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1.Kapitel

Obwohl es schon auf Mitternacht zugeht, ist die Gaststube beim Gockelwirt in Obermühlenberg, einem schmucken Dorf im bayrischen Alpenvorland, beinahe noch vollbesetzt.
Es ist der Fronleichnamstag, an dem die örtliche Gebirgsschützen-Kompanie alljährlich ihr Königsschießen veranstaltet, ein ereignisreicher Tag für die Schützen und auch für die Mädchen und Frauen.
Ist er doch nicht nur für den jeweils neuen Schützenkönig eine Ehre dieser zu sein, sondern auch für eine Frau oder ein Mädel, wenn der Mann oder Verlobte der neue König ist, der bei allen Festlichkeiten mit Würde und Stolz die Königskette auf der Brust tragen darf.

Um ein Uhr nachmittags zieht der farbenfrohe Festzug zum Schießstand. Die Blasmusik an der Spitze, die Scheibenträger und Zieler, die beiden Schützenlieseln, in ihrer Mitte der König des Vorjahres.
Und dann die übrigen Schützen mit geschulterten Stutzen, ihnen voran der Hauptmann den gezogenem Säbel stolz in der Hand.

Ein wahrhaft prächtiges Bild für die Einheimischen und erst recht für die Sommergäste, die Obermühlenberg in diesen Junitagen schon beherbergt.
Während des Schießens interessieren sich die Teilnehmer nicht nur für ihre eigenen Ergebnisse, sondern nicht minder für die der Konkurrenten.

Und Konkurrenten sind sie alle, die Favoriten und die heimlich-stillen Außenseiter.

Es wird neugierig in die Schießkladden gekiebitzt, wenn sich für diesen und jenen mal Gelegenheit bietet und es wird geraten und gemunkelt.

Nun, seit ein paar Stunden weiß man es.

Ein kräftiger Tusch der Blasmusik eröffnet Punkt acht Uhr abends die langerwartete Preisverleihung, die der Schützenmeister persönlich vornimmt.

Mit ein wenig unterdrücktem Stolz auf sein Ehrenamt und mit kräftiger Stimme verkündete er, dass das erst vor wenigen Wochen aufgenommene Kompaniemitglied Felix Bittner der Schützenkönig für das kommende Vereinsjahr ist. Ihm mit knapper Ringzahl auf den Fersen: Hannes Pelzer und als Dritter der Junglehrer Carsten Sommer.

Aufmerksamen Zuhörern ist es nicht entgangen, dass der Applaus nicht so stark und herzlich wie sonst ausfällt, nachdem der bisher amtierende Schützenkönig, der Sägewerksbesitzer Rolf Schuster, dem Felix Bittner eigenhändig die Königskette umgehangen hat.

Und was so mancher Obermühlenberger Schütze während der Preisverleihung denkt, das sagt jetzt, kurz vor Mitternacht und in ziemlich angeheitertem Zustand, der um einige Ringe ins Hintertreffen geratene Pelzer Hannes, der ehrgeizige und als protzig bekannte Sohn des Schützenmeisters, dem Felix direkt ins Gesicht.

»Also weißt Bürscherl, so arg glücklich sind wir nicht, dass dich heut der Zufall und ein bissel Glück zum Schützenkönig gemacht haben. Wirst halt aufs Monatsend´ hin nix gearbeitet haben. Drum hast heut so eine ruhige Hand gehabt.«

Felix, der sich mit seinem Nebenmann unterhält, wird auf den über den Tisch herüberräsonierenden Pelzer aufmerksam, als dieser mit zunehmend lauterer Stimme weiternörgelt:

»He, billiges Knechtl, hast nit gehört was ich gesagt hab? Ob du die vierzehn Nothelfer die ganze Woche lang angerufen, damit du heute keine zittrige Hand hast, sollst sagen, Herr Schützenkönig!«
Felix Bittner, ein freundlicher und gutmütiger junger Mann, dem absolut nichts drangelegen wär, wenn ihn der Pelzer Hannes übertroffen hätte und damit König geworden wär, sagt vorerst gar nichts. Sein Nebenmann, der Beckerl Franz, antwortet an seiner Stelle.

»Dir raucht es ja nur, weil dich der Felix hinuntergeschossen hat, du Protzenbauer du damischer. Hätt´st halt besser hingehalten, dann dürftest du jetzt ein Jahr lang die Schützenkette spazieren tragen.«
Nun wird der Pelzer Hannes, der keine Kritik an seiner Person verträgt, erst recht giftig und gehässig.

»Dass die Kette an meiner Brust mehr gleichsehen tät, das wirst du mir ja wohl nicht abstreiten, oder? Wenn er sie umhängen hat«, wobei er auf den neuen König deutet, »er mit seiner Jungfrauenbrust, bei ihm geht sie ja noch um den halben Buckel herum, bei dem kann man sie ja von hinten genauso sehen, wie von vorn.«

Nun schaltet sich auch der ins Gespräch, dem diese Schmähungen gelten, und er sagt es seinem Gegenüber ins Gesicht, wie dieser ihm.

»Jetzt hör auf mit deiner Rederei und gib zu, dass du nur neidisch bist wegen des Königtitels. Dass du es gern geworden wärst, kann ich versteh´n, weil du dann bei der Brunner Liesel von Schneidegg ein bissel besser bestehen tät´st, und so mag sie dich halt zu wenig, gell?«

Die umsitzenden Burschen lachen lauthals, als sie sehen, dass der Pelzer auf diese Worte hin einen roten Kopf bekommt. Und wenn es beim Hannes so weit ist, dass er sich wegen einer Rüge oder eines Vorwurfes schämen muss, dann kennt seine Taktlosigkeit keine Grenzen mehr.

»Das hast du ja gehört, wie laut sie alle geklatscht haben bei der Siegerehrung, oder nicht? Und warum, das kann ich dir auch sagen: Weil ein jeder weiß, dass du nun beim Steller Überstunden machen musst, damit du als neuer König der Kompanie einen Banzen Bier stiften kannst, du Hungerleider, du windiger. Die wissen alle, dass das ein trockenes Jahr für unsere Gurgeln werden wird, wenn wir einmal irgendwohin ausrücken mit einem Schützenkönig, der erst seinen Geldbeutel durchsuchen muss, wenn er selber Durst hat, geschweige denn, dass er der Kompanie was spendieren soll.«

Auf diese Schmähungen hin kocht es auch im Inneren des Felix Bittner langsam.
Wenn er beim Stellerbauern auch nur der Knecht ist, aber ein sparsamer Bursch´ ist er allemal, mit einem ansehnlichen Sparbuch bei der Volksbank in Schneidegg, wie es nicht gleich einer hat, der sich bisher sein Geld als Dienstbote verdienen musste.

Und ausgerechnet er soll sich von so einem Bauersöhnchen, das seiner Lebtag nur aus ein und derselben Schüssel herausgefressen hat, einen Hungerleider heißen lassen?

Das wär noch schöner.

Aber obgleich ihn seine Nebenmänner unauffällig anstoßen, den Hannes zu packen, tut er´s nicht.

Er belässt es dabei, ihm zu sagen, was er von ihm denkt und als dieser darüber nur lacht, sagt er ihm, dass sie beide schon noch eine Gelegenheit finden werden, miteinander abzurechnen.

Als Hannes Vater, der Schützenmeister, gutgelaunt an den Tisch kommt, und fragt »ob die Buben Durst bekommen hätten bei der warmen Luft am Schießstand draußen«, da antwortet ihm der Felix:

»Durst haben wir schon gehabt, ja, und von dem saudummen Gered´ deines Herrn Sohnes, da könnt´ man noch das Grausen dazubekommen.«

Ehe der alte Pelzer fragen kann, wie er das meine, steht der Felix auf, geht zur Schänke, zahlt der Kellnerin seine Zeche und verlässt die Gaststube, ohne dem Tisch, an dem der Schützenmeister nun mit den Burschen diskutiert, noch einen Blick zu schenken.

Nachdem der Wachtmeister Bastian Stallner durch die Stube geht, wobei er jeden einzelnen Tisch mit kritischem Blick nach dessen Belegschaft mustert, leert sich der Raum allmählich.

Die letzten unermüdlichen Zecher muss, wie immer nach solchen Festlichkeiten, die Kellnerin hinausbugsieren, was die Loni auch meisterhaft beherrscht, indem sie denjenigen, bei denen gutes Zureden nichts nützt, kurzerhand den Stuhl unter dem Hintern wegzieht, mit der Bemerkung, dass jetzt Polizeistunde sei.

2. Kapitel

Der Pelzer-Hof liegt knapp zwei Kilometer vom Dorf entfernt, eine Strecke, die der etwas korpulente und schwerfällige Hannes immer mit dem Auto zurücklegt, wenn er im Ort was zu tun hat.
Lediglich wenn irgendeine Festlichkeit vermuten lässt, dass ihre beiden Mannsbilder im Verlauf derselben ein bissel länger und tiefer in den Bierkrug schauen, setzt sich die Bäuerin mit ihrer ganzen Energie dafür ein, dass die Herren zu Fuß ins Dorf gehen.

Abgesehen davon, dass sie im angetrunkenen Zustand ohne Wagen sicherer heimkommen werden, stört sie der Lärm, den ihre Karren immer machen, wenn sie die letzten paar hundert Meter mit Vollgas den Leitenberg heraufkommen und mit vollem Motorengedröhne in die Garage hineinrangieren.

»Hoffentlich poltern sie dann nicht so laut die Treppe herauf, dass ich aufwache, wenn sie heimkommen«, sagt die Pelzerin zur Hausmagd, als sich die beiden anschicken ins Bett zu gehen.
Letzterer, deren Schlafkammer auf der dem Hof abgelegenen Hausseite liegt, ist der Bäuerin diesbezüglicher Kummer mehr oder weniger gleichgültig.

Sie wacht sowieso meist auf, wenn der Hannes nachts heimkommt, denn nicht selten klopft er dabei an ihre Kammertür, um Einlass zu begehren.

Sie weiß zwar, dass er hinter dieser und jener Bauerstochter her ist, aber möglicherweise könnt sie ja doch die junge Pelzerbäuerin werden.

Wie sie die zwei Alten kennt, würden die dem Hannes zureden, sie zur Frau zu nehmen.
Erstens schon wegen der Schand´, die ein uneheliches Kindl in eine christliche Familie bringen würde und zweitens, die Pflicht, achtzehn Jahre lang zahlen zu müssen, für einen Menschen, von dem der Hof nicht den geringsten Nutzen haben würde.

Ehe es so weit käme, müsste der Herr Sohn wohl oder übel die reichen Liebschaften im engen und weitern Umkreis vergessen und eine arme Magd zur Frau nehmen.
Dass der Bauer und die Bäuerin sie mögen, das weiß sie, und deshalb, meint sie, wär sie für den Fall eines Falles gesichert.

Während sie sich diesen Gedanken hingibt, wird ihre Kammer von Scheinwerferlicht erhellt, wie dies immer der Fall ist, wenn am Mühlbach unten ein Auto in die Kurve fährt.
Wird halt der Vater oder Hannes von einem Zechbruder nach Hause gefahren, denkt sie, und nimmt sich vor, heute nicht auf ein eventuelles Klopfen hin zu öffnen.
Wahrscheinlich wird er getrunken haben, weil ihm der Bittner Felix, soviel man schon erzählen hörte, mit Erfolg den Titel des Schützenkönigs streitig gemacht hat, und so einen betrunkenen Burschen will sie nicht bei sich haben.
Als das fremde Auto im Hof hält, wälzt sich der Bauer mit hundert mühsam herausgequälten Dankesworten auf den Lippen heraus:

»Ich dank dir halt tausend mal, Volker, für die Gefälligkeit und sag ›Vergelt´s Gott‹, wennst schon keinen Fuhrlohn annehmen willst. Kommt schon ein Mal eine Gelegenheit, dass ich dir auch behilflich sein kann.«

»Jetzt tu dich nicht grämen, Gustl, wegen der paar Kilometer Weg. Das ist doch selbstverständlich, dass man einander hilft, besonders in so einem Fall«, erwidert der Andere, ehe er die Autotüren zuwirft und in einem Bogen vom Hof fährt.

Als der Heimgekehrte dann das Schlüsselloch nur mit Müh und Not findet und deshalb fluchend eine Weile darin herumstochert, kommt ihm seine Frau entgegen, um die Tür von innen zu öffnen.

»Bist es du Vater?«, fragt sie durch die Tür, als sie ihn noch nicht sieht.
So er dann etwas wankend im Hausflur steht, fragt sie in der steten Fürsorge um ihre zwei Mannsbilder, ob der Bub noch in einer der Wirtschaften steckt.

Der alte Pelzer hat nichts mehr von der Würde und dem Stolz, womit er heute Mittag mit der Kompanie zum Schießplatz marschiert ist, an sich, wackelt mehrere Male mit dem Kopf, ehe er eine Antwort findet.

»Der Bub ist im Krankenhaus, Mutter, der kommt heut nimmer heim, morgen auch nicht, wer weiß, ob er überhaupt noch einmal kommt.«

Das ist alles, was er im Augenblick zu berichten weiß.

Erst als die Mutter, die ihm beim Bewältigen der knarrenden Treppe behilflich ist, ihn wegen des Verbleibs von Hannes bedrängt, erfährt sie stockend, was mit diesem passiert ist.

»Der Bogner Volker hat mich vom Gockelwirt heimgefahren, vor einer Stund´ ungefähr, dann haben wir den Hannes im Scheinwerferlicht liegen sehen, beim Pützner seinem Heustadel drunten. Zuerst haben wir gemeint, es habe ihn der Rausch umgeworfen, aber dann haben wir im Gesicht Blut gesehen und auf meine Frag' hin hat er bloß den Kopf geschüttelt und nix gesagt. Da haben wir ihn gleich nach Oberach ins Krankenhaus gefahren. Ganz ruhig liegen muss er, haben sie dort gesagt, und dass es nicht arg gut mit ihm steht. »
Die Pelzermutter ist auf diese Nachricht hin mehr ungehalten, als schockiert und sagt, was sie immer sagt, wenn ihr das späte Nachhausekommen vom Gatten oder Sohn missfällt:

»Weil jedes Mal gesoffen werden muss, wenn im Dorf drunten etwas los ist! Dann weiß man nimmer, was man tut und wann es zum Heimgehen Zeit ist. Habts lauter so Ehrenämter bei den Vereinen, die nichts eintragen, nur dass sie zum Trinken verführen.«

Der Pelzer und seine Frau sind inzwischen in der Schlafkammer angekommen und zwischen Entkleiden und Einschlafen bringt er gerade noch über die Lippen, dass beim Hannes heute ein Rausch nicht die Schuld an seinem Unfall trage, sondern dass da schon irgendwer mit im Spiel gewesen sei.

»Vom Umfallen allein kann man nit so zugerichtet sein, wie der Bub es ist.«
Das war alles, was er an Erklärungen von sich geben konnte, ehe er durch die Wirkung des vielen Bieres, das er getrunken hatte, einschlief.

Um so länger machte sich seine Frau über die Geschichte mit dem Jungen ihre Gedanken.
Ob es gut ist, dass die jungen Leut´ heutzutage schon so viel Geld in der Tasche haben? Ob es notwendig ist, dass er mit seinen gut zwanzig Jahren schon sein eigenes Auto hat, nachdem doch eines da ist im Haus, mit dem sich der Vater und der Bub abwechseln könnten?

Aber es ist halt heutzutag´ so mit den jungen Leuten, dass sie nichts abwarten können, dass auf die Minute gleich alles da sein muss, was sie sich wünschen.

Ob es nun ein Hunderteuroschein, ein Auto oder ein Mädel ist.

Und die Vereine, bei jedem müssen sie Mitglied sein, weil man ihnen sonst vorwirft, dass sie für die Dorfgemeinschaft nichts übrig haben.

Dass jede Vereinstätigkeit mit den Wirtshäusern, dem Rauchen und Trinken verbunden ist, darüber wird nichts gesagt.

Es ist schon ein Kreuz, dass man den Burschen gar nichts mehr sagen kann, weil sie als Schulkinder bereits gescheiter sind, als unsereins, mit dem Fernsehen und der ganzen Aufklärerei, die sie in der Schule ebenfalls erfahren.

Überdrüssig könnte einem das ganze Dasein werden.

3. Kapitel

Nach der morgendlichen Stallarbeit, bei der die Pelzerleut´ und die Magd wegen des fehlenden Hannes um so mehr hinlangen müssen, trinkt der Pelzer seinen Kaffee und dann ist sein erster Gang zum Telefon, um das Krankenhaus anzurufen.

Er erfährt von der Stationsschwester, dass es sich bei seinem Buben um eine starke Gehirnerschütterung handelt, dass er mehrere Platzwunden im Gesicht und außerdem ein paar gebrochene Rippen davongetragen hat.
Eine genauere Untersuchung wird man erst im Verlauf des Tages vornehmen können.
Bedrückt ob der Ungewissheit, wie schlimm es um den Buben tatsächlich steht, legt er den Hörer auf und schlurft in die Küche zurück.

»Das wird eine schöne Sach´ werden, so kurz vor der Heuernt´ eine Arbeitskraft auf unbestimmte Zeit zu verlieren! Und ich mit meinem Ischias auf den Traktor hinaufhocken, jeden Tag fünf, sechs Stund´.«

Mit diesem und ähnlichen Gedanken quält er sein Gehirn, als er kurz darauf nach Untermühlberg zur Polizei fährt. Als er am Unfallort vorbeikommt, reißt es ihn jäh aus diesen widerlichen Gedanken, von denen er lieber verschont geblieben wär.

Ob er aussteigen und ein bissel herumsuchen soll?

Vielleicht, dass der Hannes oder gar der andere, der sich hier mit ihm herumgeschlagen hat, etwas verloren haben könnte: ein Messer, einen Joppenknopf oder sonst etwas, das auf einen bestimmten Täter schließen ließe.
Nein!

Er fährt weiter, weil einer von den Untermühlberger Polizisten ganz gewiss mit ihm hierher zurückfahren wird, um den Tatort zu besichtigen.

Und möglicherweise könnte ihm dieser dann Vorwürfe machen, wenn er jetzt das Gras zertreten, und damit eine wichtige Hinweisspur zunichte trampeln würde.

Beim Polizeiposten in Untermühlberg empfängt ihn der Wachtmeister Bastian Stallner mit freundlichem Gruß.

»Jetzt ist´s mir gleich ganz recht, dass du Dienst hast, Basti. Du hast gestern Abend beim Gockelwirt drüben auch den Steifengang gemacht.«
Wachtmeister Bastian Stallner sieht den Bauern verwundert an.

»Warum, hab ich was falsch gemacht dabei auf meinem Streifengang?«

»Na, na, falsch gemacht hast nichts, aber vielleicht sind dir die Gesichter noch ein bissel bekannt, die du gesehen hast. Ich mein´, dass vielleicht welche dabei gewesen sind, die du nicht gekannt hast und die dir verdächtig vorgekommen wären.«

»Könnt mir nicht denken, dass mir solche aufgefallen wären. Aber aufgefallen ist mir, dass es an dem Tisch, an dem dein Bub gesessen hat, ein wenig laut zugegangen ist. Wenn ich mich nicht getäuscht hab´, hat er es mit dem Steller-Knecht, mit dem neuen Schützenkönig gehabt.«
Dem Pelzer ist diese Bemerkung einbisschen peinlich und er besinnt sich auf die ihm beim Militär immer wieder beigebrachte Erkenntnis, dass der Angriff die beste Verteidigung sei.

Er will zwar jetzt nicht angreifen, aber zumindest im vornhinein schon das zugeben, worauf der Wachtmeister hinaus will.

»Ich weiß es schon Basti, dass mein Bub den Steller-Knecht angezwindert hat, weil er Schützenkönig ´worden ist, obwohl er noch nicht so arg lang im Ort und halt ein armer Teufel ist; aber deswegen hätt´ man ihn beim Heimgehen nit so zurichten brauchen, dass er jetzt im Krankenhaus liegen muss.«

Der Wachtmeister muss lächeln, als er dem vor ihm Sitzenden erklärt, dass dies mit dem gut oder weniger gut Schießenkönnen nichts damit zu tun habe, ob einer ein Bauer oder ein Knecht sei.

Er wird aber sofort wieder ernst und damit dienstlich, als er den Pelzer fragt:

»Das ist natürlich schon bedauerlich, wenn deinen Hannes auf dem Heimweg jemand zusammengeschlagen hat, dass er ins Krankenhaus gebracht werden musste. Und dein Verdacht richtet sich nun gegen den Felix?«

»Das ist wohl schwer zu sagen. Was er für ein Bursch ist, das kann ich nit behaupten, weil er noch zu kurze Zeit da ist, aber nachdem die anderen am Tisch dort erzählt haben, dass sich der Felix schon mit Gewalt zurückhalten hat müssen, dass er unseren Buben nit angepackt hat, möcht´ man schon annehmen, dass er es gewesen ist, der ihm den Weg verstellt hat.«

»Dann hat das heutige Königsschießen unter einem schlechten Stern gestanden, wenn es ein so bedauerliches Nachspiel gegeben hat«, meint der Wachtmeister, während er das Telefon in die Wohnung seines heute dienstfreien Kollegen umlegt.

»Am besten ist´s, wir schauen uns den Unglücksort gleich einmal an, Pelzer. An Ort und Stell´ arbeitet und denkt sich´s leichter, als hier zwischen den vier Wänden. Komm geh weiter.«
Sie einigen sich darauf, dass der Pelzer den Polizisten in seinem Wagen mitnimmt.

»Dann brauchst die Garage nit aufsperren und für die Leut´ ist´s auch nit so auffällig, wenn sie dich in aller Früh mit dem Polizeiwagen durchs Dorf fahren sehen«, meint der Bauer.

Auf der Fahrt erzählen und fragen sie einander, was für den Tathergang von Wichtigkeit sein könnte.
Dass der Hannes halt heuer schon gern der König ´worden wär´, nachdem er es in den vergangenen Jahren schon immer knapp verfehlt hat.

»Weißt ja, wie die jungen Kerle sind, wenn sie einmal hinter den Weiberleuten her sind, dann möchten sie halt auch was vorstellen, und ein Schützenkönig, das wär gerad das Richtige.«

Dass der Hannes gern ein bissel stichelt, wenn er zu viel getrunken hat, auch dann, wenn er den Grund dafür an den Haaren herbeiziehen muss, das ist dem Wachtmeister schon einige Male aufgefallen, berichtet der dem Pelzer und er wundert sich, dass dieser ihm sogar beipflichtet, anstatt seinen Buben in Schutz zu nehmen.

Der Heustadel, neben dem der Pelzer gestern Nacht seinen Jungen gefunden hat, steht ein gutes Stück außerhalb des Ortes, etwa fünf Meter neben der Straße.
Um eventuell auf den Tatvorgang hinweisende Spuren nicht zu verwischen, lässt Wachtmeister Stallner den Bauern an den entgegengesetzten Straßenrand fahren und dort anhalten.

Als sie sich auf die gegenüberliegende Wiese begeben, sehen sie, dass das Gras zwischen der Feldscheune und der Straße zertrampelt ist, was auf ein ausgiebiges Handgemenge hindeuten lässt.

»Gelegen hat er da«, sagt der Bauer, indem er auf eine Stelle, dicht neben der Straße hindeutet, »sonst hätten wir ihn ja wohl trotz des Scheinwerferlichtes nicht bemerkt.«

»Wie ich die Sache sehe«, wirft der Wachtmeister ein, »haben sie herumgerauft und der andere hat ihn dabei gegen den Stadel gerammt. Sonst könnte es kaum sein, wie du sagst, dass er eine schwere

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Tag der Veröffentlichung: 02.11.2016
ISBN: 978-3-7396-8153-5

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