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Alle Rechte des Buches liegen bei mir


Alles auf Anfang

Die Straße vor mir zeigte mir Leere. Als ich mich umdrehte, sah ich dich.


Wie so viele Nächte liege ich wach in meinem Bett und lausche in die Nacht herein. Mein I-Pod liegt neben mir und wartet nur wieder darauf eingeschaltet zu werden. Das Bett erscheint mir so wahnsinnig leer ohne dich und niemand anderes als du könnte mir dieses Gefühl wieder nehmen. Die Stille lässt mich noch einsamer wirken. In der Nacht ist es am schlimmsten. Es ist immer wieder eine Selbstkonfrontation: du verus Gedanken. In dem Moment gibt es niemanden, der dich daovn abhalten kann. Während des Tages nimmt man nicht wirklich wahr wie einsam man doch ist. Man gewinnt soviele Eindrücke von seiner Umwelt, dass die eigenen Gefühle, die man versucht vor sich zu verstecken, auf einmal zu einer Kleinigkeit hinwegschmelzen. Man spielt eine Person, die sich mit der Situation abgefunden hat, die vorgibt, dass es so kommen musste. Aber in der Nacht kommt alles hoch und die Stärke, die man Tag für Tag spielt, schrumpft kläglich zu einem Wicht zusammen. Immer wieder huscht du durch meine Gedanken.
“Lenk dich ab Zoë”, sage ich leise zu mir selbst. Zoë. Du hast meinen Namen immer mit einer solchen zärtlichen Stimme gesagt als zerbräche er, wenn du ihn anders verwenden solltest. Wieder sehe ich ein Echo, deiner fast schwarzen Augen, die mich vorwurfsvoll ansehen. Als sei alles meine Schuld gewesen. Wie oft habe ich mich in deinen Augen verloren, die so sehr zu leuchten beginnen, wenn du lachst.
Ich kann bis heute nicht sagen, ob ich es bereut habe dich kennengelernt zu haben. Jemanden so sehr zu lieben und gleichzeitig so sehr daran zu zerbrechen, dass es einem fast das Herz zerreist, macht es so schwer.
Was gäbe ich dafür die Uhr zurückzudrehen, um ein anderes, ein besseres Ende für uns zu finden. Ein Ende, mit dem ich leben könnte.


Es begann alles an einem gewöhnlichen Freitagabend. Wie immer rannte ich durch die kleine, doch gemütliche Wohnung, die ich mit meiner Mutter teilte, auf der Suche nach etwas partytauglichen. Aus einem Wäschehaufen auf meinem Zimmerboden, den ich noch nicht in meinen Kleiderschrank eingeräumt hatte, kramte ich ein langes weißes Hemd hervor, das ich mit einen hellbraunen, schmalen Gürtel, in das Badezimmer warf. Bald darauf folgten meine Unterwäsche und eine Leggings, die neben dem schon geworfenen landete. Für eine lange Dusche reichte die Zeit leider nicht mehr aus. Trotzdem konnte ich der Versuchung nicht widerstehen eine Weile länger unter dem Wasser zu verharren. Ich streckte meinem Kopf dem Wasserstrahler entgegen und liess es einfach auf mich trommeln. Noch einmal schäumte ich mich sorgfältig ein. Man konnte nie wissen, was die Nacht noch mit sich brächte.
Das Wasser wurde langsam immer kälter. Ich stellte es ab und genoss dabei die letzten Tropfen, die meine Haut berührten.
Mit meiner rechten Hand zog ich den Duschvorhang beiseite. Vor mir hatte der Raum sich in ein Dampffeld verwandelt. Ich trat nackt vor den Spiegel, an dem sich der Niederschlag festgesetzt hatte. Mit meinem linken Zeigefinger malte ich ein Herz darauf. Manchmal wünschte ich mir so sehr verliebt zu sein, aber an jedem Jungen hatte ich etwas auszusetzen und redete mir von vorneherein ein, dass es niemals funktionieren könnte.
Langsam beugte ich mein Gesicht dem Spiegel entgegen. Jetzt war ich nur noch wenige Zentimeter von dem Geschriebenen entfernt. Ich holte tief Luft und versuchte beim Ausatmen das Herz wieder ins Nichts verschwinden zu lassen. Doch blieb sowohl ein Nachklang dort als auch in mir zurück. Ablenkung half jetzt nur noch. Ich schaltete das Radio ein. Es tönte „Girls just want to have fun“ aus den Lautsprechern. Ein kurzes Lächeln huschte über mein Gesicht als mir die Ironie der Wahrheit dieses Liedes bewusst wurde. Meine Laune schritt mit dem Fortlauf des Liedes an. Denn sobald man etwas hört, verschwindet das Gefühl der Einsamkeit.
Mein Make-up sollte zu meinem Outfit passen. Deshalb tuschte ich die Wimpern, legte etwas Rouge auf und trug einen Lippenstift auf, der ein etwas dunkleres rot als meine Lippen hatte.
Gerade als ich die Badezimmertür öffnete, klingelte es an der Tür. Meine Mutter war für das Wochenende mit ihrem neuen Freund in die Berge gefahren. Aus diesem Grund sah ich es als meine Pflicht an das Vortrinken bei mir zu veranstalten.
Lachend öffnete ich die Tür. Wie erwartet war es Noel, der immer als erstes eintraf. Er war groß gebaut, seine blonden Haare lagen stets perfekt und alles schien miteinander zu passen. Bei ihm konnte man immer sofort sehen, wenn etwas nicht stimmte. Dann schien alles nicht mehr im Klang der Harmonie zu sein. Er wäre der perfekte Schwiegersohn, wenn er nicht auch Jungen bevorzugte.
Manchmal erschien er mir als das perfekte Mädchen, dass so niemals existieren könnte. Noel rettete jede Haarkrise und war schon in dem nächsten Laden auf einer Shoppingtour, wenn wir uns auf einer Bank niederließen, um kurz zu verschnaufen. Er schien immer die richtigen Worte zu finden, gerade dann, wenn man sie am meisten hören musste.
Nachdem er brav seine Schuhe ausgezogen hatte, folgte er mir in die Küche. Aus einem der Küchenschränke holte ich einige Tupperwarenbecher hervor. Schon zu viele Gläser waren zu Bruch gegangen, sodass meine Mutter sich nicht länger bereit erklärte noch mehr Gläser für unsere Partys zu sponsern.
Noel nahm eine Bacardiflasche aus seiner kleinen Reisetasche, in der er ebenfalls seine Schlafsachen verstaut hatte. Mittlerweile war es für uns beide selbstverständlich geworden, dass er bei mir übernachtete, da er ausserhalb wohnte.
Ein weiteres Mal klingelte es und die restlichen Gäste trafen ein. Meine beste Freundin Claire trat als erste lächelnd durch die Tür. Sie war etwas grösser als ich und beklagte sich stets, dass sie keine hohen Schuhe tragen könne, da sie sonst alle im Club überragte. Jedoch wirkte sie recht klein neben ihrem Freund Manuel, der mich nun mit einer schnellen Umarmung begrüsste. In dem vergangenen Jahr waren wir zu einer unzertrennlichen Gruppe zusammengewachsen. Deshalb versuchten wir alle das Thema zu vermeiden, dass dieser Sommer unser letzter wäre, den wir so miteinander verbrächten. In wenigen Monaten würden wir uns in alle Richtungen zerstreuen, um zu studieren oder die Welt zu erkunden. Aber dieser Sommer sollte für uns unvergesslich werden.
Ich schenke jedem etwas Bacardi ein und mixte es mit Cola, die Claire und Manuel mitgebracht hatten. Die Stimmung stieg mit dem Pegel des Alkohols an. Meine Freunde waren mein Zufluchtsort geworden. Sie ließen die Einsamkeit, die in mir wohnte und so oft Macht über mich ergriff, vergessen. Ich hatte ihnen nie davon erzählt, da es mir lächerlich erschien. Aber diese Einsamkeit ergriff mich manchmal, ganz ohne Vorbereitung. Ich hatte nie in meinem Leben wirklich eine Person so geliebt, dass ich mich ihr hemmungslos hingeben wollte. Nur einmal konnte ich einen Hauch von der Liebe verspüren, die immer wieder in Büchern beschrieben wird.

Als ich zwölf Jahre alt war, fuhr ich mit meiner Familie auf einem Campingplatz. Dort gab es diesen fabelhaften, französischen Jungen mit diesen tiefen, braunen Augen. Im Geheimen nannte ich ihn Alain, da ich seinen richtigen Namen niemals erfahren hatte und er etwas älter als ich war. Aber dieses Gefühl, dass in mir aufkam, wenn ich ihn sah, hatte ich bisher für niemand anderen mehr empfunden.
Obwohl ich niemals mit ihm gesprochen hatte, wusste ich, dass ich für niemanden mehr so viel empfinden konnte. Schon als ich ihn das erste Mal bei der Ankunft sah, wusste ich es. Er war es. Vielleicht die Liebe meines Lebens.
Jeden Tag hoffte ich ihn zu sehen. Schon abends im Zelt überlegte ich mir wie ich ihm am nächsten Tag über den Weg laufen könnte. Umso schlimmer war es als der Tag der Abreise kam. Er stand draußen vor der Schranke mit einigen seiner Freunde. Einfach so. Ich weiß heute noch, was er genau trug. Alain hatte eine dunkelblaue Jeans an und oben blitzte seine lilafarbene Boxershort hervor. Sonst nichts, oberkörperfrei. Seine braunen Haare waren leicht verwuschelt als wäre er gerade aufgestanden. Er sah mich für einen Augenblick mit seinen braunen Augen an und lächelte als sei dies sein Abschiedsgeschenk für mich.
Und so zerbrach mein junges Herz mit jedem Meter, den ich mich von ihm entfernte. Im Auto lief Phil Collins „ We fly so close“ und ich übergoss mein Tagebuch mit Tränen und Worten. „ Du bist die Lücke in meinem Herzen.“ Seitdem fehlte ein Stück. Er war der einzige, dem ich jemals so viel Liebe entgegenbrachte.
Noch ein Jahr später trauerte ich ihm hinterher. Aber je mehr Zeit verging, desto mehr verschwamm sein Gesicht. Je mehr er verschwamm, desto unglücklicher wurde ich. Ich wollte ihn nicht vergessen, ich wollte ihn wieder sehen, in meine Arme schließen und ihn nie wieder loslassen. Leider bin ich ihm nie wieder begegnet. Die Jahre darauf habe ich versucht meine Familie immer wieder dazu zu bewegen noch einmal dort hinzufahren. Erfolglos. Immer noch dachte ich sehr oft an ihn, aber ich hatte es aufgegeben zu hoffen ihn jemals wiederzusehen. Und so unterdrückte ich die Sehnsucht, die Liebe, die Leidenschaft, um mein Leben weiterzuleben. Nach außen hin gelang es mir meist den freudigen Schein zu wahren, aber in meinem Tagebuch, was mittlerweile Alain hieß, ergoss ich meine Gedanken weiterhin.

Mein Liebster,
Seit mehr als acht Monaten schreibe ich nun an dich. Ich kann dich einfach nicht vergessen... und ich friere, will erfrieren. Bitte erlöse mich vor diesen großen Qualen. Wenn ich mich bald von dir verabschiede, denn bei Gott das muss ich endlich, verspreche ich dir trotzdem dich niemals zu vergessen. Aber ich muss endlich weiterleben und das heißt die Liebe zu dir zu verbannen. Jede Hoffnung dich wiederzusehen erscheint mir so sinnlos. Lass mich endlich wieder leben! Mann, es schmerzt so sehr. Aber wenn du in Lebensgefahr geraten solltest, würde ich dich retten, auch wenn das hieße, dass mein Herz dafür aufhören müsste zu schlagen.
Deine dich liebende Zoë.

Wie töricht ich doch war. Aber seitdem hatte ich niemals mehr für irgendeinen anderen so empfunden wie für diesen Jungen. Auch wenn ich ihn nie wirklich gekannt hatte, wünschte ich mir immer noch ihn wiederzusehen.

„Zoë? Auch noch einen Schluck Wodka?“ , riss Noel mich aus meinen Gedanken.
„Klar, ein Schluck geht immer!“ Ich war wieder in der Realität angelangt und es war Partytime. So prosteten, lachten wir über vergangene Abende, die oft sehr betrunken endeten.
Manuelle schämte sich ständig für uns, weil es ihm ein wenig an dem verrückten, aufgedrehten Gen fehlte. Er behauptete er erträgt uns zusammen nur sehr betrunken. Es war ihm immer peinlich, wenn wir laut und ich meine wirklich laut lachten oder unseren Standardspruch „ Solidarität, babe!“ schrien. Dieses wurde natürlich von Getränk zu Getränk lauter, aber auch undeutlicher. Diesen Spruch hatten wir damals mit 16 aus einem Film aufgeschnappt und er ist seitdem ein stiller Begleiter unserer Freundschaft geworden.
Sobald der Alkohol durch unsere Adern floss, waren wir die glücklichsten Personen, die sich in der Lage sahen die Welt zu erobern. Wir prosteten, Glas für Glas, bis wir bereit waren loszulaufen. Mit dem Alkoholpegel stieg die Stimmung, aber auch das Selbstbewusstsein. Je mehr Alkohol ich trank, desto verführerischer fühlte ich mich. Die ganze Schüchternheit fiel ab und ich fühlte mich eins mit meinem Körper.
Wir liefen los. Obwohl der Weg nur zehn Minuten dauerte, nahmen wir uns sicherheitshalber noch Wegproviant mit. Die Flasche, die mit einer guten Mischung Bacardicola gemischt war, wurde von einer Hand zur nächsten gereicht. Meine Blase drückte, aber ich musste durchhalten. Noch ungefähr fünf Minuten trennten uns vom Club.
„Los, schneller Leute, meine Blase tut Not!“ Claire lachte neben mir. „Dein Vokabular nimmt dramatische Züge an, sobald dein Alkoholpegel ansteigt.“ Ich haute ihr auf den Po. Sie rannte weg und ich verfolgte sie so gut es mit meinen High Heels möglich war. Wir mussten beide laut lachen. Kurz darauf lagen wir uns wieder in den Armen und schrien unseren Spruch: „Solidarität, babe!“ Lachend liefen wir Arm in Arm weiter und erreichten endlich den Club. Sofort rannte ich zum Klo, während die anderen sich einen Weg durch die Menge bahnten, um einen Tisch in Anspruch zu nehmen. Eine Erleichterung überkam mich als ich einfach alles loslassen konnte. Ich hatte es dieses Mal nicht einmal mehr geschafft mit etwas Unterzulegen. Aber das spielte in diesem Moment keine Rolle, denn ich fühlte mich als fiele alles Last und Probleme ins Klo. Ich musste kurz grinsen.Währenddessen studierte ich die Klowände, ob neue Sprüche mit Edding hastig an sie geschrieben wurden. Dieses Mal waren sie überrascht sauber. Man musste wohl versucht haben sie zu entfernen. Diese Langweiler! Die Stadt war nicht besonders groß und so kannte man immer einige Gesichter beim Weggehen. Es war immer sehr amüsant einige Gerüchte über sie zu lesen, auch wenn sie einen meistens schon zuvor per Gemurmel erreicht hatten.
Ich wollte gerade nach dem Klopapier greifen als ich bemerkte, dass dieses mal wieder alle war.
„Oh fuck!Das war ja mal wieder typisch.“
Obwohl ich wusste, dass meine Tempos sich immer noch auf meinem Schreibtisch befanden, kämpfte ich mich trotzdem durch meine Handtasche, die messihafte Züge angenommen hatte. Wie zu erwarten, befanden sich keine in ihr.
„ Hat jemand Klopapier?“ , rufe ich verlegen und hoffe sitzend auf eine positive Antwort.
„ Pay? Bist du das?“ Als ich es bestätige, ertönte ein kurzes Lachen. Es war Susi, die wir stets Hode nannten. Sie war damals für ein Jahr in unserer Klasse gewesen und dachte sie sei die Größte, obwohl sie nur 1,55 m groß war. Wir brauchten damals einen Decknamen, der uns in Ruhe über sie lästern ließ ohne, dass sie etwas mitbekam. Das wäre zu fies gewesen! Wir suchten damals nach einem Wort, dass sie geschickt umschrieb. Das ekligste, was uns in diesem Alter in den Sinn kam, waren Hoden. Da sie weiblich war, wurde sie in die Hode getauft.
Sie reichte mir Klopapier unter der Tür durch. Wenigstens eine gute Tat, die sie in ihrem Leben vollbracht hatte. Trotz allem blieb sie ein Miststück, die ihre Freunde hinterging, sobald sich die Gelegenheit dazu ergab. Ich schenkte ihr ein kurzes Lächeln und wir tauschten ein paar nette Worte aus. Ich hasste es mich verstellen zu müssen. Aber ich wollte mich auf keine Auseinandersetzung einlassen, denn das Leben war im Moment zu schön, um Zeit an diese zu verschwenden. Wir waren gerade mit dem Abitur fertig und uns blieben nur noch 6 Monate bis wir uns für ein Jahr ins Ausland absetzten. Davor mussten wir noch ein wenig arbeiten. Claires Vater gehörte ein kleines Cafe, in dem wir gelegentlich aushalfen, um uns etwas Geld hinzuverdienen zu können.
Ich verließ das Klo und ließ mit ihr mein aufgesetztes Lächeln hinter mir. Die anderen hatten sich eine Couch im Saal geangelt. Trotzdem ging ich erst einmal an ihnen vorbei mit dem Zeichen eine Rauchen zu gehen. Wenn ich betrunken war, ging ich gerne alleine umher. Man kannte generell sehr viele Leute hier, da sehr oft dieselben Menschen hier waren. Mein Zigarettenkonsum stieg mit meinem Alkoholpegel an. Aber mein Biolehrer beruhigte mich damals: „ Alkohol macht die Arterien größer, Zigaretten machen sie wieder kleiner!“ Perfekt! Das war doch eine super Voraussetzung für eine Person, die gerne feierte und nicht auf beides verzichten mochte. Die negativen Nebenaspekte ließ ich dabei beiseite fallen.
Im Raucherraum angekommen, traf ich auf Fred. Endlich ein freundliches Gesicht, das man gerne sah. Obwohl ich ihn äußerlich anziehend fand, hatten wir nie etwas miteinander gehabt. Von beider Seiten wurde das Bedürfnis nicht geäußert. Es wäre irgendwie falsch und schmutzig gewesen. Wobei schmutzig nicht immer etwas Schlechtes bedeutete. Aber wir pflegten mittlerweile eine lange Freundschaft, die durch keinen Sex der Welt zu ersetzen wäre. Wir begrüßten uns mit einer Umarmung. Fred reichte mir Feuer und vertieften uns schon bald in ein freundschaftliches Gespräch.

Und dann sah ich ihn zum ersten Mal. Es war einer dieser Momente, der alles verändert, dich total aus der Bahn wirft und dir die Luft zum Atmen nimmt. Er kam auf uns zugelaufen. Dabei musterte er mich, indem er seine Augen von unten an mir hochwandern ließ. Einen kurzen Augenblick blieb er an meinen Augen hängen und seine Lippen ließen kurz einen Hauch von einem Grinsen erahnen. In dieser Zeit nahm ich nichts mehr um mich herum wahr. Die Musik hörte auf zu spielen. Die Menschen um mich herum lösten sich in Luft auf. Es gab nur ihn und mich. Für einen Bruchteil einer Sekunde dachte ich den Sinn der Welt erfasst zu haben. Dann wandte er sich Fred zu und ich wurde in die Realität zurückgeworfen. Er schenkte mir keine Beachtung mehr und vertiefte sich in ein Gespräch mit Fred. Seine Haare waren braun verwuschelt, als hätte er sich vergessen zu kämmen. Trotzdem lagen sie perfekt. Dazu diese grünen Augen, bei denen man das Gefühl bekam, dass sie in dich hineinsahen. Diese Tiefe sog einen ein. Dazu war er groß gebaut und seine breiten Schultern unterstrichen seine Männlichkeit. Hätte ich mich mit ihm unterhalten müssen, wäre ich am ganzen Körper rot angelaufen, wie ein kleines Mädchen, das zum ersten Mal mit einem Jungen spricht. Der Alkohol war wie weggeblasen und ich war schüchtern wie nie zuvor.
Aber nicht nur mir fiel seine Besonderheit auf. Als ich mich endlich von seinem Anblick lösen konnte und meinen Blick durch den Raum schweifen ließ, nahm ich die schüchternen Blicke der Mädchen um mich herum wahr. So ein Begehren hatte ich noch nie für eine Person empfunden und ich wollte ihn, jede Sekunde, in der er vor mir stand. Ich musste hier raus, aber mit einem eleganten Abgang. Ich ließ die Zigarette vor mir auf den Boden fallen, und atmete den Rauch des letzten Zuges aus. Ich sah nach unten, lächelte kurz und trat mit meinen hochhackigen Schuhen die Zigarette aus. Ich merkte, dass sein Blick dabei auf mir ruhte. Mit einem Augenaufschlag sah ich Fred an, strich ihm kurz über den Oberarm, lächelte ihn kurz an und deutete an, dass ich wieder in den Saal zurückkehrte. Ohne ihn anzusehen, wollte ich den Raum verlassen. Eine triumphierende Stimmung stieg in mir auf. Als ich mich jedoch umdrehte und elegant davon stöckeln wollte, rempelte ich einen Jungen an, der sein Drink deshalb halb verschüttete. Hinter mir hörte ich durch die Musik zwei Jungen lachen. Es benötigte keinen Blick, um festzustellen, wer es wohl war. Ich ging auf den Jungen zu und fragte, ob ich es wieder gut machen könnte. Er sah mich an, lächelte kurz und meinte: „ Wie wäre es, wenn du mit mir einen Cocktail trinkst?“ Ich lächelte ihn für ein Sekunde an, ergriff seine Hand und ließ mich zur Bar im Raucherraum führen. Ich unterhielt mich für einige Minuten mit ihm, damit er nicht dachte, dass ich nur mit ihm redete, weil er einen Drink gezahlt hatte. Nach dem Drink machte ich mich auf die Suche nach den anderen.
Wie konnte ich mich nur so blamieren! Nicht, dass es selten wahr, wenn meinetwegen Sachen fielen und zu Bruch gingen. Ich suchte Claire, die ich auf der Tanzfläche fand. An meinem Blick bemerkte sie sofort, dass es wohl Zeit war für eine nächste Schnapsrunde. Auf dem Weg zur Bar, die in eine Ecke gebaut war, sodass man an zwei Seiten bestellen konnte, erzählte ich ihr meine peinliche Aktion. Sie lachte. „Claire, die Sache ist ernst! Ich habe mich aufs bittere blamiert!“ Sie drückte mir den Schnaps in die Hand.
„ Zoë, das wird jeder innerhalb der nächsten fünf Minuten vergessen haben. Mach dir nicht immer so einen Kopf. Uns bleiben nur noch wenige Wochen hier, Schätzchen. Uns kann niemand was anhaben. Das ist die schönste Zeit unseres Lebens.“ Ich lächelte kurz, stoß mit ihr an und kippte den Schnaps. Sie hatte den Ernst dieser Lage nicht erkannt. Er war einer der bezaubernsten Jungen, die ich jemals gesehen hatte. Es enttäuschte mich wie wenig Interesse er doch an mir zeigte, aber erweckte gleichzeitig die Jagdlust in mir.
Ich musste mich ablenken. Gerade begann „It s Britney Bitch“ und wir stürmten auf die Tanzfläche. Dieses Lied war zu einen unserer Klassiker geworden. Manchmal fuhren wir einfach aus Spaß in der Stadt umher und ließen immer wieder die Anfangstöne abspielen. Sobald jemand an unserem Auto vorbeikam, drehten wir die Anlage auf ganz laut und ließen Britney ihre Worte zum Besten geben. Ein wahnsinniger Spaß, den uns niemand niemals mehr nehmen konnte..
Wir gesellten uns zu Pierre und Manuelle, die während unserer Schnapsrunde auf der Tanzfläche auf uns gewartet hatten. Meine Stimmung stieg wieder an und ließ ihn mich für einen Moment lang vergessen.
Trotzdem nervte mich Hode in meinem Blickwinkel zu haben, die nur wenige Meter mit ihren Mädchen in einem Kreis tanzte. Aber auch sie würde mir diesen Abend nicht versauen. So unterdrückte ich das aufkommende Hassgefühl und sah stattdessen Noel freudig an.
Ein Junge, lächelte mich an, der gerade die Tanzfläche betreten hatte. Er sah nicht schlecht aus und was sprach gegen einen Flirt. Claire, die davon nichts mitbekommen hatte, stupste mich von der Seite an. „ Sieh mal, ich habe einen kleinen Move einstudiert“, meinte sie lachend. Sie kreuzte ihre Beine und versuchte sich elegant einmal um ihre Achse zu drehen. Dabei verlor sie fast das Gleichgewicht. Als ich zu lachen begann, fiel sie mit ein. Kurz darauf versuchten wir ihren Supermove noch einmal zusammen. Es wurde nicht besser und wir hingen beide in der Luft.
Wieder nahm ich Blickkontakt zu dem süßen Jungen auf der Tanzfläche auf. Ich lächelte ihn nett an und wendete mich wieder den anderen zu.
„Zoë? Flirtest du etwa wieder mit fremden Jungen?“, fragte Noel, der mich bei meinem letzten Zulächeln ertappt hatte. „Du sollst ihnen doch nicht immer das Herz brechen!“
„Du weißt ganz genau, dass ich das nicht mache! Sei nicht immer so gemein zu mir!“ Ich streckte ihm die Zunge raus und pikste ihn in den Bauch.
Nach einer kurze Zeit verließ ich die Tanzfläche, um für mich und Lynn noch einen Cocktail zu holen. Auf dem Weg warf ich dem schönen Jungen noch ein letztes Lächeln zu. Als ich gerade an der Bar angelangt war, legte sich eine Hand auf meine Schulter. Ich drehte mich um und sah den schönen Jungen von der Tanzfläche vor mir stehen. „ Darf ich dir etwas ausgeben?“ Ich sah ihn einen Moment lang an und zählte in Gedanken bis zwei. „Ja.“
Ohne mich zu fragen, was ich wollte, bestellte er zwei Tequila Sunrise. Wir stießen zusammen an. Wie sich herausstellte hieß er Adam und war gerade zu Besuch bei seiner Familie, da er gerade Semesterferien hatte. Sein Humor war unübertrefflich und ich schämte mich nicht laut wie immer zu lachen. Zu meiner Überraschung mochte er mein Lachen. „ Du bist schön“, meinte er mit einem nachdenklichen Blick. Dabei strich er mit seiner Hand über meinen Arm. Als ich gerade etwas neckendes erwidern wollte, sah ich ihn wieder. Er stand an der anderen Seite der Bar, einfach so und beobachtete mich mit einem Lächeln. Ich musste die Fassung wiedergewinnen! Wieso fühlte ich mich schuldig hier mit einem anderen Jungen zu stehen, obwohl ich ihn nicht mal kannte?
„ Darauf kommt es nicht an“, antwortete ich Adam und ließ ihn alleine an der Bar stehen. Verwirrt wollte ich ihn ansprechen. Ich hatte mir schon einen Plan auf der Tanzfläche zurechtgelegt. Ich würde ihn fragen, ob er Fred gesehen habe. So würde ich nicht wirklich Interesse an ihm zeigen, aber wir kämen uns näher. Ich schritt auf ihn zu. Das Adrenalin schoss durch meine Adern. Ich war nur noch wenige Meter von ihm entfernt. Er konnte mich noch nicht sehen, da er mit dem Rücken zu mir gewandt da stand. Als ich gerade meine Hand erheben wollte, um ihn anzutippen, bekam er eine Jacke von einem Mädchen in die Hand gedrückt. Ich war zu spät gekommen.


Begegnungen


Ich ging an ihm vorbei ohne ihm noch einen weiteren Blick zu widmen und begab mich wieder einmal in den Raucherraum. Die zwei hatten den Club zusammen verlassen. Und auch wenn ich versuchte mir einzureden, dass es vielleicht doch nur eine Freundin wäre, wusste ich das Beide alles andere im Kopf hatten als Freunde zu werden. Ich setzte mich geknickt an die Bar, um auf den Schrecken einen Schnaps zu trinken. Jedoch gab dieser nicht viel her und trug nicht viel dazu bei meine Stimmung zu verbessern. So bestellte ich noch einen doppelten Bacardicola, um sicher zu gehen, dass der Abend noch nicht vorbei war. Ich zündete mir noch eine Zigarette an und ließ meinen Blick im Raum umherwandern.
Ich würde mir nicht von einem Jungen den Abend ruinieren lassen, den ich nicht mal kannte. Das war einfach nur lächerlich. Man konnte meinen Stolz nicht so leicht verletzen. Mit neuem Mut und Entschlossenheit den Abend gut enden zu lassen, verließ ich den Raum und begab mich wieder auf die Tanzfläche zu meinen Freunden. Mein neuer Bacardicola war gerne gesehen. Da meine Freunde wie eine Familie für mich waren, teilte ich ihn gerne mit ihnen. Aber er neigte sich zu schnell dem Ende zu. Ähnlich erging es unserem Geld. So mussten wir wohl auf den Rest des draußen versteckten Wegproviants zurückgreifen. Eingehackt verließ ich mit Noel den Club, dicht gefolgt von Claire und Manuel.
Draußen wurde die Flasche wieder von einem zum anderen gereicht und die Stimmung erreichte das Maximum. Obwohl mich der Gedanke an den schönen Jungen immer noch plagte, ließ ich mir
nichts anmerken. Meine Freunde hatten in der Zeit, in der wir uns kannten, gelernt, dass ich eine Person war, die nicht gerne über Sachen redete, die mich belasteten. Wieso sollte ich meine Probleme nicht alleine regeln können? Trotzdem wussten sie, dass sie mir alles anvertrauen konnten und ich sie immer auffangen würde.
Als ich meine Gedanken wieder aufs Gespräch lenkte, bemerkte ich, dass dieses in der Zwischenzeit zu Noels neuer Frisur gewechselt war. Er hatte seine dunkelbraunen Haare heute zu einer Elviswelle gekämmt und trug seine Nerdbrille dazu. Eine ungewöhnliche Kombination, die aber seinen markanten Gesichtszügen zu Gute kam.
Die Flasche leerte sich zu schnell und es war Zeit wieder den Club zu stürmen. Beim Reingehen zwinkerte uns der Türsteher zu, mit dem wir oft eine kurzen Unterhaltung führten. Einmal musste er uns nach Hause fahren, da Claire und ich uns vorgenommen hatten, wie Katzen auf allen Vieren nach Hause zu schleichen. Diese Peinlichkeit wollte er uns ersparen, ließ uns jedoch trotzdem bis zu seinem Auto krabbeln, da er sich diesen Witz nicht entgehen lassen wollte.
Ich bemerkte Adam, der gerade seine Jacke geholt hatte. Irgendwie sah er süß aus, wie er dort verlassen auf seine Freunde wartete, die immer noch bei die Gaderoberückgabe anstanden. Er stand angelehnt an der Wand in der Nähe des Ausgangs und strich sich durch sein blondes Haar, dass ihn jedoch sofort wieder ins Gesicht viel. Ich flüsterte Claire schnell zu, dass ich mich nur kurz verabschiedete und sie dann im Saal wiederfände. Langsam schritt ich auf ihn zu und wollte so verführerisch wie möglich wirken. Ich verlangsamte meinen Gang. Er bemerkte mich und ein Lächeln umspielte seinen Mund. Ich war nur noch einen Meter von ihm entfernt, als ich über eine Flasche am Boden stolperte und er mich in seinen Armen auffing.
„Oh“, sagte ich leicht errötert, „ so war das nicht geplant.“ Ich wendete meinen Blick ab und merkte sein Lächeln an meinem Hals. Er hielte mich immer noch in den Armen. Durch sein blaues T-Shirt konnte ich seinen muskulösen Oberkörper erahnen. Seinen Atem, den ich an meinem Nacken spürte, ließ mich wissen, wie wenige Zentimeter seine Lippen von meiner Haut entfernt waren. Nach einigen Sekunden löste er zu meinem Bedauern seine rettende Umarmung.
„Manchmal sind ungeplante Dinge auch sehr schön.“ Und wieder schenkte er mir ein schönes Lächeln, dass mir seine weißen Zähne zeigte. Er hätte mich ruhig noch ein wenig in seinen Armen halten können. Seine Freunde liefen an uns vorbei mit dem Zuruf, dass sie draußen auf ihn warteten. Ich zückte einen Stift aus meiner Tasche und schrieb ihm meine Handynummer auf die Hand. Noch einmal umarmte er mich länger als es zu einer Verabschiedung üblich war.
„Danke“, flüsterte er mir ins Ohr. Mit einem Kuss auf die Haare beendete er die Umarmung und ließ mich alleine zurück. Ein schöner Abgang. Jedoch wollte ich mehr als nur einen kleinen Kuss auf die Haare. Ich hätte etwas gebraucht, dass mir die Sinne raubt. Noel würde mich wohl diese Nacht wieder in seinen Armen halten müssen, um mir etwas von der Einsamkeit zu nehmen.
Nach einiger Zeit verließen wir den Club. Müde verabschiedeten Pierre und ich uns von unseren zwei Freunden, weil sie in die entgegengesetzte Richtung mussten.
Wir stiegen in ein Taxi ein, das vor dem Club wartete.
Endlich Zuhause ließen wir uns nur noch ins Bett fallen. Ich kuschelte mich an Noel, der seinen Arm um mich legte. Mit einem letzten Blick auf die Uhr, die 4.56 zeigte, und dem Gedanken, dass sich alles drehte, schlief ich in seinen Armen ein.

Ich fand mich wieder in einer besseren Welt, an dem der Abend besser verlaufen war. Fred hatte mich dem Jungen vorgestellt. Er griff meine Hand und sah mir kurz, aber sehr intensiv in die Augen. Aber ich war nicht das schüchterne Mädchen von gestern Nacht, sondern eine Person, die ihm die Stirn bieten konnte. Ich hielt seinen Blick stand, lächelte und wandte mich ab zu Fred. Als unser Gespräch gerade ins Rollen kam, klingelte sein Handy und er verließ den Raum entschuldigend, um dem Lärm zu entfliehen. Zurück blieben er und ich. Jetzt mussten wir miteinander reden! Aber ans Reden dachte er gar nicht. Langsam kam er mir näher und strich mir durch mein Haar. Ich konnte seinem Atem auf meiner Haut spüren.
„Ich habe Hunger.“ Bitte was? Meinte er das jetzt ernst. Aber er bewegte seine Lippen nicht und die Stimme kam mir bekannt vor.
„Zoë, wach auf, lass uns etwas kochen!“
Langsam kehrte ich in die Realität zurück. Warum hatte er mich nicht 2 Minuten länger schlafen lassen können. Ich wollte doch diese Lippen berühren, aber meine Traumwelt lag nun hinter mir. Ich wischte mir einen Sabberfaden, der aus meinem Mund gekommen war, ab und hoffte, dass Noel ihn nicht gesehen hatte. Vielleicht ließe er mich dann nicht mehr in seinem Arm einschlafen, wenn er sich darüber bewusst wurde, das man manchmal im Schlaf sabberte.
„Stell du das Wasser für die Nudeln schon einmal auf und ich bin gleich da und mache die Soße.“ Wir hatten schon die Tradition eingeführt immer nach dem Feiern Nudeln mit Ketchupsoße zu essen. Ketchupsoße hörte sich zwar komisch an, aber sie war schnell zubereitet und meistens konnte man nicht die Energie aufbringen etwas aufwändigeres zu kochen.
Nach dem Essen wanderten wir wieder ins Bett, weil der Alkoholpegel immer noch nicht auf Null angekommen war. Wir hielten uns die vollgestopften Bäuche und schliefen wieder ein. Ich musste unbedingt herausfinden, wer der mysteriöse Schöne war.
Bevor ich wieder meine Augen schloss, wollte ich noch einen schnellen Blick auf mein Handy werfen, ob vielleicht Adam geschrieben hatte. Tatsächlich, eine neue Nachricht. Adam, empfangen um 09.30 Uhr.
„Es war schön dich getroffen zu haben. Einer meiner Freunde feiert heute Abend eine kleine Party und es wäre schön, wenn du mich begleiteten würdest. Alles Liebe Adam“
Ich kuschelte mich wieder in Noels Arme, schloss meine Augen und sank wieder in meine Traumwelt. Adam konnte warten.
Leider kehrte ich nicht zu dem Unbekannten von letzter Nacht zurück. Stattdessen träumte ich von Maden, die mein Gesicht zerfraßen. Direkt nachdem ich wieder aufgewacht war, musste ich mich vergewissern, dass mein Gesicht noch im Ganzen war und keine Made irgendwo im Bett auf mich lauerte. Langsam stand ich auf und schlich ins Bad, um Noel noch einige Minuten Schlaf zu gönnen. Ich musste den Alkoholgeruch von mir wegwaschen. Ein Blick in den Spiegel erklärte meinen letzten Alptraum. Ich trug immer noch das Make-Up von letzter Nacht, dass mittlerweile seinen eigenen Weg über mein Gesicht gefunden hatte. Die Dusche tat gut und anschließend fühlte ich mich fast wie ein neugeborener Mensch. Nun würde ich Noel aufwecken. Ich schwang mir schnell ein Handtuch um und schlich mich ans Bett heran. Langsam kletterte ich auf die Matratze. Ich konnte mir ein Kichern nicht verkneifen, als ich wild anfing zu springen. Er schreckte auf und sah mich mit großen Augen an. Lachend ließ ich mich neben ihn fallen.
„Wach werden, mein Lieber. Die Welt hat großes für uns vor. Was hälst du von einer Party heute Abend? Du musst doch nicht arbeiten?“, fragte ich ihn und warf ihn mein süßestes Lächeln zu.
Als ich ihm näheres über die Party berichtete, meinte er, dass er nicht mit mir zu meinem Date ginge. Auch wenn ich manchmal sehr schüchtern sein konnte, wollte ich Adam wirklich wiedersehen. Er schien richtig für mich zu sein. In manchen Momenten fühlte ich mich einfach so leer und ausgepowert, dass ich mich einfach gerne in einen starken Arm zurückfallen ließe wie jedes andere normale Mädchen.Vielleicht war es an der Zeit die Spielchen hinter mir zu lassen. Mir konnte nicht mehr viel passieren, da ich bald aus der Stadt verschwände. Das gäbe mir sogar einen Ausweg aus einer zu ernsthaften Beziehung. Bei dem Gedanken schauderte ich schon vor Angst. Schnell verbannte ich die Gedanken wieder in die hinterste Ecke meines Innenlebens, aber trotzdem würde dieses Flüstern wohl nie ganz verschwinden.
Noel und ich besprachen schnell, was ich am Telefon sagen würde. Danach schritt ich mich aus dem Zimmer, damit Noel nicht lauschen konnte; im Falle, dass ich mich blamierte. Adam freute sich sehr über meinen Anruf und wir verabredeten, dass er mich um 8 Uhr abholte. Das Telefonat verlief einbahnfrei und mit einem breiten Grinsen kam ich wieder zurück ins Zimmer.
Es war mittlerweile 3 Uhr und wir hatten noch etwas Zeit, die wir versuchen mussten zu überbrücken. Pierre versprach mir später bei meinem Outfit zu beraten und mir eine fabelhafte Frisur zu zaubern.
„Wie wäre es mit einem Film?“, fragte Noel, der versuchte mich auf andere Gedanken zu bringen. Mein Blick haftete auf meinem Kleiderschrank, da ich immer noch nicht an das passende Kleid für heute Abend denken konnte. Nur mürrisch wendete ich meinen Blick ab und nickte leicht. Es war nicht schwer einen passenden Film zu finden, da wir beide gerne Lindsay Lohan Filme mochten und uns schnell auf Girls Club einigten. Das war unsere heimliche, gemeinsame Leidenschaft, die niemand jemals wirklich erfahren sollte.
Lindsay ließ mich für einen langen Moment alles von letzter Nacht vergessen. Nach dem Film huschte ich wieder ins Bad. Währenddessen räumte Noel ein wenig mein Zimmer auf, da meine ganzen Klamotten waren wie gewöhnlich über den Boden verteilt waren. Als ich das Zimmer wieder betrat, war alles ordentlich. Ich schenkte ihm ein Lächeln und umarmte ihn. Am liebsten hätte ich ihn nicht mehr losgelassen. Was würde ich nur ohne ihn machen? Ohne Noel stände mein Leben auf dem Kopf und ginge in einem Chaos unter.
Zusammen kramten wir ein blaues Kleid hervor, dass ich beinahe schon vergessen hatte. Wir hatten es damals in Mamas Kiste auf dem Dachboden gefunden als wir nach Sachen für eine Bad Taste Party suchten. Aber dieses enganliegende Kleid war einfach makellos und machte sich super mit einer langen Kette. Pierre flochte mir einen lockeren Seitenzopf, der bis zu meiner Brust hinunter reichte. Ich fühlte mich unglaublich stylisch. Es war in irgendeiner Weise schick, wurde aber gleichzeitig durch die Haare wieder wett gemacht. Er betonte meine Augen nur mit einem Eyelinerstrich und Wimperntusche ohne die ich niemals das Haus betreten würde.
Um viertel vor 8 verließ er mich mit einer langen Umarmung. „Viel Glück mein Liebes.“
Dann ließ er mich los und schloss die Tür hinter sich. Meine Nerven lagen blank wie vor jedem anderen Date. Ich wusste das ich äußerlich darauf vorbereitet war, aber innerlich zitterte. Mein Selbstvertrauen war nicht existent. Am liebsten hätte ich mir ein wenig Mut angetrunken, was man natürlich nicht bei dem ersten Treffen machen konnte. Was wäre, wenn er mich hübscher in Erinnerung hatte und enttäuscht wäre, wenn er mich sähe. Ich versuchte mich an einigen Atemübungen meiner Mutter, die leider nicht ihren Sinn erfüllten. Ich zückte mein Handy aus meiner Handtasche, die ich immer noch nicht geschafft hatte aufzuräumen. Ich atmete noch einmal durch bevor Claire ihr Handy antworterte. „Zoë?“
„Ahhhhh Claire. Ich drehe durch. Gleich kommt Adam, der Junge von gestern, und ich bin sooo nervös.“
Sie wusste, dass meine Nerven blank lagen. Sie beruhigte mich und ich musste ihr versprechen ihr morgen alles ganz genau zu erzählen.
Genau fünf Minuten nach acht trat ich vor die Tür und fand Adam wartend in einem schwarzen Mini wieder. Ich stieg ein und bemerkte seinen kurzen Blick auf mir, der verriet, dass er positiv überrascht war. Mit einem schüchternen Kuss auf die Wange begrüßte er mich. Der Weg zur Party war nicht weit, aber ich konnte in der kurzen Zeit etwas über den heutigen Abend herausfinden. Es würden um die 20 Leute kommen. Die meisten davon waren Freunde von früher, die nun alle in anderen Städten studierten. Einer seiner besten Freunde namens Paul, der hiergeblieben war, stellte seine WG zur Verfügung.
Wir waren an unserem Ziel angekommen. Geschickt lenkte er das Auto in eine freie Parklücke. Er nahm mich an die Hand und führte mich zu einem Gartentor. Ein kleiner Gang führte zur Haustür. Von drinnen konnte man Musik wahrnehmen. Ein Lied von Iggy Pop, the Passenger, das ich zu meinen Favoriten zählte, wurde gerade gespielt. Nachdem Adam die Klingel gedrückt hatte, öffnete ein großer, schlaksiger Junge sie nach einigen Sekunden. Er strahlte uns an und bevor wir etwas sagen konnten drückte er uns ein Weinglas in die Hand. Ich konnte mich wage an ihn von der letzten Nacht erinnern. Er war einer Adams Freunde, die ihm zugerufen hatten, draußen auf ihn zu warten. „Ich bin Paul“, stellte er sich vor. Ich ergriff seine ausgestreckte Hand.
„Zoë“, erwiderte ich und schenkte ihm ein breites Lächeln. Er machte einen sehr freundlich Eindruck. Er führte uns ins Wohnzimmer, wo wir die anderen Gäste, die schon eingetroffen waren, begrüßten. Adam machte mich mit einigen bekannt. Obwohl ich mir versuchte die Namen einzuprägen, vergaß ich die meisten nach einiger Zeit.
Wir gingen in die Küche, um unseren Wein aufzufüllen. Adam meinte er wolle keinen schlechten Eindruck erwecken, aber, dass er gerne etwas trinken mochte und mir später ein Taxi bestellen würde.
Er war ein sehr liebenswerter Mensch und in seiner Nähe fühlte ich mich geborgen. So machte es mir nichts aus, als er locker seinen Arm um meine Taille legte. Wir waren mittlerweile im Flur angekommen, wo er von einem anderen Jungen, von dem ich den Namen schon wieder vergessen hatte, in ein Gespräch verwickelt wurde. Heimlich rutschte ich ein wenig näher an seine Seite. Er verstärkte seinen Arm um mich etwas. Sein Freund ging nach kurzer Zeit wieder ins Wohnzimmer. Zurück blieben wir zwei. Er sah mir in die Augen und drehte mich mit seinen Händen, sodass ich nun vor ihm stand. Die Aufregung umhüllte mich, denn ich wusste, dass er mich jetzt versuchte zu küssen. Aber wieso eigentlich nicht? Kurz bevor unsere Lippen sich berührten, klingelte es. Schüchtern zog ich mich zurück und ließ ihn die Tür aufmachen, da die anderen es wohl kaum im Wohnzimmer gehört hatten. Ich war gespannt wer als nächstes durch die Tür käme. Es waren wenige Mädchen hier, obwohl seine Freunde alle nicht schlecht aussahen. Deshalb war ich sehr erleichtert als ich den Neuankömmling als Mädchen identifizierte. Sie war wunderschön. Ihre blonden, leicht gewellte Haare reichten ihr fast bis zur Hüfte. Ein kurzer Rock umspielte ihre makellosen Beine. Aber sie war nicht allein gekommen. Mein Blick glitt zu ihrem Begleiter. Und da war er wieder. Der hübsche Unbekannte. Unsere Blicke trafen sich. In dem Moment setzte mein Herz für einen Bruchteil einer Sekunde auf zu schlagen, bevor es laut anfing zu hämmern. Schnell sah ich zu Boden. Hatte ich ihn mir eingebildet? Was machte er hier? Tausende Fragen machten sich in mir breit. Ich wagte einen neuen Blick. Er war es wirklich. Adam kam gerade wieder auf mich zu und er folgte ihm. Jetzt war es soweit. Ich würde ihn kennenlernen. Aber ich fühlte mich der Situation ganz und gar nicht gewachsen! Er sah mir tief in die Augen. Es fühlte sich an als könnte er mir meine ganzen Gedanken in meinen Augen ablesen. Adams Arm legte sich wieder um meine Taille. Aber das passte nicht in die Situation. Alles, was ich in diesem Moment wollte, war meine Arme um den Unbekannten zu schlingen und für immer so zu verharren.
„Zoë, sammle deine Gedanken“, ermahnte ich mich selber. Immer noch mich anschauend, formte sich sein Blick zu einem fragenden. Hatte er gesprochen? Ich schluckte kurz.
„Wie bitte?“ ,brachte ich hervor. Wieder einmal fühlte ich mich wie ein unbeholfenes Kind.
Ich musste mich zusammenreißen! Adam sollte nichts merken. Außerdem sollte niemand das Recht haben mich so aus der Fassung zu bringen.
„Ich bin Ethan“, wiederholte er. Er hatte also wirklich gesprochen. Adam sah mich kurz verwirrt an und antwortete für mich. „Das ist Zoë.“
Ich konnte mir ein Lächeln abringen. Mit einer Entschuldigung verschwand ich ins Bad.
In den Spiegel sehend, atmete ich tief durch. Das war meine Chance ihn kennenzulernen. Ich musste sie nutzen. Seine Begleitung, die bekannt schien mit den anderen Gästen, hatte mittlerweile ihren Weg ins Wohnzimmer gefunden, von wo ich ihr engelsgleichen Lachen hören konnte.

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Tag der Veröffentlichung: 11.12.2011

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