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Weit ab aller Schifffahrtswege und Touristeninseln im pazifischen Ozean, lag eine kleine Insel namens Mahupai. Sie maß nur wenige Quadratkilometer, hatte wunderschöne blaugrüne Lagunen, Strände so weiß wie die Blüte der Ismene und eine reiche, grüne Vegetation.
Auf Mahupai lebte ein kleines Inselvolk, die Hupas. Es waren kleine, größtenteils schlanke Leute, mit dunklen Augen, haselnussbrauner Haut und seidigem, schwarzen Haaren. Die meiste Zeit des Tages verbrachten sie mit Fischen, Jagen, Sammeln und Knüpfen. Sie knüpften praktisch alles, was sich irgendwie knüpfen ließ, ihre Häuser, ihre spartanische Einrichtung und sogar ihre minimalistische Kleidung. Den Rest ihrer Zeit saßen sie beisammen und genossen das Leben. Oftmals begab sich auch ihr alter Häuptling Kenop Sa zu dieser geselligen Runde und erzählte Geschichten ihrer Vorfahren, moralische Weisheiten oder einfach nur von der besten Methode eine wilde Kartoffel auszugraben. Er war ein wirklich guter Häuptling, für ihn waren sie alle seine Kinder, um die er sich sorgte und die er lehrte.
Eines Tages jedoch, sahen sie ihren Häuptling leicht gebeugt und düster vor sich hin murmelnd, auf den großen Felsen zu schlurfen. Auf der obersten Spitze ließ er sich nieder und bewegte sich nicht mehr. Während die meisten noch darüber spekulierten, wie er da überhaupt hinauf gekommen war, tuschelten einige Wenige schon über die mögliche Ursache seines Verhaltens. Der Häuptling hatte eine Tochter, mittlerweile schon fortgeschritteneren Alters und seit einigen Jahren verheiratet mit dem schnellen Jäger Sami. Der Häuptling selbst, hatte auf diese Vereinigung gepocht, da er sich sehnlichst Enkelkinder wünschte. Leider jedoch war seine Tochter Sehina mehr an gegrilltem Fisch und Kokosnussmilch interessiert, als an ihrem Ehemann. Dem ging es jedoch nicht anders, er vergnügte sich Tag ein Tag aus mit seinen Freunden beim Fischen und bei der Jagd.
Die Hupas waren an sich ein sehr fruchtbares Volk, doch der Häuptling schien in dieser Angelegenheit nicht gesegnet zu sein. Er hatte sich zwei weitere junge Frauen genommen, um vielleicht noch einen zeugungsfreudigen Sohn zu bekommen, doch auch dies scheiterte.
Man hielt es für ein ausgesprochen schlechtes Zeichen, wenn ein Häuptling auf einem Felsen saß und die Hupas hielten sehr viel von Zeichen. Das war auch kein Wunder, schließlich gab es unzählige davon. Eine umfallende Palme kündete den Abriss und Neubau einer Hütte an. Was eigentlich ständig der Fall war, denn das Knüpfen war eine spaßige Sache, nur leider nicht sehr beständig. Der Besuch einer Walfamilie in ihrer Lagune, verhieß ein großes Ereignis, wie zum Beispiel einen schönen Sonnenuntergang. Ein Schmetterling in der Nähe des tiefen Teiches in der Mitte der Insel, wies darauf hin, das der betreffende Schmetterlingsbeobachter bald ein Bad nahm. So ging es weiter und weiter. Natürlich gab es auch richtig große Zeichen, wie einen Sturm, ein eher unheilvolles Omen des Zahnschmerzes oder aber ein wahrlich freudiges Zeichen, die Sternschnuppe.
Da die Hupas Frühaufsteher waren und bei Sonnenuntergang häufig in ihre geknüpften Betten krochen, war eine Sternschnuppe ein besonders seltenes Ereignis. Doch hin und wieder wurde eine gesichtet und man war überzeugt, sie weise auf die Zeugung eines Kindes in dieser Nacht hin. Man bemühte sich in dieser Nacht selbstverständlich ganz besonders, um dem Zeichen gerecht zu werden.
Leider dauerte es eine Weile, bis die Früchte einer solchen Begebenheit sichtbar wurden und so nahm man es auch nicht so genau damit, war es ja schon Monate her.
Jedenfalls wurde Sami, der Schwiegersohn des Häuptlings beauftragt, diesem unguten Zeichen mit Kenop Sa auf den Grund zu gehen. Vergebens versuchte er den Häuptling zu erreichen, schaffte es aber nur verdutzt auf halbe Höhe. Von dort aus rief er Kenop Sa an und fragte ihn was dies alles bedeute. Dieser erklärte ihm, er habe das uralte Ritual der Sterne vollzogen, er warte nun an dieser Stelle und käme nicht eher herunter, bis er das Zeichen sah.
Das Ritual der Sterne war nur noch den wenigsten bekannt, da man es einfach nie gebraucht hatte. Laut der Erzählungen der Alten, führten es Eltern durch, wenn sie ihren Kindern reichen Nachwuchs wünschten. Um Erfolg dabei zu haben, müsse man dann zum Dank auf die Sternschnuppe warten, die das Gewünschte bestätigte.
Sami kehrte mit dieser Neuigkeit zurück zu den Anderen und nach einigem Staunen war man doch besorgt, das Zeichen könne eventuell auf sich warten lassen, wusste jedoch nicht was man dagegen hätte tun können.
Drei Tage und Nächte vergingen, doch der Häuptling saß noch immer auf seinem Felsen. Man hatte mehrfach versucht ihm Wasser und Früchte hinauf zu schmeißen, doch man kam einfach nicht nahe genug an ihn heran. Am Ende des vierten Tages, war man sich einig, dass man den Häuptling herunter locken müsse und so bereiteten sie am Fuße des Felsen ein großes Fest.
Mit Blumen und Fackeln geschmückte Boote wurden aneinander gebunden und ins seichte Wasser gelassen. Die Hupamädchen knüpften sich neue Grasröckchen und die Fischer brachten reiche Beute mit. Es wurde gegrillt, gesungen und getanzt. Einige Heißsporne verteilten sogar die Wurzel des Wachtraumes und so kaute man eifrig, während die Welt immer bunter wurde.
Der Häuptling rührte sich jedoch nicht vom Fleck und am Ende des Festes hatte man ihn gänzlich vergessen. Bekümmert hatte er das Fest seiner Kinder aus der Ferne beobachtet und wünschte sich verzweifelt die ersehnte Sternschnuppe herbei, um wenigstens noch ein wenig gegrillten Fisch abzubekommen. Als auch der letzte Feiernde den Strand verlassen hatte und die Fackeln erloschen waren, senkte sich eine schwere Dunkelheit über den Häuptling. Er starrte traurig in den Himmel und stellte sich auf eine weitere karge Nacht ein, als er sie endlich sah. Es war die schönste Sternschnuppe, die er je gesehen hatte, kräftig und lange leuchtend. Von Freude überwältigt sprang er auf, vollzog einen komplizierten kleinen Tanz auf dem Felsen und drehte sich überschwänglich im Kreis.
Wieder unten am Strand angekommen, warf er noch einen dankbaren Blick in den Himmel und erblickte eine weitere Sternschnuppe. Bevor er sich versah blitzte und blinkte es auf nachtblauem Hintergrund und eine Schnuppe nach der anderen schoss nieder. Starr vor Schreck blieb er stehen bis es dämmerte und auch der letzte Funke verloschen war. Er wusste nicht was es bedeute, aber ihm schwante nichts Gutes, daher behielt er diese neue Entwicklung lieber für sich und ging völlig erschöpft schlafen.
Die Hupa waren hoch erfreut, ihren Häuptling wieder zu haben und schrieben es ihrem schönen Fest zu. Neun Monate später wurden die Hupa mit einem wahren Kinderregen gesegnet, kaum ein Tag verging, an dem nicht eine kleine Hupaina zur Welt kam. Doch merkwürdigerweise war der Häuptling alles andere als erfreut und das obwohl er zwei kräftige kleine Söhne in den Armen hielt. Es mag wohl daran liegen das nur seine Tochter von dem Glück der Hupa ausgelassen wurde, vielleicht aber auch daran, dass er sich nicht entsinnen konnte, wann er das letzte mal eine seiner Frauen besucht hatte.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 03.09.2010

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Beitrag für den Kurzgeschichtenwettbwerb im September 2010

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