein, das wäre lächerlich.
Wir liefen immer tiefer in den Wald und ich war mir sicher dass wir sie einholten, denn sie war trotz ihres Vorsprungs und allem anderen, nur ein einfacher Mensch.

Dann nahm ich etwas war, ich roch etwas das mich auf ihre Fährte lockte und mir sagte, das wir hier genau richtig waren.
Deswegen hielt ich kurz an, um mich neu zu orientieren und ging dann etwas langsamer, um mir einen genauen Überblick zu verschaffen.
„Sie ist hier“, sprach ich zu den zwei Männern, die hinter mir waren und mit in meinem Trupp waren, da sechs Augen mehr sahen als zwei, auch bei Vampiren.
So konnten wir wenn in verschiedene Richtungen etwas entdecken.
„KATERINA!“, rief ich nach ihr.
Sie sollte es mir und sich selbst nicht so schwer machen, wie auch ihrer Schwester, wenn ihr das etwas bedeutete oder sie sich dessen überhaupt bewusst war.
Wusste sie, dass wenn sie nicht geopfert wurde, es ihre Schwester wurde?
Würde es ihr egal sein?
Ich wusste dass Helena sich selbst opfern würde, wenn es ihre Schwester oder sie hieß.
Würde Katerina es genauso machen.
Ich konnte sie in diesem Punkt nicht wirklich einschätzen, aber ihre Aktion jetzt bewies erst einmal das Gegenteil.
„Ich weiß dass du in der Nähe bist.“
Ich war mir sicher dass sie meine Worte hören konnte.
Ich war mir sicher dass sie hier irgendwo war.
Es musste so sein.
„Ich kann dein Blut riechen“, sagte ich leise, zu leise, um es über weitere Entfernung zu hören.
Zwar war der Geruch ihres Blutes schwach, aber er war deutlich da.
Sie musste hier gewesen sein.
„Es ist zwecklos zu fliehen“, erklärte ich ihr wieder etwas lauter, damit sie es auch wirklich hören konnte.
Sie sollte ihren dummen närrischen Plan aufgeben würde. „Klaus wird dich finden, wo immer du steckst.“

Trevor kam neben uns und zeigte in nach vorne.
„Da entlang. Da ist noch mehr Blut“, erklärte er und mit den anderen beiden Männern nahm ich diese Richtung, während Trevor in fast dieselbe Richtung davoneilte.
Sie musste hier irgendwo sein, sie konnte nicht einfach so verschwinden, dafür hatte sie nicht die Macht.
Aber wo?
Wo war sie nur?
In mir herrschte ein Chaos, das ich versuchte zu kontrollieren.
Aber es war schwer meine Wut zu unterdrück, denn meine Angst verleitete mich dazu.
Diese Angst, die mich dazu zwang sie zu jagen, etwas Unmenschliches zu tun, weil meine Menschlichkeit da war.
Was für eine Ironie.
Meine Menschlichkeit brachte mich dazu einen Menschen zu jagen.
Wie grausam war das denn?
Rückblick Ende



Spezial 5: Ostern




„Manchmal hat das was wir nicht tun, genauso viel Kraft wie das was wir tun.“ (Criminal Minds)




Katherines Sicht:
Rückblick
Ich beobachtete Elena, wie sie im Sand saß und hinaus aufs Meer schaute.
Ohne zu fragen oder es auszusprechen, wusste ich dass sie an Elijah dachte.
Sie dachte immer an Elijah.
Es war egal was für ein Tag war, was passierte oder was wir taten, sie dachte immer nur an ihn.
Und ich fühlte mich deswegen immer schuldig, zu Recht.
Wir lebten in einem Strandhaus, ein wenig abgeschieden von einem kleinen Dorf hier in Griechenland.
Es war schön hier und wir hatten uns viel von der Umgebung angesehen, alte Ruinen und Tempel. Es war einfach nur herrlich, das hatte selbst meine Schwester zugegeben, dass es ihr hier gefiel.
Es war das Jahr 1792 und wir wurden bald dreihundertsten Mal 17 Jahre alt.
Ein wenig traurig und öde könnte man meinen, besonders wenn man dafür meine Schwester befragen würde.
Sie hatte jegliche Lebenslust verloren und ich wusste dass sie nur um meinetwillen bei mir war und überhaupt noch lebte.

Ich ging zu ihr und umarmte sie von hinten, ein Buch lag neben ihr.
„Wir haben Ostern.
Wir sollten Eier bemalen und unser altes Versteckspiel machen“, meinte ich, um sie zu etwas zu bewegen.
Außerdem war es eine alte Tradition, die wir jedes Jahr machten.
Elena aber zuckte nur lustlos mit den Schultern.
„Zu welchen Zweck?“, fragte sie gleichgültig nach und schaute weiterhin hinaus auf den Ozean.
Ich schluckte, wusste nicht so recht was ich sagen sollte.
„Weil wir es jedes Jahr machen“, sagte ich und konnte mich selbst dafür schlagen, das ich keine bessere Antwort, Begründung, hatte.
Wir hatten es einfach jedes Jahr gemacht, so wie es unsere Mutter gelehrt hatte.
Ohne zu fragen oder zu murren.
„Ja, ich weiß dass wir das jedes Jahr machen, aber ich sehe darin keinen Sinn.
Was soll der Zweck dafür sein?
Wieso machen wir das jedes Jahr?“, fragte sie nach und ihre Lustlosigkeit zeigte mir ihr innerstes, das sie einfach das Leben überdrüssig war und es nicht mehr ertragen konnte, egal ob nun etwas besonderes darin passierte oder wir etwas altbewehrtes taten.
Ich ließ von ihr ab und stand auf.
„Mutter würde es von uns erwarten“, sprach ich schlicht aus, bevor ich wieder zurück zum Haus ging.


Am Nachmittag saßen Elena und ich auf der Veranda unserer kleinen Hütte und bemalten Ostereier.
Wir bemalten jeweils zehn normale Eier und dann noch ein paar ausgepustete Eier, die wir an ein paar Zweige hingen.
Darin war Elena eindeutig besser, nicht das sie schöner malen konnte oder so, das konnten wir eigentlich gleich gut oder gleich schrecklich, aber sie hatte eindeutig einen sanfteren Griff. Bei mir passierte es doch ab und zu, dass ein Ei unter meinem Griff zerbrach.
Wir malten einfach nur sinnloser Muster auf die Eier, was anderes würden wir sowieso nicht vollbringen, zumindest nicht ohne uns dabei lächerlich zu machen.
Es fehlte nur noch Mutter und David die neben uns saßen und uns dabei halfen.
Am nächsten Tag hätten wir dann mit all unseren Brüdern das Spiel machen müssen und wer gewann durfte das Essen bestimmen.
Vielleicht etwas einfach und sinnlos, aber wir hatten immer viel Spaß dabei gehabt.
Zumindest als Menschen.
„Wir könnten uns ein Theaterstück ansehen und etwas Essen gehen in einer größeren Stadt, hast du Lust?“, fragte ich nach.
Sie zuckte mit den Schultern und ich war enttäuscht, obwohl ich doch gar nichts anderes erwartet hatte.
Sie hielt inne, lächelte dann aber und nickte mir zu.
„Wieso nicht“, meinte sie lapidar dahin und obwohl kaum Aufregung und Freude in ihrer Stimme mitklang, war ich doch glücklich über ihre, wenn auch nur kleine Zustimmung.
Ein Zugeständnis zu etwas schönen, das war zumindest ein kleiner Anfang.


Am nächsten Tag standen wir am Vormittag Rücken an Rücken.
Wir hatten nur unsere Unterkleider an, aber niemand würde uns sehen, weswegen das nicht wirklich etwas machte.
So war es zumindest gegeben das wir uns leichter bewegen konnten und weniger Stoff auf unseren Körpern war wirklich befreiend.
„Gut, ich habe zehn Eier versteckt, von hier bis zum Ende des kleinen Waldes“, erklärte ich.
Das waren ungefähr zwei Mailen, aber da wir jetzt Vampire waren, hatten wir das erweitern müssen, um es ein wenig spannender zu machen.
Der Wald war auch nicht wirklich ein Wald, da war ein wenig Moos, tropische vereinzelte Bäume, aber es war nur ein kleines Stück und sie standen nicht wirklich dicht an dicht, aber das war das einzige was mit in unserem Umkreis im entferntesten so nennen konnte.
„Ich hab zehn Eier versteckt, von hier bis zu der großen Bucht“, erzählte Elena und ich musste lächeln.
„Dann auf los geht’s los“, meinte ich fröhlich.
„Eins… Zwei… Drei… LOS!“, riefen wir zeitgleich und bewegten uns in Vampir-Geschwindigkeit durch den Sand.
Ein Ei fand ich unter einer großen Muschel, ein anderes zwischen hohem Gras.
Ein weiteres Ei fand ich zwischen blauen und grauen Steinen, wo es kaum auffiel.
Ein Ei rettete ich meisterhaft, bevor das Wasser es verschlucken konnte.
Dann kam ich zu den Felsen, auf denen ich mit nackten Füßen herum kletterte, was nicht wirklich schlimm war.
Dort in einem Vogelnest fand ich mein fünftes Ei.

Ich schaute mich um und lauschte Elena, hörte aber auch nur wie sie lief.
Weiter ging es und ich sah mich noch bei den Felsen um, fand dort aber nichts Weiteres.
Aber dann fand ich in einem Loch im Sand, wo mehrere kleine niedliche Schildkörten waren ein weiteres Ei.
Bis zur Bucht suchte lief ich weiter, fand aber nichts.
Deswegen ging ich zurück und suchte diesmal in einem langsamen Schritttempo die Eier.
Ich legte meine bisherig gesammelten Eier zur Seite in Sicherheit und begab mich ins Wasser, um zu sehen ob durch die kommende Flut eines meiner Eier vielleicht verschlungen war, wie beinah mein eines.
Ich hob mein Kleid hoch und suchte bis knietief alles ab.
Das Wasser war so klar, dass man alles sehen konnte.
Zwischen ein paar Steinen und Muscheln fand ich tatsächlich ein weiteres Ei.
Wirklich sehr gemein, aber Elena musste dafür auf einen Baum klettern, um eines zu finden, also waren wir beide etwas mies gewesen.

Ich suchte noch einmal die Felsen ab und fand tatsächlich ein weiteres in einer Felsspalte und ich hatte Glück das mein Arm so zierlich war, sodass er da durch passte, sonst wäre ich erst gar nicht drauf gekommen oder vielleicht hätte ich ihn zertrümmern müssen, wenn Elena das Ei dort rein geworfen hätte.
Ich suchte noch weiter, fand aber keine mehr und als die Sonne unter ging, war das mein Zeichen aufzuhören.
„Ich hab acht Eier gefunden und du?“, fragte ich nach, lächelnd präsentierte sie mir die sie gefunden hatte.
Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht.
Oh.
Ich musste irgendwie kichern, so genau wusste ich auch nicht wieso.
Solche Zufälle gab es bei uns beiden schließlich zuhauf.
„Also dann müssen wir uns wie üblich einigen, was wir essen wollen“, meinte Elena lächelnd und ließ sich nach hinten fallen, nur um ihre Arme hinter dem Kopf zu verschränken.
Ich war ihr dankbar, dass sie zumindest heute mit mir etwas fröhlicher und ausgeglichener war.
„Oder einmal suchst du etwas aus und einmal bin ich dran mit bestimmen“, schlug ich vor und Elena nickte leicht, wobei sie die Augen schloss, um wohl die letzten verbleibenden Sonnenstrahlen zu genießen.
Die Sonne ging hier ziemlich spät unter, es musste sicher schon sehr spät sein.
Aber das war egal.
Zeit spielte keine Rolle. Das einzige was zählte war das Leben.
Elena und ich lebten, das war wichtig.

„Willst du irgendwo anders hin?“, fragte ich und legte mich neben sie.
„Wieso fragst du?“
Naja, wir waren zwar noch nicht lange hier, aber Elena war… ach es war egal, Elena würde immer so sein.
„Ich weiß.
Ich dachte dir würde es woanders besser gefallen.“
Lapidar und gleichgültig war meine Antwort, zumindest sprach ich sie so aus.
Ich wollte eigentlich nur, dass Elena wieder glücklich war, doch die einzige mir einfallende Möglichkeit wäre, das ich die Wahrheit sagte.
Dass ich dafür sorgen würde, dass sie und Elijah wieder zusammen waren, aber dann würde ich sie verlieren.
Und das wollte ich nicht.
Das konnte ich nicht.
Mein Egoismus siegte wie üblich und deswegen schwieg ich.
„Mir gefällt es hier. Es ist schön und außerdem…“
Sie machte eine Pause, stützte ihren Kopf auf den Arm und sah zu mir.
„Du bist hier. Hier bei mir. Das ist es was mir gefällt. Ich will an dem Ort sein, wo auch du bist.“
Zaghaft aber dankbar lächelnd sah ich sie an.
Ich nahm ihre Hand in meine und verschränkte unsere Finger miteinander.
Verbunden.
Wir waren miteinander verbunden.
Unsere Herzen, unsere Seelen, unser Leben.
Ich mochte die Ketten, die uns verbanden.
„Wir sind Zwillinge, Elena. Geboren um für zusammen zu sein.“
Wieder nickte sie leicht.
„Frohe Ostern“, wünschte sie mir leise. „Frohe Ostern“, gab ich zurück und wir lehnten uns aneinander.
Stirn an Stirn.
Ich wusste dass wir dasselbe fühlten, in diesem Moment.
Ein Fünkchen Trost in unserer Existenz.
Ein Funken, den wir teilten.
Rückblick Ende




Kapitel 63: Die Flucht




„Alles wird gut, aber nie mehr wie es war...“ (Unbekannt)

Katherines Sicht:
Rückblick
Ich rannte und rannte, immer noch und jetzt versuchte ich noch schneller zu rennen, da ich Stimmen hörte.
Sie suchten nach mir.
Das alles war real und es machte mir Angst.
Ich stolperte und fiel hin, schnell verkroch ich mich hinter einem Baum und dann hörte ich Elijahs Stimme, obwohl sie leise sprach.
Sie waren hier, nicht weit von mir.
„Sie ist hier“, sagte Elijah und mein Herz schlug automatisch höher.
Wieso tat er mir das an?
Wieso tat auch er mir das an?
„KATERINA!“, rief er nach mir und ich versuchte mich so gut es ging zusammenzureißen, um nicht zu weinen, um nichts zu tun, was seine Aufmerksamkeit erregen konnte.
„Ich weiß dass du in der Nähe bist.“
Oh Gott, oh Gott, bitte irgendwer musste mir helfen und wenn es dich wirklich gibt Gott, wie Helena es glaubt, dann bitte ich dich, hilf mir.
„Ich kann dein Blut riechen.“
Es waren nur ein paar leise Worte und doch konnte ich sie verstehen.
Ich war verletzt an der Wange und noch an ein paar anderen Stellen, bitte lass das nicht mein Untergang sein.
„Es ist zwecklos zu fliehen“, rief er, aber ich wollte es einfach nicht glauben.
Ich hatte einen Plan und eine leise Stimme in meinem Kopf flüsterte mir zu, dass ich nicht aufgeben durfte.
„Klaus wird dich finden, wo immer du steckst.“

Klaus.
Klaus war grausam, das wusste ich jetzt.
Klaus, derjenige den ich vor kurzem noch geliebt hatte.
Wieso ich?
Wieso musste das mir passieren?
Wieso ausgerechnet ich?
„Da entlang. Da ist noch mehr Blut“, hörte ich Trevors Stimme, der sie wohl auf eine falsche Fährte lockte.
Als ich hörte wie sie wegliefen, zog ich mich hoch, um wieder aufzustehen.
Ich sah mich in alle Richtungen um, aber da war niemand mehr. Doch als ich loslaufen wollte, stand plötzlich Trevor vor mir.
Meinen erster Instinkt zu schreien, unterdrückte er, indem er mir die Hand aufs meinen Mund legte und mich an den Baum drückte.
Erschrocken sah ich ihn an, aber ich beruhigte mich wieder, als er mich anlächelte.
„Geh in Richtung Osten, ich kann sie nicht mehr länger in die Irre führen“, erklärte er mir.
„Ich kann nicht mehr laufen.“
Ich war die ganze Zeit gelaufen, den ganzen Tag über, ich war so erschöpft.
„Keine Sorge, da ist eine Hütte. Da bist du sicher“, versicherte er mir und nickte mir zu, was ich erwiderte. „Geh jetzt! Geh!“
Ich tat was er sagte und lief weiter, diesmal Richtung Osten.

Die Sonne ging auf und es war bereits Morgen, als ich endlich an der Hütte ankam, sie fand.
Es hatte so lange gedauert.
Sofort eilte ich zur Tür und klopfte daran.
„Hilfe! Bitte helfen sie mir!“, rief ich panisch und sah mich noch einmal um, bevor mir eine alte Frau die Tür öffnete.
„Bitte, helfen sie mir“, bat ich die Frau.
„Ich lasse keine Fremden in mein Haus, tut mir leid“, sagte sie mir und wollte schon wieder die Tür schließen, weshalb die Panik in mir wuchs. „Nein, Trevor, er hat gesagt sie helfen mir.“
„Verdammt soll er sein. Immer macht er in meinen Namen irgendwelche Versprechungen“, hörte ich eine Stimme, die an die Tür kam. Sie gehörte einer jungen recht hübschen blonden Frau.
Als sie mich sah, scannte sie mich mit ihren Blick.
„Lassen sie, sie rein“, sagte sie unfreundlich zu der Frau und ich war froh endlich hinein zu können.
Nicht mehr laufen zu müssen.
„Bringen sie ihr Wasser und etwas zu essen“, befahl sie der Frau und ich hatte das Gefühl, dass sie die Frau manipulierte, so wie Trevor es mir erzählt hatte.
Leicht nickte die Frau und verschwand dann nach draußen.

„Sie müssen Rose sein.
Danke sehr.
Trevor sagte, ich soll ihnen das hier zeigen“, erklärte ich und zeigte ihr den Mondstein, den ich von Klaus gestohlen hatte.
„Damit sie mir glauben schenken und mir zur Freiheit verhelfen.“
Geschockt sah sie mich an, als konnte sie es nicht glauben.
„Du hast das von Klaus gestohlen?“, fragte sie ungläubig nach.
Sicher es war ein noch besserer Pfand, als das nur ich nicht mehr da war, denn so konnte er auch meiner Schwester heut Nacht nichts tun, sie zumindest nicht opfern.
„Es sollte zu dem Opferritual gehören, also hab ich es geschnappt und bin geflohen“, erzählte ich ihr.
Aber das schien sie nicht sehr zu beruhigen, sie sah regelrecht wütend.
„Du musst wissen Klaus entkommt man nicht. Jeder der es versucht endet wieder in seinen Fängen und jeder der bei der Flucht hilft stirbt“, rief sie wütend aus und erhob dabei ihre Stimme.
Sowas in der Art hatte ich auch bereits gehört.
„Ich weiß was sie für ein Risiko eingehen, wenn sie mir helfen.“
Aber ich wollte nicht sterben, genauso wenig wollte ich dass meine Schwester starb, deswegen musste ich das versuchen.
„Ich riskiere gar nichts, bei Einbruch der Dunkelheit bring ich dich zu Klaus zurück und bitte für uns beide um Gnade“, sagte sie und schubste mich in einen Raum, um mich darin einzusperren.
„Nein“, sagte ich und als ich mich umsah, merkte ich dass es keine weitere Chance gab zu entkommen.

Ich sah mich im Raum um, um etwas zu finden, das mir helfen konnte.
Ich musste etwas finden, das meinen Plan unterstützte.
Ab und zu kam die alte Frau vorbei, um mir etwas zu Essen und zu trinken zu bringen.
Als ich durch kleine Öffnungen der Hütte sah, dass das Licht abnahm, benutzte ich eine Glasscherbe.
Schnell stach ich mir damit in den Bauch und unterdrückte einen Schrei, sodass sie mich nicht hörte.
Nach einer Weile kam sie, mit einem Seil in der Hand.
„Es dämmert, wird Zeit zu gehen“, sagte sie und ich versuchte mich aufzurichten, doch es fiel mir durch die Wunde schwer und ich stöhnte deswegen auf.
Geschockt zog sie die Decke von mir und sah die Wunde, die erst mit einem erheblichen Blutverlust tödlich war, der eintreten würde, wenn wir gingen.
„Wann ist das passiert?“, fragte sie nach.
„Im Wald, ich bin gestolperte“, log ich und eigentlich war ich gut darin, nur gegen Tatsachen kam ich nun einmal auch nicht an.
Rose schüttelte den Kopf.
„Das ist eine Lüge, das hätte ich gerochen!“, sagte sie und fand das Messer neben mir, mit dem ich mich verletzt hatte.
„Ich würde lieber sterben, als zu Klaus zurückzugehen. Bitte lassen sie mich einfach sterben“, flehte ich sie an.
Aber wie von mir beabsichtigt, tat sie mir diesen Gefallen nicht.
„Wenn du stirbst, dann stirbt Trevor mit dir.“
Sie biss sich ins Handgelenk und zwang mich zu trinken, wogegen ich mich wehrte, aber am Ende schluckte ich das Blut.
Augenblicklich spürte ich wie meine Wunde verheilten.
Ich hörte wie jemand hereinkam und Trevors Stimme. „Wo ist sie?“, fragte er nach und als Rose zu ihm lief, nutzte ich die Chance.
„Deinetwegen sind wir beide dem Tod geweiht“, fluchte sie. „Ich hoffe nur Klaus lässt Gnade walten, wenn wir sie ihm zurückbringen.“

Ich griff nach dem Seil und machte schnell einen geeigneten Knoten für mein Vorhaben.
Wir hatten ihn auf der Farm oft genug benutzt.
„Er wird sie opfern“, hörte ich Trevor mich verteidigen.
„Dann ist es eben so!“, rief Rose lauter.
Ich warf das Seil über einen Balken und stellte mich leise auf einen Stuhl, während ich meinen Kopf in die Schlinge steckte.
Die restlichen Worte hörte ich nicht mehr, ich schluckte, denn mulmig war mir schon zu Mute, aber ich stieß den Stuhl weg und langsam spürte ich wie mir die Luft abgeschnürt wurde.
Es dauerte länger als ich gedacht hatte, ich spürte noch etwas und das war qualvoll, aber langsam glitt ich ins Dunkel.

Auf einem Bett wachte ich wieder auf und musste stark nach Luft schnappen.
„Was hast du getan, Katerina?“, fragte mich Trevor, aber das gehörte alles zu meinem Plan. „Ich hätte dir geholfen zu Leben.“
Langsam stand ich auf und hielt mir den Kopf.
„Du hättest mir geholfen zu fliehen. Das wäre niemals genug gewesen“, sagte ich und ging zur anderen Wand, um mich dort abzustützen.
Meine Schwester wäre noch immer in Gefahr und ich müsste immer Angst haben.
Was sollte das für ein Leben sein?
In dem ich auch nicht bei Helena sein konnte.
„Mir hätte es aber genügt“, meinte er leise und ich wusste, dass er damit meinte, dass er mich liebte.
„Verstehst du es denn nicht, Trevor. Sie hat dich benutzt, um ihr bei der Flucht zu helfen. Mich, um sich zu verwandeln. Klaus wird unsere Rolle dabei durchschauen.“
Dafür dass sie mir geholfen hatten war ich ihnen dankbar, aber sie waren nicht das wichtigste.
„Und das tut mir sehr leid“, versicherte ich ihnen, aber ich würde es immer wieder tun, wenn ich die Wahl hätte.
Müsste ich zwischen ihnen und mir und Helena wählen, dann wären es immer meine Schwester und ich.
Das war nun einmal das wichtigste.
„Ja, mir auch“, sagte sie. „Dafür.“
Sie kam mit einem Pfahl auf mich zu, aber ich zog die alte Frau vor mir und Rose verpasste ihr so unbeabsichtigt eine Wunde an der Schulter, aus der ich sofort trank.
Nie hatte ich etwas Vergleichbareres zu mir genommen.
Blut war noch nie so köstlich gewesen.
„Bitte versteht“, sagte ich zu den geschockten Gesichtern von Trevor und Rose.
„Damit hast du gerade unser Todesurteil unterschrieben.“
Das könnte wohl wahr sein.
Aber im Vergleich was sonst geschehen konnte, was es mir egal.
„Besser sterbt ihr als ich“, antwortete ich ihr ohne Bedauern und warf den beiden die alte Frau zu und verschwand dann in einer Geschwindigkeit, die ich selbst nicht glauben konnte.
Rückblick Ende



Kapitel 64: Egoismus




„Doch oft sind es unsere besten Absichten, die die schlimmsten Folgen haben.“ (Unbekannt)




Katherines Sicht:
Rückblick
Ich wartete in dem kleinen Zwischenwald, bevor das Dorf begann.
Die Stelle, wo ich Helena aufgetragen hatte hinzukommen, sobald die nächste Nacht anbrach.
Ich hoffte nur meine Schwester hatte meine Botschaft erhalten und auch die Nachricht meiner Flucht, allerdings war ich mir darin sicher, sie war clever.
Sie war klüger als ich und sie musste es einfach entdeckt haben.
Ich drehte mich um, als ich Schritte hörte und tatsächlich war es meine Schwester, die auf mich zugelaufen kam.
Sie sah mich bestürzt und verständnislos an.
„Katerina, was hast du nur getan?“, fragte sie mich entsetzte.
Ich kam auf sie zu und schloss sie in meine Arme, ich hatte mir solche Sorgen um sie gemacht und auch das sie vielleicht keine Möglichkeit hatte, hierher zu kommen.
„Ich wusste dass du es schaffst, Helena.
Ich wusste das du meine Nachricht findest, du bist einfach so verdammt klug“, sagte ich erfreut und trotzdem rannte mir einzelne Tränen das Gesicht herunter.

Aber es war so schön, dass sie hier war.
Jetzt würde alles gut werden.
Sie zog an meinem Arm.
„Wir müssen zurück, Katerina. Wieso musstest du nur fliehen? Wieso?“, fragte sie und wollte mich zurückziehen, doch ich hielt dagegen.
Mit meiner neuen Kraft, war es nicht sehr schwer sie aufzuhalten.
Ich verstand sie ja, sie aufgeregt und verwirrt, weil sie nicht wusste, was hier vor sich ging.
„Nein, Helena.
Wir können nicht zurück.
Wir können nie mehr zurück.
Man kann Klaus und Elijah nicht vertrauen, sie haben uns die ganze Zeit angelogen.
Gestern Nacht wollten sie mich opfern und auch wenn ich ihnen jetzt nichts mehr nutze, dann gibt es immer noch dich und sie würden dich opfern wollen.“
Geschockt sah sie mich an und ihre Gedanken kreisten sicher jetzt in ihrem Kopf.
Aber dafür hatten wir jetzt kaum Zeit.
Ich packte sie an den Schultern und schüttelte sie.
„Sie sind Vampire, Helena.
Vampire!
Es gibt sie wirklich und sie wollten mich opfern, jetzt sicher dich, weil sie unser Blut brauchen, für ein lächerliches Ritual.
Aber ich hab eine Lösung gefunden.
Eine durch die wir beide leben können.“

Helena wirkte ein wenig neben der Spur, als ich sie schüttelte, sie war immer noch geschockt.
Es war ihr auch nicht zu verübeln und wie unwirklich das alles klang.
Ich hatte es Trevor erst auch nicht alles glauben wollen.
Wieder wollte sie umdrehen.
„Wir müssen zurück, Katerina.
Du musst mir vertrauen, wir müssen zurück!
Ich kann mich opfern, das ist nicht so schlimm…“
Sie wollte weiter reden, doch ich unterbrach sie und schüttelte sie wieder, diesmal noch kräftiger.
Hatte sie denn jetzt den Verstand verloren?
„Bist du verrückt geworden, Helena?
Wir können nicht zurück!
Auf keinen Fall, das bedeutet unser Tod und auch deiner und das geht auf keinen Fall in Ordnung!
Ich sagte dir doch, du brauchst dir keine Sorgen zu machen.
Ich hab einen Plan!“
Konnte sie denn nicht einmal auf mich hören?
Einmal im Leben?
Denn diesmal hatte ich auf jedenfall recht.
„Nein, Katerina.
Du musst mir vertrauen.
Ich hab einen Plan und…“
Ich biss mir ins Handgelenk und drückte es ihr auf den Mund, sodass sich ihre Worte ins Nichts verloren.
Sie war einfach gerade zu stur und uneinsichtig, um zu erkennen, was das richtige war.
Aber ich würde meine Schwester nicht an ihre Selbstlosigkeit verlieren, egal wie edel diese Eigenschaft auch war.

Helena sah mich schockiert an.
„Was hast du nur getan?“, fragte sie mich entsetzt.
Tränen brannten in meinen Augen und es tat mir leid, dass ich ihr das nicht alles besser erklären konnte und das uns die Zeit fehlte, da sie so sehr gegen uns arbeitete.
„Es tut mir leid, Helena.
Aber du wirst es noch verstehen“, versicherte ich ihr, bevor ich ihren Kopf packte und ihr das Genick mit einem schnellen Ruck brach, sodass sie keine Schmerzen hatte.
Weinend kniete ich mich zu ihr, denn auch wenn ich wusste, dass sie wieder leben würde, so war es doch grausam meine Schwester tot zu sehen.
Noch viel schlimmer, das ich sie selbst hatte umbringen müssen.
Doch selbst für dieses bedauern blieb mir jetzt keine Zeit.
Ich hob meine Schwester hoch und trug sie in dieser einzigartigen Geschwindigkeit, zu einem Nebenfluss der Themse, wo ich sie hinlegte.
Hier stand ein Mann, den ich manipuliert hatte, damit er meiner Schwester sein Blut geben konnte, sobald sie wieder aufwachte.

Es war so schrecklich meine Schwester so zu sehen.
So tot.
Es schien so endgültig zu sein und auch wenn ich mir eigentlich sicher war, betete ich doch, dass es funktionierte.
Noch nie hatte ich sowas gemacht und deswegen bangte ich.
Sie hatte keinen Puls und keinen Herzschlag, ihr Körper war kalt geworden und es war, als würde die Leichenstarre einsetzen.
Plötzlich atmete sie wieder und ich schreckte dadurch auf.
Trotzdem überwältigte mich dieses einzigartige Glück, das sie noch lebte.
Ich holte den Mann und biss ihm ins Handgelenk, das ich Helena an den Mund hielt.
„Du musst das hier trinken, Helena.
Sonst stirbst du“, sagte ich ihr und zwang ihr das Blut regelrecht auf.
Es schien als würde sie dagegen ankämpfen, doch dann biss sie den Mann an die Wunde, die ich ihm bereits zugefügt hatte.
Als sie von ihm abließ, war ihr Mund blutverschmiert und Tränen standen ihr in den Augen.
Sie wischte mit ihrem Ärmel über ihren Mund und verteilte das Blut so noch viel mehr.
Helena schüttelte den Kopf, aber ich wusste nicht genau, was sie mir damit sagen wollte.
„Was hast du nur getan, Katerina?“, fragte sie verständnislos und auch vorwurfsvoll.

Ihre Worte trafen mich wie ein Stich ins Herz und ich wusste, das was ich getan hatte, war grausam und unverzeihlich.
Ich hatte ihre meine Entscheidung aufgezwungen, genauso wie dieses Leben, von deren Folgen sie noch keine Ahnung hatte.
Es war egoistisch von mir gewesen und ich fühlte mich schuldig.
Allerdings bereuen tat ich es nicht.
Die Vorstellung, dass sie andernfalls gestorben wäre, war noch viel schrecklicher.
Sie war meine Schwester, meine Zwillingsschwester, ich konnte sie nicht auch noch verlieren.
Sie war das einzig Gute in meinem Leben.
Ich griff nach ihren Händen und sah ihr in die Augen.
„Es tut mir leid, Helena.
Aber ich musste das tun.
Ich konnte dich nicht einfach verlieren.
Erinnerst du dich?
Wir haben geschworen immer füreinander da zu sein und aufeinander aufzupassen.
Wir bleiben zusammen, das haben wir doch gesagt“, erinnerte ich sie an unser Versprechen und uns beiden liefen die Tränen über den Wangen.

Der Schmerz, der in ihren Augen stand, fügte mir selbst welchen zu.
Sie stand auf und drehte sich um.
„Wo willst du hin?“, fragte ich verwirrt und stand ebenfalls auf.
Der Mann zu meinen Füßen war entweder bewusstlos oder tot, es war mir auch egal.
„Ich will zu Elijah zurück, Katerina.
Wir können doch jetzt da bleiben, wenn wir nicht mehr von nutzen sind oder er kann mit uns kommen.“
Schnell lief ich zu ihr und drehte sie zu mir um.
„Bist du wahnsinnig?
Klaus wird sich an uns rächen, genauso wie Elijah!“
Sie musste übergeschnappt sein, das würde unser Ende bedeuten.
Aber Helena schüttelte stur den Kopf.
„Das glaubte ich nicht.
Elijah liebt mich!“, rief sie laut und verzweifelt auf und es traf mich ins Herz.
Er liebte sie und sie liebte ihn und ich würde in dieser Sache meiner Schwester verlieren, aber das konnte und wollte ich nicht zulassen.
„Er liebt dich nicht, Helena.
Zumindest nicht so wie es sein sollte und nicht so, wie du ihn.“
Ungläubig sah sie mich an und ich erzählte ihr von dem Gespräch von Klaus und Elijah, das ich mit an gehört hatte.
„Verstehst du das, Helena?
Er kann dich nicht so sehr lieben, wie du ihn, sonst hätte er das nicht getan.
Er hätte dir alles erzählt und dich gefragt.
Aber das hat er nicht getan.“
Ich wusste dass ich mit meinen Interpretationen übertrieb, aber ich konnte nicht anders.
Mein Egoismus zwang mich dazu.
Er flüsterte mir zu, dass ich meine Schwester nicht gehen lassen konnte, dass ich sie nicht an Elijah verlieren konnte.
Deswegen stapelte ich Lüge um Lüge und irgendwann glaubte sie mir.
Es war besser so, irgendwann würde sich zeigen, dass meine Entscheidung die richtige war.
Rückblick Ende



Kapitel 65: Das Spiel ist aus




„Was man nicht zu verlieren fürchtet, hat man zu besitzen nie geglaubt und nie gewünscht.“ (Gotthold Ephraim Lessing)





Klaus Sicht:
Rückblick
„SIE IST EIN MENSCH!
EIN EINFACHER MENSCH!
WIE ALSO HATTE DAS PASSIEREN KÖNNEN?
WIE HAT SIE ES GESCHAFFT ZU FLIEHEN?
SEID IHR DENN ALLE INKOMPETENT?
SIE IST EIN MENSCH, VERDAMMT NOCH MAL!“, schrie aus vollem Halse und alles was mir in den Weg kam, schubste ich um oder zerstörte ich in alle seine Einzelteile.
Wie hatte das alles nur geschehen können?
Das konnte doch einfach nicht wahr sein.
„Sie scheint ein sehr cleverer Mensch zu sein“, wagte es jemand zu sagen und verlor im nächsten Moment für seine freche unüberlegte Antwort den Kopf, was alle mit Schock beobachteten.
Keiner rührte sich auch nur einen Millimeter und schnaubte vor Wut.
„Mir ist es vollkommen egal wie clever sie ist!
Ich will dass sie gefunden wird.
Ich will dass ihr sie mir lebend zurück bringt.
IST DAS KLAR?“, schrie ich weiter und alle zuckten dabei zusammen.

Es konnte doch nicht sein, das sie einfach so vor ihnen allen hatte weglaufen können, was war sie schon.
„Aber sie ist jetzt ein Vampir.
Das ist nicht mehr so einfach“, erinnerte mich jemand an die Tatsache, die mich in Rage versetzt hatte, als ich sie zum ersten Mal gehört hatte.
Wie konnte sie es nur wagen, wegzulaufen?
Wie konnte sie es nur wagen, sich zu verwandeln?
Der Tod wäre eine Gnade, die ich ihr nicht vor mindestens fünfhundert Jahren Folter gewähren würde.
„Das ist mir egal!
Ihr seid älter, als sie!
Also findet sie gefälligst, bringt mir sie, genauso wie ihre verlogene Schwester“, zischte ich.
Denn zu allem Überfluss war diese auch noch weggelaufen, woran sicher Katerina die Schuld trug, da war ich mir sicher und dann hatten die beiden festgestellt, wie böse ich doch war und sie opfern wollte und dann hatte sich Helena sicher auch noch in einen Vampir verwandelt.
Ich machte mir keine Hoffnung, dass mir eine der beiden noch als Mensch wieder in die Hände fallen würde, aber meine Rache würde sie trotzdem ereilen, schlimmer als sie es sich vorstellen konnten.

Alle hatten es eilig, den Raum zu verlassen und meinem Befehl Folge zu leisten.
Nur Elijah blieb da und er war immer noch in seinem Traum ähnlichen Zustand, seit er erfahren hatte, dass Helena weg war.
Das zeigte mir allerdings das er nichts damit zu tun hatte oder wenn dann selbst verraten wurden war.
Ich holte den Zettel heraus, den Katerina mir geschrieben hatte und las ihn zornerfüllt vor.
„Das Spiel ist vorbei, Klaus. Ich hab dich durchschaut und bin bereits weg. Du wirst ganz verloren haben, bevor du dir dessen überhaupt bewusst bist. Katerina“, las ich den Brief vor, zerknüllte ihn dann und schmiss ihn auf den Boden.
„Die beiden haben das geplant, seit irgendwer ihnen davon erzählt hat, haben sie das geplant.
Diese verräterischen kleinen Biester“, zischte ich.
„Sie haben uns reingelegt und seitdem sie es wussten etwas vorgespielt.“
Unser Problem war, das wir darauf reingefallen waren.
Seit wann hatte Katerina die Wahrheit gewusst?
Ich hatte es ihr in keiner Sekunde angesehen.
Sie war anscheinend eine sehr gute Schauspielerin, dieses Miststück.
Aber sie hatte recht, das Spiel war aus und ich hatte verloren, aber sie würde noch erkennen dass ich kein guter Verlierer war und dass das noch lange nicht vorbei war.

Ich sah in Elijahs Augen, wie Unglaube und Erkenntnis gegeneinander ankämpften.
Als wollte er es nicht glauben, aber alle Tatsachen sprachen eindeutig dagegen.
„Ja, anscheinend hat dich deine Liebe blind und schwach gemacht.
Ich hatte es gewusst!
Ich hab es dir gesagt!
Sie es ein, dieses Mädchen hat dich zum Narren gehalten!“, warf ich ihm vor.
Liebe war falsch.
Liebe war verloren.
Liebe war eine Illusion.
Sie existierte nicht, nicht für uns.
Meine schlimmste Furcht war eingetreten, Katerina war weg und ein Vampir, genauso wie Helena, damit war ich für immer an diesen Fluch gekettet, der mich bannte.
Auf ewig würde ich einfach nur ein Urvampir bleiben, nie wieder ein Hybrid und das alles dank dem Verrat der beiden Schwestern.
„Sobald ich Katerina finde, werde ich sie spüren lassen, wie töricht und dumm ihr Verhalten gewesen war.
Sie wird nie wieder so etwas wie Freude in ihrem Leben empfinden.
Anfangen werde ich mit ihrer Familie.
Ich werde jeden einzelnen davon töten und wenn ich ihre Schwester in die Hände bekomme, wird sie einen Vorgeschmack auf das bekommen, was ich mit ihr anstellen werde.
Sie wird um den Tod noch betteln“, schwor ich mir.

Sie war diejenige in diesem Spiel, die nach ihrem Sieg ganz gewiss keine Freude daran haben würde.
„Nein!“, hörte ich Elijahs Stimme und ruckartig fuhr mein Kopf in seine Richtung.
„Was?“, fragte ich nach.
Aber ich sah seine Wut und wie sich seine Fäuste ballten und bei seinen nächsten Worten begriff ich was in ihm vor sich ging.
„Überlass Helena mir.“
Eine simple bitte und wenn ich an den Zorn, den auch er ausstrahlte, dachte, dann konnte ich mir ein Grinsen nicht verkneifen.
Helena würde wohl auch nicht ganz so gut mehr wegkommen und brauchte sicher keine Gnade zu erwarten.
„Von mir aus.
Machen wir es so aus.
Wer von uns die beiden findet, überlässt die eine Schwester dem anderen für seine Rache.
Du bekommst deine an Helena und ich meine an Katerina“, schlug ich vor und er nickte eisern.
Das würde anscheinend noch sehr interessant werden.
Das Spiel war zwar aus, aber die Punkte würden noch gezählt werden, Katerina.
Du und deine Schwester werdet die Folgen eher als ihr glaubt zu spüren bekommen.

Wir beschlossen unser Einverständnis mit einem Händedruck.
„Wir machen als erstes, einen Ausflug nach Bulgarien, dort werde ich ihre Familie suchen und töten.
Es ist auch gut möglich das die beiden dahin zurückkehren werden.“
Sollte sie ihre abgeschlachtete Familie dann sehen, wird ihr das sicher eine gute Warnung sein und ihr eine ungefähre Vorstellung geben, was sie in ihrer Ewigkeit zu erwarten hatte.
Grausamkeiten aller Art und Katerina konnte sich darauf verlassen, dass ich kreativ war.
Elijah wandte sich von mir ab.
„Ich werde mich darum kümmern, dass wir mit dem nächsten Schiff ablegen können“, sagte er steif und jegliche Gefühle schien er verdrängt zu haben.
Das war die Lehre für ihn gewesen, das Liebe ein Fehler war, auch wenn er es auf die bittere Tour gelernt hatte.
Es musste sein.
Wir Vampire waren für so etwas wie Gefühle nicht geschaffen wurden.
Sie machten uns menschlich und das waren wir nun einmal nicht, nicht wenn wir stark sein wollten.
Jegliche Gefühle wurden gegen uns verwendet, sodass wir es am Ende auf jedenfall immer wieder bereuen würden.
Katerina und Helena hatten uns das gezeigt, sie hatten uns das bewiesen und somit genau vor Augen gehalten.
Wie töricht Vertrauen und Liebe war.
Rückblick Ende



Kapitel 66 : Für die Ewigkeit




„Wenn dir eine Lüge nur oft genug erzählt wird, beginnst du irgendwann sie zu verinnerlichen. Du klammerst dich an sie, willst mit aller Kraft glauben, was man dir erzählt. Sie bietet dir eine Erklärung, warum dein Leben so ist wie es ist, warum die Menschen dich so behandeln, wie sie es tun. Du bist anders, falsch. Eine schlechte Erklärung ist besser als gar keine.“ (Schlangenkind)





Elenas Sicht:
Rückblick
Tränen flossen über mein Gesicht und immer wieder versuchte ich sie mir wegzuwischen.
Ich hatte mein Gesicht und mein Kleid waschen wollen, um es von dem Blut zu befreien, doch jetzt hatte ich wohl schon so oft unter meinen Augen gerieben, das es schmerzen würde und entzündet wäre, wenn ich noch ein Mensch gewesen wäre.
Aber das war ich nun nicht mehr.
Ich war ein Vampir, ein grausames abstoßendes widerwärtiges Monster, das sich von Blut ernährte, nur um weiterzuleben.
Ich nahm das kostbarste des Menschen, sein Lebenselixier, nur um selbst zu leben.
Das war einfach nur grausam und schrecklich von mir.
Ich wollte kein Vampir sein, ich wollte kein Monster sein und ich verabscheute dieses Leben, das was es aus mir machte.
Natürlich wusste ich dass es kein Zurück mehr gab, das es nichts war, das man einfach rückgängig machen konnte.
Trotzdem konnte ich mein bedauern nicht verbergen.

Doch es gab etwas, das noch erheblich viel schlimmer war, als nur das ich kein Mensch mehr war.
Der Schmerz in meinem Herzen, der so tausendfach Pumpte, dass es glaubte mich zu zerstören.
Ich fühlte so viel auf einmal.
Schmerz, Enttäuschung, Hilflosigkeit, Trauer, Verwirrung, Unglaube und noch so viel mehr.
Alles in mir stand Kopf und diese Gefühle durchwühlten mein Innerstes, kämpften um die Vorherrschaft, doch alles daran wollte mich zerstören.
Ich war Verzweifelt und ich wünschte mir Hilfe bei all dem.
Natürlich wusste ich dass ich Katerina hatte, ich hatte meine Schwester an die ich mich wenden konnte.
Aber ich wollte Elijahs Hilfe.
Doch das war etwas, das nie wieder möglich sein sollte.
Elijah war nicht hier und ich fühlte mich trotz der Anwesenheit meiner Schwester, so allein wie noch nie zuvor in meinem Leben.
Es war so schwer zu begreifen, dass er nicht mehr bei mir war.
Vor allem aber, dass all unsere Zeit eine Lüge gewesen sein sollte.
Es hatte sich doch alles so echt angefühlt, wie konnte es nur sein?

„Helena?“, hörte ich Katerinas Stimme hinter mir und auch wenn mir sonst ihre Anwesenheit immer half, war das der erste Augenblick in meinem Leben, in dem ich sie nicht sehen wollte.
Noch nie war so etwas vorgekommen.
Aber ich sagte natürlich nichts, sondern schwieg und schaute in das Wasser, das durch den abnehmenden Mond leuchtete und mir mein Spiegelbild zeigte.
„Ich weiß es ist schwer.
Ich hab Klaus auch geliebt, aber wir sind verraten wurden.
Sie haben uns nun einmal nicht so geliebt, wie wir sie.
Das ist nicht unsere Schuld.
Sie sind die Monster.“
Katerinas Worte halfen nicht, nicht eine Sekunde, was eigenartig war, da sie sonst immer halfen.
Nichts wollte meine Qualen lindern, ich fühlte mich einfach so elend.
Meine Brust schmerzte mehr denn je.

Ich spürte, wie sich die Arme meiner Schwester, um meinen Bauch legten und sie sich von hinten an mich schmiegte.
„Elijah war meine große Liebe, Katerina.
Ich weiß es.
Ich hab ihn mehr als alles andere geliebt.
Ich dachte er ist der richtige.
Wie die Geschichten die es erzählt werden, wo die wahre Liebe am Ende immer siegt, so fühle ich für ihn.
Er war meine wahre Liebe.
Ich werde nie wieder so für eine Person fühlen können.“
Da war ich mir sicher.
Mein Herz hatte sich so fest an ihn gekettet, das etwas anderes gar nicht mehr möglich war und eigentlich hatte ich gedacht, dass er genauso fühlen würde, wie auch ich.
Das ich nicht allein mit meinen Gefühlen war.
„Ich weiß, ich…“
„Hast du auch so gefühlt?“, fragte ich Katerina, weil ich mir bei ihr nicht sicher war.
Klar war sie in Klaus verliebt gewesen, nichts das ich bestreiten mochte, aber sie war schon öfters verliebt gewesen und hatte immer geglaubt er sei derjenige, der für sie bestimmt war.

Wir schwiegen und sie legte ihren Kopf auf meine Schulter.
Die Nacht hatte etwas tröstliches, aber sie bewahrte uns nicht vor schaden, man konnte sich zwar darin verstecken, doch endgültig entkommen war trotzdem keine Möglichkeit.
„Weißt du Helena, ich glaube es gibt keinen Menschen auf der Welt, der so sehr lieben kann wie du“, antwortete sie schließlich und ich hatte das Gefühl, wenn das stimmen mochte, es meine Verdammnis war und ich nie wieder von Elijah loskommen würde.
Ich spürte wie sie mir über die Arme strich und sich bei mir eine Gänsehaut bildete.
Die Kälte schien mir jetzt nichts mehr auszumachen.
Es gab viel schlimmeres, als Wetterumstände, dagegen war das doch ziemlich nebensächlich.
„Was machen wir jetzt?“, fragte sie und ich hatte ehrlich keine Ahnung.
Meine Pläne für die Zukunft hatten ganz anders ausgesehen, doch jetzt hatten sie sich in Schall und Rauch aufgelöst.
„Ich weiß nicht“, antwortete ich unentschlossen.
Eigentlich wollte ich am liebsten nur hier sein und sitzen und warten.
Darauf das Elijah kam und mich entweder tötete oder mir sagte das all das nur ein schrecklicher Irrtum war und er mich liebte.
Ich wusste dass das nicht geschehen würde, aber es war ein schöner Gedanke.

Sie vergrub ihr Gesicht in meiner Schulter.
„Vielleicht… vielleicht ist es an der Zeit nach Hause zu fahren, zu Vater und Mutter, zu unseren Brüdern.
Wir könnten sie zumindest besuchen, wenn sie uns schon nicht wieder haben wollen“, meinte Katerina und ich dachte an Zuhause.
Vor kurzen hätte ich noch gesagt, das war es.
Aber jetzt fühlte es sich nicht mehr, wie die Wirklichkeit an, wie mein Zuhause.
Da waren zwar die Menschen, die ich liebte, aber es war einfach nicht mehr genug.
„Wir könnten deine Tochter suchen, sie muss irgendwo im Dorf sein.
Wir können sie mitnehmen, wir haben jetzt die Kraft uns um sie zu kümmern“, schlug ich vor.
Anscheinend hatte ich das richtige gesagt, denn auf einmal sprang Katerina auf und war voller Leben.
„Ja!“, rief sie enthusiastisch aus. „Das machen wir!
Wir müssen nach London, zum Hafen und mit dem nächsten Schiff zurück nach Bulgarien.
Das ist es, Helena!
Wir drei können zusammen leben und wir können das Mädchen aufziehen!
Stell dir das vor, wir werden so glücklich sein, sie wird unsere Familie sein!“

Unsere Familie, sagte Katerina und ich ließ mich von ihr hochschleifen und hinterher ziehen.
Es war so absurd und auch wenn es doch eigentlich ein schöner Gedanke war und ich mir sicher nichts mehr als ein Kind wünschte, um das ich mich kümmern konnte, mochte ich doch am liebsten weinen.
Elijah, wo bist nur?
Findest du all das auch so schrecklich?
Leidest du auch so sehr wie ich?
Oder bist du vielleicht glücklich und erleichtert dich nicht mehr um mich kümmern zu müssen?
Vermisst du mich?
Vielleicht nur ein klein wenig so sehr wie ich?
Ich würde dich so gerne sehen, ich würde so gern bei dir sein, dich umarmen und küssen, deine Worte hören, das alles wieder gut werden würde.
„Mach dir keine Sorgen, Helena.
Alles wird wieder gut.
Wir beide sind zusammen und das ist es was zählt.
Wir sind Schwestern und das für die Ewigkeit.
Wir werden Ewig zusammen sein!“
Ihre Worte taten weh, sie wusste es nicht, aber ihre Worte taten mir weh.
Ich fühlte mich so einsam und verlassen, wie nie zuvor und trotzallem was geschehen könnte, wie dumm es auch sein mochte, wollte ich am liebsten zu Elijah laufen.
Doch das konnte ich nicht.
Nicht wegen der Angst, was er mir tun konnte, sondern weil ich es Katerina versprochen hatte.
Ich hatte ihr versprochen für immer bei ihr zu bleiben.
Jetzt war daraus die Ewigkeit geworden.
Für immer und ewig beieinander.
Rückblick Ende



Spezial 6: Der nie abgeschickte Brief




„Du denkst festhalten ist schwer? Glaub mir, loslassen ist schwerer!“ (Unbekannt)



Elenas Sicht:
Rückblick
Meine Hand zitterte und ich wandte mein Gesicht von dem Tisch ab, damit meine Tränen nicht auf die frisch geschriebene Tinte fielen.
Es ließ nicht nach.
Natürlich waren erst ein paar Wochen vergangen und doch hatte ich mir gewünscht, dass der Schmerz vielleicht ein wenig nach lassen würde.
Das irgendwann der Punkt kommen würde, an dem es besser sein würde.
Aber so war es leider nicht.
Ich schüttelte das Blatt Papier und faltete es dann sorgsam, um es in den Briefumschlag zu legen.
Ich schaute zu Katerina, die schlief.
Wir würden bald wieder Zuhause sein und unsere Familie sehen können.
Erst bei Nacht und vielleicht würden sie nicht gut reagieren, aber trotzdem hoffte ich auf einen guten Ausgang.
Ich hoffte eigentlich immer auf einen guten Ausgang, egal wie aussichtslos es auch aussah und wie dumm es auch war.

Aber jetzt war der Zeitpunkt gekommen, an dem ich wohl auch einmal aufgeben musste und einsehen musste, wie Sinnlos mein Hoffen und Bangen doch war.
Deswegen hatte ich diesen Brief geschrieben, nicht wirklich mit der Absicht ihn abzuschicken oder ihn irgendwo zu hinterlegen.
Einfach nur, um meine Seele ein wenig leichter zu machen und mich selbst von der Last zu befreien.
Es war alles so schwer und ich wusste nicht, wie ich meine Wunden heilen sollte.
Es schien mir in diesem Augenblick einfach nur undenkbar zu sein.
Wir wurden verfolgt, sicher waren wir uns nicht, aber wir glaubten zumindest, dass Klaus vielleicht nicht so leicht aufgab.
Er war ein sehr ehrgeiziger Mann, sodass dies einfach im Bereich des möglichen war.
Vielleicht würde er uns in unserer Heimat suchen, das konnte gut möglich sein und Elijah würde ihm natürlich helfen.
Sie waren Brüder und man hielt in solchen Fällen zueinander.
Schließlich tat ich das auch und hielt zu meiner Schwester, egal was kommen mochte.
Das hatten wir uns geschworen.

Eigentlich bestand also durchaus die Möglichkeit, wenn ich meinen Brief dort hinterlegen würde, das er ihn bekommen würde.
Aber das Problem war, das ich mich einfach nicht dazu überwinden konnte, zu dieser Entscheidung.
Ich war nicht unentschlossen, aber ich wusste, dass ich das nicht tun konnte, aber es irgendwie doch wollte.
Allerdings bestand die Angst, dass sich so all meine Zweifel am Ende bestätigen würden und dies hielt mich davon ab.
Egal was ich zu Katerina sagte und was ich tat, in meinem Hinterkopf war immer noch der närrische Gedanke, dass so viele Komponenten zusammengeflossen waren, dass sie alles völlig verdreht hatten.
Manchmal gab es all diese Zufälle, die keiner wirklich erklären konnte.
Ich schwenkte den Briefumschlag und tippte mir damit immer wieder gegen die Lippen.
In mir war immer noch dieses einzigartige Gefühlschaos, das wahrlich sehr schwer zu beherrschen war.
Den Vampir-Schalter, von dem mir Katerina erzählt hatte, wollte ich auf keinen Fall benutzen.
Ich wollte einfach nicht eiskalt sein und all meine Gefühle abstellen.
Das war ich nicht und so wollte ich auf keinen Fall jemals sein.

Was ich war konnte ich allerdings auch nicht sagen.
Vielleicht war ich tatsächlich nur ein dummes kleines Mädchen, mit träumerischen Fantasien.
Ich hatte immer gehofft, nein geglaubt, dass am Ende alles gut werden würde.
Doch so war es nicht.
Allerdings hatte ich nun die Ewigkeit vor mir und diese hatte als solche gar kein Ende.
Also musste ich vielleicht einfach nur abwarten.
Das Ende war noch lange nicht und keiner konnte es bestimmen.
Ich wusste nicht was mich erwartete, nur das diese Schmerzen mich begleiten würden, da ich nicht die Kraft und auch nicht den Mut hatte ihnen entgegenzuwirken.
Ich steckte den Brief in meine Tasche und beschloss ihn nirgends für Elijah zu hinterlassen.
Irgendwie konnte ich das nicht.
Ich legte mich zu meiner Schwester und hieß den Schmerz der Nacht willkommen, denn nichts anderes erwartete mich in meinen Träumen.
Kein Frieden, nur Trauer und Verzweiflung meinerseits.




Liebster Elijah,

Ich will das alles nicht glauben.
Das was passiert ist.
Ich wünschte du würdest vor mir stehen und sagen all das wäre ein Lüge.
Das du mich liebst und alles ein verdrehtes Missverständnis ist und wir nur aneinander vorbei gelaufen sind.
Aber… aber ich habe Angst.
Solche Angst und diese überwiegt ganz einfach.
Sie lässt mich an das schlechteste glauben und gibt meiner Schwester recht.
Angst, nicht vor dem was du tun könntest, sondern Angst, dass all das die Wahrheit ist.
Deswegen versuch ich damit zu leben, egal wie schmerzhaft es auch ist.
Ich akzeptiere es ganz einfach, ohne es genau zu wissen, so findet mein Kopf noch einen Hinterausgang und es zerstört mich nicht ganz.
Du liebst mich nicht und das ist in Ordnung.
Als Mensch bin ich bedeutungslos für dich und es wäre sinnlos auf mich Rücksicht zu nehmen.
Obwohl eigentlich ist es nicht in Ordnung, ganz und gar nicht.
Ich hab dich so geliebt, ich liebe dich so sehr, es tut weh und schmerzt und zu wissen, dass all das eine Lüge war, es reißt mich auf.
Es ist als würde es alles von mir nehmen, mein ganzes Glück.
Wieso?
Wieso hast du das alles getan?
Wieso hast du dich so um mich bemüht, nur wenn jetzt alles eine Lüge ist?
Wenn unsere Liebe gar nicht echt gewesen ist, zumindest nicht für dich.
Aber für mich war es echt, jedes Wort das ich zu dir gesagt habe, hab ich immer so gemeint, ich war immer ehrlich zu dir und wenn dann hab ich höchstens untertrieben.
Du warst alles für mich und ich wünsche mir so sehr, dass du genauso fühlst wie ich.
Wieso ist es das nicht?
Wie kann es sein, das all diese schönen Momente zwischen uns nicht wahr sein sollen?
Es hat sich doch so echt an gefühlt, so gut.
Ich kann es nicht wirklich begreifen, dass es nicht nur einfach vorbei sein soll, sondern dass all das nicht einmal Wirklichkeit gewesen ist.
Aber meine Schwester hat es mir gesagt und egal wie sehr es mich auch zerstört, ich glaube ihr, dass sie die Wahrheit sagt.
Es bringt mich innerlich um und es wird dir egal sein.
Deswegen werde ich weglaufen, Elijah.
Ich werde auf ewig vor dir weglaufen, wie sehr ich dabei auch hoffen mag, das du mich einholst und mir sagst, dass das alles ein Missverständnis ist.
Es sind nur die Träume eines dummen kleinen Mädchens.
Vermisst du mich?
Vielleicht nur ein klein wenig?
Nur ein bisschen?
Ich vermisse dich so sehr, Elijah, ich wünsche mir in jedem Augenblick dass du bei mir bist.
Ich kann dich nicht hassen und werde es auch nie tun.
Egal was du mir angetan hast, es ist mir einfach nicht möglich solch ein Gefühl für dich zu empfinden.
Ich hoffe dir geht es gut, ich weiß es ist dumm.
Du wirst über mich lachen.
Das dumme kleine Mädchen, das sich auch noch wünscht, das es dir gut geht, bei dem was du mir angetan hast.
Aber es ist die Wahrheit.
Ich liebe dich und werde dich auf immer lieben, deswegen will ich dass es dir gut geht.

Ich fange jetzt an wegzulaufen, mit meiner Schwester und akzeptiere mein Schicksal, wie es auch kommen mag.
Auf ewig und für immer,
gehört dir meine Liebe.
Helena



Rückblick Ende



Kapitel 67: Verdrängen




„Ab da konnte ihr Lächeln meine düsteren Gedanken nicht mehr erreichen.“ (Detektiv Conan)





Elijahs Sicht:
Rückblick
Ich war in ihrem Zimmer und konnte förmlich spüren, wie auch sie hier war.
Ich roch ihren einzigartigen Duft und malte mir Fantasien aus, wie sie durch die Tür hinein kommen würde und verdutzt fragen würde, was ich denn in ihrem Zimmer machte.
Aber egal wie sehr es gegen den Anstand sprach, sie wäre froh, dass ich hier bei ihr wäre und würde mich umarmen.
Dann könnte ich ihr ins Ohr flüstern wie sehr ich sie liebte und sie würde es erwidern.
Lüge!
Alles war nur eine gottverdammte Lüge!
Sie war nicht hier, sie war einfach abgehauen und hatte alles zurückgelassen.
Sie war nicht mehr hier und sie würde auch nicht mehr zurückkommen, egal wie sehr ich es mir auch wünschte.
Was wäre, wenn sie es tun würde?
Wenn sie einfach wieder hier auftauchen würde?
Egal wie sehr ich mir einzureden versuchte, dass ich wütend auf sie wäre, vielleicht würde ich sie einfach nur in die Arme schließen und nie wieder gehen lassen.
Ich schaute zu der Kommode, an der sie sicher jeden Tag ein oder zweimal gesessen hatte.

Erinnerung
Zögernd klopfte ich an die Tür und es erklang ein „Herein“.
Sofort kam ich der Aufforderung entgegen und trat in das Zimmer von Helena ein.
Sie saß an der Kommode und kämmte sich die Haare. Sie sah so schön aus in diesem Moment, das ich es nicht beschreiben mochte, da ich Angst hatte, das Bild so zu zerstören.
Als sie aufblickte und mich durch den Spiegel entdeckte, legte sie ihre Bürste weg und drehte sich freudig zu mir um.
Ihr Gesicht erstrahlte fröhlich und das wegen mir.
„Elijah“, sagte sie glücklich und stand auf.
Ich liebte es wenn sie meinen Namen aussprach und wie sie es tat. Aus ihrem Mund klang es einfach unvergesslich.
Sie schien auf mich zuzulaufen zu wollen, stoppte dann aber und trat zögernd mit einem Fuß auf den anderen, was ich mich dazu brachte, über ihre Schüchternheit zu lächeln.
Ich hielt ihr meine Hand hin.
„Verzeih dass ich dich zu dieser Stunde störe, aber ich möchte dir gern etwas zeigen und das geht nur um diese Uhrzeit“, erklärte ich ihr und sie legte ihre kleine zierliche Hand in meine.
Ich spürte das Vertrauen das sie in mich hatte und war ihr dafür dankbar.
Ich konnte es nicht fassen dass ich so einen Engel verdient hatte.
Erinnerung Ende

Ich hatte ihr in dieser Nacht, die Sterne gezeigt, die man nur zu dieser Jahreszeit hatte sehen können und sie hatte mir aufmerksam und interessiert zugehört.
Bei Helena wusste ich, dass es echt war, das sie nicht nur einfach ein Mädchen war, das so tat, als würde sie es interessieren, sondern das sie es wirklich so meinte.
Aber jetzt war ich mir nicht mehr so sicher.
Welchen meinen Erinnerungen konnte ich noch Glauben schenken?
In welchen hatte sie gelogen?
Sie konnte mich nicht geliebt haben, nicht so sehr wie ich es tat zumindest, sonst wäre sie noch hier.
Ich wollte das alles nicht mehr, ich wollte das alles nicht mehr sehen.
Aber jede Kleinigkeit erinnerte mich nun an sie und egal wie weit die Handlung von der Ursprünglichkeit entfernt war, irgendwie fand ich Helena in allem was ich tat und sah wieder, als würde sie mich verfolgen.

Ich schloss meine Augen und versuchte zu vergessen, was sie gesagt hatte, denn es schmerzte nur, wenn ich mir vor Augen führte, dass es sowieso nicht wahr war.
‚Ich liebe dich, Elijah‘, hörte ich ihre Stimme und es brachte mich um.
Ich wollte etwas umschmeißen, etwas zerstören, wie Klaus es getan hatte.
Aber ich konnte es nicht, ich konnte ihr Zimmer nicht verwüsten, wie es bei Klaus bei Katerina und vielen anderen Dingen getan hatte.
Irgendwie erinnerte mich immer alles wieder daran, wie sehr sie es liebte und schöne Erinnerungen stiegen meinen Kopf, ohne dass ich es verhindern konnte und auch nur wollte.

Erinnerung
„Gefällt dir überhaupt das Zimmer?“, fragte ich das nach, weil mir auffiel das ich sie das noch nicht gefragt hatte.
Eigentlich war das ja eine Stadtfrage, aber wir beide hatten es nicht so mit Floskeln.
Wir unterhielten uns wirklich viel, keine Frage, aber immer über ernsthafte Themen und nicht etwas unwichtiges, was im Grunde genommen sowieso niemanden interessierte und man die Frage nur aussprach, weil es sich so gehörte.
Sie drehte sich zu mir und lächelte mich glücklich an.
„Natürlich, es ist wunderschön.
Ich mag alles daran, besonders die Fenster und der Ausblick nach draußen“, erzählte sie mir und ich erwiderte ihr Lächeln automatisch.
Alles was sie glücklich machte, das machte mich nun automatisch auch glücklich.
Es war wie verhext.
Eine eigenartige Sache.
Ich bot ihr meinen Arm an und sie harkte sich bei mir unter.
„Dann wollen wir uns mal zum Essen begeben und unsere Geschwister nicht allzu lange warten lassen“, meinte ich.
Sie hatte noch etwas auf ihr Zimmer bringen wollen, vor dem Essen, da wir den ganzen Tag draußen gewesen waren und so hatte ich sie begleitet.
Die Wahrheit war natürlich, dass ich jede Ausrede benutzte, um bei ihr sein zu können.
Erinnerung Ende

Dumm, dumm, dumm.
Das war eine lächerliche blöde Erinnerung, die vollkommen unwichtig und nicht wirklich bedeutungsvoll, markant oder wichtig war.
Es war einfach nur eine langweilige Erinnerung, eine von vielen.
Es gab viel schönere, wieso musste ich mich an sowas banales erinnern?
Wieso musste ich mich überhaupt an sie erinnern?
Ich konnte meine Gefühle nicht einfach abstellen, das war mir nicht vergönnt, aber dafür konnte ich mich zumindest den Gefühlen hingeben, die ich wollte.
Und ich entschied mich für die Dunkelheit.
Die Finsternis, die mich aufzusaugen versuchte.
Ich verließ den Raum von Helena mit seinen vielen Erinnerungen und ließ ihn hinter mich.
Ich ging durch die Flure hinaus.
Wut, Zerstörung, Zorn, Hass und Kälte.
Ich übergab mich diesen Gefühlen freiwillig und würde zusehen, zu welchen Handlungen sie mich verleiten würden.

Dabei ignorierte ich die Illusion hinter mir, die mir Schritte vorgaugelte.
Die mir Arme vorgaugelte, die mich von hinten umarmten.
Die mir in Helenas Stimme zuflüsterten, dass sie mich liebte.
Ich konnte es nicht glauben, es war nicht echt und deswegen konnte niemand wütend sein, wenn ich es nun war.
‚Nein‘, rief Helenas Stimme. ‚Bitte tu es nicht.
Ich flehe dich an, Elijah, bitte tu es nicht.
Hör mir zu, bitte hör mir doch zu.
Ich liebe dich.
Bitte erinnere dich, ich liebe dich‘, musste ich ihre Lügen noch weiter ertragen, obwohl sie nicht einmal mehr da war.
War das rückwirkende nicht schon schlimm genug?
Doch mit jedem Schritt, verblasste das gute Gefühl immer mehr und ich konnte nun zu dem werden was ich wirklich war.
Ihr Lächeln verblasste immer mehr und ich verbannte es aus meinem Herzen, während ich spürte, dass ich zu dem wurde, was ich wirklich war, ein Wesen der Finsternis.
Jetzt hatte ich nichts mehr, das mich zurückhielt.
Rückblick Ende



Kapitel 68: Ewig weglaufen




„Von allen Tieren ist der Mensch das Einzige, das grausam ist. Keines außer ihm fügt anderen Schmerz zum eigenen Vergnügen zu.“ (Autor unbekannt)



Katherines Sicht:
Rückblick
Es war dunkel, denn Helena und ich konnten nur in der Nacht reisen, die Sonne würde uns andernfalls verbrennen.
Nein, eigentlich würde sie nur mich verbrennen, wir hatten festgestellt, dass sie meiner Schwester nichts ausmachte, wegen der Kette, die sie um den Hals trug.
Wir hatten vor auch für mich so eine Kette zu besorgen, sobald wir eine Hexe finden würden.
Es war sehr praktisch, das zumindest Helena sich im Sonnenlicht bewegen konnte, so fielen wir weniger auf und sie hatte einfach sagen können, dass ich krank war oder sie hatte sich auch ein paar Mal für mich ausgeben können.
Es fiel einfach weniger auf.
Außerdem hatte sie einmal das Zimmer für mich abdunkeln können, sodass die Sonnenstrahlen mich nicht erreichten.
Wir hielten vor dem Haus mit den Pferden und stiegen ab.
Die Kutsche war umgeworfen und ein paar unserer Angestellten lagen tot auf dem Boden, dabei war auch ein kleiner Junge.
Ich erkannte ihn, ich hatte ihn als Baby öfters auf den Armen gehabt.
Entsetzen packte mich und die tiefe Erkenntnis, als ich auf das Haus blickte.
Er war hier gewesen.
Klaus war hier gewesen.

Schnell packte ich meinen Rock und lief zum Haus, wie auch Helena, die mir schnell folgte.
Ich wollte nach oben laufen, doch die Stimme meiner Schwester hielt mich auf.
„Katerina“, flüsterte sie und ich wusste nicht welche Gefühle in ihrer Stimme mitschwangen, doch die Stimmlage gefiel mir eindeutig nicht.
Sie erfasste mein Herz mit etwas schrecklichen, als ich mich umdrehte und in das entsetzte Gesicht meiner Zwillingsschwester blickte.
„Hattest du nicht etwas von einem Hausschutz erzählt?
Dieser muss doch wirken.
Nur bei Gaststätten nicht, bei einem Haus bewohnt von übernatürlichen Wesen und bei leer stehenden…“
Sie beendete den Satz nicht und das brauchte sie auch nicht.
Ich hatte es bereits verstanden, schnell drehte ich mich wieder um und hoffte, dass Trevor zumindest in diesem einen Punkt gelogen hatte.
Ich lief hinaus, aber überall kreuzten mich die Leichen unserer Angestellten.
Nein, nein, nein.
Bitte nicht.
Wir waren doch so schnell hier gewesen.
Das durfte nicht sein, das konnte nicht sein.

Ich lief in das Schlafzimmer meiner Eltern, die Tür stand offen und ich erschreckte mich zu Tode, als ich hinein kam.
Meiner Vater, er hang an der Wand, mit dem Schwert aufgespießt.
Dann fiel mein Blick auf das Bett, wo meiner Mutter lag und ihr Nachthemd war blutend.
„Nein, nein, nein.
Mama“, rief ich und lief zu ihr, aber sie war tot.
Sie war tot und mich packte diese Erkenntnis wie ein Tornado.
Weinend brach ich über ihr zusammen und sah neben den Bett, eine ihre Magd, ebenfalls tot.
Überall war das Blut zusehen und durchtränkte die weißen Nachthemden und Laken.
Der Geruch lockte mich nicht einmal.
„Nein, nein!“, nuschelte ich verzweifelt und versuchte meine Mutter zu schütteln, auch wenn es sinnlos war.
Ich wollte dass sie wieder aufwachte.
Doch das tat sie nicht und ich weinte, ich weinte wie nie zuvor in meinem Leben.
Ich griff nach ihrem Hemd und da kreuzte etwas anderes meine Hand, etwas das kein Stoff vor und ich sah es mir an.
Ein Zettel.



Ich hoffe du fandest mein Geschenk eindrucksvoll.
Ein Vorgeschmack auf das was dich erwartet.
Elijah und ich werden euch finden, wo immer ihr euch auch versteckt.
Du solltest wissen, Katerina, die Punkte werden erst nach dem Spiel gezählt.

Klaus



Entsetzt sah ich den Zettel an und zerknüllte ihn in der Hand.
Klaus.
Ich hatte es gewusst.
Er war es gewesen.
Entsetzt sah ich mich um.
Überall Leichen.
Was hatte ich nur getan?
Ich hörte das Schluchzen meiner Schwester und stand panisch auf.
Sie war in einen ganz anderen Raum und mich packte das Grauen, als ich in diesen Raum eintrat.
Da lag Gabriel, im Türrahmen und ich musste über seine Leiche hinweg steigen.
Seine goldblonden Haare, waren mit dem roten Blut durchzogen und er schien durch die Verletzung am Kopf gestorben zu sein.
Ein Schwert lag nicht unweit von ihm.
Am Bett lehnte die Leiche unseres anderen Bruders, ein Schwert in der Hand und die Wunde klaffte an seinem Herzen, obwohl ich nicht glaubte, das er das noch besaß, denn an seiner Brust war ein großes Loch.
Meine armen tapferen Brüder.

Ich drehte mich zur Seite und da lag die Leiche von Christoph, sein Kopf nicht unweit neben ihn, sah er mich mit leeren Augen an.
Das Herz von Philipp lag in seiner Hand, auf seiner Brust.
Ich trat in den Raum hinein, denn meine Schwester saß dort in der Ecke und hatte die Leiche unseres jüngsten Bruders in den Armen.
Sie beide waren Blut überströmt.
Helena hatte David an ihre Brust gedrückt und weinte.
Bitterlich und schrecklich.
Schuld.
Das war alles meine Schuld.
„Er ist noch warm“, hörte ich sie flüstern und ein kalter Schauder durchlief meinen ganzen Körper.
„Er ist noch nicht lange tot. Sein Körper ist noch warm“, sagte sie, als ob das etwas ändern würde.
Unser kleiner Bruder.
David.
Er war doch noch so jung.
Er war doch immer so unschuldig gewesen.
Ich machte den Mund auf, doch kein Wort verließ meine Lippen.
Ich wartete darauf, dass sie mich anschrie. Das Helena mir sagte, wenn ich all das nicht getan hätte, das sie noch leben würde und sie hätte recht.
So war es.
Wenn ich nicht so sehr dafür gekämpft hätte, dass Helena und ich lebten, dann wäre das nicht geschehen.
Wenn ich selbstlos gewesen wäre und mich geopfert hätte.
Wenn ich nicht egoistisch gewesen wäre und Helena zurückgehen lassen hätte.
Dann wäre all das nicht geschehen.

„Wir können Magarete nicht holen, Katerina.
Das dürfen wir nicht.
Wenn Klaus von ihrer Existenz auch nur erfährt, wird sie das schlimmste erwarten.
Das können wir ihr nicht antun“, flüsterte Helena und damit hatte sie recht.
Das durften wir tatsächlich nicht tun, niemals.
„Helena“, flüsterte ich zurück, aber sie blickte nicht auf.
Sie strich zaghaft durch das Haar unseres Bruders, als würde er nur schlafen.
„Wir müssen fort von hier.
Das war Klaus.
Er hat mir geschrieben, das er und Elijah uns jagen werden und wenn er das hier gewesen ist und in seinem Zorn alle umgebracht hat, dann war das noch lange nicht das Ende.
Wir müssen schnell hier weg, denn Elijah ist eindeutig cleverer und er wird wissen dass wir hierher kommen werden.
Klaus will uns vielleicht im Moment nur leid antun, aber Elijah will uns fangen.
Wir müssen hier weg“, sagte ich eindringlich, wenn auch ziemlich neutral.
Sie nickte leicht, bewegte sich aber nicht.
„Wir können sie nicht einmal begraben.
Wir haben nicht einmal die Möglichkeit, die Zeit dafür, sie anständig zu begraben.
Dabei ist das hier unsere Schuld.“
Mich trafen ihre Worte wie ein Schlag.
Sie sagte unsere Schuld.
Wieso tat sie das nur?
Es war doch eindeutig meine Schuld, nicht ihre.
Wieso nahm sie die Last mit sich auf?
Ich verstand sie nicht, wie immer verstand ich meine kleine Schwester nicht. Ich konnte nicht verstehen, dass es einen Menschen gab, der so gut war wie sie.
Ich hielt ihr meine Hand hin.
„Komm, wir müssen weglaufen.
Wir müssen auf ewig weglaufen, Helena“, sagte ich und das war etwas, das ganz allein meine Schuld war und das brauchte niemand auszusprechen.
Ich wusste es.
Rückblick Ende



Spezial 7: Der letzte Tag




„Ich erinnere mich daran, wie sie einmal gesagt hat, dass alles andere egal sei, wenn man verliebt ist, und wie sie dabei klang, als meinte sie das ernst. Ich habe darauf etwas Lustiges entgegnet, natürlich, aber eigentlich gedacht, dass das ein sehr guter Gedanke ist, den man nur nicht laut aussprechen sollte.“ (Mark Lindquist - Sad Movies)



Elijahs Sicht:
Rückblick
Ich versuchte mich zusammenzureißen und nicht daran zu denken, was heute für ein Tag war.
Es war leichter für mich, wenn ich Helena ansah.
Ich wollte jede Minute heute mit ihr verbringen, noch mehr als sonst.
„Was willst du heute machen?“, fragte ich sie und sie sah mich neugierig an, zuckte dann aber lächelnd mit den Schultern.
Anscheinend war es ihr egal.
„Irgendwas, einfach nur mit dir zusammen sein“, sprach sie genau das aus, was ich auch gedacht hatte.
Das war es auch, was ich wollte.
Einfach nur mit ihr zusammen sein.
„Wollen wir zusammen picknicken?“, fragte sie mich fröhlich, anscheinend gefiel ihr die Idee.
Lächelnd nickte ich und glücklich nahm sie meine Hand.
Ich wollte heute alles tun, was sie zufrieden und froh machte.

Wir gingen in die Küche und suchten etwas Essen zusammen, was wir mitnahmen.
Als wir alles zusammen haben nahm sie meine Hand und wir gingen nach draußen.
Etwas weiter weg, aber immer noch auf dem Grundstück war ein Teich, der künstlich angelegt wurden war.
Man konnte auf einen Steg darüber gehen und auf der Mitte hielten wir an, legten eine Decke hin und setzten uns.
Helena ließ ihre Beine baumeln und streckte ihre Hand hinunter um das Wasser zu berühren.
Schnell zog sie ihre Hand zurück, als ihre Fingerspitzen die Wasseroberfläche berührt hatten.
„Es ist kalt“, meinte sie lächelnd und ich setzte mich neben sie.
Sie legte ihre Finger in meinen Nacken und ich spürte die Kalte Feuchtigkeit.
Allerdings hinterließ es keinen kalten Schauder, sondern ein brennen von ihrer Berührung.
Lächelnd legte sie den Kopf schief.
„Stimmt“, gab ich ihr recht und nahm die Hand in meine, mit der sie mich berührt hatte.
Ich strich über ihre Finger, als könnte ich so die Feuchtigkeit davon lösen.

Leicht kicherte sie und legte dann ihren Kopf auf meine Schulter.
Ich mochte es, wenn sie mir so nahe war.
Mehr als bei jeden anderen fühlte ich mich bei ihr menschlich.
„Gefällt es dir hier?“, fragte ich und sah dann zu ihr hinunter, ihr Blick schweifte in die Ferne und ich wusste nicht, ob sie wirklich mit ihren Gedanken anwesend war.
Manchmal war sie wirklich schwer zu lesen, sodass ich nicht wusste was genau in ihr vor ging.
„Meinst du diesen Ort hier?
Oder vielleicht allgemein hier bei euch?“, fragte sie nach.
Ich antwortete ihr nicht, aber wenn sie so fragte, dann hätte ich tatsächlich auf beides gerne eine Antwort gehabt.
„Es ist wunderschön hier, Elijah.
Der Ort ist toll und generell, naja… du bist hier, das macht jeden Ort schön.
Allerdings regnet es sehr oft hier, das ist nicht wirklich toll.
Wenigsten regnet es heute nicht“, meinte sie und brachte mich dazu zu lächeln, auch wenn ich nicht genau wusste wieso.
Vielleicht war es diese nicht wirklich wichtige Aussage, dieses unwichtige Thema Wetter.
Alles Belanglose und eigentlich unwichtige, schien durch sie interessant zu sein, ich wusste auch nicht wie sie das machte.

„Hier kann es wirklich manchmal ziemlich öde sein, besonders durch dieses schreckliche Wetter“, stimmte ich ihr zu und streichelte ihr, durch ihr langes Haar.
Ich küsste sie auf den Kopf.
„Ist doch egal.
Es ist alles egal“, meinte sie heiter.
Amüsiert runzelte ich die Stirn.
„Alles ist egal?“, fragte ich erheitert nach.
Das war keine typische Aussage von ihr, ihr waren viele Dinge wichtig.
„Wusstest du das nicht, Elijah?
Alles ist egal, wenn man verliebt ist.
Das ist so eine Art Gesetz.“
Ich konnte nicht anders als auf ihre fröhliche Aussage zu lachen und küsste sie noch einmal auf den Kopf.
„Das klingt gut, dann können wir uns das schöne Wetter einfach denken“, schlug ich vor und ich sah wie sie sofort darauf die Augen schloss.
„Sie Sonne strahlt auf uns herab.
Der Steg auf dem wir hier sitzen führt mitten auf den weiten Ozean hinaus.
Dieser ist so weit, das man das Ende gar nicht sehen kann und wenn wir zurückblicken sehen wir den heißen Sand, der so warm ist, das er die Füße nach dem Eisbaden kühlen könnte“, malte sie sich aus und lächelnd schloss ich wie sie die Augen und stellte es mir vor.

Wenn ich mich stark hineinversetzte, konnte ich die Wärme fast spüren.
„Du läufst herum und ziehst mich mit, wir fallen in den Sand und lachen.
Du schließt die Augen, weil die Sonne dich blendet und ich wünsche mir das der Augenblick nie vergeht“, spinne ich die Geschichte weiter.
„Dann werde ich dich im Sand vergraben, weil du so ruhig liegen bleibst und bau eine Sandburg über dich“, meinte sie erheitert und die Vorstellung war irgendwie verrückt und peinlich.
Ich runzelte die Stirn, konnte mir aber das Lächeln nicht verkneifen.
„Wieso?“, fragte ich leicht empört.
„Naja, weil du das bei mir nicht machen würdest.“
Sie sagte so als wäre es selbstverständlich und als würde es tatsächlich eine Antwort auf meine Frage geben.
Natürlich hatte sie recht, ich würde sowas niemals machen.
Ich verschlang ihre Finger mit meiner und sah auf unsere Hände.
Ich spürte die Wärme ihres Körpers gegen meinen und wünschte mir, dass ich sie so vor allen Dingen des Lebens beschützen könnte.

Ich verbot mir alle Gedanken an die Zukunft, weil der heutige Abend noch nicht geschrieben war.
Er stand noch in den Sterben und obwohl Klaus einen konkreten Plan hatte, wusste ich nicht, ob ich in der Lage war mich daran zu halten.
Wie konnte ich Helena, den Menschen nehmen, der sie ein Leben begleitet hatte und der ihr so wichtig war.
Ich konnte ihr nicht die Erinnerung an ihre Schwester nehmen, das wäre einfach nur grausam.
Als ich spürte wie Helena mir ins Ohr pustete, wachte ich wieder aus meinen Gedanken und schon wieder brachte sie mich so zum lächeln.
Wie schaffte sie das nur?
„Hast du Hunger?
Ich schon“, flüsterte sie fröhlich und ich ließ mich mit ihr nach hinten fallen.
Helena schaffte es den Korb zu greifen, ohne aufzustehen, aber sie strengte sich sichtlich an, ihn mit ihren ausgestreckten Arm zu erreichen.
Als wollte sie sich lieber unnötig anstrengen, als aufzustehen und von mir los zu kommen.
Sie fischte ein belegtes Brot heraus und reichte es mir, so wie sie für sich eines herausholte.

Ohne auf Manieren zu achten, aßen wir im liegen und sahen hinauf in den Himmel, der ziemlich grau aussah, aber wenn ich die Augen schloss, dann konnte ich mir die Sonne vorstellen, die wir uns beide ausgemalt hatten.
Ob es so einen Ort wirklich gab?
Ob wir ihn irgendwann sehen würden?
Ich stellte mir vor wie Helena lachend durch den Sand lief, wie ihre Haare und ihr Kleid im Wind wehten, wie sie zurück zu mir sah und mich anlächelte.
Nichts konnte schöner und friedvoller sein, als so ein Augenblick.
„Wieso seid ihr hier nach London gereist?“, fragte ich sie.
Schon lange fragte ich mich, welcher schicksalhafte Gedanke sie auf diesen Ort gebracht hatte.
„Unsere Mutter ist doch hier in England aufgewachsen und sie hier in London hat sie zwar nicht gelebt, aber unsere Eltern hatten hier geheiratet und lebten hier ein paar Wochen, bis sie zurück in die Heimat meines Vaters reisten“, erklärte sie mir.
Ich sah zu ihr, wie sie nachdenklich auf ihr Brot schaute.
„Meine Eltern haben nicht aus Liebe geheiratet, aber meine Mutter hat gesagt, wenn es eine Zeit gab, das sie glücklich war, mehr als sonst und wohl mit ihm, dann meinte sie, dass es hier war, am Anfang“, präzisierte sie ihre Erklärung.

Kein Wunder warum Helena sich mehr wünschte, wenn ihre Eltern sich nicht wirklich geliebt hatten, wünschte sie sich das natürlich.
Sie musste wohl sehen, wie unglücklich ihre Mutter war, vielleicht auch ihr Vater.
Sie aß ihr Brot auf, wie auch ich meines und wir vermieden den Blick in den düsteren Himmel, sahen uns lieber gegenseitig an.
„Weißt du, das ist unser Vorteil.
Wir werden an jedem Ort glücklich sein“, meinte sie dann irgendwann und sah zu mir herüber.
Unsere Finger hatten wir wieder ineinander verflochten und schaukelten jetzt unsere Arme zwischen uns hin und her.
„Weil wir uns lieben und so alles egal ist“, erwiderte ich und sie nickte lächelnd, als freute sie sich, dass ich es verstanden hatte.
Ich hoffte so sehr das sie recht hatte.
Aber das würde sich leider erst nach dem heutigen Tag zeigen und ich hatte irgendwie Angst, dass etwas Schlimmes passieren würde.
Auf einmal sah ich schreckliche Bilder, wenn ich die Augen schloss, wie ich sie verlor.
Deswegen hielt ich meine Augen offen, sah sie an, aus Angst sie zu verlieren.
Das sie mir vielleicht entgleiten konnte, wenn ich nur einmal nicht hinsah.
Ich durfte sie nicht verlieren, ich konnte das nicht.
Ich würde es nicht überleben.
Sie war alles was gut in mir war, sie machte mich menschlich, sie machte mich glücklich.
Rückblick Ende



Kapitel 69: Aneinander vorbei




„Manchmal hasst man den Menschen am stärksten, den man am meisten liebt, weil er der Einzige ist, der einen wirklich verletzten kann.“ (Schlangenkind)



Elijahs Sicht:
Ich wusste nicht genau was von meinen Gefühlen überwog.
Entweder der Hass, den ich gegenüber Helena fühlte oder die Eifersucht, die mich ganz klar durchzuckte, als ich sie mit diesen Jungen sah.
Ich erkannte ihn ganz genau, es war der Junge den ich doch nicht verwandelt hatte, wegen der Inschrift in seinem Hemd.
Ironie des Schicksals nannte man das wohl, ich hatte Helena finden wollen und hatte die Lösung fortgeschickt, mir aus den Händen entgleiten lassen.
Nicht nur das, ich hatte ihr auch noch unbeabsichtigt einen Gefallen getan.
Ich sah wie ihre Augen funkelten, wenn sie diesen Jungen ansah, sie wirkte so lebendig und es machte mich traurig, das nicht ich dafür verantwortlich war.
Dabei wollte ich doch eigentlich dass sie litt, das war es was ich gewollt hatte und jetzt machte es mich traurig, dass sie nicht wegen mir glücklich war?
Meine Gefühle waren echt verdreht?

Aber ich konnte es nicht ändern.
Da kämpften mein Zorn und meine Eifersucht gegeneinander und ich wünschte mir den jungen Mann, mit dem sie immer wieder tanzte und irgendwann nach draußen verschwand, in Fetzen zu zerreißen, dafür das er sie berührte.
Wer hatte sich diese Folter nur ausgedacht?
Das Liebe und Hass so sehr verknüpft war, das die Grenze zwischen ihnen so schwer zu erkennen war.
Ich hasste Helena so sehr, wie ich sie früher geliebt hatte.
„Ich denke, ich werde einmal nach draußen gehen und frische Luft schnappen“, hörte ich Katerina zu ihrer Begleitung sagen und nahm das als meine Chance war.
Dort werde ich meinen Ansatz setzen, denn Helena liebte ihre Schwester und würde mitleiden, für all das was ich ihrer Schwester zustoßen würde.
Wenn sie also verschwand, würde die Sorge sie sicher fertig machen und dann wäre es aus mit ihrem Glück.
„Nein, Stefan.
Ich werde allein gehen.
Ich brauche ein wenig Ruhe.“
Keine Zeugen, das machte die Sache noch viel einfacher.
„Sicher, Miss Katherine.
Wie sie wünschen“, antwortete der Junge und ich folgte Katerina, als sie nach draußen ging.
Ich nahm einen anderen Ausgang und beobachtete wie sie gedankenverloren über die Blätter eines Straußes strich.
„Katerina, du machst es mir wirklich einfach“, sagte ich und sie zuckte erschrocken zusammen und drehte sich zu mir um.

Als sie mich erkannte, konnte ich sehen wie sich ihre Augen angsterfüllt weiteten.
„Elijah“, entfuhr es ihr entsetzt und sie wich ein paar Schritte zurück. Sie tat gut daran Angst vor mir zu haben.
„Das du dich fürchtest zeugt von gesunden Verstand“, lobte ich sie spöttisch.
Zumindest besaß sie noch etwas davon, als sie Klaus verraten hatten, war ich mir da nicht wirklich so sicher gewesen.
„Es tut mir leid“, flüsterte sie, aber keine ihrer Entschuldigungen konnten was daran ändern. Eigentlich war ich auch weniger auf sie wütend, als auf Helena.
„Das mit Helena.“
Nun stutzte ich, aber ich ließ mir meine Verwirrung nicht anmerken, damit sie weiter sprach, denn ich hatte ehrlich keine Ahnung wovon sie redete.
„Das ich sie dir weggenommen habe und ihr gesagt habe das du sie ausnutzt und sie nicht wirklich liebst. Aber ich wollte nur meine Schwester nicht verlieren. Ich weiß das war egoistisch, denn so hast du sie verloren.“
Die Erkenntnis traf mich wie ein Blitz und die Zweifel und die ungeklärten Dinge lösten sich durch Katerinas verzweifeltes Geständnis.
Nun endlich verstand ich, was geschehen war.
Ich sah Katerina in die Augen, sie hatte wirklich Angst.
Aber das sollte sie nun auch.
Ihre Worte warfen alles um.
Das hatte ich nicht gewusst.
Ich dachte Helena hatte mich verraten.
Aber es war Katerina.
Es war immer nur ihre Schwester gewesen. All das war ihre Schuld.
Durch sie hatte ich Helena verloren.

In Vampir-Geschwindigkeit trat ich vor sie und drückte ihre Kehle zu. Genau sah ich ihr in die Augen und manipulierte sie, damit sie mir die Wahrheit sagte.
„Was hast du ihr genau gesagt?“, fragte ich nach.
Zum ersten Mal sah ich die Geschichte nun aus diesem Blickwinkel. Dass Helena nicht die Verräterin war, sondern so unschuldig, wie sie mir immer in Erinnerung gewesen war.
„Das sie dich nicht richtig kennt, weil du ihr nicht gesagt hast das du ein Vampir bist und das du all ihre Träume zerstört hättest und sie zu deinem Leben gezwungen hättest.
Das bedeutet, wenn man so egoistisch ist, das man denjenigen dann nicht wirklich liebt. Du hättest sie verwandelt, wenn ich geopfert werden solltet und ihr dann ihre Erinnerungen an mich genommen“, gab sie mir die Wahrheit wieder und ich musste mich zwingen sie nicht auf der Stelle zu töten.
Sie war es gewesen.
Sie hatte uns belauscht und sie hatte dafür gesorgt dass ich und auch Klaus alles verloren hatten. Durch sie hatten wir uns zerstritten.
Natürlich war ein Teil davon wahr, aber sie hatte Helena eingeredet dass ich sie nicht wirklich liebte und alles eine Lüge war, das was auch ich immer gedacht hatte.
Sie hatte die Dinge so verdreht, dass sie eine ganz andere Bedeutung bekamen, als es ursprünglich beabsichtigt war.
Das war unverzeihlich.
Mein Hass und die Wut, die sich in all den Jahrhunderten auf Helena angestaut hatten, gingen nun auf Katerina über.

Ich drückte wohl ein wenig zu fest zu, denn sie starb fast unter meinen Griff.
„Was empfindet Helena noch für mich?“
Jetzt, hatte diese Frage wieder an Bedeutung gewonnen, sie kam jetzt auch wieder erst in Betracht. Wenn ich das gewusst hätte, dann hätte ich eine andere Lösung gefunden und sie wäre schon eher wieder an meiner Seite gewesen.
Mir fiel der Junge ein, mit dem sie getanzt hatte und nun war nur noch pure Eifersucht deswegen in mir.
Ich hasste diesen Jungen wirklich, mit jeder Faser.
Sie sollte ihn nicht lieben, ich wollte nicht dass sie ihn so ansah.
„Ein Teil ihres Herzens liebt dich noch, hat nie damit aufgehört, aber ich weiß nicht wie groß dieser Teil noch ist.
Sie ist gerade dabei sich neu zu verlieben, zum ersten Mal, seit all der Zeit“, musste sie mir verraten und Tränen quollen aus ihren Augen.
„Wenn du mich schon tötest, dann lass wenigstens sie in Ruhe. Sie ist endlich wieder glücklich. Zerstör das nicht!“, fügte sie flehend hinzu.
Wütend sah ich sie mit meinem Vampir-Gesicht an und fauchte: „Red nicht von Glück!
Du hast meines und ihres wegen deinem Egoismus zerstört. Helena war für mich bestimmt, sie sollte die Ewigkeit an meiner Seite als Vampir verbringen. Du solltest als Mensch für Klaus sterben.“

Das war grausam, das wusste ich selbst, aber es war mir egal.
Katerina stellte sich als diejenige heraus die mein Glück zerstört hatte.
Es war alles echt gewesen.
Helena hatte mich wirklich geliebt, wir hatten einander gehabt und dann war auf einmal alles weg und jetzt stellte sich auch noch heraus, dass sie dafür verantwortlich war.
„Du wirst zurückgehen und unser Gespräch vergessen. Alle Ahnungen und Empfindungen wirst du vergessen“, manipulierte ich sie.
Ihre Pupillen veränderten sich dabei.
„Ich werde alles vergessen“, sprach sie mir nach und in dem Moment verschwand ich.
Ich sah wie sie wieder nach drinnen verschwand und mich mit meinen Gefühlschaos allein ließ.
Die Information war etwas, das den Grund und das Ziel meiner Existenz umwarf und alles ganz neu definierte.
Seit Helena damals in mein Leben getreten war, wurde sie deren Mittelpunkt.
Erst war sie meine Liebe gewesen, dann diejenige die ich jagte und nun wurde sie wieder der erste Grund, der weswegen ich alles tat.
Es war wahr.
Alles war wahr gewesen und die schönen Erinnerungen strömten wieder auf mich ein, flossen zurück in mein Bewusstsein und in mein Herz.



Kapitel 70: Verborgenes




„Die Liebe ist blind und Liebende können nicht sehn, welch hübsche Torheiten sie begehen.“ (William Shakespeare)



Elenas Sicht:
Ich rannte durch die meterhohen Hecken, die eine Art Labyrinth bildeten, in einem Teil des Grundstückes auf dem Lockwood-Anwesen.
Das ganze Labyrinth war mit Fackeln beleuchtet und die Schatten die dadurch geworfen wurden, konnten leicht als unheimlich durchgehen.
Ich hatte meinen Rock gerafft und versuchte nicht nur schnell durch die Hecken zu rennen, sondern dabei auch noch leise zu sein, was mir als Vampir nicht allzu schwer fiel.
Dabei ergriff mich auf einmal eine Angst und ich fühlte mich beobachtet und das lag nicht an Damon, mit dem ich fangen und verstecken spielte.
Damon war leicht für mich zu bemerken.
Er war ein Mensch und sein Herzschlag konnte ich meilenweit hören, besonders deswegen weil ich auch noch darauf achtete.
Es war etwas anderes, vielleicht etwas das so war wie ich.
Aber wer konnte es sein, denn ich war stärker als die meisten.
Die Vampire in der Stadt kannte ich alle und es gab keinen Grund für sie mich zu beobachten, außerdem war ich älter als sie.
Nur Pearl, Annabelle und Katerina waren in meinem Alter.
Alle anderen waren deutlich jünger und somit auch schwächer als ich.
Da stellte sich dann also die Frage, wer mich verfolgte.

Ich hörte etwas neben mir und in Vampir-Geschwindigkeit, bog ich um die Ecke ab und schaute in den anderen Gang zwischen den Hecken, aber da war nichts.
Damon war noch sehr weit weg.
Wer war es?
Hektisch durchsuchte ich alles, immer wieder hörte ich ein Geräusch.
„Das ist wirklich ein amüsantes Spiel, nicht wahr Helena?
Aber wenn man dann doch nicht mehr überlegen ist, ist es gar nicht mehr so witzig und man bekommt sehr leicht Angst.
Ich frag mich wie sich dein kleiner Freund fühlt, ein Mensch, Helena?“, hörte ich eine gut bekannte männliche Stimme hinter mir.
Resignation durchflutete mich und meine Aufregung verschwand, während ich mich langsam umdrehte, mir ganz genau bewusst, wen ich da sehen würde.
„Mikael“, meinte ich kalt und legte meinen Kopf schief. „Ich bin überrascht. Was machst du denn hier?“
Ich hatte ihn schon eine Weile nicht mehr gesehen.
Gab es etwa neue Nachrichten?
Er zuckte nur belanglos mit der Schulter, als wäre es nicht weiter wichtig und als wäre er nur durch Zufall am selben Ort wie ich.
Allerdings hatte ich gelernt, dass es sowas wie Zufall bei Vampiren nicht gab.
„Ich bin nur hier um dich an unser Abkommen zu erinnern.
Nicht das du es vergisst“, meinte er schmunzelnd und drehte den Kopf in eine Richtung, aus der ich Damon hörte.

Ich schluckte und versuchte meine Maske zu bewahren.
Bei Mikael hatte ich gelernt, meine Gefühle zu verbergen.
Mikael war gefährlich, der gefährlichste Vampir den ich kannte, sogar mehr denn Klaus, auch wenn es nicht den Anschein hatte.
Ich war mir sicher, dass er genauso grausam sein konnte.
„Du kannst mir vertrauen, Mikael.
Das weißt du doch“, sprach ich fest aus und merkte wie Damon sich immer näherte, weswegen ich meine Stimme senkte.
Er nickte leicht.
„Ich weiß, das tu ich auch“, bestätigte er mir und wir sahen uns fest in die Augen.
Auch wenn er mir vertraute, war er hier.
War das eine Art krankes Spiel für ihn?
Vielleicht war er sadistischer als er es zu gab oder er log und vertraute mir nicht wirklich.
Dabei kannten wir uns doch jetzt bereits mehrere Jahrhunderte.
Wie viele brauchte er denn noch, um mir zu vertrauen?
Ich hörte, wie Damon sich uns nährte und machte eine wegwerfende Handbewegung.
„Verschwinde von hier“, flüsterte ich, sodass nur wir beide es verstehen konnten. „Wir treffen uns später an dem See, der hier in der Nähe ist.“

Mikael grinste selbstgefällig und hob eine Augenbraue, was mir zeigte, dass ich ihn gar nichts zu sagen hatte.
Aber er verschwand trotzdem und kaum einen Augenblick später kam Damon von hinten leise auf mich zugeschlichen und schlang von hinten seine Arme um mich.
„Gefangen“, hauchte er mir amüsiert ins Ohr.
Schmunzelnd drehte ich mich, ohne seine Umarmung zu verlassen, zu ihm um und legte meine Hände in seinen Nacken.
„Ich gratuliere dir zu deinem Sieg.
Hast du einen speziellen Wunsch als Preis?“, fragte ich neckisch nach und zog mich an ihm hoch, sodass ich seinem Gesicht ganz nah war.
Sein Herzschlag steigerte sich und schlug nun unregelmäßig und das lag nicht daran, dass er ebenso schnell gelaufen war.
Mir gefiel die Auswirkung, die ich auf ihn zu haben schien.
Er sah mich völlig fasziniert an und strich mir mit der Hand über meine Schläfe und etwas durch meine Haare, allerdings ohne dabei meine Frisur zu zerstören.
„Einen Kuss“, meinte er mit schwacher Stimme und lächelnd schloss ich den letzten Abstand, der noch zwischen uns war.
Sanft legte ich meine Lippen auf seine.

Damons Griff verstärkte sich um mich und er zog mich näher zu sich, sodass ich seinen warmen Körper an mich spüren konnte und das gefiel mir sehr gut.
Schnell wurde aus dem sanften Kuss, eine leidenschaftlicher.
Begierig drängten wir uns einander, als wäre Luft ein störender Faktor und unsere Zungen begannen miteinander zu tanzen.
Er schaffte es mir leben in meinen toten Körper einzuhauchen, ohne mir sein Blut zu geben.
Meine Lippen prickelten und ich wollte nur noch mehr, doch ich erinnerte mich daran, dass er im Gegensatz zu mir atmen musste, weswegen ich wieder von ihm abließ.
Sein Herz flatterte nur so und sein Atem ging stoßweise.
Ich legte meine Hand auf seine Brust, um seinen Herzschlag zu fühlen, der das schönste von allen war.
„Ich mag es wie dein Herz rast“, meinte ich lächelnd und legte meinen Kopf schief.
Er nahm mein Gesicht in seine Hände und küsste mich flüchtig auf den Mund.
„Es schlägt wegen dir, für dich“, versicherte er mir und er machte sich keine Ausmaße, wie glücklich er mich mit seiner Antwort machte.
Ich nahm eine seiner Hände und verschränkte sie mit meiner, bevor ich etwas Abstand von ihm nahm, nur um mich dann unter seinen Arm hinweg zu drehen.

„Lass uns zurückgehen, Damon.
Es ist spät, es wäre nett von dir, wenn du mich zurück zu euch nach Hause begleiten würdest.“
Er kam an meine Seite und wir durchquerten die Hecken des Labyrinths diesmal Hand in Hand zusammen.
„Es ist auch dein Zuhause, Elena“, erklärte mir Damon und ich fand seine Antwort so lieb.
Wenn er das so sagte, dann spürte ich Hoffnung.
Hoffnung, dass er mich auch dann noch lieben würde, wenn er die Wahrheit wüsste.
Wenn ich ihn sagte, was ich war, was geschehen war und was ich tat.
Ich hatte das Gefühl, das er mich noch immer lieben würde, egal was ich war, das er mich mit allem was ich war akzeptierte und liebte.
Irgendwie war ich mir sicher.
Ich konnte es nicht wirklich beschreiben, es war nur so ein Gefühl, aber das Gefühl war gut.
Aber damit wir diesmal ein gutes Ende haben würden, musste ich zuerst mit Mikael reden, sonst würde vielleicht etwas schief gehen und das war das letzte was ich wollte.
Diesmal wünschte ich mir ein gutes Ende, für mich und meine Liebe.
Für mich und Damon.
Ich hoffte, das Gott mir das nach allem was geschehen war zugestand und gewehrte.
Denn es war so viel Schreckliches geschehen, das ich sogar glaubte, dass ich es verdient hatte.
Natürlich würde beten allein nicht reichen, aber schaden konnte es auch nicht.
Gute Gedanken konnten nie schaden.



Kapitel 71: Blinde Liebe




„Gedanken, Leidenschaften, Wonnen, was immer diesen Leib verzehrt, ist Werkzeug nur der Liebe, das ihre heil'ge Flamme nährt.“ (Samuel Taylor Coleridge)




Stefans Sicht:
Vater forderte uns zum gehen auf, doch als ich fragte wo Damon und Elena war und ob sie nicht mitkamen, wimmelte er die Antwort ab.
Mir war klar, dass er in den beiden ein Traumpaar sah, da sie bereits zusammen waren und Elena für ihn alles verkörperte, was er an einer Dame schätzte.
Sie war die für ihn perfekte Tochter.
Deswegen sah er es auch nicht als zu tragisch an, das Damon und Elena nicht da waren und sich auch aus den Augen der Aufsicht geschlichen hatten.
Vielleicht wusste er genauso wie Katherine und ich, das da nicht wirklich etwas passieren würde oder wenn dann war es ihn egal, da für ihn schon sicher fest stand, das die beiden heiraten würden.
Das war es was er wollte und plante.
Aber bei mir missbilligte er es, wenn ich mit Katherine auch nur einmal kurz allein war.

Ich konnte mich schlecht darüber beschweren, dass das nicht fair war, denn eigentlich hatte er ja recht.
Aber trotzdem gefiel es mir nicht.
Auch ich wollte mit Katherine Zeit allein verbringen ohne ständig unter der Bewachung von irgendwem zu stehen.
Vertraute er mir denn so wenig oder glaubte er, das Katherine mich so sehr beeinflussen würde, das ich all meine guten Manieren vergaß?
Wenigstens durfte ich sie allein nach drinnen begleiten und wir gingen die Treppe hinauf.
„Ich hab mich gut amüsiert, Stefan“, sagte sie erheitert und ich hielt ihr höflich meine Hand hin, um ihr bei den letzten Schritten zu helfen oder eigentlich nur um sie zu berühren.
Dafür gab es nicht so viele Gelegenheiten, der Anstand verbietete so etwas.
„Wir lange gedenken sie in Mystic Falls zu bleiben?“, fragte ich, da ich mich erinnerte, dass wir noch nie darüber gesprochen hatten.
Ihre Schwester und sie hatten kein Zuhause mehr, sie müssten immer irgendwo aufgenommen werden.
„Solange ich erwünscht bin“, antwortete mir Katherine und das war sie.
Sehr sogar.
„Ihr Vater war so freundlich mir und meiner Schwester Obdach zu gewähren.“

Das war doch selbstverständlich gewesen.
„Wie hätten wir das nicht tun können?
Sie haben ihre Familie in den Flammen verloren.
Ich bin überaus froh, dass sie aus Atlanta fliehen konnte.“
Sonst hätte ich nie die Möglichkeit gehabt, dieses bezaubernde Wesen kennenzulernen.
Wir gingen zu dem Zimmer, indem sie mit ihrer Schwester Quartier bezogen hatte und sie drehte sich vor der Tür zu mir um.
Sie lächelte mich auf diese einzigartige Weise an.
„Darf ich daraus schließen, ich bin erwünscht?“, fragte sie nach und mein Herz schlug automatisch höher.
„Äh… ausgesprochen sogar“, antwortete ich und selbst das war noch eine Untertreibung.
Es war das Beste was mir passieren konnte, dass sie und ihre Schwester hier bei uns waren und bei unserer Familie Unterschlupf gefunden hatten.
„Ähm… ich weiß, dass wir uns erst seit sehr kurzer Zeit kennen und ich weiß das ich sicher nicht der einzige bin, der an ihrer Zuneigung interessiert war.“
Leider hatte sie sehr viele Verehrer, denn sie war erfrischend, schön und aufregend, das erkannte fast jeder.
„Aber… äh… ich habe noch niemals zuvor in meinem Leben, eine Frau wie sie kennengelernt.
Ich blicke sie an und sehe, einen Engel.“
Sie schien mir so vollkommen zu sein.
Mit allem was sie war, sie war so wunderschön.

„Wenn ich ihre Haut berühre…“
Bei meinen Worten legte ich meine Hand auf ihre Wange und ein Feuer begann in mir zu lodern.
„…brennt mein ganzer Körper“, gestand ich ihr leise und sie schien sprachlos zu sein, wohl zum ersten Mal seit ich sie kannte.
„Wenn ich sie küsse, dann weiß ich, dass ich mich in sie verliebe“, erklärte ich ihr und dabei hatte ich sie bisher nur auf die Wange oder die Hand geküsst.
Doch als ich mich diesmal zu ihr hin beugte, war niemand da, der uns aufhielt und oder in irgendeiner Form störte.
Zögernd und ganz kurz legte ich meine Lippen auf ihre.
Der Kuss war so schnell vorbei und trotzdem brannte meine Lippen, als wären sie eine Ewigkeit in Beschlag genommen wurden.
„Ich weiß dass ich sie liebe“, erklärte ich ihr und es war die reine Wahrheit.
Sie hatte mir so sehr geholfen und sie war mit allem was sie tat so toll und lebensfroh, kein Mädchen konnte solch eine Freude wie sie verbreiten.
„Es gibt so viel, das sie nicht über mich wissen“, meinte sie und klang dabei ein wenig verzweifelt.
Aber ich meinte es ernst.
Ich war mir sicher dass ich jede ihrer Eigenschaften lieben würde.
Ich wusste dass sie manchmal egoistisch und auch manipulativ sein konnte, aber damit kam ich klar.
In anderen Momenten war sie wieder so fürsorglich und selbstlos, dass es einen die Sprache verschlug.
„Mehr zum kennen und lieben lernen.“

Sie drückte meine Hände und sah mich ernst an.
„Ich muss mich verabschieden“, sagte sie und klang dabei auf einmal so kühl.
Katherine war manchmal wirklich sehr schwer zu verstehen.
Ich wandte das Gesicht von mir ab und war im Begriff zu gehen, das es mir Angst machte, warum sie auf einmal so anders war.
„Hab ich sie verärgert?“, fragte ich nach und sie wandte sich sofort wieder zu mir.
Sie schüttelte entschieden den Kopf.
„Nein“, meinte sie sicher. „Nein, sie haben mich nicht verärgert. Sie haben mich nur überrascht.“
Ihr Gesicht war nicht zu lesen, aber es hatte wieder einen warmen Zug bekommen.
„Bis morgen“, sagte sie und verschwand dann in ihrem Zimmer und ich konnte ihr nur noch hinterher sehen.
Noch eine Weile sah ich ihr hinterher und blickte auf die Tür, bevor auch ich mich umwandte und in mein Zimmer verschwand.

Katherine war so schön und hinreißend, das es allen meinen bisherigen Erlebnissen und Bekanntschaften trotzte.
Nie hatte ich mich wirklich für eine Frau interessiert, aber sie war trotzdem mit Abstand die schönste, die ich je erblickt hatte.
Zwar sah Elena genauso aus wie sie, aber sie war ganz anders.
Sie war so zurückgezogen und in ihren Büchern vergraben, fast schon so wie ich.
Dann verbrachte sie die ganze Zeit draußen und war irgendwie schüchtern und zurückhaltend.
Das war es, warum ich am Anfang nicht verstanden hatte, warum Damon sich so für sie interessierte, schließlich war sie so anders als sie.
Aber das gleiche könnte ich dann auch mich fragen.
Elena war mir viel ähnlicher, Katherine dagegen war ganz anders als ich.
Doch genau das war das Schöne an ihr, was mich so sehr reizte.
Sie war kompliziert, abenteuerlustig, mutig, frech, fröhlich und schaffte es einen in jeder Kleinigkeit zu begeistern.
Unwichtige Dinge bekamen Farbe durch sie.
Vielleicht war es genau das, der Gegensatz, der zweite Teil unserer Seele, der uns vollkommen machte, deswegen konnten wir nun einmal nicht das was uns vielleicht ähnlich war lieben.
Wir brauchten einfach das was uns ergänzte und eigentlich war das ein wirklich schöner Gedanke.

Ich ging ans Fenster und sah wie unten durch das schwache Mondlicht zwei Schatten, die immer wieder tanzten und schon fast eins waren.
Obwohl sie kaum vom Haus entfernt waren, kamen sie wirklich nur langsam voran.
Wenn ich es richtig sehen konnte, dann küssten sie sich immer wieder und ich hörte ihre unterdrückten Stimmen, sodass ich nichts verstehen konnte.
Sie bemühten sich leise zu sein.
Ihre Hände waren miteinander verschränkt und sie blieben immer wieder stehen.
Damon und Elena.
Ich wandte mich von dem Bild ab, das sie boten, um sie nicht weiter zu beobachten, da das wirklich unhöflich von mir war.
Ich zog mich aus und legte mich ins Bett.
Katherine verfolgte mich, sie war alles an das ich denken konnte.
Ihr Gesicht, ihr Lächeln, ihre Gesten, ihre Stimme, ihre Worte.
Alles von ihr verfolgte mich und ich war mir sicher, dass ich sie weiter kennenlernen wollte.
Ich liebte diese Frau.



Kapitel 72: Vernunft verlorene Liebe





„Und dennoch, wahrlich. Vernunft und Liebe gehen dieser Tage gern getrennte Wege.“ (William Shakespeare)




Damons Sicht:
Endlich, nach unzähligen Versuchen, hatten wir es doch ins Haus geschafft und niemand war da, alle schienen wohl schon zu Bett zu sein.
Das es spät war, war dann wohl eine Untertreibung.
Nachdem wir uns kurz umgesehen hatten und keinen entdeckt hatten, schlang ich meine Arme wieder um Elena und drückte meine Lippen erneut auf ihre, da ich gar nicht genug von ihr bekommen konnte.
Am liebsten würde ich sie die ganze Zeit nur küssen, es war so schön, kein Vergleich zu irgendetwas anderes, das ich jemals in meinem Leben erlebt hatte.
Elena beendete den Kuss wieder und zog sich von mir zurück. Sie wandte sich aus meinem Griff, als wollte sie gehen, aber ich behielt sie mit sanfter Gewalt bei mir.
Ich wollte nicht, dass es schon zu Ende war, ich wollte dass sie bei mir blieb.
Elena legte die Hand auf meinen Mund und schüttelte den Kopf.
„Nicht“, flüsterte sie.
Mein Herz schlug so schnell und laut, dass sie es sicher auch wieder hören konnte.
Was machte sie nur wieder mit mir?
„Ich liebe dich, Elena“, versicherte ich ihr, wie ernst ich es meinte.
Sie sollte keine Angst vor mir haben. Nie könnte ich ihr etwas tun.

Ich wollte sie näher an mich ziehen, sie zumindest bei mir wissen, doch ich spürte ihren Widerstand.
„Bitte, hab keine Angst“, flüsterte ich.
Erst sah sie mich komisch an und dann lachte sie hell auf, was mich wirklich verwirrte.
Was war daran nur so witzig?
„Ich hab keine Angst, Damon. Glaub mir Angst ist das letzte was ich habe. Wenn dann solltest du Angst vor mir haben. Ich bin gefährlich!“
Wie überzeugt sie das sagte.
Aber ich spürte keine Furcht, nicht vor ihr.
Selbst wenn sie gefährlich war, so war es mir gleich.
„Es ist mir egal. Ich will nur für immer bei dir sein. Etwas das so gut und schön ist wie du, kann gar nicht gefährlich sein“, beschloss ich für mich und sah ihr ernst in die Augen.
Sie schien erst verblüfft, doch dann verdunkelte sich ihr Ausdruck.
Dann geschah etwas, das ich nie für möglich gehalten hätte. Ihre Augen wurden dunkel und unter ihren Augen traten schwarze Adern hervor. Ihre Zähne verlängerten sich, waren spitz und wahrlich gefährlich.

Deswegen sollte ich Angst haben.
Sie hatte wohl nicht übertrieben.
Ein tiefes Grollen kam aus ihrer Kehle und ich wusste diesmal nicht weswegen mein Herz schneller schlug.
Alles schien zu verschwimmen.
Ich streckte meine Hand aus, zu ihrem Gesicht und tastete nach ihren Zähnen. Ein wenig mehr Druck und es wäre ein leichtes mich an ihnen zu verletzen.
Ich fuhr weiter, tastete nach den Adern unter ihren Augen, fuhr sanft darüber.
Fasziniert betrachtete ich ihr Gesicht.
Sie sah aus, wie ein wunderschöner Dämon.
Ein Teufel, der mich in die Verdammnis ziehen würde und ich würde ihm auch noch ohne zu zögern folgen.
Vorsichtig beugte ich mich zu ihr vor, küsste sie unter ihren Augen, küsste sie am Gesicht entlang, sanft und langsam, bis ich zu ihrem Mund kam.
Ein wenig stürmisch drückte ich meine Lippen auf ihre.
Mit meiner Zunge spürte ich ihre Zähne, doch sie verschwanden und schienen wieder ganz normal zu werden.
Glücklich registrierte ich, wie sie meinen Kuss erwiderte und dabei schlang sie ihre Arme, um meinen Nacken.
Wieder spürte ich ihren Körper nah an meinem und sie mich um den Verstand bringen zu wollen.
Als wir uns voneinander lösten, blieb ihr Gesicht nah an meinem.

Mein Mund verzog sich automatisch zu einem Lächeln.
Ich war so glücklich.
Das allerdings schien sie wieder wütend zu machen. Sie griff nach dem Hemd an meiner Brust und knallte mich mit Gewalt an die Wand.
Zwar war ich nur eine Armlänge von ihr entfernt, doch sie hob mich leicht hoch, sodass meine Füße nicht den Boden berührten.
Wahnsinn wie stark sie war.
Wie konnte das nur möglich sein?
„Warum willst du es nicht verstehen?
Ich bin gefährlich und das einzig richtige was du tun kannst, ist dich von mir fern zu halten!“, versuchte sie mir wohl einzubläuen.
Ich konnte nicht anders als zu lächeln, was sie wohl noch zorniger machte.
„Aber du weißt doch bereits, dass ich immer unvernünftig bin. Mit dem richtig hab ich es nicht so.“
Sie sah ziemlich erstaunt aus, verstärkte dann aber noch einmal ihren Griff.
„Du verstehst das nicht!
Das hier ist kein Spiel!“, sagte sie eindringlich.
„Dann erklär es mir!
Ich liebe dich und wenn du glaubt, das hört irgendwie auf, wegen dem was du bist, dann irrst du dich!“

Elena ließ mich endlich wieder runter und musterte genau mein Gesicht.
Mutig trat ich auf sie zu und nahm ihr Gesicht in meine Hände.
„Ich lüge nicht! Bitte vertrau mir!“, bat ich sie.
Ganz langsam, nickte sie leicht.
Sie vertraute mir.
„Bitte erklär es mir!“, bat ich sie weiter.
Wieder nickte sie nur zaghaft.
„Morgen“, erwiderte sie und sah nachdenklich zu Boden.
Ich beugte mich zu ihr herunter und sanft verschloss ich meine Lippen wieder mit ihren. Nur zögernd erwiderte sie meinen Kuss und brach ihn auch schnell wieder ab.
„Gute Nacht, Damon“, wünschte sie mir und wandte sich um.
Verblüfft sah ich, wie sie die Treppe hochging und lief dann eilig hinter ihr her, zum Treppenansatz.
„Warte!“, hielt ich sie auf, wollte etwas sagen, doch sie kam mir zuvor.
„Ich weiß, Damon. Ich vertrau dir und werde dir morgen alles erzählen was du wissen willst. Du hast keine Angst vor mir, das hab ich jetzt verstanden.
Doch es ist spät.“

Sie sah mich lange an und sie war wieder die perfekte Dame, in die ich mich verliebt hatte.
Elena küsste mich kurz auf die Wange und trotz dieser unschuldigen Geste, brannte mein ganzer Körper.
„Gute Nacht“, wünschte sie mir nochmals und ging dann nach oben.
Ich sah ihr bis zum letzten Moment nach, auch noch als ich hörte, wie sie die Tür zu ihrem Zimmer bereits wieder schloss.
Vielleicht war sie ja wirklich ein Dämon, aber dann wahrscheinlich der höflichste, freundlichste, anständigste, korrekteste und schönste Dämon, den es gab.
Außerdem war sie besser als so mancher Mensch.
Besser als ich.
Ich liebte sie einfach, egal was sie war.
Bedingungslos und unwiderruflich.
Vielleicht machte mich das ja zu einem Narr, aber zu einem glücklichen.
Eindeutig zu viele Vielleichts in meiner Überlegung.
Schlaf würde mir sicher gut tun.

Ich ging die Treppe hinauf und dachte über das nach was sie war, sein könnte.
Ihre Briefe.
Sie hatte von Jahrhunderten und Ewigkeit gesprochen, war sie so alt?
Sie hörte meinen Herzschlag, sie hatte mich geheilt.
Nein, ich sollte nicht darüber meinen Kopf zerbrechen, wenn sie es mir sowieso morgen erzählen würde und ich hatte viele Fragen an sie.
Als ich mich in mein Bett legte, rief ich mir den Abend in den Kopf und wie schön er gewesen war.
Eigentlich war der ganze Tag fantastisch gewesen.
Ich hatte Zeit mit meinen Bruder verbracht, ich hatte erfahren dass mein Vater mich nicht hasste und die schönsten Augenblicke hatte ich mit Elena gehabt.
Dem Mädchen oder von mir aus auch Dämon, den ich liebte.
Sicher hätte es nicht schöner sein können.



Kapitel 73: Geheimnis




„Alle Geheimnisse sind abgrundtief, alle Geheimnisse verfinstern sich, das liegt in der Natur von Geheimnissen." (Cory Doctorow)



Elenas Sicht:
Lächelnd fuhr ich mir über die Lippen.
Ich konnte es nicht verhindern, dass ich mich glücklich fühlte.
Damon liebte mich, er liebte mich und das obwohl ich ihn gerade mein wahres Gesicht gezeigt hatte, das eines Monsters.
Als ich ins Zimmer kam, brannte noch das Licht auf dem Nachttisch, neben Katherine.
Sie saß im Nachthemd im Bett und grinste mich an.
„Da hat wohl jemand die Geduld verloren“, meinte sie schmunzelnd, da das wirklich eine Seltenheit war und nicht oft bei mir vorkam.
Irgendwie hatte ich das nicht so geplant gehabt, eigentlich hatte ich ihn das alles in Ruhe erklären wollen, doch dann bin ich so wütend geworden, weil ich innerlich nicht geglaubt hatte, dass er mich noch lieben würde.
Aber er hatte nicht eine Sekunde gezögert oder war abwertend gewesen.
Entweder ich sollte das als sehr dumm werten oder liebenswürdig.
Ich liebte ihn und obwohl ich immer auf das gute hoffte, hatte ich nicht daran geglaubt das es so gut werden würde, das sich alles zum guten wenden würde, nicht wirklich, nicht so.

Lächelnd zuckte ich mit den Schultern.
„Irgendwie ja…“
Ich wusste nicht was ich sagen sollte, da ich selbst erst noch alles richtig verarbeiten musste, es war einfach so unglaublich.
Er liebte mich.
Damon liebte mich, ein Monster.
„Ich bin verliebt, Elena“, sagte Katherine dann und voller Erstaunen hob ich den Kopf, da ich nicht glauben konnte, was sie da gesagt hatte.
Wann hatte sie das letzte Mal gesagt dass sie verliebt war?
Ich wusste es noch genau.
Es war damals bei Klaus gewesen.
Sie hatte ihn geliebt und dann nie wieder, sie war so enttäuscht gewesen.
Zwar hatte sie öfters mal Affären gehabt und auch manche davon länger und sicher hatte sie manche davon auch sehr gemocht, aber nie hatte sie wieder solch tiefe Gefühle gehabt oder es zumindest nicht eingestanden.
Ich wollte noch etwas sagen, doch dann merkte ich, dass ich zu lange gewartet hatte und sie bereits eingeschlafen war.
Lächelnd deckte ich sie ganz zu und pustete das Licht neben ihr aus.

Vorsichtig öffnete ich das Fenster, um sie nicht wieder zu wecken und verschwand unbemerkt in die Nacht nach draußen, zu dem See, wo ich mit Damon gewesen war.
Dort wartete tatsächlich Mikael auf mich und gottseidank verzichtete er diesmal darauf, mich irgendwie mit einer seiner Aktionen zu erschrecken.
Er war manchmal ganz schön theatralisch und er hätte auch der Vampir der Dramatik werden können, so sehr liebte er große Auftritte.
Auch wenn er und Klaus nicht wirklich verwandt waren, so hatten sie mehr gemeinsam, als jeder von ihnen zugeben würde.
„Ich hab dich schon lange nicht mehr so glücklich gesehen, Helena.
Nicht mehr seit…“ „Hör auf!“, unterbrach ich ihn harsch.
Ich wollte mich sicher nicht mit ihm über meine Gefühlslage oder alte Erinnerungen unterhalten.
Er hob beschwichtigend die Hände.
„Nicht darüber reden“, flüsterte ich und konnte den Schmerz aus meiner Stimme nicht vertreiben.

Mit der Hand bot er mir da, als erstes zu sprechen.
„Ich will Damon und Stefan Salvatore auf die Liste setzen.
Ich will das du auch sie beschützt.“
Er sah nicht wirklich überrascht aus von meinen Worten, aber schaffte das überhaupt irgendjemand?
Mikael war ein Buch mit sieben Siegeln.
Ich konnte ihn nicht wirklich leiden, eigentlich kein bisschen.
„Wieso sollte ich das tun, Helena?
Unser letztes Geschäft ist ins Wasser gefallen, wie du dich erinnerst.“
Wütend erwiderte ich seinen Blick, ohne zurückzuweichen.
Das war wahr.
„Das war nicht meine Schuld!“, zischte ich, aber ich gab auch Katherine nicht die Schuld dafür, denn sie hatte es nicht gewusst.
Doch eigentlich war es ihre Unwissenheit, die uns hätte zum Sieg über Klaus verhelfen sollen.
Denn als sie alles erfahren hatte, war es unser Untergang geworden, das hatten wir schon vorher gewusst und doch hatten wir gehofft das Katherine ahnungslos blieb.
Am Ende hätte ich ihr alles erklären können.
Allerdings hatte sie die Dinge selbst in die Hand genommen, als sie die Wahrheit erfahren hatte, wie es nun mal ihre Art war.

Mikael sah mich nur abwartend ab, unbeeindruckt von meinem Ausbruch, denn auch er war sich bewusst, dass es nicht meine Schuld gewesen war.
„Ich verlängere die Liste nur, nichts weiter.
Ist wie als sie damals automatisch reduziert wurde“, spielte ich auf meine Familie an.
Er hatte sie beschützen sollen, aber er hatte es nicht getan, weil für ihn unser Deal geplatzt war.
Erst danach hatten wir neu verhandelt.
Spätestens dann konnte ich diesen Typen nicht leiden, aber eigentlich auch schon vorher nicht.
Er lächelte leicht, auch wenn ich nicht genau wusste wieso oder woran er dabei dachte.
„Was ist mit Elijah?
Soll er runter von der Liste?“, fragte er nach und natürlich machte er das mit Absicht.
Ich hatte es extra nicht erwähnt, daraus hätte er doch schon seine Schlussfolgerungen ziehen können.
Wieso musste er mich auch noch zwingen es auszusprechen?
„Nein“, antwortete ich schlicht.
Sein Gesicht war wieder nicht zu lesen und er trat auf mich zu.
„Ich weiß dass es nicht deine Schuld war, Helena.
Aber dieses Mal sollten sie dafür sorgen, dass ihre Schwester nicht unsere Pläne durchkreuzt, auch nicht unwissend.
Allerdings halte ich es immer noch für besser sie nicht mit einzuweihen.
Ich vertraue ihr nicht.“
Aber mir?
Diese Frage stand im Raum und noch nie hatte ich darauf eine Antwort gefunden, in all der Zeit.

Mikael sah mir ernst in die Augen und ich nickte zustimmend.
„Warum ist das überhaupt so wichtig?
Wieso jetzt?
Weil du gerade so vorbei gekommen bist und das einfach mal klar stellen wolltest, wenn sich die Gelegenheit irgendwann ergibt?“, fragte ich leicht spöttisch nach, aber ich war tatsächlich an einer Antwort interessiert.
Er lächelte amüsiert und mir wurde klar, dass er mal wieder mehr wusste, als ich es tat.
„Nicht so ganz.
Klaus ist unterwegs in die Stadt und ich will das du und Katerina schön hier an Ort und Stelle bleibt und den Köder spielt.“
Erschrocken weiteten sich meine Augen.
Klaus war auf den Weg hierher?
Eigentlich waren Katherine und ich, sobald wir etwas in Richtung Klaus und Elijah hörten, verschwunden.
Aber diesmal wusste Katherine nichts davon.
Sie war immer diejenige gewesen, die weglaufen wollte und ich hatte nie die Zeit so eine Falle aufzustellen, in der ich Mikael mit einbeziehen konnte.
Doch endlich schien es so weit zu sein.
Ich musste einfach nur hier sein und warten.
„Woher weißt du das?“, fragte ich leise nach, da mir die Sache doch ziemlich nah ging.
Ich war nicht dumm, auch wenn ich Mikael auf unserer Seite hatte, war es doch gesund Angst vor Klaus zu haben.
Mikael machte einen belanglosen Gesichtsausdruck und zuckte kurz mit der linken Schulter.
Er würde es mir also nicht verraten.
„Nicht so wichtig für dich.
Was dich aber vielleicht interessieren wird ist, das Elijah hier ist.“

Geschockt weiteten sich meine Augen und ich erstarrte im selben Augenblick.
Ungläubig sah ich meinem Gegenüber an und hoffte dass er mal wieder nur bös gescherzt hatte, doch irgendwie bezweifelte ich das.
„Er war auf den Gründerball und hat dich mit deinem Menschen zusammen gesehen, wie war noch gleich sein Name, Damon?
Ich fand ja bereits das ihr ein entzückendes Paar abgegeben habt, aber was wohl mein Sohn davon gehalten hat?“
Angst, Schuld, Zweifel, Schmerz und Besorgnis durchfluteten mich, wie eine meterhohe Welle, die mich davon tragen wollte.
Ich widerstand den Drang mein Herz zu packen, das schmerzte.
Elijah war hier.
Wieso?
Was wollte er?
Warum ausgerechnet jetzt?
Ich hatte Damon kennengelernt und mich endlich wieder verliebt.
Gerade hatte es angefangen leichter zu werden.
Womit hatte ich das verdient?
„Wieso… wieso hast du nichts gesagt?
Als wir da auf dem Ball waren?“, fragte ich schwach nach.
Ich hatte all meine Stärke verloren und schaute nur noch auf den Boden, konnte mein Entsetzen und meinen Schmerz nicht länger vor ihm verbergen.
„Ach, Helena, ich wollte einfach nicht so böse sein und das Spiel mit deinem Liebsten so unterbrechen und dich damit so in Trübsal zu versetzen.
Du hättest dich dann doch nur die ganze Zeit angsterfüllt umgeblickt und Elijah hätte am Ende davon Wind bekommen.
Doch keine Sorge, Elijah hat nicht den geringsten Schimmer von unserem Geschäft, wie jeder auch“, beruhigte er mich mit einer Stimmlage, die mir zeigte, das er ganz genau wusste, das mich das nicht im geringsten beruhigte.

„Du siehst fertig aus, Helena.
Ich denke es wäre für dich am besten schlafen zu gehen und sich zu entspannen.
Bleib ruhig, bis ich dir neue Informationen mitteile“, meinte er am Ende ziemlich gleichgültig und ließ mich dann einfach zurück.
Ich schluckte und wusste ich würde die ganze Nacht darüber nachbrüten.
Es würde mich nicht loslassen und an Entspannung war nach seiner Neuigkeit nicht einmal annähernd zu denken.
Ich sah meine Schwester an und ich wusste dass der wohl schwerste Kampf nun gekommen war, wo wir ihn doch so lange versucht hatten auszuweichen und zu entkommen.
Doch es war etwas, das unausweichlich war.
Vielleicht war das unser Schicksal.



Spezial 8: Walpurgisnacht




„Glück ist das einzige, was wir anderen geben können, ohne es selbst zu haben.” (Carmen Sylva)



Katherines Sicht:
Es war Walpurgis, ein Fest das uns wirklich nie wichtig gewesen war und über das ich nie wirklich tiefsinnig nachgedacht hatte, aber es war meine fixe Idee, um meine Schwester zumindest eine Zeit lang, so etwas wie in Fröhlichkeit zu stimmen.
Sie hatte die beiden Faust Teile von Goethe gelesen und war davon fasziniert, weswegen wir beschlossen hatten nach Deutschland zu reisen, um hier eine Harzreise zu unternehmen.
Eigentlich war es eher meine Idee gewesen, nachdem sie mir erzählt hatte, dass es Goethe getan hatte, aber ich wusste ihr gefiel der Gedanke.
Besonders das was ich für heute geplant hatte.
Wir waren auf den Brocken, um hier Walpurgis zu feiern oder zumindest zu sehen, was hier vor sich ging und wir wurden nicht enttäuscht.
Es war nicht nur so, dass die Menschen sich von den Gedanken mitreißen ließen.
Eigentlich hatten diese keine Ahnung.
Sie verbrannte eine Stoffhexe auf einem hohen Feuer und feierten den Frühlingsanfang, sie wollten damit den Winter sowie die bösen Geister vertreiben.

Irgendwie war es ironisch amüsant, denn so holten sie sich die bösen Geister erst recht hierher.
Überall wimmelte es von echten Hexen, aber auch von Vampiren, vielleicht sogar Werwölfen.
Doch die Menschen waren so naiv und blauäugig, das sie nicht mitbekamen, was wirklich um sie herum geschah.
Selbst an Elena konnte ich erkennen, dass es ihr hier gut gefiel.
Sie schaute sich um und war fasziniert, ihre Augen hatten dieses Leuchten, was ich nur allzu selten bei ihr sah, doch heute war es da.
Lächelnd reichte ich ihr meine Hand.
„Wollen wir uns umsehen?“, fragte ich sie gutgelaunt und sie nickte begeistert, nahm sogar meine Hand und wie früher, wie kleine Kinder, hüpften wir eher als das wir gingen, durch die Massen.
Wir gingen zum Feuer, das mindestens zehn Meter hoch war.
Die Magie war an diesem Ort regelrecht greifbar.
Das lag daran, dass es ein besonderer Ort war, da hier viele magische Praktiken verrichtet wurden.
Außerdem war das ein besonderer Tag, zumindest für die Hexen, aber auch für die Toten.
Es gab einen so die Möglichkeit ganz leicht mit Verstorbenen zu reden.

Erst hatten wir überlegt, ob wir das auch wahrnehmen wollten.
Eine Hexe suchen und sie bitten eine Verbindung mit unserer Familie herzustellen, doch dann hatten wir uns aus unterschiedlichen Gründen dagegen entschieden.
Elena wollte nicht, dass die alten Wunden erneut aufrissen und ich war einfach nur feige und fürchtete mich vor der Reaktion meiner Familie und ihrer Schuldzuweisungen.
Außerdem hatten wir beide entschieden, dass es nichts daran ändern würde, dass sie tot waren und wir mit ihren Verlust lernen mussten zu leben.
Das war auch nicht das was uns schwer fiel.
Doch sie waren immer eine große Stütze gewesen und bei ihnen hätten wir sicher Zuflucht gefunden, mehr im übertragenden Sinne, doch sie hätten uns bei unseren Schmerz helfen können.
Der war es nämlich, der uns noch immer zusetzte.
Elena mehr als mir.
Vielleicht war ich stärker als sie oder ich konnte es einfach besser verdrängen und mir etwas vorlügen.
Ich verkannte wohl einfach die Bedeutung und es fiel mir leichter es zu ignorieren.
Zumindest grub ich mich nicht in meiner Trauer und meinen Schmerz ein, ich wusste das durfte ich nicht, da sonst Elena nur noch mehr verloren wäre.

Hier sah heute niemand wirklich normal aus.
Selbst die normalen Menschen, waren verkleidet, als Hexen und Teufel, zumindest so wie sie sich diese vorstellten.
Da ich Elena dazu genötigt hatte mit mir um das Feuer zu tanzen, hatte selbst sie die gute Laune gefangen genommen.
Ich hörte seit langer Zeit wieder ihr Lachen und ich wusste sofort dass ich es sehr vermisst hatte.
Im Gegensatz zu den anderen hier sahen wir ziemlich normal aus.
Wir trugen ganz einfache Kleider, um nicht weiter aufzufallen und unsere Haare waren auch nur offen.
Meine natürlich stark gelockt und Elenas eher glatt, aber das war bei uns von Natur aus so.
Elena machte eine Drehung unter meinen Arm und wir bewegten uns wieder weg vom Feuer.
Die Wärme war nicht schlecht in dieser kalten Nacht, aber zu nah dran zu sein, war dann auf Dauer doch ziemlich extrem, besonders wenn man auch noch dazu tanzte.

An einem Stand hielten wir an.
„Zwei Cognac bitte!“, bat ich die junge Frau, die dort Getränke verkaufte und sie goss uns zwei Gläser ein.
Als ich die Gläser entgegen nahm, berührten wir uns an den Fingern und ich sah ihr instinktiv in die Augen.
In dem Moment wusste ich das sie kein Mensch war, sondern etwas anderes.
Eine Hexe?
„Ein tolles Fest, oder?
Der einzige Tag wo wir uns nicht verstecken brauchen“, erzählte sie mir frei heraus und irgendwie war ich mir jetzt sicher das sie eine Hexe war.
„Ihr habt beide ganz schön viel schlechtes Karma angesammelt, aber auch gleichzeitig gutes.
Das ist wirklich erstaunlich“, erzählte sie uns und auch Elena war jetzt um einiges aufmerksamer.
Wir schauten uns an und fragten uns wohl beide, wie sie das alles durch eine Berührung und einem Blick wissen konnte.
„Ihr wisst doch sicher, dass die Grenze zwischen Tod und Leben heut stark verwischt ist, oder?
Wisst ihr denn nicht auch, dass eure Kräfte heute um ein vielfaches stärker sind?
An diesem Tag sind hier alle übernatürlichen Wesen sehr mächtig, weswegen alle an diesen Ort pilgern.“

Elena und ich sahen sie ziemlich verblüfft an.
Das war einfach unglaublich, auch das sie einfach zu wissen schien was in uns vor geht.
„Wir sind eigentlich hier, weil Goethe in seinem Buch über diesen Ort berichtet hat und Elena ist einfach ein Fan davon“, erklärte ich dem Mädchen mit ihren schwarzen wirren verrückt aussehenden Locken.
Erst jetzt viel mir aus, das sie sehr konfus wirkte, aber dabei diese natürliche Schönheit hatte, weswegen nichts an ihr schlimm aussah.
„Jeder hat heute an diesen Tag viele Möglichkeiten“, meinte sie.
Das stimmte, davon hatten wir ja auch schon gehört, auch wenn wir beschlossen hatten es nicht zu nutzen.
„Es gibt mehr als ihr euch vorstellen mögt.
Ich bin heute sehr empfänglich für die Gedanken anderer.
Aber ihr könntet auch meine Freundin fragen, die Amulette verkauft, sie kann euch sagen zu welchen Ort ihr reisen solltet um euer Glück zurück zu bekommen und euer schlechtes Karma loszuwerden.“

Andere Kunden kamen, weswegen wir nicht weiter die Möglichkeit hatten darauf einzugehen, aber ich sah meiner Schwester an, das sie genauso verwirrt war ich.
Deswegen kippte ich auch meinen Cognac mit einem Schluck herunter.
Ich brauchte den Alkohol, um erst einmal wieder klar zu denken.
Elena tauschte dann auch noch wortlos unsere Gläser aus und begann sich umzusehen, anscheinend nach der Freundin der Hexe.
Kommentarlos stellte ich die Gläser wieder zurück.
Wieso würde sie uns einfach helfen?
Das war doch nicht normal!
Soweit ich Hexen bisher kannte, hassten die meisten uns Vampire, da sie uns als Feinde der Natur sahen und als grausam.
Aber diese war offen und frei zu uns gewesen, wollte uns offensichtlich helfen, wo ich nicht wusste, ob mich das nicht doch beunruhigen sollte.
Es war ein harter Kampf gewesen, eine Kette für mich zu bekommen, die mich vor der Sonne schützte.
Elena hatte es letztendlich geschafft, durch Diplomatie und gutes Zureden.
Mit meiner Methode hätte es schneller geklappt, aber die hätte Elena niemals zugelassen.
„Dort, Katherine.
Ich will es wissen“, meinte sie eindringlich zu mir und ich wusste, wenn sie so war, dann ließ sie keine weitere Diskussion zu.
Ich ahnte dass es hierbei vor allem um Elijah ging.
Sie verband ihr Glück automatisch mit ihm.

Wir kamen zu einem Stand, wo viele Amulette an Ständern baumelten, aber auch einige einfach auf den Tisch lagen.
Ich fasste gegen eines dagegen, was mir einen kleinen Stromstoß verpasste.
„Sie sind durchaus Wirkungsvoll, da können sie mir zustimmen, oder?“, fragte eine Frau mit einem amüsierten Klang, aber ihr Gesicht schien bitter ernst zu sein.
Ihre Haare waren streng nach hinten gebunden und waren anfänglich grau, früher einmal waren sie allerdings eindeutig blond gewesen.
Sie hatte dunkelgraue Augen, die uns zu ergründen schienen.
„Wir sind hier…“
„… um den richtigen Ort für euer Glück zu finden“, kam sie meiner Schwester zuvor und ich fragte mich ob sie in die Zukunft sehen konnte.
„Es ist kein bestimmter Ort, eher eine Gruppe die von Stadt zu Stadt zieht.
Ihr kennt sie bereits, es sind Freunde von euch.
So werdet ihr eine Helferin finden und schlussendlich auch euer Glück.
Es ist kein Ort, sondern ein Weg“, erklärte sie uns und ich hasste es das Hexen sich immer so ungenau ausdrücken mussten.
Sie konnten nie präzise Aussagen machen, die einem halfen.
„Wieso hilfst du uns?
Wir sind Vampire“, erinnerte ich sie wohl an das offensichtliche, aber ich war an diese Hilfsbereitschaft einfach nicht gewohnt.

Ihr Gesicht wurde nicht milder, wahrscheinlich beherrschte sie nur diesen ernsten Ausdruck.
Sie zuckte mit den Schultern, als wäre es belanglos, aber auch offensichtlich.
„Wir sind alle Übernatürliche-Wesen, wir sollten zusammenhalten.
Die Menschen schaden uns schon genug, da müssen wir uns nicht auch noch gegenseitig bekämpfen.
Außerdem“, setzte sie an und gespannt sah ich sie an.
Ich zog eine Augenbraue hoch und Elena fragte nach: „Außerdem?“
„Außerdem verdient jeder sein Glück, wir sollten uns alle dabei helfen es zu erreichen.“
Ich wusste nicht was ich dazu sagen sollte, aber Elena fand diese einfachen aber genau richtigen Worte.
„Vielen Dank“, sagte sie und lächelte.
Sie lächelte so schön, so lieblich, dass es mich das kommende Glück schon erahnen ließ.
Das war nicht nur ein magischer Ort.
Magie herrschte überall.
Sie umgab uns.
Aber hier hatte man es verstanden und auch akzeptiert.



Kapitel 74: Blumen




„Blumen sind zerbrechlich und kurzlebig. Wie sehr wir sie auch vor Regen und Wind beschützen wollen und Zäune um sie herum bauen, sie welken, weil sie die Sonne brauchen und wenn ein Sturm kommt, kann ein kleiner Zaun sie auch nicht davor beschützen.“ (Detektiv Conan)




Elijahs Sicht:
Ich hatte mir den Ort meiner Kindheit angesehen.
Wie es der Zufall wollte, hatten sich ausgerechnet hier Katerina und Helena niedergelassen.
Das Schicksal wollte mich eindeutig zu Narren halten.
Ich hatte mich nach den Zwillingen erkundigt.
Katherine und Elena Pierce, wie sie hießen.
Ein wirklich guter Trick um ihre Spuren zu verwischen, wie anerkennend zugeben mussten.
Sie hatten angegeben ihre Familie in einem Feuer in Atlanta verloren zu haben, wo sie nur knapp fliehen konnten.
Flucht traf es tatsächlich sehr gut, das einzige was wirklich wahr war.
Natürlich auch das ihre Familie tot war, schließlich hatte ich gesehen was Klaus mit ihnen angestellt hatte und ich hatte die Menschen später darauf aufmerksam gemacht, sodass sie ein anständiges Begräbnis bekamen, auf dem ich sogar gewesen war.
Egal wie verletzt ich wegen Helena damals gewesen war, so hatte mir der Verlust ihrer Familie doch leid getan, das hatte niemand verdient.
Aber Klaus konnte man in seiner Rache nicht aufhalten, nicht ohne dabei selbst ins Visier zu kommen.

Katherine und Elena waren hier bei der Familie Salvatore untergekommen.
Eine der Gründerfamilien der Stadt.
Lachhaft.
Aber so wusste ich zumindest wo sie zu finden waren, das war schon einmal wichtig.
Das was mich jetzt wirklich frustrierte war, das Helena tatsächlich mit diesem Jungen zusammen war, Damon Salvatore, den ältesten Sohn.
Im Rückblick wünschte ich mir, dass ich ihn umgebracht hätte, als ich die Chance dazu hatte.
Doch wenn ich es jetzt machen würde, im vollen Bewusstsein wer er war, so würde mir das, Helena nie verzeihen, egal was sie noch für mich fühlen mochte.
Ich lehnte meinen Kopf nach hinten und schloss die Augen.
Ich eri

Kapitel 75: Pures Glück




„Der einzige Fehler einer Frau ist, dass sie vergisst, was sie wert ist, wenn sie verliebt ist.“ (Autor unbekannt)





Elenas Sicht:
Sorgen.
Das war es, was mich plagte.
Zum einen Elijah.
Die Nachricht, dass er hier war, hatte mich wirklich geschockt und ich hatte nicht einmal die Möglichkeit mit meiner Schwester darüber zu sprechen.
Dann natürlich Damon.
Egal wie ich es auch drehte und wendete, ich verstand seine Reaktion beim besten Willen nicht.
Er hatte in keinem Moment Angst gezeigt, zumindest nicht sehr viel und das war eigentlich damit schon zu wenig.
Außerdem liebte er mich noch immer.
Nachdem er es mir mehrfach versichert hatte, konnte ich keine Zweifele mehr daran hegen, aber warum?
Das erste Mal als ich von Vampiren erfuhr, war ich völlig erstarrt gewesen.
Aber für Damon schien es immer noch das wichtigste zu sein mit mir zusammen zu sein.
Im Gegenzug dafür schuldete ich ihm zumindest Ehrlichkeit.

Als ich meine Kleidung als angemessen befand, wandte ich mich von meinem Spiegelbild ab, ging aus dem Zimmer und die Treppe hinunter.
Wie schon so oft wartete Damon am Treppenansatz auf mich und sah mich unentwegt an.
Ich schenkte ihm ein leichtes Lächeln, wobei ich ihm meine Hand reichte, die er kurz küsste, bevor er mir seinen Arm anbot.
Ich harkte mich bei ihm unter und wir gingen nach draußen.
Auch wenn es sonst anders war, diesmal bestimmte ich den Weg und ich wählte einen der weg vom Haus führte, sodass wir alleine reden konnten.
Damon grinste mich frech an.
„Ohne Anstandsdame verschwinden wir beide allein aus der Sicht des Hauses?
Was könnten die Leute sagen?“
Leicht tadelnd schlug ich Damon gegen den Arm für seine Aussage, da ich genau wusste, das ihm so etwas nichts ausmachte.
Ich hielt im Wald an und löste mich von Damon.
„Wollen wir uns setzen?“, fragte er und deutete auf den umgefallen Baumstamm.
Gerade wollte ich verneinen, da nahm er sein Jackett ab und legte es auf den Baumstamm. Dann nahm er meine Hand und führte mich zu dem Platz.
Als ich saß, setzte er sich zu mir und kurz entstand eine Stille, die ich aber nicht wirklich aushielt.

„Wie kannst du mich tatsächlich noch lieben?“, platzte es aus mir heraus.
Das war meine Angst gewesen, doch er liebte mich, anscheinend bedingungslos.
Ich verkniff mir meine Tränen und schloss meine Augen.
Erstaunt öffnete ich sie allerdings wieder, als ich spürte wie Damon meine Hände in die seinen nahm und sie behutsam drückte.
Er führte sie zu seinem Mund und küsste sie.
„Ich hab mich in ein Mädchen verliebt, das immer korrekt ist und auch jetzt, wo ich heraus fand, das sie stark genug ist, darauf nichts zu geben, setzt sie sich immer noch nicht einfach so auf einen Baumstamm.
Immer noch ist sie höflich, freundlich und zurückhaltend.
Ich hab mich in dich verliebt, Elena.
Was du bist macht dich nicht anders und spielt somit keine Rolle.
Das was zählt bist du, deine Seele und die ist unabhängig von dem anderen.
Sie zeichnet dich aus und das ist es, was ich an dir liebe.“
Ich sah ihn an und alles was ich aus seinem Gesicht las, war aufrichtige Liebe und Ehrlichkeit.

Dankbar lächelnd erwiderte ich seinen Blick.
„Das sagst du jetzt, aber du weißt nicht was ich bin.“
Er zuckte mit den Schultern, als wäre es nicht weiter wichtig.
„Eine Art Dämon, aber das ist mir egal. Du bist trotzdem noch Elena“, sagte er sogleich.
Er war so lieb zu mir und glaubte nur das Beste und das Gute in mir.
„Damon, ich bin ein Vampir.
Weißt du was das bedeutet?“
Er sah mich erstaunt und nickte dann ganz langsam.
„Du bist unsterblich“, fing er an und ich nickte bestätigend. „Ich wurde 1475 in Bulgarien geboren“, präzisierte ich ihm die Tatsache.
Er sah erstaunt und auch fasziniert aus.
Er fuhr mir mit seiner Hand über die Wange. „Du bist wunderschön“, hauchte er und ich musste lächeln. Das war nun keine wirkliche Eigenschaft eines Vampires.
„Aber du verbrennst nicht in der Sonne“, meinte Damon zweifelnd und runzelte die Stirn.
Ich zog die Kette, die immer um meinen Hals lag, hervor.
„Sie schützt mich vor dem Sonnenlicht. Eine Hexe hat den Stein verzaubert. Dadurch fallen wir nicht so auf und können natürlich das Sonnenlicht genießen“, erklärte ich ihm.
Er streichelte weiter über mein Gesicht und strich mir dann ein paar Haarsträhnen hinters Ohr.

„Du trinkst Blut“, flüsterte er.
Wieder musste ich bestätigend nicken.
„Zur Nahrung“, stimmte ich ihm zu.
„Es ist schwer mir vorzustellen, wie du jemanden tötest. Du bist viel zu sanft.“
Seine Stimme klang so ungläubig, was mir ein gutes Gefühl gab, das er an mich glaubte.
„Ich muss niemanden töten, um sein Blut zu bekommen.“
Ich fuhr mit meiner Hand über seinen Hals und spürte wie er unter meiner Berührung erschauerte.
„Ich könnte mir deines nehmen und es dich vergessen lassen. Du würdest nichts bemerken.“
Er nahm meine Hand uns sah entschlossen aus.
„Du kannst jederzeit mein Blut haben. Ich will dir alles geben was du brauchst!“
Ich konnte in seinen Augen sehen, wie ernst er diese Aussage meinte. Lächelnd schüttelte ich den Kopf.
„Ich würde dir doch niemals dein Blut nehmen, um mich zu ernähren. Dafür liebe ich dich zu sehr“, schlug ich ihm den Gedanken damit hoffentlich aus dem Kopf.
Er schien es zu verstehen, aber ich glaubte er war auch enttäuscht.
„Wie bist du ein Vampir geworden?“, fragte er weiter nach.
„Meine Schwester wurde verwandelt und sie verwandelte mich. Sie wollte die Ewigkeit nicht allein verbringen.“

Stirnrunzelnd sah er mich an.
„Du wolltest dieses Leben nicht. Sie hat dich gezwungen“, stellte er fest.
Ich wollte etwas erwidern, meine Schwester verteidigen, doch er kam mir zuvor.
„Du sagst niemals etwas schlechtes über einen anderen und wenn dann formulierst du es nett.“
Damon kannte mich ziemlich gut.
Selbst mir war das nie so bewusst geworden.
Ich schaute auf den Boden, wusste nicht was ich sagen konnte, um meine Schwester zu verteidigen.
Das zu rechtfertigen was sie getan hatte.
Ich wusste es war falsch und trotzdem hatte ich ihr natürlich vergeben, sie war meine Schwester.
Was sollte ich auch sonst tun?
Ewig auf sie wütend sein?
„Die Ewigkeit, wie ist die so?“
Die Frage überraschte mich wirklich und schaute ihn in seine unglaublichen blauen Augen, die mich immer wieder aufs Neue faszinierten.
„Lang.“
Eine wirklich sehr schlichte Aussage, aber sie entsprach vollkommen der Wahrheit.

Man brauchte jemand in der Ewigkeit und wenn es nur ein Begleiter war, wie meine Schwester.
Sonst würde sie öde und einsam sein.
Aber selbst mit Katherine hatte ich ständig diese Leere empfunden und durch Elijah hatte ich gewusst was mir fehlte.
Er.
Seine Liebe.
Die Liebe generell.
Bedingungslose, aufrichtige Liebe.
Wie die von Damon.
„Was sind die schlechten Seiten?“, fragte er und ich dachte an die Einsamkeit, aber das war nicht die Regel.
„Das Sonnenlicht, nur für diejenigen die das Geheimnis der Lapislazuli-Steine nicht kennen.
Der ständige Blutdurst, gegen den du ankämpfen musst und nie ganz verschwinden wird, egal wie viel du getrunken hast.
Du kannst nie lange an einem Ort bleiben, da du nicht alterst und die Menschen die du in dein Leben lässt, deren Ende musst du akzeptieren, denn irgendwann werden sie sterben.
Wir können keine Kinder bekommen.“
Keine Kinder, das war für mich ein Treffer gewesen, denn ich hätte gerne Kinder gehabt, es wäre sicher schön gewesen.
Ich liebte Kinder und hatte mir immer eine große Familie gewünscht, so wie ich in einer aufgewachsen war.
Ich hatte aus Liebe heiraten wollen, sodass mein Mann mich liebte und nicht so mürrisch war, wie mein Vater.

„Was sind die guten Seiten?“, fragte Damon weiter.
Gute Seiten…
„Ich… nun du wirst nicht sterben und manche mögen die Zeit die sie haben, wenn man einander hat, ist es sicher auch schön.
Du kannst die ganze Welt sehen, du hast alle Zeit der Welt, das zu tun was du willst, das zu lernen was du willst.
Alle Möglichkeiten stehen dir offen, es gibt keine Grenzen.
Du kannst andere beeinflussen und ihnen deinen Willen aufzwingen. Außer ein Mensch kennt das Geheimnis des Eisenkrautes, es schützt vor Beeinflussung und wirkt für uns wie Gift, genauso schlimm wie Sonnenlicht.“
Ich fasste zu dem Medaillon, das an der Tasche des Jacketts befestigt hatte, die auf dem Baumstamm lag.
„Darin hab ich welches getan und mit der Beeinflussung konnte ich den Boten für mich gewinnen.“
Erkenntnis spiegelte sich in seinen Augen wieder.
Jetzt hatte er eine Antwort auf seine Fragen und verstand auch viele meiner Andeutungen.
„Wie hast du mich geheilt?“, fragte er, eine in der Tat noch offen stehende Frage.
„Ein weiterer Vorteil, unser Blut kann alle Verletzungen heilen.
So funktioniert auch die Verwandlung.
Wenn du mit Vampirblut in deinem Kreislauf stirbst, erwachst du wieder. Dann musst du Menschenblut trinken, um die Verwandlung zu vollenden, andernfalls stirbst du.“
Ich hatte darüber nachgedacht zu sterben.
„Wir haben verbesserte Sinne, man sieht die Welt ganz anders als ein Mensch. Es ist nicht wirklich erklärbar.
Man ist schnell und stark.
Wir können nicht verletzt werden, außer durch Holz und Eisenkraut. Niemand ist stärker als wir, untereinander definiert sich unsere Stärke mit dem Alter.
Umso älter du bist, umso stärker bist du.
Feuer kann uns verbrennen und wir müssen hereingebeten werden, sonst sind wir nicht in der Lage ein Haus zu betreten.
Hexen haben die Kraft mit ihrer Magie Blutergefäße platzen zu lassen und Aneurysmen zu erzeugen.
Sehr schmerzhaft.“
Ich machte eine Pause und ließ Damon Zeit das alles zu verarbeiten. Ich wusste es war eine Menge und ich erinnerte mich daran, wie schwer mir das alles gefallen war.
Das war eine grobe Zusammenfassung von dem, was mir gerade dazu einfiel.
Eine lange Zeit fielen keine Worte zwischen uns, bevor mich die nächsten erschütterten.
„Verwandelst du mich?“



Kapitel 76: Verständnis




„In ihrer ersten Leidenschaft liebt die Frau ihren Geliebten. In all den andern liebt sie allein die Liebe.“ (Lord Byron)




Damons Sicht:
Das war viel.
Unglaublich viele Informationen auf einmal und ich versuchte sie zu verarbeiten.
Es mir vorzustellen.
Ich dachte an Elenas Gesicht, als es sich so eigenartig verwandelt hatte.
Sie war unsterblich und ich dachte daran, dass sie irgendwann weiterziehen würde und dann wollte ich mit ihr kommen.
Egal wie das alles sein würde, es änderte trotzdem nichts an meinen Wunsch für immer bei ihr sein zu wollen.
All meine Zeit mit ihr zu verbringen und die Ewigkeit wäre dabei gar nicht so schlecht.
Dabei steckte ich meine Angst und Unsicherheit weg, die ich hatte, aber das andere überwiegte nun einmal.
„Verwandelst du mich?“, fragte ich frei heraus und damit schien ich sie wirklich zu überraschen.
Ihre Augen weiteten sich ungläubig.
„Ich will für immer bei dir sein, Elena.
Für immer.
Du hattest recht, Ewigkeit ist bei dir ein anderes Wort.
Aber es ändert nichts an meinen Wunsch.
Ich will mir nicht vorstellen dich irgendwann ziehen zu lassen, dass du die Ewigkeit ohne mich verbringst.
Das schmerzt.
Ich will es sein, der an deiner Seite ist, für all die Zeit.
Wenn du das auch willst, würdest du mich dann verwandeln?“

Die Ungläubigkeit verzog sich langsam und machte einer Mischung aus Schmerz und Freude Platz, was eigenartig aussah, da sich ihr Gesicht von Sekunde zu Sekunde wandelte.
Es war als würde sie sich selbst quälen, als würde der Gedanke dass sie glücklich über meine Worte ist quälen.
War es wirklich so schlimm?
Sie war es diesmal, die nach meinen Händen fasste und brachte so das stetige Feuer in mir dazu höher zu schlagen.
„Ich will das, Damon.
Versteh mich nicht falsch, ich wünsche mir so sehr das du ewig bei mir bist und ich bin so glücklich das du mich noch immer liebst.
Aber ich bitte dich, alles zu überdenken.
Nimm dir die Zeit, die wir anderen alle nicht hatten und überleg es dir genau.
Lass dir vorher alles erklären und auch von Katherine.
Sprich nicht nur mit mir deswegen.
Es gibt so viele Fassetten und ich will nicht, das du später etwas bereust.“
Sogleich schüttelte ich den Kopf.
„Ich werde es nicht bereuen!“, versicherte ich ihr sofort.
Nichts was mit ihr zu tun hatte, konnte ich bereuen.
All mein sein konzentrierte sich auf sie.
Sie war mir das wichtigste und liebste auf der ganzen Welt, sie war meine Welt.
Nur durch sie erhielt alles Glanz und Schönheit, ein Leben, welches auch immer, war ohne sie einfach nur trostlos.

Intensiv sah sie mir in die Augen.
„Ich bitte dich, Damon.
Ich will es auch, aber bitte versuch vorher alles zu verstehen“, bat sie mich eindringlich und ich konnte nur auf ihre flehende Stimme nicken.
Sie war so eindringlich.
„Manipulierst du mich?“, fragte ich lächelnd und nicht bös gemeint, weil ich ihren Einfluss auf mich wirklich überwältigend fand.
Sie schüttelte lächelnd den Kopf. „Nie!“ Und dieses Wort klang wie ein Versprechen.
Ich nickte dann auf ihre vorherige Bitte.
„Ich werde mir vorher alles anhören.
Was gibt es noch zu wissen?“, fragte ich und sie legte den Kopf schief.
Sie nickte auffordernd. „Frag erstmal!“, meinte sie und ich dachte nach.
Was könnte ich noch wissen wollen?
Aber dann fiel mir etwas ein.
„Was ist mit meinen Bruder? Wird er Katherine begleiten?“, fragte ich sie, weil ich nicht wirklich eine Ahnung hatte, was das genau zwischen ihnen war.
Ich wusste dass mein kleiner Bruder völlig vernarrt in sie war, aber ich wusste nicht was Katherine für ihn fühlte, sie war schwer zu durchschauen und das sie ein Vampir war, veränderte anscheinend alles wirklich drastisch.
Ernst und Ewigkeit hatte einen anderen Stellenwert bei ihnen.
Nur weil ich Elena anscheinend so viel bedeutete, hieß das nicht, dass bei Katherine ebenfalls so war.

Elena wiegte ihren Kopf etwas, als müsste sie genau überlegen.
„Stefan ist Katherines Sache, ich weiß nicht was sie vor hat.
Aber ich versichere dir, ihre Absichten sind ehrenvoll ihm gegenüber, zumindest jetzt. Sie ist verliebt“, erklärte sie mir.
Verliebt.
Verliebt, das bedeutete noch nicht Liebe.
Aber es war schon einmal ein Anfang.
Ich schmunzelte über ihre Wortwahl. „Ihre Absichten sind ehrenvoll? Sagt man das sonst nicht eher bei einem Jungen?“, fragte ich nach.
Ihr Kichern erklang und es ließ mein Herz flattern.
„Eigentlich schon, aber bei Katherines ist es auch eine treffende Wortwahl“, gab sie an und ihre Schwester musste wohl komplexer sein, als ich es mir vorstellen mochte.
Eine Stille entstand und da ich die Geräusche des Waldes waren für mich nur ein Flüstern.
Mir kam ein wichtiger, erschreckender Gedanke.
„Was ist mit meinen Gefühlen?
Ändern sie sich?
Ich werde dich doch noch lieben?“, fragte ich schockiert und besorgt, denn meine Liebe zu ihr war das wichtigste für mich.
Sie war es die mich im Augenblick definierte.

Elena lächelte und es beruhigte mich, noch bevor sie mit dem sprechen ansetzte.
„Gefühle ändern sich natürlich, aber sie schwanken nicht auf einmal, sondern sie werden verstärkt und alles gerät durcheinander.
Sagen wir, du empfindest Wut, dieser wird zu Hass.
Ein kleiner Funken deiner Gefühle verstärkt sich tausendfach und wird so zu einem ganzen Waldbrand.
Trauer wird dir Qualen bereiten, Schuld eine unendliche Last.
Freude wird zu purer Glückseligkeit.
Spaß ist nicht mehr aufzuhalten.
Ideen überfluten deinen Kopf und deine Handlungen werden impulsiv und spontan, etwas wogegen du ankämpfen solltest, damit es nicht zu stark wird.
Manche haben eine natürliche Besonnenheit, die dagegen wirkt, aber manchmal überwältigt uns der Strudel der Gefühle einfach, sodass wir nichts dagegen tun können.
All deine Charaktereigenschaften und Gefühle werden so präsent, das sie dich neu definieren.
Kleinigkeiten haben große Ausmaße.
Und was deine Liebe angeht, Damon.
Sie ist es, die dich retten wird, wenn sie so stark ist, dass du glaubst, dass sie dir jetzt das wichtigste ist, dann wird sie dir helfen.
Wenn du das hast, dann wirst du alles andere meistern.
Unzerreißbar stark und du wirst nie loslassen können.
Sie wird dich immer begleiten und egal selbst wenn du es willst, nie wirst du sie ganz loslassen und überwinden können.“

Ich sah in ihren Augen dieses Leid und den Schmerz und in diesem Augenblick wurde mir klar, dass sie wusste wovon sie redete.
Sie hatte schon eine Liebe für die Ewigkeit.
„Ist er tot?“, fragte ich und ich wusste nicht, ob ich mir das tatsächlich für sie wünschen sollte.
Sie schüttelte den Kopf.
„Er lebt und ich…
Ich liebe ihn, Damon.
Ich liebe ihn noch immer und ich werde es immer tun.
Es ist etwas das man nicht loslassen kann, da es ein Teil meines Ichs ist und mich ausmacht.
Mich immer begleiten wird.“
Ich sah ihr in die Augen und verstand wie viel Schmerzen ihr das bereitete.
Ich dachte daran, sie zu verlieren, nicht durch den Tod, sondern einfach nur daran, wie es war von ihr getrennt zu sein und dann dazu die Ewigkeit.
Grauenvoll.
Totalschaden.
Sie sagte mir nicht, dass sie mich mehr liebte oder versicherte mir auch nicht, das ich ihr wichtiger war.
Ich wusste es, als ich in ihre Augen sah.
Als wäre ich die Heilung für ihr Leiden und noch viel mehr.
„Erzähl es mir, die Geschichte die dahinter steckt“, bat ich sie.

Elena stand auf und reichte mir mein Jackett, das ich wieder überstreifte.
Sie nahm meine Hand und gemeinsam gingen wir durch den Wald, einen großen Umweg, bevor wir wieder nachhause gingen.
„Ursprünglich hießen Katherine und ich, Katerina und Helena Petrova.
Wir hatten unsere Namen abgewandelt, damit es nicht so leicht war uns zu finden.“
Verwirrt blinzelte ich. „Wieso finden?“
Aber sie reagierte nicht auf meine Unterbrechung. „Erinnerst du dich an das Gedicht, was du mir gegeben hast?
Helena, es war so überraschend, unbewusst hast du mich bei den Namen genannt, den ich vor Jahrhunderten trug.“
Sie machte eine Pause und ich fuhr ihr kurz mit der freien Hand über die Schläfe und durchs Haar, sie lächelte mich glücklich an.
Anscheinend gab es ihr die benötigte Kraft, denn sie fing an zu erzählen.
Darüber wie Katerina unehelich schwanger wurde, wie wütend ihr Vater war und sie verbannte, wie sie trotz ihrer Liebe zu ihren Brüdern und Eltern zu ihrer Schwester hielt.
Wie sie beide nach England kamen und dort dann auf die Brüder Klaus und Elijah trafen, von denen sie nicht wussten das sie Vampire waren, was für eine Ironie.
Wie sie sich in Elijah verliebte, zum ersten und einzigen Mal in ihrem Leben.
Sie versuchte ihre Gefühle zu beschreiben und ich drückte ihre Hand zur Unterstützung, denn bei dem Teil der Geschichte, in der es um Elijah ging, weinte sie fast nur.
Noch nie hatte ich sie so in meinem Leben gesehen.
Sie erzählte mir davon wie sie durch Katherine die Wahrheit erfuhr und von ihrer Flucht.
Auch von den Qualen und der Enttäuschung ihrer Liebe.
Was mich überraschte war, das sie mich auch als Teil der Geschichte sah.
Sie erzählte mir alles aus ihrer Sicht, fast schon neutral und so bestätigte sie mir, dass ich kein Ersatz war.
Doch am glücklichsten machte mich der letzte Satz.
„Ich hab mich für dich entschieden, Damon und das werde ich immer tun. Ich wählte zwischen euch und ich wählte dich.“



Kapitel 77: Wieder verliebt




„Liebe ist wenn man über einen anderen Menschen mehr nachdenkt als über sich selbst.“ (Autor unbekannt)




Katherines Sicht:
Glücklich tanzte ich im Zimmer herum, hatte meine Arme ausgebreitet und drehte mich im Kreis.
Immer und immer wieder.
Vielleicht sah es elegant aus, vielleicht auch nicht.
Ich fühlte mich wieder wie ein kleines Mädchen, das ich schon lange nicht mehr war.
Es war mir gerade alles egal.
Was ich war.
Was für eine Gefahr uns allgegenwärtig bedrohte.
Alles war unwichtig.
Ich fühlte mich beschwingt, glücklich und frei.
Stefan, glücklich fasste ich mir an die Lippen, wenn ich an ihn dachte.
An seinen Kuss, an sein wunderschönes Geständnis.
Er liebte mich.
Er liebte mich, so wie ich es mir immer gewünscht hatte.
Immer hatte ich mir einen Mann gewünscht, der mich so liebte, so offensichtlich und so tief.

Zum ersten Mal war ich mit meinem Leben vollkommen zufrieden, vollkommen mit allem im Reinen.
Ich spürte keine Eifersucht auf die Liebe zwischen Damon und Elena.
Denn der Mann, den ich liebte, sah mich so an, wie ich es mir immer erträumt hatte.
Ich hatte immer einen Prinzen in meinem Leben gesucht, wie es in Märchen davon die Rede war, aber nie hatte ich ihn gefunden.
Klaus war es nicht gewesen, so sehr ich es auch geglaubt und mir gewünscht hatte.
Endlich aber hatte ich ihn gefunden.
Stefan.
Wie hatte ich das all die Monate nur übersehen können?
Er war nicht einfach nur ein Junge zum spielen, er war der Junge, der für mich. Der mich in der Ewigkeit begleiten würde.
Er war süß und lieb zu mir.
Er liebte mich und ich ihn.
Unbeschwert ließ ich mich aufs Bett fallen und kicherte bei den Gedanken, die ich hatte.


Stefan, Stefan, Stefan, Stefan, Stefan, Stefan, Stefan, Stefan, Stefan, Stefan, Stefan, Stefan, Stefan.
Wie Endlosschleife erklang der Name immer wieder in meinen Kopf.
So lieblich und so schön.
Ich fühlte mich wie ein Mensch, so verliebt war ich. Wie ein Mädchen, damals. Noch nicht gelangweilt von dem endlosen Leben.
Wie ein Kind, das etwas neues bisher Unentdecktes gefunden hatte, das aber wichtig und unersetzlich im Leben wurde.
Es war kaum zu beschreiben, nicht wirklich in Worte zu fassen.
Glück und Liebe waren dagegen nur lose Worte.
Ich wusste das ich Klaus geliebt hatte, so wie ich wohl Stefan jetzt in diesem Augenblick liebte.
Aber glücklich war ich trotzdem erst jetzt, denn meine Gefühle wurden erwidert.
Ich konnte es sehen, wie sehr Stefan mich liebte.
Nicht so sehr wie ich ihn, da er ein Mensch war und seine Gefühle so automatisch weniger waren, aber so viel, wie es einem Menschen wohl möglich war.

Stefan, Stefan, Stefan, Stefan, Stefan, Stefan, Stefan, Stefan, Stefan, Stefan, Stefan, Stefan, Stefan.
Mir gefiel der Gedanke an ihn so sehr.
Ich summte vor mich hin, eine schöne fröhliche Melodie aus meinen Kindertagen.
Wenn ich mit Elena als Kind herum gehüpft war, im Kreis.
Ein Klatschspiel, das wir gemacht hatten und dazu diese Melodie.
Irgendwas mit Liebe, Verloben und Heiraten und dann Kinder.
„Verliebt, Verlobt, Verheiratet.
Wie viel Kinder wirst du dann wohl kriegen?
Eins, zwei, drei, vier, fünf…“
Es ging immer so weiter, bis eine von uns einen Fehler gemacht hatte. Nicht ganz realistisch waren wir über hundert gekommen.
Mutter hatte es uns beigebracht, so hatten wir zählen gelernt.
Das war viel lustiger gewesen, als mit Vater abends zu lernen und seine strengen Worte zu lauschen.

In Stefan hatte ich den passenden Mann in meiner Kindheitsträumereien gefunden.
Die wahre Liebe, so wirklich hatte ich nie daran geglaubt, das waren immer Elenas Gedanken gewesen.
Ich hatte ihn schon begraben, nachdem mein Vater den Mann, dem ich ein Kind geschenkt hatte, getötet hatte.
Obwohl ich immer auf der Suche nach meinem Traumprinzen gewesen war, merkte ich erst jetzt, dass es die wahre Liebe war, nach der ich mich sehnte.
Es ging nicht um den perfekten Mann, es ging um den Mann der mit mir die wahre Liebe teilte, der meine Gefühle im selben Maß erwiderte.
Das war nicht Klaus gewesen, es war Stefan.
Auf ihn hatte ich all die Jahrhunderte unwissend gewartet.
Es gab Hoffnung.
Ich spürte dass es auch für mich Hoffnung gab.
Stefan war das für mich und Elena hatte Damon.
Sie hatte jemand neues und das nahm mir die Schuld mit Elijah.
Es gab nun ein neues Wir, es bestand aus uns vieren und wir waren das wichtigste, wie es schon immer gewesen war.

Ein klopfen holte mich aus meinen Gedanken, in die ich so merkwürdig vertieft war und schnell sprang ich auf und machte mich zurecht, so dass ich vorzeigbar war.
Vampir zu sein, hatte in so einem Fall wirklich Vorteile.
Ich hörte den Herzschlag vor der Tür und mir stieg sein einzigartiger Geruch in die Nase, sodass ich genau wusste wer dort auf mich wartete.
Freundlich lächelnd öffnete ich die Tür.
„Guten Tag, Stefan“, begrüßte ich den Jungen freundlich, der mir mein Herz erneut gestohlen hatte, obwohl ich geglaubte hatte, das es nie wieder passieren würde.
Aber merkwürdigerweise war ich deswegen nicht traurig, sondern sogar ziemlich glücklich.
„Guten Tag, Katherine. Sie sehen wunderschön aus“, sagte er mir lächelnd und ich konnte nur grinsend.
Es war auch schön, das wir uns wieder beim Vornamen nannten.
Auch wenn es gestern ein schönes Spiel gewesen war, so mochte ich diese Vertrautheit, die wir so hatten und allen zeigen konnten.

„Danke, Stefan.“
Lächelnd fasste ich ihn an dem Kragen seines Hemdes und richtete ihn unnötigerweise, aber es war toll so ganz nah bei ihm zu sein.
„Du siehst auch ganz passabel aus“, meinte ich grinsend und konnte mir ein Kichern nicht verkneifen.
Meine Verliebtheit brachte mich wirklich dazu wieder ein kleines Mädchen zu sein.
Langsam senkte er seinen Kopf zu mir und ich zersprang fast vor Glück, als seine Lippen meine berührten.
Das konnte gar nicht oft genug passieren.
Sie waren so warm und süß. Schöner als alles andere, was man kosten konnte.
Sinnlich und sanft, aber so lang, dass ich die Zeit um uns vergaß.
Oder vielleicht war sie ganz einfach nur vollkommen unwichtig geworden.
Es war schon traurig als ich mich von ihm lösen musste, da ich wusste, dass er den Atem brauchte, im Gegensatz zu mir.
Trotzdem blieb ich nah bei ihm und spürte seinen beschleunigten Herzschlag an meiner Brust.
„Wir sollten runter gehen, zum Essen“, flüsterte ich gegen seine Lippen, aber wir bewegten uns trotzdem kein Stück.
Wie lange wir so verweilten war mir nicht klar, aber es war wunderschön einfach nur bei ihm zu sein.

Irgendwann aber nahm Stefan meine Hand und ohne ein weiteres Wort zu wechseln gingen wir nach unten.
Es war so, als wären Worte nicht mehr wirklich nötig.
Als wäre alles was wir brauchten, der jeweils andere.
Wir gingen zuerst in den Salon, da noch niemand dort war.
Ich spürte auch, das Damon und Elena noch nicht hier waren, zumindest konnte ich Damon nirgendwo ausmachen.
Elena war etwas anderes, aber ich wusste dass meine Schwester mit ihm zusammen unterwegs war.
Als wir eintraten, stand Guiseppe von einem Sessel auf.
„Guten Tag ihr beiden.
Wir haben heute einen Gast, der uns Gesellschaft leistet.“
Verwirrt runzelte ich meine Stirn und bemerkte erst dann, dass jemand Stefans Vater gegenübersaß, mit dem Rücken zu uns.
Aber dieser jemand war kein Mensch und als er aufstand, wusste ich es noch bevor er sich zu mir umdrehte, dass ich schreien und weglaufen wollte.



Kapitel 78: Der Gast




„Das größte Problem mit der Kommunikation ist die Illusion, sie sei gelungen.“ (George Bernard Shaw)




Stefans Sicht:
Ich bemerkte, wie sich Katherine neben mir unweigerlich versteifte, noch bevor sich der Gast meines Vaters zu uns umdrehte.
Er ging um das Sofa herum und wandte sich, wie es sich gehörte zuerst Katherine zu.
Nur zögernd reichte sie ihm ihre Hand, die er küsste.
Auch wenn es kurz und wenig sinnlich war, brachte mich das schon wieder dazu, ihn von ihr wegschubsen zu wollen.
„Guten Tag, mein Name ist Elijah Mikaelson“, stellte er sich freundlich vor.
„Katherine Pierce“, sagte das Mädchen an meiner Seite ziemlich knapp und zu meiner Verwunderung auch ziemlich unsicher, was wirklich nicht zu ihr passte.
Sie machte nur einen knappen Knicks.
Dabei schien dieser Mikaelson ein ziemlich freundlicher Typ zu sein.
Sein Lächeln war sympathisch und er war sehr höflich.
Er reichte mir seine Hand, die ich schüttelte. „Stefan Salvatore“, stellte ich mich vor und er nickte mir zu.

Dann trat er zur Seite und mein Vater trat auf uns zu, sodass wir uns unterhalten konnten.
„Ich danke ihnen nochmals, dass sie mich in ihr Haus eingeladen haben, Mister Salvatore.
Das war wirklich sehr freundlich von ihnen“, bedankte er sich bei meinem Vater und dieser nickte ihm zu.
Elijahs Augen wanderten dabei zu Katherine, die meine Hand stärker umfasste.
Was stimmte denn nur nicht mit ihr?
„Das ist doch selbstverständlich.
Wir freuen uns, das sie ausgerechnet unsere Stadt ausgesucht haben um darüber zu schreiben.“
Fragend runzelte ich die Stirn und mein Vater wandte sich erklärend an uns.
„Mister Mikaelson, schreibt über die Gründung unserer Stadt. Er ist Historiker.“
Das warf für mich nur noch viel mehr Fragen auf und fragend wollte ich mich an den Mann wenden, aber dieser erklärte sich schon lächelnd.
„Ich finde das die Gegenwart auch Geschichte ist, irgendwann zumindest wird sie es sein.
Jetzt darüber zu schreiben wird alles wahrheitsgetreu wiedergeben und ist somit ein Fund für die kommende Zukunft.
Natürlich bürgt dieses Stückchen Land auf dem die Stadt erbaut ist eine eindrucksvolle Geschichte, wie ich meinen Forschungen entnehmen konnte.
Ich war schon ein paarmal hier, aber da sah es noch ganz anders aus.
In kurzer Zeit kann sich wirklich eine Menge verändern.“

Ich war überrascht, seine Erklärungen klangen durchaus klug und durchdacht.
Wirklich logisch, wenn man es von dem Punkt aus betrachtete.
„Ist es das was sie hierher geführt hat, die Vergangenheit?“, fragte Katherine und ihre Stimme klang nun wieder so klar wie ich sie kannte.
Als hätte sie etwas in sich überwunden, aber noch immer klammerte sie sich an mich.
Elijah lächelte. „Das und die gute Gesellschaft.“ Bei diesen Worten nickte er meinen Vater zu, aber ich merkte dass seine Augen, dabei auf einen Punkt sahen, der nicht da war.
Mein Vater ging zu einer Kommode, wo der Alkohol stand und goss uns etwas ein.
„Ich kenne sie“, fiel es mir plötzlich bei diesem Blick von ihm auf, den Elijah zeigte.
Er sah mich überrascht an.
„Ich hab sie auf dem Ball gesehen.“ Er war dort gewesen und hatte Damon und Elena beobachtete, zumindest als sie einmal getanzt hatte.
Erst der Blick hatte es mir gezeigt, allerdings hatte ich ihn dort auch nur von weitem gesehen.
„Ein späteres historisches Ereignis und ein guter Ort um Menschen kennenzulernen.
Vielen Dank“, meinte er, als Vater ihm ein Glas reichte, so auch mir und Katherine bekam einen Weißwein.
Frauen tranken nie das gleiche, wie wir Männer.
Sie bekamen immer etwas, das nicht ganz so stark war.

„Auf jedenfall ist ihr Vater so freundlich gewesen mir anzubieten mich bei meinen Forschungen diesbezüglich zu unterstützen.
Die Gründerfamilien haben viele Dinge vermerkt, aber alles scheint aufgeteilt zu sein, weswegen ich alle um ihre Mithilfe gebeten habe.“
Also auch die Fells, Forbes, Lockwoods und Gilberts.
Ein wohl langes Projekt, er würde wohl eine Weile hier bleiben.
„Es scheint viel Arbeit zu sein, die sie dafür investieren müssen und wohl auch schon getan haben“, meinte Katherine und ich war verwirrt.
Das war doch wohl logisch, worauf wollte sie denn hinaus?
„Nun, Miss Pierce, ich bin sehr gründlich bei dem was ich tue.
Außerdem ist Zeit etwas, das ich ausreichend habe“, erklärte er sich und das glaubte ich ihm.
Man konnte ihm ansehen, dass er wohlhabend sein musste.
Er brauchte bestimmt sich, wie auch wir, sich um nichts sorgen und arbeitete sicher nur zum Spaß.
Wahrscheinlich war er sogar noch wohlhabender.

Ich würde es mir zwar nicht leisten können nicht zu arbeiten, da ich nicht der Erstgeborene war, aber zumindest hatte ich die Freiheit das lernen zu können, was ich wollte.
So hatte ich es mir ausgesucht Arzt zu werden, um so den Menschen helfen zu können.
„Sie sollten sich die Bibliothek ansehen, Mister Mikaelson.
Sie wurde neu errichtet und soviel ich weiß, hat sich Katherines Schwester dabei bemüht, das ein Archiv angelegt wurde, indem die Stadtgeschichte dokumentiert wurde und wird.
Das ist doch richtig, oder?“, fragte ich Vater, der zustimmend nickte.
Vater und Elena unterhielten sich öfters und soweit ich mich erinnerte war das irgendwann mal zu Sprache bekommen.
Sie hatten sich oft über die Bibliothek unterhalten, taten es auch jetzt noch.
„In der Tat.
Katherines Schwester Elena war uns eine große Hilfe bei dem Bau der Bibliothek, ich wage sogar zu sagen das sie am besten über alles was damit zu tun hat, Bescheid weiß.“
Elena und ihre Bücher, anscheinend war sie bei dem Thema wirklich nicht haltbar.
„Dann werde ich mich wohl an sie bei diesem Thema wenden“, erklärte Elijah lächelnd und ich merkte wie Katherine zusammenzuckte.
Verwirrt sah ich sie an.
Was war nur mit ihr los?
Schon die ganze Zeit über benahm sie sich wirklich eigenartig und ich konnte ehrlich nicht sagen woran es lag.
Wieder einmal verstand ich sie nicht.

Konnte es an Elijah liegen?
Aber sie hatte ihn doch eben erst kennengelernt und von seinem ersten Eindruck her schien er wirklich sympathisch zu sein.
Zumindest wüsste ich nichts was ich gegen ihn einwenden könnte.
„Das sollten sie.
Zurzeit ist sie mit meinen anderen Sohn unterwegs, aber ich bin sicher die beiden werden bald hier sein“, erklärte mein Vater.
Er schien sich nicht daran zu stören, dass die beiden unterwegs waren.
Aber ich hatte schon gestern festgestellt, dass er deswegen nachlässiger war, als bei mir und Katherine.
Ungerecht, aber was solls.
Etwas dagegen sagen konnte ich ja doch nicht.
Eine Dienstmagd kam herein und berichtete uns, das unser Essen serviert wurden sei, sodass wir uns ins Esszimmer begaben.
Gerade nachdem wir uns gesetzt hatten, hörten wir wie die Haustür aufging und ich hörte Damons unverkennbares Lachen.
Als sie in den Raum kamen, erhoben wir Männer uns, wie es sich gehörte, da Elena eintrat.
Wie auch bei Katherine weiteten sich Elenas Augen geschockt, aber sie schien sich viel schneller zu fangen, dass meine Beobachtung auch nur Einbildung gewesen sein konnte.
„Entschuldige für die Verspätung, Vater.
Wir haben die Zeit aus den Augen verloren“, entschuldigte sich Damon ehrlich und geleitet Elena zu ihrem Stuhl.
„Schon gut. Ihr seid zum richtigen Zeitpunkt hier, wir wollten gerade anfangen.
Wir haben heute einen Gast.
Das ist mein ältester Sohn, Damon und Elena Pierce“, erklärte Vater.
Elijah lächelte die beiden freundlich an, was Elena nur knapp erwiderte, was nicht wirklich zu ihr passte.
Sonst war auch sie ganz anders.
Was war nur mit den Schwestern los?
„Elijah Mikaelson“, stellte er sich vor.
Und in dem Augenblick versteifte sich auch Damon.
Was war nur mit allen los?



Kapitel 79 : Schock




„Die Dinge laufen nun mal nicht immer so, wie wir uns das vorstellen.“ (Dalai Lama)



Elenas Sicht:
Natürlich hatte Mikael mich gewarnt, doch ihn wirklich zu sehen, hier, das war einfach…
Nun zu sagen dass ich geschockt war, war dabei eine Untertreibung.
Damon geleitet mich zu meinen Platz und setzte sich dann wie üblich neben mich. Ich saß Elijah gegenüber und irgendwie war alles schrecklich.
„Entschuldige für die Verspätung, Vater.
Wir haben die Zeit aus den Augen verloren“, entschuldigte Damon uns beide.
Wir hatten beide viel zu bereden gehabt und das war uns wichtiger gewesen, als das mögliche Mittagessen.
Deswegen hatten wir von vorneherein nicht auf die Zeit geachtet.
„Schon gut. Ihr seid zum richtigen Zeitpunkt hier, wir wollten gerade anfangen.
Wir haben heute einen Gast.
Das ist mein ältester Sohn, Damon und Elena Pierce“, stellte uns Guiseppe vor.
Was sollte mir sein Lächeln sagen?
Das ich sterben würde oder einfach nur leiden?
Vielleicht auch beides.
Nur schwer schaffte ich es sein Lächeln zu erwidern, irgendwie fiel mir die kleine Geste heute äußerst schwer.
„Elijah Mikaelson.“
Sofort spürte ich, wie Damon aufrechter saß, als vorher. Klar, eben hatte ich ihm noch die Geschichte erzählt und nun saß er vor uns.
Unter dem Tisch griff ich nach seiner Hand und streichelte sie beruhigend, wobei ich sie auf mein Bein legte.

„Mister Mikaelson ist Historiker, Elena. Ich bin sicher sie finden in ihn einen ausgesprochen guten Gesprächspartner“, erzählte mir Guiseppe und ich bezweifelte das gar nicht mal.
Elijah hatten immer ein Thema gefunden, das wir diskutieren konnten.
„Was machen sie als Historiker in dieser Stadt, wo die Geschichte hier doch erst geschrieben wird?“, fragte ich nach, obwohl ich mir natürlich die Antwort ziemlich gut ausmalen konnte, so wollte ich doch wissen wie er es vor den anderen ausdrückte.
Elijah verschränkte die Hände vor sich ineinander.
So lange schon hatte ich diese Geste nicht mehr beigewohnt.
„Nun, ich hoffe der Geschichte hier beizuwohnen und ich denke an diesem Ort gibt es mehr vorborgenes und vergangenes, als es den Anschein hat.“
Sein Lächeln würde mein Herz normalerweise höher schlagen lassen, doch so machte es mir wenn dann nur Angst.
Ich runzelte die Stirn.
„In mehrfacher Hinsicht?“, fragte ich nach.
Er machte mit der Hand eine präsentierende Geste und zuckte knapp mit der Schulter. „Natürlich“, bestätigte er mir und seine Stimme klang dabei ziemlich unspektakulär.
Er war gelassener als ich oder war das nur Fassade?
Aber wieso sollte er auch ein Grund haben es nicht zu sein?
Er hatte auf diesen Augenblick sicher lange gewartet, während ich versucht hatte davor wegzulaufen.

„Also ist das der Grund warum sie hier sind?
Die Vergangenheit?“, fragte Damon und seine Stimme klang zum Angriff.
Ich drückte seine Hand ein wenig mehr, aber es bewirkte nur, das seine Stimme weniger aggressiv klang, es hielt ihn nicht gänzlich vom reden ab.
„Manchmal sollte man Vergangenes einfach ruhen lassen.“
Elijah sah ziemlich überrascht aus und das zeigte er mir auch mit seinen Blick.
Er hätte wohl nicht damit gerechnet, das auch Damon dieses Gespräch mit Andeutungen beherrschte oder zumindest das er das fundierte Wissen dafür besaß.
„Die Vergangenheit ist immer präsent, sie ist es die unsere Gegenwart beeinflusst.
Ohne sie gebe es keine Gegenwart.
Umso mehr wir darüber wissen, umso besser sind wir für das jetzt gewappnet.“
Bei diesen Worten war es Damon, dem er fest in die Augen sah und dieser wich seinen Blick nicht auf.
Leider hatte Elijah mit seinen Worten recht.
„Und auch für die Zukunft.
So können wir die Dinge besser machen“, stimmte Stefan Elijahs Aussage zu und Katherine sah deswegen überhaupt nicht glücklich sein.
Elijah schien deswegen nur amüsiert zu sein und nickte Stefan dankbar zu.

Ich war wirklich dankbar, als wir zu essen begannen.
Das hielt Damon von seinen mörderischen Blicken ab und bewahrte uns vor weiteren verhängnisvollen Sätzen.
Aber natürlich hielt das nicht ewig an.
„Miss Elena“, meinte Elijah und mir lief ein Schauder über den Rücken, als er meinen Namen sagte, dabei betonte er ihn in keiner besonderen Weise.
Aber es war einfach so, dass er wusste, dass ich nicht wirklich so hieß.
„Mister Salvatore hat erwähnt, dass sie mit der Bibliothek hier sehr gut vertraut sind.
Ich wäre ihnen dankbar, wenn sie mir diese zeigen würden und mir darüber berichten würde.“
Überrascht sah ich ihn und schaute zu Katherine, deren Gesicht Angst zeigte, aber niemand bemerkte es.
Damon verkrampfte sich erneut und ich lächelte ihn warm an.
„Sicher, das lässt einrichten“, antwortete ich brav.
„Elena und ich wollten sie uns sowieso zusammen ansehen und mir so erzählen was ich alles verpasst habe“, warf Damon ein und ich wollte es eigentlich nicht.
Nicht das er nicht dabei war, aber ich wollte nicht das er sich so in Gefahr brachte.
„Das ist doch wunderbar“, meinte Guiseppe begeistert und ich konnte einfach nur nicken, wusste nicht was ich sonst dazu sagen sollte.
Ich fing Damons Blick auf und zeigte ihm all meine Zuneigung und versuchte ihn so auch zu beruhigen.
Mir war es egal, ob Elijah das sah.
Er wusste sicher sowieso schon, dass etwas zwischen uns war, es hätte keinen Zweck es vor ihm zu verbergen.
Ich musste es nur schaffen Damon vor ihm zu beschützen.

Das Schweigen war merkwürdig am Tisch, aber ich wusste nicht was ich mit Guiseppe besprechen könnte, eigentlich wusste ich es schon, aber ich war mir sicher, dass ich mich dann auch mit Elijah unterhalten müsste.
Ihn interessierten diese Themen ebenfalls.
Katherine schien auch nicht nach reden zu Mute zu sein, was komisch war, weil ihr tausend nervige und für mich uninteressante Dinge einfielen, die sie sonst immer mit Stefan ins kleinste Detail zerlegte.
Auch Damon konnte so keinen seiner Kommentare ablassen und er schien auch nicht gewillt zu sein, zu sprechen.
Allerdings musste das eigenartig auf Guiseppe und Stefan wirken, doch ich wusste nicht wirklich was ich dagegen tun sollte, weswegen ich einfach schweigend aß.
Damon tat mir leid.
Gerade hatte ich ihn von allem erzählt, meine Geschichte und von Elijah. Er wusste dass ich ihn noch liebte, zwar das ich ihn mehr liebte, doch ich konnte mir vorstellen, dass er trotzdem eifersüchtig war.
Er hatte auch wirklich das Recht dazu, mir würde es sicher genauso gehen.

Ich schaute immer wieder von Damon zu Elijah.

Manchmal sah ich auch zu Katherine, aber die schaute andächtig nach unten.

Guiseppe begann sich irgendwann mit Elijah über den Krieg zu unterhalten und obwohl sowohl ich als auch Damon normalerweise an diesem Thema interessiert waren hielten wir uns zurück, zumindest soweit wir es uns erlauben konnte.
Als Damon angesprochen wurde, ging es natürlich nicht.
„Mein Sohn kämpfte mit im Krieg, zumindest bis er verletzt wurde.“
Als die Blicke so auf ihn fielen, nickte er nur bestätigend.
„Sie sehen wieder erholt aus“, kommentierte Elijah das Ganze. Sehr witzig, er wusste doch genau wieso das so war und das ich damit etwas zu tun hatte.
Damon lächelte darauf nur und nahm meine Hand für alle sichtbar in seine und sah mich sanft an.
„Ich hab einfach jemand, der sich gut um mich kümmert“, gab er als Begründung an und ich lächelte bei dem Glanz in seinen Augen.
Sehr dezent.
Aber es war auch irgendwie süß, obwohl wohl kaum angebracht gegenüber einen Urvampir. Man sollte diese nicht so reizen.
Ich hoffte, das Elijah ihm das nachsehen würde, da Damon es nicht besser wusste.

„So wird man doch am schnellsten wieder gesund, im Kreise derer, die einen lieben“, schloss Elijah das Thema lächelnd und ich dankte ihn innerlich dass er nicht weiter auf Damons Gesundheitszustands einging.
Er musste es wissen, dass ich Damon genau so geholfen hatte, wie er es damals bei mir getan hatte.
Ich schaute Elijah in die Augen und wusste nicht wie ich seinen Blick deuten sollte.
Er war intensiv und verheißungsvoll, aber nicht kalt oder wütend, wie ich es eigentlich vermutet hatte, aber mir war klar, dass er etwas vor hatte.
Ich wusste nur noch nicht was.
Doch ich war mir sicher, dass er es mich früh genug erkennen lassen würde.
Mir war nur nicht klar, ob mir das gefallen würde.
Ich versuchte immer noch mit dem Schock klar zu werden, dass er hier war.
Denn egal wie gelassen ich mich zeigte, so war in meinem Inneren doch das totale Chaos deswegen.



Kapitel 80: Eifersucht




„Wir Menschen haben alle Gefühle, sie sind nicht offensichtlich, ändern sich schnell und sind oft richtig lästig. Wenn es nur um Freundschaft und Liebe ginge, wäre alles kein Problem, aber aus irgendwelchen Gründen können leider Eifersucht und Hass entstehen und dann ist der Weg zu Mordgelüsten nicht mehr weit. Es kann schnell passieren, dass man durch Worte oder Taten andere verletzt, deswegen sollte man auf die Gefühle anderer Rücksicht nehmen und sie achten.“ (Detektiv Conan)




Damons Sicht:
Ich hasste ihn.
Ich weiß das war ziemlich dumm und eigentlich wohl nicht nötig, aber ich tat es trotzdem.
Das war der Mann, der Elena so viel Schmerz bereitet hatte und um den ganzen noch die Krone aufzusetzen, hatte sie ihn geliebt, liebte ihn immer noch.
Auch wenn sie mich mehr liebte und mich gewählt hatte, so wusste ich das sie Gefühle für ihn hatte und das brachte mich um den Verstand.
Ich kam nicht umhin mir einzugestehen, dass ich eifersüchtig war und dass ich diesen Elijah am liebsten umbringen wollte.
Er war ein Vampir und nachdem was ich von Elena wusste sehr alt, wodurch mir das sicher nicht möglich war.
Aber gegen meine Empfindungen konnte ich nichts machen.

Er sah so belustigt aus, wenn ich ihn wütend anfunkelte.
Aber was konnte ich schon gegen ihn sagen?
Mein Vater hatte ihn offensichtlich in dieses Haus eingeladen und wenn ich nicht völlig falsch lag, dann hatte er ihn wohl auch noch manipuliert.
Was konnte ich dagegen schon tun?
Ich hoffte inständig das Elena und Katherine weiter wussten, was wir nun als nächstes tun sollten.
„Dann werden sie länger in Mystic Falls bleiben?“, fragte ich nach und sah ihn weiterhin so wütend an, wie ich es mir leisten konnte.
Aber ich war mir sicher dass er es trotzdem bemerkte und die Botschaft darin verstehen würde.
Nach Elenas Aussage war er ziemlich klug.
„Solange es nötig ist und die Umstände es erfordern“, antwortete er mir ernst und mich packte die Angst um Elena.
Was würde er Elena antun wollen, für ihren Verrat?
Dass er sie bestrafen wollte war irgendwie klar, weswegen sollte er sonst hier sein?
Ich wollte, dass Elena in Sicherheit war, aber wie das sein konnte war mir nicht klar. Doch irgendwie wollte ich mit ihr zusammen fliehen. Von ihr getrennt zu sein, war auf keinen Fall eine Option.

Als das Essen zu Ende war, entschuldigten sich Katherine und Elena wie gewöhnlich, um sich umzuziehen.
Da ich es nicht länger aushielt und Elena und ich noch weggehen wollten, entschuldigte ich mich und ging nach draußen auf die Veranda, um dort auf sie zu warten.
Ich atmete erst einmal tief durch und lehnte mich an die Wand, um meine aufgestauten Gefühle nicht an irgendwelches Mobilia auszulassen, das würde nur Fragen aufwerfen.
Ich hasste diesen Typen, ich hasste ihn so sehr.
Ich wollte das er verschwand und sich aus unserem Leben heraushielt, aber ich wusste nicht wie mir das gelingen sollte, es zu erreichen.
Seufzend schloss ich meine Augen und hoffte nur dass bald alles wieder normal sein würde, zumindest so normal wie es sein konnte, wenn ich mit einem Vampir zusammen war.
Natürlich war ich mir darüber bewusst, dass sie für viele ein Monster war, aber meine Gefühle waren trotzdem in keiner Sekunde abgeklungen.
Ich liebte sie noch genauso wie zuvor.

Als sich die Tür öffnete, stieß ich mich von der Wand ab und drehte mich, in Erwartung Elena zu sehen, zur Tür.
Doch anstatt meiner Vampir-Freundin stand dort Elijah.
Meine zu vorige Wut überkam mich wie ein Lauffeuer und ich trat ihm entgegen.
„Halt dich von Elena fern!“, zischte ich ihn an und meine Vernunft schrie, dass es dumm war einen Vampir wütend zu machen.
Es schien ihn aber auch nicht im geringste zu beeindrucken, sondern eher zu amüsieren.
„Also ich bin mir nicht sicher, ob du jetzt mutig oder einfach nur vollkommen dämlich bist.
Ich hab wirklich noch nie einen Menschen getroffen der versucht einen Vampir zu drohen, obwohl er weiß was dieser ist.“
Fest sah ich ihn in die Augen und wich keinen Millimeter zurück.
Er konnte es vergessen das Angst hatte und wenn würde ich sie ihm sicherlich nicht zeigen.
„Ich hab keine Angst vor dir!“
Vielleicht hatte ich das, aber wenn dann machte ich mir auch keine Gedanken darüber.

Elijah schüttelte den Kopf, als würde er mit einem kleinen dummen Jungen sprechen, aber das war ich nicht!
„Das solltest du aber.
Ich hatte gedacht Helena hätte dir alles erzählt oder hat sie dir einfach keine angemessene Furcht gelehrt?“
„Sie hat mir alles erzählt!“, fauchte ich dazwischen.
Sie hatte mir die Wahrheit gesagt, was schwer für sie gewesen sein musste, aber sie hatte mir vertraut und mir alles erzählt.
Er trat einen Schritt auf mich zu, hatte die Hände dabei locker in seinen Hosentaschen vergraben.
In mir sah er wirklich keine Bedrohung.
„Dann weißt du sicher, dass ich dich wie eine Fliege zerquetschen könnte?“
Die Frage war rhetorisch, aber ich hätte sowieso nicht darauf geantwortet.
Was sollte ich dazu auch schon sagen?
Ich wusste es und doch konnte ich nicht anders handeln.
„Zwischen Helena und mir gibt es ein kleines Missverständnis in der Geschichte.
Keine Sorge, ich will ihr nichts tun.
Ich will sie nur zurückhaben.
Also nein, ich werde mich ganz sicher nicht von ihr fernhalten.“

Gut, das war nun etwas das mich schockte und mir Angst machte.
Vielleicht war das ein lächerlicher Grund im Gegensatz zu dem anderen, aber das hier war so real.
Er wollte Elena zurück haben, meine Elena, die ich liebte und die mich liebte.
„Sie liebt mich!“, erklärte ich frei heraus und mit so fester Stimme, wie ich es in der Situation aufbringen konnte.
Sie liebte mich, das hatte sie gesagt, sie würde nicht zu ihm zurückkehren.
Elijah zuckte mit den Schultern, als wäre das nichts.
„Vielleicht ist das zurzeit der Fall.
Aber mich liebt sie bereits seit dreihundertzweiundsiebzig Jahren.
Was denkst du wird da am Ende überwiegen?
Eure kleine Affäre oder die unendliche Liebe, die uns verbindet?
Rechne es dir aus“, meinte er locker und selbstsicher.
Er stellte es so da, als wäre das was Elena und mich verband gar nichts, aber das war eine Lüge.
Wir liebten uns, sie glaubte an mich, so wie ich ihr vertraute.

Finster sah ich ihn an und wollte etwas sagen, aber er kam mir zuvor.
„Ich gebe zu, ich bin wütend.
Am liebsten würde ich dich töten.
Ich würde es auch ohne zu zögern tun, wenn ich wissen würde, dass es etwas bringen würde.
Aber das einzige Ergebnis was ich damit zu Tage bringen würde, wäre das Helena wütend auf mich wäre.
Doch das ist der einzige Grund warum du noch lebst.
Zu dumm, ich hätte dich und deinen Freund damals im Wald wirklich zum Sterben liegen lassen sollen.
Dann wärst du einfach im Krieg gestorben und ich hätte das Problem jetzt nicht.
Das ist wirklich ärgerlich.“
Verwundert runzelte ich über seine Worte die Stirn.
Er hatte mich und meinen Freund im Wald nicht zum Sterben liegen gelassen?
Was meinte er damit?
Ich suchte in meinem Kopf nach einer Antwort auf die Frage, fand aber keine.
Wie auch immer.
„Tut mir so leid, dass ich dir da ein Strich durch die Rechnung gemacht habe“, meinte ich sarkastisch und nun war es an Elijah mich finster anzusehen. „Aber Elena liebt mich und sie wird sich trotzdem für mich entscheiden.“

So sicher wie ich mich anhörte fühlte ich mich nicht wirklich, aber ich war schon immer gut darin Schwäche zu verbergen.
Ein Dank ging dafür an meinen Vater.
„Wir werden sehen.“
Elijahs Stimme klang um einiges fester als meine, aber auch bei ihm konnte ich nun die unterdrückte Wut auf mich sehen und auch spüren.
Anscheinend gingen wir uns beide unter die Haut.
Er verabschiedete sich nicht, sondern ging einfach an mir vorbei und verschwand dann in normalen Schritten aus meiner Sicht.
Ich hasste ihn.
Ich hasste ihn, weil Elena ihn geliebt hatte.
Ich hasste ihn, weil Elena ihn noch liebte.
Ich hasste ihn, weil er Elena liebte.
Ich hasste ihn, weil ich Angst hatte sie zu verlieren.
Ich hasste ihn, weil ich Eifersüchtig war.



Kapitel 81: Probleme




„Männer und Frauen sind so unterschiedlich, und ihre Kommunikation steckt noch in den Kinderschuhen.“ (Bill Cosby)



Damons Sicht:
Es dauerte nicht lange nachdem Elijah verschwunden war, dass Elena auftauchte und an meine Seite kam.
Sie fasste an den Kragen meines Jacketts, um es unnötiger Weise zu richten und sah besorgt zu mir rauf.
Sie musterte mich genau, um zu sehen, ob ich irgendeine Verletzung davongetragen hatte.
Lächelnd nahm ich ihre Hände in meine.
„Mir geht es gut, Elena.
Du kannst dich wieder entspannen“, beruhigte ich sie, doch es sah nicht so aus, als hörte sie auf meine Worte.
Eher sah sie mich wütend an, so als hätte ich irgendetwas angestellt.
„Wie konntest du nur so dumm sein und dich mit ihm anlegen.
Ich hab dir doch erklärt wie gefährlich er ist.
Weißt du was ich für eine Angst um dich hatte?“, fragte sie aufgeregt.
Lächelnd nahm ich sanft ihr Gesicht in meine Hände und küsste sie kurz und zärtlich, wobei es mir egal war, wenn uns dabei nun zufällig jemand beobachtete.
Alles was für mich zählte war das Mädchen vor mir und das sie mich liebte, wie ich sie.

Sie schien nicht wirklich glücklich als ich von ihr abließ, aber zumindest besänftigt.
Elena seufzte und harkte sich dann bei uns unter.
„Lass uns spazieren gehen, Katherine wird zu uns stoßen, damit wir über dieses offensichtliche Problem diskutieren können“, erzählte sie mir und mein Herz schlug vor Aufregung höher.
Elena hatte „wir“ gesagt.
Sie hatte gesagt dass wir zusammen darüber reden wollten.
Ich war ein Teil von ihren Plänen oder zumindest durfte ich sie mit besprechen und das machte mich glücklicher als ich es für möglich gehalten hätte.
Langsam und ohne jegliche Eile setzten wir unsere Schritte durch den Garten, als würde alles so wie immer sein und als wollten wir die Zeit wie sonst auch so weit wie möglich hinauszögern.
Wir gingen zu der Bank beim Flieder, der zu dieser Jahreszeit natürlich nicht mehr blühte und setzten uns dorthin.
Wahrscheinlich würde uns niemand beobachten.
Mir war aufgefallen das mein Vater mir ungewöhnlich viel Freiraum in Bezug auf Elena gab.

Katherine stieß nach einer Weile zu uns, auf einmal stand sie plötzlich vor uns und ich erschrak.
Zum ersten Mal hatte ich gesehen, wie jemand sich mit solcher Geschwindigkeit bewegte.
Es war ein Unterschied, ob man es erzählt bekam oder sah.
„Niemand beobachtet uns“, erklärte Katherine und langsam bekam mein Herz sein normales Rhythmussystem zurück.
Alle schwiegen, keiner von uns wollte anscheinend den Anfang machen.
Deswegen fing ich an, das anzusprechen, vor dem ich am meisten Angst hatte.
Ich nahm Elenas Hände in meine und sah sie bei meinen Worten an.
„Er will dich zurückhaben, Elena“, sprach ich und schaffte es nicht im Geringsten, die Angst aus meiner Stimme zu verbannen.
Sie war einfach da.
„Das haben wir gehört“, erklärte Katherine und jetzt erst fiel mir auf, dass auch Elena vorhin gewusst hatte, worüber ich mit Elijah gesprochen hatte.
Sie hatten es gehört.
Wie verdammt gut waren ihre Sinne?

„Ja, damit haben wir nicht gerechnet.
Wenn dann hatten wir immer gedacht, das er uns foltern, töten oder Klaus ausliefern wollte“, antwortete Elena auf meine Aussage.
„Oder alles zusammen.
Aber nur weil er das bei dir nicht will, heißt das nicht, dass es auf mich nicht zutrifft.
Er hat uns beide schon immer unterschiedlich behandelt.“
Ich sah zwischen den beiden Schwestern hin und her und fand man konnte sie nur unterschiedlich behandeln, weil sie auch zwei völlig verschiedene Menschen, von der Art her waren.
Bis auf ihr Äußeres hatten sie kaum etwas gemeinsam.
„Also was werden wir jetzt tun, wollen wir weglaufen?“, fragte ich nach und keiner korrigierte mich, als ich von uns drein sprach.
Sie würden mich mitnehmen.
Ich gehörte dazu, ich gehörte zu Elena.
„Das wäre normalerweise unser Plan, in der Tat“, stimmte Katherine mir zu.
Überrascht und fragend sah ich sie an, schaute dann zu Elena.
Normalerweise?
Und was würde jetzt sein?

Elena sah erst zu ihrer Schwester und dann zu mir.
„Weißt du, im Normalfall, sind wir immer abgehauen und haben unsere Spuren verwischt, sobald wir etwas in der Art gehört hatten, dass jemand auf uns aufmerksam geworden ist.
Doch diesmal war es nicht so.
Elijah ist bereits hier, das was fast vierhundert Jahre nicht vorgekommen ist.
Er ist hier, so wie auch wir.
Sowas gab es noch nie, wir waren immer einen Schritt voraus.
Wenn wir jetzt fliehen wäre er uns direkt auf den Fersen und würde uns sofort bekommen, wir können diesmal nicht so einfach unsere Spuren verwischen.
Es geht nun einmal nicht.
Was bedeutet…“
Sie ließ den Satz offen und ich eine große Furcht in meinem Körper breitet sich aus.
„Was bedeutet?“, fragte ich nach und sah zwischen den Zwillingen hin und her, die nichts sagten.
„Wir müssen abwarten, Damon.
Es gibt nichts was wir tun können.
Diesmal sind wir diejenigen, die nur passiv reagieren können“, erklärte mir Elena und mir gefiel das ganze überhaupt nicht.

Wie in der Art, Abwarten und Tee trinken?
Das war nicht das, was mir gefiel.
„Wir brauchen einen Plan.
Einen sehr guten und ausgeklügelten, der uns zur Flucht verhilft.
Vor allem brauchen wir einen Vorteil, irgendwas.
Also das bisher einzige, was ich weiß, dass es kein Problem ist, ist das Klaus anscheinend nicht hier ist.
Dann wäre das alles hier schon aufgelöst.
Klaus ist impulsiv, er hätte zwar einen großen Auftritt hingelegt, aber danach wäre alles schnell vorbei gewesen, weil er es liebt die Dinge unter Kontrolle zu kriegen.
Elijah dagegen geht anders vor, effektiv und er ist geheimnisvoll, wir haben keine Ahnung was er vor haben könnte, aber er hat ein hohes Maß an Moral.“
Ein hohes Maß an Moral.
Da deckte sich Katherines Meinung, mit dem was Elena mir erzählt hatte.
„Also einen Plan, was könnten wir…“
„Daran arbeite ich“, unterbrach mich Katherine. „Ich denk mir was aus.
Entspannt ihr euch beide“, fügte sie hinzu und ihre Augen wanderten zwischen uns hin und her.

Ich sah zu Elena, die auf ihre Hände starrte, die immer noch in meinen lagen.
Es kam mir noch ein Gedanke, der mir wichtig war.
„Was ist mit Stefan?“, fragte ich nach.
Sie legte die Stirn in Falten und musterte mich genau.
„Ich hoffe Elena hat dir bereits gesagt, dass das meine Sache ist“, warnte sie mich und noch einmal war ich mehr als froh, dass ich mich in Elena verliebt hatte.
Sie war vielleicht manchmal auf ihre Weise schwierig, aber sicher war das Katherine auch und Elena war zumindest nett.
Ihr Blick war irgendwie berechnend, bevor sie wieder verschwand und als ich zu Elena schaute, zuckte diese nur mit den Schultern.
Toll, das war dann also normal.
Gut zu wissen.

Als sich eine Hand auf meine Wange legte, schaute ich zu meiner Liebe auf.
„Machst du dir Sorgen?“, fragte sie und ich wusste auch ohne dass sie es genau ansprach, worum es ging.
Trotzdem schwieg ich.
Es war lächerlich, schließlich hatte sie mir bei der Erklärung davor gesagt dass sie mich liebte und mich wählen würde.
Meine Sorgen waren somit unbegründet und lächerlich, wie auch meine Eifersucht.
„Das versteh ich, Damon.
Aber das brauchst du nicht.
Ich will dich, nur dich, Damon“, erklärte sie mir und tippte mir dabei auf meine Brust, sodass mein Herz wie gewohnt durch sie höher schlug.
Ihre Nähe brachte mich immer von neuen aus der Fassung.
Ich lehnte meine Stirn gegen ihre und schloss sie in meine Arme.
Ohne etwas zu sagen verweilten wir auf dieser Bank, folgten unseren Gedanken und genossen die Nähe des jeweils anderen.



Kapitel 82: Konkurrenz




„Nachdem Gott die Welt erschaffen hatte, schuf er Mann und Frau. Um das Ganze vor dem Untergang zu bewahren, erfand er den Humor.“ (Guillermo Mordillo)



Elijahs Sicht:
Lange bevor ich zu den beiden trat, beobachtete ich sie, wie sie dort zusammen standen.
Helena hatte sich bei dem Jungen eingeharkt und sah ihn an, während sie mit ihm sprach.
Ich hasste es, wenn sie ihn mit diesem Blick bedachte, mit dem sie mich einmal angesehen hatte.
Auch schon als wir bei den Salvatores Zuhause gegessen hatten, hatte sie ihn so angesehen, voller Sorge und Liebe.
„Bitte versprich nichts anzustellen“, sagte sie besorgt und ich spürte dass sie nervös war.
Damon war anscheinend jemand um den man sich Sorgen machen musste.
Ich hatte mich nach ihm umgehört und es hieß dass er impulsiv und spontan war und als Kind öfters etwas angestellt hatte.
Ehrlich, ich verstand nicht, wie Helena sich in ihn hatte verlieben können.
Vielleicht in diesen Stefan, das hätte ich eher verstanden, aber nicht in Damon, der ganz anders zu sein schien als sie selbst.
„Ich werde es versuchen“, gab er lächelnd zurück und ich konnte darüber nur den Kopf schütteln.
Der Junge wusste einfach nicht was gut für ihn war, er war besser daran, auf Helenas Rat zu hören, sie wusste besser wovon sie sprach.

Sie waren viel zu unterschiedlich.
Was verband die beiden, das sie es schafften Zeit miteinander zu verbringen?
„Damon!“
Helenas Stimme klang warnend und mein Herz schlug schneller, zumindest fühlte es sich so an.
Noch nie hatte ich diese Tonlage aus ihrem Mund gehört, nicht einmal wenn sie mit Katerina gesprochen hatte.
Das war völlig neu.
Damon lachte darüber und neigte den Kopf demütig zu ihr herunter.
„Schon gut, Elena.
Ich werde ihn nicht versuchen zu reizen oder ihn zu beleidigen.
Ich werde ganz brav sein, aber nur solange er dich in Ruhe lässt, in Ordnung?“
Seufzend wiegte Helena den Kopf, schien sich dann aber mit der Antwort zufrieden zu geben, glücklich schien sie aber nicht damit zu sein.
Nein, ich verstand wirklich nicht, was die beiden verband.

Langsam trat ich zu den beiden, sodass sie mich auch sehen konnte und Helena war natürlich die erste, die mich bemerkte.
Sie sah Damon noch einmal an, eine Mischung zwischen Warnung und auch als würde sie seine Reaktion überprüfen.
„Guten Morgen, Mister Salvatore, Helena“, begrüßte ich die beiden höflich und Damon sah mich nur böse an, anscheinend war das etwas, das er sich nicht verkneifen konnte.
Aber auch ich wollte ihn am liebsten in der Luft zerreißen, wenn es mir nur etwas bringen würde.
„Guten Morgen, Elijah“, meinte Helena und sie war wie immer höflich, so wie sie es damals am Anfang gewesen war, wo sie auch meine Gegenwart vermieden hatte.
Ich nahm ihre Hand in meine und küsste sie, was Damon fast wahnsinnig machte, das konnte ich in seinen Augen erkennen.

Ich musterte Helena ganz genau.
Sie sah schön aus.
Sie trug ein dunkelgrünes Kleid mit goldenen Stickereien, das eng anlag, was irgendwie logisch war.
Allerdings war das Korsett noch nicht erfunden wurden, als ich sie das letzte Mal gesehen hatte.
Doch ich musste zugeben, dass es ihr hervorragend stand.
Ihre Haare waren nur zum Teil hochgesteckt, die meisten fielen ihr aber noch immer hinten auf den Rücken.
Für mich war sie noch immer die wunderschönste Frau, die ich je gesehen hatte.
Es gab keine andere die es im Geringsten mit ihr aufnehmen konnte, zumindest meiner Meinung nach und zu meinem Leidwesen würde sich wohl auch Damon dieser Meinung anschließen.
„Bringen wir es hinter uns“, meinte Damon und belustigt schaute ich zu Helena, als diese durch seine Worte einen Schreck bekam.

Dieser Junge war wirklich unhöflich, auch wenn ich es ihm kaum verdenken konnte.
Wir waren bereits an der Stadtgrenze, wo die beiden auf mich gewartet hatten und deswegen war es nicht wirklich weit.
Es war nicht unschwer zu erkennen, das wirklich alles noch im Aufbau war.
Manche Dinge waren noch nicht fertig, es gab keine richtigen Gehwege und Straßen, überall waren Lücken zwischen den Gebäuden und es fehlte auch so noch allerhand.
Wir kamen zu einem ziemlich großen Gebäude, das sicherlich erst vor kurzem eröffnet wurden.
Ein Blick auf das Schild bestätigte mir meine Vermutung, vor drei Wochen musste die Einweihung gewesen sein.
Sobald wir eintraten kam ein Mann auf uns zu, der uns sofort erblickt hatte.
„Guten Tag, Miss Elena.
Es ist schön sie hier zu sehen“, begrüßte er sie freundlich und es schien als würde er sie gut kennen.
Es war wohl kein Problem sie von ihrer Schwester zu unterscheiden, soweit ich es von Katerina noch wusste, hatte sie sich nie viel für Bücher interessiert und das Auftauchen in einer Bibliothek war bei ihr wohl äußerst unwahrscheinlich.

„Guten Tag, Mister Sirett.
Ich bin hier um Mister Mikaelson das Archiv zu zeigen.
Er möchte über unsere Stadt schreiben“, erklärte sie und der Mann nickte verstehend.
„Sie wissen ja, wo alles zu finden ist“, meinte er und verabschiedete sich mit einem Kopfnicken von uns.
Helena deutete in eine Richtung. „Es ist oben, ich zeig es dir“, meinte sie und ich war zumindest froh, dass wir uns noch duzten.
Dafür dass es eine Kleinstadt im Aufbau war, war diese Bibliothek beeindruckend groß.
So groß wie die Bibliothek auf der Burg gewesen war, die wir damals bewohnt hatten.
Ich nahm an, dass Helena damit zu tun hatte.
Sicher hatte sie sich für dieses Projekt eingesetzt, sie liebte Bücher einfach und wollte sicher das auch viele andere, daran so viel Freude hatten wie sie selbst.

Wir kamen nach oben und sie zeigte mir das Archiv, eine kleine Abteilung, in einer Ecke, wo auch viele Schriftrollen lagen.
Ich schaute in die Bücher rein und fand heraus, dass eine Menge Bücher davon Handgeschrieben waren.
„Ist es das was du gesucht hast?“, fragte Helena nach.
Ich musste leicht lächeln, wir wussten beide, dass es nur ein Vorwand war, weswegen ich in dieser Stadt war, obwohl ich ehrlich vor hatte, etwas zu schreiben und mich hier mit der Geschichte zu beschäftigen.
„Das meiste weiß ich schon, ich suche nur ein paar Belege.
Ich weiß wie die Stadt gegründet wurde“, erklärte ich, schließlich war ich dabei gewesen, zumindest waren wir dazu gezogen, aber damals hatte ich bereits hier gelebt.
„Von den Gründerfamilien“, meinte Damon.
„Nein, von den Nachfahren der Hexen von Salem und anderen Siedlern. Viele Vampire haben hier schon vorher gelebt, wie Pearl mit ihrer Tochter Annabelle“, erklärte Elena mehr an Damon gewandt, als an mich.
Mit dem Buch in der Hand drehte ich mich zu den beiden um.
„Du bist gut informiert, aber die Geschicht geht noch über tausend Jahre weiter zurück.
Zu den Wikingern, die hierher zogen“, erzählte ich und die beiden sahen sichtlich überrascht aus.

Jetzt wo ich es mir überlegte, hatte Helena wohl keine Vorstellung davon wie alt ich war, schließlich hatte ich ihr nie etwas davon erzählt.
Das war wohl mein Fehler gewesen.
Ich hätte es ihr erklären müssen, ich weiß nicht wie ich es hätte tun sollen, aber ich hätte etwas anders machen müssen, damit es richtig gelaufen wäre.
Was weiß ich nicht genau, aber irgendetwas und ihr die Wahrheit zu erzählen wäre auf keinen Fall ein schlechter Anfang gewesen.
„Wie alt bist du eigentlich, außer alt?“, fragte Damon nach und es klang wirklich, wie eine Beleidigung, wie er es sagte, wofür Helena ihn warnend ansah.
„Physisches Alter oder insgesamt?“, fragte ich locker nach und verwirrt runzelte Damon daraufhin den Kopf.
„Ich war 28 Jahre alt, als ich verwandelt wurde und seitdem ich geboren wurde sind 1445 Jahre vergangen.
Damit bin ich einer der ältesten lebenden Vampire die es gibt.“
Finn weilte zumindest nicht mehr unter uns.

Die beiden sahen sichtlich geschockt aus, wobei es sich bei Helena noch wirklich in Grenzen hielt.
Es war wohl nur so minimal ausgeprägt, weil sie wohl schon geahnt oder gehört hatte, wer wir waren.
Schließlich hatte ihnen auch Trevor die Wahrheit erzählt, also mussten sie wissen, dass ich zu den ältesten gehörte.
Ob sie auch wussten dass ich ein Urvampir war?
Was diese Tatsache für sie bedeutete?
„Älter heißt in diesem Fall nicht wirklich klüger, sonst wärst du nicht hier.
Du müsstest doch wissen, dass du schon verloren hast“, sprach Damon aus und brachte damit meine aufgestaute Wut hervor.
Der Junge schaffte es wirklich mich in Raserei zu versetzen und meine Prinzipien zu vergessen.
Wütend funkelte ich ihn an und trat einen Schritt auf ihn zu, aber sofort stellte sich Helena zwischen uns und sah mich mit ihren entschlossen wundervollen braunen Augen an.
„Tu ihm nichts, Elijah.
Er ist immer noch ein Mensch und unschuldig“, erinnerte sie mich an die Tatsachen, aber das war nie ein Grund gewesen, warum ich ihm nichts schreckliches antat.
Denn bei ihm fielen mir viele grausame Dinge ein.

Berechnend verengten sich meine Augen und ich sah Damon weiterhin kalt an, wie auch er mich ansah.
Sein Herz schlug zwar vor Aufregung und er hatte Angst, aber er zeigte es mir äußerlich in keinen Augenblick.
„Nenn mir einen Grund warum ich ihn nicht in Fetzen zerreißen sollte, Helena!“, verlangte ich wütend.
Helena legte ihre Hand auf meine Brust und schob mich langsam von ihnen beiden weg, sanft aber bestimmt und ich ließ mich davon leiten.
„Du weißt den Grund, Elijah.
Du wusstest ihn schon bevor du überhaupt auf den Gedanken gekommen bist.
Ich würde es dir nie verzeihen“, erklärte sie und ich sah sie wirklich fassungslos und auch verzweifelt an.
Es musste doch eine Möglichkeit geben.
Ich musste sie wieder haben und anscheinend irgendwie ohne das ich diesem Jungen etwas antat, wobei er mich verhöhnen konnte.
Nie hatte ich mich um Helenas Aufmerksamkeit sorgen müssen, weil sie keinen Mann sonst ihre Gunst gewehrt hatte.
Sie hatte immer nur mich geliebt und jeden konsequent abgelehnt, es war selbst ein Wunder gewesen, das sie sich in mich verliebt hatte.
Aber jetzt hatte ich Konkurrenz, eine die mir nie in den Sinn gekommen war und ich spürte Eifersucht, wie noch nie zuvor in meinem Leben.
Langsam nickte ich Helena zu und trat von den beiden zurück.
Sie sah mich noch eine Weile an, dann trat sie wieder an Damons Seite und harkte sich bei ihm unter.
Ich musste zusehen, wie die beiden in der Bibliothek verschwanden und es verursachte bisher ungeahnte Schmerzen, ganz andere, als ich sie in den letzten Jahrhunderten gespürt hatte, aber sie waren nicht weniger schlimm.



Kapitel 83: Planungen




„Liebe zu suchen ist gut, doch sie ungesucht zu schenken ist besser.“ (William Shakespeare)



Katherines Sicht:
„Wie stellen sie sich das vor?
Sie wollen nicht sterben und doch sollen alle denken das sie sterben?“, fragte George Lockwood nach.
Wir gingen im Vorgarten spazieren, sodass uns zur Not alle sehen konnten, aber niemand konnte uns hören und Elena war gerade in der Bibliothek mit Damon und wohl auch mit Elijah.
Ich hatte seit dem Lockwood-Ball sowieso schon einen Plan, durch Elijahs Auftauchen hatte sich dieser nur noch konkretisiert.
„Nicht nur ich, auch Elena.
Wir beide.
Es muss etwas öffentliches sein, alle müssen es sehen können, zumindest alle die wichtig sind.
Ein Feuer wäre perfekt, in dem ich und meine Schwestern verbrennen müssen, zumindest sollen das alle denken“, erklärte ich meinen Plan, den ich mir überlegt hatte.
Es wäre perfekt.
Selbst Klaus und Elijah mussten glauben das wir darin umgekommen sind, wenn es soweit war.
Das würde uns vielleicht nicht nur einen Vorsprung geben, sondern sie vielleicht auch für immer von unserer Spur bringen, solange wir nicht weiter auffallen würden, wie wir es bereits bisher getan hatten.
„Also ein öffentliches Feuer und darin sollen nur sie beide umkommen?“, fragte er nach.
Ich schüttelte entschieden den Kopf.

Das wäre zu einfach und zu unglaubwürdig, wenn nur Elena und ich „zufällig“ von einem Feuer getroffen wurden, wenn Elijah doch sicherlich schon die anderen Vampire hier entdeckt hatte und ich war sicher das hatte er.
„Nein, es müssen alle anderen Vampire auch sterben.
Mit Elena und mir zusammen gibt es siebenundzwanzig Vampire zurzeit hier, die in der Stadt leben.
Zwar gibt es noch einen weiteren, aber den werden sie sowieso nicht erwischen und ihm würde es auch nichts ausmachen.
Sie müssen alle siebenundzwanzig Vampire finden, zusammentreiben und verbrennen.
Aber sie müssen es schaffen, meine Schwester und mich daraus zu befreien“, erklärte ich und George schien nachdenklich.
Er wusste ich würde ihm dafür den Mondstein überlassen, etwas was alle Vampire und Werwölfe sehr begehrte, besonders wenn es im Besitzt der jeweils anderen Spezies war.
Aber ohne einen Doppelgänger war er sowieso unnütz und der war nicht in Sicht.
Es war zwar ein Verlust, doch ich würde ihn mir irgendwann wieder zurückholen.
„Ich werde die Sache beim Gründerrat vorbringen und zusammen mit ihnen einen Plan ausdenken, um uns der Vampire zu entledigen, ohne unsere Abmachung zu erwähnen“, versicherte er mir und ich nickte ihm dankbar zu.
Sobald die Sache zum Gründerrat gelangte, würde es eine ernste Angelegenheit sein, die auch Elijah und Klaus überzeugen sollte.

Eine große Show, die uns zur Flucht verhelfen sollte.
Der Gründerrat kümmerte sich hier um alle Probleme, aber bis es soweit war, mussten sie sich erst einmal mit dem Gedanken vertraut machen.
Vampire, das Thema war nicht einfach zu schlucken.
Aber die blutleeren Leichen würden beim Denkanstoß sicher helfen.
„Achten sie darauf, dass nichts davon nach außen getragen wird, sodass die anderen Vampire nichts davon erfahren“, ermahnte ich ihn.
Sie durften keinen Wind davon bekommen, sonst würden sie nur abhauen wollen.
Wir blieben stehen und George nickte mir zu.
„Machen sie sich keine Sorgen, Miss Katherine.
Ich werde mich um dieses Problem genauestens kümmern.“
Er verabschiedete sich von mir mit einem Handkuss, doch bevor er ging, hielt ich ihn noch einmal auf, indem ich ihm am Handgelenk packte.
„Und bitte achten sie darauf, auch nicht mit meiner Schwester darüber zu reden.
Es ist etwas das sie nur beunruhigen wird und sie würde die anderen Vampire warnen, das können wir nicht zulassen.“

Er schwieg, nickte dann aber verstehend.
Meine Schwester würde diese Lösung des Problems auf keinen Fall gutheißen, deswegen war das Beste was ich tun konnte, darüber zu schweigen.
Wenn sie dachte es kam allein vom Gründerrat, dann wäre sie zwar traurig um unsere Freunde, würde aber nicht auf mich sauer sein.
Denn ich wusste sie würde es.
Solche Methoden missbilligte sie, da sie einfach viel zu selbstlos für diese Welt war.
„Guten Tag, Miss Katherine.
Ich empfehle mich“, verabschiedete George sich von mir und verschwand dann.
Ja, meine Schwester und ich würden fliehen, wie immer.
Aber bis dahin waren noch einige Dinge zu erledigen und als erstes musste ich meine andere Beziehung besiegeln.
Eine die eine fast so hohe Gewichtung hatte, wie die zu meiner Schwester.
Ich sah mich um und lauschte was im Haus geschah.

Elena und Damon waren immer noch unterwegs, Guiseppe ebenfalls.
Die Bediensteten und Sklaven waren nicht weiter wichtig.
Stefan war wie gewohnt in seinem Arbeitszimmer, lächelnd lauschte ich nach seinem Herzschlag, der ganz gleichmäßig war und folgte ihm fast schon automatisch.
Es dauerte nicht lange und sobald ich in das Zimmer trat und Stefan mich erblickte, fuhr sein Herzschlag völlig aus dem Takt, was mich zum grinsen brachte.
Er stand sofort auf und kam zu mir, fasste nach meinen Händen und sah mich glücklich lächelnd an.
„Katherine“, meinte er nur und ich freute mich das ich ihn nicht zu einem Kuss überreden brachte.
Ganz von selbst beugte er sich zu mir herunter und küsste mich auf die Lippen.
Sanft, um darauf zu achten ihn nicht zu zerbrechen, legte ich meine Arme um seinen Hals, damit ich ihn näher bei mir spüren konnte.
Sein Körper reagierte so toll auf mich, dass mir klar wurde, dass er vielleicht wirklich nur ein kleiner Junge war und ich diesen gerade verführte.
Ich zog an seinem Jackett, wollte es ihm vom Leibe reißen, doch Stefan griff daraufhin alarmiert nach meinen Händen und löste sich von mir.
Er sah mich aus einer Mischung von Entsetzen und Verwirrung an.
Anscheinend hatte er mir trotz meiner Offenheit nicht zugetraut, dass ich so weit gehen würde.

Er schüttelte den Kopf.
„Nicht, Katherine.
Du weißt doch sicherlich auch was das bedeutet, wir dürfen das nicht tun.
Nicht so“, meinte er und ein wenig atemlos sah ich zu Boden, aber nur um meine Gedanken zu ordnen.
Natürlich wusste ich was das bedeutet, in meiner Zeit wurde es sogar noch strenger gehandhabt.
Es war so altmodisch und ich hatte deswegen mit meiner Schwester aus Bulgarien fliehen müssten.
Anstand.
Ich müsste lange darauf warten bis wir zu diesem Schritt gehen könnten.
Hatten wir diese Zeit überhaupt noch?
Nein, das glaubte ich nicht.
Außerdem, wieso sollte ich warten wollen?
Ich war ein Vampir, ich hatte meine Unschuld schon als Mensch verloren und sowas war nicht weiter wichtig in meiner Welt.
In der Welt in der ich auch Stefan hinein ziehen wollte, wenn es soweit war.

Ich stellte mich auf Zehenspitzen und legte meine Hand auf seine Augen, sodass ich ihn zwang mich anzusehen.
„Keine Regeln, Stefan“, flüsterte ich und er sah verwirrt aus.

Er wollte protestieren, doch ich kam ihn zuvor.
„Bitte Stefan, denk nicht weiter darüber nach.
Werf einfach alle Bedenken über Bord, wir brauchen sie nicht“, hypnotisierte ich ihn.
Mit voller Absicht manipulierte ich ihn.
Ich war ein Vampir und mir war diese Fähigkeit gegeben, wieso also sollte ich sie nicht nutzen?
„Ich werde alle Bedenken über Bord werfen“, wiederholte er meine Worte.
Glücklich lächelnd seufzte ich über seine Worte und fasste ihn mit beiden Händen in den Kragen seines Jacketts.
Voller fröhlicher Gelassenheit zog ich mich näher an ihm hoch und manipulierte ihn erneut.
„Wir werden jetzt das tun, was wir immer tun wollten.
Alles was wir uns vorgestellt haben und nur in unseren Träumen erlebt haben, werden wir jetzt wahr werden lassen“, erklärte ich und wie als Antwort darauf krachten seine Lippen auf meine.

Während des Kusses zog ich ihn zu seinem Schlafzimmer, soweit ich hören konnte war niemand anderes in der Nähe.
Jetzt konnte ich ihm endlich von seinen Klamotten entledigen und seinen wundervollen Körper sehen, ganz ohne Einschränkungen.
Darüber hatte ich schon ganz oft in meinen Träumen philosophiert.
Ich drehte mich um und hob meine Haare an.
Stefan verstand meine Aufforderung sofort und schnell, aber doch vorsichtig öffnete er die Schnüre meines Kleides.
Ich hielt mein Kleid fest, als er fertig war und drehte mich dann wieder zu ihm um, dann ließ ich es einfach fallen und ich sah wie sich seine Augen weiteten.
Lächelnd trat ich auf ihn zu.
„Keine Regeln, Stefan, das bedeutet keine Grenzen“, erklärte ich ihm und er packte mich und zog mich zu sich, was mir wirklich gut gefiel.
Dieses Spiel mochte ich mehr als jedes andere je zuvor.
Es gehörte zu meinen Plänen, die dadurch erst wirklich an Farbe gelangen.



Kapitel 84: Offenbarung




„Und mag die Nacht auch noch so grausam sein, gleichwohl ist sie eine Sicherheit, ein Versprechen. Sie schützt und verbirgt was ihr anvertraut. Von ihr verborgen werden viele Geheimnisse, in der Finsternis ruhen grausame Wahrheiten. Und ist es nicht auch richtig so? Sollte manches nicht besser im Dunklen bleiben?“ (Schlangenkind)



Stefans Sicht:
So wirklich konnte ich nicht sagen warum wir das getan hatten, warum wir es immer wieder taten.
Eigentlich wollte ich es nicht, aber auf einmal fühlte ich mich so frei und so locker, dass mir die Konsequenzen auf einmal egal waren.
Nein, nicht egal, ich ignorierte sie ganz einfach.
Wir liebten uns die ganze Zeit über und uns wurde nicht einmal langweilig in diesem Spiel.
Nur zum Abendbrot zogen wir uns wieder ordentlich an, richteten uns her, um mit den anderen zu essen.
Ich wusste nicht, ob sie uns etwas ansahen, von dem was geschehen war, doch ich glaubte es nicht wirklich.
Außer bei Elena war ich mir nicht so sicher, da sie ihre Schwester und ab und zu auch mich kritisch beugte.
Ahnte sie etwas?
Aber sie würde sicher nicht ihre Schwester verraten.
Da war ich mir sicher.

Gleich nach dem Abendbrot, teilten wir uns wieder auf.
Katherine verschwand als erstes und ich danach, sobald ich in mein Zimmer trat erwartete sie mich schon und alles fing von neuen an.
Merkwürdigerweise konnte ich mich nicht dagegen wehren.
Oder besser gesagt ich hatte aufgehört mich zu wehren, gegen das was ich wollte.
Ich hatte mich einfach von Katherine in den Bann ziehen lassen und mir machte es nicht im Geringsten etwas aus.
Dabei müsste es mir etwas ausmachen.
Ich hatte mir geschworen eine Frau nie in eine solche Situation zu bringen in der sie ihren Ruf verlieren konnte.
Wenn dann wollte ich sie heiraten und alles richtig machen.
Wieso ich diese starken Prinzipien jetzt nicht beachtete wusste ich nicht genau.
Aber Katherines Worte schwirrten mir immer wieder im Kopf herum.
Dass es keine Regeln gab, dass ich einfach loslassen sollte und alles über Bord werfen sollte.
Alle Bedenken.
Und aus irgendeinem mir nicht sehr klaren Grund, hatte ich das auch getan.

Ich lag auf ihr und küsste sie, immer und immer wieder.
Aber es war noch schöner als sonst, denn ich spürte ihren Körper unter mir.
Ihre nackten Beine gegen meine.
Ihre Haut kam mir so weich und einladend vor, dass ich sie einfach nur berühren wollte.
Sie war einfach so schön, das ich es mit meinen Worten nicht beschreiben konnte, ohne dem zu schmähen, denn nichts konnte dem gerecht werden.
Wir drehten uns um und sie setzte sich auf mich, zog mich zu sich hoch, sodass ich anfing ihren Hals zu küssen.
Sie seufzte und legte ihren Kopf dabei nach hinten, sodass ich einen noch besseren Zugang zu ihr hatte.
„Stefan“, flüsterte sie und ich schaute in ihre wundervollen braunen Augen.
Aber anders als sonst zeigten sie diesmal aus irgendeinem Grund Unsicherheit, als wäre sie sich über etwas nicht sicher.
Irgendwie wusste ich was ihr durch den Kopf ging und fand so automatisch die richtigen Worte.
„Ich werde dich für immer lieben“, schwor ich ihr.
Wieder begann ich ihren Hals zu küssen, ich wollte ihr beweisen, ihr zeigen wie sehr ich sie doch liebte, damit sie nicht mehr an meinen Worten zweifelte.
„Das ist eine sehr lange Zeit für immer, weißt du das?“
Ihre Frage klang rhetorisch und als würde sie noch irgendwas verbergen.
Aber ich dachte darüber nach und fand die einzig richtige Antwort für mich: „Nicht lang genug.“

Weiter küsste ich ihren Hals und ihre Schulter.
Ihre Haut war wirklich so weich, wenn ich danach tastete dann war es ein schöneres Gefühl als alles was ich je gefühlt und erspürt hatte.
Als ich sie wieder küssen wollte, sah ich ihr Gesicht.
Ein Dämon.
Ich wollte schreien, denn das war nicht das Mädchen das ich liebte.
Es war verzehrt, ihre Schönheit war wie weggeblasen und das Gesicht eines Monsters hatte sich mir offenbart.
Ihre Augen waren dunkel und mit schwarzen Adern unterlaufen.
Ihr Gebiss war scharf und bevor ich reagieren konnte, schoss sie zu mir und ich spürte einen Schmerz in meiner Kehle, dass ich nicht einmal mehr schreien konnte.
Der Schmerz war zu groß und mein Körper war wie gelähmt.
Wo war das Mädchen das ich liebte?


Ich wachte auf.
Aus Dunkelheit wurde Tag.
Ich wusste nicht wie ich aufwachte, doch sobald ich es tat schossen mir die letzten Bilder der Nacht in den Kopf.
Meine liebliche Katherine, verzerrt zu einen Monster.
Vor Schreck setzte ich mich mit einem Ruck im Bett auf und hörte eine amüsierte Stimme, die ich doch eigentlich so sehr liebte.
„Guten Morgen.“
Ich fasste nach meiner Wunde an meinem Hals, die noch immer schmerzte.
„Verlass bitte das Zimmer“, bat Katherine jemand, aber ich sah erst zu ihr, als sie sich mit ihren Worten an mich wandte. „Du bist aufgebracht.“
Da sah ich wie Emily einfach den Raum verließ, während Katherine begann das Bett zu umrunden.
„Dein Gesicht war wie, das eines Dämons“, sprach ich dass aus, woran ich mich noch erinnerte und hoffte so sehr das sie mir sagen würde, das alles nur Einbildung war und dass irgendetwas anderes meine Wunde verursacht hatte.
Ich hätte jede Ausrede gerade mit Freuden in Kauf genommen.
Aber das tat sie nicht.
Es war auch nicht wirklich ihre Art.
„Aber du hast keine Angst“, meinte sie und kam auf mein Bett zu.

Sofort wich ich von ihr zurück, denn sie irrte sich.
Mein Herz schlug wie verrückt und zum ersten Mal, weil ich Angst das sie in meiner Nähe war.
„Lass mich in Ruhe!“, sagte ich automatisch.
Ich brauchte Abstand von mir.
Anscheinend hatte ein Dämon von ihr Besitzt ergriffen oder etwas in der Art. Er musste sich ihres Körpers bemächtigt haben.
Eine andere Erklärung konnte es nicht geben.
Das würde auch erklären weswegen sie mich gestern zu so etwas überreden hatten konnte.
Sie war nicht Katherine, sie konnte nicht das Mädchen sein, in das ich mich verliebt hatte.
„Das ändert nichts an deinen Gefühlen zu mir.
Du wirst niemanden davon erzählen“, hörte ich mehr in meinem Kopf hallen und ihre Worte verinnerlichten sich in mir.

Natürlich, sie war das Mädchen das ich liebte.
Was sie nun war machte daran keinen Unterschied.
„Ich-“ Katherine legte einen Finger auf meine Lippen, um mich zum Schweigen zu bringen.
Weiter hörte ich ihrer hypnotisierenden Stimme zu.
„Wir werden ganz genau so weiter machen wie bisher.“
Ihre Stimme war ein wundervolles Rauchen in meinen Kopf, ein melodischer Klang.
„Ja, das machen wir“, antwortete ich, so als hätte ich es einstudiert und ich fragte mich woher diese Worte kamen.
Katherine aber schien das zu gefallen, denn sie kicherte amüsiert.
„Du hast keine Ahnung von der Zukunft die ich für uns geplant habe, Stefan.
Für Damon und Elena und für dich und mich.
Keine Regeln“, meinte sie erheitert und obwohl ich nicht verstand was sie meinte und ich nein schreien wollte, ging es nicht.
Ich liebte sie, ich würde ihr Geheimnis nicht verraten und wir würden für immer zusammen bleiben.
Das war es, was in meinem Kopf war und es klang alles sehr plausibel.
Wieso auch nicht?

Fröhlich ging Katherine wieder vom Bett weg und fasste mit einer Hand zu einem Bettpfosten, um den sie sich rumschwang, nur um sich dann glücklich mit ausgebreiteten Armen im Zimmer herum zu drehen.
Sie war glücklich und das war das wichtigste für mich.
Ich liebte sie und wollte alles tun, damit sie weiter so fröhlich sein konnte.
Trotzdem war ich verwirrt, von dem was ich gesehen hatte und wenn ich nach meiner Wunde tastete, dann schmerzte es mir.
Ob das von der Blutung kam oder etwas anderen wusste ich nicht genau zu sagen.
Die Grenze war gerade so verwischt, das ich mir selbst über alles nicht mehr klar war.
Ich wusste nur, dass ich über letzte Nacht schweigen würde.



Kapitel 85: Die ewigen Wunden




„Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz.“ (Autor unbekannt)




Elenas Sicht:
Nachdenklich schaute ich in die Flammen und spürte die Wärme, die sie ausstrahlten.
Wie ein Mensch könnte ich mich an ihnen verbrennen und würde dann ganz einfach sterben.
Natürlich war das nichts was ich wollte.
Vorsichtig legte ich mit einer Zange einen Brief in das Feuer, den ich vor langer Zeit einmal an Elijah geschrieben hatte, den ich aber nie hinterlegt oder verschickt hatte, sodass er ihn nie bekommen konnte.
Angst und Zweifel hatten mich dazu bewegt ihn nicht abzuschicken.
Es waren aber auch Zweifel die mich dazu bewegt hatten ihn zu schreiben, aber gepaart mit Hoffnung.
Nur hatte ich mich nie überwinden können.
Meine Zweifel hatten im negativen Sinne gewonnen und jetzt stellte sich anscheinend alles als falsch heraus, wenn Elijah mich zurückhaben wollte.

Ich wäre eine Lügnerin, wenn ich sagen würde das ich keinen Moment über diese Möglichkeit hatte nachgedacht.
Ich hatte es sogar sehr oft und ich war sicher dass ich auch glücklich sein würde.
Natürlich wäre ich das, ich liebte Elijah, ich hatte es immer getan und das hörte auch nicht mit einen mal auf.
Wahrscheinlich würde es sogar nie aufhören.
Also hatte ich darüber nachgedacht, ob ich mit Damon oder Elijah glücklich werden würde.
Darauf hatte ich keine Antwort gefunden.
Doch dann hatte ich es anders betrachtet.
Wann wäre ich unglücklicher, wenn ich Damon oder Elijah verlieren würde?
Ich hatte beide schon verloren und ich wusste dass der Verlust von Elijah grausam und schmerzhaft war, aber im Endeffekt hatte ich fast vierhundert Jahre mit ihm leben können, wenn man es Leben nennen könnte.
Ich dachte an Damons Verlust, der genauso schlimm gewesen war, genauso unerträglich und wieder hatte ich daran gedacht, das ich das alles nicht mehr wollte, das ich nicht mehr so leiden wollte.

Aber wenn ich jetzt, in diesem Moment darüber nachdachte, wen ich nicht noch einmal verlieren wollte, dann war es Damon.
Ich liebte ihn, mehr denn je, mehr als irgendwen sonst.
In diesem Moment war der Teil des Herzens, der für ihn schlug, viel größer als für Elijah.
Liebe verließ einen nicht, niemals, aber sie wurde kleiner und manchmal machte sie einem anderen Platz.
Das hatte ich nicht gewusst und hatte es auch erst jetzt erkennen können.
Es machte mich glücklich, dass ich es endlich begriffen hatte.

Aus diesem Grund fiel es mir auch leichter mit meinem alten Leben abzuschließen.
Auch wenn das nicht das richtige Wort war, weil es niemals ganz vorbei sein würde.
Doch zumindest wusste ich dass ich es nicht bereuen würde.
Damon war derjenige den ich liebte und er bedeutete nun mein Leben, das hatte ich selbst so entschieden.
Ich wählte ihn.
Sicher spiegelte sich das Feuer mit einem Leuchten in meinen Augen wieder, doch ich konnte meinen Blick nicht von dem Brief ablenken, der wirklich sehr schnell verbrannte.
Dabei verschwand die Schrift, die Worte, die alles ändern konnten, aber das wollte ich nun nicht mehr.
Erst wurde das Papier schwarz, bevor die Asche herunter fiel und ganz verschwand.
Nichts blieb davon noch übrig.

Ich hörte Schritte und sie waren leise und federleicht, aber wenn meine Schwester nicht wollte dass ich sie hörte, dann hätte sie es anders getan.
„Wo ist Stefan?“, fragte Katherine und ihre Stimme klang nicht besorgt, sie schien fast neutral.
Ich wusste es war nicht weil sie gleichgültig war, sondern einfach weil sie ihn noch nicht lange suchte und damit waren viele Optionen offen.
„Stefan und Damon“, begann und betonte dabei genau, das auch mein Freund nicht da war. „…hab ich weggeschickt, damit sie Zeit zusammen verbringen.
Gemeinsame Momente fördern das geschwisterliche Verhältnis, auch wenn du es nicht glaubst, aber sowas ist wichtig.“
Ich drehte mich zu ihr und sah wie sie die Augen zusammen kniff und dabei die Stirn runzelte, als müsste sie erst verarbeiten, was ich ihr gesagt hatte.
„Du hast sie manipuliert?“, fragte sie ungläubig nach.
Ich verzog das Gesicht, ich war fassungslos das sie es mir zutraute und schüttelte deswegen auch leicht aus Verächtlichkeit den Kopf.
„Nein, Katherine.
Ich hab sie nicht manipuliert.
Ich hab ihnen einen Ball zugeworfen und gesagt, dass sie doch etwas Zeit miteinander verbringen können, da sie in der letzten Zeit wenig davon hatten.
Dies könnte zufälligerweise daran liegen, dass du Stefan von allem abhältst, was er sonst getan hatte, seine Studien und sozialen Kontakte.“

Katherine hob die Hand und unterbrach mich so.
Verwirrt runzelte sie die Stirn und sah mich verständnislos an.
„Warte, du bist sauer auf mich?
Weil ich Stefan die Zeit stehle?“, fragte sie unglaubwürdig nach.
Ich schnaubte verächtlich und schüttelte den Kopf.
„Ach, rede doch keinen Blödsinn.
Ich bin nicht deswegen sauer auf dich, weil du Zeit mit ihm verbringen willst.
Das versteh ich, wenn man verliebt ist will man jede Minute mit dem Menschen verbringen, den man liebt“, meinte ich.
So war es auch bei mir und Damon.
Selbst jetzt von ihm getrennt zu sein, war langatmig und ich freute mich schon, wenn er wieder bei mir sein würde.

Meine Schwester zuckte mit den Schultern.
„Du siehst es also genauso, wo liegt dann das Problem?
Ich versteh nicht warum du sauer auf mich bist?“
Natürlich sie verstand es nie, weil es auch wirklich ausgesprochen selten war, das ich sauer auf sie war.
Sie war meine Schwester und so sah ich über viele ihrer Verhaltensweisen hinweg.
Doch manchmal schaffte sie es trotzdem, dass mir der Kragen platzte.
„Warum ich sauer auf dich bin?
Seitdem Elijah hier aufgetaucht ist, hast du anscheinend beschlossen deine Beziehung zu Stefan in neue Bahnen zu leiten.
Gut, das ist nicht weiter schlimm, du liebst ihn und eigentlich kenn ich dich auch nur so.
Aber du manipulierst ihn.
Ständig!
Du tust so als wäre er eine Puppe und machst ihn so abhängig von dir.
Du zwingst ihn dich zu lieben!“, warf ich ihr vor.
Ich konnte nicht verstehen und auch nicht wirklich billigen, was meine Schwester da tat.

Damit schien ich sie wirklich aus der Fassung gebracht zu haben.
Sie sah mich schockiert an, dann verfinsterte sich ihr Blick und ich konnte sehen wie Wut in ihren Augen aufblitzte.
„Ich erzwinge seine Liebe nicht, nur sein Verständnis“, rechtfertigte sie sich mir gegenüber.
Ich schüttelte nur den Kopf.
„Du hast mir gesagt, das Elijah mir nicht die Wahrheit gesagt hat und er mich deswegen nicht wirklich lieben konnte.
Du hast Stefan die Wahrheit gesagt und sobald du die kleinste Gegenreaktion deswegen gesehen hast, zwingst du ihn.
Katherine, du hast ihn nicht einmal die Chance gegeben darüber nachzudenken, es zu begreifen und zu akzeptieren.
Was lässt dich glauben, dass es dich besser macht als Elijah?“
Nun war ihr Gesicht vollkommen fassungslos und ich wusste das was ich gesagt hatte war nicht wirklich nett gewesen, aber es war die Wahrheit.
Es war das was ich dachte.
Sie konnte ihn nicht so behandeln.
Stefan war ein Mensch und auch diese verdienten es einen freien Willen zu haben.
Es hätte mir auch das Herz gebrochen, wenn Damon mich nicht akzeptiert hätte, aber dann hätte ich ihn gehen lassen, egal wie weh es getan hätte.

Katherines Schock wandelte sich zu Verzweiflung und Trauer und sofort hatte ich wieder Mitleid mit meiner Schwester.
„Ich weiß.
Aber ich liebe ihn, Elena.
Ich konnte nicht einen Moment riskieren ihn zu verlieren.
Verstehst du?
Ich will das nicht“, sagte sie und sofort bewegte ich mich in Vampir-Geschwindigkeit auf sie zu und nahm sie in meine Arme.
Ich drückte sie fest an mich, während sie weinte und ja ich verstand meine Schwester.
Ich wusste genau wie egoistisch sie war, das brauchte mir niemand zu sagen und mit ihren Ängsten gekoppelt setzte sie solche Handlungen nun mal frei.
„Ich versteh dich, Katherine.
Wirklich.
Versprich mir nur ihn jetzt nicht mehr zu manipulieren.
Er ist keine Marionette, sondern der Mann den du liebst.
Du hast ihn dazu gebracht seine Angst zu verlieren und unser Geheimnis zu wahren.
Das muss ausreichen, hör auf ihn sonst zu kontrollieren“, ermahnte ich sie und ich spürte wie sie an meiner Schulter leicht nickte.
Wenn sie das einhielt, war das schon ein großer Erfolg.
Ich wusste dass ich mehr von ihr nicht erwarten konnte.

Sie löste sich wieder von mir und wischte sich mit dem Ärmel über die Augen.
Alle Spuren von Tränen waren beseitigt, bei uns Vampiren war das wirklich sehr leicht.
„Es wird aufhören, nicht wahr?“
Verwirrt runzelte ich die Stirn, wusste nicht was sie meinte.
„Der Schmerz, die Zweifel, die Liebe.
Das wird aufhören, das wir es mit dem alten vergleichen nicht wahr?“, fragte sie nach und nun war ich es die geschockt aussah.
Aber ich riss mich zusammen und schüttelte den Kopf.
Ich kam nicht umhin ihr die Wahrheit zu sagen.
„Nein, Katherine.
Ich glaube es wird nie aufhören.
Genauso wie unsere Gefühle.
Die Vergangenheit, egal wie sehr wir versuchen davor zu fliehen und sie anders zu betrachten, indem wir uns neue Namen geben…“
Ich seufzte und schüttelte den Kopf.
„Es ist unsere Vergangenheit, ein Teil von uns, wir können sie nicht wegschließen.
Sie wird immer da bleiben.
Du wirst immer an Klaus denken, egal was er dir angetan hat, du hast ihn mehrere Wochen geliebt und du wirst es nicht vergessen.
Niemals.“
Wir beide mussten begreifen, dass es nie zu Ende sein würde.
Das wir nie davon los kommen würden.
Das es nie aufhören würde weh zu tun und als ich meiner Schwester in die Augen sah, wusste ich, dass auch sie es jetzt verstanden hatte.



Kapitel 86: Ewigkeit?




„Lass mich zu Fürchtendes beseitigen, nicht fürchten, dass es mich beseitige.“ (William Shakespeare)




Stefans Sicht:
Damon warf mir den Ball zu und ich sprang zur Seite, um ihn in letzter Sekunde aufzufangen.
„Ich werde Elena einen Antrag machen.“
Ich stolperte während ich den Ball zu ihm zurückwarf und er dadurch nicht wirklich viel Schwung hatte.
Was hatte er bitte gerade eben noch einmal gesagt?
Völlig perplex sah ich ihn an.
„Was hast du gesagt?“, fragte ich nach, da ich geglaubt hatte, diese Worte niemals aus seinem Mund zu hören.
Zwar nicht auf Elena bezogen, sondern generell, aber es war dennoch eine Sensation.
„Ich werde Elena einen Antrag machen“, wiederholte er, so sicher, wie auch beim letzten Mal.
„Du willst sie heiraten?“, fragte ich noch einmal nach, um alle Missverständnisse aus dem Weg zu räumen.
Damon verdrehte die Augen, wie nur er es konnte.
„Das wäre eine logische Schlussfolgerung daraus, nicht wahr?“

Stimmt, es war das einzig logische.
Aber ich hätte nie gedacht, dass dieser Tag kommen würde, obwohl es meiner Vorstellung von ihm und Elena schon entsprach.
Nur von ihm allein…
Ich hatte immer gedacht, dass ich eines Tages einen Brief finden würde, wo drauf stand, dass er mit einem Mädchen durchgebrannt war.
Oder das vielleicht ein Mädchen vor unserer Tür stehen würde, das sagt, sie ist schwanger von ihm.
Damon, der heiratet… unvorstellbar.
Damon, der Elena heiratet… das lag nicht nur durchaus im Bereich des Möglichen, es war irgendwie klar.
Noch nie hatte ich gesehen dass er so verliebt gewesen war und noch nie hatte ich meinen Bruder so glücklich gesehen.
„Wahnsinn, ich bin sicher sie wird ja sagen.“
Damon antwortete nicht, er war immer noch ernst.
Die ganze Zeit über schon war ernst, er lächelte nicht, wie er es sonst immer tat, wenn er von ihr redete und das tat er ziemlich oft.

Verwirrt legte ich den Kopf schief.
„Denkst du das nicht oder was spuckt dir durch den Kopf?“
Diesmal war er es, der sich nicht so genau auf das Ballspiel konzentrierte, sondern mit seinen Gedanken fern zu sein schien.
„Du weißt doch was Katherine und Elena sind, oder?“
Es war eine rhetorische Frage, doch es schien als wollte er mir die Tatsache noch einmal ins Gedächtnis rufen.
„Natürlich weiß ich das.“
Katherine hatte es mir schließlich gesagt und zeigte es mir immer wieder, wenn sie von meinem Blut trank.
Damon warf mir plötzlich wieder den Ball zu, aber weit über mir und fing an loszurennen.
„Das bedeutet, dass ich mit ihnen weggehen werde.“
Vollkommen überrascht lief ich ihm hinterher und Damon schnappte den Ball, aber auch ich griff danach und so stürzten wir beide zu Boden.
„Wie bitte?“
Ich wusste nicht ob ich mich verhört hatte, aber ein Teil von mir hoffte es zumindest.

Er ließ sich auf den Rücken, ins Gras fallen und ich tat es ihm gleich.
„Es ist mein Wunsch und auch ihrer, die Ewigkeit an ihrer Seite zu verbringen.
Wenn Elena bedeutet, dass ich ein bluttrinkendes Monster werden muss, dann hab ich kein Problem damit.
Hauptsache ich kann für immer bei ihr bleiben.“
Ich versuchte Damons Worte zu begreifen, zu verstehen und zu verinnerlichen, doch es gelang mir nur sehr langsam.
„Du willst mit ihr gehen?“
Damon sah zu mir und sein Blick sagte mir aus, wie ernst er es meinte und wie selbstverständlich er es fand.
„Willst du etwa nicht mit Katherine gehen, wenn ihre Zeit hier zu Ende ist?“
Oh man, das war harter Tobak.
Darüber hatte ich mir noch nicht wirklich Gedanken gemacht.

Katherine hatte mir gesagt das sie unsere Zukunft geplant hatte, aber dabei hatte ich nie daran gedacht diesen Ort zu verlassen und schon gar nicht ein Vampir zu werden.
„Du willst wirklich ein Vampir werden?“, fragte ich nach und konnte es nicht glauben.
Ich wollte kein Monster werden.
Empört stand Damon auf und sah mich auch so an.
„Natürlich, Stefan!
Was denkst du denn?
Elena ist ein Vampir, das bedeutet dass sie ewig lebt und ich will für immer bei ihr sein.
Ein menschliches Leben reicht da nun einmal nicht aus.
Elena ist für mich das wichtigste, was bedeutet ich will das alles, wirklich.
Zwar hat sie mich gebeten darüber nachzudenken und das hab ich auch getan, aber ich hab in keiner Sekunde was anderes gedacht.
Nie wollte ich davon abweichen.
Willst du das denn nicht?
Du liebst Katherine doch!“

Ich stand von seinen Worten ganz schön unter Schock und musste meine Gedanken erstmal ordnen, damit ich alles wirklich verarbeiten konnte.
Ich wusste, ich wollte kein Vampir werden.
Aber ich liebte Katherine, auch wenn sie einer war.
„Natürlich liebe ich Katherine, aber…“
„Aber was, Stefan?“, unterbrach mich mein älterer Bruder aufgebracht und schien wirklich wütend dabei zu sein. „Sie können keine Kinder kriegen, also sowas wie Familie gründen, was dein Traum war geht da nicht.
Was dachtest du was passieren würde?
Das Katherine hier bei dir bleibt und es wird nie auffallen wenn sie nicht altert?
Du würdest bei ihr bleiben, bis du stirbst?
Wach auf, Stefan!
So ist das Leben bei ihnen nicht.
Da gibt es entweder gebunden bis in alle Ewigkeit oder weiterziehen.
Das ist es was ich will, ich will bei Elena bleiben und mit ihr bis in alle Ewigkeit durch die Welt ziehen.
Ich liebe sie und damit wähle ich vollkommen bewusst ihr Leben, denn du musst bedenken, sie können unseres nicht wählen.“

Ich blieb sitzen, sackte vielleicht nur noch mehr in meine Position.
Wenn ich ehrlich war, sowas hatte ich bis vor kurzem noch gedacht.
Das ich Katherine heiraten würde, wir Kinder bekommen würden und bis unser Lebensende zusammen leben würden.
Sie hatte das mit der Zukunft nur angedeutet, aber ich hatte jeden Gedanken daran verdrängt.
Zu wissen dass ich nur zwei Optionen hatte, machte mir nun Angst.
Entweder ein Leben bis in alle Ewigkeit als fürchterliches Monster oder ein Leben ohne Katherine.
Das war nicht fair.
„Ich weiß es nicht.“
Damons Blick wurde einfach nur fassungslos.
„Ich weiß es nicht, Damon. Verstehst du?“, fragte ich nach.
Mein großer Bruder sah zu mir herab und schüttelte dann den Kopf.
„Nein, ich versteh es nicht.
Ich liebe Elena, mehr als alles andere.
Ich liebe auch dich, du bist mein Bruder“, gab er zu, aber die Stimme die er dabei benutzte machte mich wachsam.
Ich legte die Stirn in Falten und kniff die Augen zusammen, als ich ihn ansah.
„Aber?“, fragte ich nach, da ich genau das erwartete.
„Aber ich liebe Elena mehr als dich.
Ich hab es dir gesagt, aber du scheinst es nicht begriffen zu haben.
Ich werde mich immer für sie entscheiden, das bedeutet wenn du nicht mitkommen wirst, dann werden wir uns nie wiedersehen.
Dann werde ich mit ihnen gehen und das war es.
Wir werden uns nie wieder sehen.
Ein Abschied für immer, zumindest für mich für immer.
Dein Tod wird es beenden für dich, aber für mich niemals.“

Quälend sah ich ihn an.
Nein.
Nein!
Das konnte nicht sein.
Ich würde nicht nur meine Liebe verlieren, sondern auch noch meinen Bruder.
Das war nicht fair.
Konnte mir nicht irgendwer helfen?
Konnte mir nicht irgendwer eine Lösung sagen?
Einen Ausweg den es gab?
Aber in diesem Fall gab es keinen Mittelweg.
Nur diese zwei Optionen.
Entweder, oder.
„Überleg es dir, Stefan.
Du bist mein Bruder und ich will dich nicht verlieren.
Aber sei dir bewusst, das ich, egal was kommt, mit Elena gehen werde“, rief er mir ins Gedächtnis und es brannte sich da rein.
Es machte mir bewusst, wie viel ich zu verlieren hatte.
Was stand dagegen?
Alles andere was ich schätzte und liebte.
Ein normales Leben, mein Vater und ich wollte Arzt werden.
Ich war verwirrt und ich konnte mich nicht entscheiden.
Aber hatte ich diese Möglichkeit überhaupt?
Die Ewigkeit.
Sie machte mir Angst.



Kapitel 87: Keine Sorgen




Kämpfe um das, was dich weiter bringt. Akzeptiere das, was du nicht ändern kannst. Und trenne dich von dem, was dich runterzieht.“ (Autor unbekannt)



Katherines Sicht:
Stefan und ich knieten beide auf dem Bett und saßen uns so gegenüber.
Wir machten beide ein ernstes Gesicht.
Die Hände hatten wir hinter dem Rücken verschränkt.
„Du hast mich berührt“, sagte ich ernst, weswegen Stefan die Stirn runzelte und mich verständnislos ansah.
Als würde er es ganz eindeutig bezweifeln.
„Wie?“, fragte er schlicht nach.
Ich zuckte mit meinen Schultern und antwortete ganz gelassen: „In meinem Herzen.“
Endlich bildete sich ein Lächeln auf sein Gesicht und triumphierend zeigte ich mit dem Finger auf ihn.
„Du hast eindeutig verloren, Stefan“, rief ich fröhlich.
Er musste ebenfalls lachen, packte mich dann und warf mich um.
Aber sobald er das geschafft hatte, drehte ich den Spieß um und zeigte ihn mein wahres Gesicht.

Er sah mich entsetzt an und es verletzte mich mehr als ich es für möglich gehalten hatte und auch als sich sein äußeres beruhigte, hörte ich noch wie sein Herz in einem schnellen Tempo schlug.
Als es klopfte, ließ ich es verschwinden und wandte mich seufzend zur Tür.
„Ja?“, rief ich, da ich wusste wer es war.
Ich wartete darauf, das Emily ins Zimmer trat und mich freundlich anlächelte.
„Entschuldigen sie Miss Katherine, Miss Pearl möchte sie sprechen“, erklärte sie mir und nochmal konnte ich mir ein leichtes seufzen nicht verkneifen.
Ich wandte mich wieder an Stefan zu und lächelte ihn an.
„Ich komme gleich runter. Bitte sie doch zu warten.“
Trotzdem hörte ich Emily nicht verschwinden, weswegen ich es noch einmal betonte.
„Danke Emily“, meinte ich und hörte wie sie wieder ging.
Schmollend sah ich meinen Freund an.
„Der Spaß ist vorbei“, meinte ich traurig.
Stefan legte seine Hand auf meine Wange und küsste mich, sodass ich ihm nicht widerstehen konnte und mich wieder entspannte.


Ich trat die Treppe hinter, wo Pearl in einem roten Kleid auf mich wartete.
Emily stand hinter ihr.
„Schön dich zu sehen, Pearl“, begrüßte ich sie freundlich und lächelte sie an.
Meine Fröhlichkeit konnte ich nicht verbergen, man sah mir einfach an wie glücklich ich mit Stefan war.
„Vielleicht könnten wir uns draußen unterhalten“, erklärte sie ernst und ihr Gesichtsausdruck deutete mir an, wie wichtig es sein musste.
Ich wandte mich an meine Zofe oder auch Hexe.
„Emily, würdest du Mister Salvatore bitte sagen, das ich weggegangen bin“, gab ich ihr einen Auftrag und sie nickte leicht.
„Gern“, meinte sie, raffte ihren Rock und verschwand.
Pearl und ich gingen nach draußen, nach hinten in den Garten, wo uns niemand hören konnte.
Die Blätter knacksten leicht unter unseren Füßen.
Es waren noch nicht alle gefallen, doch es war für Menschen schon recht kühl, zumindest in dieser Gegend und der Herbst war eindeutig da.

„Wie lange gedenkst du noch mit deiner Schwester bei den Salvatores zu wohnen?
Die Leute reden, Katherine.
Du solltest dich mehr zurückhaltend, wenn du mit Stefan unterwegs bist, es ist nah an der Grenze, wie ihr miteinander umgeht“, ermahnte sie mich, wie es auch schon Elena getan hatte.
Auch ihr war das aufgefallen und sie missbilligte es.
Sie wusste dass Stefan und ich Sex hatten, aber sie tolerierte es auf keinen Fall das auch andere davon etwas mitbekamen.
„Die Salvatores waren so freundlich uns aufzunehmen und soweit man hier weiß, sind Elena und ich arme Waisenmädchen aus Atlanta, die ihre Familie im Feuer verloren haben“, meinte ich amüsiert und musste leicht lachen.
Selbst Pearl stimmte in diese heitere kleine Stimmung mit ein.
„Ohne Zweifel von dir entfacht.“
Das war wahr.
In sowas war ich hervorragend.

„Schätzchen, sei bitte vorsichtig“, rief sie Anna zu, die auf ein Pferd zu ging und kurz wandte ich mich zu ihr, um sie zu sehen.
Anna war Elenas Freundin, so wie Pearl die meine war.
Die älteren mit der Verantwortung hatten zusammengefunden, während Elena in Anna ein kleines Geschwisterkind gefunden hatte um das sie sich kümmern konnte.
Vielleicht erinnerte Anna sie an David oder so.
Auf jedenfall hatte Anna ihr gut getan und ihrem täglichen traurigen Gemütszustand.
„Honoria Fell ist gestern in die Apotheke gekommen mit einer Kiste von diesem Elixier.
Sie hat darum gebeten es zu einem günstigen Preis zu verkaufen“, erläuterte mir Pearl, aber ich hatte keine Ahnung was für eine farblose Flüssigkeit in dieser Ampulle sein sollte.
„Ich kann dir nicht folgen“, gab ich offen zu.
Sie reichte es mir und meinte: „Probier es aus“.
Ich machte es auf, aber es roch nach gar nichts, weswegen ich mir ein paar Tropfen auf Handgelenk machte.
Sofort ätzte es meine Haut weg.
„Was zum-“
Nun wusste ich genau um was es sich dabei handelte.
„Eisenkraut“, sprach Pearl meinen Gedanken ernst und deutlich aus.
„Warum gibt’s hier…“, begann ich und ließ mein Gesicht dann mit demselben ernst überziehen.
„Sie wissen es“, sprach ich das aus, wo ich das Zündholz, für den Brand, der kommen würde, selbst entzündete hatte.

Eine Sache, die ich mir nicht anmerken lassen durfte.
Doch ich hatte nicht gewollt, dass die anderen Vampire davon erfuhren, so ein Mist.
Ich musste sie irgendwie überzeugen hier zu bleiben.
„Die wollen uns finden und werden immer durchtriebener.“
„Städter voll mit Eisenkraut, eine überaus unangenehme Sache“, stimmte ich ihr zu und gab ihr die Ampulle zurück.
Leider sprach Pearl das aus, was ich befürchtet hatte. „Es wäre vielleicht Zeit für uns weiterzuziehen.“
„Nein“, meinte ich stur. „Mir gefällt es hier. Ich habe kein Interesse von hier wegzugehen“, stellte ich die Sache klar.
Auf keinen Fall wollte ich das.
Es gehörte einfach nicht zu meinem Plan.
Wir mussten unbedingt hier bleiben, damit bei einer Flucht gewährleistet war, das Elijah und Klaus uns nicht gleich wieder hinter sprinten konnten und uns bei der nächsten Stadt gleich abfangen würden.
Wenn wir das machen würde, wusste ich genau, dass sie gleich die harten Seiten aufziehen würden, so hatten wir zumindest noch ein wenig Zeit.
Zumindest bis Klaus von der Sache erfuhr.
Solange es nur Elijah war, der immer noch in meine Schwester verliebt war, würde es nicht so schlimm sein.
Ich hatte herausgefunden, dass er nichts tun würde, dass Elena verletzte.
Andernfalls hätte er Damon umgebracht, aber er kümmerte sich nicht nur um ihre Sicherheit, sondern auch um ihren Gemütszustand und das verschaffte uns zumindest eine trügerische Ruhe.
Das war etwas, wenn auch nicht wirklich viel.

Ich hörte uns näherende Schritte und Annas Stimme.
„Können wir gehen, Mama?“, rief sie und ich drehte mich zu ihr, verschränkte meine Hände hinter dem Rücken und sah das Mädchen ernst an.
Sie würde sterben, genauso wie Pearl.
Aber das war es eindeutig wert, so würden Elena und ich überleben, nicht nur das, wir würden glücklich mit den beiden Brüdern leben.
Elena hatte ihren Damon und ich hatte Stefan.
Damit hätten wir endlich auch mal eine heitere Stimmung, wenn wir flohen.
Zumindest wäre dann für einen guten ausgeglichenen Gemütszustand bei Elena für die Ewigkeit gesorgt.
„Stimmt etwas nicht?“, fragte Anna, als sie unsere ernsten Gesichter sah und legte den Kopf etwas schief.
Armes kleines Mädchen, sie hatte recht.
Etwas stimmte ganz und gar nicht.
Wir schluckten wohl beide unsere Gedanken hinter und antworteten dem Mädchen mit einem Kopfschütteln.

Pearl verschwand mit Anna zusammen und ich sah den beiden hinterher.
Es war wirklich schade, dass sie sterben würden.
Sie waren unsere Freunde und es tat mir leid.
Aber besser sie, als wir.
Ich würde mich immer für mich und meine Schwester entscheiden und dazu würden wir auch noch neue Gefährten bekommen.
Deswegen war das doch ziemlich gut.
Es gab immer wieder neue Weggefährten.
Keine Probleme und keine Sorgen, ich hatte für alles eine Lösung.
Auch wenn diese von den Methoden hinterfragt werden könnte, aber niemand kannte sie ja, was mir einen entscheidenden Vorteil verschaffte.
Unwissenheit war doch manchmal wirklich ein Segen.



Spezial 9: Treffen in der Nacht




„Manche Augenblicke haben einen Geschmack von Ewigkeit“ (Autor unbekannt)



Elenas Sicht:
Rückblick
Zögernd ging ich durch den Wald.
Es war kalt und ich fröstelte. Aber es war mir auch unangenehm hier zu sein. Meine Angst konnte ich nicht wirklich ausschalten.
Ich war mitten in der Nacht, allein in einem Wald, indem ich mich nicht auskannte.
Rein theoretisch war das reiner Selbstmord und im Normalfall würde ich nie so etwas Unvernünftiges machen.
Doch das hier war wichtig.
Durch die Bäume konnte ich den Vollmond sehen, der den Wald zumindest ein wenig für mich beleuchtete.
„Du bist zu spät, Helena“, hörte ich eine Stimme und mein Herz schlug höher, vor Aufregung und Angst.
„Es ist nicht so leicht, wie du es dir vielleicht vorstellst, als Mensch sich aus einer Burg voller Vampire herauszuschleichen“, wies ich ihn auf eine wichtige Tatsache hin, die er vergessen zu haben schien.
Seine Mundwinkel zogen sich hoch, zu einem Lächeln.

Er nickte leicht und kam ein paar Schritte näher auf mich zu, sodass ich ihn erkennen konnte.
„Weißt du, Helena.
Du bist wirklich eine interessante Frau“, meinte Mikael und musterte mein Gesicht genau, so als könnte er mich dadurch ergründen.
Leicht hob ich den Kopf an, um ihn zu zeigen dass ich keine Angst vor ihm hatte.
„Wie auch immer, sicher interessiert du dich für die Fortschritte in unserem Plan.“
Er machte eine kurze Pause, doch mein Gesicht machte keine Regung von sich, so wie ich es von jeher gelernt hatte.
„Ich hab den Mondstein den Werwölfen gegeben, Klaus wird ihn in den nächsten Tagen bekommen, doch er wird bis zum Vollmond warten müssen.
Du weißt nicht zufällig die Strecke oder wo das Opfer stattfinden wird?“, fragte er nach, doch wieder antwortete ich nicht.
Was sollte ich auch sagen? Ich hatte keine Ahnung.
„Ich weiß auch nicht, wen von uns Klaus nehmen wird“, fügte ich weiterhin hinzu.

Mikaels Gesicht, war genau wie meines, nicht zu lesen.
Anscheinend bevorzugte auch er diese Methode, wie auch mein Vater.
„Das ist unwichtig, wenn es soweit ist, wirst du alles erfahren oder deine Schwester und sie wird dir sicher alles sagen.
Dann bringst du mir die Informationen und führst mich entweder zu Klaus oder du läufst weg und lockst ihn so zu mir.
Wie es auch sein wird, wenn er die Burg verlässt, wird er verletzlich sein und dann werde ich ihn töten.“
Leicht nickte ich, obwohl mir das alles ziemlich krank vor kam.
Zwar hatte er gesagt, das Klaus nicht sein wirklicher Sohn war und das ein Hybrid für alle gefährlich war, doch ich fand es trotzdem grausam.
„Ich hab jemand weiteren der nicht sterben soll“, sagte ich und Mikael sah tatsächlich überrascht aus.
Er legte den Kopf leicht schief und musterte mich schon wieder genau.
„So?“, fragte er nach und ich schluckte schwer.
„Elijah. Du musst mir versprechen das ihm nichts geschieht.“
Erst sah er überrascht aus, doch dann wurde sein Blick seltsam berechnend und ich wusste in diesem Moment, das er genau wusste, was dahinter steckte.
„Ich hatte nicht vor ihn was zu tun. Er ist mein Sohn.“
Klaus war auch sein Sohn, zumindest hatte er es gedacht, bis er die Wahrheit erfahren hatte und ihn konnte er auch einfach etwas tun.
Sohn definierte meiner Meinung gar nichts und Blut zählte schon gar nicht.
Wenn man mit Personen aufgewachsen war oder sie hat aufwachsen sehen, dann zählte es nicht, wenn man erfuhr das man nicht wirklich verwand war.
Aber wie auch mein Vater, würde Mikael das sicher nicht verstehen.
„Er wird sich dir in den Weg stellen, wenn du Klaus töten willst. Ich will nur sicher gehen, dass du ihm auch dann nichts tust.
Unter keinen Umständen, egal was er tun sollte“, präzisierte ich das Ganze.

Kurz lächelte er und sein Blick glitt anerkennend über mein Gesicht, anscheinend hatte ich es geschafft ihn zu beeindrucken.
„Du überraschst mich immer wieder, Helena.
Ich denke du bist deiner Zeit wirklich weit voraus.“
Eigentlich interessierte mich Mikaels Lob überhaupt nicht, ich konnte ihn nicht wirklich leiden und ich hatte Angst vor ihm.
„Abgemacht?“, fragte ich nach, da er darauf noch nicht eingegangen war und er anscheinend versuchte davon abzulenken.
Ich konnte ihn einfach nicht durchschauen.
„Abgemacht, solang du dich an deinen Teil hältst“, meinte er und ich nickte. „Das werde ich“, bestätigte ich ihm mit fester Stimme.
Sicher würde ich ihn nicht verraten, das wäre nicht nur dumm für ihn, sondern auch für mich und meine Schwester.
Auf einmal schaute er auf und schien an mir vorbeizusehen.
Verwirrt runzelte ich die Stirn und sah ihn fragend an.
„Es scheint mir als würden wir gleich Gesellschaft kriegen, oder zumindest du.“

Dabei sah er mir ganz genau in die Augen, wodurch sich mein Magen vor Angst umdrehte.
„Vergiss nicht, was wir besprochen haben“, ermahnte er mich und im nächsten Augenblick war er verschwunden.
Verwirrt blinzelte ich.
„Ich werde es nicht vergessen!“, sagte ich leise, unsicher ob er es noch gehört hatte.
Es war kalt, doch ich zitterte nur aus Angst.
Was hatte Mikael gemeint? Er hatte gesagt ich würde Gesellschaft bekommen.
Auf einmal hörte ich überall um mich herum Geräusche und angsterfüllt zuckte mein Kopf hin und her und ich sah mich nach einer möglichen Gefahrenquelle um, doch ich konnte nichts entdecken.
War es Klaus?
„Helena“, hörte ich eine Stimme hinter mir und erschrocken und ruckartig, drehte ich mich zu ihr um.
„Elijah, du bist es“, seufzte ich erleichtert und ein großer Stein fiel mir vom Herzen, als ich sah wie er näher zu mir kam.
„Ich dachte…“ Ich ließ den Satz offen.
Ich hatte tatsächlich viel Angst gehabt.

„Was machst du nur hier allein?“, fragte er vorwurfsvoll und schuldbewusst sah ich zu Boden. Ich wusste selbst dass das nicht der sicherste Ort war, aber ich hatte keine andere Wahl.
„Entschuldige, ich hab nur…“ Ich suchte nach den richtigen Worten. Passende, die das hier einigermaßen erklären würden. „Es ist ziemlich peinlich.“
Fragend sah er mich an, er stoppte kurz vor mir und musterte mich besorgt.
Schuldig sah ich zu Boden.
„Ich hab Selbstgespräche geführt“, log ich und ich wusste das mein Herz verräterisch klopfte, doch ich hoffte er würde es als das deuten, als was ich es beabsichtigt hatte.
Eine Hand legte sich auf meine Wange und überrascht sah ich auf, in Elijahs Gesicht.
„Bitte tu das nicht mehr. Komm nicht mehr hierher und geh nachts nicht allein hinaus. Ich mach mir Sorgen um dich“, meinte er und seine Stimme war dabei so intensiv.
Manipulierte er mich?
Auch wenn es wirklich so war, konnte ich ihm nicht böse sein.
Ich wusste so dass das hier lächerlich närrisch von mir war und ich verstand dass er sich um mich Sorgen machte.
Leicht nickte ich. „Versprochen“, sagte ich und er lächelte milde.

Er hielt mir seine Hand hin, die ich nur zu gern ergriff.
Während wir durch den Wald gingen, beobachtete ich sein Gesicht, das sehr ernst aussah.
„Mir ist nichts passiert.
Ich hab mich nur erschreckt, als du da warst. Ich dachte es sei irgendein Tier“, versuchte ich ihn zu beruhigen.
Ich spürte, wie er sich verkrampfte, denn sein Griff um meine Hand wurde fester.
„Im Wald gibt es schlimmeres als Tiere“, sagte er und ich wusste was er damit meinte, auch wenn ich es nicht wissen sollte.
„Kein Mensch geht nachts raus“, hielt ich dagegen.
Das war allerdings keine gute Idee, denn er verwendete mein Argument gleich wieder gegen mich.
„Ja, kein Mensch geht nachts raus“, widerholte er meine Worte und sah mich dabei ernst an.
Er war wütend, ich spürte es.
„Du brauchst dir keine Sorgen um mich machen, Elijah“, versuchte ich ihn weiter zu beruhigen, auch wenn ich nicht wusste, ob es klappen würde.

Er lächelte über meine Worte und ich verstand nicht wieso.
„Helena, ich werde mich immer um dich sorgen.“ Bei seinen Worten sah er mir in die Augen und ich konnte nur Aufrichtigkeit darin erkennen.
Zum ersten Mal an diesem Abend, schlug mein Herz aus einem guten Grund schneller.
Schüchtern erwiderte ich sein Lächeln.
„Ich hab etwas für dich“, meinte er und verwirrt sah ich ihn an.
Wir hielten an und er holte etwas aus seiner Tasche. Er trat hinter mich und ich spürte wie er mir eine Kette umlegte. Dabei streifte seine Hand meinen Hals.
Neugierig schaute ich nach unten auf meinen Hals und fasste automatisch zu dem blauen Stein, der länglich war, sechseckig, schmal und zu einer Spitze nach unten verlief.
Glücklich musste ich lächeln. „Er ist wunderschön“, flüsterte ich und drehte mich zu Elijah um, nachdem er den Verschluss zugemacht hatte.
„Danke“, sagte ich ehrlich und freute mich wahrlich über das Geschenk.
Er legte seine Hand wieder auf meine Wange, während er mir wieder in die Augen sah und legte dann seine Stirn gegen meine.

Es war schön, diese Berührung und ich wünschte wir könnten hier ewig zusammen stehen.
Vorsichtig drückte ich mich an ihn, sodass er mich in seine Arme nahm.
„Ich liebe dich, Helena“, flüsterte er in mein Ohr und mein Herz pochte gegen seine Brust, sodass er es sogar als Mensch gespürt haben musste.
Eine Wärme durchflutete mich, wie ich sie nur bei ihm spürte.
Tränen des Glücks stiegen in meine Augen und ich drückte mich noch näher an ihn.
„Ich liebe dich auch, Elijah“, flüsterte ich zurück und ich spürte seine Hand in meinem Haar. Er strich durch sie und ich spürte seine sanfte Berührung, als er mich auf den Kopf küsste.
Ich wusste nicht wie lange wir hier standen, doch ich wusste das es nicht genug war.
Keine Zeit der Welt, die ich mit ihm verbrachte war genug, aber dieser Augenblick war perfekt und sagte mir, dass ich für immer bei ihm bleiben wollte.
Rückblick Ende



Kapitel 88: Beobachtung




„Eine Frau zu lieben, die dich verschmäht, ist so, als lecktest du Honig von einem Dorn.“ (Walisisches Sprichwort)




Elijahs Sicht:
Ich musste mir am Ende dieses Tages eingestehen, dass ich die Beziehung von Damon und Helena unterschätzt hatte.
Es würde schwerer werden als ich gedacht hatte, die Liebe meines Lebens wiederzubekommen.
Herausgefunden hatte ich das nicht wegen dem was zwischen uns war, sondern wegen dem was zwischen Damon und ihr war.
Es zerriss mein Herz, vielleicht noch mehr, als ich dachte sie hatte mich verraten.
Denn diesmal war sie da.
Alles war die Wahrheit gewesen, alles war echt zwischen uns gewesen, doch trotzdem war sie nun nicht mehr in meinen Armen.
Ich wusste nicht was ich dagegen tun sollte.
Wie sollte ich sie dazu bringen, dass sie aufhörte ihn zu lieben?
Das war doch einfach nicht möglich.
Ich wusste dass Helena aufrichtig und treu war, das waren die Eigenschaften die ich so an ihr geschätzt hatte und das waren nun die Charakterzüge die sie von mir fern hielten.
Weil sie mich nicht mehr liebte?
Das wusste ich nicht.
Ich konnte nicht sagen, was da noch zwischen uns war.
Das einzige was ich wusste war das sie ihn liebte.
Ich wusste was zwischen den beiden war und ehrlich, es machte mir Angst.

Ich wollte eigentlich Helena abfangen, um mit ihr zu reden, doch ich hatte keine Möglichkeit.
Nicht weil es wirklich so war, sondern weil ich einfach viel zu gefangen war, von dem was sich zwischen den beiden abspielte.
Ich sah wie sie erst bis zum Wald spazieren gingen und dann nach hinten sahen und sich fragten, ob sie ihre Aufpasser abhängen konnten.
„Na ich schon“, sprach Helena und lief los und Damon lief ihr hinterher.
Ich hörte ihr fröhlich klingendes Lachen, das sie auch immer gehabt hatte, als sie so etwas mit Katerina gespielt hatte.
Oft wollte sie es auch mit mir spielen, aber anders als dieser Junge war ich ihr nie hinterhergelaufen.
Vielleicht war das, ein Fehler gewesen.
Ich sah zu wie Helena immer wieder an einem Baum fasste und somit die Richtung änderte.
Sie jagten sich durch den Wald entlang und hatten Spaß.
Es erinnerte mich daran, wie sie früher gewesen war.
Noch immer hatte sie sich einen Teil davon bewahrt, diese heitere kindliche Art, die ich ebenfalls an ihr geliebt hatte.

Helena war noch vollkommen das Mädchen in das ich mich verliebt hatte.
Sie las gerne, war ernst und anständig, manchmal fröhlich und verspielt, sie war ehrlich und rein, freundlich und hilfsbreit, höflich und gut erzogen, warmherzig, mitfühlend und selbstlos.
Ich vermisste sie.
Ich vermisste sie in jeder Sekunde in der ich nicht bei ihr sein konnte und es brachte mich um zu wissen, dass sie bei diesem Jungen war.
Aber ich konnte nicht noch einmal egoistisch sein.
Nicht dieses Mal.
Deswegen konnte ich diesen Jungen auch nicht verletzen, es würde sie unglücklichen machen und das wollte ich nicht.
Ich wollte dass wir wieder zusammen waren, aber nicht so.
Sie sollte mich wählen, aber es traten immer mehr Zweifel in mir auf, dass es so kommen würde.

Ich beobachtete wie die beiden es geschafft hatten ihre Verfolger abzuhängen, zumindest diejenigen von denen sie wussten.
Helena versteckte sich hinter einem Baum und ich musste lächeln, als sie nach hinten lugte, um nach ihren Freund zu sehen.
Dabei fragte ich mich, ob sie so darin vertieft war das sie ihre Vampir-Fähigkeiten vergaß, denn sie atmete auch schwerer.
Als Damon beim Baum war, schlich sie leise drum herum, bevor er sie entdecken konnte, war sie auf der anderen Seite.
Eigentlich würde ich es witzig finden, wenn es nur nicht das Mädchen wäre das ich auch liebte.
Sie umrundete den Baum weiter, während er nach ihr Ausschau hielt und tippte ihn dann auf die Schulter, um auf sich aufmerksam zu machen.
Lachend fiel sie ihm um den Hals und in meinem Magen drehte sich alles um.
„Hab gewonnen, was ist mein Preis?“, fragte sie ihn fröhlich und ich erinnerte mich daran, das Katerina und Helena das immer so gespielt hatten.
Sie hatten immer als Preis etwas genommen, wie das nächste Spiel aussuchen zu dürfen oder andere kleine Dinge, meist Entscheidungen, wo sie sich uneinig waren.
„Was wünschst du dir denn?“, fragte Damon sie und das Lächeln auf ihrem Gesicht quälte mich zum ersten Mal in meinem Leben so wirklich.

Sie fasste nach seinen Händen, drehte sich unter seinem Arm hinweg und zog ihn dann weiter zum See.
Helena ging dabei rückwärts, ließ ihn nicht los und lächelte ihn an, so wie sie mich frühen angelächelt hatte.
„Dich“, flüsterte sie.
Damon erwiderte ihr Lächeln, wie könnte er auch nicht?
„Ich gehöre dir, mit allem was ich habe, mit Leib und Seele“, versprach er ihr und sie zog ihn näher zu sich.
Ihre Gesichter waren nah aneinander.
„Und dein Herz?“, fragte sie leise.
„Das schlägt nur für dich“, erwiderte er ihr und ich wandte mich von ihnen ab, als sie sich küssten.
Nicht länger konnte ich ertragen die beiden so zu sehen.
Ich wollte Damon töten, ich wollte Helena küssen, alles wieder von ihr nehmen, was der Junge ihr gegeben hatte.
Gleichzeitig zersprang ich sowohl vor Liebe als auch vor Wut.

Wieso war ich ihr nur nie hinterhergelaufen?
Wieso hatte ich sie gehen lassen?
Ich hätte sie nicht nur verfolgen sollen, ich hätte ihr irgendwie sagen müssen, dass ich sie zurückhaben wollte.
Sie war weggewesen und ich hatte es als Abweisung verstanden.
Dabei hätte ich ihr einfach nur hinterherlaufen müssen und sie fragen müssen.
Wir hätten darüber reden können, alles hätte sich aufgeklärt.
Wie hätten gewonnen.
Wieso war ich ihr nur nie hinterher gelaufen?
Ich liebte sie doch, ich hatte sie in jeder Sekunde geliebt, selbst als sie mich verraten hatte.
Nie hatte ich sie aus meinen Gedanken entfernen können, nie hatte ich ihr wirklich etwas antun wollen.
Ich hatte nur bei ihr sein wollen.
Wenn mir das nur eher gelungen wäre, dann hätte ich sie gefragt wieso und alles wäre rausgekommen.
Warum war ich nicht besser im suchen gewesen?
Warum musste es jetzt so sein?

Ich wusste am Ende dieses Tages nicht, was zwischen uns war.
Allerdings wusste ich nun was zwischen ihnen war.
Helena liebte ihn.
Sie liebte ihn aufrichtig und ehrlich.
Es war nicht nur irgendetwas, keine Ablenkung für zwischendurch, natürlich nicht, Elena war nicht so.
Helena liebte Damon, so wie sie mich damals geliebt hatte, so wie ich sie nach all der Zeit immer noch liebte.
Aber mehr denn je wollte ich sie wieder haben.
Ich wollte ihr endlich die Wahrheit sagen, damit wir zumindest die Chance haben konnten, die uns immer zugestanden hatte, die wir aber nie greifen konnten.
Zumindest noch eine letzte Chance, damit sie sich entscheiden konnte.
Diesmal allerdings war ich mir nicht sicher, ich konnte nur hoffen und beten, dass sie mich noch immer lieben würde, mehr als diesen Jungen.
Denn dass es so war, konnte ich nicht mehr bestreiten und dass es einfach so vorbei gehen würde, das konnte ich nicht mehr glauben.
Es war echt und das machte mir Angst.



Kapitel 89: Zerstörung




„Krieg ist so viel einfacher als Frieden. Hass ist so viel einfacher als Liebe.“ (Schlangenking)



Klaus Sicht:
Ich spürte wie der Körper unter meinen Fingern schwächer wurde, zusammenbrach und ich fing sie auf, saugte weiter an ihr, bis jeder Tropfen Blut aus ihrem Körper war.
Sie schmeckte so köstlich, einfach unvergleichlich gut und ich genoss es dabei zuzusehen wie der Glanz aus ihren Augen verschwand und sie diese irgendwann endgültig schloss.
Das Mädchen war so schön gewesen, ihre blonden Haare lagen nun wirr um sie auf den Boden.
Ich wischte mir das Blut mit der Hand vom Mund, verschmierte das ganze so aber nur noch mehr, weswegen ich zu der Schüssel mit Wasser ging.
Fasziniert beobachtete ich, wie beim waschen sich das Wasser vom Blut rosa färbte.
Es war nicht genug an mir, damit es ganz rot wurde.
Schade, das wäre ein sehr schöner Anblick gewesen.

Ich ging wieder zurück zu dem nun toten Mädchen und strich ihr über die Wange.
Sie war traumhaft schön.
Nicht so schön wie Katerina natürlich, aber doch wunderschön.
Sie war sicher unter den Massen hervorgestochen.
Schönheit konnte manchmal wirklich ein Fluch sein, denn aus diesem Grund hatte ich auch sie ausgesucht.
Schönen Menschen passierten viel eher schlimme Dinge.
Ich hob ihren leblosen Körper ohne Probleme auf und verließ mit ihr die Kabine und ging nach draußen.
Es war mitten in der Nacht und fast alle schliefen, keiner war da, sogar die Wache im Turm pennte, wirklich nicht sehr aufmerksam.
Ohne Probleme konnte ich die Leiche so über Bord werfen.
Ich hörte zu wie der Körper auf das Wasser auf traf und stützte mich auf das Geländer, um zu beobachten wie der Körper versank.
„Tschau, schönes Mädchen“, wünschte ich ihr mit einem Grinsen.
Es war der letzte Tag auf dem Schiff, ihr Verschwinden würde nicht weiter auffallen, dafür hatte ich bei der Crew gesorgt und ihre mitreisende Familie hatte ich schon vorher als Nahrungsquelle benutzt, aber das beste hatte ich mir bis zum Schluss aufheben wollen.
Sie war köstlich gewesen, wie ein wirklich guter Wein.

Ich brauchte mich gar nicht so sehr konzentrieren, um das Land zu sehen.
Meine alte Heimat, Amerika.
Es war nicht mehr weit und dann musste ich nur noch nach Virginia, Mystic Falls, ironischer Weise hatten sich Katerina und Helena ausgerechnet an dem Ort niedergelassen, an dem auch ich mit meiner Familie vor langer Zeit gelebt hatte.
Ich freute mich schon darauf, es würde ein großer Spaß werden, während ich zusehen konnte, wie Katerina leiden würde.
Wahrscheinlich würde allein meine Anwesenheit sie in Panik versetzen.
Das war es auf das ich mich am meisten freute, ihr Gesichtsausdruck voller Entsetzen, wenn ich ihr gegenüberstehen werde.
Ich hatte mich auch immer gefragt wie ihr Gesichtsausdruck wohl gewesen war, als sie sah, dass ich jeden aus ihrer Familie getötet hatte.
Sicher hatte sie gelitten.
Das war die gerechte Strafe dafür gewesen, das sie mich verraten und weggelaufen war.
Aber es war noch lange nicht vorbei, das war nur ein Vorgeschmack gewesen.

Erinnerung
Mit Manipulation schaffte ich es ohne Probleme, dass ich herein gebeten wurde.
Ich war allein, Elijah war nicht da, er wollte nicht daran beteiligt sein und ich wusste dass er solche Methoden von mir missbilligte.
Aber das war mir egal.
Das hier würde meine Rache sein, ich würde das Spiel auf eine ganz neue Ebene der Bestrafung bringen.
Sobald ich hereingebeten wurde sah ich mich um.
Katerina und Helena hatten wirklich ein schönes großes Zuhause gehabt, sicher hatte es ihnen an nichts hier gefehlt.
Ich griff nach dem Hals von einem der Diener und brach ihr das Genick.
Sofort fingen alle an loszuschreien.
Sie wollten mich angreifen, aber keiner hatte gegen mich eine Chance, was sie auch schnell erkennen musste und ich sah wie der Hausherr seiner Familie befahl sich zurückzuziehen.

Ich nahm das Schwert, was einer der Männer gegen mich benutzen wollte und tötete als erstes alle Bediensteten, dabei achtete ich darauf sie stark zu verletzten, damit so viel Blut wie möglich floss, um Katerina eine Freude zu bereiten.
Als ich nach oben trat gab es kaum noch lebende Personen in diesem Haus.
Ein junger Mann mit blonden Haaren trat mir entgegen, er hatte ein Schwert in der Hand.
„Was wollen sie von uns?
Warum tun sie das?“, fragte er.
Was mich dabei verblüffte war, das er wenig zornig klang.
Er schien ganz ruhig zu sein, als könnte ihn nichts aus der Fassung bringen.
Irgendwie erinnerte er mich ein wenig an Helena, zumindest schienen sie die Ruhe gemeinsam zu haben.
Es musste einer ihrer Brüder sein.
Ein grausames Lächeln schlich sich auf mein Gesicht, als ich daran dachte was ich mit ihm tun würde.
„Gar nichts, ich will nichts von euch.
Ich bin nur hier um mich an Katerina zu rächen.
Du musst wissen dass sie meine Pläne durchkreuzt hat und aus diesem Grund werde ich ihr ein schönes Geschenk machen.
Sie und ihre Schwester werden hier irgendwann auftauchen und dann werden sie eure blutigen Leichen sehen und bereuen was sie getan haben.
Sie werden dann genau wissen, was auch ihnen bevor steht.“

Es schien als konnte ich den jungen Mann damit nicht aus der Fassung bringen, nur leichte Emotionen von Entsetzen und Schock waren zu sehen und wenn dann war es fast nur ein Schatten in seinen Augen.
„Du erinnerst mich an, Helena.
Ich nehme an, dein Tod wird ihr am meisten Schmerzen bereiten“, überlegte ich mir bevor ich auf ihn zu trat.
Er hob sein Schwert, versuchte gegen mich zu kämpfen, aber ich brauchte nicht einmal meine Vampir-Fähigkeiten nutzen, um gegen ihn Bestand zu haben.
Ich war immer ein guter Schwertkämpfer gewesen, aber ich musste zugeben dass auch der Junge ziemlich talentiert war.
Ich lächelte als er mir das Schwert in den Bauch jagte und grinste ihn an.
Meine Hand umfasste seinen Hals und ich schob ihn von mir.
Verblüfft schaute er auf meine Wunde, die sich wieder schloss.
„Weißt du es denn nicht, deine Schwestern haben sich mit Monstern eingelassen.“
Endlich sah ich das Entsetzen in seinem Gesicht und mit einem Ruck schlug ich seinen Kopf gegen den nächsten Türrahmen, wo er leblos zu Boden sackte und sein Schwert ihm aus der Hand fiel.
Das Blut floss aus seinem Kopf und färbte seine blonden Haare ein.

Ein weiterer junger Mann wollte auf mich zustürmen, es schockte mich, als ich sein Gesicht sah.
Er sah Katerina und Helena wie aus dem Gesicht geschnitten aus.
Er sah den beiden unglaublich ähnlich, er hatte dieselben Augen und auch die gleiche Haarfarbe.
Ich warf ihn zurück und sah ihn und seine anderen zwei noch verbliebenden Brüder an.
„Ihr bleibt hier, um euch kümmere ich mich zuletzt“, manipulierte ich sie und zog dann weiter.
Ich hörte wie ein Mann sich von hinten an mich anschleichen wollte, doch blitzschnell drehte ich mich um und stieß mein Schwert in sein Herz, in Vampir-Geschwindigkeit schaffte ich ihn in das nächste Zimmer und nagelte ihn dort an die Wand.
Die Frauen in dem Zimmer schrieen laut.
Als erstes tötete ich wieder alles Bediensteten, dann wandte ich mich an die etwas ältere Frau, sicherlich Katerina und Helenas Mutter.
Als einzige von allen saugte ich ihr das Blut aus dem Körper, so wie ich es eigentlich mit Katerina vor gehabt hatte.
Ich trank jeden Tropfen davon und warf ihren leblosen Körper dann unbedacht aufs Bett.

Grinsend legte ich meinen Kopf nach hinten und wischte mir mit meinen Arm über den Mund, verwischte das Blut nur noch mehr.
Es hatte fantastisch geschmeckt, sicher könnten nur ihre Töchter diesen Geschmack übertreffen.
Ich plazierte den Zettel den ich vorbereitet hatte auf ihrer Brust.
„Von gleich zu gleich, Katerina“, murmelte ich grinsend.
Gemächlich ging ich zu dem Zimmer zurück, wo die Jungen auf mich warteten.
Sofort stürmte der Junge, der den Zwillingen so ähnlich sah, auf mich zu.
Ohne Mühe riss ich ihm das Herz aus der Brust und warf ihn gegen das Bett, sein Schwert hatte er immer noch umklammerte.
Präsentierend hielt ich das Herz des Jungens in die Höhe und der Jüngste von ihnen schrie entsetzlich.
Ich warf es dem anderen Jungen zu, der es instinktiv auffing und im nächsten Moment schlug ich ihm den Kopf mit der Hand ab, der neben ihn rollte.
Das Herz hatte er immer noch in der Hand, als er zu Boden fiel und lag nun auf seiner Brust.
Wie poetisch.
Mein Blick fiel auf mein letztes Opfer, der Junge war noch nicht sehr alt und er wimmerte in der Ecke.
Tränen liefen ihm über das Gesicht.
Lächelnd trat ich auf ihn zu und ritzte ihn mit meinen Fingern an den Pulsadern überall auf, sodass er in höchstens einer Minute verbluten würde.
„Keine Sorge, Junge.
Es fühlt sich an als würdest du einschlafen“, sagte ich ihm und langsam erschlaffte sein Körper an der Wand.
Ich hoffte nur dass die beiden den Anblick noch genießen konnten, bevor jemand ihre Leichen vergrub.
Zufrieden mit meiner Rache verließ ich das Anwesen, das nun totenstill war.
Ein beabsichtigtes Wortspiel.
Erinnerung Ende



Spezial 10: Foto




„Mein Gott! Ich frage mich, welcher Narr das Küssen erfunden hat.“ (Jonathan Swift)



Damons Sicht:
Immer wieder lösten wir uns von Stefan und Katherine, gingen allein durch die Stadt oder sowas ähnliches.
Ich zog Elena hinter ein Haus und ergatterte von ihr einen weiteren Kuss.
Irgendwie konnte ich nicht genug von ihr bekommen.
Ich war süchtig nach ihren Blicken, ihren Berührungen und am meisten nach ihren Küssen.
Es hatte einfach eine ganz andere Bedeutung für mich, da sie meine Liebe war.

Ich hielt ihr Gesicht in meinen Händen und bewunderte ihre Vollkommenheit, die nur sie besaß.
Wenn ich ihre Schwester ansah, dann war diese für mich nur eine gewöhnliche Frau.
Elenas Wangen schimmerten rosig, sonst war sie blasser.
„Wieso sind deine Wangen gerötet?“, fragte ich flüsternd gegen ihre Lippen.
Sie überbrückte den letzten Abstand und sofort schob ich meine Zunge zwischen ihre Lippen, worauf ein Kampf entstand.
Es war Elena die ihn gewann und sie schlang ihre Arme um meinen Nacken, um mich noch näher zu sich zu ziehen.
Der Abstand oder in dem Fall, die nicht vorhandene Entfernung, die wir zueinander hatten, war auf keinen Fall respektable.

Mein Körper stand in Flammen, selbst als sie wieder von mir abließ.
„Mein Körper funktioniert gerade sehr menschlich.
Ich hab gestern Blut getrunken, sodass mein Kreislauf völlig normal arbeitet und ich hab heut Morgen Kaffee getrunken, das wärmt den Körper auf“, erklärte sie mir leise.
Deswegen fühlte sie sich so warm an, das war nicht immer so.
Es schwankte immer mal wieder.
Natürlich fielen mir diese Dinge erst seitdem auf, wo wir angefangen hatten eine Beziehung zu führen.
Uns zu jagen, durch die Wälder, den anderen mit zu zerren und dabei seine Hand zu halten und seitdem wir uns immer wieder küssten.
Das war das aller beste von allem und ich könnte damit auch den ganzen Tag verbringen.
Es würde mir gewiss nichts ausmachen.

Sanft verschloss Elena unsere Lippen wieder miteinander, ließ aber viel zu schnell wieder von mir ab und mein Körper stand weiterhin in Brand.
„Wir sollten zurück zu den anderen gehen, aufschließen, sie wollen weiter“, berichtete sie mir.
Manchmal war es wirklich toll, dass sie so ein gutes Gehör hatte, wir waren immer gewarnt und wussten was vor sich ging.
Ein Nachtteil war natürlich, das sie immer wusste was mit mir los war.
So auch jetzt.
Lächelnd legte sie eine Hand auf mein wild schlagendes Herz, um es auch noch zu fühlen.
Mein verräterisches Herz.

Sie hakte sich erneut bei mir unter und Seite an Seite gingen wir zu Stefan und Katherine zurück, die aus dem Laden gekommen waren, aus dem wir uns schon lange nicht mehr halten konnten.
Oder zumindest ich nicht.
Doch dafür konnte ich Elena anscheinend mit meinen Gefühlen und der Leidenschaft, die ich für sie empfand, anstecken.
„Da ist ja das verschollene Liebespaar.
Habt ihr wenigstens etwas wirklich Unanständiges getan?“
Ich musste unwillkürlich schlucken, so war es nicht gewesen.
„Wieso frag ich eigentlich“, sagte Katherine sogleich darauf, nachdem sie ihrer Schwester in die Augen gesehen hatte.
Dachte sie jetzt, dass wir so etwas getan hatten oder nicht?
Ich schaute in Elenas Augen, die ihre Schwester tadelnd aber auch mit einem Funken Wut ansah.
Eine klare Zurechtweisung, das es sie nichts anging.

Elena atmete einmal tief durch und dann schien sie wieder die Gelassenheit in Person zu sein.
Sie sah von mir zu Stefan und Katherine.
„Wollen wir jetzt weitergehen?“, fragte sie nach, weil keiner darauf zu drängen schien.
„Eigentlich wollten wir euch erst einmal erzählen, dass ein Fotograph in der Stadt ist, der die Menschen hier ablichtet.
Da wollten wir hin“, erklärte Katherine.
Ein Fotograph?
Das war wirklich selten.
Für die meisten war es zu teuer sich so porträtieren zu lassen, da war es meist einfacher einen Maler zu beauftragen.
„Ein Foto von uns beiden haben wir zwar schon gemacht, auch Einzelfotos, aber wir könnten ein Foto von uns vieren zusammen machen lassen“, schlug Katherine ihre Idee vor.
Elena wandte sich lächelnd an mich.
„Und eines von uns beiden“, fügte sie an mich hinzu und ich nickte ihr zu.
Zusammen mit Elena auf einen Foto, das wäre wunderbar.
Es war etwas, das für immer bleiben würde.
Etwas das man sich ewig ansehen konnte.
Automatisch dachte ich an das Foto, das ich von Katherine bekommen hatte, auf dem Elena abgebildet war.
Noch immer lag es in dem schwarzen Buch, in dem ich auch ihre Briefe aufbewahrte.
Es war für mich das wertvollste was ich besaß.

Bei Fotographen gab es eine große Warteschlange.
Vor allem die Gründerfamilien wollten die Chance nutzen, sich unter freien Himmel zu fotografieren lassen.
Zumindest waren sie auch diejenigen, die es sich leisten konnten.
Aber auch von Pearl und Annabelle wurde ein Bild gemacht.
Zuerst machten wir zu viert ein Bild, wie wir es beschlossen hatten.
Danach eines von Stefan und Katherine.
Irgendwie war das etwas Beeindruckendes und neugierig beobachtete ich den sich immer wiederholenden Prozess.
Zwar gab es ein Bild von mir, wo ich mit meiner Mutter und meinen Vater abgebildet war, aber damals war ich fünf Jahre alt gewesen und wirklich konnte ich mich an diesem Tag nicht mehr erinnern.
Das Foto war das einzige was wir besaßen und Mutter strahlte darauf noch voller Kraft.
Dabei waren meine letzten Erinnerungen an sie, eine zerbrechliche Frau.

„Die nächsten bitte!“, wurden wir aufgefordert und Elena lächelte mich an, zog mich mit sich, vor die Kamera.
Sie stand an meiner Seite und auch gegenüber, es schien von beiden etwas zu sein, auf jedenfall standen wir nah beieinander.
Meine Haut brannte, als sie ihre Hand auf meine Brust legte, obwohl doch Stoff zwischen uns war.
Der Blitz erfasste mich unvorbereitet und ich kniff erschrocken die Augen zusammen, obwohl das doch das Zeichen war, das es vorbei war.
Ich hörte Elenas Kichern, als ich mir über die Augen fuhr.
„War doch gar nicht so schlimm“, beruhigte sie mich und streifte mit ihren Fingern über meine Hand.
Sicher, wenn man an sowas gewöhnt war oder ein Vampir war, der alles abkonnte, dann stimmte das vielleicht sogar.
Wir machten den nächsten Platz und Elena führte mich an die Seite, da ich noch immer das Gefühl hatte blind zu sein.

Mich brachte erst das Gefühl ihrer Hand, die über meinen Arm strich, wieder zur Besinnung, denn mein Körper fasste erneut Feuer.
Wie schaffte sie das nur, obwohl ich doch Kleidung trug?
Doch das schien meinen Körper nicht wirklich zu interessieren, er sehnte sich mit jeder Faser nach ihr.
„Das wird ein schönes Bild.
So haben wir immer eine Erinnerung an diesen Tag.“
Elena schien heiter und gelassen zu sein, anscheinend war sie heute wenig von Sorgen geplagt und dachte nicht über das kommende nach.
Deswegen hatte sie sich wohl auch so sehr von mir mitreißen lassen.
„Lass uns von hier verschwinden und noch ein paar geheime schöne Erinnerungen für diesen Tag schaffen“, flüsterte ich ihr ins Ohr, denn ich wollte sie schon wieder berühren.
Doch das ging nicht, wenn so viele Menschen um uns herum waren.
Elena unterdrückte ein Kichern, kam aber mit mir mit und wir verschwanden hinter dem nächsten Haus, stahlen uns von einem Baum zum anderen und versteckten uns genauso hinter den Häusern.

Ich erfasste Elenas Hand, kreuzte ihre Finger mit meinen und immer wieder drückten wir unsere Lippen aufeinander.
Wahrlich etwas Besseres gab es nicht.
Die Frau zu küssen, die man liebte, war verschlingend und es förderte eine unbekannte Sucht.
Sicher würde ich bei dem Foto in der Zukunft andauernd lächeln müssen.
So anständig wie wir da beieinander standen, widersprach es vollkommen dem, was wir sonst den ganzen Tag getan hatten.
Wir küssten uns, spielten mit einander fangen und verstecken, aber das wichtigste von allen war, das wir uns küssten.
Immer und immer wieder und ich wollte nie damit aufhören.



Kapitel 90: Eingraviert




„Armer Tropf! Verhängnis packt meine Seele- doch ich liebe dich! Und wenn ich dich nicht liebe, herrscht Chaos von neuem.“ (William Shakespeare)



Damons Sicht:
Elena und ich waren zum See gegangen und endlich konnte ich ihr den Anblick zeigen, den ich hier am liebsten mochte und von dem wir vor Monaten gesprochen hatten.
Die bunten Bäume, die ihre Blätter verloren, spiegelten sich im See wieder.
Es war ein farbenfrohes Specktakel.
„Du hattest recht, es ist einfach fantastisch“, sagte Elena begeistert und starrte wie gebannt auf den See.
Lächelnd bot ich ihr meine Hand an.
„Willst du noch einen schöneren Ausblick haben?“
Zurück lächelnd ergriff sie meine Hand und sofort spürte ich die Wärme, die sich dadurch in meinem Körper verbreitete.
„Das fragst du noch“, gab sie zurück und grinsend führte ich sie zu einem bestimmten Baum.
„Naja, dazu musst du klettern“, gab ich zurück und ich wusste, dass das nicht wirklich schicklich war für eine junge Dame, besonders wegen ihrem Kleid.

Sie schüttelte amüsiert den Kopf, ließ meine Hand los und griff nach einem stabilen Ast.
„Ich denke das bekomme ich noch hin“, meinte sie zuversichtlich und tatsächlich schaffte sie es ohne Probleme sich hochzuhieven.
Es sah sogar noch sehr elegant aus, wie sie den Baum erkletterte.
Das Mädchen war halt grandios.
Grinsend kletterte ich ihr hinterher.
„Früher, als Stefan und ich noch Kinder waren, da haben wir den Baum am liebsten gemocht.
An ihm konnten wir am besten hochklettern, unser Kletterbaum und hier hatten wir uns immer vor allem versteckt.
Wir hatten Stunden hier verbracht und Vater war sauer, wenn wir dann spät nach Hause kamen“, erzählte ich ihr.
Mir gefiel die Erinnerung und ihr anscheinend auch.
Wir setzten uns gegenüber, auf zwei benachbarten stabilen Ästen.
„Jetzt sie zur Seite“, meinte ich und zeigte Richtung See, erstaunt öffnete sich ihr Mund ein wenig und sie sah verblüfft wie die Sonne jetzt noch stärker mit hineinfiel.
So glitzerte und funkelten die Farben noch viel schöner.
„Das müsste jemand malen“, meinte sie und da konnte ich ihr nur zustimmen.
Sie schaute mich dankbar an. „Vielen Dank hierfür“, bedankte sie sich.

Es war mein Lieblingsplatz, der schönste Ort den ich kannte und ich wollte ihn mit ihr teilen.
Sie sah zum Stamm des Baumes und erkannte meinen und Stefans Namen darin.
Wir hatten sie als Kinder eingeritzt.
Vorsichtig strich sie über meinen Namen.
„Eigentlich müsste dein Name noch dazu kommen“, schlug ich vor, da sie auch hier war und sich so den Namen an dem Baum verdient hatte.
Elena schüttelte den Kopf.
„Ich hab kein Messer dabei.“
Sofort griff ich zu meiner Tasche und zog eines heraus.
„In der Armee sollte man immer eines dabei haben“, antwortete ich auf ihren fragenden Blick.
Das hatte mein Cousin zumindest immer zu mir gesagt.
Sie nahm mir das Messer ab und ritzte sowohl meinen als auch ihren Namen hinein und umrundete sie mit einem Herzen, was mich zum Lachen brachte.
„Eingraviert“, meinte sie und reichte mir das Messer zurück, das ich zurück in meine Tasche steckte.
„Verewigt“, stimmte ich ihr zu und betrachtete unsere Namen in dem Baum.
Für immer.

Ich sah sie an, sie hatte den Kopf schief gelegt und sah mich einfach nur mit einem sanften Lächeln an.
„Willst du mich heiraten?“, fragte ich spontan.
Elenas Augen weiteten sich geschockt und sie sah mich überrascht an. „Was?“, fragte sie hilflos, aber mit einem glücklichen lächeln.
Ich fasste nach ihren Hände. „Warte, lass uns runter gehen“, sagte ich und wir sprangen zusammen von Baum herunter, was ihr leichter zu schein viel als mir.
„Ich will das richtig machen“, korrigierte ich mich, da ich selbst nicht sagen konnte, wie das über mich gekommen war.
Eigentlich hatte ich es anders geplant.
Elena kicherte als ich auf die Knie ging.
„Elena Pierce, ich liebe dich mehr als alles andere und ich bin mir sicher das ich auf Ewig mit dir zusammen sein will.“
Ihre Augen weiteten sich voller Überraschung.
Ich zog den Ring aus meiner Tasche, den ich vor ein paar Tagen geholt hatte.
„Deswegen möchte ich dich bitten meine Frau zu werden“, sagte ich und sie ließ sich von mir den Ring an den Finger stecken.

Sie nahm mein Gesicht in ihre Hände und zog mich zu sich hoch.
„Ja“, flüsterte sie schlicht gegen meine Lippen, aber ich glaubte ich hatte noch nie ein schöneres Wort auf dieser Welt gehört.
Sie hauchte mir einen Kuss auf Lippen und ich verbrannte unter ihrer Berührung.
Automatisch schloss ich meine Augen und genoss diesen Moment mit jeder Faser meines Seins.
Ich lehnte meine Stirn gegen ihre und atmete ihren Duft ein, der mich an Blumen erinnerte.
„Danke, Damon“, flüsterte Elena wieder. „Das war perfekt.“
Ich musste über Ausdrucksweise schmunzeln.
So war es wie ich sie immer beschrieb und die Momente mit ihr.
Ich hätte nicht gedacht, dass auch sie es so bezeichnen wollte, denn ich kam mir so unvollkommen im Gegensatz zu ihr vor.
Wir verschränkten unsere Hände miteinander, alle beide, wir wollten es so gut es ging nah sein, soweit es erlaubt war.
Soweit ich wusste waren unsere Aufpasser immer noch irgendwo, zwar in einem großen Abstand, sodass wir irgendwie unter uns waren, aber sie beobachteten unsere Bewegungen.

„Weißt du was?“, fragte Elena leise und mir fiel auf das sie schon die ganze Zeit so leise sprach, als wollte sie diesen Moment nicht durch eine laute Stimme unterbrechen.
Auch ich wollte das nicht, weswegen ich leise zurück fragte: „Was?“
„Ich mag den Ring.
Er ist schön“, sagte sie mir und ich musste leicht lachen.
Ein goldener Ring mit einem Herzdiamanten.
„Ich muss leider zugeben, dass er nicht wirklich mein verdienst war.
Mein Vater ließ ihn für meine Mutter anfertigen, als sie sich verlobt hatten.
Es war sein Zeichen der Liebe zu ihr, denn egal wie mein Vater jetzt scheinen mag, meine Eltern hatten aus Liebe geheiratet und das war mir immer genauso wichtig.“
Ich hatte auch das Mädchen gefunden, das ich heiraten würde, weil ich es liebte.
Das war großartig, denn ich hätte meinen Vater auch zugetraut, dass er mich irgendwann einfach verheiraten würde.
„Meine Eltern haben nicht aus Liebe geheiratet, aber genau deswegen wollte ich es immer“, erzählte sie mir.
„Ich mag ihn trotzdem“, bestand sie dann und ich musste leicht auflachen.

Es freute mich dass er ihr gefiel und dass sie ihn trug, denn es zeigte mir dass sie ja gesagt hatte und wir heiraten würden.
Noch immer erschien mir das wie ein Traum.
„Wird dein Vater nicht sauer deswegen sein?“, fragte sie nach und schüttelte lächelnd den Kopf, weil sie sich sichtlich unterschätzte.
„Elena, mein Vater vergöttert dich.
Es würde mich mehr wundern, wenn er es nicht gleich im ganzen Dorf verkünden würde“, meinte ich überzeugt.
Sobald ich ihn meine Absichten mitgeteilt hatte, hatte er gefragt was für einen Ring ich für sie haben wollte und ich hatte ihn nach Mutters gefragt.
Er hatte ihn mir ohne zu zögern und sogar ziemlich glücklich überlassen.
Ich wusste er freute sich Elena als Tochter zu bekommen.
Elena kicherte leicht und ich erfreute mich an dem melodischen Klang ihrer Stimme.
Ich mochte das Geräusch von ihr.

Ich atmete tief durch, schob sie leicht nach hinten, nur um sie dann ganz nah zu mir zu ziehen, dabei ließ sie meine Hände los und schlang ihre Arme dann um meinen Nacken.
Ich hob sie an den Hüften hoch und drehte mich dann zusammen mit ihr im Kreis.
„Wir werden heiraten“, rief ich freudig aus und wir lachten laut.
Zusammen mit ihr ließ ich mich nach hinten auf die Wiese fallen, die trocken war, wie es hier üblich war, aber mit Blättern bedeckt war.
„Tu sei L´amore della mia vita“, flüsterte ich ihr in Italienisch entgegen.
Überrascht allerdings war ich, als sie mir in derselben Sprach eine Antwort gab.
„E tu sei il mio.”
Erstaunt sah ich sie an, weswegen sie kicherte.
„Was?
Ich hatte genug Zeit um auch andere Sprachen zu lernen, ich war oft in Italien“, erzählte sie mir.
„Die Familie meines Vaters kommt ursprünglich aus Italien“, erklärte ich ihr, warum ich diese Sprache sprechen konnte.
Wir mussten beide lachen und ich strich ihr eine lose gewordene Strähne aus dem Gesicht.
„Du bist wundervoll, Elena und ich freu mich das wir auf ewig zusammen bleiben werden.“
Es war wie eine Art Traum.
Einen schöneren konnte es auf der Welt nicht für mich geben.
„Auf ewig“, versprach sie mir und hauchte mir einen so sanften Kuss auf die Lippen, das ich glauben konnte, es war nur ein Blatt das mich berührt hatte.
Aber kein Blatt konnte mich so tief im Herzen treffen, wie eine so einfache Berührung von ihr.
Auf ewig würde ich sie lieben.



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Übersetzung der italienischen Worte:
Tu sei L´amore della mia vita – Du bist die Liebe meines Lebens
E tu sei il mio – Und du meine



Kapitel 91: Vorbereitungen




„Ein alter Mann, der verliebt ist, gleicht einer Blume im Winter.“ (Chinesisches Sprichwort)




Katherines Sicht:
Ich sah mich bei Pearl in der Apotheke um und roch an verschiedenen Dingen, es gab in einer Apotheke weit mehr als einfach nur Medikamente.
Manchmal gab es auch bestimmte Kräuter, Düfte und auch Cremen.
Besonders die brauchte ich für Elena, damit alles an ihrem großen Tag perfekt war.
Eine Hochzeit zu organisieren war eine tolle Sache.
Es war einfach nur großartig meine Schwester ausgelassen und glücklich zu sehen und das in jeder Sekunde.
Außerdem war ich ihre Brautjungfer und so hatte ich das recht mich um viele Dinge zu kümmern, ja sogar die Pflicht.
Anna würde ebenfalls Brautjungfer sein.
Es würde großartig werden.
„Hast du noch einmal über meine Worte nachgedacht?“, fragte Pearl und ich hörte die Unruhe in ihrer Stimme.

Ich verstand sie ja, aber ich wollte das nicht zulassen.
Die Hochzeit als Vorwand zu benutzen kam mir deswegen gerade recht.
„Wir gehen bald, Pearl.
Ich verspreche es“, versicherte ihr, auch wenn ich in das wir nicht sie mit einbezog.
„Zuerst will ich mich noch um ein paar Dinge kümmern“, fügte ich hinzu und stellte die Ampulle weg, an der ich gerochen hatte.
Dieser Geruch war nicht so gut.
Ich musste etwas Aufregendes und Erotisches finden.
Etwas das einen Mann automatisch anzog, damit Damon nicht mehr von ihr loskommen würde und sie eine Nacht voller Spaß haben würde.
Meine Schwester brauchte das mal, außerdem war es ihre Hochzeitsnacht, dafür könnte ich dann keinen Tadel bekommen.
„Ihr habt vor die beiden Brüder zu verwandeln, hab ich recht?“, fragte sie nach und klang leicht entsetzt dabei.
Ich gab ihr einen Blick, der genau das bestätigte.
Sowas hatten wir vor, Elena würde Damon verwandeln und er wollte es auch so.
Ich würde Stefan verwandeln, damit auch wir für immer zusammen bleiben konnten.

Pearl sah mich warnend an.
„Katherine, bitte! Nimm dich in acht!“, mahnte sie mich noch einmal.
Aber ich wusste genau was ich tat.
„Keinen von uns geschied etwas, das verspreche ich“, versicherte ich ihr, auch wenn sie nicht mit einbezogen war.
So schaffte ich es leicht zu lügen.
Dafür hatte ich schon immer ein großes Talent gehabt, ich hatte so oft Vater angelogen, dass ich es nicht mehr hatte zählen können.
Ich hörte Schritte und erkannte wer es war, als ich einen Blick zu ihm warf.
„Mister Gilbert kommt“, machte ich die anderen aufmerksam.
Pearl drehte sich zu ihm um.
„Schnell deine Wangen“, sagte ich und kniff ihr darin, damit sie an Farbe gewannen.
„Perfekt rosig“, meinte ich zufrieden.
Pearl strahlte mir entgegen. Sie schien auch einen Mann zu haben, den sie sehr gerne mochte.

Mister Gilbert hatte seinen Hut abgenommen und wir er da so stand, war er wirklich ein recht gutaussehender Mann.

„Miss Pearl, dürfte ich sie einen Moment sprechen?“, fragte er und deutete nach draußen, auf die Terrasse.
Sie lächelte ihn an und trat auf ihn zu. „Ja, Mister Gilbert“, antwortete sie ihm.
„Ich warte immer noch darauf, dass sie mir den Kometen am Himmel erklären“, flirtete sie nur sehr leicht mit ihm.
So anständig wie Elena es war.
Ich sah zu wie er nickte und die beiden nach draußen traten.
Lächelnd stützte ich mich auf den Tresen ab und wandte mich an ihre Tochter Annabelle.
„Deine Mutter hat einen Verehrer“, sagte ich ihr und Emily legte ihre Hand auf Annas Schulter und die beiden kicherten zusammen.
Ich schob ihnen zwei Ampullen hin, die ich ausgesucht hatte.
„Also meine Damen, welche findet ihr besser und denkt dabei einfach nur wie Elena ihren frisch verheirateten Mann verführen wird“, meinte ich begeistert.

Beide rochen daran und verglichen sie.
Wir hatten uns in die Hochzeitsvorbereitungen gestürzt.
Es war nun mal so, dass die Braut am wenigsten zu tun hatte und wir wollten Elena so viel Arbeit wie möglich abnehmen, allein schon deswegen, weil wir Spaß daran hatten, alles zu organisieren.
Die ganze Stadt wusste bereits davon, dass die beiden heiraten würden und wie sollte es anders sein, kaum jemand war überrascht, aber alle waren begeistert.
Damon gehörte zu den Gründerfamilien und Elena war durch ihre Arbeit an der Bibliothek und die Teilnahme beim Chor ein beliebtes Mitglied der Gemeinde.
„Ich mag dass hier mehr, es riecht auch schön nach Lilien“, entschied Anna und hielt mir die Ampulle hin.
Ich roch noch ein weiteres Mal daran.
„Stimmt, sehr verführerisch und Elena mag Lilien.“
Dann würde auch ihr das Parfüm gefallen.
„Ich bin auch für das, es riecht am besten“, schloss sich Emily unserer Meinung an.
Anna kicherte und machte einen Haken an unserer Liste.
„Ich glaube dann haben wir jetzt alles für ihre Hochzeitsnacht beisammen.
Das wird einfach großartig“, meinte sie fröhlich.
Oh ja, da hatte sie wohl recht.

Ich las was noch darauf stand.
„Wir müssen noch Blumengestecke machen, es ist toll dass die beiden die Herbstfarben so sehr mögen, damit wird alles sehr bunt und fröhlich.
Herbstblumen sind immer sehr farbenfroh“, sagte ich und stellte mir vor, wie wir sie machten.
„Schmücken wir damit das Haus?
Wir können doch auch welche an Girlanden machen, ich meine die Hochzeitsfeier wird doch draußen stattfinden und wir brauchen ein paar Tischgestecke.“
Anna hatte einen guten Einfall.
„Das mit den Girlanden klingt toll, das wird ihnen gefallen.
Wenn wir dann noch weiße Tischlaken haben, dann hellen die Blumen alles auf und das reicht dann eigentlich an Farben.
Einfach, aber sehr effizient“, lobte ich unseren Einfall und Anna notierte alles.
„In dem Stil könnten wir dann doch auch die Einladungskarten machen und wir beschreiben sie selber“, schlug Emily vor.
Ich nickte zustimmend.
Das würde sich verbinden, wie eine Art Motto, das war doch etwas.
„Wir beschreiben sie in unserer schönsten Schrift“, stimmte ich ihr zu und Anna machte deswegen weiter Notizen.

Elenas Hochzeit würde einfach großartig werden, dafür würden wir schon sorgen.

Etwas von alle sprechen werden.
Sie würde im Mittelpunkt stehen, was ihr wahrscheinlich nicht so sehr gefallen würde, aber alles würde vergessen sein, weil sie den Mann den sie liebte heiraten würde.
„Wir brauchen dann die Gästeliste, damit wir wissen wer alles eine Einladung bekommen soll“, erinnerte mich Anna und ich nickte zustimmend.
„Darum kümmert sich Guiseppe, ich werde ihn danach heute Abend fragen, damit wir uns morgen gleich an die Arbeit deswegen machen können.“
Die Hochzeit war schon in drei Wochen, das bedeutete dass wir alles so schnell wie möglich erledigt haben mussten.
Hochzeiten fanden immer so schnell wie möglich statt, das fand ich toll.
Damit das Brautpaar schnell beieinander sein konnte und eigentlich so schnell wie möglich auch eine Familie gründen konnte.
Nun in diesem Fall war das nicht möglich, aber das machte nichts.
Bevor sie das merken würden, waren wir schon weg.

„Das ist gut.
Habt ihr Elena gesehen?
Sie ist so glücklich, wie ich sie noch nie gesehen hatte“, meinte Anna begeistert.
Naja, auf diese Weise, das sie heiraten würde, war sie wohl wirklich noch nie glücklich gewesen.
Aber so sehr, das war sie schon einmal mit Elijah gewesen.
Ein wenig fürchtete ich mich vor dem was ich tun konnte, aber dann erinnerte ich mich daran dass er anständig war und auch wenn er sie liebte, würde er wahrscheinlich einfach nur wollen, dass sie glücklich war.
Elijah und Elena waren sich in dem Punkt sehr ähnlich.
Sie würden das Glück ihrer Liebsten nicht über ihr eigenes stellen.
Er würde nicht wollen dass Elena unglücklich war und gegen ihren Willen handeln.
Zumindest hoffte ich, dass ich recht hatte und Elijah in dem Punkt richtig einschätze.
Elena freute sich so sehr das sie Damon heiraten würde, das war etwas besonderes, was ihr keiner auf der Welt nehmen sollte.
Ich hoffte das meine Schwester nur noch Grund hatte glücklich zu sein, wo ich ihr so viel Leid gebracht hatte.
Vielleicht gab ich mir deswegen für ihr Glück jetzt so viel Mühe.
Ich wollte dass alles für sie perfekt war, damit sie keinen Grund hatte zu weinen, sondern nur noch fröhlich sein musste.
Deswegen spornte ich alle an und deswegen stürzten wir uns nur noch mehr in die Vorbereitungen.



Spezial 11: Kein Vertrauen




„Weißt du was man am schwersten wiederfindet wenn man's verloren hat? Vertrauen!“ (Autor unbekannt)



Klaus Sicht:
Rückblick
Ich beobachtete Elijah, wie er ein paar Sachen zusammenpackte.
„Wieso gehst du schon wieder?
Du bist doch gerade erst wieder zurückgekommen!“, beschwerte sich Rebekah und sah unseren älteren Bruder wütend an.
Hilfesuchend sah sie zu mir, ich sah ihre stumme Bitte, dass ich auch etwas dazu sagen sollte, doch ich konnte es nicht.
„Es gibt eine Spur von Vampir-Zwillingen in Griechenland.
Ich werde dem nachgehen“, erklärte Elijah emotionslos.
Unsere Blicke trafen sich und diese Kälte in seinen Augen war so ungewohnt, obwohl sie ihn nun schon eine Weile beherrschte.
Zum ersten Mal in meiner Existenz wünschte ich mir, das ich nicht recht gehabt hätte.
Das Helena nicht seine Schwäche gewesen wäre und dies alles Zukunft gehabt hätte.
Sie sollte an der Seite meines Bruders sein, jetzt, in diesem Moment, sodass er nicht durch die Welt, den beiden hinterher jagen würde.
Denn daraus bestand jetzt sein Lebensinhalt.
Er jagte die Frau, die er einst geliebt hatte und die er auch immer noch liebte.
Ich war mir sogar sicher, dass er damit nie aufhören würde.
Selbst Tatia hatte ihn nicht so viele Schmerzen bereiten können.

Ich unterbrach unseren Blickkontakt und wandte mich wieder der Zeichnung zu, an der ich arbeitete.
„Das können doch andere machen.
Bedeutungslose Vampire können nach ihnen suchen, davon haben wir genug“, warf Rebekah ein.
Sie war wieder einmal stur, wollte ihren Willen mit aller Macht durchsetzen.
„Die sind auch nicht so effektiv“, konterte Elijah, obwohl wir alle genau wussten, das nicht das der Grund war, weswegen er ging.
Wieso er das selbst machte.
„Du hast es geschworen, Elijah!
Wir haben uns das geschworen.
Für immer und ewig.
Wir wollten zusammenbleiben!“
Rebekahs Stimme war eine Mischung aus Wut und Verzweiflung, sie schrie und doch war ihre Stimme einfach nur laut.

So war in der Tat unser Plan gewesen.
Doch so war es nicht mehr.
Es war etwas dazwischen gekommen, was sich einfach nicht so leicht bereinigen ließ.
Wir sprachen es nicht aus, aber wir wussten es beide.
Es hatte sich was verändert.
Rebekah schien diesem Verständnis allerdings ausgeschlossen zu sein, allein deswegen schon, weil sie es nicht miterlebt hatte.
Der Verrat der Zwillinge betraf sie wenig, doch uns hatte er erschüttert und deswegen war alles nicht mehr so einfach.
Deswegen war alles so anders.
Wir hatten etwas Wichtiges dabei verloren und keiner von uns wusste, wie er es wieder zurückholen konnte.
Allerdings, wenn wir uns in die Augen sahen, dann erkannten wir, das wir dem anderen nicht mehr vertrauten.
„Ich erinnere mich daran, Rebekah.
Aber ich muss das tun.
Es ist mir wichtig.“

Vielleicht wenn die Schwestern tot waren, wenn wir unsere Rache bekommen würden, vielleicht würden wir dann unser Geschwisterliches-Band zueinander reparieren können.
Ich erinnerte mich an die Zwillinge, als wäre es nicht bereits dreihundert Jahre her.
Katerina, feurig und stark, verspielt und leidenschaftlich, genau der Typ Mädchen, der mir gefiel und sie hätte mich befreien sollen.
Helena, sanft und mitfühlend, gelassen und zurückhaltend, mit ihren Augen voller Liebe, wenn sie meinen Bruder betrachtete.
Irgendwie fragte ich mich, wie es sein konnte, dass sie geflohen war.
Hatte sie diese Gefühle wirklich nur vorspielen können?
Sie hatte diesen närrischen Blick gehabt, wie auch andere Paare, die nur einander betrachten konnten und sich die ewige Liebe schwuren.
Vielleicht wenn Helena aus irgendeinem, mir wieder nicht erklärlichen Grund, erneut an seiner Seite stehen würde.

Wie es auch sein würde, ich kannte die Antwort darauf nicht.
Ich wusste nur, dass zurzeit alles verloren war.
Kein Vertrauen.
Wir hatten es nicht mehr und deswegen begrüßte ich den Abschied meines Bruders fast schon.
Ich würde Rebekah nicht in ihren Wunsch, ihn zurückzuhalten, unterstützen.
Das konnte ich nicht, denn es war eine Lüge.
Ich konnte nur hoffen, dass die Zwillinge eine Lösung für uns sein würden, wenn sie noch einmal in unser Leben traten, wie sie auch unser Verderben waren, als sie zu uns kamen und diesen unterschwelligen Streit entfacht hatten.

„Sie sind nicht wichtig!
Sie sind überhaupt nicht wichtig!
Sie sind vollkommen bedeutungslos!
NUR WIR SIND WICHTIG!“, schrie Rebekah aufgebracht, aber Elijah sah uns nur an und ging.
Er ging nicht wirklich, er war auch nie da gewesen, er war schon sehr lange gegangen und ich hoffte, dass er auf seiner Suche nach den Zwillingen, nach Helena, sich selbst wieder finden würde.
Ich wusste dass er nach Helena suchte, vielleicht wusste er es nicht einmal selbst, aber er suchte nach seiner verlorenen Liebe, nach einer Antwort und vielleicht auch nach einer Lösung.
Ich dachte an ihn und Helena, wie sie zusammen waren und es erschien mir bei diesem Bild nicht einmal unmöglich.
Er musste sie nur finden.
Ich bezweifelte, dass er ihr weh tun würde.
Egal wie stark seine Wut war, ich glaubte nicht daran, dass er jemals dazu in der Lage sein würde, ihr etwas antun.

Rebekah griff unter einem Tisch und warf diesen voller Wut um, das Geschirr und die Vase darauf fielen zu Boden und zersprangen in tausend Stücke.
Es würde nichts ändern.
Wütend funkelte sie mich an und ich wusste, dass wenn ihre Gefühle nur in eine andere Richtung schwanken würden, dann würde sie anfangen zu weinen.
„Wieso hast du ihn nicht aufgehalten, Nik?
Er ist unser Bruder, aber er ist nicht mehr bei uns.
Selbst Kol verbringt mehr Zeit bei uns, als er.
Das sollte so nicht sein.
Es ist falsch!“, sagte sie, rasend vor Wut.
Ich konnte ihr nur zustimmen, es war falsch, doch auch nicht zu ändern.

„Willst du denn gar nichts dazu sagen?

Ist deine Antwort ein Schweigen?“, fragte sie und ich hörte genau den Vorwurf in ihrer Stimme.
Auf die erneute Stille, die eintrat, reagierte sie mit einem wütenden Schrei und sie griff nach ihren Haaren, raufte sie und drehte sich dann zornig um.
Ich wusste, dass sie mir ihre Missachtung zeigen wollte und ich sah ihr hinterher, wie sie den Raum verließ.
Ich schaute auf das Bild, an dem ich arbeitete.
Es war Katerina, nicht Tatia.
Sie war schön, vollkommen und ausdruckslos.
Ich wusste nicht welchen Ausdruck ich ihr zuordnen sollte, ich konnte sie nicht wirklich einordnen.
Das einzige was ich wusste war, das sie mich verraten hatten.
Aber dann erinnerte ich mich an das Mädchen beim Ball, dessen Augen geleuchtet hatten, als wir zusammen getanzt hatten.
Ich sah auf ein anderes Bild, Elijah und Helena.
Nein, ich verstand nicht die Gefühle meines Bruders, wo wir doch beide wussten in was sie immer endeten.
Doch ich glaubte, dass sie die einzigen waren, die meinen Bruder Rettung verschaffen würden.
Vielleicht wünschte ich mir das für ihn, zumindest irgendetwas, das ihn retten würde und wenn es nur das war.
Etwas das ihn wie früher machte, damit das zwischen uns zurück kam, was wir verloren hatten.
Unser Vertrauen.
Alles hing zusammen, alles war miteinander verbunden.
Nur seine Rettung, würde unsere Rettung sein.
Rückblick Ende



Kapitel 92: Vampire in der Stadt




„Auch in den düstersten Geschichten über das Böse, gibt es nichts Schrecklicheres als den Vampir. Selbst unter Dämonen ist er ein Ausgeschlossener.“ (Montague Summers)



Stefans Sicht:
Damon und ich waren in der Stadt.
Während Katherine ihre Freundin besuchte, warteten wir auf Vater, der mit den anderen vom Gründerrat eine geheime Besprechung hatte.
„Was denkst du worüber werden sie reden?“, fragte ich meinen Bruder.
Es schien wichtig zu sein, Vater sah sehr ernst deswegen aus.
Damon sah mich verwirrt an und schüttelte dann den Kopf.
„Die Horrorversion, die aber auf der Hand liegt, Stefan?
Sie wissen über die Vampire Bescheid.“
Die Worte meines Bruders trafen mich wie ein Blitz, das war eine äußerst denkbare Möglichkeit.
Ob er wusste das Katherine und Elena ebenfalls Vampire war?
Ich konnte es nicht sagen, aber er würde ihnen sicher nichts tun.
Vater war gut und er mochte die beiden.
Er würde sie sicher beschützen.

Trotzdem hoffte ich nicht dass die anderen es wissen würden.
Ich wollte nicht das Katherine oder auch Elena in Gefahr war.
Damon sah besorgt aus, anscheinend machte er sich viele Gedanken zu diesem Thema, aber wenn er recht hatte, dann war es auch berechtigt.
Die Türen des Lockwoods-Anwesens, wo wir gewartet hatten, gingen auf und die Leute des Rates traten heraus.
Viele von ihnen hielten bei uns an und wandten sich an Damon, um ihn zu seiner Verlobung zu gratulieren.
„Herzlichen Glückwunsch zur Verlobung, Mister Salvatore.
Sie haben wirklich Glück, Miss Elena ist ein wirklich sehr gescheites Mädchen“, lobte Mister Sirett Elena.
Irgendwie war ich erleichtert.
Sie wussten sicher nicht, was Katherine und Elena waren, sonst würden sie doch nicht so fröhlich über die Verlobung sein, sondern ihn davon abraten.
Und außerdem lobte Mister Sirett sie immer noch, das konnte nur ein gutes Zeichen sein.
„Vielen Dank, Mister Sirett.“
Damon schüttelte seine Hand.
Vater trat zu uns und Damon musste noch viele weitere Glückwünsche über sich ergehen lassen, aber er tat sein bestes und lächelte brav.
Wahrscheinlich weil er selbst noch glücklich genug über diese Tatsache war, so hatte er wohl noch genügend Kraft dem stand zuhalten.

Als alle weg waren klopfte auch Vater Damon auf die Schulter.
„Du kannst es wahrscheinlich schon nicht mehr hören, aber auch von mir, Herzlichen Glückwunsch zur Verlobung, Damon“, sagte ihm Vater und diesmal lächelte mein Bruder sogar.
Die Vorstellung das Damon verlobt war, war immer noch reichlich eigenartig, aber das es Elena war, glich die Sache wieder aus.
Es hatte sowas natürliches, wenn die beiden zusammen waren.
Anders konnte man es einfach nicht beschreiben.
„Wieso die Ratsversammlung, Vater?“, fragte ich, nachdem wir uns in Bewegung gesetzt hatten.
Zu Fuß durchquerten wir die Stadt.
„Wir haben Probleme in der Stadt.
Es ist uns aufgefallen, dass eigenartige Dinge in der Stadt geschehen.
Der Gründerrat hat Untersuchungen eingeleitet, um dem auf den Grund zu gehen.“

Damon hatte recht gehabt, es musste sich bei dem erwähnten Problem, um die Vampire in der Stadt handeln.
Was würden sie mit ihnen anstellen, wenn sie die Vampire gefangen hatten?
„Allerdings brauchen wir zur Lösung jeden verfügbaren Mann, aber wir wissen nicht wen wir alles vertrauen können, so ist es schwierig.
Da ihr Nachkommen der Gründerfamilien seid, wollen sie wissen, ob sie auf euch zählen können“, erklärte unser Vater.
Ich hatte meine Hände in meinen Hosentaschen vergraben und schaute nachdenklich zu Boden.
Ich war mir meine Pflicht zu meinen Vater durchaus bewusst.
„Natürlich können sie das, zweifeln sie daran?“, fragte ich Vater zurück.
Er sah mich an, so wie er Damon früher manchmal angesehen hatte, sagte nichts, aber ich wusste dass er sich nicht sicher war.
Dann sah er zu Damon, bedachte ihn nun mit einem ganz anderen Blick, als er es sonst getan hatte.
„Ich hoffe ihr seid euch bewusst, welche Pflicht dies mit sich bringt“, stellte er in den Raum.
Damon und ich sahen uns an, schwiegen, aber dann nickte Damon schlicht.
„Sicher, Vater.
Das wissen wir genau“, versicherte ich ihm unsere Aufrichtigkeit.

Wir hielten an und Vater sah zwischen uns beiden hin und her, prüfend.
„Du hast gesagt, dass es in der Stadt ein Problem gibt“, erinnerte ich ihn und sein Gesicht wurde noch ernster, wenn das überhaupt möglich war.
Es mussten die Vampire sein.
„Es gab zu viele Tote“, sagte er und seine Stimme klang dabei sehr schwerfällig.
„Es wird Zeit, dass wir uns wehren und diese Mörder aufhalten.“
Diesmal klang seine Stimme viel kämpferischer und energischer.
„Wen?“, fragte ich nach. „Was denn für Mörder?“
Ich musste sicher sein, wir durften uns nicht in etwas verrennen, aber wenn es wahr war, dann mussten wir die Schwestern warnen.
„Wir leben unter Dämonen“, sagte Vater zu mir sehr eindringlich.
Dämonen, so hatte ich das auch gesehen.
Katherine war ein Dämon.
Aber ich liebte sie dennoch und ich würde ihr Geheimnis bewahren.
Auch wenn sie eine Mörderin war, so liebte ich sie noch immer, ich konnte nichts gegen meine Gefühle für sie tun.
„Warum so geheimnisvoll, Vater?
Warum sagst du nicht das Wort?“, fragte Damon und ich merkte, dass er seine Sorge versteckte.
Er war schon immer gut darin gewesen, seine Gefühle zu verbergen, die ihn schwach erscheinen ließen, besonders unseren Vater gegenüber.

Sie wussten es allerdings, sie wussten dass es Dämonen waren.
„Vampire“, sagte Vater schlicht.
Sie wussten leider auch, dass es Vampire waren.
„Es gibt sie und sie leben mitten unter uns, aber wir haben einen Plan wie wir sie töten können“, erzählte uns Vater.
Ich versuchte mein Entsetzen deswegen zu verbergen, deswegen machte ich eine eiserne Miene.
„… und ihr werdet uns dabei helfen“, fügte er hinzu und ich nickte eher mechanisch.
Damon machte nur eine ernste Miene, erwiderte den Blick unseres Vaters.
„Wie können wir sie erkennen?“, fragte ich nach, auch deswegen weil ich wissen wollte, wen sie verdächtigten und wie Damon und ich sie davon abhalten konnten, die Schwestern zu verdächtigen, die wir doch liebten.
Damon warf mir einen Blick zu, der mir sagte, dass er diesen Plan befürwortete.
„Vampire meiden das Sonnenlicht, weswegen wir diejenigen ausschließen können, die wir am Tag sehen.“
Das war schon einmal etwas Gutes.
Katherine und Elena besaßen Ketten, die sie vor dem Sonnenlicht schützten, damit fielen sie nicht so sehr auf.
So fielen sie sogar von der Verdächtigen-Liste.

„Außerdem ist Jonathan Gilbert dabei ein Gerät zu entwickeln, was Vampire aufspüren wird.“
Weitere Unruhe schnürte sich in mir und ich sah zu Damon.
Das war gar nicht gut.
Hofften wir mal, dass es nicht funktionieren würde.
Vater erzählt uns weitere Dinge über die Vampire, aber die meisten Dinge stützten sich auf Mythen und waren nicht wahr.
Es gab nicht wirklich viel, das sie über die Vampire wussten.
Das war unser Vorteil.
Vielleicht würden sie so die Vampire der Stadt nie wirklich entdecken.
Zumindest nicht die Zwillinge, die anderen waren mir egal.
Eigentlich waren sie ja Dämonen und sollten alle sterben, aber ich liebte Katherine und ich wusste Damon liebte Elena mehr als alles andere.
Egal was sie waren, wir mussten ihr Geheimnis bewahren.



Kapitel 93: Wahrheit




„Bezweifle, dass die Sterne Feuer sind; bezweifle, dass die Sonne sich bewegt; bezweifle dass die Wahrheit Lüge sei; doch zweifle nie an meiner reinen Liebe.“ (William Shakespeare)




Elijahs Sicht:
Ich kam zu den Anwesen und fand Helena draußen im Garten, sie ging zwischen den Sträuchern entlang.
In der einen Hand hielt sie ein Buch, die andere hielt sie hinter ihren Rücken.
Ohne Probleme ging sie dort entlang.
Sie stolperte nicht und lief auch nirgendwo gegen, trotzdem las Helena konzentriert ihr Buch.
Aufmerksam in jeder Hinsicht.
Dieses Talent hatte sie bereits als Mensch gehabt.
„Helena“, forderte ich ihre Aufmerksamkeit, da ich wusste dass niemand in der Nähe war, um uns zu bemerken.
Sie stoppte in ihrer Bewegung, hob aber nicht den Kopf an.
Erst langsam klappte sie das Buch und drehte sich dann in meine Richtung, während ich auf sie zutrat.

Sie sah mich ernst und auch irgendwie erschöpft an.
Als wäre sie von einem harten Kampf müde.
„Ist das dein Ernst, Elijah?
Was willst du hier?“, fragte sie seufzend und schüttelte bei meinem Anblick den Kopf.
Wusste sie wie sehr sie mich mit ihren Gesten verletzte?
„Du bist verlobt“, sagte ich schlicht.
Die ganze Stadt sprach davon und ich hätte am liebsten jemanden umgebracht, als ich die Nachricht gehört hatte.
Am besten noch Damon Salvatore, persönlich.
„Du kannst mir keinen Vorwurf machen, dazu hast du kein Recht.“
Sie lag richtig, das konnte ich tatsächlich nicht, trotzdem machte das die Sache nicht weniger schlimm.
Es war immer noch schrecklich und es kam mir wie das Ende der Welt vor.
„Ich will mit dir reden“, stellte ich klar.
Sie schüttelte den Kopf.
„Das ist nicht der richtige Zeitpunkt“, meinte sie und wandte sich von mir ab.
Bevor sie gehen konnte, packte ich sie am Handgelenk und zog sie sanft, aber bestimmend zu mir zurück.
Wahrscheinlich wusste sie dass es keinen Zweck hatte sich zu wehren, weswegen sie sich zu mir wieder umdrehte.
„Ich weiß, aber es ist vielleicht der einzige uns noch verbleibende Zeitpunkt.“

Ihr Kiefer ballte sich und sie sah mich abwartend an.
„Weißt du eigentlich was damals zwischen uns passiert ist?
Wieso alles so gekommen ist?
Warum wir jetzt getrennt sind?“, fragte ich sie.
Sie sah verblüfft von meiner Frage aus, schnaufte dann aber verächtlich.
„Natürlich, Katherine hat mir alles erzählt, deswegen sind wir auch weggelaufen.
Dein Bruder wollte sie opfern und du…“
„Es ist eine Lüge!“, unterbrach ich sie und sofort weiteten sich ihre Augen.
Ich wollte es so schnell wie möglich klarstellen, bevor noch etwas geschah, das uns noch weiter auseinander trieb.
Das mit ihrer Verlobung war schon tragisch genug.
„Was…“, wollte sie anfangen, doch ich unterbrach sie gleich wieder. „Das was deine Schwester dir erzählt hat, war eine Lüge.
Sie hat dich angelogen.“

Ungläubig und doch verblüfft sah sie mich an.
Als kämpften Wahrheit und Lüge in ihren Körper, sie sah so zerrissen deswegen aus, das es auch mich quälte.
„Wieso sollte ich dir glauben?
Katherine würde mich nicht anlügen und mir mit Absicht schaden.
Woher willst du das überhaupt wissen?“, fragte sie nach und ich merkte wie sie sich dagegen wehrte.
Wie sie versuchte das alles abzustreiten und in meinen Worten eine Lüge zu erkennen.
„Sie hat es mir selbst gesagt, auf dem Gründerball“, erklärte ich ihr und Helena schüttelte den Kopf, als versuchte sie diesen Gedanken abzuschütteln.
Warum wehrte sie sich so dagegen?
Ich war überglücklich als ich realisiert hatte, dass alles wahr war, dass unsere Liebe echt gewesen war.
„Dann hätte sie bereits gewusst, dass du dagewesen bist und hätte es mir gesagt“, beharrte sie weiter, um einen Fehler in meiner Aussage zu finden.

Ich schüttelte den Kopf und trat noch einen Schritt auf sie zu.
„Meine Familie hat die Fähigkeit andere Vampire zu beeinflussen.
Ich hab es sie wieder vergessen lassen, damit du nicht gleich wieder abhaust.“
Sie sah mich ungläubig an, schüttelte den Kopf, aber ich sah wie die Erkenntnis langsam in ihr hochstieg.
Ich konnte es an ihren Augen erkennen.
„Ich liebe dich, Helena.
Immer noch.
Nach all der Zeit, die vergangen ist und nach all dem, was geschehen ist“, erklärte ich ihr und nahm ihre Hand in meine.
Sie sah mich weiterhin fassungslos an.
„Und ich will dich wiederhaben.
Ich will das wir wieder zusammen sind.“
Sie schüttelte den Kopf und ich sah Wut und Trauer in ihren Augen.
Ich wusste dass sie durcheinander war, das war ich auch gewesen, aber es gab auch keine andere Methode ihr das alles zu erklären.
„Ich verstehe diese Art von Posse nicht“, meinte Helena verständnislos.
Aber ich hatte es vollkommen ernst gemeint.
„Das ist kein Scherz!“, erwiderte ich.

Die Wut in ihr gewann, etwas das ich noch nie gesehen hatte.
Sie war nie auf mich wütend gewesen und auch bei ihrer Schwester war sie nie so gewesen.
Das musste wirklich viel für sie gewesen sein, wenn ich sie zu so einer starken Emotion gebracht hatte.
Blitzschnell entzog sie mir ihre Hand.
„Wieso jetzt, verdammt nochmal?
Wieso jetzt?
Wieso nicht, ich weiß nicht… irgendein anderer Zeitpunkt in den letzten 372 Jahren?
Wieso musst du es mir jetzt sagen?
Hättest du nicht für immer schweigen können?
Ich liebe Damon!
Nach all der Zeit, die ich wegen dir nur gelitten habe, war ich endlich wieder glücklich und jetzt kommst du und wirfst mir das an den Kopf?
Wieso?
Wieso tust du mir das an?“, fragte sie und ihre verletzte Stimme, brach mir das Herz.
Ich hatte sie nicht verletzen wollen, doch ohne diese Wahrheit, wäre ich weiter verletzt wurden und das konnte ich mir selbst nicht antun.

„Das hab ich dir gesagt.
Ich liebe dich und will dich zurückhaben, an meine Seite.
Weißt du wie weh es tut, dich mit diesen Jungen zu sehen?
Ich will das wir über alles reden, ich will das wir noch eine Chance haben.“
Sie schaute zur Seite und ich sah wie sie mit sich selbst kämpfte.
Ich hoffte das noch etwas in ihr war, das mich liebte und meine Gefühle erwiderte, denn sonst waren wir verloren.
„Du sagst mir meine Schwester hat gelogen?
Warum hätte sie das tun sollen?“, fragte sie mich nun.
Ich hatte nie gedacht, dass ich einmal gegen ihre Schwester ankämpfen musste und es behagte mir nicht, da ich wusste dass es ein schwieriger Kampf sein würde.
Sie liebte ihre Schwester, auf eine Weise, die ich nie hatte meinen Geschwistern gegenüber aufbringen können.
„Sie ist egoistisch, Helena, das zumindest weißt du.
So sehr, dass sie dich nicht verlieren wollte.
Darum hat sie gelogen“, erzählte ich ihr und ich hoffte sie würde mir glauben.

Helena biss sich auf die Lippe und ich wusste dass es ein Zeichen ihrer Nervosität war.
„Hat sie das?
Dann wollte Klaus sie nicht opfern?“, fragte Helena nach und in dem Punkt war ich ziemlich hilflos.
Natürlich hatte er das gewollt.
„Doch, aber…“, wollte ich einwerfen, doch Helena kam mir zuvor.
„Dann hattest du mich nicht verwandeln wollen?“, schoss es weiter aus ihr heraus.
Ich hob meine Hände.
„Helena, bitte! Ich…“
„Ohne mich zu fragen und ohne mit mir darüber zu sprechen?“, hakte sie weiter nach.
Ich fühlte mich glatt von ihren Fragen überfordert und ihr verzweifeltes Gesicht tat das übrige.
„Wieso hast du es mir nicht gesagt?
Wieso hast du nicht mir darüber geredet?
Du wusstest doch wie ich war.
Ich hätte es verstanden, das was du bist und ich hätte mich opfern können.
Du hättest mir Vampirblut gegeben und alles wäre in Ordnung gewesen.
Und auch danach, ich hätte dir verziehen.
Wieso?
Wieso hast du nichts gesagt?
WIESO HAST DU DAS ALLES GETAN?“, schrie sie mich an.
„WEIL ICH DICH GELIEBT HABE“, schrie ich automatisch zurück und wenn sie nicht schon vorher geschockt ausgesehen hatte, dann spätestens jetzt.
„…und ich wollte dich nicht verlieren“, fügte ich leise hinzu.
Allerdings hatte ich das.
Ich hatte sie verloren.
Nicht noch einmal wollte ich irgendeinen Fehler begehen, der uns entzweien würde.



Spezial 12: Kindheitsträume




„Gib jedem Tag die Chance, der schönste deines Lebens zu werden.“ (Mark Twain)




Stefans Sicht:
Rückblick
Neugierig beobachtete ich Damons Bewegungen.
Er schien konzentriert zu sein und ich hatte Angst, dass er sich dabei verletzen würde.
Das konnte durchaus geschehen.
Ein Messer war sehr scharf und ich hatte mich schon oft geschnitten, wenn ich Damon helfen wollte, wenn er kochte.
Damon schnitt sich allerdings nie dabei und ich bin sicher, dass er auch nicht weinen würde, so wie ich es immer tat.
„So fertig!
Jetzt haben wir uns hier verewigt“, meinte Damon grinsend zu mir und steckte das Messer wieder weg, in seine Tasche.

Wir saßen hier oben auf dem Baum, schon eine ganze Weile und wollten nicht wieder nach Hause gehen.
Damon würde sowieso nur Schularbeiten machen müssen und konnte dann nicht mit mir spielen.
Dabei machte das immer am meisten Spaß, Damon wusste so tolle Spiele oder er dachte sich selbst welche aus.
Doch besonders viel Spaß machte es hier zu sein, denn auf Bäume klettern war toll.
„Sieh mal, Stefan.
Ist die Aussicht nicht toll?“, fragte mein großer Bruder mich und ich schaute auf den See, in dem sich viele bunte Farben wiederspiegelten.

War wirklich nicht schlecht.
„Sehr schön, aber ich mag den Sommer lieber.“
Da war es warm und hell, man konnte dann auch im See schwimmen gehen.
Damon hatte mir das schwimmen beigebracht und auch wie man tauchte.
Es war wundervoll, man musste die Luft anhalten und war dann vollkommen unter Wasser, in dem man sich bewegen konnte.
Die Fische schreckten dann vor einem zurück.
Allerdings durfte ich nicht stundenlang im Wasser bleiben wie ich wollte, meine Haut wurde dann immer ganz schrumpelig und wenn meine Lippen blau wurden, dann zwang mich Damon wieder heraus zu gehen.

„Ich finde es perfekt, einfach genial diese Farben, als könnte nur ein Maler so etwas Wundervolles vollbringen, aber es gibt es wirklich.“
Naja, aber es war doch trotzdem kalt.
Trotzdem wollte ich viel lieber hier mit meinem Bruder bleiben, als wieder nach Hause zu gehen.
Das machte nicht so wirklich Spaß.
„Bleiben wir hier?
Bis zum Abend?“, fragte ich Damon hoffnungsvoll und ich wusste, dass er ja sagen würde.
Er sagte immer ja, wenn ich ihn um etwas bat.
Er war der beste große Bruder, den man haben konnte.
„Sicher, Stefan.
Keiner kann uns vorschreiben was wir tun sollen, deswegen können wir auch so lange hierbleiben, wie wir wollen“, antwortete er mir grinsend.

Besorgt sah ich ihn an.
„Aber Vater kann das.
Er könnte böse werden“, fiel mir ein und vielleicht wäre es doch besser nach Hause zu gehen, egal wie schön es hier auch war.
Ich wollte nicht das Damon ärger bekam.
Er bekam immer Ärger, ich nie.
Sicher weil er der ältere von uns war und Vater sagte, das er verantwortungsbewusster sein sollte und auf mich aufpassen sollte.
Aber das tat er!
Er war darin wirklich sehr gut.
Er passte immer auf mich auf.

„Aber Vater ist jetzt nicht hier, oder Stefan?“, fragte Damon mich.
Ich schüttelte den Kopf.
Das war er wirklich nicht.
Ich sah mich noch einmal um, um mich auch zu vergewissern, dass es wirklich so war.
„Ist er nicht.“
Neugierig sah ich meinen Bruder an.
Was wollte er damit sagen.
„Wenn er also nicht hier ist, kann er uns auch keine Vorschriften machen.
Niemand ist hier außer wir beide.
Da ich der ältere bin, bestimme ich und ich bin deiner Meinung, wie sollten auf jedenfall noch hierbleiben.“

Staunend sah ich meinen großen Bruder an.
Die Erklärung war ja so einleuchtend.
Mein Bruder war wirklich sehr schlau.
Fröhlich erwiderte ich sein Grinsen und ließ wieder locker die Beine baumeln.
„Nur du und ich, Damon“, sagte ich, denn mir gefiel der Gedanke wirklich sehr gut.
„Nur du und ich, Stefan“, stimmte er mir zu.
Eine wirkliche tolle Vorstellung.
„Wir müssen immer zusammenzubleiben, Damon“, meinte ich, denn ich wollte nicht, dass es jemals anders war.
Wir mussten für immer Freunde sein, Brüder.

Ich schaute zu ihm und sah ihn an.
Damon schien ein wenig nachdenklich zu sein.
„Wir können es versuchen, Stefan. Aber noch viel wichtiger ist, das wir alles dafür tun müssen, das unser Leben glücklich ist und das wir nie etwas bereuen.“
Ich dachte über seine Worte nach.
Ich wollte wirklich immer glücklich sein und etwas bereuen, war nicht sehr schön.
Entschlossen streckte ich meine Hand nach Damon aus und hielt mich mit der anderen gut am Ast fest, sodass ich auch ja nicht runter fiel.
„Abgemacht“, stimmte ich zu.
Grinsend nahm Damon meine Hand und schüttelte sie.
„Versprochen“, erwiderte er.

Kichernd lehnte ich mich wieder nach hinten, an den Baumstamm und schloss entspannend meine Augen.
Ein wirklich guter Gedanke, ein toller Plan den wir da hatten.
Glücklich sein gefiel mir sehr gut und wenn wir nur damit anfangen würden hier auf diesen Baum zu bleiben, das würde mir schon ausreichen.
„Damon?“, fragte ich nach einer Weile.
„Hmm?“, kam nach einiger Zeit eine ungenaue Antwort.
War mein Bruder etwa eingeschlafen?
So bequem war es auf dem Baum wirklich nicht und war es nicht zu kalt um zu schlafen?
„Aber jetzt, oder?“, fragte ich nach und als er nicht antwortete, wusste ich, das ich nur eine sehr wage Aussage gemacht hatte.
Deswegen fügte ich hinzu: „Nur du und ich, oder Damon?
Jetzt sind es nur du und ich?“
Das war mir sehr wichtig.
Er war mein Bruder und mir gefiel der Gedanke.
Damon griff nach meiner Hand, hielt sie fest.
„Versprochen.
Für jetzt sind es nur du und ich, Stefan“, bestätigte er mir.
Ein toller Gedanke, mit diesem war ich zurzeit wirklich sehr glücklich.
Ich brauchte jetzt niemand anderen außer meinen Bruder.
Rückblick Ende



Kapitel 94: Aussprache




„Wenn Du vor mir stehst und mich ansiehst, was weißt Du von den Schmerzen, die in mir sind und was weiß ich von den Deinen. Und wenn ich mich vor Dir niederwerfen würde und weinen und erzählen, was wüsstest Du von mir mehr, als von der Hölle, wenn Dir jemand erzählt, sie ist heiß und fürchterlich. Schon darum sollten wir Menschen voreinander so ehrfürchtig, so nachdenklich, so liebend stehn wie vor dem Eingang zur Hölle.“ (Franz Kafka)




Elenas Sicht:
Ich saß auf der Bank auf der Terrasse und hatte die Hände in meinen Schoß gebettet.
Nervös spielte ich mit meinen Fingern herum.
Noch immer versuchte ich zu begreifen was geschehen war und alles davon zu verarbeiten.
Es waren nur ein paar Worte, die meine gesamte Welt umwarfen.
So lange hatte ich geträumt, gehofft, gebetet, dass es geschehen würde und jetzt wo sich mein Wunsch erfüllt, verfluchte ich ihn.
Elijah hatte mich wirklich geliebt, liebte mich noch und ich ihn.
Ich liebte ihn ebenfalls, aber ich liebte auch Damon.
Ich liebte sie beide und irgendwie begann ich deswegen zu verzweifeln.


Ich schaute nicht auf, als ich Schritte hörte, ich wusste dass es Elijah war.
Niemand anderes war sonst hier und alle Bedienstet wurden manipuliert, damit wir in Ruhe reden konnten.
Obwohl nachdem wir uns angeschrien hatten, hatte keiner von uns es mehr gewagt ein Wort zu sagen und bis jetzt hatten wir geschwiegen.
„Hier, schwarzer Tee ohne Zucker und mit einem Schluck Milch“, meinte er und reichte mir den Tee, vielleicht damit er mir half, all das hier zu verkraften.
Kraft brauchte ich in der Tat.
Mit einem leichten Kopfnicken nahm ich ihn an.
„Das hat sich endzwischen geändert, ich trink ihn jetzt mit Zucker“, erklärte ich und er nickte nur verstehend.
Das zeigte noch einmal deutlich wie viel sich geändert hatte und wie viel Zeit vergangen war.
Das war nicht spurlos an uns vorbei gegangen, es hatte auch uns verändert.
Es hatte auch die Dinge zwischen uns verändert.

Wir waren nicht mehr die beiden Menschen von damals, wir hatten uns beide verändert.
Nicht so dass wir es selbst merken würden, aber für den anderen sicherlich, da wir uns in all der Zeit nicht einmal gesehen hatten.
Da war die kleinste Veränderung groß.
„Was willst du jetzt eigentlich von mir hören, Elijah?“, fragte ich mit schwacher Stimme nach.
Ich hatte keine Ahnung was ich deswegen machen wollte.
Die Wahrheit zu wissen war… schockierend.
Vielleicht wäre sie einmal befreiend gewesen, aber in diesem Moment war sie einfach nur belastend und ich wünschte mir ich hätte es niemals erfahren.
„Liebst du mich noch?“, fragte er zurück.
Wieso musste es ausgerechnet diese Frage sein?
Sollte ich lügen, sollte ich die Wahrheit sagen oder sollte ich drum herum reden?
„Weißt du Elijah, wäre das alles vor einem Jahr passiert, dann wäre ich jetzt glücklich.
Wir würden das hinbekommen und für immer zusammen sein.
Aber jetzt wird das nicht mehr funktionieren.
Es wäre nicht fair, für keinen von uns und damit bezieh ich Damon auch mit ein.
Ich liebe ihn und werde ihn heiraten und das habe ich nicht entschieden, weil ich stur bleiben will, sondern schon vorher.
Ich hatte gewählt zwischen dir und ihm, auch wenn ich die Wahrheit nicht wusste.
Ich hab nur das gute gesehen und mich trotzdem für ihn entschieden.
Wir bekommen das nicht mehr hin, Elijah.“

Es gab kein Zurück mehr für mich.
Damon war nun mein Leben und das bereute ich nicht.
Jeder Moment mit ihm war ein Geschenk und machte mich glücklicher, als ich es mir hätte je erträumen können.
„Du liebst ihn?“, fragte Elijah noch einmal nach und monoton nickte ich.
Das tat ich, mehr als alles andere, aber es war kein lustiges Gefühl, wenn die jetzige große Liebe mit der früheren aufeinander prallte.
Das ließ einen ganz schön taumeln.
„Bist du glücklich?“, hakte er weiter nach.
Ein mildes und auch ein wenig gequältes Lächeln erschien auf meinem Gesicht.
Ich zuckte schwermütig mit meinen Schultern.
„Gerade in diesem Moment fällt es mir ehrlich gesagt etwas schwer“, gab ich offen zu. „Aber ja, ich bin sehr glücklich sonst.“
Mehr als ich es gewollt hatte.
Dabei hatte ich mich so dagegen gewehrt ihn zu lieben und doch hatte es nichts gebracht.
Ich hatte mich einfach noch einmal verliebt, gegen meinen Willen.
Gefühle konnte man anscheinend auf keiner Weise steuern, besonders nicht solche.

Elijah und ich sahen beide auf den Boden.
Ich wollte etwas sagen, etwas tröstendes, aber dann besann ich mich, da mir einfiel, das es keine Worte auf der Welt gab, die in diesem Augenblick helfen würden.
Katherine hatte es so oft versucht und nie hatte es geschafft.
„Weißt du, dass du für mich perfekt warst, Elijah?“
Ich wusste nicht woher diese Frage kam, aber irgendwie fand ich, dass er es wissen sollte.
Das er mir genauso wichtig gewesen war, wie ich anscheinend ihm.
Das auch ich ihn ebenfalls geliebt hatte, mehr als jeden anderen auf der Welt.
„Ich weiß gar nicht, ob es überhaupt ein gutes Ende für uns geben hätte können“, meinte Elijah nun und seine Stimme klang dabei ziemlich traurig.
Bestimmend schüttelte ich den Kopf.
Das war etwas, wogegen ich auf jedenfall protestieren würde.
„Natürlich, alles ist egal, wenn man verliebt ist, erinnerst du dich?“
Ich fragte mich, ob er sich noch an die Worte erinnern konnte.

Aber es schien so zu sein, denn er nickte nur leicht.
Das hatte ich ihm am letzten Tag gesagt, den wir miteinander verbracht hatten.
Doch anscheinend hatten wir all unsere Worte vergessen, als wir getrennt wurden.
Wieso hatten wir nicht weiter an unseren Worten der Liebe festhalten können?
„Warum sind wir dann jetzt nicht zusammen, Helena?“, fragte er und ich unterdrückte es bei seiner Frage zusammenzuzucken.
Erst jetzt fiel mir so genau auf, dass er mich bei meinem alten Namen nannte.
Außer ihm tat das nur noch Mikael.
Es war meine Verbindung zu meinem alten Leben.
Wir hatten uns so in etwa auch gedacht, ein neuer Name, ein neues Leben, ein neuer Mensch und am Ende auch eine neue Liebe.
Dass man seinem alten Ich nicht so leicht entkommen konnte, wusste ich erst jetzt.
„Weil, egal wie stark die Gefühle auch sind, die Liebe manchmal anscheinend nicht ausreicht, sonst wären wir noch zusammen.
Aber wir haben gezweifelt, alle beide und das ist unsere Strafe.
Ich weiß nicht was ich gedacht habe, aber irgendwann da hab ich Katherine einfach geglaubt.
Sie war meine Schwester und sie liebte mich, sie würde mich nicht anlügen.
Ich weiß nicht wirklich, wieso, aber es war so.“
Ich hatte gezweifelt und meine Schwester hatte dies gesät.
Sie hatte eine schwache Stelle gefunden, sie aufgeschnitten und immer wieder Salz hineingeworfen, bis der Schmerz überwand.
Eine wohl etwas eigene Metapher, aber so war es.

Ich fragte mich wieso meine Schwester mir das angetan hatte, aber eigentlich kannte ich die Antwort bereits.
Sie hatte es mir immer wieder gesagt.
Wir waren Zwillinge, geboren um zusammen zu sein.
Sie stellte uns einfach immer über all die Dinge, selbst über unsere Liebe.
„Ich weiß wieso ich gezweifelt habe.
Du warst perfekt, Helena, und das zwischen uns war so wunderbar, dass es kaum zu glauben war.
Dass es eine Lüge sein sollte war leicht zu glauben, ich hatte ehrlich nie vorher gedacht, das ich das recht hatte so glücklich zu sein, wie mit dir“, erzählte er mir die Wahrheit.
Und so saßen wir beide hier.
Zwei verlorene und gestrandete Seelen, die einander verloren hatten, aber ich war dabei weiterzugehen.
Da kam ein Rettungsboot, das mich mit nahm, aber nie hatte ich gewollt, dass es Elijah zurückließ.
„Du wolltest mich verwandeln?“
Ich dachte so drüber nach und eigentlich hatte ich es bereits gewusst.
Jeden Tag hatte ich wieder gehofft, das er mir die Wahrheit über alles sagen würde und mich fragen würde, ob ich mit ihm die Ewigkeit verbringen wollte.
Ich hätte sofort ja gesagt.

Natürlich hatte ich immer davon geträumt zu heiraten und Kinder zu bekommen, das war ein schöner Gedanke gewesen und wirklich mein Wunsch.
Doch dann war da Elijah und all das kam mir bedeutungslos vor, wenn ich es nicht mit ihm haben konnte.
Ich hatte mich in ihn verliebt und das obwohl ich gewusst hatte was er war und was er und sein Bruder uns antun wollten.
„Das hatte ich vor“, gestand er mir und seine Stimme klang schwermütig.
Wir waren beide erschöpft.
Nicht körperlich, nur von dem was geschehen war und all der Zeit.
Der verlorenen Zeit, die wir nie mehr zurück bekommen würden.
„Wieso hast du es mir nur nicht gesagt?
Wieso hast du mir nicht einfach die Wahrheit gesagt, Elijah?
Hast du wirklich geglaubt ich würde dich nicht mehr lieben?
Es wär mir egal gewesen, ich hätte dir all das verzeihen können“, sagte ich ihm und ich merkte wie Tränen meine Augen herunter blätterten, die ich sofort wegwischte.

„Helena“, fing Elijah an und seine Stimme klang so hilflos.
Ich schüttelte den Kopf.
„Du solltest jetzt gehen, Elijah.
Das ist nicht der passende Zeitpunkt.“ Und den würde es für uns vielleicht auch nie mehr geben.
Er stand schwerfällig auf, aber er beugte sich noch einmal zu mir herunter, um mich auf die Wange zu küssen.
„Ich weiß, ich hab kein Recht dich um Verzeihung zu bitten.
Aber ich hoffe, ich hab nicht das Recht verloren, dir zu wünschen, dass du glücklich wirst.
Ich akzeptiere deine Wahl, allerdings solltest du wissen, dass ich dich noch immer liebe und ich dich immer lieben werde.
Für immer, Helena, werden meine Gefühle nie zu dir verblassen“, schwor er mir und ich kam nicht umhin trotzdem ein bisschen Glück deswegen zu empfinden.
Wer könnte das nicht, wenn er so geliebt wurde.
Ich sah ihm hinterher, wie er davon ging und mein Blick war wehmütig.
Letztes Mal hatte ich das nicht gewollt und diesmal ließ ich ihn einfach so ziehen.
Aber seine Liebe blieb bei mir zurück.
Ich würde nie vergessen.



Kapitel 95: Vorbeugung




„Narben erinnern uns an das erlebte, doch sie definieren nicht unsere Zukunft.“ (Criminal Minds)



Damons Sicht:
Stefan und ich rannten durch den Wald, um die Bäume herum und warfen uns den Ball zu.
Die Hindernisse hier machten das Spiel schwieriger, aber auch noch viel interessanter.
Ich brauchte das, dieses berauschende Gefühl, denn so konnte ich auch einfach mal an nichts denken.
So war alles ganz einfach und das war in der letzten Zeit eine wirkliche Seltenheit.
Mit Stefan brauchte ich nicht immer zu reden.
Wir hatten einfach Spaß.
Aber dann sah ich Elena, sobald sie in meinen Blickwinkel erschien, musste ich daran denken was mein Vater vor hatte.
Wenn er wüsste was sie war, er würde sie ohne zu zögern töten.
Er würde auch mich töten.
Es wäre ihm egal.
Meine Sorgen kehrten hoch, weswegen ich nicht aufpasste und erst wieder mit den Gedanken anwesend war, als ich einen Schmerz an meinem Kopf fühlte und irgendwie von einer unbekannten Wucht nach hinten gerissen wurden.

Ich hörte Stefans Lachen, Elenas besorgtes Keuschen und ich blinzelte mit den Augen, versuchte herauszufinden was passiert war.
Ich sah den Football etwas entfernt von mir liegen und konnte mir ausmalen, dass er schuld war an meinem pochenden Kopf.
Vielleicht war es auch einfach meine Schuld, schließlich hatte ich nicht gut genug aufgepasst.
Allerdings mochte ich es anderen die Schuld zu geben und wenn es auch nur der Ball war.
Eine Hand stützte meinen Kopf und half mir sanft mich aufzurichten.
Auch ohne sehen zu können wusste ich wer es war.
„Damon, tut es sehr weh?“, fragte sie mich und ich musste fast auflachen, wegen ihrer sorgenvollen Stimme.
Sie war so wunderbar.
„Nein, nicht wirklich.
Das ist gar nichts, Elena.
Mach dir keine Sorgen“, beruhigte ich sie sofort wieder.
Sie hatte mir erklärt das sie wenig wusste über die Schmerzen der Menschen, da es keinen Vergleich gab.
An ihre erinnerte sie sich nur noch wenig und sie konnte nicht einschätzen, wie etwas weh tat oder gefährlich für mich war.
„Du blutest zumindest nicht, das ist schon einmal ein gutes Zeichen“, erklärte sie mir und da konnte ich ihr nur zustimmen.
Das Blut würde sie auch riechen und dann würde sie definitiv mehr Panik machen.

„Stefan, würdest du uns bitte alleine lassen.
Keine Sorge, ich will nur mit deinen Bruder reden.“
Reden.
Schade.
Fragend sah ich meine Verlobte an, ich liebte es sie so zu nennen oder einfach nur so von ihr zu denken.
Sie war meine Verlobte, das klang einfach nur schön.
Ich sah wie mein Bruder ging und Elena zog mich ohne Probleme hoch, immer wieder war ich erstaunt davon, wie stark sie doch war.
Es war immer aufs Neue beeindruckend und großartig.
Selbst wenn ich verwandelt werden würde, wäre sie immer noch stärker als ich.
Sie war dann immer noch einfach älter als ich.
„Wir reden?“, fragte ich verwundert nach und legte einen Arm um ihre Schulter.
Sie strich sich eine Haarsträhne aus ihrem Gesicht und daran merkte ich dass sie nervös war.
War etwas geschehen?
Etwas mit Elijah oder noch schlimmer Klaus?
Sie sagten er war eine viel größere Gefahr als Elijah.

Elena griff nach meiner Hand und sah mir in die Augen.
„Bitte, lass uns ein Stück gehen, ja?“, fragte sie und sofort bot ich ihr meinen Arm an, damit wir spazieren konnten.
Bevor ich fragen konnte, was mit ihr los war, fing sie schon an zu reden, als könnte sie meine Sorgen spüren.
„Erinnerst du dich noch an die Geschichte, die ich dir erzählt habe?
Die von mir und Katherine?“, fragte sie nach.
Leicht nickte ich. „Natürlich.“ Wie könnte ich die vergessen.
„Also weißt du, da gibt es noch so viel mehr.
Andere Dinge sind passiert, von denen ich dir nichts erzählt habe, die auch keiner sonst kennt.
Niemand weiß es.
Alles ist aus einer ganz anderen Perspektive geschehen.
Ich hab dir erzählt das Elijah und Klaus offensichtlich alte Vampire sind.
Ich weiß sogar wie alt.
Aber der wichtigste Begriff, den du deswegen kennen solltest, ist Urvampir.
Das ist es, was Elijah und Klaus sind, Urvampire.“

Wir blieben stehen und der Schock stand mir wohl wahrlich ins Gesicht geschrieben.
Bevor ich nachdenken konnte, fragen konnte, redete sie weiter, sie ließ mir gar keine Chance wirklich etwas zu tun.
Sie griff nach meinen Händen und bewahrte sie in ihren, hielt sie fest.
„Ich will nicht nochmal denselben Fehler begehen, deswegen diese Vorbeugungsmaßnahme könnte man sagen.
Damon, ich will dich nicht verlieren.
Deswegen bitte hör mir genau zu und versprich es niemanden zu sagen, auch nicht Stefan oder Katherine.
Es weiß wirklich niemand, also bitte versprich mir, dass es ein Geheimnis nur zwischen uns beiden bleiben wird“, bat zu mich und sah mich flehend an.
Ich beugte mich herunter und küsste ihre Hände.
„Ich verspreche es dir, alles was du willst, Elena.
Ich verspreche dir, das alles was du mir sagst, nur zwischen uns bleiben wird, das nie ein Wort über meine Lippen kommen wird.“
Ein Geheimnis zwischen uns, wie könnte ich ihr das verwehren?
Wie könnte ich ihr irgendetwas verwehren?

Sie nickte mir, als Zeichen das sie mir glaubte und vertraute.
„Alles, bis zu dem Punkt wo wir aus Bulgarien fliehen mussten, das war wahr.
Das ist so wirklich geschehen.
Dann allerdings passierte das Unglaubliche, zumindest für mich.“
Sie stockte und schluckte, ihr Blick glitt in die Ferne, als würde sie sich darin erinnern und als würde es ihr schwer fallen, es zu erzählen.
„Ich traf einen Mann, der mich und meine Schwester beobachtet hatte.
Er erzählte mir von Vampiren, ich konnte es nicht glauben, doch es war wahr und erzählte mir von Urvampiren.
Alles was ich wissen musste und er sagte mir sozusagen was uns in London erwarten würde.
Dort bekam ich von allen eine Bestätigung und erst dann stimmte ich den Pakt zu, unseren Plan.“

Ich legte meine Stirn in Falten.

Ein Mann?
Urvampire?
„Weißt du, was ich meine, Damon?“, fragte Elena nach und holte mich aus meinen abstrakten Gedanken, die gerade beginnen wollte.
Ich sah zu ihr, in ihre Augen, die Angst und Bangen zeigten.
„Ich wusste was Elijah war, das er ein Urvampir war.
Ich wusste was mit uns geschehen sollte und trotz dessen, hatte ich mich in ihn verliebt“, erklärte sie mir eindringlich und dann begriff ich es.
Wie sehr sie Elijah geliebt hatte.
So sehr, dass sie Gefühle für ihn entwickelt hatte, obwohl sie es hätte besser wissen müssen, obwohl sie die Wahrheit wusste.
Hätte ich das bei Elena gekonnt?
Natürlich würde ich jetzt behaupten, ja.
Aber wer konnte schon sagen wie es wirklich gewesen wäre, was passiert wäre.
Es wäre mit Sicherheit anders verlaufen, anders gewesen.

„Du hast ihn geliebt“, meinte ich leicht heiser. Sie nickte zustimmend. „Sehr“, bestätigte sie mir und ich wusste nicht, ob mir das, Angst machen sollte.
Es wäre doch zumindest ein guter Grund, oder?
„Urvampir, Damon.
Das bedeutet sie sind die ersten Vampire die es gibt.
Mit ihnen fing alles an.
Es ist eine ganze Familie.
Ein Vater mit fünf Kindern“, erzählte sie mir und ich hörte ihr wieder zu, wie ich es ihr versprochen hatte.
Ich hörte mir alles genau an.
Die Geschichte der Urvampire. Wie sie von Menschen zu Vampiren wurden. Mit einer Mutter als Hexe.
Die Liebe, der beiden Brüder Elijah und Klaus, zu Tatia.
Der Fluch auf Klaus, weil er zum Teil auch ein Werwolf war, da die Frau fremdgegangen war.
Bis hin zu Elenas, oder damals noch Helenas, ersten Begegnung mit Mikael, dem Vater der anderen Urvampire.



Kapitel 96: Unglaube




„Manchmal kommt man im Leben an einen Punkt, an dem man nur falsche Entscheidungen treffen kann. Oder vielleicht besteht das ganze Leben aus falschen Entscheidungen, die wir uns so zu Recht legen, dass sie uns `richtig` erscheinen.“ (Autor unbekannt)



Elenas Sicht:
Rückblick
Er fiel mir ins Auge, noch bevor ich ihn kennenlernte.
Nicht weil er mir gefiel, sondern wegen dem Gefühl von Angst, das ich schon weitem bei ihm spürte.
Katerina und ich waren auf dem Deck, sahen das letzte Stückchen Land, das langsam am Horizont verschwand.
Wir sahen nicht nach vorn, sondern nach hinten.
Ich spürte eine Präsenz, ein Blick, etwas Unangenehmes.
Deswegen sah ich nach hinten.
Ein Mann mit einem blond, das Dunkel war und auch ein wenig dreckig aussah, fast aber auch schon wieder braun.
Er sah streng aus, unfreundlich, eigentlich erinnerte mich sofort an Katerina und meinen Vater.
Etwas in meinem Magen zog sich zusammen und ich hatte so eine Ahnung, das ab jetzt nichts mehr so sein würde wie zuvor.
Wie recht ich doch haben würde.


Katerina flirtete mit einem Mann, damit er uns einen Gefallen tat.
Sie war wirklich gut in sowas und solange sie nicht übertrieb, ließ ich sie dabei gewähren.
Die meisten Männer hielten sich hier eh von uns fern, da sie es als Unglück betrachteten, das wir überhaupt hier mit an Bord waren.
Andere allerdings scherten sich gar nicht um diesen Aberglauben und versuchten uns näher zu kommen.
Katerina meinte dazu, dass es nicht nur daran lag, das wir wirklich wenige Frauen an Bord waren, sondern auch weil wir ledig waren, sehr jung, alleine reisten und dazu auch noch ausgesprochen schön waren.
Sie konnte manchmal wirklich eingebildet sein oder sie war sich der Tatsache einfach viel zu sehr bewusst, mehr als gut für sie war.

„Helena Petrova, nehme ich an“, holte mich eine Stimme aus den Gedanken und ich zuckte instinktiv zusammen, wie ein aufgescheuchtes Huhn.
Ich sah zur Seite, zu dem Mann, der mir schon ein paarmal aufgefallen war, da er mich und meine Schwester so intensiv beobachtet hatte.
„Ich will mit ihnen sprechen, allein.
Keine Sorge, wir können es so öffentlich machen, das es jeder sieht, nur ihre Schwester darf davon nichts mitbekommen, das ist wichtig.
Haben sie das verstanden?“, fragte er nach.
Instinktiv nickte ich, wusste allerdings nicht wirklich wieso, aber wenn ich ihm in die Augen sah, dann kam mir das so klar vor.
So selbstverständlich.

Zusammen saß ich mit dem Mann am Tisch, Mikael.
Am liebsten wollte ich weglaufen, schreien, irgendetwas tun.
Aber ich tat gar nichts.
Ich hörte einfach nur zu, einer unglaublichen Geschichte, die einfach nicht wahr sein konnte.
„Noch einen Tee, Miss Helena?“, fragte er nach.
Ich saß wahrscheinlich nur mit offenem Mund da, hatte all meine guten Manieren vergessen, weswegen ich einfach nur nickte.
Irgendwie kam ich mir wirklich dumm vor.
„Sie wollen mir also erzählen, dass es Vampire tatsächlich gibt?
Solche über die man sich Schauergeschichten erzählt?“, fragte ich zweifelnd nach, da es einfach nicht in meinen Kopf hineingehen wollte, dass es solche Monster wirklich geben sollte.
Wie klang denn das?
Vampire gibt es wirklich.
War das denn nicht irgendwie lächerlich oder so etwas in der Art?

„Ich würde es dir ja gerne beweisen, aber hier ist ein sehr schlechter Ort.
Allerdings kann ich dir eine unserer Fähigkeiten beweisen, vielleicht wird dich das überzeugen, mir Glauben zu schenken.“
Sein Blick fiel auf die Teetasse, die ich in den Händen hielt und an die ich mich hilfesuchend klammerte.
„Wirf sie auf den Boden“, sagte er zu mir und ich wollte schon protestieren, da fing er mich mit seinen Blick und augenblicklich warf ich die Tasse auf den Boden, sodass sie dort zersprang und sich der Inhalt verteilte.
Erschrocken zuckte ich zusammen und sah dann ungläubig zu Mikael.
Wieso hatte ich das getan?
„Ich hab doch gesagt, dass es eine unsere Fähigkeiten ist, andere zu beeinflussen.
Was denkst du, warum du hier so ruhig sitzt?
Ich hab dich manipuliert“, sagte er mir offen heraus.
Mein Mund stand wieder nicht wirklich fein offen und ich versuchte zu blinzeln, in der Hoffnung alles wäre nur ein schlechter Traum, der wieder weg gehen würde.
Sowas sollte einfach nicht real sein.

Er nickte, irgendwie schien er mit sich zufrieden zu sein.
„Dann kommen wir zu dem Teil, wo du für mich wichtig bist.
Mein Stiefsohn, Niklaus, will den Fluch von dem ich dir erzählt hatte, natürlich wieder brechen.
Dafür brauch er eine Hexe für den Zauberspruch, einen Werwolf, einen Vampir, den Petrova-Doppelgänger, also dich oder deine Schwester Katerina und dies hier…“
Mikael legte einen ovalen weißen, eigentlich sehr schönen Stein auf den Tisch, den ich staunend, aber auch fragend ansah.
„… den Mondstein.
Ohne ihn funktioniert gar nichts, aber auch nicht ohne den Doppelgänger.
Er wartet nur auf euch und zurzeit ist er in London.
Sobald euch ein Vampir sieht und glaub mir, das wird schnell der Fall sein, so wird er Klaus davon berichten und ihr werdet in seinen Fängen sein.
Solange ihr von nichts wisst, wird er von euch keine Gefahr erwartet und ihr könnt euch vielleicht noch frei bewegen.
Ihr werdet sicher so nach handlungsfrei sein.
Damit sind wir im Vorteil.
Ich brauche seinen Aufenthaltsort und zwar dann wenn er am verwundbarsten ist.
Das wird der Zeitpunkt der Opferung sein.
Keine Wachen, niemand von dem Gefahr laufen könnte, dass er alles sabotiert.
In dem Moment werde ich ihn töten.“

Ich schluckte.
Stiefsohn oder nicht, gab es einen Menschen, der so grausam war, das er es verdient hatte, von seiner Vaterfigur ermordet zu werden?
Das erschien mir doch sehr drastisch, weswegen ich die Stirn runzelte.
„Sind sie sicher dass es so sein muss?
Ist er wirklich so schrecklich?“, fragte ich ungläubig nach.
In uns alles steckte doch etwas Gutes.
Vielleicht war es bei ihm nur tiefer versteckt, als bei anderen.
Mikael aber schüttelte entschieden den Kopf. „Nein, Helena. Klaus ist absolut tödlich und er ist Abscheu in der Natur.
Das solltest du so schnell wie möglich erkennen“, riet er mir.
Ich versuchte, versuchte es zu verarbeiten, aber es gelang mir nicht wirklich so schlecht von einem Menschen denken zu können.
„Wieso sollte ich dir bei so einem abscheulichen Plan helfen?“

Alles sträubte sich in mir bei so etwas mitzumachen.
Er konnte sagen was er wollte, es klang für mich einfach nur grausam und abartig, sein Kind zu töten, auch wenn es nicht wirklich sein Sohn war.
Er hatte ihn aufwachsen sehen.
Zählte das denn gar nichts?
„Weil wenn du mir nicht hilfst, erkenne wirst das du meine brauen wirst.
Sobald Klaus euch in seinen Fängen hat und das wird er, brauchst du Hilfe da wieder herauszukommen.
Als Gegenleistung werde ich deine verlangen.
Ich beschütze dich und deine Schwester und Klaus wird sterben.
So wird es sein.“
Es war wie eine gruselige Voraussage, aber irgendwie erschien mir alles immer klarer.
„Was ist mit meiner Familie?“, fragte ich nach.
Sie waren weit weg, aber wenn Klaus wirklich so grausam war, würde ihn das davon abhalten, wenn er die Wahrheit kennen würde?

Vampire, Werwölfe und Pläne zur Tötung eines, wie hatte er Klaus genannt?
Hybrid?
„Solang er nichts rausbekommt, sollte diese Tatsache dich wenig kümmern, allerdings kann ich dir versprechen sie ebenfalls zu beschützen, wenn dich das beruhigt.
Halte du deinen Teil der Abmachung, so halte ich auch meinen ein“, versprach er mir.
„Ich hab noch gar nicht zugestimmt“, antwortete ich ein wenig fassungslos.
Er stand auf und sah total ernst aus, wie mein Vater besaß er die Gabe des Lächelns wohl eher nicht.
„Das wirst du, wir reden wieder, wenn du es erkennst.
Bis dahin solltest du dir über alles, Gedanken machen.
Es war schön dich kennenzulernen, Miss Helena“, meinte er und drehte sich dann um.
Bevor er gehen konnte, kam mir noch ein Gedanke, auf den ich eine Antwort haben wollte, weswegen ich ruckartig aufstand.
„Wieso hast du ausgerechnet mich ausgesucht?
Warum nicht meine Schwester?
Wieso hast du mir alles erzählt, deinen Plan?“
Alle suchten meine Schwester aus, weswegen das wirklich verwunderlich für mich war.
Nicht normal.
„Weil du klüger bist, Helena. Anständiger und ich glaube sogar zu sagen, besser.
Besser als viele andere, die ich in den Jahrhunderten getroffen habe.
Eine der besten.
Ich schätze, du verdienst Vertrauen am meisten“, erklärte er mir und davon war ich doch ziemlich baff.
Er ließ mich mit einem Chaos zurück, das sich aber bald ordnen würde.
Rückblick Ende



Kapitel 97: Einladung




„Liebe ist wie ein Märchen, nur das es nicht mit es war einmal anfängt, sondern endet!“ (Autor unbekannt)




Katherines Sicht:
Rückblick
London war großartig.
Der Grund weswegen wir hier waren, der war zwar nicht so toll, aber im Grunde genommen war es hier fantastisch.
Und man sollte doch aus allen Dingen das Beste machen.
„Sieh dir das an, Helena!
Ist das nicht fantastisch?
Wir sollten uns das ansehen!
Mutter hat doch gesagt, der Big Ben ist großartig, besonders die Melodie beim Glockenspiel.“
Mutter hatte viele Geschichten von England, besonders von London erzählt, was sie und Vater alles besichtigt hatten.
Tower of London, Palace of Westminster, St. James Palace, Hampton Court Palace, St. Margaret’s Church und Westminster Abbey.
Nicht alles davon konnte man von innen sehen, doch zumindest von außen und das war schon beeindruckend genug.

„Weißt du was noch toller wäre, Katerina?“, fragte mich meine Schwester und sah mich ernst an.
Verwirrt runzelte ich die Stirn, sie war in der letzten Zeit so komisch.
Nicht nur ernst, sondern auch noch angespannt.
Zumindest ein klein wenig konnte sie sich doch entspannen.
„Wenn wir so schnell wie möglich eine Arbeit finden, denn wir können nicht ewig von dem leben was wir mitbekommen haben“, rief sie mir unangenehm in Erinnerung.
„Ja, aber wir wohnen doch bei Verwandten“, gab ich zurück.
Helena verdrehte die Augen, auf ziemlich dramatisch Weise.
„Doch aber nicht für immer, das würde nicht funktionieren, so viel Geld haben sie nicht.“
Das stimmte schon.
Es waren die Verwandten, bei denen auch unsere Mutter gelebt hatte.
Sie waren nach London gezogen und sie hatten uns hier aufgenommen, zumindest erst einmal.
Helena hatte recht, es waren alte Leute.
Sie konnten uns nicht ewig bei sich behalten.

Ich lächelte Helena zuversichtlich und entschlossen an.
„Dann müssen wir das tun, was alle anderen Frauen auch tun.
Wir müssen heiraten!
Wir müssen einen Mann finden, der sich in uns verliebt und uns dann ernährt.“
Von ihrem genervten Stöhnen ließ ich mich weder beirren, noch unterbrechen.
„Du kannst dich dann ja in deine wahre Liebe verlieben, aber ich hoffe deine wahre Liebe ist reich, sodass du nicht nur Liebe und Luft zum Fröhlich sein hast“, meinte ich enthusiastisch.
Wenn das kein Plan war, dann wusste ich auch nicht.
Viel besser als zu arbeiten, fand ich zumindest.
„Und ich hoffe, dass Gott dir diese Worte nicht übel nimmt und es als eigenartigen Humor hinnimmt und damit von einer Strafe für dich abzieht“, konterte sie zurück.
Das war hart.
„Ich meine es kann ja ruhig Liebe dabei sein, aber wir können uns doch trotzdem in einen wohlhabenden Mann verlieben“, erklärte ich ihr, auch wenn ich mir sicher war, das sie wusste wie ich es meinte.
Sie kannte mich schließlich sehr gut.

Helena verzog das Gesicht und sah mich mit verzogenem Gesicht an, so als zweifelte sie an meinem Verstand.
„Weißt du was?“, fragte sie nach und verwirrt erwiderte ich ihren Blick.
Sie zeigte mit ihrem herum wirbelnen Finger am Kopf, das sie mich für irre hielt und um es noch einmal zu verdeutlichen, zeigte sie auch noch extra auf mich.
„Nett.
Danke, Schwesterherz“, antwortete ich ihr.
Helena zuckte nur mit den Schultern und sah mich so selbstverständlich an.
„Gern geschehen, war nur die Wahrheit“, gab sie an.
Wie gemein sie mal wieder zu mir war.
„Gut, aber das ist unser erster Tag hier.
Können wir nicht zumindest heute uns etwas umsehen?“, fragte ich fast schon bettelnd.
Schließlich musste ich nun auf sie hören, das hatte ich zumindest versprochen.

Zweifelnd sah sie mich an und runzelte dabei die Stirn.
„Alleine?“, fragte sie nach, als konnte sie nicht glauben was ich da sagte.
Ja, bla, Anstand und so weiter und so fort.
Kannte ich alles schon.
„Du bist doch auch öfters allein spazieren gegangen“, erinnerte ich sie.
Bei uns hatte sie da nicht so ein Theater deswegen gemacht, es war nicht so schlimm gewesen, aber seit meiner Schwangerschaft, war sie total übervorsichtig.
„Wir lebten auf einem großen Anwesen, um uns war größtenteils nur Natur.
Das Dorf war zweieinhalb Meilen entfernt und jeder kannte jeden.
Das hier allerdings ist eine Großstadt, Gefahren lauern hier an jeder Ecke.“
Wahnsinn, sie beschwor ja ein ganz schönes Drama deswegen.
War das nicht ein wenig zu extrem?
Wir waren doch zu zweit.
„Jetzt mach doch mal bitte einen Punkt, du übertreibst.
Wir sind zu zweit und ich verspreche dir wir gehen in keine dunklen Gassen, sondern bleiben nur an belebten Plätzen, wo uns jeder sehen konnte.“

Die Sehenswürdigkeiten waren sowieso nur an solchen Orten.
Helena schien nachzudenken, nickte aber schlussendlich zustimmend, wenn auch nur sehr widerwillig.
Begeistert zog ich sie mit, es gab einfach so viel das ich sehen wollte und wenn das erst einmal meine letzte Chance war, weil Helena auf eine Arbeit für uns beide bestand, dann musste ich das doch wohl in vollen Kosten ausnutzen.
Wir besuchten eine Kirche.
Ich hatte gesagt, Wahnsinn ist die schön und Helena stimmte zu, da es einfach eine Kirche war.
Wer sie kannte wusste, dass das einfach schon alles aussagte.
Helena zündete eine Kerze an und sie betete, während ich mich umsah und mich später zu ihr setzte.
Ich hatte es nicht so mit Gott.
Natürlich hatte ich es von meinen Eltern gelernt, Gott zu respektieren und zu ehren, aber irgendwie konnte ich mich nicht überwinden an ihn zu glauben.
Zumindest gab ich mir keine Mühe mehr, seitdem mein Vater Mika getötet hatte und ich schwanger geworden war.

Seitdem war es Helena, die es für mich mit übernahm.
Das beten hatte ich aufgegeben.
Ich fühlte mich sogar unwohl, weswegen ich froh war wieder aus der Kirche heraus zu sein.
„Lass uns noch eine Burg oder ein Schloss ansehen, toll wäre es ja, wenn wir es wirklich von Innen sehen können, aber mir reicht zur Not auch schon mal der Garten.“
Von außen eine Burg oder ein Schloss zu sehen wäre schon toll genug, besonders auf einen wunderschönen gepflegten Garten würde ich mich freuen.
„Solange wir nicht dabei erwischt werden, was ist wenn es verboten ist?“, fragte mich Helena besorgt.
Genervt war es nun an mir die Augen zu verdrehen.
Wieso musste meine Schwester nur so korrekt und somit auch langweilig sein?
Musste zu mir der Ausgleich geschaffen werden?

Wir fragten uns durch, bis wir etwas außerhalb fündig worden.
„Ich halte das für eine schlechte Idee, eine sehr schlechte Idee“, betonte es Helena noch einmal und ich sparte mir eine Reaktion deswegen gleich.
Wir sahen die Burg nur von weiten, sie lag ziemlich abseits, aber sie hatte ein großes Grundstück.
Davor war der Garten und ich sah auch Wald angrenzend.
„Ob man da hin kann und es sich ansehen kann?“, fragte ich mich und wollte einfach losgehen, doch eine Stimme hielt uns auf.
„Das würde ich an ihrer Stelle unterlassen, Miss.“
Ein junger Mann trat auf uns zu, er sah sehr einfach aus, freundlich und mit langen braunen Haaren, wie es üblich war.
„Aber wenn sie die Burg wirklich sehen wollen.
Übermorgen findet dort ein Fest statt, ich lade sie beide gerne ein.
Es ist mir erlaubt Begleiter mitzubringen“, erklärte er uns und wie viele andere schon, schaute er fasziniert zwischen Helena und mir, hin und her.
Wir waren schön und Zwillinge, für viele machte das allein schon den Reiz aus.

Begeistert drehte ich mich zu meiner jüngeren Schwester.
„Was meinst du, Helena?
Klingt das nicht fantastisch?“, fragte ich heiter nach.
Helena schüttelte mal wieder den Kopf, es war schwer sie von etwas zu überzeugen.
Sie ignorierend drehte ich mich wieder zu dem jungen Mann.
„Das wäre sehr freundlich von ihnen, mein Name ist Katerina Petrova und das ist meine Schwester Helena.“
Er nahm meine Hand und küsste sie, was er auch bei Helena wiederholte.
„Mein Name ist Trevor.
Es freut mich ihre Bekanntschaft zu machen.“
Während ich mit Trevor alles besprach, hielt Helena sich zurück, mehr als es sonst von ihr üblich war.
Als wäre sie davon gar nicht begeistert.
So schlimm war es doch gar nicht.
Aber Helena schien trotzdem besorgt zu sein.
Es war doch nur ein Fest, wo viele andere Menschen auch da sein würden.
Was sollte uns da schon passieren?
Es war doch nur eine Einladung.
Rückblick Ende



Kapitel 98: Instruktion über die Lage




„Auch die schwächste Frau ist noch stark genug, um mehrere Männer auf den Arm zu nehmen.“ (Trude Hesterberg)




Klaus Sicht:
Das Dorf hatte sich wirklich verändert zu früher und hatte jetzt auch einen Namen.
Mystic Falls.
Irgendwie ein wenig ironisch meiner Meinung nach, aber egal.
Es waren jetzt stabile Häuser, anstatt kleine Hütten und auch erheblich mehr Einwohner im Gegensatz zu früher.
Es gab mehrere Villen, in denen die Wohlhaberen Bürger dieser Stadt lebten.
„Es ist gewöhnungsbedürftig, was meinst du?“, fragte mich mein älterer Bruder, den ich wirklich sehr lange nicht mehr gesehen und gehört hatte.
Elijah und ich hatten in den letzten Jahrhunderten sehr viel Abstand voneinander gehabt.
„Es ist unwichtig.
Ist Katerina noch hier?“, fragte ich nach.
Das war das wichtigste von allen.
„Natürlich, ich hab sie nicht aus den Augen gelassen.
Wenn du sicher gehen willst, kannst du sie ja auch zwingen“, schlug er mir vor.

Das wäre in der Tat effektiv und sicher.
„Ganz bestimmt nicht, wo bliebe dann der Spaß?“, fragte ich rhetorisch nach, worüber Elijah nur den Kopf schüttelte.
Aber ich brauchte das.
Die Angst, die sich langsam in ihr aufstauen würde und so mehr ich sie zappeln lassen würde, umso stärker würde das Gefühl in ihr heranwachsen.
Es war ein befriedigendes Gefühl zu wissen, wie viel Macht ich ohne etwas zu tun über die Personen hatte.
Katerina wusste nun was ihr bevorstand, wenn sie noch einmal so dumm wäre wegzulaufen.
Obwohl manche Leute lernten nie aus ihren Fehlern, sie begingen sie immer und immer wieder.
Um ihretwillen hoffte ich, dass sie nicht genauso war.
„Gut, was hab ich verpasst?“, fragte ich an Elijah gewandt und sah ihn an.
Er hatte sich verändert.
Kürzere glattere Haare und er trug einen Anzug dieser Zeit.
Wie auch ich, hatte er sich angepasst.

Elijah seufzte, seine Haltung zeigte mir, dass etwas nicht mit ihm stimmte.
Er wirkte irgendwie verloren, ganz anders als in den letzten Jahrhunderten.
Hatte es etwas mit Helena zu tun?
Eigentlich war das die einzig logische Erklärung, denn es hatte immer etwas mit Helena zu tun, seit sie in sein Leben getreten war, hatte sie seine Gefühlslage immer wieder beeinflusst.
Die grenzenlose Wut schien allerdings verschwunden zu sein.
Hatte er ihr etwas angetan?
Er wirkte jetzt schwerfällig, als würden all die Jahre auf seinen Schultern mit einem unendlichen Leid auf ihm lasten.
„Sie nennen sich Katherine und Elena Pierce und sie wohnen als Waisenmädchen bei einer der Gründerfamilien von Mystic Falls, den Salvatores.
Sie haben vorgegeben das ihre Familie in dem Feuer in Atlanta umgekommen ist“, berichtete er mir.

Mein Mund verzog sich deswegen zu einem Lächeln.
„Katherine und Elena Pierce?
Netter einfacher Einfall, aber durchaus effektiv, muss ich zugeben.“
Eigentlich hatte ich damit gerechnet, dass sie ihre Namen ändern würden, etwas anderes wäre auch ziemlich dumm von ihnen gewesen.
Trotzdem konnte man so nie wissen, wo sie waren.
Wir hatten ja keine Vorstellung davon, in wie weit sie ihre Namen verändert hatten.
In dem Fall war es nur eine kleine Änderung und doch gab sie keinen Anlass, dass sie uns in irgendeinem Fall auffallen würde, wenn wir sie auf einer Liste oder etwas ähnlichem entdecken würden.
„Sie haben eine Hexe auf ihre Seite, eine Nachfahrin von Ayanna, eine Bennett-Hexe“, erzählte Elijah mir weiter.
Eine Hexe, großartig, aber das würde ihnen auch nicht weiter helfen.
„Was noch?“, fragte ich nach, denn das würde sicher nicht alles sein.

Eines musste man den Zwillingen lassen, sie waren so klug gewesen, dass sie es fast vierhundert Jahre geschafft hatten vor uns zu fliehen.
„Es gibt noch weitere Vampire in dieser Stadt, zusammen mit den Schwestern sind es insgesamt siebenundzwanzig, einige älter, andere jünger.
Durch die Familie Lockwood, die hier wohnt, zieht sich das Werwolf-Gen, das aber nur bei dem Sohn des Hauses aktiviert ist.
Katerina und Helena wissen von meiner Anwesenheit hier, von deiner aber nichts, sie wissen auch nicht dass du hier erscheinen wirst.
Damit ist dir, der Überraschungsmoment, sicher.“
Wunderbar.
Den liebte ich besonders.

Prüfend sah ich Elijah an, denn er kam mir seltsam vor.
Wirklich eigenartig.
Was hatte Helena angestellt, das er so aus der Rolle war?
„Hast du etwas für Helena geplant oder ist sie bereits tot, nein deinem Gesichtsausdruck zu ordnen eher nicht.“
Er sah gequält aus, als hätte sie ihm das Herz heraus gestochen und mit dem Messer darauf noch ein paarmal eingestochen.
„Sie ist… glücklich.“
Ich verzog das Gesicht.
Was war denn das für eine Aussage?
Wollte er sie nicht leiden lassen?
Dafür sorgen, dass sie auf keinen Fall jemals wieder Glück spürte?
„Ich war zu spät.
Nur ein Jahr früher und ich hätte sie nicht verloren…“

Ich legte die Stirn in Falten.
Was redete er denn da?
Sie hatte ihn mehr als jedes Wesen auf der Welt zuvor verletzt und er hatte sie zurückhaben wollen?
„Wieso solltest du sowas bescheuertes wollen?
Noch einmal?“
Mein Bruder war mir gerade mehr denn je, ein Rätsel.
Hatte er denn jetzt völlig den Verstand verloren?
„Es war Katerina, nicht Helena.
Ich hab die Wahrheit erfahren, was damals geschehen ist und es war nicht Helenas Schuld.
Sie hat mich geliebt, aber ihre Schwester hat sie manipuliert und damit meine ich nicht auf die Vampir übliche Weise.
Katerina war diejenige, die alles eingefädelt hat, nachdem sie von Trevor die Wahrheit erfahren hatte und er ihr bei ihrer Flucht geholfen hat.“

Ehrlich gesagt, ich war wirklich geschockt.
Aus meiner Sicht hatte ich sowieso Katerina an allem die Schuld gegeben, einfach weil ich sie besser gekannt hatte.
Doch zu erfahren, dass sie es wirklich gewesen war und meinen Bruder dieses Leid gebracht hatte, steigerte meinen Zorn eigentlich noch einmal in unermessliche.
„Falls es dir hilft, ich werde Katerina sehr leiden lassen.“
Elijah seufzte, schloss seine Augen und vergrub seine Hände in seinen Hosentaschen.
„Das bringt mir Helena auch nicht wieder zurück“, gab er zurück und ich verstand nun was er damit meinte, sie verloren zu haben.
Sie hatte sich neu verliebt, erst vor kurzen.
„Wieso bringst du ihn nicht einfach um?“, fragte ich nach.
Es erschien mir die logischste Lösung für dieses Problem, ich würde es zumindest so tun, wenn ich in dieser Lage wäre.

Entschlossen schüttelte mein Bruder den Kopf.
„Um mir damit ihren Hass für die Ewigkeit zuzuziehen, nein danke.
Ob du es glaubst oder nicht, ich will einfach nur das sie glücklich ist, auch wenn das schwer für dich zu verstehen ist.“
Eigentlich war das für mich überhaupt nicht zu verstehen.
Ihr Glück bedeutete sein Unglück, wieso sollte er das denn wollen?
War das nicht irgendwie absurd?
Masochistisch?
Aber ich ging nicht weiter darauf ein, da mir Elijahs Gesichtsausdruck sowieso zeigte, dass das Thema damit beendet war.
Er konnte genauso stur sein wie ich, das war eine Charaktereigenschaft, die bei uns in der Familie lag.
Da waren nicht mal der gute Finn und der moralische Elijah von verschont wurden.
„Also was machen wir als nächstes?“, fragte ich interessiert, vielleicht hatte er schon etwas geplant, sonst würde ich auf etwas Dramatisches zurückgreifen.
„Wir werden auf eine Verlobungsfeier gehen“, erklärte Elijah mir und ich zog eine Augenbraue hoch.
Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, war das seine Beerdigung.
Helena.
Verdammt.



Spezial 13: Ein Traum




„Die Vergangenheit ist nicht tot. Sie ist nicht einmal vergangen.“ (Sarah Dessen)




Elijahs Sicht:
Es war schwer hier zu sein, an dem Ort zu bleiben, an dem ich so viele Schmerzen spürte.
Zu schwer.
Allerdings musste ich hierbleiben, damit Klaus nicht auf die Idee kam ihr etwas anzutun, denn das würde er dann ganz sicher tun.
Ich musste zumindest dafür sorgen, dass sie sicher war.
Ihre Sicherheit war das aller wichtigste, danach kam ihr Glück.
Die beiden waren auf meiner Prioritätenliste ganz oben.
Eine Zeit lang hatte ich das verdrängt, ein Fehler, den ich erst jetzt zu bereuen begann, nachdem ich die vollen Ausmaße zu spüren bekam.

Wieso konnte man nicht zurück in die Vergangenheit reisen?
Warum konnte man seine Fehler nicht irgendwie zurücknehmen?
Ich wollte alles besser machen, sie nie gehen lassen, ihr Vertrauen und ihre Schwester beschützen, sodass sie leben konnten.
Oder mit ihnen zusammen weglaufen.
Ich lief seit Jahrhunderten mit meinen Geschwistern vor unseren Vater weg, was machte es da aus wenn ich mit meiner Liebe vor Klaus weglief?
Der Unterschied war nicht so groß.
Vielleicht wäre es sogar besser gewesen, denn dann wäre ich zumindest bei ihr gewesen.

Verloren sah ich auf den See, am dem ich früher mit meinen Brüdern gebadet hatte.
Es war so lange her.
„Ich war hier an diesem Ort, mitten in der Nacht.“
Überrascht drehte ich mich um und sah Helena dort stehen, in ihrer einzigartigen Perfektion.
Ihre Hände hatte sie hinter ihrem Rücken verschränkt.
„Wie jetzt.
Ich hab gebetet zu Gott, dass es mir die Kraft gibt, dich loszulassen.
Das ich aufhören kann dich zu lieben.“
Ich schluckte, sie hatte gebetet mich nicht mehr zu lieben?

Ein gequältes Lächeln erschien auf ihren Lippen.
„Aber wie so oft, hat er mich nicht erhört.
Ich kann einfach nicht aufhören dich zu lieben.
Ich weiß nicht wieso, aber alles in mir schmerzt noch immer, nach so langer Zeit, wenn du nicht bei mir bist.“
Ich blieb wie erstarrt hier stehen, obwohl ich doch eigentlich nur zu ihr wollte.
So nah wie möglich bei ihr sein.
„Du hast mein Herz gestohlen Elijah.
Damals vor genau 372 Jahren und du hast es mir nie zurück gegeben.“

Was?
Sagte sie mir gerade…?
„Es gehört noch immer dir“, unterbrach sie meine Gedanken. „Ich kann nichts dagegen tun.“
Ich sah ihr in die Augen, wusste das sie die Wahrheit sprach und ich fühlte es war wie damals.
Als sie in mein Leben trat, wie ein segnender Engel und es unwiderruflich prägte.
Sie war das wichtigste in meinem Leben und sie würde es immer sein.
„Helena“, flüsterte ich und wollte ihre Worte nicht durch etwas wie Lautstärke schmälen.
Ich wandte mich vollends zu ihr un ging auf sie zu, doch bevor ich sie auch nur annähernd erreicht, lief sie schon los, direkt in meine Arme.
„Wenn du es willst, dann lass ich dich nie mehr los“, versprach ich ihr und hörte ihr schluchzen.
Diese Geste zerrte an mir und an der anderen Seite waren ihre Worte, die mir offenbart hatten, dass sie mich noch immer liebte.
Doch sie wollte es nicht.
Beides spielte mit meinem Herzen Tauziehen.

„Tu es nicht“, antwortete sie mir und ich zog sie noch fester an meine Brust.
Sie war mein, sie war wieder mein.
Die Erfüllung all meiner Träume.
Ich würde sie nie mehr gehen lassen.
Nie wieder diesen Fehler machen.
Ich würde sie bei mir behalten und vor allem beschützen.
„Ich verspreche es.
Bleib nur für immer bei mir“, bat ich sie eindringlich, denn ich wusste, dass ich es nicht verkraften würde, sie noch einmal zu verlieren.
Das konnte ich wirklich nicht.
Ich brauchte sie für immer an meiner Seite, sonst war ich einfach nicht ich.

Ich hob ihr Kinn an, sodass ich ihr in die Augen sehen konnte, die mit Tränen gefüllt waren.
„Ich verspreche es“, versicherte sie mir.
Ich legte meine Stirn gegen ihre und fühlte mich zurückversetzt in die eine Nacht, in der wir uns zum ersten Mal unsere Liebe gestanden hatten.
Ich hatte mir gewünscht dass es für immer sein würde und wie damals hatte ich immer noch nur diesen einen Wunsch.
Noch einmal verlor sich die Zeit für uns und ich brauchte nur sie an meiner Seite für die Ewigkeit, denn alles andere war für mich bedeutungslos.
„Ich liebe dich, Helena.“
„Ich liebe dich auch, Elijah.“
Ich verschloss meine Hand mit ihr, verhakte unsere Finger ineinander und sah ihr in ihre wärmenden braunen Augen.
„Für immer und ewig.“
„Für alle Zeit.“

„Ich weiß nicht, Elijah. Bist du nun erbärmlich oder ganz einfach verloren?“

Ich schreckte auf, von dem Sofa, auf den ich gelegen hatte und das Buch, was ich wohl vorhin gelesen hatte, fiel auf den Boden.
Genervt fuhr ich mir mit der Hand übers Gesicht, durch meine Haare.
Langsam breitete sich die Erkenntnis aus, dass ich mich völlig in diesem Traum verloren hatte und Schmerz ersetzte meine Fantasie.
Mein Kopf dröhnte und ich wollte ihn am liebsten irgendwo gegenschlagen.
Wie immer verfolgte mich Helena, selbst hinein in meine Träume.
Entweder es waren Erinnerungen, die mich nicht los ließen oder aber ich malte mir irgendetwas aus, wie wir wieder zusammen kamen.
Ich konnte nichts dagegen tun.
Ich liebte sie für immer, auch wenn sie nicht genauso fühlte.
Dumm gelaufen würde man meinen.

Ich stand auf und nahm meinen Bruder das Glas mit Alkohol aus der Hand, weswegen er eine Augenbraue hochzog.
Mir war egal was das Zeug war, Hauptsache es war hochprozentig.
Ich kippte es mit einem Zug hinunter.
„Könnte ein wenig aus beiden sein.
Wohl eine gesunde Mischung“, gab ich zu und schloss die Augen.
Ich stellte das Glas ab und ging dann fort, wusste dass mein Bruder mir hinterher sah, aber es war mir wirklich egal.
Ich fühlte mich elend und aus Erfahrung wusste ich dass es nicht verschwand.

Mal ehrlich.
Ich hatte Helena fast vierhundert Jahre hinterher gejagt und sie dennoch geliebt, obwohl ich gedacht hatte, dass sie mich verraten hatte.
Wie sollte es dann aufhören, wenn ich wusste, dass sie mich die ganze Zeit über geliebt hatte und erst damit aufgehört, als sie sich in diesen Jungen verliebt hatte?
Das war doch gar nicht möglich.
Klaus hatte recht, ich war verloren und erbärmlich.



Kapitel 99: Vertrauen




„Der beste Beweis der Liebe ist Vertrauen.“ (Joyce Brothers)




Damons Sicht:
Ich war in der Tat ziemlich sprachlos, nachdem Elena die Geschichte beendet hatte, aus ihrer Sicht.
Jetzt verstand ich auch, warum sie beim letzten Mal so neutral geblieben war.
Diesmal zeigten sich mir alle Abgründe in dieser Version.
Jeder von ihnen hatte Geheimnisse gehabt, einen Plan, aber keiner war ganz von allem informiert gewesen, weswegen alles eskalierte und am Ende schief ging.
Hätte einer anders gehandelt, wäre es wohl auch ganz anders geschehen.
Eine verzwickte Sachlage.
„Es ist auch meine Schuld gewesen“, schloss sie die Erzählung.
Sofort schüttelte ich entschieden den Kopf.
„Nein, es war nicht deine Schuld.
Von allen hattest du die besten Motive.
Klaus ist ein Monster, zumindest von dem was ich gehört habe und er verdient den Tod sicher.
Allein schon dafür was er deiner Familie angetan hat.
Du hast nichts falsch gemacht, Elena“, versicherte ich ihr.

Rational betrachtete, hatte sie das tatsächlich nicht.
Es war nur einfach alles schief gelaufen, was schief laufen konnte.
Aber es war nicht Elenas Schuld.
Trotzdem das auch sie Geheimnisse gehabt hatte, war sie die einzige die keine Grausamkeit begehen wollte.
Klaus Tod war einfach nur Gerechtigkeit und auch eine Notwendigkeit.
Niemand anderes wäre sonst zu schaden bekommen.
Sie hatte niemanden verraten, sondern einfach nur diejenigen beschützen wollen, die sie liebte.
Elena legte ihre Hand auf meine Wange und ich glaubte kleine Tränen in ihren Augen glitzern sehen können.
„Wieso bist du nur so lieb zu mir?“, fragte sie mich seufzend und sie sah mich an, als wäre ich eine Art Engel für sie.
Dabei war sie doch meiner, mein persönlicher Engel.

Ich fasste nach ihrer Hand und streichelte beruhigend darüber.
Ich wollte nicht, dass sie sich Sorgen machte und irgendwie wieder an etwas zweifelte, was uns betraf.
Nie würde ich auf sie sauer sein können oder sie hassen.
Dafür war sie einfach zu gut, dafür liebte ich sie viel zu sehr.
„Also wird dieser Mikael uns aus allen heraushelfen?“, fragte ich nach, ob ich die ganze Geschichte auch richtig verstanden hatte. „Können wir ihm wirklich vertrauen?“
Irgendwie war ich mir da nicht ganz so sicher, aber wenn ich ehrlich war, vertraute ich niemand außer Elena vollkommen.
„Wir haben eigentlich keine andere Wahl.
Aber Mikael will Klaus tot sehen, das ist sicher, deswegen ja, ich wir können ihn wohl vertrauen“, meinte Elena, aber ein kleiner Zweifel blieb.
In anderen Dingen klang sie viel zuversichtlicher als in diesen.
Es war wohl doch eine schwierige Situation.

„Wir können ihn auch nicht anders töten, uns also auch nicht gegen ihn verteidigen.
Als Urvampir sind die beiden nahezu unsterblich.
Wir könnten sie höchsten kurzzeitig ausschalten und das auch nur, wenn wir sie erwischen würden.
Alles viel zu unsicher.
Außerdem würden wir dann nur noch mehr ihre Wut auf uns schüren.“
Da hatte Elena recht.
Allerdings wollte ich Elijah am liebsten irgendwie schaden, ganz egal wie.
Doch dazu war ich nicht in der Lage und würde es auch nie sein.
Dabei würde ich ihn zu gern schlagen, für manche seiner Kommentare oder wenn er Elena ansah, so wie ich es tat.
„Dann bleiben wir einfach bei deinen Plan.
Es sollte uns aus diesen Schlamassel doch irgendwie herausbringen, nicht?“, fragte ich sie grinsend nach, da ich wollte das diese schlechte Laune und Stimmung nachließ.
Meine Verlobte lächelte zustimmend und nickte leicht.
„Wenn du möchtest dann… dann kannst du mitkommen.
Ich meine das nächste Mal, wenn ich mit Mikael den konkreten Plan für diese Situation ausarbeite“, schlug sie vor.

Etwas fassungslos sah ich sie an, nicht weil ich davon geschockt war, das sie mich so jemand vorstellen wollte, sondern deswegen das sie mir so viel Vertrauen schenkte, um mich bei sowas wichtigem mitzunehmen.
„Ich werde dich sehr gerne begleiten, Elena.
Vielen Dank.
Ich danke dir für das Vertrauen, das du mir schenkst.“
Sanft küsste ich sie deswegen auf die Lippen.
Nur ganz kurz, wie ein leichter Windhauch war die Berührung, doch für mich hörte sich die Welt auf in dieser Zeit zu drehen und als der Kuss vorüber war, drehte sie sich viel zu schnell weiter.
Wie verzaubert sah ich ihr in die Augen.
„Ich will dich nicht verlieren, Damon“, sprach sie aus und ich merkte, dass ihr diese Worte sehr auf dem Herzen lagen.
„Das wirst du nicht.
Niemals“, versicherte ich ihr.
Sie würde mich nie mehr los werden.
Ich konnte gar nicht mehr von ihr abkommen, sie war einfach viel zu wichtig für mich.

Ich musste leicht lachen, als mir etwas bewusst wurde und Elena sah mir fragend in die Augen.
„Weißt du, auf einmal stehen ziemlich viele wichtige Gespräche auf der Tagesordnung bei uns, die schon fast schicksalhafte Auswirkungen haben“, meinte ich amüsiert.
Wenn es am Anfang noch meine einzige Sorge war, ob Elena meine Gefühle erwiderte, so ging es jetzt um unser aller überleben.
„Na, weißt du, eine Beziehung soll sich doch weiterentwickeln.
Aber wenn du etwas Einfacheres haben willst, dann frag ich dich gern wie es dir heute geht“, meinte sie genauso amüsiert wie ich, versuchte jetzt aber ihre Stimme ernst zu halten.
„Nun, im Allgemeinen gesehen geht es mir ziemlich gut.
In mir ist eine große Vorfreude, denn ich werde bald das schönste und beste Mädchen der Welt heiraten, was nicht wirklich jeder von sich behaupten kann.“
Elena kicherte fröhlich und wandte ihren Kopf etwas verlegen zur Seite.
Dafür dass sie ein Vampir war und nicht rot werden konnte, war das eine sehr niedliche Geste, fand ich.
„Auf der anderen Seite ist da immer noch die Bedrohung der Urvampire, wie du sagst.
Aber das erfüllt mich gar nicht mal so mit Angst wie es sollte, sondern eher macht es mich rasend eifersüchtig, das dieser Elijah dich liebt“, gab ich offen zu, aber meine Stimme klang von den Erklärungen her eher sachlich.

Elena nickte verstehend.
Als hätte sie so etwas schon geahnt oder gewusst.
„Was kann ich dagegen nur tun?“, fragte sie sich mehr selbst als mich.
Dann stellte sie sich auf Zehenspitzen und küsste mich auf die Stirn.
Genießerisch schloss ich die Augen und fühlte wie ihre Lippen immer weiter wanderten.
Sachte küsste sie mich über meiner Augenbraue, neben meinem Ohr, auf der anderen Seite dann neben meinem Auge.
Einen weiteren Kuss plazierte sie auf meiner Wange, einen auf meiner Nasenspitze und zum Schluss küsste sie mich auf den Mund.
Das war der Moment in dem ich mich nicht mehr halten konnte.
Ich nahm ihren Kopf und zog sie so nah an mich, wie es mir nur möglich war.
Unsere Lippen verschmolzen miteinander und ich wollte nie mehr von ihr loskommen.
Mein Körper brannte wie Feuer und in meinem Kopf herrschte womöglich ein Vakuum.
Wir ließen unsere Zungen miteinander kämpfen und ich hob sie dabei hoch.
Wir lösten uns erst, als sie den Kampf gewonnen hatte und mich dann mit funkelten Augen keck ansah.
Fröhlich drehte ich mich mit ihr zusammen im Kreis und ließ mich dann mit ihr auf den Waldboden fallen.
Elena lag auf mir, was sicher etwas unschicklich war, doch in diesen kurzen Moment, der nur für uns beide bestimmt war, machte es uns nichts aus und wir achteten nicht weiter darauf.
Sie begann durch meine Haare zu streichen und kraulte mich am Kopf, was sehr angenehm war, weswegen ich wieder die Augen schloss.
„Geht es dir jetzt besser?“, fragte sie ganz ernst nach und ich konnte einfach nur lächeln. „Glaub mir, Elena, mir ging es noch nie besser in meinem Leben.“
Und das war die einzige Wahrheit, die es gerade gab.



Spezial 14: Sonnenschutz




„Der eine wartet, dass die Zeit sich wandelt, der andere packt sie kräftig an und handelt.“ (Dante)




Elenas Sicht:
Es war faszinierend zuzusehen, wie Emily arbeitete.
Aber ich hatte schon immer die Arbeit von Hexen bewundert.
Es war einfach großartig, sie arbeiteten mit der Natur zusammen und brachten so die wundervollsten Dinge zustande.
Katherine war das egal, sie wollte einfach nur dass die Hexen das taten, worum sie diese bat, doch ich fand es ehrlich interessant.
So mit der Natur im Einklang zu sein war einfach nur wünschenswert.
Ich liebte sie und genoss sie oft, doch verbunden fühlte ich mich mit der Natur natürlich nicht, was wahrscheinlich daran lag, das ich tot war und eigentlich eine Abscheulichkeit der Natur.
Ich war von ihr nicht wirklich eingeplant und deswegen akzeptierte sie mich nicht.

Emily aber war als Hexe mit ihr verbunden, auf eine Art die ich leider nie nachfühlen würde, so sehr ich es mir auch wünschte oder es versuchen würde.
Aber ihr zuzusehen war trotzdem toll.
Sie stand da, in mitten der Wiese, um sie verstreut die bunten Blätter, die von den Bäumen gefallen waren.
Es sah aus, als würde sie dazugehören, hinein in all diese Schönheit.
Vor ihr lagen zwei Ringe, direkt in der Sonne und zwar wusste ich was sie tat, doch auf der anderen Seite hatte ich keine Ahnung.
Natürlich kannte ich den Zweck, schließlich hatten meine Schwester und ich sie darum gebeten, doch wirklich wissen tat ich es dann doch nicht.
Schließlich verstand ich nichts von all dem.

Katherine und ich hatten zwei Ringe anfertigen lassen.
Es war besser, als eine Kette oder ein Armband, so konnte man einfach sagen es war ein Familienerbstück.
Natürlich waren es Lapislazuli-Steine, so wie Katherine und ich sie trugen.
Jeder Ring war allerdings noch mit Silber verziert, verschlungen waren die Anfangsbuchstaben der Brüder auf den jeweiligen Ring.
Darunter stand bei beiden „Pro Infinito“.
Ich fand es ganz passend.
Ewig zu leben, unendlich.
Es gehörte zu uns und würde so sein, unsere Zukunft, ihre Zukunft, jetzt mit uns zusammen, mit uns verknüpft.

Ich erwachte aus meinen Gedanken, als Emily aufstand und jeden von uns einen der Ringe überreichte.
Obwohl ich ihn schon oft gesehen hatte, sah ich ihn mir noch einmal genau an.
Damons Ring.
Das Versprechen für seine kommende Unsterblichkeit.
Automatisch fasste ich zu meiner Kette, an meinem Hals.
Elijah hatte sie mir damals geschenkt, ebenfalls aus der Absicht heraus, mit mir die Ewigkeit zu bringen, mir die Unsterblichkeit zu schenken.
Nur hatte er es mir nicht erklärt, nie hatte er etwas zu mir gesagt.
Ich weiß dass jede kleine Veränderung der Geschehnisse alles anders gemacht hätte.
Elijah und ich hätten immer eine Lösung gefunden, wenn wir die Chance gehabt hätten uns auszusprechen.
Wir hätten immer zueinander gefunden.

Jetzt allerdings hatte ich nur noch die Möglichkeit Damon und meine Zukunft zu retten und dafür würde ich alles tun.
Ich wollte keine weiteren vierhundert Jahre unglücklich sein.
Das würde ich nicht verkraften.
Entschlossen umfasste ich den Ring und hoffte damit auch die Zukunft im Griff zu haben, das sie mir nicht noch einmal einfach so entgleiten würde.
„Hast du schon einen Zeitpunkt für seine Verwandlung festgelegt?“, fragte mich Katherine interessiert und ich sah zu ihr herüber.
Ich wusste sie interessierte das Thema ganz besonders, wobei ich ein wenig Angst hatte, auch wenn Damon mir gesagt hatte, das sie unbegründet war.
Ich hatte Angst davor, dass er seine Entscheidung irgendwann bereuen würde, aber er versicherte mir immer wieder aufs Neue, dass das niemals passieren würde.
Trotzdem konnte ich nicht alle Zweifel von mir abschütteln.

„Irgendwann nach der Hochzeit, ein bisschen später.
Ich will nicht dass er dann die ganze Zeit von Blutdurst besessen ist, schließlich muss er erst einmal Kontrolle üben und das wird schwer.
Wir wollten erst einmal ein wenig unsere Zeit zusammen genießen.“
Bei meinem letzten Satz, wurde das Grinsen auf dem Gesicht meiner Schwester immer größer und ein ungutes Gefühl machte sich in mir breit.
Welchen Spruch würde ich jetzt wohl über mich ergehen lassen müssen.
„Genau, genießt erst einmal Tage voller Leidenschaft und Sex.
Wahrscheinlich werdet ihr die ganze Zeit nur nackt sein und alle schmutzigen Fantasien ausleben, die ihr jemals hattet.“

Ich bin eindeutig sicher, wenn ich noch ein Mensch sein würde, wäre ich jetzt hochrot wie eine Tomate angelaufen.
Mir fehlte der Atem von Katherines Ausdrucksweise und ich wusste nichts darauf zu erwidern.
Mein Gesichtsausdruck schien auch Gold wert zu sein, denn kicherte unkontrolliert und beugte sich dabei sogar nach vorn und hielt ihren Bauch.
Oh ja, sicher war das ganz doll witzig.
„Bitte unterlass deine Possen, sie bringen mich nicht zum Lachen, sondern eher dazu dich…“
„Das war keine Posse, Elena.
Ich meine es vollkommen ernst.
Du wirst sicher viel Spaß haben mit Damon und genau auf die Weise, wie ich es eben gesagt hatte.“

Fest presste ich meine Lippen aufeinander.
Dazu wollte ich mich eindeutig nicht mehr äußern.
Es gab Dinge, die ich einfach nicht mit meiner Schwester teilen wollte.
Ich musste zugeben, davon gab es nicht allzu viele, aber auf jedenfall gehörte meine intime Beziehung mit Damon dazu.
Manche Dinge sollten einfach nicht erörtert werden.
Auch wenn ich natürlich einiges über ihre Beziehung mit Stefan wusste.
Mit einem Vampir-Gehör war Unkenntnis etwas sehr unwahrscheinliches, ich hatte mehr mitbekommen, als ich je wissen wollte.
Aber so war das schon immer gewesen.
Vor einem anderen Vampir ließ sich eine Beziehung nur sehr schwer verstecken, ganz zu schweigen von Sex, denn das war einfach zu laut.

Das würde es auch sein, was mich stören würde, wenn es soweit war.
Katherine würde immer wissen, wenn ich etwas mit Damon getan hatte, wenn wir auf diese Weise zusammen wären.
Da sie meine Schwester war und ich sie gut kannte, wusste ich natürlich was deswegen für Spott auf mich zukommen würde.
Wie auch jetzt, würde sie keine Gelegenheit auslassen, mich damit aufzuziehen.
Gerade weil sie wusste, dass es funktionierte und mich dazu brachte im Erdboden zu versinken oder sie schlagen zu wollen.
Das war ein Thema bei dem ich auch nicht kontern konnte.
Einfach weil solche Worte niemals über meine Lippen kommen würden und andererseits, weil es sie auch nicht wirklich treffen würde.
Meine Zukunft würde viel Spott beinhalten.



Kapitel 100: Verlobungsfeier




„Was auch dein Unglück sei, du musst es tragen; Fluch und Trotz ist nutzlos.“ (George Gordon Byron)




Stefans Sicht:
Vater hatte sicherlich jede Person, die irgendwie wichtig in der Stadt war, eingeladen.
Alle aus den Gründerfamilien und jeder der eine wichtige Funktion verkörperte.
Damon und Elena taten mir leid, vom vielen Händeschütteln und Begrüßen.
Das tolle aber war, das ich mit Katherine in dieser Aufregung so gut wie unter gingen, sodass wir genug Zeit für uns hatten.
Mein Bruder und Katherines Zwillingsschwester sahen aber nicht wirklich unglücklich aus.
Eigentlich war sogar das Gegenteil der Fall, die beiden strahlten geradezu.
Musste sicherlich daran liegen, dass sie bald heiraten würden.
Außerdem beglückwünschten sie alle und wenn man verliebt war, konnte das wohl wirklich ein Lob sein.
Zumindest stellte ich es mir so vor.
„Weißt du, eigentlich ist das hier alles gar nicht mal so schlecht.
Es zieht ziemlich viel Aufmerksamkeit auf sich und lenkt von uns ab.
Jeder sieht nur auf die beiden, so dass die Probleme der Stadt fast in den Hintergrund deswegen rücken“, meinte Pearl, die mit ihrer Tochter Annabelle bei uns stand.

Zustimmend erwiderte Katherine: „Zumindest verschiebt sich so alles sehr vorteilhaft.
Wenn wir auch alle auf der Hochzeitsfeier sind, so sind wir diejenigen, die am wenigsten verdächtig sind.“
Irgendwie fühlte ich mich unbehaglich, wenn sie über sowas sprachen.
Bei ihnen war es, als fühlte ich mich schuldig für den Verrat für den ich sie deckte.
Wenn mein Vater und andere darüber, von ihrer Sicht, sprachen, dann war es, als würde ich Katherine verraten, dafür das ich sie nicht gegen sie verteidigte.
Ich wusste nicht wie ich mit dieser Last umgehen sollte, bisher hatte ich mich aber dazu entschieden, sie stumm zu ertragen.
„Viel wichtiger ist, dass Elena gar nicht glücklicher aussehen könnte“, warf Annabelle in das Gespräch dazwischen und automatisch schaute ich zu der Verlobten meines Bruders.
Tatsächlich wirkte Elena gar nicht, von dem umwerfenden Lächeln auf ihrem Gesicht, müde.
Sie war bei Damon untergehakt und immer wieder lächelten die beiden sich verliebt an.
Keiner konnte bei ihnen bezweifeln, dass es sich um eine Hochzeit aus Liebe handelte.

Viele bewunderten Elena für den Ring den sie trug.
Von meinem Vater und Damon wusste ich, dass es der Verlobungsring unserer Mutter gewesen war.
Das Zeichen, das er sie wahrlich geliebt hatte.
Jetzt trug Elena ihn.
„Das stimmt, genauso wie es mein Bruder ist.“
Damon war nie wirklich glücklich gewesen, meist war sein Lächeln nur aufgesetzt gewesen.
Von Vater wurde er entweder nicht beachtet oder für sein Verhalten getadelt.
Doch seit Elena in sein Leben getreten war, sah man dass es ihm gut ging, zumindest sah ich es.
Es war so als würde er erst jetzt anfangen zu leben und das war eigentlich eine traurige Tatsache, meiner Meinung.
„Gut, einigen wir uns einfach darauf, dass diese Verbindung einfach nur vorteilhaft ist, in jeglicher Hinsicht“, schloss Katherine das Thema und bekam von uns allen dafür ihre Zustimmung.

Auf einmal begann sich Katherine zu verkrampfen und ich verfolgte ihren Blick, der zu zwei Männern führte, die herein traten.
Einer davon Elijah, der uns besucht hatte und von dem ich mich fernhalten sollte.
Katherine hatte mir gesagt, das er ein alter gefährlicher Vampir war.
Sie war gerade wie versteinert, obwohl mir ihr Gesichtsausdruck zeigte, dass sie am liebsten mehrerem Meilen von diesem Ort entfernt sein wollte.
Ich sah zu Damon und Elena.
Elena war erstaunt und vorsichtig.
Damon schien Elijah einfach nur mit einem Blick töten zu wollen.

Der Blick des fremden Mannes glitt zu uns hinüber, ziemlich ruckartig und Katherine zuckte deswegen neben mir zusammen.
Sie klammerte sich fest um meinem Arm, als würde sie Angst haben sogleich zusammenzubrechen.
„Wer ist das, Katherine?“, fragte ich nach.
Doch sie antwortete mir nicht und wenn ich ihr ins Gesicht sah, dann bemerkte ich wie entsetzt und voller Furcht sie war.
Ein Gesichtsausdruck, den sie anscheinend nicht wie sonst einfach wieder wegwischen konnte.
Sonst hatte sie sich viel besser unter Kontrolle.
Sogar bei Elijah und sie hatte mir dabei so sehr eingebläut, das er gefährlich war und ich ihm, wenn ich ihn denn begegnete, respektvoll gegenübertreten sollte.
Was konnte an diesem Mann also schlimmer sein, als an Elijah, das sie so außer Kontrolle zu sein schien?
Er sah jünger aus als Elijah und ehrlich gesagt, nicht wirklich beeindruckend oder gefährlich.
Aber Elijah sah auch nicht wirklich wie ein Massenmörder aus.

Da stellte ich mir aber die Frage, wie ein gefährlicher Vampir auszusehen hatte.
Katherine und Elena verkörperten dieses Bild auch nicht wirklich für mich, genauso wenig wie Pearl oder Annabelle.
Vielleicht hatten wir alle einfach ein ganzes falsch von ihnen.
Wir konnten es gar nicht so beurteilen, weil wir keine Ahnung von ihrer Welt hatten.
Wir konnten nicht einfach sagen, dass alle Vampire schlecht waren.
Es bedurfte einer genauen Untersuchung, wie auch bei den Menschen.
Nun, zumindest konnte ich mir sicher sein, das Elijah gefährlich war und auch der Mann, der ihn begleitet.
Katherine war immer noch bleich wie der Tod.
Sie sah wirklich ungesund aus.
Sanft strich ich ihr über den Arm, um sie wieder zurück in diese Welt zu holen, da sie ziemlich abwesend zu sein schien.
„Katherine, geht es dir gut?
Wer ist dieser Mann?“, fragte ich sie eindringlich.

„Klaus“, sagte plötzlich eine Stimme und erschrocken zuckte auch ich zusammen, wie Katherine abermals.
„Mein Name ist Klaus“, stellte sich der fremde Mann nun vor und reichte mir seine Hand.
Ich hatte gar nicht gemerkt, wie er zu uns getreten war.
Seine Schritte waren so geräuschlos gewesen.
Argwöhnisch schaute ich auf seine Hand, dann zu Katherine, die ihn aber nur mit geweiteten Augen angsterfüllt ansah.
Nach einem Moment des Zögerns, ergriff ich seine Hand und schüttelte sie.
Klaus, wie er wohl hieß, sah mir amüsiert in die Augen.
„Ich bin sicher ihr hattet schon die Freude mit meinen Bruder, Elijah.
Hat er euch denn gar nicht informiert, das ich auch vor hatte zu kommen?“, fragte er belustigt nach und klang gespielt auch etwas enttäuscht.
Sein Blick wanderte dabei leicht nach hinten und ich vermied es noch einmal zusammenzucken, da Elijah knapp hinter ihm stand.

Das anschleichen von Vampiren konnte ich wirklich nicht leiden.
„Weißt du, Katerina, als ich von der Anwesenheit hier erfuhr, konnte ich nicht anders als hierher zu reisen.
Ich musste dich einfach sehen“, erklärte er so aufrichtig, das man andernfalls meinen konnte, das er es sagte, als wäre er in sie verliebt.
Er küsste ihre Hand, als wäre er ihr Verehrer.
Sein Blick in seinen Augen bestätigte mir das auch, nur lag noch etwas anderes darin, etwas Gefährliches.
Er war Elijahs Bruder, sicher auch ein Vampir und etwas sagte mir, dass ich mich von ihm fern halten sollte.
Dass es die beste Idee wäre.
„Ich hoffe das mit der Flucht können wir diesmal überspringen, Katerina.“
Katerina.
Er nannte sie immer wieder Katerina, nicht Katherine.
„Sicher weißt du was dir dann blühen wird.“
Sein Blick wanderte dabei zu mir und mein Magen drehte sich automatisch um und am liebsten wollte ich mich übergeben.

Der Trinkspruch meines Vaters zog an mir nur so vorbei und es fiel mir schwer den Champagner hinunterzuschlucken, den man mir in die Hand drückte.
Er brannte nur in meiner Kehle.
Klaus und Katherine sahen sich die ganze Zeit über in die Augen.
Was auch immer hier gerade geschah, wogegen ich kaum protestieren konnten, ich hatte das Gefühl in etwas wirklich großen hineingezogen wurden zu sein.
Etwas gefährlichen, das ich nicht bestimmen konnte.
Ich sah zu Elijah, der sich aber nicht dem Blickduell seines Bruders widmete, sondern zu Damon und Elena sah.
Sein Blick war leidvoll, als sie sich voller Augen küssten.
Pearl hatte recht gehabt, die Aufmerksamkeit lag auf den beiden, aber die eigentlichen Kämpfe fanden im verborgenem statt.



Spezial 15: Verschwommenes Glück




„Der Teufel und das Glück haben gemeinsam, dass beide meist im Detail stecken.“ (Gerhard Matthes)




Damons Sicht:
Erinnerung
„Mama, Mama, sieh mal, er sieht aus wie ein Stern!“, rief ich stolz und zeigte ihr den Keks, den ich geformt hatte.
Ich hatte mir extra Mühe gegeben, damit er auch schön aussah.
Lächelnd sah sie mich an.
„Der ist ja großartig!
Wollen wir aus allen Plätzchen Sterne machen?
Dann werden sie noch schöner aussehen.“
Eifrig nickte ich, was für eine tolle Idee!
„Werden sie dann auch besser schmecken?“, fragte ich neugierig.
Wenn sie schöner aussahen, dann müssten sie doch eigentlich auch viel besser schmecken, oder nicht?
Ich fand das sehr logisch.

Mama lachte ein wenig, nickte dann aber.
„Natürlich werden sie das!
Wir haben uns dann nämlich sehr viel Mühe gegeben und sie mit Liebe gebacken, dann schmecken sie immer besser.“
Das war wirklich klug.
Mama wusste wirklich immer so viele tolle Sachen.
Wir setzten uns an den Tisch und begannen die Plätzchen in eine schöne Form zu bringen, als Sterne sahen sie wirklich viel besser aus.
Dabei beschmierten wir uns mit Mehl, aber das war ganz egal.
Es machte einfach so viel Spaß mit ihr.
Erinnerung Ende

Ich stöhnte bei der Erinnerung und warf mich zurück aufs Bett.
Das war der Grund, warum ich die Küche für so lange gemieden hatte.
Sie erinnerte mich so sehr an meine Mutter, denn mit ihr hatte ich dort Stunden verbracht, doch jetzt konnte ich meist mit Freude an die Zeit zurückdenken.
Ich hatte wundervolle Erinnerungen an meine Mutter, denn sie war eine großartige Frau gewesen.
Sie war immer fröhlich gewesen und hatte alle mit ihren Lächeln angesteckt.
Sie hatte das ganze Haus erhellt, durch ihre Anwesenheit.
In ihrer Gegenwart hatte man einfach nur ausgelassen und glücklich sein könnten, denn sie konnte das Herz von jeden erwärmen.
Besonders das meine und das meines Vaters.

Erinnerung
Es war abends, aber Papa hatte Geburtstag und so durfte ich länger aufbleiben.
Ich saß bei ihm auf den Schoß, während er etwas trank und wir lauschten Mamas Klavierspiel.
Mama konnte wundervoll Klavier spielen, aber auch Harfe.
Es war einfach klasse wie ihre Finger über die Tasten glitten, es sah kinderleicht und verspielt bei ihr aus.
Dabei wusste ich genau, dass es nicht so einfach war, wie es den Anschein machte.
Als das Lied zu Ende waren, klatschten Papa und ich.
Sie wandte sich zu uns um und breitete ihre Arme aus.
„Damon, komm her zu mir, mein Schatz!“, forderte sie mich auf und nur zu gern lief ich zu ihr und warf mich in ihre Arme.

Ich bekam von ihr einen Kuss auf die Wange und dann betrachtete sie mein Gesicht irgendwie sehr genau.
Wenn ich in ihre Augen sah, war es als würde ich in meine eigenen blicken.
Wir hatten dieselbe Augenfarbe.
Ein blau das nicht wirklich normal war, aber meine Mama war zumindest außergewöhnlich, deswegen passte es sehr gut zu ihr.
Sie deutete auf den Platz neben sich.
„Setzt dich zu mir, Damon.
Dann spielen wir deinen Vater was vor, machen wir das?“
Schnell nickte ich und beeilte mich zu ihr zu setzten.
Ich liebte es Klavier zu spielen, besonders mit meiner Mama, auch wenn ich das Gefühl hatte, niemals so gut spielen zu können wie sie.
Erinnerung Ende

Jetzt im Nachhinein wusste ich, warum meine Mutter immer so gut spielen konnte.
Sie hatte mit Leidenschaft und Gefühl gespielt, man hatte ihr das Glück ansehen können und so hatte sie alle bezaubert.
Es war einfach nur eine wahre Freude ihr zuzuhören.
Sie war immer glücklich gewesen und hatte ihr Leben geliebt.
Sie hatte mich und meinen Vater so sehr geliebt und es uns immer wieder gezeigt.
Wir waren eine wirklich glückliche Familie gewesen.
Damals gab es kein Misstrauen, keine Missgunst, keine Vorurteilung.
Aber irgendwann war alles vorbei gewesen.
Das Glück war zu Ende und wurde immer verschwommener.
Damals als mein Bruder geboren wurde, hörte es auf.
Damals als meine Mutter gestorben war, hörte es auf.

Erinnerung
Mama schrie so laut und ich musste deswegen weinen.
Papa und ich durften nicht hinein.
Wir mussten hier draußen warten und es war einfach nur grauenhaft.
Wieso hatte Mama Schmerzen?
Wer tat ihr sowas schreckliches an, das sie so laut schrie?

Irgendwann aber ging die Tür auf und wir durften endlich rein.
Schnell lief ich zu meiner Mama, die im Bett lag und ganz schrecklich aussah.
Sie schien zu schwitzen und ihr war so komisch.
„Mama, was hast du?
Geht es dir nicht gut?
Kann ich etwas für dich tun?“, fragte ich besorgt, denn mir kamen irgendwie die Tränen, wenn ich sie so sah.
Allerdings lächelte sie mich nur an.
Ich krabbelte zu ihr aufs Bett und kniete mich dann neben sie.
Papa kam zu uns und hatte etwas auf dem Arm.
Er übergab das Bündel Mama, die es lächelnd betrachtete.

Sie nahm meine Hand und legte eine minikleine Hand in meine.
Das Bündel war wie eine Puppe, so klein war es.
„Schau mal, Damon.
Das ist dein kleiner Bruder.
Du bist jetzt ein großer Bruder.“
Ich schaute das kleine Bündel an und wusste nicht, was ich von ihm halten sollte.
Schließlich war es sehr böse gewesen.
„Das hat dir weh getan?“, fragte ich und es hatte jetzt schon meinen Unwillen.
Es hatte meiner Mama weh getan, ich mochte es nicht.
„Aber nein, Damon.
Er ist ganz lieb und unschuldig.
Ihr werdet viel Spaß zusammen haben und miteinander spielen.
Du wirst ihn sehr lieben.
Er ist dein kleiner Bruder und du musst immer gut auf ihn aufpassen.
Versprich mir das, Damon, ja?“, bat sie mich und ich nickte einfach nur.
Wenn Mama sich das wünschte, dann würde ich die kleine Puppe lieben und auf sie aufpassen.
Mama und Papa gaben ihn einen Namen, Stefan.
Erinnerung Ende

An diesem Tag starb meine Mutter.
Stefan war an diesem Tag geboren und meine Mutter gestorben.
Meine kindliche Naivität würde es zusammenschmeißen und sagen, das Stefan sie getötet hatte, obwohl ich jetzt natürlich wusste, dass er gar nichts dafür konnte.
Trotzdem.
Meine Mutter starb und Stefan war dafür da.
Wenn er nicht da wäre, dann würde sie noch leben.
Egal wie ungerecht es klang.
Allerdings hatte ich angefangen Stefan zu lieben, wie es meine Mutter sich gewünscht hatte und heute könnte ich nicht mehr entscheiden, wen von beiden ich wählen würde.
Aber damals erschien es mir so ungerecht.



Kapitel 16: Albträume




„Leider wird eine Zunahme von Träumen mit einem wachsenden Potential an Albträumen bezahlt.“ (Sir Peter Ustinov)




Stefans Sicht:
Es war ein schöner Tag, an dem die Sonne noch heller als sonst schien.
Katherine und ich waren allein am See.
Wir badeten im See, liebten uns im Gras, tauschten unser Blut aus und aßen Obst.
Die meiste Zeit waren wir nackt oder in Unterwäsche, aber niemand anderes außer uns, war hier.
Katherine lag auf mir und lächelte mich so an, das einem das Herz nur davon fliegen konnte und ungesund schlug.
Sie strich durch meine Haare und plazierte immer wieder federleichte Küsse auf meinen Körper.
Immer an einer nackten Stelle, die mich erzittern ließ.
Sie schob mein Hemd beiseite und küsste mich am Hals hinter, auf meine Brust.

„Dein Herz schlägt höher, mein Geliebter“, flüsterte sie in mein Ohr.
Wusste sie eigentlich was sie mir und meinem Körper antat?
Aber natürlich wusste sie das.
Sie provozierte es schließlich immer wieder.
„Ich weiß“, wisperte ich zurück.
Laute Geräusche würden zu diesem wundervollen friedlichen Ort überhaupt nicht passen.
„Sag mir, was du für mich fühlst!“, forderte sie mich auf und stützte ihren Kopf auf ihrer Hand am, wobei sie den Ellbogen neben meinem Kopf plazierte.
So konnte ich ihr direkt in ihre wundervollen braunen Augen sehen.
„Ich liebe dich“, sprach ich die einzige Wahrheit aus, die ich noch kannte, die ich in diesem Moment fühlte.
Ich schenkte ihr ein Lächeln, hoffte, dass es bei ihr dasselbe bewirkte, wie ihres bei mir. „Aber das weißt du doch.“

Sie nickte zustimmend.
Sie musste es wissen.
„Ich liebe dich auch“, flüsterte sie gegen meine Lippen.

Von irgendwo erklang ein Klatschen und Katherine sprang hektisch auf und richtet ihr Korsett.
„Und das, kleiner Salvatore, ist eine Lüge.“
Ich stand auf und panisch realisierte ich, wer uns da störte.
Kein Mensch, den Katherine manipulieren und wegschicken konnte, sodass er uns nicht weiter störte.
Die schlimmste bedenkliche Möglichkeit, sie war anwesend.
Klaus.
Ich sah zu Katherine, die genauso unter Schock zu stehen schien, wie ich, wenn nicht noch mehr.

Klaus ließ seinen Blick schweifen, über den See, die Bäume, den Himmel.
„Was für ein netter Ort.
Ein wirklich schöner Ort, um zu sterben, findest du nicht, Katerina?“
Schockiert sah ich ihn an und Katherine trat einen Schritt zurück.
Sie griff nach meiner Hand und ich sah zu ihr nach hinten.
Ich wusste nicht was geschah, aber im nächsten Moment stand Klaus vor ihr, neben mir und sie schrie.
Aus dem Instinkt heraus schrie ich mit und Tränen sammelten sich in meinen Augen, als ich sah, das ein Pfahl in ihrer Brust steckte, aber nicht in ihrem Herzen, sondern in ihrer rechten Brust.
Ich wollte mich zu ihr stürzen, ihr helfen, auch wenn ich nicht wusste wie, doch in dem Moment umschloss eine Hand brutal meine Kehle und ich bekam keine Luft mehr.
Meine Augen flatterten und meine Kehle schnürte sich auf schmerzhafte Weise zu.
Ich erstickte.


Ich schrie und schlug meine Augen auf.
Ich versuchte mich zu orientieren und bemerkte dass ich aufrecht in meinem Bett saß.
Es war stockdunkel und ich beeilte mich aus meinem Bett zu kommen.
Katherine lag diesmal nicht neben mir, weswegen ich zu ihrem Zimmer rannte und ohne zu klopfen eintrat.
Aber auch dort, war ihr Bett leer.
Vielleicht war sie nur auf der Jagd.
Aber mein Herz war noch immer mit Panik gefüllt, weswegen ich nach unten lief, hinaus in die Nacht.
„Katherine!
KATHERINE!“, schrie ich panisch und lief in den Wald hinein.
Wo war sie nur?
Hatte Klaus sie?
Hatte er ihr wirklich etwas angetan.
„STEFAN!“, hörte ich ihre Stimme nach mir rufen und ich lief in die Richtung, aus der ich meinte, dass der Schrei gekommen war.

Ich lief und lief, bis ich plötzlich vor Schock stoppte und nach hinten zu Boden fiel.
Panisch bemerkte ich, dass mein Traum irgendwie mehr als ein schlechtes Omen gewesen war.
Katherine war an einem Baum gefesselt und sie schien starke Schmerzen zu haben.
Tränen liefen ihr über ganzes Gesicht und sie schien schon eine Weile zu weinen.
Es war jeweils ein Pfahl durch ihre Schulter gebohrt, mit denen sie anscheinend an diesem Baum befestigt war.
„Stefan“, weinte sie. „Die Seile sind mit Eisenkraut getränkt.“
Eisenkraut.
Das schächte Vampire, hatte Elena zu mir erwähnt, es beschütze Menschen vor Manipulation.
Katherine hatte gesagt, ich sollte nichts davon trinken, weil es sie schwächen würde, wenn sie dann mein Blut trank.

Ich wollte mich aufrappeln, zu ihr rennen und ihr helfen, doch da wurde ich einmal nach oben gezogen.
„Da ist ja dein kleiner Spielgefährte, der uns anscheinend Gesellschaft leisten möchte.
Ich denke mit ihm mache ich weiter, was meinst du, Katerina?
Bereit für ein wundervolles Bühnenstück?“, hörte ich Klaus Stimme verheißungsvoll flüstern.
Er trat vor mir und reichte mir ein Messer.
„Ich will, dass du dir damit selbst die Arme aufritzt.“
Manipulation.
So wie Katherine es immer tat.
Ich wusste es war falsch, ich wusste ich wollte es nicht, doch ich zog das Messer ohne Widerrede, meinen Arm entlang und schrie mit Katherine im Einklang.


Ich schlug meine Augen auf.
Mein Schrei durchdrang die Stimme und im nächsten Moment sah ich Katherine vor mir, die mich beruhigend lächelnd ansah.
Sie küsste mich auf die Lippen und ich sah mich um.
Ich war auf irgendeiner Wiese.
„Du bist wieder wach.
Jetzt werden wir für immer zusammen sein, Stefan.
Du musst das hier nur trinken“, sagte sie und führte einen Menschen zu mir.
Eine Frau, ich hatte sie schon ein paarmal gesehen, kannte aber nicht ihren Namen.
Das hier?
Sie redete von ihr, wie ein Objekt.
Widerstrebend schüttelte ich den Kopf.

Katherine nahm ein Messer und ritzte damit ihre Hand auf.
Fasziniert beobachtete ich, wie das Blut an ihrer Hand herunter tropfte und mir kam der Gedanke, dass man davon doch nichts verschwenden durfte.
Bevor ich mich versah, stürzte ich mich, auf die wehrlose arme Frau.
Biss erst an ihrem Handgelenk herum, doch ich wollte immer mehr, weswegen ich nach ihrem Kopf griff und meine Zähne in ihre Kehle rammte.
Es war so gut, ich wollte einfach immer mehr, davon haben.
Etwas knackte, doch das war mir egal.
Sie schrie doch nicht.

Irgendwann war da nichts mehr zu holen.
Alles Leckere war weg und ich ließ sie los.
Geschockt bemerkte ich, dass ihr Kopf abgetrennt war und ich kniete mich hin, wollte sie wieder zusammen setzen.
„Nein, nein, nein!“, flüsterte ich panisch.
Ich hörte Katherines Kichern, das mein Herz mit Nadeln traktierte.
„Nun, ich schätze daran sollten wir noch etwas arbeiten.
Keine Sorge, beim nächsten Mal machst du es besser.
Wir haben eine Ewigkeit Zeit für dich zu üben“, versprach sie mir und obwohl ich sie wohl ansah, als wäre sie wahnsinnig oder der Teufel höchstpersönlich, küsste sie mich versöhnlich auf die Lippen.
Aber anders als sonst, bewegt es nichts mehr in mir.
Es linderte meinen Schmerz nicht mehr.


Wieder wachte ich schreiend auf, panisch waren meine Augen geweitet.
Diesmal war ich wieder in meinem Bett.
Aber ich wusste nicht mehr, was Realität war und was nicht, weswegen ich einfach liegen blieb, mein Kopf und das Kissen versteckte.
Alles waren Albträume, zumindest hoffte ich, dass dem so war.
Das nichts davon wahr war.
Ich schloss meine Augen und wollte nichts mehr davon sehn.
Von diesen Monstern, zu denen ich dazugehörte hatte.



Spezial 17: Streit und Versöhnung




„Mögen wir den Schmerz anderer auch verstehen, so trifft er uns nicht immer auf dieselbe Weise, weswegen wir doch feststellen müssen, nichts zu wissen.“ (RoseAkaShi)




Katherines Sicht:
Rückblick
Ich beobachtete Elena, die auf dem Steg saß und auf das weite Meer hinaus sah.
Ich fragte mich worauf sie wartet.
Auf ein Schiff, das kam und sie abholte?
Mitnahm, fort von hier?
Die Antwort war in jedem Fall wohl einfach Elijah.
Besonders das Meer schien es ihr angetan zu haben, sie war dann immer noch melancholischer als sonst und sie ging immer hinaus, bis zum Ende des Stegs.

Elena sah nicht zu mir, als ich zu ihr trat, dabei wusste ich genau, dass sie mich gehört hatte.
„Heute ist unser Geburtstag, Elena“, sagte ich, doch ich bekam nicht einmal eine Antwort.
Sie zeigte mir ihr Gesicht nicht, sie redete nicht mit mir, sie verschloss sich vor mir.
„Zumindest ist es der Tag, an dem wir zu Vampiren wurden.
Es ist jetzt hundert Jahre her“, redete ich weiter, in der Hoffnung ihr irgendetwas zu entlocken, doch anscheinend war heute ein sehr schlechter Tag.
Dabei wollte ich doch nur meine Schwester wieder haben.
„Wir sollten feiern oder glücklich sein.“
Auch wenn wir immer noch verfolgt wurden, und ich machte mir keine Hoffnung, dass das irgendwann aufhören würde, sollten wir doch ein paar Augenblicke nutzen, um glücklich zu sein.
„Mir ist heute nicht danach.
Das ist kein Freudentag für mich.“

Natürlich nicht.
„Das ist es nie“, sprach ich bitter aus, denn Elena war gar nicht mehr glücklich.
Naja, zumindest gab es nur noch wenige Augenblicke, in denen sie lächelte oder lachte.
Ausgelassen war sie eigentlich gar nicht mehr.
Das war frustrierend.
„Bitte, können wir etwas zusammen unternehmen.
Es hilft doch auch nicht, das du die ganze Zeit aufs Meer hinaus siehst“, versuchte ich etwas aufgeregt sie zu bewegen, was mit mir zu unternehmen.
Es musste doch eine Möglichkeit geben.

Elena stand auf und drehte sich zu mir um.
Erschrocken trat ich einen Schritt zurück.
Ihr Gesicht war ausdruckslos, ihre Augen kalt und doch glitzerten die Tränen überall auf ihrem Gesicht.
Es war ein verstörender Anblick.
„Tut mir leid, Katerina, das ich keine amüsante Gesellschaft für dich bin.
Scheint als müsstest du dir eine andere Beschäftigung suchen“, erklärte sie mir kalt und doch sah, wie ihre Lippen bebten und das sie ihre Hände zu Fäusten geballt hatte.
„Glaub mir, ich verstehe deine Gefühle.
Aber…“
„NIEMAND KANN VERSTEHEN WAS ICH FÜR GEFÜHLE HABE!“

Regungslos stand ich da.
Konnte nicht glauben, was ich da gehört hatte.
Dass solche Worte aus den Munde meiner Schwester kamen, es war einfach unglaublich.
Seit langer Zeit, schien es so, als wollte der Schmerz aus meinem Inneren herausplatzen und sich in Tränen der Welt offenbaren.
Elena lief an mir vorbei und ich ließ sie einfach ziehen.
Noch immer war ich von ihren Worten erschlagen und ich konnte kein Gegenargument bringen.

Ich hatte es nicht besser verdient, dass sie mich anschrie und auf mich wütend war.
Es war alles meine Schuld.
Wegen mir war unsere Familie abgeschlachtet wurden wie Vieh, wegen mir waren wir überhaupt nach England gekommen und wegen wir war Elijah jetzt nicht an ihrer Seite, auch wenn sie das nicht wusste.
Niemand konnte bestreiten, dass ich Schuld hatte und doch hatte ich gerade den Zorn meiner Schwester gesehen.
Sie hatte mir gerade gesagt, das ich schuldig war, wenn auch nicht geradeheraus.
Nur hätte ich niemals damit gerechnet, dass es so sehr weh tun würde.
Elena war nicht wütend auf mich, nie, egal was ich tat.
Vielleicht enttäuscht oder sie tadelte mich, aber sie schrie mich nicht voller Zorn an.
Jetzt allerdings hatte sie es getan und ich könnte mich durch nichts schlechter fühlen, kein Schmerz könnte größer sein.

Ich setzte mich auf den Steg.
Dort, wo eben noch Elena gesessen hatte und sah auf das weite Meer hinaus.
Ich wünschte mir, dass es irgendwas gab, durch das ich meinen Fehler ihr gegenüber wieder gut machen konnte.
Den ganzen Tag saß ich dort, rührte mich nicht vom Fleck.
Ich konnte heute nicht glücklich sein, ich konnte nicht glücklich sein, solange meiner Schwester wütend auf mich war.
Mein Glück hing von ihrer Güte ab.


Die Sonne war bereits untergegangen, als ich Schritte hinter mir hörte.
Mein Herz würde schneller schlagen, wäre ich noch ein Mensch.
Sofort stand ich auf und drehte mich zu meiner kleinen Schwester um, die schuldig aussah und mir damit nur noch mehr schmerzen bereitete.
Sie brauchte sich nicht schuldig fühlen, niemals.
Ich war die Sünderin von uns.
„Es tut mir leid, Katerina.“
Sie verwendete meinen richtigen Namen und schüttelte den Kopf.
„Es tut mir so leid.
Das war nicht fair von mir.
Ich hätte das nicht sagen dürfen.
Natürlich verstehst du mich, du hast Klaus ebenso geliebt, wie ich Elijah.
Ich darf meinen Schmerz nicht höher stellen als deinen.“

Ich hörte ihrer Entschuldigung zu und lief zu ihr, nahm sie in die Arme, drückte sie an mich und wünschte mir, dass nichts sie wieder aus meinen Armen reißen würde.
Auch nicht Elijah.
Allerdings war es vielleicht Zeit für mich, sie gehen zu lassen.
Doch ich konnte nicht.
Ich brauchte sie doch so sehr.
„Nein, ich sollte dich trauern lassen.
Ich darf nicht von dir verlangen glücklich zu sein, wenn du Schmerzen hast.
Ich möchte mit dir Spaß haben, aber das ist egoistisch von mir.
Elijah war alles für dich, das ist nun mal etwas, das nicht einfach verschwindet.
Ich werde das akzeptieren.
Wenn du es willst, dann darfst du von mir aus immer um ihn trauern und ich werde an deiner Seite sein und dich dabei unterstützen!“, versprach ich ihr.
Das war das mindeste, was ich tun konnte.

Wir setzten uns auf den Steg.
Ich strich durch Elenas Haare, während sie ihr Gesicht an meiner Schulter vergrub und ich küsste ihre Stirn.
Es tut mir leid, Elena.
Es tut mir so leid.
„Helena?“, fragte ich, bewusst benutzte ich ebenfalls ihren richtigen Namen.
Sie sah nicht auf, nur „Hmm?“ entkam ihr.
„Hasst du mich?
Gibst du mir die Schuld für alles?“
Sag ja, sag nein.
Wenn sie ja sagte, dann… ich würde zerbrechen.
Wess sie nein sagte, dann… würde ich trotzdem schuldig bleiben.

„Nein.“

Lüge.

Ich wusste nicht woher, aber ich wusste dass sie mich anlog.
Nicht bewusst, das würde sie nicht tun.
Aber in ihrem Unterbewusstsein, da würde sie mir nie ganz dafür vergeben können, für die Geschehnisse.
Vielleicht sollte ich sie befreien.
Aus ihrem Elend.
Vielleicht sollte ich ihr die Wahrheit sagen.
Sie könnte zu Elijah gehen, er würde sie zurücknehmen, nur mir würden sie nie vergeben.

„Helena, ich…“, fing ich an, doch konnte ich den Satz nicht zu Ende sprechen.
Ich habe gelogen, dich bewusst manipuliert.
Elijah hat dich wirklich geliebt.

Nur konnte ich das nicht sagen.
Tränen rannten mein Gesicht herab.
Schuld und Schmerz.
Ich würde es ertragen müssen, doch das war noch einen kleinen Tick leichter, als der Gedanke daran sie zu verlieren.
„Ich möchte, dass wir nie wieder streiten.“
Das war eine andere Wahrheit, nicht die Erlösung für sie, aber zumindest nicht noch eine Lüge.
„Das will ich auch nicht, Katerina“, antwortete sie mir und von jetzt an, trauerte ich mit ihr jedes Jahr, an diesem Tag.
Und jedes Jahr, konnte ich sie nicht ziehen lassen, sie nicht glücklich werden lassen.
Rückblick Ende




Spezial 18: Nur ein Spiel



„Es ist nicht so wichtig wer das Spiel beginnt, sondern wer es beendet.“ (John Robert Wooden)



Klaus Sicht:
Mir war ziemlich langweilig.
Es war nicht unbedingt mein Stil, meine Zeit mit sinnlosem Warten zu verplempern, weswegen ich beschloss meiner Lieblingsdoppelgängerin einen Besuch abzustatten.
Sich würde sie sich wahnsinnig freuen.
Es war immer wieder amüsant ihren Gesichtsausdruck zu beobachten, wenn sie merkte, dass ich da war und mit ihr sprach.
Erregung und Angst waren eine starke Kombination, der ich wahrlich nicht abgeneigt war.
Ich musste gar nicht ins Anwesen hineingehen, um sie dort zu finden.
Nein, Katerina machte es viel leichter, in dem sie mit ihren kleinen Spielkameraden draußen herumtollte.
Ich beobachtete sie ein wenig, um zu sehen, was sie machten.
Anscheinend hatte sie jemand gefunden, der auf ihre kindliche Affinität einging oder sie hatte ihn dazu manipuliert mitzumachen.
Zumindest spielten die beiden tatsächlich zusammen, verstecken.
Katerina war diejenige die sich im angrenzenden Wald versteckte und der Salvatore-Junge, Stefan glaub ich, versuchte sie zu finden.
Anders herum wäre es wohl auch nicht ganz fair gewesen.

Katerina versteckte sich hinter einem Baum und beobachtete, wie Stefan erst einmal um das Anwesen und im Garten suchte.
„Du magst dieses Spiel immer noch.
Du hast es auch damals oft mit Helena gespielt“, sagte ich, um auf mich aufmerksam zu machen und tatsächlich hatte ich wieder die gewohnte Wirkung auf sie.
Man konnte meinen, dass ihr der Schweiß von der Stirn tropfte, aber so war es nicht.
Ein Vampir hatte keine solchen äußeren Merkmale der Angst, obwohl das wohl ziemlich amüsant gewesen wäre.
„Was willst du hier, Klaus?“, fragte sie giftig und mein Grinsen verstärkte sich.
„Immer dieses schreckliche Misstrauen.
Ich hab doch gesagt, dass ich dir nicht einfach so schaden würde.
Eigentlich wollte ich nur fragen, ob ich mitspielen kann.“

Tatsächlich klappte Katerina der Mund auf, wegen meiner Aussage, weswegen ich nur noch mehr lachen musste.
Es war einfach so genial.
Sie sah so fassungslos aus, wie ich sie noch nie gesehen hatte.
Man sollte diesen Augenblick in einem Bild festhalten.
„Weißt du, ich mag so ein Versteckspiel und auch Fangen.
Weißt du wieso?“, fragte ich und trat näher zu ihr.
Als ich vor ihr stand, wünschte sie sich wohl nur, von hier weg kommen zu können.
Sie schüttelte den Kopf.
„Nein?“
Schade, dass sie nicht drauf kam.
Ich fand dass es offensichtlich war.

Lächelnd legte ich meine Hand auf ihre Wange und sie zuckte zusammen.
Früher war ihre Wange so schön warm gewesen.
„Es hat etwas mit uns beiden zu tun.“
Sie presste ihre Lippen aufeinander, sah mich erwartungsvoll und mit einer gesunden Mischung Angst an.
„Wir spielen das Spiel doch bereits seit Jahrhunderten.
Du läufst weg und versteckst dich, ich such dich und fang dich.
Jetzt hab ich dich gefunden und ich werde dich nicht mehr gehen lassen“, versprach ich ihr.
Verbissen sah sie mich an und ich fragte mich, ob ihr zum Weinen zu Mute war.
Ein paar vergossene Tränen wären doch was Philosophisches.

„Weißt du, aber in diesem speziellen Fall, da kann es auch so kommen, dass der Jäger zum Gejagten wird.
Was meinst du, Katerina?
Sollen wir das machen?“, fragte ich sie und jetzt schüttelte sie panisch den Kopf.
Sie hatte offensichtlich Angst, um ihren Spielkameraden.
Wie passend zu meinen Worten, hörten wir beide Schritte und kurz darauf erschien Stefan, da wir uns nicht mehr viel Mühe gemacht hatten uns hier zu verbergen.
Er sah geschockt aus, noch mehr als Katerina und dazu kam Herzrasen und Angstschweiß.
Alles was das Herz begehrte.
„Guten Tag, Junge.
Du bist gerade rechtzeitig dazu gekommen, um mit uns die neuen Spielregeln auszuprobieren“, wandte ich mich grinsend an ihn.

Fragend runzelte er die Stirn, doch bevor noch jemand etwas sagen konnte, bewegte ich mich zu dem Jungen, packte ihn an der Kehle und biss hinein.
Ich trank nicht viel Blut, aber ich war unvorsichtig genug, das er eine Menge Schmerzen dabei haben würde.
„NEIN!“, hörte ich Katerina schreien.
Sie war im nächsten Moment bei mir und umklammerte meinen Arm.
„Bitte tu ihm nichts!“, flehte sie mich an und ich ließ den Jungen los, der bewusstlos durch meine Behandlung zu Boden glitt.
Jetzt standen Katerina tatsächlich Tränen in den Augen und sie sah mich bittend an.

Als mein Blick ihre Augen traf, sah sie unterwürfig zu Boden.
„Was bekomm ich dafür?“, fragte ich sie, wollte austesten, wie weit sie wohl gehen würde, um ihren Freund zu retten.
Anscheinend bedeutet er ihr sehr viel.
Eine großartige Schwachstelle, die ich dazu benutzen konnte, ihr immer wieder Schmerzen zuzufügen.
Sie lehnte sich zu mir auf und küsste mich, kostete damit auch das Blut ihres Geliebten, das noch immer an meinen Lippen hing.
Ich packte sie und zog sie näher zu mir, erforschte ihren Mund, der immer noch genauso verboten süß schmeckte, wie zu der Zeit als sie ein Mensch gewesen war.
Mein kleines verräterisches manipulierendes verführerisches Mädchen.

Ihre Tränen waren fast alle verronnen, als wir voneinander abließen und ich wünschte ihr die letzten weg.
Zwar genoss ich diesen Anblick, aber mit stolzen und trotzigen Gesicht gefiel sie mir ebenfalls sehr gut.
„Es scheint als hättest du doch was mit Helena gemeinsam.“
Diese Aufopferungsbereitschaft, ich war von ihr überrascht, so etwas hätte ich an dieser Stelle nur jemand wie Helena zugetraut.
„Es ist nur ein Spiel“, antwortete sie mir und ich lächele sie an.
Ihr trotziges und kämpferisches Gesicht steht ihr gut, ein völliger Gegensatz zu ihrem ängstlichen Selbst, das sie mir noch vor ein paar Minuten so offen gezeigt hatte.
„Verstehe.“

Noch einmal kostete ich ihre Lippen, entfernte von uns, das letzte Blut, das noch von ihrem Spielgefährten an uns klebte.
Katerina erwiderte den Kuss, spielte mit mir mit und es war fast zu schade, dass alles auch ein Ende haben musste.
Ich strich ihr wie damals, ein paar Haarsträhnen hinters Ohr.
„Du bist so hinreißend, wie eh und je, mein Mädchen.
Beim nächsten Mal spielen wir was anderes“, schlug ich ihr halb vor, denn eine Wirkliche Wahl zur Nichtteilnahme würde ich ihr sicher nicht geben.
Ich verschwand von diesem Ort und war ziemlich mit mir zufrieden.
Wir würden in den nächsten Jahrhunderten viel Zeit für lustige Spiele haben.


Spezial 19: Befragung



„Sammle erst die Fakten, dann kannst du sie verdrehen, wie es dir passt.“ (Mark Twain)




Klaus Sicht:
Es war nicht wirklich schwer, sie allein zu erwischen.
Sie streifte mit einem Buch, über den hinteren Feldern, außerhalb des Dorfes, wie sie es schon damals gemacht hatte.
Anscheinend hatte auch sie ihre alten Gewohnheiten nicht abgelegt.
Sie war in jeglicher Hinsicht anders als Katerina, aber auch wie Tatia.
Sie hatte nichts mit ihnen gemeinsam.
Ohne nach vorne blicken zu müssen, las sie das Buch, schien sich dabei auf nichts anderes zu konzentrieren.
Wenn ich mich recht erinnerte, besaß sie diese Fähigkeit bereits als Mensch.

„Ich weiß dass du da bist.
Also sag einfach was du willst!“, forderte sie und blieb stehen.
Sie klappte sogar ihr Buch zu.
Es war erstaunlich das sie mich überhaupt bemerkt hatte und dann auch noch, wo sie sich offensichtlich auf etwas anderes konzentriert hatte.
„Keine Angst?“, fragte ich und zog eine Augenbraue dabei hoch, als ich ein paar Meter von ihr entfernt erschien.
Ihre Schwester hätte Angst, als hätten Angst gehabt, auch Tatia. Sie sowieso, sie war eine sehr ängstliche und zurückhaltende Frau gewesen.
„Du wirst mir nichts tun“, erklärte sie überzeugt und ich fragte mich, woher sie diese Gewissheit nahm.
Natürlich würde ich ihr nichts tun.
Elijah würde versuchen mich umzubringen und ich wollte mich wirklich nicht mit ihm herumschlagen.
Außerdem hatte das hier einen anderen Zweck.

Lächelnd legte ich den Kopf schief und trat einen Schritt auf sie zu.
Hartnäckig erwiderte sie meinen Blick und trat nicht einen Schritt zurück, so wie Katerina es an ihrer statt getan hätte.
Kein Ausweichen, keine Flucht.
Nur Kälte und Stärke.
„Daran glaubst du weil…?“
Ich ließ den Satz offen und hoffte so, dass wir gleich auf das Thema zu sprechen kamen, weswegen ich hier war.
Ich wollte mit ihr nicht länger als nötig diskutieren.
Die Anwesenheit jeder Petrova-Doppelgängerin war an sich eine Qual.
Selbst Katerinas.
Es erinnerte mich zu sehr an das, was ich bereits verloren hatte.

Leicht verdrehte sie die Augen, zum Zweck mich zu verspotten und zeigen, wie genervt sie von meiner Art war.
Sie plazierte ihre Emotionen gut, sie zeigte mir nur das, was ich auch sehen sollte, von ihrer Seite her.
„Das weißt du ganz genau.
Du kannst mir nichts tun, solange Elijah mich liebt.“
Schön, das sie sich so über seine Gefühle im Klaren war.
Dann hatten sie wohl doch schon ihr aufklärendes Gespräch hinter sich.
„Es ist interessant zu erfahren, dass du an seinen Schutz glaubst.“

Damit hatte ich es dann doch geschafft.
Eine nicht beabsichtigte Emotion von ihr hervorzulocken.
Sie war verwirrt.
Aber ich wusste, dass ich bei ihr meine Worte ganz genau wählen musste.
Helena war klug, war sie schon immer gewesen, selbst als Mensch.
Das war einer der Gründe, weswegen mein Bruder sie so verehrte, da sie keines der einfachen hohlen Mädchen war.
„Weil jemand wie du, würde Schutz nicht erwarten ohne weiteres.
Du weißt dass du unter Elijahs Schutz stehst, wegen seiner Gefühle und du vertraust darauf, ohne zu zögern.“
In ihrem Kopf brodelte es wohl, denn sie zeigte mir tatsächlich ein Stirnrunzeln.
„Das würdest du nicht tun, wenn du es nicht zurückgeben würdest.“

Ihr Blick klärte sich sofort.
Sie hatte es verstanden.
„Du würdest diesen Schutz selbst zurückgeben, genauso wie diese Gefühle.“
Der Schock stand ihr ins Gesicht geschrieben, sie konnte es nicht verbergen, was bedeutete, das noch keiner es geschafft hatte sie wirklich zu durchschauen.
In diesem Moment begriff ich, das Helena vielleicht das größte Rätsel von allen war.
Das machte sie wohl gefährlicher als Katerina mit ihren Intrigen und Lügen.
„Du liebst ihn noch.“
Sie versuchte sich eindeutig wieder unter Kontrolle zu bekommen.
Sich vor allem zu verschließen, besonders gerade jetzt vor mir.
„Du hast ihn immer geliebt“, ging ich weiter, wollte ihre Blockade auf keinen Fall zulassen, auch wenn ich das wichtigste Detail bereits bekommen hatte.
Sie liebte meinen Bruder noch, das würde meine Pläne um einiges reibungsloser machen.

„Du irrst!“, sagte sie mit fester Stimme und wenn ich die Wahrheit nicht gewusst hätte, dann hätte ich der Lüge sofort geglaubt.
Mit solcher Überzeugung und Gelassenheit, die sie geschickt vereinte, klang es wie ein Thema, das ihr am Herzen lag und das sie reibungslos ohne Zweifel aussprechen konnte.
„Ich hab ihn nie geliebt und bestimmt liebe ich ihn jetzt auch nicht mehr.
Ich bin wie Katherine.
Wir haben erkannt was ihr wart und dann einfach nur noch mit euch gespielt.
Nichts davon war echt.“
Autsch.
Das würde weh tun, wenn es denn die Wahrheit wäre.
Aber von ihrer vorgetäuschten Aufrichtigkeit, ließ ich mich auf keinen Fall täuschen, das konnte sie getrost vergessen.

Ich ließ ein amüsiertes Lächeln auf meinem Gesicht zu und sah ihr in ihre Augen, die wieder verschlossen für jeden waren.
„Nein, so bist du nicht, Helena.
Du bist nicht wie Katerina und du wirst es auch nie sein.
Du liebst und das mit vollem Herzen.
In allen was du tust, steckst du Leidenschaft und Energie, das sieht man dir bei jeden deiner Handlungsweisen an.
Du besitzt Mitgefühl und auch Mitleid, für jeden.
Du bist ehrlich und aufrichtig und im gleichen Zug eine geschickte Lügnerin.
Ich glaube das wissen die wenigsten von dir, vielleicht sogar keiner, wohl nicht einmal Katerina und Elijah.
Hab ich recht, Helena?“

Ihr Gesicht war wie Stein, keine Regung war mehr darauf zu erkennen.
Sie hatte sich in eine Statur verwandelt, wollte mir wohl nichts mehr preis geben, doch ich hatte bereits alle von mir benötigten Fakten.
Ihr Schauspiel bot ihr keinen Schutz mehr.
„Du hast Elijah angelogen, was deine Gefühle betrifft.
Keine Ahnung in welchen Punkten du noch unehrlich gewesen warst.
Allerdings bist du nicht wie Katerina, was impliziert, das du nicht einfach ohne Grund lügen würdest oder zu einem egoistischen Zweck, der dir ein Vorteil verschafft.
Ich schätze du würdest sowas nur tun, wenn es nicht anders geht, wenn es andere womöglich sogar beschützt oder sie einfach nur nicht verletzt.“

Es war interessant sich mit Helenas Psyche zu befassen, mit ihren Beweggründen.
In dem Punkt war sie wirklich mehr als interessant.
Vielleicht hätte ich das schon viel früher tun sollen.
Sie war so komplex und undurchschaubar, das es einfach nur Spaß machte, wie ein kompliziertes Rätsel.
„Wenn du das glaubst.
Dann bin ich wohl die Gute.
Trotzdem steht meine Entscheidung fest.
Keine Ahnung was du mit deiner Analyse erreichen willst, aber dir ist doch klar, dass ich mich nicht auf deine Spiele einlassen werde.“
Natürlich nicht, dafür war sie viel zu ernst und deswegen war sie auch Elijahs Liebe.
Aus diesem Grund war Katerina viel amüsanter und ihre Anwesenheit angenehmer.
„Ich weiß, dass du keine Spielchen spielst.
Zu schade, aber an das hier wirst du dich auch nicht erinnern.“

Ich stand vor ihr und tatsächlich wollte sie nun doch die Flucht ergreifen, zumindest versuchte sie jetzt meinen Blick auszuweichen.
Alles andere wäre auch nicht angemessen gewesen, angesichts ihrer Intelligenz.
„Du wirst unser Treffen und das Gespräch hier vergessen, wie auch jede Ahnung mich gesehen zu haben“, manipulierte ich sie und beobachtete die Veränderung ihrer Pupillen.
„Ich werde all das vergessen“, bestätigte sie mir mit monotoner Stimme und dann ließ ich sie zurück.
Alle benötigten Fakten waren nun in meiner Hand.
Welchen Plan Katerina auch diesmal hatte, ich würde dagegen auftrumpfen können.


Spezial 20: Aufklärung



„Der Verstand einigt uns und die Wahrheiten trennen uns.“ (Miguel de Unamuno)




Katerinas Sicht:
Rückblick
Empört stand ich auf, denn ich konnte nicht glauben, was er mir da gesagt hatte.
Es war unlogisch, wie eine Gespenstergeschichte, voller Mythen, die ich jetzt einfach so glauben sollte?
Wenn es einfach der Fakt an sich gewesen wäre, das es sich hierbei einfach nur um Ausnutzen oder einen Verrat handelte, vielleicht.
Aber wie sollte ich an diese Dämonen-Geschichte glauben?
Vampire?
Im Ernst?
„Was soll das Trevor?
Was sollen diese Märchen?
Ihr erwartet doch nicht wirklich von mir, dass ich euch sowas glaube?
Es gibt keine Vampire!“

Gabriel hatte uns früher beim Zubettgehen solche Gruselgeschichten erzählt, über Vampire und Werwölfe.
Ich wusste dass sie nur dazu dienten, uns zu erschrecken und uns nachts vor dem rausgehen aufzuhalten.
Nichts davon war wirklich glaubwürdig.
„Es tut mir leid, dass ihr es nicht glauben könnt.
So muss ich es ihnen leider auf diese Weise beweisen, verzeiht“, sagte er und bevor ich nachfragen konnte was er damit meinte, veränderte sich sein Gesicht bereits aufs schrecklichste.
Seine Augen, oh mein Gott, seine Augen!
Sie waren dunkel mit schwarzen Adern unterlaufen.
Sein Kiefer…!
Oh nein!
Da waren… Zähne… so lang wie bei einem Tier.
Ein… ein… „Vampir!“, flüsterte ich erschrocken, schlug die Hand vor meinen Mund und stolperte ein paar Schritte, nach hinten, wo ich an etwas hängen blieb und nach hinten zu Boden stürzte.
Allerdings machte ich nie Bekanntschaft mit dem Untergrund, denn irgendwie war Trevor auf einmal neben mir, fing mich auf.

Ich wollte mich aus seinem Begriff befreien, doch er war viel zu stark.
Doch es schien ihn nicht einmal wirklich Mühe zu kosten, mich festzuhalten.
Entsetzt sah ich ihn in sein Gesicht, doch die dämonischen Anzeichen waren auch wieder verschwunden.
Doch leider konnte ich mir nicht vormachen, dass ich mir das alles nur eingebildet hatte.
„Es gibt Vampire“, stellte ich entsetzt fest und sein Nicken bestätigte mir alles nur noch einmal.
Oh Gott!
Das hieß er hatte recht?
Klaus war ein Vampir?
„Aber wieso?
Ihr sagtet Klaus will mich opfern?
Nur weshalb und weswegen hat er bis jetzt darauf gewartet?“, fragte ich nach, da mir so viele Augenblicke einfielen, in denen er die Gelegenheit gehabt hätte, mich zu töten oder auch zu opfern, doch nie hatte er es getan.
Vielleicht war er ein Vampir, wie Trevor behauptete und vielleicht liebte er mich dennoch.
Sicher hatten auch solche Wesen Gefühle, wieso sonst hätte Trevor mir das alles verraten sollen?

„Es ist noch mehr als dein Opfer nötig.
Er will einen Jahrhundertealten Fluch lösen und ihr seid der Doppelgänger, der dazu geopfert werden soll.
Er hat euch dazu auserwählt.“
Mich?
Wieso mich?
Natürlich war es Helena und mir immer aufgefallen, dass nachdem uns die Männer kurz kennengelernt hatten, sie mich mehr mochten.
Meine Schwester war meist einfach zu zurückhaltend und anständig.
Nie hatte ich gedacht, dass mir diese Bevorzugung irgendwann einmal zum Nachteil gereichen würde.
„Was ist mit Helena?
Was soll mit ihr passieren?“, fragte ich voller Angst.
Hatte auch Elijah einen Fluch, den er mit ihr brechen wollte?
Das war doch alles krank.

Trevors Gesicht verzog sich, anscheinend war es ein schwieriges Thema.
Die Angst schnürte meine Kehle zu.
Was stand meiner Schwester bevor?
Was es auch war, sie hatte es nicht verdient!
Sie war die Gute von uns beiden, sie war nur hier mit mir, in dieser Bredouille, wegen meinem Verschulden.
„Helena gehört zu Elijah.
Er liebt sie und wenn wir einen Menschen solch Gefühle gegenüber bringen, dass wir mit ihm die Ewigkeit verbringen wollen, dann verwandeln wir diesen.
Nach Vampir Rechten gehört sie zu ihm und steht unter seinen Schutz.“

Geschockt sah ich Trevor an.
Ich wusste nicht, ob das noch schlimmer war, denn es zeigte mir, dass ich sie verlieren würde, an diesen Mann.
Seine Worte sickerten in mich hinein.
Er erzählte mir von dem Fluch, den benötigten „Zutaten“, den Mondstein.
Auch von Vampiren, ihre Stärken und Schwächen, wie man sie töten konnte, nur dass das bei Klaus und Elijah keine Wirkung haben würde, da sie zu alt waren.
Doch dann dachte ich an Klaus, an sein Lächeln und wie gut er zu mir gewesen war.
Was, wenn Trevor mich nur weglocken wollte?
Er glaubte mich zu lieben, was wenn er mich Klaus nur entreißen wollte?
Das mit den Fluch klang so irrwitzig, so theatralisch, das konnte doch nicht wirklich stimmen, vor allem, da ich wusste, das Klaus und Elijah sich sehr wohl im Sonnenlicht bewegen konnte.
Vielleicht bedeutete das, das sie gar keine Vampire waren, das einzig Trevor der gefährliche war?
Alles konnte möglich sein.
Mit der Zeit hatte ich gelernt, einzig dem Wort meiner Zwillingsschwester zu vertrauen, auf alles andere in der Welt war kein Verlass.

Entschlossen stand ich auf.
„Ich kann das nicht glauben, Trevor.
Nicht einfach so.
Ich werde mit Klaus sprechen“, sagte ich entschlossen.
Klaus liebte mich, so wie ich auch ihn.
Jeder Mann liebte mich, auch er. Er hatte sich immer wieder Zeit für mich genommen, wie wenig er auch davon hatte.
Er hatte mich geküsst, mehrmals, aber nicht mit mir geschlafen.
Das war ein gutes Zeichen, dessen war sich auch Helena sicher, zumindest hatte sie mir so etwas früher immer gesagt.
Trevor hielt mich am Handgelenk fest und umklammerte es so stark, dass es schmerzte.
„Geht nicht, Katerina!
Er wird euch nicht mehr gehen lassen.
Dann wird es keine Chance zur Flucht mehr für euch geben.“

Ich riss mich von ihm los und zu meiner erstaunen, hielt er mich diesmal nicht auf.
Sein Blick wanderte nur traurig zu Boden.
„Ich werde diese Chance nicht benötigen, wenn das alles nicht wahr ist.
Ich will wissen was die Wahrheit ist, erst dann werde ich mich entscheiden!“
Mein Entschluss stand fest und er würde mich sicher nicht aufhalten können.
Wenn ich nicht an Klaus Liebe glaubte, dann würde ich verlieren.
Ich hatte Mika einmal verloren, nicht noch einmal wollte ich diesen Schmerz spüren.
Ich raffte meinen Rock und ging entschlossen Richtung Burg zurück, um zu erfahren, dass ich keine Angst haben brauchte.
„Vielleicht habt ihr diese Möglichkeit dann nicht mehr“, hörte ich Trevor noch und ich schloss die Augen, ignorierte seine Worte.

Doch meine blinde Liebe sollte ich bald bereuen, als ich Elijah folgte und von weitem das Gespräch belauschte, das mich vollkommen einfror.
Das mich erfahren ließ, dass ich eine einfache Schachfigur war und das Elijah nur Helena wichtig war.
Mein Leben schien für jeden vollkommen bedeutungslos zu sein und ich verkniff meine Tränen und jegliche Emotion, aus Angst auf mich Aufmerksam zu machen.
Aber jetzt wusste ich es, dass ich einen Plan brauchte, um Helena und mich aus dieser Situation zu befreien, damit wir beide leben konnten.
Vielleicht sogar für immer.
Rückblick Ende


Spezial 21: Für einen Augenblick


„Zwischen zu früh und zu spät liegt immer nur ein Augenblick.“ (Franz Werfel)




Elijahs Sicht:
Rückblick
Ich hatte mir eine Kutsche bestellt, die nach Italien fuhr, denn bis dorthin zu laufen, war doch etwas schwieriger.
Hier in Wien hatte ich eine Zwischenstation einlegen müssen, aber es sollte so schnell wie möglich weitergehen.
Neue Quellen hatten mir berichtet, dass in Italien Vampir-Zwillinge finden würde, die dort schon eine Weile umherzogen.
Es gab immer wieder solche Nachrichten und ich war mir ziemlich sicher, dass sie auch eigentlich immer korrekt waren, nur schien es so zu sein, das sie immer schneller waren und weg waren, bevor ich den Ort fand.
Meist erinnerten sich die Leute an sie, gaben die genausten Beschreibungen von ihnen wieder, dass ich glaubte, sie vor mir zu sehen.
Klaus hatte eine Zeichnung von den beiden gemacht, mit der ich immer wieder nachfragte.
Auch hatte ich immer wieder das Porträt von Helena dabei.
Es gelang mir nur nicht, sie zu fangen.

Es war auch nicht klar, ob sie noch in Italien sein würden oder schon weitergereist waren, besonders wenn es jetzt bereits hieß, das sie dort schon eine Weile unterwegs waren.
Man konnte in einem Land zwar sehr lange, an verschiedenen Stellen bleiben, doch für sie, wo sie wussten verfolgt zu werden, war das doch zu riskant.
Doch ich ging einfach jeder Spur, die ich fand, nach.
Sie liefen weg und ich folgte ihnen, so war es jetzt bereits seit zweihunderteinundneunzig Jahren.
Ich zählte jedes Jahre, eigentlich sogar jeden Tag und ich war überrascht, dass es immer wieder aufs Neue weh tat.
Ein Schmerz der anscheinend niemals losließ, er saß wohl einfach viel zu tief.
Und mit diesem Schmerz, kam die dazugehörige Wut.
Dennoch versuchte ich sie im Zaum zu halten, damit ich mich besser kontrollieren konnte und mich zu keinen überstürzten Handlungen hinreißen ließ.

Auf einer Karte, die ich angelegt hatte, trug ich, die vermuteten Orte ein, wo sie wohl gewesen waren, später markierte ich, ob es wahr war oder bei der Vermutung blieb.
Die beiden hatten bereits eine große Strecke zurück gelegt, eine wirklich beachtliche und sie zeigten auch, das sie guten Geschmack hatten.
Dabei sagte mir eine Stimme hinten in meinem Kopf, dass ich all diese Plätze am liebsten zusammen mit Helena erforscht hätte.
Immer wieder drang diese Gedanken zu mir, wie schön die Zeit mit ihr gewesen war, wie sehr ich sie geliebt hatte und wie eine mögliche Zukunft aussehen könnte.
Anscheinend hatten meine Gefühle und mein Unterbewusstsein immer noch nicht vollkommen begriffen, dass sie mich verraten hatte und dass ich sie für all das, mit jeder Faser in meinem Leib hassen sollte.

Ich schob die Gedanken beiseite und markierte die Punkte, an denen sie in Italien gewesen sein sollten.
Catania, Palermo, Messina, Bari, Neapel, Rom, Florenz, Bologna, Pisa Genua, Padua, Venedig, Verona, Mailand und Turin
Sie waren auch an abgelegenen Orten gewesen, aber zumindest dort waren sie von anderen magischen Wesen gesehen wurden.
Menschen zählten nur selten als Quellen, meist eher im Nachhinein.
Hexen behielten uns Vampire immer sehr genau im Auge und Klaus und ich hatten überall unsere Informanten.
Nur zwei Städte von dieser Liste waren wirklich jetzt bereits bestätigt und sicher.
Einmal Padua, wo Helena unter dem Namen Heliane Piscopia studierte und einen Doktortitel in Literatur bekam.
Sie gab sich als Nachfahrin von Elena Lucrezia Cornaro Piscopia aus, der ersten Frau, der jemals ein Doktortitel verliehen wurde, allerdings würde es mich nicht wundern, wenn die beiden ein und dieselbe Person wären.

Ich hatte herausgefunden, dass sowohl Katerina und Helena öfters die Plätze in Leben einer Frau in ihrem Alter einnahmen, wenn sie ähnliche Namen hatten wie sie und auch vom Äußeren her, ähnlich aussagen.
Von Heliane hatte ich ein Schriftstück bekommen, das ein Vampir, der dort auch studiert hatte, gefunden hatte.
Es war Helenas Handschrift, deswegen bestand für mich darin kein Zweifel.
Außerdem traute ich es ihr durchaus zu, das sie studierte und sich die Mühe machte einen Doktortitel zu erwerben.
Es passte ganz einfach zu ihr.
Ich glaubte sie noch immer zu kennen, denn die Spuren die sie hinterließ, deuteten darauf hin.

In Florenz gab es eine Caterina Pellicano, die ihre beiden Geliebten, Zwillinge, getötet haben sollte.
Auffällig dabei war, dass dieses Gerücht erst durch die ganze Stadt ging, es dann aber nicht einmal eine Festnahme gab.
Allerdings sollte Caterina Pellicano mit ihrer Zwillingsschwester Eleonore bei der Familie Rotolo unter gekommen sein.
Die Zwillingsschwestern, die wahrscheinlich echten, starben bei einem Überfall bei einem Umzug von Rom nach Florenz.
Zu viel Zufall meiner Meinung nach und genau auf solche Berichte hatte ich es angelegt.
Man fand sowas überall, das waren Tricks, die wir alle Vampire benutzen und die beiden waren besonders raffiniert dabei.
Das machte es so schwer, sie zu erwischen.
Doch wie alle, hinterließen auch sie dennoch Spuren, wenn auch nur selten.

Wenn sie sich in Großstädten und unter Menschen begaben, dann kamen sie auch gar nicht darum.
Sowas war einfach unmöglich.
Katerina zeichnete sich vor allem durch ihre Affären aus.
Öfters hatte ich schon gehört, dass sie von irgendwem die Mätresse war, selbst bei berühmten Persönlichkeiten.
Unbedeutende Menschen schienen oft durch ihre Hand zu sterben.
Von Helena fand ich Nachweise, dass sie etwas geschrieben hatte, etwas veröffentlicht unter einem Pseudonym, doch ich kannte ihre Handschrift und mittlerweile auch ihren Schreibstil und die Signatur zu genau, um dies zu bemerken.
Sie studierte auch oft, was zu dem belesenen Mädchen, das ich in Erinnerung hatte, passte.
Viele kleine Spuren, die ich in all der Zeit gesammelt hatte und doch kam ich ihnen nicht rechtzeitig hinterher, da man sowas immer erst im Nachhinein erfuhr.

Die Straßen waren voll, überall Gedränge.
Wien allerdings war eine große und beliebte Stadt, sodass es nicht verwunderlich war, das so viele Menschen auf den Straßen waren.
Dennoch konnte es lästig und hinderlich sein.
Meine Kutsche stand bereit, weswegen ich die Karte zu meinen anderen Sachen verstaute und diese aufladen ließ.
Mein Blick schweifte durch die Massen, beobachtete die Menschen in ihrer kleinen eingeschränkten Welt, unwissend, was es alles auf der Welt gab.
Die Umarmungen, die Streitereien, die Liebe.
Am meisten hasste ich die Liebe, obwohl ich doch sonst anderen immer ihr Glück gönnte.
Doch solche Gesten erinnerten mich immer an etwas, das ich nicht hatte, das ich aber verzweifelt suchte, auch wenn ich es wohl nur zerstören oder bestrafen wollte.
Ich stutzte, denn da war etwas, das mein Herz schlagen ließ, unregelmäßig und mich völlig aus der Fassung brachte, wie ein gewöhnlicher Mensch.

Für einen Augenblick glaubte ich sie zu sehen und ich hätte nur rufen müssen. Doch ich hatte Angst vor dem was ich tun würde.

Ich war mir nicht sicher und dann war der Augenblick vorbei, als mich der Fahrer erinnerte aufzusteigen.
Noch einmal sah ich mich um, aber das was ich suchte, war nicht da.
Rückblick Ende


Spezial 22: Für einen Moment



„Einem kurzen Moment haftet immer etwas Zweideutiges an. Die Ewigkeit und die Gegenwart. Ein zögern kann fatal sein und wir werden nie wissen, welche Folgen es gehabt hätte, wenn wir uns nur getraut hätten.“ (RoseAkaShi)




Elenas Sicht:
Rückblick
Präsentierend hob Katherine eine Flasche an, mit einer hellbraunen Flüssigkeit darin.
Zweifellos Alkohol, was sonst?
„Brandy, abgefüllt in einem hervorragenden Jahr.
Willst du raten welches Jahr?“, fragte sie und ihr Grinsen verriet mir, das sie irgendwas vor hatte und sich wahnsinnig darauf freute.
„Keine Ahnung, aber du wirst es mir sicherlich gleich sagen“, meinte ich vollkommen überzeugt.
Katherine liebte es, anderen Menschen Dinge unter die Nase zu reiben, von denen sie keine Ahnung gehabt hatten.
„Aus diesem Jahr und du musst mir zustimmen, es war ein wundervolles Jahr.
Nicht nur für uns, sondern für die ganze Welt.
Später wird auf dieses Jahr zurückblicken und sagen: „Ja, 1783 war ein hervorragendes Jahr, wenn ich irgendwohin zurück in die Zeit könnte, dann wäre es dieses Jahr.“
Elena, man wird darauf zurückblicken und sich wünschen man hätte eine Erinnerung davon.
Die haben wir.
Ich halte hiermit die Erinnerungen fest, sie werden für uns repräsentiert…“ „Durch eine Flasche Alkohol“, beendete ich unbeeindruckt ihren Vortrag.

Katherine legte ihren Kopf etwas zur Seite und sah mich strafend an, böse das ich ihre wichtige Rede wohl nicht zu würdigen wusste.
„Nein, Elena.
Wir werden irgendwann von all unseren Lasten befreit sein.
Wenn all das hier vorbei ist, dann sehen wir zurück auf ein wundervolles Jahr, wie dieses Jahr beispielsweise und dann stoßen wir darauf an.“
Katherines Gedanken waren meist etwas eigenartig, oft ziemlich oberflächlich, aber manchmal hatte sie tatsächlich sehr gute Einfälle, auch wenn sie sich um dessen Bedeutung vielleicht selbst nicht ganz bewusst war.
Dennoch hatte diese Idee tatsächlich was für sich.
„Also heben wir diesen Brandy auf und trinken ihn wann?
In hundert Jahren… dreihundert?“, fragte ich, um sie noch ein wenig weiter zu ärgern.
Das dümmste war es, Katherine zu loben für ihre Einfälle, denn das würde ihrem Ego einfach viel zu gut tun.
„Wer weiß?
Wir haben doch alle Zeit der Welt.
Keine Eile um nichts.
Vielleicht feiern wir irgendwann unseren Sieg über Klaus.“

Hatte sie heute ihre optimistische Ader?
Wir hatten noch nicht mal Jahrestag unserer Verwandlung oder unserer Geburt oder etwas ähnlich zu feierndes.
„Ja, ich schätzte indem wir immer weglaufen schaffen wir es tatsächlich ihn irgendwann zu besiegen.
Weil es könnte sein, das er sich den Fuß bei seiner hektischen Verfolgung bricht.
Dann laufen all die anderen Menschen über ihn drüber und er wird einfach platzgetreten“, berichtete ich sarkastisch meine Idee.
Diesmal kniff Katherine die Augen zusammen und ihr Blick schien mich töten zu wollen.
Hatten wir heute vertauschte Rollen?
„Sehr theatralisch, Elena.
Aber nein.
Es könnte doch sein, das wir irgendwann mal etwas finden und dann unseren Sieg feiern.
Man weiß ja nie“, meinte sie und zuckte mit den Schultern.

Schweigend beobachtete ich sie, wie sie den Brandy weg zu unseren Sachen tat und dann ging, um eine Kutsche zu bestellen.
Unser Italienaufenthalt war vorbei.
Wir hatten sehr viel von dem Land gesehen und es war Zeit für uns weiterzureisen, damit wir nicht irgendwann erwischt wurden.
Diesmal wollten wir nach Griechenland.
Dafür hatte ich die letzten Jahre extra die Sprache gelernt, während Katherine das mehr oder minder hatte schleifen lassen, um sich lieber zu amüsieren.
Als Zwischenaufenthalt hatten wir Wien gewählt.
Wir hatten zwei Monate hier verbracht, die Zeit genossen und ein paar Bälle besucht.
Ich musste zugeben, dass es mir hier wirklich gefallen hatte.
Wir hatten am 23. März im Wiener Burgtheater ein Konzert beigewohnt, das mir sehr gefallen hatte und ich hatte Mozart persönlich kennengelernt, dessen Musik zurzeit das schönste war, das ich kannte.
Viele seiner Stücke versuchte ich nachzuspielen, soweit es mir gelang, denn ich war gerade dabei Klavier zu lernen.
Die Bekanntschaft mit Kaiser Joseph dem Zweiten hatte mich dagegen weniger interessiert, dafür aber umso mehr Katherine.
Sie hatte mehr Interesse an Macht, als an Kultur.

Ich sah mich um, beobachtete die verschiedensten Menschen.
Wenn ich wollte, konnte ich jedes Gespräch belauschen, wenn ich mich nur ein wenig konzentrieren würde.
Mein Blick fiel zu einem Mann, der über eine Karte gebeugt war.
Hätte ich etwas in der Hand gehabt, dann wäre es mir jetzt heruntergefallen, denn ich erkannte die Gesichtszüge ganz genau.
Elijah!
Er war hier.
Da war er.
Die Liebe meiner Ewigkeit war nur ein Stück weit von mir entfernt und ich könnte zu ihm.
Ohne wirklich mein Gehirn einzuschalten und darauf zu achten, was ich tat, ging ich auf ihn zu, kam ihn immer näher und wir waren nur noch ein paar Schritte voneinander entfernt.

Ich streckte meine Hand zu ihm aus, öffnete meinen Mund, aber kein Wort kam über meine Lippen.
Da war nichts.
Die Furcht ergriff mich, fesselte mich und machte mich bewegungsunfähig.
Ich dachte an unsere schönen Zeiten und daran, dass alles nicht echt gewesen war, dass ich mich daran nicht festhalten durfte.
Als er begann die Karte zusammenzuklappen, drehte ich mich sofort wieder um und verschwand zurück in die Menge.
Versteckte mich in ihr.
Tauchte unter.
Tränen liefen mir auf einmal übers Gesicht und mein Herz fühlte sich noch viel schwerer an, als es sonst immer der Fall gewesen war.

Es war als fühlte ich seinen Blick und mein Herz schlug wahrscheinlich schnell, obwohl es das gar nicht mehr sollte.
Dennoch hörte es einfach nicht auf und dann vergas ich kurz meine Zweifel und drehte mich um.
Sein Blick glitt gerade wieder woanders hin und ich ging zurück.
Nur ein Stück, um näher bei ihm zu sein.
Es war verrückt, dennoch konnte ich nicht wegsehen und ich streckte erneut meine Hand aus.

Für einen Moment waren wir uns so nah und du hättest dich nur umdrehen müssen. Doch ich hatte Angst dich auf mich Aufmerksam zu machen.

Dann stieg er auf die Kutsche und fuhr davon.
Ich blieb hier stehen und ich fragte mich, wann wir uns das letzte Mal so nahe gewesen waren.
Irgendwann 1492.
Eine ganze Weile war das her.
„Oh, Elena.
Es tut mir so leid“, hörte ich die Stimme meiner Schwester und erschrocken drehte ich mich um.
Aber als ich die Zeitung in ihrer Hand sah, wusste ich, dass es dabei nicht um Elijah ging.
Schnell entfernte ich die Tränen aus meinem Gesicht und konzentrierte mich auf sie.
„Wieso?“, fragte ich ahnungslos.
Was stand schlimmes in der Zeitung, das mich so sehr schocken würde?
„Dieser Dichter, den du so mochtest, Gottfried Wilhelm Fink, er ist gestorben, am achten März“, erzählte sie mir und ich nahm ihr die Zeitung aus der Hand.

In der Tat.
Er war tot.
Es war immer wieder schade, wenn große Künstler, Musiker und Schriftsteller starben.
Ihre großartigen Werke waren somit auch beendet.
Ich verdrängte alle Gedanken daran und auch an Elijah und konzentrierte mich auf die Zeitung, versuchte darin etwas zu finden, das mich ablenkte.
Ich hatte Glück.
„Die Uraufführung von Nathan der Weise findet in Berlin statt, zwei Jahre nach Lessings Tod.
Die würde ich zu gern sehen“, schwärmte ich, denn Lessings Werke waren erstklassig.
„Das können wir!“, meinte Katherine überzeugt.
Fragend sah ich meine Zwillingsschwester an.
„Ich meine, was hält uns davon ab, einen Kurztripp nach Berlin zu machen.
Doch nicht etwa unser Reiseziel Griechenland?
Die Ruinen, die wir in Athen und überall anders besichtigen wollten, werden auch immer noch in ein paar Monaten da sein.
Nichts ist gegen eine Oper einzuwenden!“

Meine Schwester war wirklich manchmal unübertrefflich.
Verstehe, sie wollte mich damit aufheitern.
Ich ließ die Zeitung sinken.
„Das ist ein Schauspiel, ein Theaterstück, findet auch in einem solchen Theaterhaus statt“, verbesserte ich sie und ihre Gesichtszüge entglitten in der Tat kurz.
Beruhigend lächelnd sah ich sie an.
„Vielen Dank.
Ich würde gern dorthin und es mir ansehen“, erklärte ich freundlich und ich Gesicht hellte sich sofort auf.
Fröhlich breitete sie die Arme aus.
„Also dann, fahren wir nach Berlin!“
Sie schien regelrecht begeistert zu sein und ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen.
Es war wirklich nett von ihr, dass sie das wegen mir auf sich nahm.
Ich schaute in die Richtung, in der Elijahs Kutsche verschwunden war.
Ich musste einfach in eine andere Richtung gehen, unsere Momente waren vorbei und unsere Wege gingen von nun an getrennt.
Rückblick Ende


Spezial 23: Vorgeschmack


„Welches Flüstern?“ „Das mir sagt, ich wäre am erfolgreichsten, wenn ich direkt auf die Wirbelsäule ziele. Auf den 4. Lendenwirbel. Da treffe ich die Hauptschlagader. Blut schmeckt metallisch, nach Kupfer, aber wenn man es mit Pfefferminzlikör vermischt, verschwindet dieser...“ „Wollen Sie mich mit der Wahrheit schocken?“ (Pitch Black)



Damons Sicht:
Es war immer wieder aufs Neue merkwürdig, wenn Elenas Blut meine Kehle herunter lief.
Ich wollte das, vor allem, da ich so sein wollte wie sie.
Lieber früher als später.
Dennoch fragte ich mich, wie das Gefühl war, nichts anderes mehr zu wollen, nur noch danach zu hungern.
Was für ein Gefühl war es, wenn es mir schmeckte?
Welchen Geschmack hatte es?
Immer öfter kreisten meine Gedanken jetzt um meine bevorstehende Verwandlung, um das Leben, was ich dann führen würde.

Elena sah mich besorgt an.
Es schien mir manchmal so, dass sie immer noch darauf wartete, dass ich schreiend vor ihr davon laufen würde.
Aber das würde niemals passieren.
Nichts was sie mir sagte, konnte mich davon abhalten, sie zu lieben und meinen Wunsch schmähen für immer bei ihr zu bleiben.
Ohne sie machte mein Leben kein Sinn.
Es war als war mein Schicksal daran gekettet ein Vampir zu werden, denn nur noch das ergab für mich einen Sinn.
Etwas anderes kam für mich nicht mehr in Frage.

Meine Frau strich mir durch die Haare, legte ihren Kopf schief und sah mich einfach an.
Zu gern wüsste ich einmal mehr, was sie gerade in diesem Moment dachte.
„Mir geht es gut, Elena.
Wirklich.
Ich frag mich nur, wie es schmecken wird, wenn ich ein Vampir bin“, verriet ich ihr meine Gedanken und dachte über die kommende Sucht nach, in die ich freiwillig verfallen würde.
Eigentlich tat man sowas nicht, versuchte davon wegzukommen, doch ich würde es umarmen, entschied mich bewusst mit diesem Nachteil zu leben.
„Es ist mit nichts vergleichbar, dass du kennst.
Keine Geschmacksrichtung könnte das beschreiben.
Du weißt nur dass du es willst, um jeden Preis und kein Gefühl hält dich davon ab.
Jede Faser in dir drängt dich dazu es zu trinken und es ist dir das kostbarste und leckerste was du kennst.
Nichts wirst du lieber mögen, es wie eine magische Anziehungskraft und der Geschmack ist ein Gefühl, gegen das du ankämpfen musst, damit es dich nicht leitet und korrumpiert.“

Ich sah ihr in die Augen, versuchte die Erklärung zu verstehen, doch vielleicht würde ich das große Ausmaß des ganzen erst dann erkennen, wenn ich es selbst schmeckte, spürte, fühlte.
„Verwandle mich, Elena!
Jetzt!
Bitte, ich weiß ich bin bereit“, erklärte ich überzeugt, denn ich wusste, dass ich das alles niemals bereuen würde.
Aber sie schüttelte hartnäckig den Kopf.
„Nicht nachdem wir ein Gespräch über Blut geführt haben.“
Gleich noch einmal schüttelte sie den Kopf.
„Nein.
Verstehst du denn nicht, das viele es als einen Fluch betrachten, Menschen das zu nehmen, was sie am Leben hält?“, fragte sie mich.
Betrachtete sie es so?
Als Fluch?
„Aber ich dachte es sei nicht nötig, dabei Menschen zu töten?
Wir können sie doch manipulieren?“
Das hatte sie mir selbst gesagt, dass man nicht dazu verpflichtet war andere zu töten.

Doch Elenas Nicken fiel nur sehr zögernd aus, sehr schwach.
„Das stimmt.
Du musst nicht, es nicht nötig.
Aber Kontrolle wird nicht gegeben sein.
Obwohl ich am Anfang keinen getötet hatte, gab es doch Augenblicke an denen ich es nicht schaffte und Menschen tötete.
Ich konnte nicht aufhören zu trinken.
Sie waren verletzt und meine Beherrschung verlor sich vollständig“, beichtete sie mir und ich konnte es kaum glauben.
Das Mädchen von dem ich dachte, das ihr nie einen Fehler passieren würde, sagte mir gerade, das sie es nicht geschafft hatte.
Sie übertrieb nicht, es würde schwer werden.
„Ich werde versuchen auf dich aufzupassen, damit dir das nicht passiert, aber ich kann nichts garantieren.
Es wird schwer werden.
Und ehrlich gesagt, du wirst nicht darum herum kommen.
Ich bin davon überzeugt, das auch bei dir der Tag kommen wird, an dem du versagst, indem du einen Menschen tötest.“

Mich traf die Erkenntnis und durchzog mich sofort, ließ mich erstarren.
Ich würde ein Mörder werden und Elena glaubte nicht, dass ich es schaffen würde.
Wahrscheinlich weil es keiner schaffte, auch nicht sie.
Irgendwann würde man töten.
Ich würde jemand töten.
Natürlich hatte ich es im Krieg schon getan, aber das war einfach kein Vergleich mit dem was kommen würde.
Wahrscheinlich würde ich einem anderen Menschen die Kehle aufreißen und all sein Blut trinken, obwohl ich dann natürlich selbst gar kein Mensch mehr wäre.
Aber jetzt war ich es und zum ersten Mal ergriff mich mein Gewissen.
Ich würde grausame, unvorstellbare Dinge tun, die nicht zu verzeihen waren, wenn man genauer darüber nachdachte.
Ganz besonders deswegen, weil ich freiwillig diesen Weg bestreiten wollte.
Ich wollte ein Vampir werden, ich wollte es so sehr, immer noch.
Dann endlich konnte ich für immer bei Elena bleiben, war zumindest annähernd so stark wie sie und konnte zumindest versuchen sie zu beschützen.

Als Mensch kam ich mir ihr gegenüber so schwach und unbedeutend vor.
Ihrer nicht würdig.
Ich wollte ein Vampir werden, ein Monster, wie viele sie nannten, umso zu sein wie sie, um neben ihr stehen zu können, um sie zu verdienen.
Elena war stark und unsterblich, ich wollte genauso sein wie sie.
„Das werde ich wohl, aber das ändert nichts an meiner Entscheidung, Elena.
Ich will genauso sein wie du und ich will für immer bei dir sein.
Das allein schafft es all das zu überschatten und die Reue von mir zu nehmen.
Vielleicht ist es schlimm, aber du wirst bei mir sein, ist dann nicht alles andere egal?
So ist es doch, oder?
Wenn man verliebt ist, ist alles andere egal“, befand ich und anscheinend hatte ich es wirklich geschafft meine Frau damit zu schocken.
Zumindest sah sie mich vollkommen überrascht an.
Aber so empfand ich.
Ich glaubte wirklich daran.
All das konnte noch so schlimm sein, es würde sich lohnen, denn so würde ich nie von ihr getrennt sein.
Vereint mit ihr bis in alle Ewigkeit, das war was ich wollte.
Genau das.


Spezial 24: Melancholie


„Melancholie, wer maß je deine Tiefe? Fand den Boden, zu raten, welche Küst' am leichtesten der schwerbeladen Sorg' als Hafen dient?“ (William Shakespeare)




Stefans Sicht:
Es war anders.
Wenn ich Damon und Elena miteinander beobachtete, wusste ich, dass es etwas anderes war, als das, was ich mit Katherine zusammen hatte.
Oder vielleicht war es einfach von Elenas Seite aus anders.
Ich konnte es nicht genau beschreiben, aber die Art, wie Elena ihre Hand nach Damon ausstreckte, ihn anlächelte, ihn Blicke zuwarf, ihn berührte, das alles unterschied sich von dem, was Katherine bei mir tat.
Natürlich wusste ich das Katherine und Elena, trotz ihres identischen Äußeren, zwei verschiedene Personen waren.
Sie waren so unterschiedlich vom Charakter, das ein Vergleich unmöglich schien.

Dennoch…
Ich konnte es fühlen.
Die Liebe, die die beiden in sich trugen und den Menschen um sich zu spüren gaben, unterschied sich voneinander.
Auf ihre Weise, schienen beide nur wenig Liebe zu tragen, dennoch schien sie sich anders zu verteilen.
Katherine konzentrierte ihre Liebe eigentlich nur auf ihre Schwester, zumindest den größten Teil davon.
Elena dagegen schien jedem, der ihr etwas bedeutete, aufrichtig zu lieben, auch wenn es nicht viel mehr war, als bei Katherine.
Eine beste Freundin, eine Schwester, eine verflossene Liebe, einen Freund.
Das hatten beide.

Bei Katherine allerdings konnte man abschätzen, für wen sie sich über wen entscheiden würde.
Allen voran glaubte ich, dass sie ihre Schwester jedem vorziehen würde.
Elenas Liebe dagegen schien grenzenlos zu sein und das bei jedem einzelnen darüber.
Ich fragte mich, ob sie es überhaupt konnte.
Zu entscheiden, wen sie über wen stellen würde, in ihrer Bedeutsamkeit in ihrem Herzen.

Liebe…
Ihre Fähigkeit darin und die Bedeutung der sie diesem Gefühl beiwohnten, das war das worin sie sich wirklich unterschieden.
Ihr unterschiedlicher Charakter trägt dazu nur noch mehr bei.
Deswegen trafen sie auch so nicht komponierende Entscheidungen.
Würden sie sich äußerlich nicht so ähneln würde keiner darauf kommen, das die beiden miteinander verwandt sind, sogar Schwestern sind, sogar Zwillinge sind.

Ich sah es.
Gerade jetzt.
Elena sah meinen Bruder lächelnd an.
Ruhig, vorsichtig, saß sie mit Abstand neben ihn, aber sie legte ihre Hand auf seine Wange und sah ihn in die Augen.
Mehr brauchte es nicht, um zu beweisen, dass er derjenige war, den sie gewählt hatte.
Dass sie ihn liebte, mehr als alles andere.
Ich wusste es und fragte mich, wieso Katherine nicht genauso handeln konnte.
Nicht war, sondern das sie genauso handelte.

Es lag daran, dass sie nicht wie ihre Schwester war und das wollte ich auch nicht.
Das einzige was ich wollte, war dieser Blick.
Diese Berührungen, diese Worte, diese Augenblicke, die mein Bruder und Katherines Schwester miteinander teilten.
Irgendwie machten sie mich eifersüchtig.
Gaben mir das Gefühl etwas haben zu wollen, das wahrscheinlich unerreichbar war.
Weil es nicht ging.
Weil es so nicht möglich war.

Ich hatte mich in Katherine verliebt und es schien eine Qual zu sein, für mich.
Weil ich erkennen musste, das sie mir nicht das gab, was ich von ihr wollte, was ich mir tief im inneren wünschte.
Dennoch wusste ich, dass ich sie liebte.
Und wie ich sie liebte.
Auch wenn sie oft Dinge tat, die ich für fragwürdig hielt und die mir nicht so gefielen, musste ich an all das denken, weswegen ich mich in sie verliebt hatte und das waren Sachen die den anderen Eigenschaften nicht unähnlich waren.
Alles war mit einander verknüpft.
Alles gehörte zusammen.
Wenn ich das eine an ihr liebte, so musste ich das andere auch akzeptieren.

Sowas wie perfekt gab es nicht.
Damon aber war der Meinung, dass es sowas wie das perfekte Gefühl gab.
Zumindest vor sehr langer Zeit.
Ich fragte mich, ob er das gerade jetzt bei Elena spürte, wenn er mit ihr zusammen war, war da das Gefühl von Perfektion nah?

„Wo bist du schon wieder mit deinen Gedanken?“, hörte ich eine amüsierte Stimme hinter mir fragen und ich musste sogleich lächeln.
Es war eine Stimme, die mich ganz automatisch verzauberte.
Ich konnte einfach nichts dagegen tun.
„Bei allem und nichts, vor allem bei dir.“
Schmunzelnd drehte ich mich zu ihr um und sah wie ihre Augen aufblitzten. „Zumindest führen mich alle Gedanken zurück zu dir.“
Das war die Realität in der ich lebte.
Alles kreiste sich um sie, ob sie nun dafür sorgte oder ich mich fragte, wieso sie so viel Macht über mich hatte.
Es war ganz egal.
Ich dachte immer wieder an sie.
Handlungen von anderen, verglichen mit ihren, mit unseren.
Deswegen wusste ich, dass ich sie liebte.
Ich wünschte mir nur, dass sie mir den Freiraum gab, zu ergründen, wie tief meine Liebe für sie war, ohne dass sie die Einschränkungen aufhob.

Katherine legte grinsend den Kopf schief, trat auf mich zu und sah mich an.
„Zu tief sich in Gedanken hinein graben das ist nicht gut“, tadelte sie mich geschickt, denn ihre Stimme jagte Schauder über meinen Rücken.
Funken von Feuer, Glut, durchlief meinen Körper in Sekundentakt.
Angenehm und Nervenaufreibend zugleich.
„Dennoch mag ich es, wenn sie um mich kreisen.
Ich mag es generell wenn sich alles um mich dreht“, verriet sie mir etwas, was ich schon sehr lange wusste.

Leicht nickte ich, wusste ganz genau, dass ihr all diese Aufmerksamkeit gefiel.
Deswegen spielte sie auch immer wieder diese Spielchen.
„Das weiß ich.
Du brauchst dir keine Sorgen, meine Welt dreht sich sowieso um dich“, bestätigte ich ihr und ich sah an ihrem Blick allein, wie glücklich sie das machte.
Ja, meine Welt drehte sich um sie.
Ob ich das wollte oder nicht.
Es war halt anders, nicht vergleichbar mit dem was Damon und Elena hatten, wie sehr ich mir das auch wünschte.
Sie war anders.
Es war anders.


Spezial 25: Entscheidung


„An den Scheidewegen des Lebens stehen keine Wegweiser.“ (Charlie Chaplin)




Geschwister oder Liebe?


Oft im Leben musste ich mich dieser Frage stellen, was ich dem anderen vorziehe.
Einmal in meinem Leben, habe ich mich für die Liebe entschieden und kurz darauf wurde sie mir von meinem Vater genommen.
Seitdem hab ich mich immer für meine Schwester entschieden.
Ich hab immer uns beide über alles gestellt, weil ich wusste, dass unser Band nicht zu zerstören war.
Wenn es drauf ankam, dann gab es nur sie und mich.

Wir sind Zwillinge.
Geboren um für immer beieinander zu sein.
Auch wenn wir verschieden sind, das macht uns erst doch aus.
Wir ergänzen uns, sind der fehlende Teil des jeweils anderen.
Liebe dagegen ist nicht zuverlässig, sie kann viel leichter zerstört werden und macht ein sowieso nur wirr im Kopf.
So kann man nicht klar denken.

Ich würde mich immer wieder für meine Schwester entscheiden und sie über einfach alles stellen.
Denn sie liebe ich am meisten und ich weiß, dass das Band was wir haben, viel stärker ist, als ich es mit einem Mann jeweils teilen könnte.
Nie wieder würde ich so einen Fehler machen.
Es würde immer meine Schwester sein.
Es würden immer wir sein.

Katherine


Ich hab die Frage schon immer als ungerecht empfunden.
Wie sollte ich mich nur entscheiden zwischen dem was mir immer lieb und teuer war und der wundervollen möglichen Zukunft die ich vielleicht besah?
Wie sollte man sich entscheiden?
Das war doch nicht fair!
Schwester oder Liebe?
Wie hörte sich das bitte an?!
Konnte man wirklich verlangen sich zwischen den beiden zu entscheiden.

Wenn ein Feuer brennen würde, dann würde ich doch nicht versuchen, nur eine der beiden Personen zu retten.
Ich würde beide daraus holen wollen, komme was da wolle.
Ich konnte einfach keine Entscheidung treffen.
Ich konnte mich einfach nicht entscheiden.
Es ging nicht.

Vielleicht würde ich es unbewusst tun, wie damals, als ich unbedingt hatte zurück gehen wollen, zu Elijah.
Aber das bedeutete nicht, dass ich diese Entscheidung treffen konnte, wenn es hieß den anderen zu opfern.
Das war einfach nicht möglich.
Das konnte ich nicht.
Lieber würde ich selbst sterben, als einen der beiden zu opfern.

Elena


Entscheiden…
Ich liebte, ich liebte sie so sehr.
Mehr als mich selbst.
Das wusste ich ganz genau.
Doch wenn ich mich entscheiden musste, für einen von beiden, für meinen Bruder oder sie, dann zerriss es mir das Herz, es tat mir unendlich leid, aber meine Entscheidung fiel auf ihn.

Ich wusste ganz genau, dass er es nicht genauso sah wie ich, das er selbst eine andere Entscheidung treffen würde, dennoch würde ich es so tun.
So handeln.
Es würde einfach er sein.
Wir hatten als Kinder so viel zusammen durch gemacht und erlebt.
Er hatte mir nie Zeit gelassen, traurig zu sein, das ich keine Mutter hatte und hatte sich einfach um mich gekümmert, egal wie groß unser Altersunterschied war.

Ich wusste, dass ich für ihn wichtig war, aber dennoch nicht so lebenserhaltend wichtig, wie seine Liebe zu Elena.
Er hatte irgendwas in ihr gefunden, das ich nicht nachvollziehen konnte und was er all die Jahre vermisst hatte.
Ich allerdings war immer glücklich gewesen und so sollte es auch bleiben.
Für dieses Glück war mein Bruder einfach Notwendigkeit.

Stefan


Es war ganz klar, einfach sie.
Da stellte sich nicht in einem Moment eine Frage.
Wenn ich die Augen schloss, sah ich sie und wenn ich sie öffnete, sah ich ebenfalls nur sie.
Ob ich träumte oder wach war, das war völlig egal.
Sie war mir das wichtigste und das würde sie auch immer sein.

Ich hatte mich immer um meinen kleinen Bruder gekümmert, wie es meine Mutter gewünscht hatte und ich hatte ihn tatsächlich lieben gelernt.
Er war mein Freund, er war mein Bruder, er war mir wirklich wichtig.
Doch Elena war meine Zukunft und die Luft, die ich zum atmen brauchte.
Sie war einfach alles für mich.
Sie war die Hoffnung, nach der ich so lange gesucht hatte und nur ein Blick in ihre Augen reichte aus, um zu wissen, dass ich mir nichts anderes wünschte.
Wenn ich sie hatte, brauchte ich niemand anderen.

Sie war alles, was ich mir je gewünscht hatte.
Sie war der Grund, weswegen ich tat, was ich tat.
Sie war der Grund für mich zu leben.
Sie war alles was ich war.
Sie definierte mich erst.
Da gab es keine Frage.
Da gab es einfach nur sie.

Damon


Familie über alles, das war etwas, das ich erst hatte lernen müssen.
Damals bei Tatia, hatte ich es anders gesehen.
Die Liebe hatte mich blind und vollkommen schwach gemacht, sodass ich allein ihr verfallen gewesen war und allein zu ihren Gunsten gehandelt hätte.
Ich war in sie verliebt, es war einfach logisch, das Mädchen was ich liebte, über alles andere zu stellen.
Wieso auch nicht?
Mein Vater und meine Mutter gaben mir nicht annähernd die Gefühle, die ich mir wünschte und meine Geschwister schienen wankelmütig zu sein.
Es war nicht dasselbe.

Erst im Nachhinein stellte ich fest, dass ich mich geirrt hatte und dann wurden wir auch noch unsterblich.
Meine Geschwister und ich hatten als einzige die Fähigkeit niemals zu sterben.
Wieso sollte ich mich da auf etwas Vergängliches wie die Liebe stützen?
Der Boden konnte so unter einem nur allzu leicht weggerissen werden.

Nein, ich würde mich nicht noch einmal für die Liebe entscheiden, die einem nur Leid und Tragik am Ende brachte.
Sie allein schaffte es den stärksten Mann zum schwanken zu bringen.
Geschwister, dagegen gaben einem Beständigkeit.
Mein Bruder war mein Bruder und würde es immer sein, daran würde sich nie etwas verändern.
Es war sicher, es war eine Garantie.
Das hatte einfach mehr Zukunft und Halt.

Klaus


Ich hatte immer meine Familie über alles andere gestellt.
Egal was kommen mochte, ich hatte mich immer für sie entschieden, ohne einen Moment zu zögern.
Ich hatte ihnen immer bedingungslos vertraut.
Jetzt erst begreife ich, wenn ich dasselbe bei Helena getan hätte, dann wäre sie jetzt noch bei mir.
Ich hätte nicht zweifeln dürfen und ihr mehr vertrauen müssen.
Wenn ich alles hinterfragt hätte, dann hätte ich am Ende beides gehabt.

Familie ist wichtig, das ist nicht zu bestreiten.
Es ist wohl auch das wichtigste, was man haben kann.
Aber auch die Liebe gehört dazu, denn sie wird zur Familie.
Was ist sie anders, als die Frau, die wir später heiraten werden und mit der wir Kinder kriegen, sodass wir eine Familie gründen?
Natürlich ist das keine Option mehr die ich habe, aber das Prinzip ist das gleiche.

Helena hätte mit zu meiner Familie gehören sollen.
Ich hätte sie genauso behandeln müssen, wie meine Geschwister.
Sie ebenfalls über alles andere stellen.
Für mich war es am Ende dasselbe.
Familie und Liebe.
Es ging Hand in Hand, war untrennbar miteinander verbunden und ließ sich wirklich niemals voneinander teilen.
Unsere Liebe, war auch unsere Familie.

Elijah


Epilog: In Ewigkeit


Ich hab gedacht, dass es immer nur wir sind
Dass es nichts Wichtigeres gibt
Das Liebe bedeutungslos im Gegensatz zu uns ist
Dass das Band, das uns verbindet, edler ist
Für die Ewigkeit geschmiedet

Doch nun musste ich erkennen
Du bist weg und ich bin trotzdem nicht allein
Weil es die Liebe gibt
Vielleicht ist keines von beiden bedeutungsvoller
Vielleicht ist beides auf seine Art von Bedeutung

Aber es scheint, das mir Gott nur eins von beiden vergönnt hat
Beim ersten Mal, nahm er mir die Liebe und gab mir meine Schwester
Diesmal nahm er meine Schwester und gab mir die Liebe
Ich kann nicht sagen ob eins davon die Regel ist
Ob das so sein muss

Ich weiß es nicht…
Ich habe keinen Plan und blicke trotzdem der Ewigkeit entgegen
Mit dem Mann an meiner Seite der mich liebt
Noch einmal werde ich nicht um etwas anderes bitten
Denn auch wenn etwas fehlt, bin ich noch immer vollkommen

Der Teil von ihr, der mich komplett gemacht hat
Er ist noch immer da
Ich fühle ich bin nicht allein
Ich weiß ich bin nicht allein
Denn neben mir, da steht mein Leben

Meine Geschichte ist noch nicht zu Ende
Doch das wichtigste ist schon geschrieben
Wie ich die Liebe fand, wie sie verloren ging, wie ich sie erneut fand
Die Dramen und das Glück
Meine Schwester und ich


In Ewigkeit,
(H)Elena



Ende


Auch meine längste Story muss irgendwann einmal ein Ende finden, das ist hier.
Ich danke euch allen für eure Favoriteneinträge und die Kommentare, die ihr mir geschrieben hat.
Es hat wirklich sehr viel Spaß gemacht


Impressum

Tag der Veröffentlichung: 27.12.2011

Alle Rechte vorbehalten

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