Cover

Prolog




Lautes Katzengeschrei, panische Hilferufe und lautes Gedonner suchten sie heim. Der Horizont war grau gefärbt. Es schien, als ob sich dieser jede einzelne Sekunde dunkler färbte, während der schwarz-graue Kater immer und immer wieder versuchte, gegen diese unvorstellbar-große Macht anzukommen. Sein Gesicht war schon längst zerbeult. Steine, Stöcker und Staub prasselten auf dieses unaufhörlich, doch seine Willenskraft blieb standhaft, auch, wenn jeder Schritt, den er gegangen, unbewusst zurück gedrückt wurde.
>>Die Prophezeiung hat sich also erfüllt.<<, sprach Sturmruhe, die neben ihm Platz gefunden hatte, gelassen, derweil sie vom kalten Wind gepeitscht wurde.
>>Hör' mir auf mit diesen Prophezeiungen, Sturmruhe.<<, fauchte der stellvertretende Anführer der Sturmclan-Katzen wütend.
Die Sicht war deutlich eingeschränkt, aus der Ferne ragten ausschließlich die hohen Bäume, die zu knicken drohten, heraus, während ihre Stämme weiter unten im Nebel versanken. Der Blick in den Himmel war unmöglich, jede falsche Bewegung wurde mit einem heftigen Windzug gestraft und in die Ferne geschleudert. Der blitzschnelle Wind fegte über das einst belebte, grüne Land und ließ Nester aus Moos und Stroh in sich zusammenfallen, die sich im Sturm verloren. Sand und Dreck wurde aufgewirbelt und ließ sich wie einen unechten Tornado anschauen, der die Flüchtlinge in ihre schon schmerzenden Augen wehte. Auch ihre empfindlichen Ohren wurden von ihm heimgesucht und das Vorbeiwehen ließ ein seltsames Geräusch in den Hörorganen der Katzen ertönen.
Sturmruhe begutachtete den Nebel, welcher sich mehrere Meter von ihr entfernte, in der Hoffnung, dort gäbe es einen sicheren Platz. Jedoch, jeden Schritt den sie weiter wagten, verhalf ihnen nicht, besser sehen zu können. Doch unerwartet erinnerte sich die Katze wieder einen bestimmten Ort, während der Windzug immer stärker und schmerzlicher wurde.
>>Eine Höhle, dort.<<, schrie Sturmruhe erlöst. >>Dort sind wir vor dem Sturm sicher.<<
Nebelhaar, der stellvertretende Anführer, konnte seine Augen nicht offen halten, um die Richtung, in der sich die Höhle befinden solle, zu erspähen. Der Wind prallte in des Katers Augen und ließen diese trocken werden. Vorsichtig hob der schwarz-graue Kater seine Pfote, welche sich unwiderruflich gegen seinen Willen setzen und ständig hin und her schwank. Mit starker Willenkraft hielt er diese vor seine zwei Augenlider und öffnete behutsam die Augen. Für einen Bruchteil einer Sekunde registrierte er die Richtung, in die er laufen sollte und setzte schlagartig seine Pfote wieder auf.
>>Wir müssen die anderen benachrichtigen, damit sie sich in Sicherheit begeben können!<<, rief Sturmruhe gegen den Wind, während sie beim Mundöffnen kalten Wind in ihrer Mundhöhle verspürte. Trotz der Anweisung der hell-braunen Katze setzte sich Nebelhaar Schritt für Schritt weiter.
>>Bist du verrückt? Wir müssen uns selbst retten. So wie die anderen Katzen sich.<<, zischte er genervt und fuhr fort. >>Aber wenn du sie unbedingt retten willst, ich solle dich nicht daran hindern.<<
Sturmruhe blieb entsetzt stehen, mit den Pfoten steinhart auf dem Grund, um nicht dem Schicksal ausgeliefert zu sein, mit dem Wind zu fliegen. Sie sah ihren zweiten Anführer hinterher, bis er letztlich mit dem Nebel verschmolz und aus ihren Sichtfeld verschwand.




Kapitel 1




Der Wind wehte leicht über die belebte Wiese. Das Rascheln der Baumblätter wirkte wohltuend auf die Katzen, welche sich beruhigend auf die bevorstehende Blattleere vorbereiteten. Im Horizont waren flinke Vögel zu sehen, wie sie von einem Baum zum anderen flogen, um sich ihre Nester zu bauen. Die rot-braun gefärbten Blätter der Bäume verloren an Halt, brachen ab und wehten mit dem Wind über das Land, bis sie irgendwann ihren festen Platz gefunden hatten.
>>Dieses Naturschauspiel ist einfach atemberaubend.<<, sprach eine hell-braun-gefärbte Katze mit einer abgerundeten Schnauze und atmete tief ein. Ihre Pfoten erschienen dunkler, als der Rest ihres gepflegten Felles. Ihre rosa-gefärbte Nase räkelte sich, als sie die frische Böe in der Luft schnupperte. Sie hatte noch nie eine Blattleere miterlebt, und obwohl sie nur schlechte Dinge über die Zeit gehört hatte, freute sie sich mit großem Elan. Ihre Gedanken schweiften nur so umher, bis sie von einer lauten Stimme unterbrochen wurde: >>Sturmruhe, wo treibst du dich denn rum?<<
Die Katze wendete sich schlagartig und wirbelte dabei Staub auf. Sie erspähte eine weiß-graue Kätzin, die sich ihr näherte. Ihr Schweif war so 'strubbelig', dass sich die abstehenden Haare wie Dornen eines Rosenschweifes annahmen, daher kam auch ihr einzigartiger Name - Rosenschweif. Leichtfüßig wie sie war hüpfte sie wahrlich zur schmächtigen Katze, die die Natur genoss.
>>Sturmruhe. Kieselauge hatte dir doch gesagt, du sollst Moos sammeln.", miaute die Katze mit ihrer hohen Stimme.
Sturmruhe's Augen wurden plötzlich aufmerksam groß und schaute hinter sich. Als sie sich wieder zu Rosenschweif wendete, waren mehrere Moose in ihrem Maul, welche sie sogleich wieder absetzte. Sie lachte: >>Hier, habe ich doch. Bloß, als ich gesucht habe sind mir diese fliegenden Dinger aufgefallen, die wie wild von Baum zu Baum flogen.<< Sie schaute nach oben und fuhr fort: >>Sie sind zu schön.<< Sofort verlor sich die Katze wieder in die Schönheit der Natur.
Rosenschweif näherte sich der wie in Trance versetzte Katze und stupste sie mit ihrem Kopf an.
>>Na los, komm. Wir müssen genauso viel tun wie unsere Mitkatzen.<< Nach diesem Satz seufzte Sturmruhe, schaute in Rosenschweif's dunkel-grünen Augen und nickte.

Die Katzen im Lager rannten in Windeseile von Ort zu Ort. Scheinbar würde es nicht mehr lange andauern, bis die Blattleere sich erkennbar machte. Aber das erfreute Sturmruhe umso mehr. An diesem Ort war der frische Wind nicht mehr so deutlich zu spüren, wie auf der freien Wiese. Die Clankatzen arbeiteten hart. Verschwand eine Katze im Farn in einen Bau, erschien sofort die nächste und machte sich an die Arbeit und genau das schätzten Rosenschweif und Sturmruhe an ihrem tüchtig-arbeitenden Clan.
Sturmruhe legte das Moos in ihrem Maul vor ihre Pfoten und fragte, während sie die Katzen begutachteten:
>>Wo soll ich denn das Moos lagern?<<
>>Hast du nicht zugehört? Typisch Sturmruhe.", verdrehte sie lachend die Augen, bis sie dann fortfuhr. >>Kieselauge hatte doch gesagt, du sollst es in seinen Bau legen. Er würde sich dann darum kümmern. Und wir sind schon zu spät.<<
Beide Katzen schluckten. Sie wussten, wie ungemütlich Kieselauge werden konnte, wenn er seinen Willen nicht bekam und vor allem weil sie die Schüler des Mentors waren behandelte er die beiden ziemlich streng.
>>Na dann beeilen wir uns lieber.<<, kniff Sturmruhe mit schlechtem Gewissen die Augen zu und trottete mit der weiß-grauen Katze zu einem der Bäue in dem Lager, bis sie hinter dem Farn nicht mehr zu sehen waren.

Auch, wenn es von außen ziemlich einladend wirkte, der Bau machte sich durch seine Düsterheit aus. Nur einzelne Lichtstrahlen verirrten sich in den Bau und enthüllten so mancher Dinge. Sturmruhe konnte noch nie Gefallen an diesen finsteren Gegenden finden und hielt sich dann auch nur an diesen Plätzen auf, wenn es wirklich nötig war.
Aus der Dunkelheit konnte man eine Silhouette wahrnehmen, bis diese sich gänzlich enthüllte, als einer der Lichtstrahlen auf die Gestalt traf und sein hellgraues Fell scheinen ließ.
>>Wo wart ihr solange gewesen?<<, fauchte eine tiefe, leise Stimme mit einem zornigen Ton. Die beiden Katzen schreckten beim lauten Ton zurück. Rosenschweif besaß immer eine kleine Furcht für Kieselauge und verabscheut es, wenn er sich in solche Aufmachungen präsentierte.
>>Ähm...äh.<<,stotterte Rosenschweif wie wild und verspürte nichts mehr als den Wunsch, den finsternden Bau zu verlassen. Die anfangs taffe Kätzin entpuppte sich letztlich nun als ängstliches Wesen.
>>Ich war noch ein wenig auf der Suche nach...<<, unterbrach sie Sturmruhe, stotterte sie jedoch dann und fuhr schlagartig wieder fort: >>...ich habe noch nach Futter gesucht, aber leider nichts entdeckt.<< Sie lachte am Ende ihres Satzes verlegen.
>>Ich hatte dich ausschließlich für das Sammeln von Moos losgeschickt, nicht für das Jagen. Das überlasse mal den Älteren.<<, sprach er anmutig und schaute auf die beiden kleineren Katzen hinab.
>>Aber gut, da ihr den Auftrag erfolgreich erfüllt habt, könnt ihr euch eine Maus gönnen.<<, bot er ihnen an und zog sich im Folgenden zurück in die Düsternis.
Die beiden Katzen sahen sich fragend an, bis sie dann entschlossen, zu speisen.

>>Wieso muss er immer so streng sein?<<, sprach Sturmruhe mit einem herablassenden Ton und verspeiste nebenbei eine graue, mickrige Maus, welche auf warmen, dunkel-braunen Erdboden lag. Rosenschweif, die direkt gegenüber von ihr lag, sah sich skeptisch ihre Maus an und maunzte leicht genervt:
>>Wieso kriegen wir immer die kleinsten Mäuse ab? Die anderen haben viel größere.<<
Sturmruhe seufzte, verdrehte die Augen und beachtete ihre Bemerkung zum Essen nicht. Schließlich sollten sie sich glücklich schätzen, dass sie der Blattleeren annähernd noch so etwas wie eine Maus zu essen bekamen. Derweil widmete sie sich vielmehr ihrem eigenen Essen, bis sie es gänzlich verspeiste und Rosenschweif dauernd mit ihrer Pfote die Maus hin und her stupste.
Neben den beiden Katzen weilten noch zwei andere Katzen in dieser Gegend und speisten. Eine von ihnen war klein gebaut, besaß pechschwarzes, zerzaustes Fell und eine spitze Schnauze. Ihr Gegenüber war im Gegensatz zu ihr eher von größerer Statur und peitschte wild mit ihrem rot-braunen Schweif hin und her. Sie schienen sich zu unterhalten, jedoch flüsterten sie eher, als dass sie ein normales Gespräch führen wollten. Sturmruhe bemerkte die unauffälligen Katzen, indessen sie zu ende schmatzte und herunterschluckte.
>>Ob die Blattleere wirklich genauso schlimm ist, wie es unsere Clankatzen von sich gegeben haben?<<, sinnierte die ein Jahr und zwei Monde junge Kätzin so laut, dass sie eine Antwort von Sturmruhe erwartete. Diese allerdings ließ ihren neugierigen Blick nicht von den zwei Katzen schweifen und versuchte, zu vernehmen, was diese von sich gaben, dabei beachtete sie die Frage von Rosenschweif im Geringsten nicht. Die weiß-graue Katze versuchte zu registrieren, in welche Richtung ihre Freundin schaute und wendete sich schnurstracks.
>>Worauf starrst du denn so wild?<<, wollte die Katze mit dem Dornenschweif wissen. Nach einiger Zeit blieb sie immer noch stets konzentriert, bis sie dann laut wurde:
>>Sturmruhe!!<<
Der Raum wurde schlagartig still und nur das entfernte Vogelzwitschern war noch zu vernehmen. Die zwei Katzen, die sich vor wenigen Sekunden noch unterhielten, schauten mit großen, jedoch mit einer missmutigen Mimik. Dann wendeten sie sich wieder zueinander zu und ihr Mienenspiel begann erneuert.
>>Musst du denn so schreien?<<, zischte Strumruhe flüsternd mit aufgeregtem Ton. Rosenschweif schaute sie mit großen Augen:
>>Bitte? Du bist doch wie in Trance.<< Sie näherte sich mit ihrem Kopf ein wenig und fuhr dann leiser fort:
>>Was starrst du so auf diese Katzen?<<
>>Wieso flüstern die denn so? Sie tun beinahe so, als ob sie etwas verheimlichen wollten.<<, flüsterte Strumruhe misstrauisch.
Die größere der beiden Katzen sah hinunter auf ihre Maus und spielte mit dieser gelangweilt, wie Rosenschweif zuvor.
>>Komm, dass sind nicht unsere Angelegenheiten.<<, mahnte die weiße Kätzin mit glasigen Augen.
Plötzlich schwenkten die beiden Köpfe der Katzen zum Eingang des Speiseraumes, als der graue Kieselauge anmutig hereinspazierte. Sein großes, grün-gefärbte linke Auge war auf Rosenschweif und Sturmruhe gerichtet. Der Kater richtete seine Schwanzspitze in Richtung Ausgang und die beiden Schüler wussten, dass sie hinaus sollten.

Der Unterschied zwischen der Luft im Speiseraum und außerhalb der Bäue war unverkennbar. Die hell-braune Katze befreite sich und atmete die frische Luft ein. Mit einem genüsslichen Seufzer atmete sie wieder aus. Die Böe ließ ihr Fell wehen und nahm Dreck und Staub des Bodens in seinen Bann. Als Sturmruhe ihre Aufmerksamkeit dem Hochfelsen, welcher sich in die Höhe erstreckte und durch mehrere Steine eine Treppe hinauf zu diesem führte, schenkte, erspähte sie eine große Zahl der Clankatzen, welche leise unter sich murmelten. Sie sah sich nach Kieselauge um, dieser war jedoch wie von Erdboden verschluckt. Sturmruhe näherte sich eine ihrer Mitkatzen, die sich ebenfalls mit einer anderen am Hochfelsen unterhielt. Sie hatte einen Stummelschanz und dunkelbraunes Fell.
>>Was ist hier los?<<, fragte die wissbegierige Katze mit den schwarzen Ohren die Fremde. Dieser widmete sich ihr und antwortete mit ihrer klaren, weichen Stimme sofort:
>>Böenstern hat uns etwas Wichtiges zu sagen.<< Daraufhin fügte die ein roter Kater mit weißen Streifen, die vorher mit der Fremden gemurmelt hatte, ebenfalls etwas zu:
>>Das muss ja wohl etwas ziemlich wichtiges gewesen sein, wenn sie dafür unsere Arbeit für die Blattleere unterbricht.<<
Blitzartig schauten die Köpfe der Katzenmenge nach links. Ein größer, grau-gefärbter Kater hüpfte von Stein zu Stein, bis er auf dem Hochfelsen angekommen war. Sein prunkvoller Schweif wehte mit seiner Pracht nach oben und unten, als er in die Höhe sprang. Seine langen Fellhaare hingen nach unten und ließen ihn noch königlicher aussehen. Ein zweiter grauer Kater folgte ihm auf Schritt und Tritt. Seine Haar war an den Spitzen heller gefärbt als an seinen Wurzeln, was einen ansehnlichen Farbverlauf darstellte.
Der Kater mit seinem auffälligen Schweif war ihr Anführer und wurde Böenstern genannt, sein Name war im Clan in aller Munde. Er war für seine Gerechtigkeit, aber auch für die Strenge, die ihn ausmachte, bekannt. Probleme ging er nicht aus dem Weg und löste diese immer mit Vor-und Nachsicht.
Sein stellvertretender Anführer, die Katze, die ihm nachgelaufen war, Nebelhaar, war im Clan nicht sehr hoch angesehen, da er einst von Böenstern selbst ausgesucht wurde, trotz des Gegenwortes des Clans.
Dann fing Böenstern an, mit seiner tiefen, mächtigen Stimme das Wort und die Aufmerksamkeit der Katzen zu ergreifen:
>>Es tut mir Leid, dass ich euch so kurzerhand eurer Arbeit beraubt habe, jedoch war es Zeit, euch etwas Wichtiges mitzuteilen.<<
Leises Gemurmel war unter den Katzen zu hören, während Sturmruhe aufmerksam auf ihren Anführer sah.
>>Wie ihr seht, ist die Blattleere im Anmarsch. Man kann wahrlich zusehen, wie sich die Natur verändert.<< Er machte eine kurze Pause und fuhr anschließend fort:
>>Wir haben schlechte Neuigkeiten.<< Böenstern atmete tief durch, wendete sich kurz der Katzenmenge ab und nickte, anschließend schritt er zur Seite und setzt sich. Eine grau-gecheckte Katze erschien auf dem Hochfelsen, während die Blicke auf ihn gerichtet waren. Sowohl der Kopf als auch der Schwanz waren heller gefärbt, sowie ihre Pfoten. Die Katzen schauten mit voller Erwartungen die Heilerin des Clans an. Mit einer eher ängstlichen Stimme fing sie an, zu berichten:
>>Meine liebe Mitkatzen...<< Sie stotterte leicht und schaute zu Böenstern. >>...wie ihr gehört habt, kommt der Herbst immer näher. Und damit auch die Gefahren. Wir kennen sie alle.<<
Sturmruhe jedoch wusste nicht, wovon die Heilerin redete. Sie war schließlich einer der einzigen, die noch keine Blattleere bewusst miterlebt hatte. Sie schüttelte den Kopf und schaute wieder zu ihr hinauf.
>>Gewitter, Winde und Überschwemmung. Wir haben schon vieles miterlebt.<<, sprach sie, während ihr Herz wie das eines gejagten Tieres pochte. >>Ich kann es einfach nicht glauben...<<, flüsterte sie zu sich selbst. >>Ihr Mächte des Windes...<<
Die Katzen verstummten und bemerkten ihr jämmerliches Gewimmer, bis alle dann in großes Staunen versetzt wurden und Panik in den Katzen aufkam:
>>Die Winde haben es mir geflüstert. Areoa, der große Windsturm, wird uns heimsuchen.<<


Kapitel 2





Leicht panisches Gemurmel war unter den Katzen zu hören. Manche schauten sich um, anderen blieben ruhig stehen, während einige Katzen beinahe losweinten. Sturmruhe konnte den Worten der Heilerin Graufleck nicht folgen. Sie verstand die Aufruhe der Katzen nicht im Geringsten und schaute sich nach ihrer Freundin Rosenschweif um, die nur wenige Meter von ihr das Geschehnis begutachtete. Sie tapste lautlos dorthin.
>>Was meinte sie mit Areoa?<<, fragte sie mit skeptischen Ton. >>Wer ist das?<<
Doch Rosenschweif war so gleichermaßen ratlos wie ihre verwirrte Katzenfreundin:
>>Ich weiß nicht genau.<< Dabei sah sie mit Schlitzaugen zur verängstigten Heilerin. >>Aber so wie es aussieht, scheint dies nichts Gutes zu sein.<<, wandte sie sich Sturmruhe zu.
Plötzlich ertönte eine Stimme in den Ohren der beiden Katzen:
>>Damit ist ein heftiger Sturm gemeint, Areoa wird er genannt.<<
Es war ihr Mentor Kieselauge, der mit seinem großen Auge auf den Hochfelsen starrte.
Sturmruhe sah zurück zur Heilerin, welche sich nach und nach wieder zurückzog. Dann ergriff Böenstern wieder das Wort:
>>Ich bitte um Ruhe!<< Sein kraftstrotzender Tonfall erregte die Aufmerksamkeit aller Katzen und abrupt herrschte wieder panisches Schweigen.
>>Mir ist bewusst, dass ihr nun aufgebracht seid, doch dies ist nicht der richtige Zeitpunkt für dieses wilde Durcheinander.<<, predigte der graue Kater und überblickte die Vielzahl von Katzen, die sich vor dem Hochfelsen versammelt hatten.
>>Wir wissen nicht, wann diese Katastrophe sich ereignen soll, jedoch ist Graufleck davon überzeugt, dass die Blattleere mit ihrem Verlust an Beute auch diesen Sturm bringen wird.<<
Sturmruhe war in höchsten Maße beeindruckt von Böensterns Anmutigkeit und wie er die Katzen in seinen Bann riss, diese Begeisterung verflog schlagartig, als sie ihren stellvertretenden Anführer beäugte. Er erschien ausgesprochen entnervt, so seine Mimik. Nebelhaar verdrehte des Öfteren die Augen und nahm an der Versammlung nicht richtig teil, er war abgelenkt.
Seltsam, dieser Nebelhaar...., dachte die dünnschweifige Kätzin und konzentrierte sich auf ihn. Für einen Bruchteil einer Sekunde schien es Sturmruhe so, als ob er sie anblitzte, weshalb sie schlagartig wegschaute.

>>Ich bitte euch, die Arbeiten trotzdem durchzuführen, so oder so sind unsere Ressourcen nicht mehr sicher.<<, befahl er den Katzen und beendete somit die Versammlung. >>Ich danke euch für euer Zuhören.<<
Der Kater sprang elegant mit einem Satz zur Steintreppe und stolzierte diese edel hinunter und verschwand hinter dem Farn in seinem Bau. Nebelhaar, welcher, sich ebenfalls der Treppe gewidmet hatte, sah dem Anführer des Clans mit leicht erzürnten Blicken hinterher und verließ ebenfalls die Versammlung. Die fassungslosen Katzen sahen ihn noch hinterher, bis die Stille wieder im Gemurmel versank. Sturmruhe und ihre weiß-gefärbte Freund waren auf die murmelnden Katzen fixiert, während sie im Hinterkopf einen Satz vernahmen:
"Das ist doch alle sinnloser Quatsch..." Und als sie sich verwundert umsahen, verließ Kieselauge die beiden in Richtung Wiese.

Einige Stunden später verdunkelte sich der Horizont. Dunkle Wolken zogen über das Gebiet des Sturmclans und der Wind wehte deutlich stärker als vorher, jedoch nicht sonderlich heftig. Er wirbelte Staub und Dreck auf, während eine Unzahl von braun-gefärbten Blättern von ihren Bäumen gelöst wurden und zusammen mit dem Wind ihre Wege gingen. Die vor wenigen Stunden noch erheiternde Vögel waren nun in ihren trockenen und sicheren Unterschlüpfen verschwunden und nicht mehr zu sehen. Das hohen Grashalme wehten in eine Richtung und ließ es scheinen, als würde das Feld glänzen.
Sturmruhe schaute in den grau-gefärbten Himmel und überlegte über die Versammlung, welche sich zugetragen hatte. Sie konnte immer noch nicht die Panik ihrer Mitkatzen nachvollziehen. Sie fühlte den immer stärker werdenden Wind.
Der große Wirbelsturm, sagte sie, nur, was meinte sie damit?, fragte sie sich und überlegte, wie ein solcher Sturm dieser Art sich anfühlen würde. In Gedanken vertieft merkte sie nicht, dass die ersten Regentropfen vom dunkel Himmel fielen. Ihr Fell wurde nach einiger Zeit feuchter und der einst trockene Erdboden vermischte sich allmählich mit den Tropfen zu Matsch.
Erst als mehrere Tropfen gleichzeitig auf den nun nassen Boden fielen, erwachte Sturmruhe aus ihren Gedankengängen und beschloss, sich in den Bau zurückzuziehen. Dabei tapste sie in mickrigen Pfützen und beschmutzte damit ihre dunkeln, zarten Pfoten. Sie war eine der letzten, die die regnerische Gegend zuletzt verließ und ihn ihren Bau zurückkehrte.
Schon beim Hineinkommen in ihr Zuhause vernahm sie ein wohltuendes, entspannendes Schnurren einer weiß-grauen Katzen. Rosenschweif hatte sich schon auf dem mit moosbedeckten Schlafplatz niedergelassen und ruhte sich aus. Scheinbar schlief sie noch nicht, denn so leise sich Sturmruhe auch der herauslösenden Katze näherte,
sie bemerkte:
>>Du tropfst ja beinahe.<<
>>Ich bin eben noch nicht müde, mich beschäftigt dieser Tag zu sehr.<<, antwortete sie behutsam und legte sich um Rosenschweif auf das trockene Moos.
Die dornenschweifige Katze hob ihren Kopf langsam an, gähnte und sprach:
>>Mach' dir doch keinen Kopf. Vielleicht hat sich Graufleck auch geirrt.<<
Sie widersprach ihrer Freundin:
>>Das ist ja auch nicht alles. Diese zwei Katzen, die miteinander geflüstert hatten, Nebelhaar, der sich seltsam verhalten hatte und Kieselauge, der so eine komische Bemerkung gemacht hatte.<<
Rosenschweif verdrehte die Augen.
>>Findest du jetzt nicht, dass das ein wenig lächerlich wirkt?<<, betonte sie das Wort lächerlich und fuhr müde fort. >>Vielleicht steigerst du dich da in etwas rein, was gar nicht von Bedeutung ist.<<
Sturmruhe schaute durch das Farn in den schon beinahe schwarzen Horizont und lauschte dem Prasseln der dicken Regentropfen auf den Bau. Dieses Geräusch ließ sorgenlos werden und Rosenschweif's Augen fielen nach und nach immer wieder zu, bis sie sich dagegen gar nicht mehr wehrte und schnurrend einschlief.
>>Aber das kann doch nicht mehr alles normal sein, irgendetwas ist im Clan geschehen.<<, flüsterte sie ruhebedürftig, ohne zu bemerken, dass Rosenschweif schon längst ruhte. Mit dem Blick auf den Himmel gerichtet schlief auch dann die junge Katze ein.


Kapitel 3





Der Morgen war schon abgebrochen, doch davon war nicht das geringste Anzeichen zu vermerken. Der Horizont glich dem von letztem Abend, die Wolken waren dunkel-grau gefärbt. Das laute Preschen der großen Regentropfen ließen immer noch ihre Töne im Bau erklingen, welche Sturmruhe ihre bernsteinfarbenen Augen langsam öffnen ließen. Der Geruch des Gewitters lag tief in der Luft, während die Katze einen tiefen Atemzug von diesem nahm. Sie hatte einen seltsamen Geschmack im Mund und kaute ständig auf ihrer Zunge herum, während sie manchmal das Gesicht verzog. Die dunkle Katze erhob sich, streckte ihre Vorder- und Hinterpfoten und sträubte kurzzeitig ihr wenig feuchtes Fell. Anschließend sah sie sich mit noch müdem Blick im Bau um - Rosenschweif war nicht aufzufinden. Wo sollte sie sich bei diesem schlechten Wetter denn rumtreiben? War sie etwa jagen gegangen? Sie schaute aus dem Bau in die düstere Kälte. Seltsamerweise blieb das Innere des Baues vor der eisigen Temperatur verschont, dennoch wagte die müde Katze, aus diesem zu steigen, um nach ihrer Freundin zu sehen. Und an diesem Zeitpunkt fielen ihr die unzähligen Gedanken von gestern Abend wieder in den Kopf. Hatte ihre Freundin recht? War sie etwas paranoid? Übertrieb sie maßlos? Darüber machte sie sich keine weiteren Gedanken mehr, leckte schlankweg ihr graues Fell und tapste ohne zu zögern zum nassen Lager.

Ihre Pfoten war schon nach kurzer Zeit mit dreckigem Schlamm bedeckt und anschließend auch ihr gesamtes Fell. Sie schaute in den dunklen Himmel, die Sonne, sie war nirgends zu sehen. Zahlreiche Regentropfen fielen ihr in das Gesicht und immerzu schüttelte sie sich. Ihre Augen überflogen das beinahe leere Lager. Von den grünen Erhebungen der Bäue floss Schlamm, gefolgt von Unkraut und Kleinstgetier. herunter und an den Seiten schließlich ab, der kühle Wind beschleunigte dieses enorm. Die kargen Bäume, sofern man sie noch in dem nebelartigem Regen erkennen konnten, wehten heftig zusammen in eine Richtung. Der starke Luftstrom blies durch jedes einzelne Haar Sturmruhe's. Das laute Plätschern riss sie letztlich aus ihrer Faszination gegenüber dem Naturschauspiel und erinnerte sich, weshalb sie hier überhaupt in der Nässe stand.
Wenige Meter entfernt von ihr hielt sich Stummelschwanz, eine der jüngeren Krieger und grub ein Loch. Sturmruhe war verwirrt. Wieso sollte eine Katze bei diesem Wetter ein Loch buddeln, ohne dabei zu riskieren, eine Erkältung zu kriegen? Klitschnass hüpfte sie in seine Richtung, erschwert dabei von ihrem schweren Fell.
>>Stummelschwanz, was machst du denn hier?<<, fragte sie sorgend und gleichzeitig verwirrt. Dieser stoppte kurz sein Vorhaben, musterte sie und grub anschließend weiter.
>>Das ist doch offensichtlich, oder nicht?<<, antwortete er etwas gereizt. So wie Sturmruhe den Kater kannte, schätzte sie ihn freundlich und hilfsbereit ein, doch ihr war klar, weshalb er sich so missmutig fühlte. Welche Katze würde schließlich freiwillig bei so einem Unwetter Löcher buddeln? Folgend unterbrach er erneuert das Graben und schaute ihr in das Gesicht. Erst dann erkannte er, dass es sich bei Sturmruhe um eine Schülerin handelte.
>>Wir müssen diese Löcher graben, um Überschwemmung zu
vermeiden.<< Er grub weiter und fuhr fort:
>>Der Regen hält jetzt schon fast zwei Tage an, sei es stark oder nur schwach. Aber wir müssen erreichen, dass so wenig Wasser wie möglich in das Lager fließt.<<
Sturmruhe nickte nur zustimmend und verfolgte sein Tun. Dann rückte sie ihm ein wenig näher und fragte:
>>Ist dir Rosenschweif zufällig über den Weg gelaufen?<< Dabei schaute sie sich stätig um. Der Kater mit dem braunen, durchnässtem Fell schüttelte den Kopf und konzentrierte sich wieder auf das Graben. Die Katze verabschiedete sich von Stummelschwanz und floh geschwind unter einem Regenschutz. Sie leckte sich hier Fell und überlegte, wo sich Rosenschweif aufhalten könnte. Vielleicht wusste ihr Mentor ihren Aufenthalt, soweit würde sie sich ja wohl kaum vom Lager entfernen - oder doch?
Mit einem Satz sprang sie in den Regen und spritzt dabei massenhaft Matsch in alle Richtung, so auch ihr Fell. Das hatte sie jetzt am wenigstens gebraucht. Letzten Endes erreichte sie den Bau von Kieselauge.

Der Geruch vom stickigen Bau und dem des Regens vermischten sich. Der Bau erschien noch düsterer als der schon ohnehin dunkle Rest des Lagers. Ohne lange zu warten miaute sie laut, dennoch mit einer leicht verängstigten Stimme:
>>Kieselauge, bist du da?<<
Kein Mucks war zu hören, nur das laute Aufschlagen der Regentropfen auf den Bau. Doch dann zischte schlagartig seine tiefe, raue Stimme aus einer Ecke:
>>Sturmruhe, was machst du hier?<< Die Kätzin vernahm die Schritte seiner dunklen Tatzen, die immer lauter wurden, bis der große Kater vor ihr stand. Er musterte ihr Fell und fauchte:
>>Du bringst den ganzen Dreck und Schlamm hier rein. Was machst du überhaupt bei diesem Regen draußen? Wir können es uns nicht leisten, dass angehende Schüler sich eine Krankheit einfangen.<<
Bevor Sturmruhe das Wort fassen wollte, sprach Kieselauge unwiderruflich weiter:
>>Du weißt, deine nächste Prüfung beginnt bald. Wenn du dich dann erkältet hast, werd' ich dich nicht mehr unterrichten.<<
Die Drohung klang in ihren Augen knallhart und das Versprechen, er würde sie dann nicht mehr unterrichten, gefiel ihr gleichermaßen gut und bedauernswert. Seinen fiesen Charakter wäre sie zwar los, doch wenn er sie nicht unterrichtete, wer dann?
>>Es tut mir Leid, Kieselauge.<<, senkte sie den Kopf respektvoll und sah ihn dann in seine tiefen Augen:
>>Ich wollte nur fragen, ob du Rosenschweif gesehen hast. Sie war nicht mehr bei mir im Bau, als ich gerade aufgewacht bin.<< Sie blickte über ihre Schulter zum Regen und fügte dann hinzu:
>>Wo soll sie sich denn bei diesem Wetter freiwillig aufhalten?<<
Kieselauge's größeres Auge blitzte auf und mit Sarkasmus maunzte er:
>>Machst du nicht genau das selbe?<< Dabei spielte er auf ihr Fell an und beäugte es genau.
Schlagartig registrierte Sturmruhe den ersten Donner ihres Lebens und zuckte schreiend zusammen. Während dem Bruchteil einer Sekunde riss Kieselauge sein Augen auf und schreckte zurück. Der Schweif der Kätzin war eingezogen, ihre Ohren angelegt. Ihre Augen waren fest zusammengekniffen, während sie leise vor sich hinwinselte.
>>Schon gut, dass war doch nur der Donner.<<, miaute er augenverdrehend. Allerdings zitterte die kleine Katze wimmernd und öffnete ihre Augen keinesfalls.
>>Kehr' zurück in dein Bau, wenn du dich wieder beruhigt hast. Böenstern wollte mich sprechen.<<, sprach er und preschte so schnell wie der kalte Wind außerhalb aus dem Raum.
Sturmruhe lag noch einige Minuten an dem selben Platz, bis sie sich nach und nach wieder sammeln konnte. Sie rappelte sich auf, blickte wie wild im sich, sie war voller Angst. Doch dann spürte sie etwas im leeren Bau, was sie in einen tiefen Schock versetzte - es war der Geruch von Rosenschweif.


Kapitel 4





Rosenschweif's Geruch war trotz des Nebengeruchs des Regens unverkennbar für Sturmruhe, weshalb sich Fragen in dem Kopf der Kätzin setzten. Hatte etwa Kieselauge irgendwas mit dem Verschwinden von Rosenschweif zu tun? Nein, das war völliger Unsinn. Ein Mentor würde nie seinen eigenen Schüler entführen oder derartiges. Sie schüttelte den Kopf, um diese wirren Gedanken zu verdrängen. Die graue Katze schaute in den dunklen Horizont, immer noch voller Angst gegenüber dieses knallenden Geräusches. Sie setzt einen Fuß nach dem anderen aus dem Bau, blickte sich um und vernahm erneuert die Fährte von Rosenschweif, es war die selbe Route, die Kieselauge genommen hatte, um Böenstern zu besuchen. Mit einem Satz startete sie ihren Spurt und verfolgte den Geruch, der scheinbar an Kieselauge klebte, bis sie mit nassem Fell am Hochfelsen ankam. Ihr Blick wanderte nach rechts, dort war der Bau der Heiler, genau daneben das Heim vom Anführer, an welchem sich auch Kieselauge befinden müsste. Ihre Augen funkelten, und sie marschierte mit Schlamm an den Pfoten in Richtung des Anführers, dabei nieste sie unbewusst.

Ihr war es völlig gleich, ob sie sich nun einer Erkältung aussetzen würde. Es war doch das Mindeste zu wissen, wo sich ihre Freundin befand, vor allem, weil keiner wusste, wo ihr Aufenthaltsort war. Sie war doch viel zu ängstlich und kleinlich, als das sie sich alleine vom Lager entfernte, und das bei diesem angsteinflößendem, und vor allem kaltem Wetter. Nach ihren kurzen Gedankengängen tapste Sturmruhe mit tropfenden Fell in die Düsternis hinein und erspähte ihren Anführer ohne Umschweife. Er unterhielt sich derzeitig mit Nebelhaar, bis Böenstern sie bemerkte und das Gespräch unterbrach. Sein tiefgrünen Augen richtete er auf ihre, hielt seinen restlichen Körper jedoch starr.
>>Was machst du denn hier, Sturmruhe?<<, wunderte sich der Anführer, während sein linkes Auge aufleuchtete. Sturmruhe näherte sich Böenstern aus Respekt nicht und machte sich etwas kleiner, als sie es ohnehin schon war. Dann erläuterte sie mit verständlicher Stimme:
>>Böenstern, hast du Rosenschweif ge...<< Plötzlich unterbrach sie und dachte an Kieselauge. Wollte er nicht zu Böenstern, um mit ihm was zu bereden? Ihr Mentor war in keinster Weise zu vermerken.
>>Ich höre?<<, bemerkte er, verwirrt von Sturmruhe's Unterbrechung.
Sein Nachbar Nebelhaar funkelte sie nur mit grimmiger Miene an, doch Sturmruhe versuchte dies außer Acht zu lassen. Sie beendete ihren Satz:
>>Hast du Rosenschweif gesehen?<< Zu Sturmruhe's Bedauern schüttelte Böenstern nur kalt mit dem Kopf, doch in seinem Gesicht konnte man eine Spur von Besorgnis erkennen.
>>Bist du nicht mit ihr aufgewacht?<<, fragte Böenstern, während er kurz Nebelhaar anblitzte, sich dann wieder zu Sturmruhe wandte. Die Kätzin schaute auf den schlammigen Erdboden und verneinte. Folgend blickte sie in den starken Regen.
>>Sie war nicht aufzufinden, und als ich in den Regen sah...<< Sie stoppte kurz. Das Plätschern des Regens füllte die Pause mit seinem lauten Ton, bis sie wieder fortfuhr:
>>Das ist so gar nicht Rosenschweif's Art. Du weißt doch, wie ängstlich sie sein kann.<<
Böenstern atmete kurz ein, seine Brust erstreckte sich anmutig in die Höhe, und atmete anschließend seufzend wieder aus. Er näherte sich der leicht vor Kälte zitternden Katze und stupste ihre Nase mit seiner an.
>>So. Mach dir erstmal keine Sorgen. Sie wird wahrscheinlich kaum aus den Lager geflüchtet sein, das kann ich mir nicht im Geringsten vorstellen - bei ihr.<< Böenstern pauste für eine Weile und musterte ihren Körper.
>>Und du gehst jetzt erst einmal zurück in seinen Bau. So klitschnass, wie du bist, fängst du dir noch eine Erkältung ein.<< Nachdem er über seine Schulter blickte und sich seine und Nebelhaar's Augen trafen, fügte der Anführer hinzu:
>>Nebelhaar wird währenddessen Graufleck einen Besuch abstatten und ein paar Kräuter für dich holen, damit du dich ausruhen kannst.<< Der zweite Anführer formte seine Augen zu winzigen Schlitzen, aber nickte.
>>Vergiss' nicht, auch der kürzeste Aufenthalt in diesem kalten Wetter kann dich stark erkranken, merk' dir das.<< Sturmruhe nickte und wendete sich mit ihrem Körper. Kurz bevor sie zurück zu ihrem Bau preschen wollte, hatte sie das Verlangen zu fragen, ob Kieselauge überhaupt hier anwesend war. Doch sie hatte scheinbar schon genug gestört.

Angesehen vom Regen war es ziemlich still. Ihr fehlte das beruhigende Schnurren ihrer Freundin. Während sie sich ihr dreckiges Fell trocken leckte wartete sie ungeduldig auf die Ankunft von Nebelhaar, obwohl sie nicht gerade erfreut war, dass ihr zweiter Anführer sie aufsuchen würde. Sonst war dieser nie so hilfsbereit, was scheinbar auch der Grund für deine Unbeliebtheit gegenüber des Clans. Daneben plagte sie die Frage, wo sich ihr Mentor gerade aufhielt. So wie es aufgenommen hatte, war kein einziger Geruch von Kieselstein in der Luft im Anführerbau. Hatte sie nur falsch hingehört? Schlagartig wurde sie aus ihren Fantasien herausgerissen, als sie ein lautes Plätschern, anders als das des Regens, vernehmen konnte. Sturmruhe wendete sich und ein schwarz-grauer Kater mit verschiedenen Kräutern im Maul betrat nass ihren Ruheort. Nachdem er die Kräuter beinahe aus seinem Mund geschmissen hatte bemerkte er:
>>Wenn ich du wäre, würde ich aufhören, so neugierig zu sein.<<
Die Kätzin verdrehte nur verwirrt den Kopf und schaute ihn mit Schlitzaugen misstrauisch an. Sie versuchte einfach, das Gespräch mit einem gefühlslosem >>Danke<< zu beenden. Diese Abfuhr registrierte Nebelhaar und sprang davon, zurück in den Bau. Vor Schreck riss sie die Augen auf, denn der Geruch von Rosenschweif klebte ebenfalls an Nebelhaar.


Kapitel 5





>>Was hat es bloß damit auf sich?<<, mutete sie sich seltsam an und blickte hinunter zu den Kräutern, die Nebelhaar erbarmungslos in Sturmruhe's Richtung hinfeuerte. Während sie argwöhnisch die Kräuermixturen betrachtete, versuchte sie sich auszumalen, wo sich doch Rosenschweif aufhalten würde. Wenn sie so spurlos verschwunden war, wieso klebte dann an Nebelhaar und Kieselauge ihr Geruch? Ihr war schon bewusst, dass vor allem Kieselauge viel in Roseschweif's Nähe war und der Geruch nicht so schnell verflog, aber so intensiv wie er an den beiden klebte, mussten sie sich in den letzten Stunden gesehen haben. Aber was für ein Verhältnis hatte Rosenschweif zu den beiden, dass sie sich nachts heimlich davonschlich und sich mit ihrem Mentor und dem zweiten Anführer des Sturmclans traf? Barg sie ein Geheimnis, welches sie ihrer besten Freundin nicht verraten wollte?
Nein, dass würde sie niemals tun... mir etwas geheim halten.
Sturmruhe trennte sich von ihren Gedanken und erhob ihre linke, mit vertrocknetem Schlamm überzogene Tatze und wühlte in den Mixturen herum. Sie hatte es noch nie wirklich nötig, solche Medizin zu sich zu nehmen und wenn sie es sich genau überlegte, war Sturmruhe schließlich nicht krank, also unterließ sie es, die Kräuter einzunehmen und schloss ihre Augen für eine Weile, konnte aus Besorgnis dessen ungeachtet nicht einschlafen.

Das Plätschern auf dem Bau wurde unbeugsam rasanter und hochgradiger. Die dunkle Katze blickte nach oben. Es schien ihr so, als ob sich der Regen immer weiter nach unten bohren würde. Das Wasser war schon in die matschige Erde eingesickert und tropfte wieder über Sturmruhe hinunter. Sie wendete sich und betrachtete das immer stärker werdende Unwetter, bis ihre Auffassung von einem grellen, plötzlich erscheinendem Licht unterbrochen wurde. Ein ohrenbetäubender Knall wütete in den Ohren der kleinen Katze, die sich nun jämmerlich am Boden kauerte, so, wie sie es auch in Kieselauge's Bau getan hat. Kieselauge, was für ein Spiel spielte er? Hatte er eine andere Seite hinter dem strengen Mentor, die Sturmruhe nicht bewusst war? Ein weiteres blendendes Leuchten machte sich am Himmel bemerkbar, und obwohl Sturmruhe ihre Augen geschlossen hielt, konnte sie deutlich wahrnehmen, dass es sich um einen Blitz gehandelt hatte. Sie öffnete ungewollt sie Augen, blickte hinaus in das dunkle Lager, welches beinahe schon überflutete. Es war leer. Kein Anzeichen einer lebenden Katze machte sich bemerkbar, kein Hinweis auf Gerüche von Katzen, es war, als wäre der gesamte Clan ausgestorben.
In den schon tief gebuddelten Löchern schwamm das Wasser schon über, und aus der Ferne waren keinerlei Bäume mehr zu verzeichnen. Ihr Blick wandte sich wieder geradeaus. Eine große, schwärzliche Gestalt machte sich aus der Ferne bemerkbar. Mit jedem Fuß, den die Kreatur in Sturmruhe's Richtung machte wurde sie größer, und größer, bis sie letztlich so pompös war, dass Sturmruhe hochblicken musste, um die Augen der Katze ausfindig machen zu können. Der Wind wehte die Haare des Tieres, und die dunklen Farben des Horizontes verschmelzten mit den der hochaufgeschossenen Katze. Das Wesen fauchte zornig, fletschte die Zähne und Sturmruhe wusste, dass nur eine Katze so hasserfüllt dreinschauen konnte - Nebelhaar. Er erhob seine gigantische Pranke, holte aus und schleuderte seine mickrige Gegenüber in die Ferne, doch sie spürte keinen Schmerz, sie hustete ununterbrochen, inzwischen die unbewusst in Ohmacht fiel.

Sturmruhe öffnete ihre kleinen Augen rapide, sprang auf und hustete schmerzvoll. Als sie auf sich hinunterschaute, bemerkte sie, dass der gesamte Erdboden ihres Baues mit Schlamm und Wasser überdeckt war und die Kräutermixturen sich schon längst verteilt hatten. Erst nach einigen Sekunde war ihr klar, dass sie trotz ihres Widerwillens, einschlafen zu wollen, eingenickt ist und dem Sturzbächen von Wasser hilflos ausgeliefert. Allein die Angst vor Nebelhaar hatte sie dazu gebracht, ihrem Traum zu entfliehen. Ihre vier Pfoten standen schon längst unter dem Wasser. Es machte sie äußerst unsicher, als sie darüber nachdachte und ihr bewusst wurde, dass sie wenige Sekunden später schon hätte tot sein können. Um sich nochmals zu vergewissern, dass dies nur ein Traum gewesen sei, blickte sie hinaus aus ihrem Bau - kein Anzeichen von Nebelhaar. Aber was sollte dieser Traum bedeuten? Ein Zeichen?
Sturmruhe schüttelte den Kopf und versuchte aus ihrem Bau zu gelangen. Der Weg von außerhalb zum Inneren des Baues war glitschig und feucht, weshalb die Katze es versuchte, mit einem Satz nach oben zu gelangen, sie hatte es gemeistert. Panisch schaute sich die verdreckte Katze um. Der Himmel war dunkler wie zuvor und der Regen wollte in keinster Weise nachlassen. Das Lager drohte zu überfluten, und wenn nun niemand handelte, würden die jungen Katzen ertrinken. Kurz bevor sie in Richtung des Anführerbaus sprinten wollte, sprang Böenstern wie aus dem Nichts aus einem Gebüsch, gefolgt von mehreren Kriegern und Schülern. Im Nu gesellte sich Sturmruhe zu den beunruhigten Flüchtlingen, in der Hoffnung Rosenschweif wäre bei ihnen. Dieser Wunsch sollte sich jedoch nicht erfüllen.
>>Sturmruhe!<<, rief er erleichtert, als er die kleine Katze zu ihm rennen sah. >>Ein Glück, du bist wohlauf.<<
Die Katze nickte unsicher und beobachtete die restlichen Katzen hinter ihrem Anführer. Dieser blickte in den Himmel, sein langes Fell schwamm förmlich im Matsch am Boden, und sprach:
>>Der Regen ist stärker geworden, wie es scheint. Wir müssen alle Katzen des Clans umgehend aus ihren Bäuen bringen, dort sind sie momentan nicht sicher.<< Sturmruhe nickte zustimmend, sie wusste, wovon er sprach. Um ihn zu helfen, hüpfte sie durch die geringen Wassermassen und kontrollierte die Bäue in ihrer Gegend, sie waren alle leer. So kehrte sie zurück.
>>Keiner mehr zu retten.<<, fügte sie sicher hinzu.
Böenstern fing währenddessen an, die Katzen hinter ihm zu zählen. Es schienen alle komplett zu sein, bis Sturmruhe einwendete:
>>Rosenschweif fehlt noch!<<
Der Anführer blickte die Schülerin an, schloss kurzfristig seine blauen Augen und fing an zu sprechen:
>>Rosenschweif ist hier nicht. Wir haben das ganze Lager nach unseren Mitkatzen abgesucht. Zwar haben wir viele gefunden, doch Rosenschweif war nicht dabei.<<
Die dunkle Katze schüttelte widerwillig den Kopf:
>>Sie muss hier aber sein!<< Böenstern versuchte die Katze zu beruhigen, erhob sich dann jedoch auf alle Viere.
>>Glaub' mir, Rosenschweif ist clever genug, um sich in Sicherheit zu bringen. Trotz ihrer Angst kann sie sich selbst retten, davon bin ich überzeugt.<<, erläuterte Böenstern mit strengem Ton und wandte sich den anderen Katzen zu:
>>Wir können hier nicht mehr bleiben, zeitweise. Der Regen ist zu heftig, als das er uns von Überschwemmungen verschont.<< Er blickte in Richtung Wald und fuhr fort:
>>Unsere einzige Möglichkeit, uns trockener und sicherer zu halten ist, dass wir in den tiefen Wald fliehen. Die Bäume fangen den Regen größtenteils mit ihren noch übrigen Blättern ab und vor dem starken Wind werden wir dort geschützt sein.<<
>>Nein!<<, wurde es von einer der Katzen eingeworfen. Nebelhaar trat aus der Menge heraus und blickte seinen Anführer mit leuchtenden Augen an.
>>Dort sind wir nicht sicher. Wenn wir uns in der Nähe von Bäume aufhalten, riskieren wir es, dass durch zu starken Windzüge die Bäume umknicken und uns verletzen.<<, erklärte er, in seiner Stimme konnte Sturmruhe einen Hauch von Panik vernehmen. Scheinbar hatte auch Böenstern dies bemerkt, ließ es sich jedoch nicht mehr weiter ansehen.
>>Der Regen wird schon über dieses Gebiet gewütet haben, ebenso wie der Wind.<< Es war unübersehbar, dass Nebelhaar die Aufforderung von Böenstern nicht gefiel, so zog er sich mit einer Mimik wie von Schreck gepackt zurück. Der Anführer blickte zu Stummelschwanz und Kieselauge, befahl dann:
>>Ihr beide bleibt hinter der Gruppe. Wir können es uns nicht leisten, dass jemand verschwindet.<< Der graue Kater blickte in die entschlossene Richtung, die sie gehen wollten und fügte hinzu:
>>Ich bleibe vorne und achte darauf, dass wir eine sichere Route gehen. Alle anderen bleiben gefälligst dicht beieinander.<<
Der Tonfall von ihrem Anführer gefiel Sturmruhe gar nicht, doch diese Strenge musste eben als Oberster sein. Als Böenstern beschloss, zu marschieren, blickten die anderen Katzen zu ihm und taten es ihm gleich. Dann verschwanden sie hinter einem Gebüsch auf einer Wiese zum Wald. Sturmruhe folgte ihnen, warf aber noch einen letzten Blick zum verlassenen Lager. Sie hielt nicht lange inne und trottete mit der Gruppe.

Die Wiese war schon längst nicht mehr Frühlingsgrün. Das gesamte Gras wurde von den stürzenden Wasserbächen ertrunken und immer mehr Schlamm sammelte sich an tiefer gelegene Einkerbungen. Man konnte nicht ahnen, ob eine schlammige Pfütze tief war, oder nicht, so wichen sie Katzen ständig den Fallen aus, während der kalte Regen ihr Fell benetzte. Aber und abermal schauten die reisenden Katzen in den Himmel, als er anfing, brodelnde Geräusche von sich zu geben. Sturmruhe hatte Platz zwischen zwei klitschnassen Katzen gefunden, ihre Erschöpfungen hatte man ihnen angesehen, trotz des langsamen Schrittes, den sie gingen und der kurzen Route, die bis jetzt erst zurückgelegt hatten. Sturmruhe's Fell war nun gänzlich durchnässt. Es existierte rein gar keine Stelle mehr, die nicht vom prasselnden Regen heimgesucht wurde, so erging es ihren Mitkatzen ebenfalls. Böenstern jedoch blieb aufrecht und achtsam, er versuchte alles, um seinen Clan in Sicherheit zu bringen, Sturmruhe respektierte ihn dafür.
Während des Marsches blickte die Schülerin immer wieder über ihre Schulter, um Kieselauge zu beobachten, spähte jedoch immer wieder geradeaus, wenn sich ihre Augen trafen. Wieso verhielt sich ihr Mentor so unsicher? Irgendetwas war im Clan, das war ihr sicher.
Nebelhaar hielt sich direkt hinter Böenstern auf und blickte sich immer flink um, als ob er etwas suchen würde.
Sturmruhe's Nase lief ununterbrochen, sie zog ständig wieder hoch. Neben dessen vernahm sie ständig in unregelmäßigen Abständen ein Niesen von den Katzen. Sie wollte nichts mehr, als aus diesem feuchten Albtraum herauszukommen, und sich bewusst sein, wo Rosenschweif steckte. Ungeachtet, wohin sie ging, prallte sie mit Nebelhaar zusammen, der sich kurz nach hinten verzog. Ohne Worte blitzte er sie finster an und näherte sich Kieselauge, welche dann etwas besprachen. Der Regen plätscherte zu laut, als das sie überhaupt ansatzweise etwas verstehen konnte, was die beiden zu bereden hatten. So sprang sie mit einem Satz durch die Katzenmenge und erreichte ihren Anführer.
>>Böenstern, ich muss dich etwas fragen.<<, versuchte sie die Aufmerksamkeit von ihm zu erregen. Dieser ließ nicht von der Route ab, versicherte aber mit einem Nicken, dass er ihr zuhörte.
>>Naja, wie soll ich es sagen. Ist dir in letzter Zeit irgendwie etwas Seltsames aufgefallen?<< Sie blickte währenddessen auf den matschigen, bepflanzten Boden.
>>Was meinst du? Gibt es etwas, was ich wissen sollte?<<, fragte ihr Anführer wissbegierig und konnte den Wald erkennen. Er wendete sich während deines Marsches dem Clan zu und verkündete:
>>Wir müssen uns ranhalten. Wir sind gleich angekommen.<<
Nach der kurzen Rede erwähnte Sturmruhe:
>>Ich bin mir nicht sicher. Nebelhaar und Kieselauge verhalten sich in letzter Zeit.. wie soll ich sagen?<< Eine kurze Pause verhalf ihr weiter.
>>Sonst reden sie nie miteinander. Und das, seitdem Rosenschweif verschwunden ist. Denkst du, dass hat etwas damit zu tun?<<
Böenstern schüttete nur kalt den Kopf und seine Stimme wurde etwas strenger:
>>Sturmruhe! Du willst doch nicht ernsthaft unserem zweiten Anführer und deinem eigenen Mentor vorwerfen, sie hätten Rosenschweif etwas angetan.<<
Sie merkte, dass sie das nicht hätte sagen sollen, verneinte jedoch:
>>Nein, das meinte ich nicht. Aber...ihr Geruch klebte an ihrem Fell!<<
Urplötzlich blieb ihr Anführer stehen und blickte leicht genervt auf die Schülerin hinab, der Rest der Gruppe stoppte ebenfalls nach und nach.
>>So Sturmruhe. Ich kann es nicht fassen, dass du so über deine eigenen Mitkatzen denkst. Ich war ja immer beeindruckt von dir, aber jetzt bin ich wahrlich enttäuscht. In der nächsten Zeit will ich darüber nichts mehr davon hören, dass die beiden etwas damit zu tun haben sollen!<< Dann führte sie den Schritt fort.
Sturmruhe zog sich leicht gekränkt zurück. Sie verstand es nicht, warum ihr eigener Anführer sie nicht verstehen wollte. Der Geruch von Rosenschweif stieg ihr in der Nase, während sie wieder vor den beiden stand. Sie wusste, was wirklich gesehen war, und auch ohne Hilfe von Böenstern könnte sie dem Clan enthüllen, was für ein Spiel die beiden wirklich trieben.


Kapitel 6





Während der Regen immer noch wie eine Peitsche auf das schon nasse Fell der reisenden Katzen schlug, erreichten sie gemächlich ihr Ziel. Sturmruhe fühlte sich nach wie vor verletzt - verletzt von ihren eigenem Anführer, welcher sich normalerweise die Probleme anderer widmen musste, dies bei der Schülerin jedoch nicht tat. Er war zwar ziemlich im Stress, da er den Clan sicher halten und ihn behüten musste, doch so eine zornige Abfuhr erschien in ihren Augen schon etwas zu viel. Die Schülerin empfand es, als würde das Blut in ihren Pfoten schon gefroren sein, denn der überschwemmte Boden sickerte nicht mehr ein. Jeder einzelne Schritt schmerzte und sie wusste, dass es ihren Mitkatzen ebenso erging, denn ihre schmerzerfüllten Gesichter waren nicht zu übersehen. Erleichterung stieg in ihr auf, ihr Blick richtete sich nach vorne und der Wald war deutlich zu sehen. Die Bäume waren karg und Blätter waren keine zu sehen, abgesehen auf dem feuchten Boden. Das Laub wurde in der Luft geschleudert, als würde der Wind mit den Blättern tanzen. Als wäre der Schmerz in ihren Pfoten nicht schon schlimm genug, begannen schon die ersten Kopfschmerzen in ihr zu wüten. Diesen ganzen Gedankengänge und Sorgen in letzter Zeit machte ihr immer mehr zu schaffen, sie brauchte einfach ein wenig Ruhe. Doch so sehr sie es brauchte, Rosenschweif brauchte sie, wo immer sie auch war. Kurz bevor sie überhaupt zu Ende gedacht hatte, kamen sie auch schon im Wald an.

Die Katzen erfreuten sich, das Unwetter nahm seinen Lauf und schwächelte. Der Regen hatte scheinbar schon seinen Höhepunkt erreicht und würde nun geradewegs über das Lager stürmen. Böenstern sprang mit einem Satz zu einem höheren Felsen, welcher sie über ein Moosbeet erhob. Dabei schüttelte der Anführer sich kräftig. Die Katzen versammelten sich vor ihrem Anführer, einschließlich Nebelhaar und Kieselauge, welche sich wieder getrennt hatten. Der zweite Anführer nahm neben seinem Anführer Platz.
>>Wir sind angekommen. Während wir hier ruhen, wird unser Lager vom Regensturm heimgesucht. Wir können dort erstmal nicht verweilen.<<, verkündete Böenstern mit leicht gereizter Stimme, scheinbar von Sturmruhe. Dann fügte Böenstern hinzu:
>>Der Regen hat wahrscheinlich alle Tiere in ihre Bäue verscheucht, weswegen wir hier nicht jagen können. Falls es doch jemand schaffen konnte, ein Tier zu ergattern, gilt natürlich gerechtes Aufteilen.<<
Zum Schluss bat er die Gruppe, sich ruhig zu verhalten und sich trocken zu machen. Anschließend tapste er auf den Erdboden und leckte sich trocken. Der Himmel war trotz der Ruhe vom Regen immer noch dunkel, allerdings nicht so düster wie zuvor. Obwohl der Wind nicht zu spüren war, die Kälte war es deutlich.
Sturmruhe leckte sich, wie viele andere Katzen in ihrer Nähe auch, ihr Fell trocken und linste dabei immer unauffällig auf Nebelhaar, der sie jedoch nicht beachtete. Ihr war unwohl, so alleine in der Gegend herumzustehen und gesellte sich zu einer Blizzardherz, welcher sich aufwendig um ein hell-graues Fell kümmerte. Der Blaustich, den er üblicherweise bei Sonnenschein zum Ausdruck brachte, war bei seinem nassen Fell und diesen Wolken nicht zu erkennen.
>>Hast du schon einmal so einen starken Regen erlebt?<<, fragte Sturmruhe neugierig den älteren Krieger. Er musste in ihren Augen sicherlich schon sehr viel erlebt haben. Während er sein Fell leckte erläuterte er konzentriert:
>>Ja, ich war damals so alt wie du. Zuerst wurden die Wolken dunkler, dann fing es langsam an zu regnen.<< Die Schülerin hörte aufmerksam ihrer Mitkatze zu, vergaß dabei ihr Fell weiterzupflegen. >>Ich dachte erst, der kleine Schauer würde bald zu Ende gehen, doch ehe ich mich versah, stand das ganze Lager schon unter Wasser.<<, lachte er und kümmerte sich um seine mit Schlamm bedeckten Pfoten.
>>Ein Glück war es nicht so windig und unser Lager war auf der Spitze eines Hügels, weswegen das ganze Wasser abfließen konnte. Panik hatte ich trotzdem.<< Die Schülerin schaute seinen Gegenüber mit großen Augen an:
>>Aber wir können doch wieder zurück, oder nicht?<< Blizzardherz lachte erneuert und stupste seine Nase gegen ihre.
>>Keine Sorge, das Wasser ist bald wieder verschwunden. Dann können wir wieder zurückkehren.<< Er wechselte die Pfoten während zum Säubern. Dann stellte unerwartet eine Frage, stoppte seine Säuberung und blickte tief in ihre bernsteinfarbenen Augen:
>>Sag' mal, was war denn vorhin los? Also das mit dir und Böenstern.<<
Ihre vorhin so großen, erstaunten Augen verformten sich zu ängstlichen, nachdenklichen. Sie wollte die anderen Katzen nicht mit ihren Problemen volljaulen, sie hatte schon genug Aufruhr bei Böenstern vollbracht, und er würde nicht sehr erfreut sein, wenn dieses angebliche Gerücht seinen Umlauf im Clan nimmt.
>>Ist nicht so wichtig...nichts besonderes.<< Ihr Blick verflog zu Nebelhaar's Richtung, während die Schülern mit Schrecken feststellen musste, dass er nicht aufzufinden war. Um sich ihre Panik nicht anmerken zu lassen, blieb sie ruhig, verlangsamte ihren Atem und schaute sich unauffällig in der Menge um. Ihre Mitkatzen pflegten sich, sprachen miteinander und verhielten sich friedlich, doch ihr zweiter Anführer war nicht zu verzeichnen. Sie verabschiedete sich freundlich, indem sie seine Flanke berührte und hüpfte behutsam mit großen Augen durch die Gemenge. Sie hätte schwören können, dass sie jede einzelne Katze unter die Lupe genommen hatte, und bei keiner einzigen handelte es sich um Nebelhaar, so versuchte sie seinen Geruch wahrzunehmen und tatsächlich konnte sie eine starke Fährte wahrnehmen, welche tiefer in den Wald führte. Sofort preschte sie los, ohne nach hinten zu blicken, indessen ihr die ein oder andere Katze ihr hinterschaute. Vom Gedanken geplagt, Nebelhaar hätte Rosenschweif etwas angetan, bemerkte sie in keinster Weise, dass Kieselauge vor ihrer Route sprang und sie aufhielt. Mit Blitzeschnelle versuchte sie ihre Pfoten im Erdboden zu graben, um so zu bremsen, doch der glitschige Boden gestattete dies nicht und so rammte Sturmruhe ihren Mentor. Unterdessen sie sich aufrappelte, predigte Kieselauge:
>>Warum hattest du es denn so eilig?<<
Sie schütteln kurz den Kopf, stellte sich auf ihre vier Beine und leckte sich flink ihre Pfote. Folgend erklärte sie noch etwas verwirrt:
>>Ich habe..ich habe Beute gerochen.<< Sie wusste, dass dies nicht stimmte und hoffte, dass ihm der fehlende Geruch nicht auffielt. Er blickte sie mit schiefem Kopf an, krümmte seine Nase und nickte.
>>Du hast recht. Dort ist etwas zu Essen.<< Sturmruhe formte ihre Augen zu Schlitzen. Wusste er, was sie vor hatte und wollte es sich nicht anmerken lassen? Schließlich gab es dort in Wirklichkeit kein einziges Beutetier - oder doch? Er erstreckte sich in die Höhe und blickte in den Wald:
>>Ich werde uns die Beute beschaffen. Du bleibst hier. Du hast dich schon genug erkältet, wie ich sehe.<< Sie zog ruckartig die Nase hoch und entfernte sich ein Schritt von ihm. >>Wenn du mir hinterherrennst.., du weißt ja, was ich dir gesagt habe.<< Mit diesem Satz beendete er das kurze Gespräch und hastete in die Tiefe des Waldes, bis seine Laufgeräusche im Ton des leichten Regenfall verstummten. Sie verspürte das dringende Bedürfnis, ihm hinterherzurennen, doch so vieles sprach dagegen, dass sie es tun sollte.
Plötzlich vernahm sie Böenstern's Stimme, die ihr zurief:
>>Sturmruhe, was treibst du denn dahinten?<< Nach dieser Frage sprang sie zu ihrem Anführer und erzählte ihr, während sie gelegentlich ihr Fell schüttelte:
>>Ich wollte...Beute jagen. Die Arbeit hat mir dann Kieselauge abgenommen.<< Böenstern schaute auf sie hinab.
>>Es war richtig von dir, Beute beschaffen zu wollen, aber wie ich dir sagte, und Kieselauge dir bestimmt auch, solltest du dich nicht großartig viel bewegen. Dein Fell ist nass und diese Windzüge lassen dich nur erkranken.<< Es kam der Schülerin seltsam vor. Vor einigen Momenten war er noch völlig aufgebracht über sie, und nun sorgte er sich wieder um sie. Klar war ihr, dass egal ob der Anführer Stress mit ihren Mitkatzen hat, er sich dennoch um sie kümmern musste, auch wenn er es wirklich nicht wollte. Während des Gespräches hatte sich der zweite Anführer Nebelhaar, von dem sie schwören konnte, er hätte sich nicht bei Böenstern aufgehalten, von den beiden entfernt, dies war die perfekte Gelegenheit für ein klares Gespräch, obwohl sie wusste, dass dies keine gute Idee war. Mit nun wieder gepflegten Fell verfolgte sie den leicht-gecheckten Kater und Schritt und Tritt, bis er Halt machte. Sturmruhe stellte sich vorsichtig vor ihn und begann zu sprechen.
>>Nebelhaar..<<, nannte sie seinen Namen. Er hingegen betrachtete sie und schaute ihr mit neutraler Miene ins Gesicht.
>>..ich will dich etwas fragen.<< Bevor sie begann zu reden, schaute sie kurzzeitig zu Böenstern, dann wieder zu Nebelhaar. Ihr war es nun egal, ob ihr Anführer das nun wollte, oder nicht, Klarheit musste vor.
>>Ich weiß, dass ihr in letzter Zeit etwas verärgert gegenüber mir wart, da ich euch beschuldigt hatte, ihr hättet was mit Rosenschweif's Verschwinden zu tun.<< Auch, wenn Sturmruhe hoffte, so würde das Kriegsbeil zwischen ihnen besiegelt sein, bemerkte sie, dass Nebelhaar kein Interesse an diesem Gespräch hatte und wendete sich schon nach kurzer Zeit wieder zu Böenstern und verließ die Schülerin. Zuletzt seufzte sie und sah ihm hinterher.
Sie wunderte es, dass trotz Rosenschweif's Abwesenheit immer wieder der Geruch von ihr in der Luft lag und keiner der Katzen dies bemerkte. Sie malte es sich so aus, dass nur sie an Rosenschweif's Geruch gewöhnt war, weshalb die anderen nicht darüber urteilen konnten.

Nachdem einige Zeit vergangen war, sich die Katzen müde fühlten beschloss Böenstern, etwas anzukündigen. Mit müden Augen verfolgten die Katzen ihren Anführer, welcher auf dem Hochfelsen Platz gefunden hat.
>>Ich sehe, ihr seid sehr erschöpft, weshalb wir uns Nester bauen müssen, um die bevorstehende Nacht nicht auf dem kalten Erdboden verbringen zu müssen.<< Er pauste, überflog die Menge und fuhr fort:
>>Während sich Kieselauge um Beute kümmert, werden sich einige Krieger von euch um die Materialbeschaffung kümmern müssen. Blizzardherz, Stummelschwanz, Orkanfell, ihr werdet das übernehmen.<< Alle von ihnen waren Krieger, abgesehen von Stummelschwanz und Blizzardherz hatte sie nie etwas mit Orkanfell am Hut. Seine Fellfarbe war keine feste. Jede Stelle wies eine andere Mischung aus Farben auf, die Farben vermischten sie in einem großen Strudel, daher auch sein Name Orkanfell. Sie sprachen sich einander ab und beschlossen los zu gehen. Im Gegensatz zu Kieselauge nahmen sie den westlichen Weg. Schleunigst spähte sie zu Böenstern, welcher gerade von Nebelhaar abgelenkt war, so schlich sie zusammen mit den anderen drei Kriegern in den westlichen Teil des Waldes. Dabei hoffte sie, unerkannt zu bleiben, bis sie hinter einem großen Gebüsch, welcher beim Berühren sein Blätter verlor, verschwand.

Schon nach kurzer Zeit bemerkten die entschlossenen Krieger, dass sich eine Schülerin eingeschleust hatte. Mit mahnender Stimme flüsterte Stummelschwanz, während die anderen anhielten und zuhörten:
>>Was machst du hier? Solltest du nicht beim Lager bleiben?<<
Sturmruhe macht große Augen, in der Hoffnung, die Krieger würden ihn verstehen:
>>Ich bin mir sicher, dass sich hier irgendwo Rosenschweif aufhält, ich rieche sie.<< Die Krieger schauten sich nur fragend an.
>>Ihr müsst mich mitnehmen. Es geht hier um meine Freundin. Und Böenstern wird euch auch nichts vorwerfen, ich werden dann die Schuld auf mich nehmen, ganz sicher. Nur bitte, bitte nehmt mich
mit.<< Stummelschwanz war schon immer als mitfühlender, sensibler Kater bekannt, trotz seines Amtes als Kriegers, die sonst immer so taff sein sollten. Wortlos nickte Stummelschwanz, stupste ihre Nase an und preschte wieder zu seinen Kriegern, die ebenfalls ihren Gang weiterführten. Der gesamte Boden war mit braunem Laub bedeckt, man versank immer wieder, wenn man nicht schnell genug wieder aus einem Laubhaufen heraussprang. Ihr Fell wurde ständig von den feuchten Blättermassen benetzt, doch das kümmerte die Sammler wenig.
>>Dort, eine Erhebung!<<, rief Orkanfell und forderte die Krieger auf, dorthinzueilen. Jede ausgewachsene Clankatze wusste, dass an starken Erhebungen Moos wuchs, eine Pflanze, die perfekt für das Bauen von Nestern war. Auf dieser Erhebung befand sich ebenfalls in größeres, dunkles Loch, welches ins Unbekannte führte. Als letztlich ein langer, weißer Schweif aus diesem rausragte, schrie sie: >>Rosenschweif!<<


Kapitel 7





Sturmruhe riss schlagartig ihre braunartigen Augen auf. Dieser buschige, weiße Schweif hatte exakt dieselbe Struktur wie der von Rosenschweif - er ähnelte einem Ast einer Rose. Scheinbar hatten es Blizzardherz, Stummelschwanz und Orkanfell nicht bemerkt, denn aus ihren Augenwinkeln konnte sie deutlich erkennen, dass sie Ausschau nach Materialien hielten. Die moosbedeckte Erhebung, an dem sich der Schweif erkennbar machte, war einige Meter von ihnen entfernt und erstreckte sich in die Höhe auf dem ersten Hügel, an welchem Blizzardherz mit Hilfe seines Maules Moos ausriss. Sie registrierte den Weg, den sie hinaufsteigen wollte und stützte ihr gesamtes Gewicht auf ihre Hinterbeine, bis sie in einem Satz auf die erste Erhebung sprang. Ruckartig erregte sie die Aufmerksamkeit der drei Sammler, die ihr Vorhaben mit leichter Besorgnis begutachteten. Von dieser Position aus konnte sie den Schweif und den dunklen Eingang nicht mehr erkennen, nur das hohe, feuchte Gras wedelte ihr im Gesicht. Erneuert kontrollierte Sturmruhe eine Stelle, an welcher sie sicher oben ankäme, wenn sie hinaufspringen würde. In ihr Blickfeld setzte sich ein unbepflanztes Areal, auf welchem sie folglich heraufsprang, mit den Hinterpfoten auf dem glitschigen Erdboden ausrutschte und sich durch Kraft noch oben ziehen konnte.
Entsetzen und Enttäuschung fuhren in die Mimik der Schülerin als sie erkannte, dass der Schweif nicht mehr zu sehen war. Ihre Gefühle hielten sie dennoch nicht davon ab, in das finstere Loch, welches wahrscheinlich in den Erdboden führte, zu klettern. Sollte sie es wagen? Sie schnupperte am Loch, doch anstatt wie gehofft stieg ihr ausschließlich der Geruch von nasser Erde in die Nase, wie in den letzten vergangen Stunden ebenfalls. Von ihrer Besessenheit, Rosenschweif zu finden bemerkte sie nicht, das Blizzardherz neben ihr Platz gefunden hatte und sie mit seinem Kopf berührte.
>>Gibt es da unten irgendetwas zu sehen?<<, neigte er den Kopf und spähte dann auf Loch, welches unendlich tief schien. Sturmruhe blickte ihn mit großen Augen an und erwiderte:
>>Ich glaube, ich habe Rosenschweif gesehen.<< Ihr Gegenüber schaute sie nur verwirrt an. >>Ich habe ihren Schweif gesehen. Sie ist mit Sicherheit hier hereingefallen.<<
Der hell-graue Krieger schüttelte energisch den Kopf und stieß leicht mit seinem Körper gegen ihre Flanke, sodass sie zur Seite geschoben wurde, folgend fügte er hinzu:
>>Ich weiß was du vor hast. Du springst mir da nicht rein. Wenn du da nicht mehr herauskommst, ist es am Ende wieder unsere Schuld, weil wir dann als die Unverantwortlichen dargestellt werden.<<
Die junge Schülerin jedoch vernahm seine Mahnungen nur beiläufig und schaute weiterhin in das Loch, bis sie dann lautstark miaute:
>>Rosenschweif!<< Wenige Sekunden vergingen, und auch Blizzardherz schaute nun aus Neugier in das Loch, von dem Gedanken überholt, Rosenschweif könnte wirklich dort hineingefallen und verletzt sein.
Die Wolken am Horizont verloren immer mehr an Finsternis und einzelne, schwache Sonnenstrahlen verirrten sich zwischen die kargen, ehemals grünen, Bäumen. Nochmals steckte sie fast ihren ganzen Kopf in das Loch und schrie ihren Namen. Abrupt flog Sturmruhe quieckend und gleichzeitig fauchend in die Höhe, gefolgt von einem weißen Etwas, dessen Zugehörigkeit aufgrund seiner Schnelle nicht von den drei anderen Kriegern zugeordnet werden konnte. Blizzardherz erschrak, sprang nach hinten und verfolgte Sturmruhe, wie sie letztlich auf dem feuchten, harten Boden stürzte, das Laub hemmte diesen Aufprall in keinster Weise.

Zischend mit ausgefahrenen Krallen ringte die junge Schülerin mit einem Wesen, welches die Größe einer ausgewachsenen Katze besaß, zwischen Stummelschwanz und Orkanfell. Der wild-gecheckte Krieger stürzte sich direkt auf den Angreifer, während Blizzardherz aus nächster Höhe das Geschehen mitverfolgte und erst dann von der Erhebung sprang, als er erkannte, dass es sich um einen weiß-schweifigen Fuchs handelte. Der fauchende Fuchs wurde von der Kraft des Kriegers auf den Boden geschleudert, während Orkanfell seine Krallen ausfuhr und diese auf seinen Bauch hetzen wollte. Ehe er sich versah befreite sich das Tier aus seinen Fängen und biss ihn mit seinen messerscharfen Zähnen in das linke Hinterbein. Orkanfell heulte ohrenbetäubend auf, was Stummelschwanz dazu veranlasste, ihn zähnefletschend wegzustoßen und seine Zähne in den Schweif des Attackierenden zu rammen. Dieser wendete sich und stürzte sich mit Elan auf das Haupt des kurzschwänzigen Katers und krallte in sein Gesicht, bis Stummelschwanz letztlich vom Schweif abließ und der Fuchs rasant flüchtete. Zum Angriff bereit rannte Blizzardherz dem Fuchs hinterher, er würde eine große Beute darstellen, wurde aber schließlich bewusst, dass dieser zu flink und schon in den Laubhaufen verschollen war, so stoppte er und widmete sich seinen Kumpanen.
Stummelschwanz winselte leise, den Kopf am Erdboden gesunken. Blut tropfte auf die schon rötlichen Blätter, eine längliche Wunde quer über sein Auge machte sich bei den Katzen bemerkbar. Sturmruhe leckte ihr Fell, es war mit einigen Kratzern, jedoch keinen ernsthaften Verletzung, übersäht. Orkanfell humpelte zu Blizzardherz, dem einzigen der drei Krieger, der keine Verletzungen aufwies. Dieser musterte sein blutendes Bein, welches sich immer krümmte, wenn er mit diesem auftrat. Sein Gesicht war schmerzerfüllt, immer wieder kniff er die Augen so fest er konnte zu. Der hell-graue Kater beäugte noch einmal den Weg, den der Fuchs gegangen war und blickte sorgenvoll zu seinen verletzten Freunden. Dann traf es Sturmruhe wie der Blitz, als Blizzardherz sie mit finsterem Blick anstarrte. Erst dann war ihr klar, dass sie Schuld daran war. Sie provozierte das Tier mit ihren Schreien und wurde angegriffen. Doch Stummelschwanz und Orkanfell waren nur da, um zu helfen, da sie scheinbar zu schwach war, um sich selbst zu verteidigen. Die Schülerin schüttelte mit Angst den Kopf, sie wollte es sich nicht noch mehr einreden.
>>Ich...ich kann Hilfe holen.<<, stammelte sie, erhob sich und verdrängte die leichten Schmerzen der Kratzer, doch sie bereute, ihre Hilfe angeboten zu haben. Denn darauffolgend setzte Blizzardherz alle vier Pfoten auf und blitzte sie an: >>Du hast schon genug getan! Es ist das Mindeste, dass du jetzt Acht auf die beiden gibst. Wer weiß... wenn wir dich jetzt losschicken, wirst du auf dem Weg vielleicht von einem wütenden Kaninchen platt getrampelt.<< Dieser Spott war in Sturmruhe's Ohren unüberhörbar, sie kniff die Augen kümmerlich zusammen ohne ein Wort zu sagen. Dann sprintete er los in Richtung der Clankatzen. Während Sturmruhe immer noch mit zugekniffenen Augen tief ein und ausatmete, nahm sie die beruhigende, gedämpfte Stimme von Stummelschwanz wahr:
>>Mach' dir keine Vorwürfe. Blizzardherz benimmt sich immer so.<<
Die Schülerin näherte sich dem gekränkten Kater:
>>Aber es ist doch meine Schuld. Hätte ich den Fuchs nicht auf mich gehetzt, hättet ihr mir nicht helfen müssen.<< Sie schämte sich innerlich für den Satz, dem der Wahrheit entsprach. Sturmruhe musste einsehen, dass sie nicht so stark wie die Krieger war und im Grunde genommen nur ein kümmerlicher, kleiner Schüler.
>>Ach was, der eine Kratzer im Gesicht.<<, verhöhnte Stummelschwanz die Wunde ohne Hintergedanken. Doch in den Augen der braunen Katze war es längst keine 'kleine' Wunde, das Blut überströmte wahrlich sein gesamtes Gesicht und vermischte sich im sonst so sauberem Fell. Orkanfell schwieg. Seine Schmerzen waren einfach zu intensiv, als dieser Laute, abgesehen vom kaum hörbaren Quiecken, von sich geben konnte. Er legte sich auf den feuchten Laubboden.
Sturmruhe senkte ihren Kopf. Scheinbar musste sie es wirklich aufgeben, nach Rosenschweif zu suchen. Relevant, was sie tat, um ihre Freundin zurückzuholen, es endete immerzu im Ärger. Nebelhaar und Kieselauge durfte sie nicht verdächtigen, ansonsten würde sie sich Stress mit ihrem Anführer einfangen. Sie schien hilflos, ohne ihre Freundin.
Sturmruhe blickte in den trüben im Himmel, seine Farben waren kalt. Der Wind wehte durch ihr zersträubtes Fell, doch sie verspürte keine Kälte, es war nur das Gewissen, welches sie plagte. Sie vernahm das das Geräusch vom leisem Winseln des Katers, welcher sich wegen seines Beines krümmte und den Schwanz einzog. Die Schülerin besaß sein tiefstes Mitlied und schaute ihn mit leidender Mimik an, doch dieser würdigte sie keines Blickes. Alles, was sie nun hoffte war, dass Blizzardherz mit Graufleck zurückkam, damit diese sich schnell um ihn kümmern konnte. Solang hielt die kleine Katze Ausschau nach etwas, was die Wunde schützen könnte. Ihr Kopf erhob sich und schaute um sich herum. Nichts außer dreckiger Blätter zierte den ehemalig grasgrünen Erdboden.

Nach einigen Minuten voller Qual und Pein vernahm die Kätzin aus der Ferne ein lautes Rascheln, es waren drei Katzen ihres Clans. Blizzardherz wurde scheinbar neben Graufleck noch von einer weiteren Kriegerin begleitet. Sie war von großer Statur, besaß dunkel-graues Fell und war in düsteren Brauntönen gecheckt.
>>Schimmertropfen!<<, rief Sturmruhe ihren Namen, die ihre Geschwindigkeit sofort erhöhte, dabei richtete sie ihren Blick verwundert auf Orkanfell und Stummelschwanz. In ihren Augen konnte man erkennen, dass sie darauf nicht vorbereitet war. Blizzardherz wendete sich nach wie vor verächtlich von Sturmruhe ab, sie seufzte nur.
>>Das sieht aber schlimm aus.<<, zitterte Graufleck's Stimme, als sie den niedergekauerten Orkanfell am Boden sah. In ihrem Mund fanden einige Spinnenweben Platz. Daraufhin erwiderte Blizzardherz mit sanfter Stimme:
>>Das ist es mit Sicherheit auch. So, wie der Fuchs in sein Bein gebissen hat, hat er bestimmt nicht nur eine Wunde davongetragen.<< Graufleck nickte. Sie wusste, dass mit Füchsen nicht zu spaßen war. Nicht nur, weil sie tödlich sein konnten, sondern auch aufgrund ihrer übertragbaren Krankheiten. Mit langsamen Schritten näherte sie sich dem wimmernden Krieger und widmete sich seinem verletztem Bein. Ein Schreck überkam sie, doch sie beherrschte sich. Sie legte die Weben auf den laubbedeckten Boden. Die Heilerin brauchte nicht lange nachzudenken und erhob den Kopf.
>>Er ist derzeit nicht in der Lage, selbst laufen zu können, dafür sind seine Schmerzen einfach zu groß.<< Graufleck war im Clan als die ängstliche und tollpatschige bekannt, doch jeder wusste, dass wenn es um ernsthafte Situationen ging, sie stets kühlen Kopf bewahrte und klug handelte. >>Die Wunde muss schnell behandelt werden, bevor sie sich noch mit weiteren Krankheiten aus der Luft infiziert.<<, sprach sie trocken. Sanft stupste die Heilerin mit ihrer Nase den Bauch des Kriegers an, womit sie ihm das Zeichen gab, sich auf die Seite zu legen. Danach bearbeitete Graufleck das Bein mit Spinnweben. Die Krieger und die Schülerin beobachteten das Geschehnis. Folgend sprach sie:
>>Sturmruhe!<< Die junge Kätzin wurde aufmerksam und tapste behutsam zu Graufleck. >>Du musst mir helfen. Ich kann nur einen Verletzten behandeln.<< Die Heilerin blickte daraufhin kurz zu Stummelschwanz, der sich mit deinen Pfoten das blutige Gesicht wusch. Anschließend bat sie:
>>Nimm ein wenig meiner Spinnweben und kümmere dich um Stummelschwanz.<< Die bräunliche Katze machte große Augen, doch nicht eher vor Aufregung, sondern aus Schreck. Sie könne doch niemals einen verletzten Krieger behandeln. Alles, was sie jemals gemacht hatte war, Graufleck bei ihren Arbeiten assistiert zu haben, doch so eine Bitte? Sie konnte den annähernden Spott von Blizzardherd wahrlich riechen. Derweil spähte der hell-graue Krieger skeptisch zu Graufleck:
>>Denkst du nicht eher, dass ein erfahrener Krieger wie ich einen Verbündeten behandeln sollte?<< Dabei spazierte er selbstsicher und gleichzeitig spöttisch zu Stummelschwanz.
>>Nein!<<, ertönte Grauflecks einschneidende Stimme. >>Ich habe Sturmruhe den Auftrag gegeben und sie wird ihn auch ausführen!<<
Schnurstracks stoppte der Kater und formte seine Augen zu Schlitzen und blitzte Sturmruhe an.
>>Wenn du willst, dass eine deiner Mitkatzen von einer Katze behandelt wird, die überhaupt erst an seiner Verletzung Schuld ist, dann bitte.<<, lachte er neckend und nahm wieder Platz an Schimmertropfen's Seite. Nun wusste die Schülerin, dass das sonst so neutrale Bündnis zwischen Blizzardherz und ihr gebrochen und verschlechtert wurde.
Leicht zögernd und von Blizzardherz' Spott verschüchtert setzte sie einen Fuß vor den anderen und blickte in Stummelschwanz' Augen. In seinen Augen konnte sie erkennen, dass es ihn nicht stören würde, von ihr behandelt zu werden, was sie schließlich ein Stück weit ermutigte. Kurz wendete sie sich von ihm ab, schnappte sich einen kleinen Büschel der Weben und marschierte zurück zum stummelschwänzigen Kater. Mit äußerster Vorsicht legte sie den Spinnweben auf die Wunde Stummelschwanz' und merkte, dass ihm dies leicht schmerzte. Unwissend, was nun zu tun war, presste sie die Weben platt und verhüllte die Wunde. Folglich riss sie mit ihrem Maul einige aus dem Laub hervorstehende Grashalme heraus und band sie um die Weben, um diesen Halt zu verpassen. Stummelschwanz regte sie kein Stück und ließ sich von Sturmruhe gefallen. Als sie ihre Arbeit beendet hatte, fragte sie leicht stotternd:
>>Ist es so gut für dich? Schmerzt es?<<
Das plötzliche Schnurren des Katers verriet ihr, dass sie gute Arbeit geleistet hatte. Graufleck beobachtete das Verhalten von Sturmruhe und schnurrte ebenfalls unbemerkt:
>>Ich bin erstaunt.<< Die Heilerin war beinahe fertig mit der Behandlung. >>Dieses Potential hätte ich in dir gar nicht erahnt.<< Für einen kurzen Augenblick vergaß Sturmruhe ihre Sorgen, ihre Gedanken und erfreute sich über das Lob und ihre geleistete Hilfe. Zum ersten Mal konnte sie sich revanchieren für das, wofür sie eigentlich schuldig war. Diese Freude verdrängte sich in Beklommenheit, als sie zu Blizzardherz hinübersah und dieser nur grimmig funkelte.


Kapitel 8





Sturmruhe konnte es nicht fassen. Scheinbar hatte sich hinter ihrem Wunsch, eine Kriegerin zu werden, das Potential gegeben, dazu in der Lage zu sein, die gleichen Arbeiten wie eine richtige Heilerin zu vollbringen. Stummelschwanz Ausdruck im Gesicht vermittelte ihr, dass seine Schmerzen ein Stück weit gelindert wurden. Er erhob sich und streifte ihr dankend die Flanke.
>>Wir haben keine andere Wahl, als den restlichen Clan hierher zu holen, da sich Orkanfell mit dieser Verletzung kein Stück regen kann.<<, ordnete sie an und schloss derweil ihre Behandlung ab. Der bunte Kater lag regungslos am Boden. Nur seine tiefen, scheinbar schmerzvollen Atemzüge ließen Kund geben, dass er noch nicht bei dem SternenClan angekommen war.

Sie blickte mit ihren glänzenden, tief-grauen Augen zu Blizzardherz und forderte ihn auf:
>>Du bist der einzige, der hier in keinster Weise verletzt ist. Bitte sag' Böenstern, dass...<< Sie unterbrach ihren Satz, als ihr Ohr zuckte und ein fernes Rascheln aufnehmen konnte. Ein dunkler Kater hüpfte durch die Laubmassen und sofort erkannte sie Kieselauge in ihn. Sturmruhe verfolgte ihn mit ihren Blicken schweigsam.
>>Was ist denn hier passiert?<<, miaute Kieselauge überrascht und musterte Orkanfell, der einschlafen zu schien. Die junge Schülerin blickte ihn voller Argwohl von der Seite an.
>>Ist das nicht offensichtlich?<<, ergriff Bizzardherz das Wort und verdrehte seine Augen. Anschließend fuhr Graufleck fort:
>>Du musst zu Böenstern und ihm von mir sagen, dass er den gesamten Clan hierherbringen soll.<< Der hell-graue Kater nickte, wendete sich ab und preschte davon. Die Blicke der zurückgebliebenen Katzen schweiften ihm hinterher. Dann schaute die Schülerin zu Kieselauge, der zu ihrer Verwunderung keine Beute mit sich trug, doch sie blieb stumm. Stummelschwanz setzte sich zu Kieselauge und sie begannen miteinander zu sprechen. Unterdessen rief Graufleck die junge Kätzin, die sofort aufeilte.
>>Ich habe noch nie eine solche Anfängerin gesehen, die so gut mit den Heilmitteln umgehen kann.<<, lobpreiste sie die aufmerksame Sturmruhe, die daraufhin zu schnurren begann. Ihr war auch nicht bewusst, aus welchem Grund sie Stummelschwanz so behandeln konnte ohne jegliche Anweisung. Handelte sie einfach dem Zufallsprinzip?
>>Hm..<<, überlegte die Heilerin. >>Schade, dass du eine angehende Kriegerin bei Kieselauge bist. Ich hätte dich zu gern als Heilschülerin bei mir aufgenommen.<< Sturmruhe's Augen funkelten groß. Es würde eine völlig andere Lebensweise als Heilerin aufweisen und eine freundliche Mentorin folgte daraufhin auch. Immer, wenn sie an ihren Mentor dachte, empfand sie großen Respekt vor ihm, dass er so intelligent und geistreich war, doch in letzter Zeit konnte sie ihm einfach kein Vertrauen mehr schenken. Es war für sie schon seltsam genug, dass Kieselauge einfach ohne Beute heimkehrte, obwohl er und sie wussten, dass dort in Wirklichkeit keine Tiere zum Fangen da waren. Schließlich könne er sich jedoch rausreden, er hätte nichts erlegen können, doch ob ihm als erfahrener Krieger diese Aussage gerecht war? Energisch schüttelte sie den Kopf, die Schülerin wollte sich nicht von ihren Gedanken ablenken lassen.
>>Du scheinst in letzter Zeit ziemlich verträumt zu sein.<<, lachte sie. Graufleck hatte es wohl bemerkt, dass sie nachdachte. >>Ich rieche leicht Angst in dir.<< Sturmruhe neigte leicht den Kopf, um zu versuchen auszusagen, sie würde nicht wissen, wovon die Heilerin sprach, doch das tat sie sehr wohl. Graufleck näherte sich ihr ein Stück und flüsterte:
>>Wenn dich etwas bedrückt, ich bin immer für dich da.<< Ihre Fürsorglichkeit und wohltuende Stimme erinnerte sie an ihre leibliche Mutter. Ihr wurde im Clan versucht zu erzählen, dass ihre Mutter Tauherz als aktive Kriegerin schwanger wurde und ihren Posten aufgeben musste. Aufgrund ihrer Ablehnung, das Krieger-Dasein aufzugeben, da sie ihre Jungen so beschützen wollte, wurden sie Jungen an eine der Königinnen abgegeben, damit sie sich schließlich einem heftigen Krieg zwischen dem Sturmclan und den Regentänzern widmen konnte, bei welchem sie schließlich ums Leben kam. Sie wollte nie realisieren, dass sowohl ihr Vater als auch ihre Mutter nicht mehr am Leben war und sie von einer Königin, Trüffelsprosse, aufgezogen wurde.
>>Es ist nichts besonderes.<<, erläuterte sie und blickte unbemerkt auf Kieselauge.
>>Wenn du Blizzardherz' Spott dir gegenüber meinst, dann mach' dir nichts draus. Er ist ein Krieger. Wenn es um ihre Ehre geht, verstehen die keinen Spaß.<<, versuchte Graufleck ihr zu versichern. Sturmruhe nickte und versuchte damit das Thema zu beenden.

Die Katzen blickten nach einiger Zeit in den tiefen Wald hinein, als sie lautes Miauen und Rascheln nur Kenntnis nahmen. Es war der Rest des Sturmclanes, an der Spitze angeführt von Böenstern, gefolgt von Nebelhaar. Das Gemurmle der Katzen wurde deutlich leiser, als sie Orkanfell bemerkten. Graufleck bat um Ruhe:
>>Er schläft jetzt.<< Der Kater lag auf seinem Bett aus Laub und Gras, welches die Heilerin für ihn zurecht gelegt hatte. Böenstern näherte sich Graufleck:
>>Blizzardherz hat mir alles erzählt.<< Kurzzeitig wurde Sturmruhe von dem Anführer angeblitzt, sie schaute weg. War selbst der Anführer der Meinung, es wäre die Schuld der Schülerin?
Sie hörte ein undeutliches Gespräch zwischen der Heilerin und dem Anführer. Die Katzen aus dem Clan schaute durcheinander zu ihnen, zu Orkanfell und auf Sturmruhe, die dann etwas zurückschreckten.
Böenstern erstreckte sich in die Höhe, er würde schließlich normalerweise auf einem Hochfelsen zu seinem Clan sprechen, doch hier war nun mal keiner.
>>Der Wald trocknet allmählich. Er wird wahrscheinlich noch eine Weile feucht bleiben, doch ich denke, uns droht dadurch keine Erkältung. Wenn alle anpacken und das Laub vom Boden aus dem Weg bringen, gibt es genügend trockene Stellen.<<, befahl er dem Clan.
>>Wenn wir jetzt anfangen, sind wir schon bald fertig und können uns beruhigt schlafen legen. Ich würde sagen, wir fangen an.<< Nach der Rede brach Gemurmle in der großen Menge aus. Anschließend verteilten sich die Katzen auf dem Platz und formten sich zu kleinen Arbeitsgruppen. Sie schoben Laub auf einen Haufen, während der braune Erdboden immer mehr hervorschaute.
Ständig schaute Sturmruhe während ihrer Arbeit in den tropfenden Wald, mit der Ungewissheit, wo sich ihre Freundin aufhalten würde. Ihre heimliche Trauer sollte nicht ihre Arbeit stören, so verdrängte sie jeden Gedanken und machte sich wieder an die Arbeit.
Stunden verrannten, bis ein Großteil der Fläche laubfrei war. Ab und zu fiel das ein oder andere braun-gefärbte Blatt auf den leicht-befeuchteten Grund. Kleinere Kuhlen wurden in den Erdboden gegraben, welche dann mit trockenem Laub befüllt wurden. Kleine Katzen nahmen sofort Platz und wärmten sich an der Seite ihrer Mutter im Laub. Der Himmel blieb trüb, es solle scheinbar keinen Sonnenschein mehr geben, denn es war nicht mehr lange hin, bis das Sonnentief anbrach. Sturmruhe legte noch vereinzeltes Laub in ein Loch und trat es platt. Böenstern unterhielt sich derweil mit Nebelhaar, doch sie ließ sich davon nicht beeindrucken. Sie hatte sich eine Pause verdient und legte sich in das Laub, welches anfangs kalt auf ihrem Fell erschien, sich dann nach und nach der Körperwärme der Katze anpasste. Auch andere Katzen nisteten sich nach der Aufforderung von Böenstern in die Laublöcher ein. Auch der Anführer selbst nahm einen der Nistplatz ein. Seufzende Katzen waren zu hören, scheinbar waren alle ziemlich erschöpft. Dieser lange Marsch und das Arbeiten war anstrengend und raubte den Mitgliedern des Sturmclanes jegliche Kraft. Graufleck kümmerte sich unterdessen weiter um Orkanfell, welcher schon tief und fest schlief.
Erst nach ein- bis zwei Stunden haben sich alle Katzen in Ruheposition gegeben und begannen, einzuschlafen. Das Sonnentief war nicht zu registrieren, nur der bewölkte Himmel gab Zeichen, dass der Tag nach und nach sich dem Ende näherte. Während die Clankatzen sorglos ihre Augen schlossen und das Miauen schon längst verstummt war, blickte Sturmruhe mit dem Kopf auf ihre Pfoten gelegt in den dunklen Wald. Einige Wolken verzogen sich und eine helle weiße Scheibe, der Mond, machte sich erkennbar. Sein grelles Licht ließ die finsteren Bäume in schattenhafte Silhouetten hüllen, sie wirkten schaurig. Leichter Wind fegte über das zeitweilige Lager und zog dabei manche Blätter mit sich.
Sturmruhe vermisste Rosenschweif, denn sie brauchte jemanden, an welchen sie sich wenden konnte. Sie war wahrlich alleine im Lager und obwohl es ihr Mut gab, dass Graufleck zu ihr stand, blieb sie dennoch schwach. Keiner glaubte ihr, sie war diejenige, die als die Schuldige anerkannt wurde. Mit starkem Reuegefühl musste sie zugeben, dass sie dafür verantwortlich war, dass Orkanfell nun von Schmerzen gepeinigt war. Vielleicht würde er nie wieder richtig laufen können, wenn es schlecht laufen würde. Auch fühlte sie sich hilflos gegenüber Blizzardherz, den sie zu ihrem Feind gemacht hatte, obwohl es nicht gerade loyal war, ein eigenes Clanmitglied zu verspotten. Ihre damals fröhliche und gleichzeitig tollpatschige Freundin, die immer ein Lächeln auf ihrem Gesicht trug und doch immer etwas ängstlich war, blieb ohne Spur verschollen. Keiner wusste, wo sie war. Die Schülerin konnte und wollte sie nicht vorstellen, dass Rosenschweif nun alleine in der Dunkelheit ohne ihren geliebten Clan saß und wahrscheinlich auch in den schimmernden Himmel blickte. Wo war sie nur? Entführt? Eine Flucht? Sturmruhe wimmerte leise und schloss die Augen voller Melancholie. Den einzige Gedanke, der ihr im Kopf schwebte war: Ich brauche dich, Rosenschweif..
Danach erlag sie dem Schlaf.


Kapitel 9





Der verdüsterte Horizont war beinahe wolkenlos. Der weiß-blendende Mond ließ die kahlen Bäume Schatten auf das ruhende Waldlager werfen. Leises Schnurren war zu vernehmen. Schnarchen häufte sich bei den Katzen ebenfalls, aufgrund ihrer vielen noch milden Erkältungen.
Ein merkwürdiges Geräusch sorgte dafür, dass Sturmruhe aus ihrem leichten Schlaf, voller Sorgen und Ungewissheiten, fiel. Blitzartig erhob sie ihr Haupt und überflog das Lager, während sich ihre Augen langsam an das helle Licht gewöhnten – es war Vollmond. Unbewusst krümmte sie ihre Nase und registrierte einen vertrauten Geruch, es war der von Rosenschweif. Trotz der kalten Luft, die schon wahrlich in ihrer Lunge brannte, unterschied sich ein Geruch intensiv von allen anderen. Da er frisch war, wusste die Schülerin, dass sich ihre Freundin hier nun irgendwo aufhalten musste, das war nicht mehr zu leugnen. Beharrlich streckte sich Sturmruhe in die Höhe, die Brust ausgestreckt. Ihre Muskeln lockerten sich nach und nach, bis sie wieder vollkommen bei Sinnen war. Alles, was sie bei ihrem Umsehen erblicken konnte, waren schlafende Katzen, durch den Wind geschleuderte Herbstblätter und die grelle Scheibe am Himmel, welche sich hinter manch belangloser Wolke verschleierte.
Die Wege, die in den tiefen Wald führten, waren tief finster und manchmal spielte Sturmruhe's Fantasie ihr einen Streich, als sie ständig schwarze Gestalten von Ort zu Ort schleichen sah. Um den Kopf klarer zu kriegen schüttelte sie den Kopf und versuchte wieder die Fährte aufzunehmen. Sie stieg ihrem Nest aus Laub, möglichst ohne Geräusche zu machen und fand auf dem trockenen Erdboden Halt. Der Geruch Rosenschweif's führte in die entgegengesetzte Richtung, aus der sie kamen. Es war der Pfad, an welchem Kieselauge aufbrach, um vermeintliche Beute zu jagen, die Sturmruhe sich in Not ausdachte. Sie schlich an den ruhenden Clankatzen vorbei. Ihre einzige Befürchtung war, dass sie eine der Katzen aufwecken würde, die dann Alarm schlüge. Bei jeder Katze, an der sie vorbeischlich und ihr den Rücken zuwandt, bangte sie,, eine aufgeweckt zu haben. Beinahe war sie an dem Punkt angekommen, an dem sie rücksichtslos lospreschen konnte, doch vorher musste sie an Böenstern und Nebelhaar vorbei. Ihr Herz schlug wilder und lauter. Ihr war es so, als würde dieser die Katze wecken können.Ohne den Blick von ihrem Anführer zu lassen schritt sie geradewegs tiefer in den Wald hinein. Böenstern's Atem war deutlich zu hören. Seine Atemzüge waren lang und tief, gefolgt von einem leisen Schnurren. War er etwa schon wach und wusste, dass sie flüchten wollte? Sie blieb stehen. Ihr gesamtes Gewicht verlagerte sie auf ihre Hinterbeine und sprang mit einem Satz lautlos in die Ferne, dabei wirbelte sie Staub und Erde auf. Sie schreckte plötzlich auf. Aus den wenigen Metern Entfernung konnte die Schülerin das Laub nicht ausfindig machen, weshalb sie mit ihrem ganzen Körper auf die Blätteranhäufung stürzte. Dabei ertönte das Geräusch des Raschelns in der ganzen Umgebung. Nur die Kätzin kauerte sich zur Tarnung in das aufgewirbelte Laub. Einige Sekunden verharrte sie in dieser Position, mit den Augen auf das Lager gerichtet. Kein Mucks war zu hören. Vorsichtig stellte sich Sturmruhe wieder auf ihre vier Beine, beobachtete die Katzen noch eine Weile und wendete sich. Der Geruch war immer noch stark zu spüren. Anschließend preschte sie los.

Nachdem sie einige Zeit gelaufen war, erblickte sie einen höher gelegten Felsen, welcher im Mondschein königlich in den Himmel erstreckte. Er erinnerte sie an den Hochfelsen im alten Lager. Dies veranlasste sie dazu, darüber nachzudenken, ob das Lager schon wieder sicher und trocken war. Der Regen hatte geendet und ist über das gesamte Land gezogen. Der Wald war schließlich auch schon trocken, musste es das Lager dann nicht auch sein? Der Geruch von Rosenschweif, der ihr erneuert in die Nase stieg riss Sturmruhe aus den Gedanken und sprang leichtfüßig auf den Brocken um den Überblick zu behalten. Das Gestein fühlte sich kühl an ihren Pfoten an. Ein Schreck durchfuhr den Körper der Schülerin, als ihre Ohren ein Rascheln bemerkten und sie folgend darauf eine weiße Gestalt, welche aus der Düsternis herausstach. Das Mondlicht reflektierte sich in dem glänzenden Fell des Wesens. Nur ein Gedanke schoss ihr in den Kopf – ihre ängstliche Freundin, doch warum lief sie weg? Sturmruhe's gigantischer Schatten aus dem Grund war unverkennbar. Kurz spähte sie über den Felsen und hüpfte hinunter. Danach rannte sie los. Dieses Mal war sie sich sicher, dass es sich dabei nicht um einen Fuchs handelte. Und doch plagte sie dabei immer wieder der Gedanken an die Situation im Wald gestern.
Von fester Überzeugung überholt versuchte die Schülerin verzweifelt sich dem Flüchtling zu nähern. Immer, wenn sie diesen beinahe erreicht hatte, wurde er schneller. Angst konnte sie riechen, panische Angst plagte es. Wieder einmal rannten sie fast nebeneinander. Erschöpft blickte Sturmruhe zu ihrer Rechten, in das Gesicht des Tieres. Kaltes Entsetzen erfüllte sie, es war Rosenschweif.
>>Rosenschweif!<<, schrie sie annähernd. Doch sie widmete sich der Schülerin nicht und rannte gewissenlos weiter. Sturmruhe schien es, als würde sie ein mickriges Wimmern ihrerseits vernehmen können. Was veranlasste ihre Freundin dazu zu flüchten? Vor wem hatte sie Angst? Hatte es also doch etwas mit Nebelhaar oder Kieselauge zu tun?
Die Mimik der weißen Kätzin verriet, dass sie ziemlich erschöpft war. Sie konnte nicht mehr rennen und stolperte beinahe über jedes kleinste Hindernis, bis sie letztlich ganz stoppte und sich niederlegte. Ihre bräunlich-gefärbte Freundin bremste ab und widmete sich ihr. Je näher sie ihr kam, desto lauter wurde ihr Wimmern.
>>Geh' weg.<<, sprach Rosenschweif mit undeutlich weinerlicher Stimme und würdigte sie keineswegs. Ihren Kopf hielt sie zwischen ihre Pfoten. Sturmruhe's Atem verlangsamte sich nach und nach, derweil sie mitfühlend erwiderte:
>>Rosenschweif! Wo warst du?<< Auf ihre Äußerung ging sie erst gar nicht ein, sie war zu neugierig, herauszufinden, was es mit Rosenschweif's plötzlichem Verschwinden auf sich hatte. Ihre Freundin schüttelte jedoch weinend den Kopf und wendete sich ihr ab.
>>Warum bist du mir gefolgt?<<, wollte die Kätzin mit dem Dornenschweif erfahren, schaute Sturmruhe jedoch nicht in ihre Augen. Ihre Gegenüber blieb einige Zeit stumm, sprach dann:
>>Ist das nicht selbstverständlich? Du bist spurlos verschwunden!<< Ihre Stimme wurde ernster. >>Freust du dich denn gar nicht, dass ich dich gefunden habe?<< Dann schüttelte sie den Kopf mit Entsetzen. Dann verstummte ihr Gewimmer. Rosenschweif erhob ihren Kopf und blickte zum ersten Mal nach einiger Zeit wieder in ihre Augen, ihr Körper zitterte. Sie wusste, dass sie es sich nicht anmerken lassen wollte.
>>Es ist nicht so...<<, stotterte sie verschüchtert. Ihre Blicke wendeten sich immerzu von Sturmruhe ab. >>Ich..ich bin nicht freiwillig gegangen.<< Sturmruhe schnappte erschrocken nach Luft. Sie musste also entführt sein und vor irgendwem geflüchtet sein. Nur stellte sich die Frage, vor wem?
>>Wer hat dich entführt? Ich werde ihn zerfetzen!<<, zischte die Kätzin großspurig und sträubte ihr Fell. Sie wusste, dass sie zu klein war, um eine Katze anzugreifen, die wahrscheinlich doppelt so groß wie sie selbst war, doch es kam einfach aus ihr heraus. Erneuert schwenkte sie den Kopf mit zugekniffenen Augen. Sie erläuterte mit zittriger Stimme:
>>Mich hat keiner entführt. Ich habe mich selbst entführt.<< Sturmruhe schwieg. Was sollte sie davon halten? Sollte sie jetzt lachen oder beängstigt sein? Ihr Gesichtsausdruck war nur von Skepsis erfüllt. Dies bemerkte ihre ängstliche Freundin, musterte kleinlich die Umgebung und fuhr fort:
>>Ich weiß jetzt, was du von mir denkst. Ich bin verrückt, ich weiß. Ich weiß einfach nicht, was ich tue. Das ist alles.<< Ihr Ton verfiel am Ende immer mehr in Kopflosigkeit, nur Sturmruhe seufzte auffällig, um ihr zu vermitteln, dass sie wusste, das Rosenschweif irgendwas verheimlichte. Diese drehte ihr den Rücken zu und kniff die Augen zu. Folglich darauf näherte sich die bräunliche Katze ihr und bemerkte mit sanfter Stimme:
>>Was immer auch ist, Rosenschweif. Du kannst es mir anvertrauen..<< Die Schülerin erinnerte sich an Graufleck's Satz, sie hatte das selbe zu Sturmruhe gesagt, als sie sich selbst so ängstlich fühlte. Nach einigen stillen Momenten begann Rosenschweif dann zu sprechen:
>>Es war Nebelhaar. Er hat mich dazu gezwungen...<<


Kapitel 10





Kaltes Entsetzen packte die junge Kätzin, als Rosenschweif ihren Satz beendete. Sie schaute trübselig zu Boden, der leichte Wind der kalten Nacht wehte durch ihr weißes Fell, welches im hellen Mondschein glänzte. Bewahrheiteten sich nun die Befürchtungen, die Sturmruhe immerzu mit sich trug? Eine halbe Fuchsschwanzlänge näherte sich die Schülerin ihrer schimmernden Freundin und fragte neugierig und dennoch wütend, dass Nebelhaar eine unschuldige Katze dazu zwang, sich dem Clan fernzuhalten:
>>Er hat dich gezwungen? Was meinst du damit?<< Sie prüfte die Luft, abgesehen vom kalten Herbstwind konnte sie einen Geruch wahrnehmen, versuchte sich jedoch auf Rosenschweif zu konzentrieren. Diese schüttelte behutsam den Kopf und kniff voller Verzweiflung die Augen zu.
>>Du darfst gar nicht bei mir sein. Wenn wir erwischt werden...<<, verstummte sie und richtete ihren Blick dann in die tiefen Augen Sturmruhe's. Der Blick der weißen Katze verriet Angst, ihre Augen wendeten sich immer nervös über Sturmruhe's Schultern.
>>Rosenschweif, du kannst mir alles anvertrauen.<<, versprach sie ihr und berührte ihre kalte Nase. Scheinbar musste sie schon eine lange Zeit an einem kühlen Ort versteckt gewesen sein.
Sturmruhe empfand tiefen Zorn, ihre Augen loderten. Wie konnte der zweite Stellvertreter des SturmClans nur einer unschuldigen und vor allem ängstlichen Schülerin etwas antun? Eine Tat, die für einen Anführer völlig untypisch sein sollte.
Die zitternde Freundin ließ einen ängstlichen Seufzer aus und begann mit ihrer kristallklaren Stimme zu sprechen:
>>Es war die Nacht, bevor die Überschwemmungen losgingen. Als du geschlafen hattest, hatte mich Kieselauge mitten in der Nacht geweckt und mir erzählt, dass Böenstern etwas Wichtiges mit mir zu bereden hätte.<<
Sturmruhe senkte interessiert den Kopf.
>>Über was habt ihr denn gesprochen?<<, fragte die Schülerin neugierig. Ihr Gegenüber schüttelte jedoch nur den Kopf und erwiderte:
>>Wir haben nicht miteinander gesprochen. Sie sagten zwar, dass Böenstern mit mir während einer nächtlichen Jagd etwas besprechen wollte, bezüglich meiner Leistungen, doch als ich dann mit Kiselauge im Wald ankam, war sie nicht zu sehen. Den einzigen, den ich dann nur in der Ferne gesehen habe, das war Nebelhaar.<<
Sturmruhe stockte der kalte, nebelartige Atem. Was würde ein Anführer, der dazu verpflichtet war, Verantwortung zu zeigen, mit einer unwissenden Katze alleine im Wald machen?
>>Mir erschien alles gruselig und ich bereute, worauf ich mich da eingelassen habe.<< Sie pauste, blickte sich um, und fuhr fort: >>Als ich schließlich fragte, wo Böenstern denn sei, erzählte Nebelhaar ausschließlich über seine Vergangenheit. Und immer wenn ich wieder flüchten wollte, stand Kieselauge, mein eigener Mentor, hinter mir und hielt mich davon ab.<<
Die braun-gefärbte Schülerin bohrte voller Wut ihre Krallen in den Erdboden. In ihr brannte unendliche Wut.
>>Er sagte, er sei wütend, dass ihn die Clanmitglieder nicht mit Respekt behandelten.<< Es stimmte. Als Böenstern's stellvertretende Anführerin Wurzelpelz plötzlich Junges erwartete, musste sie das Amt aufgeben. Der Anführer wählte einen erfahrenen Krieger, Nebelhaar, als angehender Anführer aus. Da dieser jedoch nicht sehr hoch angesehen im Clan war, aufgrund seiner blutrünstigen Art, protestierte der halbe Clan gegen den Antritt von Nebelhaar. Nichtsdestotrotz hielt es Böenstern für richtig, ihn auszuwählen, so machte sich nicht nur Böenstern, sondern auch Nebelhaar selbst nur noch mehr Feinde. So ließen es sich die Clankatzen immer anmerken, dass sie Nebelhaar nicht als zweiten Anführer würdigten und zeigten ihm kein Respekt. Auch, wenn Böenstern eingriff, veränderte sich die Situation für Nebelhaar in keinster Weise.
Der Mond hatte scheinbar seinen Höhepunkt gefunden. Er ließ unzählige Bäume und Pflanzen dürre Schatten auf den Boden werfen. Dann fuhr die weiße Kätzin fort:
>>Er hatte mir erzählt, dass es nicht mehr so weiter gehen könnte, wenn ihn alle immer nur verabscheuen würden. Ich musste zugeben, ich empfand Mitleid für ihn.<<
Sturmruhe schnappte nach Luft und schaute leicht zornig drein. Ihren Zorn im Inneren hielt sie verschlossen.
>>Mitleid?<<, fauchte sie. >>Ich kenne zwar noch nicht den Rest deiner Geschichte, doch scheinbar scheint es dich nicht glücklich zu machen. Also, wieso empfindest du ausgerechnet für ihn Mitleid?<< Erst nachdem sie ihren wutentbrannten Satz gesprochen hatte merkte Sturmruhe, dass sie mit ihrer Wut Rosenschweif nur noch mehr stressen würde und entschuldigte sich im Nachhinein dafür.
>>Aber keine Katze hat das Recht, so behandelt zu werden.<<, fügte sie hinzu. Nach einer kleinen Pausen erzählte Rosenschweif schweren Herzens weiter: >>Dann fragte er mich, ob ich ihm helfen würde, seinen Plan zu vervollständigen. Er wollte, dass ich mich absichtlich vom Clan weg begebe, in eine besondere Höhle oder tiefer in den Wald, um es so aussehen zu lassen, als ob ich wirklich verschollen war. Am Ende sollte mich dann Nebelhaar wie ein großer Held im Wald finden und zurückbringen. So wollte er sein Ansehen gegenüber dem Clan verbessern. << Die braune Katze blieb schweigsam. Sie konnte nicht fassen, was ihre Freundin ihr da gerade erzählte.
>>Im tiefsten Inneren wollte ich nicht. Aber so bedrohlich, wie sie da vor mir standen bekam ich kein einziges Wort heraus. Ich nickte nur und die beiden führten mich tiefer in den Wald.<< Sie blickte mit gefühllosen Augen auf den Boden. In ihnen erkannte Sturmruhe, wie schrecklich es für sie sein musste, an dieses Geschehnis zu denken. Es musste schrecklich sein, als kleine, ängstliche Schülerin vor zwei größeren, angsteinflößenden Krieger zu stehen und bedroht zu werden. Mit erkälteter Stimme beendete sie dann die Erzählung:
>>Als ich dann im nackten Wald alleine zurückgelassen wurde, war ich kurz davor, wieder zum Lager zurückzukehren. Aber ich hatte zu viel Angst, als das Nebelhaar dann wütend auf mich sein würde und mir das Leben zur Hölle machte. Wer weiß, was er dann alles mit mir gemacht hätte.<< Sie blickte in den Himmel und nieste mickrig. >>Dann fing es an zu regnen. Es gab nirgends Schutz, weshalb ich mich dann dem Regen hingeben musste. Was habe ich gewimmert, was hatte ich nur für eine Angst.<< Schlagartig blitzte sie dann Sturmruhe an. >>Und aus diesem Grund musst du jetzt verschwinden. Wenn dich Nebelhaar entdeckt, dann wird er wütend auf uns beide sein, vor allem auf mich.<<
Diese erhob sich auf alle Viere und zischte:
>>Ich denk' gar nicht daran. Ich muss das Böenstern sofort mitteilen.<< Die Katze wendete sich von Rosenschweif ab, in Richtung Lager. Die schimmernde Katze jedoch rief im wimmernden Ton:
>>Nein Sturmruhe, das darfst du nicht machen. Ich bitte dich darum.<<
Die braune Schülerin blickte über ihre Schulter zu Rosenschweif.
>>Und dich hier dann vermodern lassen? Der ganze Clan wird dich vor Nebelhaar beschützen, wenn er dir was antun wollte.<< Sie atmete durch und fing an, los zu preschen. Sie wirbelte vereinzelte Laubblätter und Dreck auf. Wenige Sekunden nach ihrem Anbruch spürte sie einen Schmerz auf ihrem Rücken und wurde zu Boden gedrückt. Danach hörte sie ein aggressives Fauchen. Als sie auf ihrem Rücken geschleudert wurde erkannte sie Rosenschweif, wie sie die Schülerin mit ihren Pfoten auf dem Boden festhielt.
>>Du darfst keinem etwas davon sagen!<<, wiederholte sie noch einmal im lautem Ton. >>Ich bitte dich darum, erzähle niemanden etwas davon. Es ist zu gefährlich!<<
Sturmruhe war überrascht von Rosenschweif's plötzlichem Angriff auf sie. Das war nicht die Art, die sie sonst hatte. Mit einem leichtem Ruck drückte sie Rosenschweif von sich weg, erhob sich und leckte sich einmal ihr zerzaustes Fell.
>>Wenn du nur einem jemanden davon erzählst, dann bist du für mich gestorben...<<, miaute Rosenschweif kläglich. Nur wenige Sekunden danach drehte die braune Kätzin ihr den Rücken zu, machte sich startbereit und sprach noch über ihre Schulter:
>>Wenn das so ist... Wenn du meine Hilfe nicht annehmen willst, dann verrotte meinetwegen hier.<< Danach rannte sie los in das Lager.

Impressum

Texte: (c) Phil. M. S. (Autor & Cover) (c) Erin Hunter (Grafiken im Text) Nach einer Idee von Erin Hunter
Tag der Veröffentlichung: 04.07.2011

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
An meine Freunde, die mich tatkräftig unterstützt haben und an Wulle, ehemaliges Mitglied der Streuner, die bei uns ihr Zuhause gefunden hat.

Nächste Seite
Seite 1 /