Eine Geschichte zu lesen die noch nicht passiert, wäre wie ein Blick in die Zukunft. Wie würde es sich also anfühlen, in einer digitalen Welt zu leben?
Nicht schwer vorstellbar, denn wir leben bereits in einem digitalen Zeitalter.
Doch wenn diese virtuelle Welt mit unserer echten verschmelzen würde und wir von sämtlichen Standpunkten aus, auf diese Welt zugreifen könnten, dann wäre das etwas Neues. Etwas unfassbares. Etwas Unbekanntes und noch nie dagewesen und somit ein Blick in die Zukunft.
Man stelle sich vor, man würde durch eine Herde Zebras in Afrika laufen und sie dort anfassen, obwohl man in Europa an einem Schreibtisch oder sogar in einer Veranschaulichung im Schulunterricht sitzt.
Wäre es nicht sogar möglich ein Arzt würde einen Menschen operieren, obwohl dieser in einem Krankenhaus liegt, in über 100km Entfernung.
Vielleicht sogar eine Herzbehandlung durchführen, ohne ihn wirklich aufschneiden zu müssen und der Patient noch angezogen vor einem steht oder liegt.
Ein Telefonat führen, wo der andere direkt neben einem befindet, obwohl er eigentlich gar nicht da ist, im bildlichen Sinne. Okay, okay ..., dass klingt jetzt sehr nach Star Wars Fantasien.
Aber stellen sie sich das Bildlich vor.
Wäre das ein Zukunftstraum oder eine baldige Vision? Wäre das in den nächsten zehn oder zwanzig Jahren eine mögliche realistische Zukunft?
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Stellen sie sich vor, dies gibt es bereits in der Welt wo ich lebe. Eine Welt, die bereits den 3. Weltkrieg erlebt hat und es dort viele Menschenopfer forderte und einen großen Teil der Hauptstädte der Welt.
Ein Krieg der so schlimm war, dass ihn zu beenden eine fast ausweglose Situation war.
Es gab mehrere große Regierungen, die Angst um ihre privaten Staatsgeheimnisse hatten und dadurch immer wieder in Konflikt gerieten. Jedenfalls sagt man sich, dass das die Ursache für alle Probleme war.
Oder einer hat nur schief gehustet... Wer weiß was der Grund war?
Ich jedenfalls weiß es nicht so genau.
Wie also beseitigt man also nun alle Probleme mit einmal?
Nur durch eine verrückte Science - Fiction -Vision unserer Forscher.
Eine Idee, die für die Umsetzung viele kostbare Jahre brauchte, die die Welt eigentlich nicht hatte. Doch diese Idee, hat die gesamte restliche Menschheit zusammengebracht und den Krieg beendet, da sie ein gemeinsames Ziel vor Augen hatten.
Kaum vorstellbar, doch so war es.
Wir lernten zusammen die Forschung voran zu bringen und unsere virtuelle Welt in die Echte zu holen. Damit haben wir unsere Welt zu einem der besten Orte im Universum gemacht.
Jedenfalls denke ich, dass es so ist.
Denn wo auch Menschen sind, passieren Fehler und Menschen sind wir geblieben.
Wir haben die Technik nicht für uns Arbeiten lassen, sondern wir arbeiten mit der Technik. Eine Technik, die so komplex ist, dass sie mit der Energie des Menschen funktioniert.
Neugierig?
Dann stelle ich euch meine Welt vor.
Ich lebe in einer Welt, wo ein Traum nicht immer ein Traum bleiben muss.
Meine Großmutter erzählte mir einst, dass das früher ganz anders war, auch wenn sie selbst den großen Krieg nie miterleben musste.
Ein Krieg, der viele Jahre ging und ebenso viele Menschenleben forderte. Ein Krieg der so grausam war, dass er die Hälfte der gesamten Weltbevölkerung zum Opfer fiel.
Mittlerweile leben wir auf der Welt in einem geordneten System, in sogenannten Gilden. Jeder der sechs Kontinente hat seine vorgeschriebenen Gilden, die für den Bestand des eigenen Kontinentes sorgen.
Meine Oma erzählte mir, dass es wohl früher mal sieben Kontinente gab, doch einer davon wurde durch den großen Krieg komplett zerstört.
Man erzählt sich, dass die Menschen damals eine schlimme Waffe konstruierten und damit eine riesige Überschwemmung verursachten, die den Kontinent und die Menschen die darauf lebten für immer verschlang. Ob es war ist oder nicht, können wir nicht mehr nachverfolgen, da es keine Beweise für diesen Verlauf vorhanden sind.
Aber das ist mittlerweile nicht mehr so wichtig.
Unsere Gilden jedenfalls sind so eingerichtet, dass sie bestimmte Aufgaben der Gesellschaft übernehmen.
Meine Eltern, mein großer Bruder und ich leben in der sogenannten Schurken- Gilde, einer der Größten würde ich sagen.
Unsere Aufgaben bestehen hauptsächlich im handwerklichen Bereich, haben aber nichts mit Lebensmitteln zu tun. Wir bauen Häuser oder Gegenstände, wie Möbel oder Vasen und reparieren diese und halten sie in Stand. Mein Vater ist ein sogenannter Tischlermeister und meine Mutter eine Meisterin der Schneiderei.
Beide lieben ihre Arbeit über alles, aber mein Traum sieht anders aus.
Ich interessiere mich an der Jäger - Gilde. Diese sind für unsere Lebensmittel und damit für die Ernährung zuständig. Seit ich den ersten Kuchen gegessen habe, möchte ich nichts anderes als dorthin zu gehen. Ich liebe es zuzusehen, wie diese Gilde sich um die Jagd, Zucht und Zubereitung kümmert. Einfach faszinierend.
Mein Ziel ist es, mich nach der Schule ihnen anzuschließen, auch wenn mein Bruder anderer Meinung ist. Er ist der Auffassung, dass man bei seiner Gilde bleiben sollte und somit die eigene Familie stolz machen kann. Er ist nicht der Einzige, der so denkt.
Das sagt er aber auch nur zu mir, weil er kurz vor dem 10. Rang eines Schurken steht und damit zum Meister aufsteigt. Einfach lachhaft. Für ihn geht es doch nur um seinen Verdienst und sein Ansehen. Blödmann.
Ich weiß, dass ich beim Wechsel wieder von vorne anfangen muss, aber das macht mir nichts aus. Lieber verbringe ich fünf Jahre länger im Wald oder in der Backstube, als an einer Werkbank in der Schneiderei oder in einem Elektrowerk zu arbeiten. Obwohl die Elektronik aus der alten Zeit viel Gutes bewirkt hat.
Es hat uns unsere Arbeit erleichtert und somit das Zusammenleben der gesamten Menschheit.
Aber nicht nur die Elektronik, auch das System selbst ist sehr wichtig für mich oder für unser ganzes Leben. Es hat etwas mit unseren gesamten Arbeitsjahren zu tun. Es ist Pflicht mindestens die Klassenstufe 5 abzuschließen, man lernt dort Fähigkeiten der alten Schrift, der Gedankenvernetzung im Elektroniksystem, die Vernetzung der Welt und jede besondere Herausforderung der einzelnen Gilden und ihre Aufgaben werden geleert.
Nach diesen 5 Jahren muss man sich entscheiden welcher Gilde man beitreten möchte, kann dies aber noch weitere 5 Jahre hinauszögern und erst einmal in seiner aktuellen Gilde bleiben. Nach dieser Zeit, also in der Klasse 10 muss man sich aber endgültig entscheiden und damit zum letzten Mal, ein weiteres wechseln ist verboten und nicht gewünscht.
Um es genauer zu beschreiben, ab der 5. Klasse wird man in die Arbeitsweisen der Gilde integriert, zusätzlich zum normalen Unterricht. Pro absolviertes Jahr, erhält man einen Rang in dieser Stufe. Hat man sich also sehr schnell entschieden, brauch man nur noch zusätzliche 5 Lehrjahre um seinen vollen Beruf gemeistert zu haben und einer Zugehörigkeit der Gilde anzugehören. Was eine schnelle und gute Absicherung ist.
Bei mir ist das leider nicht so, ich habe meiner Mutter zu liebe, nach der 5. Klasse nicht gewechselt, obwohl ich meiner Gilde nicht sehr glücklich bin und meine Aufgaben nicht wirklich toll finde.
Das Einzige was mein Interesse etwas weckte, waren die Instandsetzungsarbeiten im Regierungsgebäude innerhalb unseres Bezirkes.
Dort in diesem Gebäude laufen alle Digitalen Verbindungen zusammen und die gesammelte Energie der Menschen. Die für unsere Regierung zuständigen Paladine, so nennt sich diese Gilde, kümmern sich um den digitalen Strom der Menschen, die Koordinierung der einzelnen Gilden und die Gesetze. Zusammen mit der Krieger - Gilde kümmern sie sich um unsere Sicherheit und Gleichheit, auch zwischen den einzelnen Kontinenten.
Wenn ich meine Oma richtig verstanden habe, gab es dies bereits früher einmal.
Übrigens lernen Krieger und Paladine länger als wir anderen und erhalten ihren vollen Meisterrang erst mit Klasse 15. Dürfen auch, des Alters wegen, nur eine bestimmte Anzahl von Jahren im Amt bleiben und müssen danach im Regierungsgebäude arbeiten. Klar ist es toll, aber für mich keine Aussicht, wenn man weiß, dass man mit 50 Jahren nur noch am digitalen Rechenzentrum arbeitet.
Meine Freundin Trizie hat dies als ihr Ziel gesetzt, beziehungsweise sie lernt es bereits. Seit fünf Jahren hat sie sich bereits den Paladinen angeschlossen und lernt gerade das Rechtssystem kennen. Sie möchte später im alten Archiv des Zentrums arbeiten und sich um die Digitalisierung der alten Welt kümmern.
Dort werden alte Bücher, Schriften, Kunstwerke in die digitale Welt übertragen und somit für die Ewigkeit festgehalten. Jedenfalls was davon noch übriggeblieben ist. Ich finde einen langweiligeren Job gibt es wohl nirgends.
Unser System ist recht einfach, wenn man es einmal verstanden hat. Es gab früher 7 Kontinente, zur Erinnerung und zur Mahnung an spätere Generationen, wurden deshalb die sieben Gilden ernannt. Jeder kann innerhalb seiner Gilde frei an Aufgaben wählen und wie gesagt, nach der 5. oder 10. Klasse frei wählen, welcher Gilde er angehören will. Danach nie wieder.
Zum einen gibt es die Schurkengilde, wie meine Familie eine ist. Sie leben für das Handwerk und die Instandsetzung.
Dann gibt es die Jägergilde. Man erzählte mir von der Urgeschichte der Jäger und Sammler, wahrscheinlich stammt dieser Name daher. Diese sind für die Beschaffung und Zubereitung der Nahrungsmittel zuständig.
Eine weitere sind unsere Paladine. Diese kümmern sich um den digitalen Strom der Menschen, damit dieser gerecht verteilt wird und jeder damit ausreichend zum Leben hat. Des Weiteren die Koordinierung der einzelnen Gilden und die Gesetze, die zusammen im Rat der 7 (also von jeder Gilde ein Vorgesetzter) bestimmt wird. Diese Gildenmitglieder dürfen nur bis zu ihrem 50. Lebensjahr im Amt bleiben und müssen danach Tätigkeiten für das Gemeinwohl tun, zum Beispiel die Arbeit im Archiv. Um ein gerechtes Wissen zu vermitteln, dürfen sie ebenfalls erst nach einer Zeit von 15 Jahren, ihren Abschluss machen. Dies teilen sie sich mit der Kriegergilde.
Die Kriegergilde muss ebenfalls 15 Jahre lernen. Zum einen werden sie im Gesetz und Rechtssystem der Paladine eingearbeitet, zum anderen auch in der Fertigkeit der Priestergilde. Sie sind für die Einhaltung der Gesetze und für die Friedenseinhaltung der 6 Kontinente zuständig. Im Notfall müssen sie jedem Helfen, der irgendeine Hilfe braucht und sei es nur die Katze vom Baum zu holen.
Unsere Priestergilde ist für das Allgemeinwohl der Menschen zuständig. Sie arbeiten in Häusern für Kranke, Alte oder Junge Menschen. Sie sind für die Erziehung. das seelische Wohl und ebenso für die pflegerischen Hilfen zuständig. Wenn man merkt etwas stimmt mit einem nicht, ruft man die Priestergilde. Es steht immer einer sofort bereit und kann an Ort und Stelle die Behandlung oder Hilfe übernehmen.
Doch ganz alleine schaffen sie es nicht, sie benötigen die Hilfe unserer
Doch ganz alleine schaffen sie es nicht, sie benötigen die Hilfe unserer Magiergilde. Dies hat aber nicht wirklich etwas mit Magie zu tun, besser könnte man sie als Alchemisten bezeichnen. Sie haben die Aufgabe das Wasser rein zu halten und benötigte Medizinische Arzneien herzustellen. Aus den Kräutern der Gärten der Schamanengilde. Sie kümmern sich auch um die Versorgung mit ausreichenden Getränken und beliefern auch die Jägergilde.
Die Schamanengilde. Eine der wichtigsten Gilden, meiner Meinung nach. Sie sind für das Leben und das Sterben zuständig. Sie kümmern sich um unsere Natur. Beliefern die Alchemisten und Jägergilde mit Pflanzen und Kräutern. Die Bewässerung der Gärten, der Saat neuer Pflanzen und für das gesamte Kreislauf der digitalen Arbeit. Doch ihre Arbeit hat nicht nur digital zu tun, sie leben damit und sterben damit. Sie sind eins damit und dienen für den Kreislauf auch als Energielieferanten unserer Zeit. Durch ihre Lebensart bekommen wir die Energie für unsere Welt. Nur ein echter Schamane weiß wie das funktioniert und erklärt einem echten Zugang diese Funktion, mir ist das zu hoch und würde nur für Chaos sorgen. Ich weiß nur so viel, dass sie die Technik dafür haben, aus Lebensenergie eines Menschen, echte Energie herzustellen. Das heißt, wenn ich an einer Werkbank arbeite produziere ich Energie, diese wird gesammelt und direkt in die digitale Welt eingespeist. Durch die Schamanengilde gereinigt und zurück ins Netzwerk der Paladingilde geschickt. So geht nichts verloren.
Natürlich gibt es noch zusätzliche Windkraft-, Wasserkraftwerke, Pflanzenkraftwerke und Sonnenkollektoren auf unseren Häusern. Doch um dies alles reibungslos und ausreichend zu versorgen, nutzen wir noch die Energie der Menschen. Denn auch eine Sonne verschwindet nachts oder ein Fluss verliert im Sommer Wasser. Doch Menschen gibt es immer.
Ihr merkt, ohne eine Gilde würde das ganze System nicht funktionieren. Das war wohl der Grund warum man einer Gilde mehrere Aufgaben zugeteilt hat. Damit keiner sich benachteiligt fühlt und alle ausreichend beschäftigt sind.
Aber auch dieses System hat seine Macke.
So entstand vor langer Zeit, so erzählt es meine Oma immer, bei der Entstehung der Gilden, ein Legende. Diese Legende behauptet, dass es irgendwann in der Zukunft mal zu einem Fehler der Menschen kommen wird. Ein Fehler der durch ein Virus verursacht wird und nur von sieben Kriegern der gemischten Gilden besiegt werden kann.
Aber ein Virus bei uns zu bekommen, wäre wie eine Erkältung. Ich verstehe diese Legende somit nicht wirklich und was eine gemischte Gilde ist? Keine Ahnung, denn gemischte Gilden gibt es nicht. Jeder muss sich entscheiden und kann nur das eine werden, deshalb dieses feste Gesetz, wo es keine Abweichung gibt. Somit ergibt diese Legende absolut keine Logik.
Also hoffen wir, dass es nie dazu kommen wird.
Der Morgen zog sich in die Länge. Meine Mutter und mein Vater waren bereits auf dem Weg ihre tägliche Arbeit zu verrichten. Mein Bruder und ich saßen noch gemeinsam am Frühstückstisch und waren beide tief in Gedanken versunken. „Hey“, kam es gedämpft zu mir herüber. „Mm?“, machte ich nur zurück. „Bist du auch so nervös wie ich? Ich habe heute gar keinen Hunger und mein Magen zieht sich die ganze Zeit so zusammen.“ Ich sah ihn an, er sah wirklich nicht gut aus. Sein Blick war noch immer auf sein Frühstück gerichtet. Seine Nase war weiß und er hatte dunkle Augenringe. „Vielleicht wirst du krank. Soll ich mal einen Priester an linken?“ Er schüttelte den Kopf. „Nein. Ich glaube einfach nur, dass ich etwas nervös bin. Habe deshalb schlecht geschlafen.“
Er sagte das so verängstigt, dass seine sonstige Sicherheit irgendwie komplett verloren war. Zum anderen fand ich das echt lustig und musste mir ein kichern unterdrücken, zum anderen tat er mir leid, aber auch nur weil ich gerade dasselbe durchmachte.
Genau wie ich, stand für ihn heute ein großer Tag bevor. Wir beide taten heute etwas, was unsere Entscheidung in Zukunft ändern würde. Er über seine Berufswahl und ich über meine Gildenauswahl. Wir beide wussten, dass wir unsere eigene zukünftige Lebensweise bestimmen mussten.
„Naja, vielleicht kann er dir etwas zur Beruhigung geben, dass du dich besser fühlst. Es bringt dir ja nichts, wenn du zusammenklappst.“ Er nickte stumm sein Essen an und ich tippte mir mit meinem Zeigefinger ans rechte Ohrläppchen. „Wähle Priestergilde.“
Jeder von uns trug ab dem 3. Lebensjahr ein Knopfohrring. Dieser Ohrring verband uns mit dem Netzwerk der Welt. Ein Druck, ein Befehl des Wunsches und schon stand es neben mir. Sie erleichterten uns das Leben, machten uns aber zum Glück nicht abhängig von Ihnen, wir arbeiteten und lebten dennoch normal weiter. Aber sie halfen uns dabei, unser Leben einfacher zu Gestalten. Mein Vater kann zum Beispiel eine Baukonstruktion in seinem Kopf, mit Knopfdruck auf einem Link erscheinen lassen, aber diese Knöpfe konnten auch noch mehr. Sie reagierten auf Unebenheiten des Herzschlages oder der Gehirnströme, deshalb trugen wir sie am Ohr. Wenn einer zum Beispiel einen Unfall hat und dadurch nicht mehr ansprechbar ist, reagiert sofort das System und verständigt einen Priester.
So stand keine 2 Sekunden später eine Frau im mittleren Alter mit einem roten Kittel vor mir. „Hallo“, sagte sie lächelnd. „Ich linke im Auftrag meines Bruders Manuel Lavenus. Er fühlt sich nicht Wohl und hat Bauchkrämpfe.“ Sie lächelte mich weiter an und blickte danach zu meinem Bruder. „Hast du heute deinen Entscheidungstag und bist etwas aufgeregt.“ Er nickte stumm. Sie lächelte weiter. „Keine Sorge, ich lasse die über das Netzwerk etwas dagegen schicken. Nimm bitte von den Tropfen jetzt 2 und in einer Stunde noch einmal 2. Danach sollte es dir wieder besser gehen.“ Mein Bruder sah auf, nickte und säuselte leise „Danke“. Dann sah sie wieder mich an. „Dein Herzschlag und Puls sind ebenfalls etwas erhöht, und dein Gesicht zeigt Spuren von Verfärbung. Hast du heute ebenfalls deinen Entscheidungstag?“ Ich war jedes Mal begeistert. Anhand unserer Verbindung erkannten sie sofort unseren Gesundheitszustand. Da es ebenfalls so war, nickte auch ich. Sie lächelte jetzt fast bis zu den Ohren. „Ich werde dir auch etwas zukommen lassen. Habt einen schönen Tag.“ Damit verschwand sie. Aus dem Augenwinkel sah ich, dass mein Bruder mich ansah. „Hey Agnes. Danke dafür.“ „Kein Ding. War ja für uns beide ganz hilfreich.“
Ich seufzte, stand auf und ging zum Küchentressen. So wie ich unser System kannte, würde gleich ein Versand der Magier kommen. Sie waren sehr schnell und wir lebten in der Nähe 2er Familien.
Ich sah auf meine Uhr. Vielleicht fünf Minuten würden sie brauchen. In dem Augenblick klingelte es an unserer Türe. Seltsam, wer nur jetzt kam? Dachte ich bei mir und lief in den Flur zu unserer Eingangstür und öffnete sie. Vor ihr stand ein Mädchen meines Alters. Sie stammte aus einer der Magierfamilien in unserer Nähe, ihr Name war Lisa. „Hallo Lisa, was kann ich für dich tun?“ Sie lächelte und ich dachte an den Besuch der Priesterin zurück, sie lächelten auch immer so. „Ich wollte mich gerade auf den Weg zum Regierungsgebäude machen, möchtest du mit mir dorthin gehen?“
Sie war etwas kleiner als ich und hatte ebenfalls dunkelbraune Haare bis zu den Schultern. Das Einzige was mich von ihr unterschied, waren die Augenfarbe, sie hatte blaue Augen, ich braune.
„Gerne, ich warte nur kurz auf den Magierversand. Ich hatte einen Priester bei uns, der uns etwas gegen die Aufregung schicken wollte.“ Sie trat einen Schritt zur Seite. „Okay, ich warte auf dich.“ Ich öffnete ihr die Türe und sie trat ein.
Als ich auf den Weg zurück in die Küche war, kam mir mein Bruder kurz vor der Küchentüre entgegen. Er hatte eine blaue Flasche und meine Lunchbox in der Hand. „Hier kam gerade alles. „Mutter hat für uns beide eine Mahlzeit fürs Mittagessen vorbereitet und in der Flasche sind die Tropfen, nimm sie gleich, dann geht’s dir auch besser.“ Er drückte mir die zwei Dinge in die Hand und sah danach Lisa in der Türe stehen. „Hallo. Du gehst wohl meine Schwester abholen, für die Versammlung?“ Wieder lächelte sie freundlich. „Ja, deshalb bin ich hier. Geht es dir schon besser?“ fragte sie ihn. Mein Bruder warf mir einen beleidigten Blick zu. Natürlich schämte er sich jetzt Hilfe angenommen zu haben und dass ich es ihr gesagt hatte, einer nicht Familien- und Gildenangehörigen. Innerlich seufzte ich erneut. Mein Bruder nickte kurz und verließ das Haus, ohne weitere Worte.
Meine Lunchbox die ich in der Hand hielt war aus Holz. Das war typisch für unsere Gilde, da mein Vater ein Tischlermeister war und ein Experte der feinen Holzkunst. Die Flasche war aus Glas. klein und zierlich und enthielt eine grünliche Flüssigkeit mir einer Pipette. Schnell nahm ich sie heraus, tröpfelte 2 davon auf meine Zunge und verlies zusammen mit Lisa unser kleines Zuhause. Das ich heute offiziell verlassen wollte.
Natürlich konnte ich jeder Zeit meine Eltern besuchen, doch Wohnen würde ich die nächsten Monate erst einmal in einem Jägerhaus bei einer Gastfamilie, bis ich mir eine Wohnung mit anderen Schülern besorgte. Das war normal.
Denn ich wollte hier nicht bleiben. Meine neue Zukunft wartete auf mich.
Da wir durch unsere Gildenzugehörigkeit weit in der Mitte des Regierungsbezirkes wohnten, brauchten wir für die Anreise nicht die Schnellbahn benutzen und konnten zu Fuß gehen.
Die Schnellbahn verlief auf einer Magnetschiene und befand sich in einem Röhrensystem unter der Erde. Die Bahn sah aus wie eine Kapsel (ähnlich einem Ei). Die Einstiegsmöglichkeiten befanden sich unterhalb einer großen Straßenkreuzung und waren so schnell zu erreichen. Im Bordcomputer der Kapsel konnte man sein Ziel auswählen, danach überbrückte man mit ca. 1000km/h große Strecken, auf eine angenehme Art und weiße. Das schönste daran war, die Eltern mussten die Kinder nicht begleiten, sobald sie in die Schule kamen erhielt sie automatisch die Erlaubnis, diese frei zu nutzen.
Unser Regierungsgebäude war gleichzeitig auch unser Schulgebäude, es sah aus wie ein weißes großes geschupptes Ei. Ganz oben auf dem „Dach“ befand sich ein leuchtender, blauer Strahl, der in Richtung Himmel ragte.
Bei meiner Hausführung im 1. Schuljahr erfuhr ich auch die Herkunft des blauen Lichts. Innerhalb des Gebäudes gab es einen großen runden weißen Saal. In der Mitte dieses Raumes befand sich ein erhöhter zylinderförmiger Sockel. Dort darüber befand sich, in einem blauen Licht und in einer gleichmäßigen schwebe, ein weißer rechteckiger Kasten. Dieser hatte die Form und das Aussehen eines alten Buches, mit einem grünen Licht am rechten oberen Rand. Es wurde uns als Zentralcomputer unseres Bezirkes vorgestellt. Jeder Bezirk hatte so einen im Regierungsgebäude und war somit mit der ganzen Welt verbunden.
Ich fragte damals unseren Lehrer, was passieren würde, wenn dieser Kasten einmal defekt sei oder nach der legende ein Virus befallen würde. Darüber fing er und meine ganze Klasse nur an zu lachen. Danach sagte er, ´Es kann nichts kaputt gehen, wenn keiner etwas kaputt machen möchte. Und selbst wenn, wäre dieser Raum so gut geschützt, dass niemand es hier hineinschaffen würde, der böse Absichten hätte. Aber Menschen sind nur Menschen und auch diese können Fehler machen. ´
Was damals die anderen beruhigte, hörte es sich für mich nicht so an.
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Lisa lächelte während des laufen neben mir vor sich hin. Meine Aufregung wurde nach dem Verlassen unseres Hauses, schlagartig besser und ich fing an mich mit ihr über banale Dinge zu unterhalten. Das Wetter, ihre Familie, meinen Bruder und was uns sonst noch so einfiel.
„Hast du heute auch vor die Gilde zu wechseln?“, fragte sie mich kurz vor der Eingangstüre. Sie hatte vor längerer Zeit mal erwähnt ihre Ausbildung zu beenden und die Chance in der 10. Klasse zu nutzen. „Ja“, antwortete ich ihr und endlich konnte auch ich wieder etwas lächeln. „Mein Wunsch ist es zu den Jägern zu gehen und du?“ Sie grinste über beide Wangen und ich fragte mich, warum sie die ganze Zeit lächelte. „Ich werde heute zu den Priestern gehen, wie meine Oma damals. Aber da ich ja mit den Magiern eh zusammen Arbeite, sehe ich meine Eltern wahrscheinlich öfters als du. Stört es dich nicht weiter weg zu wohnen?“
Das war wie ein Körnchen Salz in der bereits vorhandenen Wunde und eines der Punkte die mich bereits vor langer Zeit zum Zaudern brachten. Ich musste bis ins Randgebiet des Bezirkes ziehen, da die Jägergilde zusammen mit denen der Schamanen auf mehreren großen Höfen wohnte. Dies waren etliche Kilometer von meinem Elternhause entfernt. Doch der Wunsch war viel größer und ich hatte bereits 5 Jahre länger überlegen können, als ich hätte müssen. Nein, ich wollte zu den Jägern gehören!
Lisa sah mich immer noch fragend an und ich verneinte durch ein kurzes schütteln meines Kopfes. „Ich kann mit ja jederzeit mir ihnen verlinken, wann ich will oder wenn ich Zeit dafür habe. Wirklich vermissen werde ich sie dadurch nicht.“ Sagte ich zu ihr, um mein eigenes Gewissen zu beruhigen, auch wenn es nicht dasselbe war wie in den Arm nehmen. Aber das musste ich ihr ja nicht auch noch auf die Nase binden, es war schon schwer genug.
Aber zum Glück konnten in unserer Welt einfach alle Träume wahr werden, auch wenn man weiter von seiner Familie entfernt lebte und dass nahm ich gerne in Kauf. Ich freute mich riesig auf meine neue Gildenfamilie, auch wenn ich vieles noch nicht kannte.
Wir trafen uns zuerst alle im Klassenraum, bekamen eine kurze Einführung in den Ablauf und gingen danach gemeinsam in den Hörsaal des Gebäudes. Ein Raum der typischerweise so geschnitten war, dass in einem Halbkreis jede Reihe etwas höher saß und so den Blick auf die Mitte des Hörsaales freigab.
Einige Eltern erhielten am Seitenrand des Podiums einen extra Stuhl zum Zuhören. Meine Eltern die von meiner Entscheidung bereits wussten, waren auf meinen Wunsch nicht hier. Was sollte es auch groß zu sehen geben? Ein kurzer Klick auf einen Linkbildschirm und schon war ich in einer anderen Gilde. Sie unterstützten heute meinen Bruder bei seiner Abschlussprüfung. Er musste ein Handwerk seiner Wahl erarbeiten und seinen Hauptberufswunsch für den Meister wählen, ich fand das war eine wichtigere Entscheidung als diese hier.
Je besser er bestand, desto höher wurde sein nächster Rang eingestuft und somit seine Chancen auf eine bessere Anstellung mit mehr Bezahlung. Obwohl Bezahlung das falsche Wort in diesem Zusammenhang ist. Bei uns gibt es kein Geld wie in den alten Zeiten, bei uns wird mit Ehre bezahlt. Es funktioniert nach einem Leistungsprinzip. Je höher deine Leistung für dein Gilde, desto mehr Leistung kannst du zurückerhalten. Was das Essen, der Wohnraum oder die Versorgung über die Priester, eigentlich der gesamten Gilden betrifft.
Im Prinzip gibt es bei uns nur Arbeiten oder Lernen, doch dies alles tun wir gerne, da wir uns ja freiwillig dafür entschieden haben. Natürlich arbeiten wir nicht die ganze Woche durch und haben freie Tage oder Urlaub, in Sinne von wir fahren in einen anderen Bezirk oder gehen Schwimmen im See.
Früher erzählte mir meine Oma von Städten mit großen Gebäuden, in denen man nächtelang schlafen konnte, nur um sich dort die Zeit zu vertreiben. Komische Sache, ich wüsste auch nicht wozu das gut sein sollte. Wir kennen nur dieses System und etwas anderes macht da gar keinen Sinn.
Sie konnte mir das auch nur erzählt, da sie ein gelernter Paladin war und bis zu ihrem hohen Alter mit Freude an der Bearbeitung und Digitalisierung des Archivs der vergangenen Zeit mitgewirkt hat. Durch dieses Archiv lernte sie viel über die vergangene Geschichte kennen. Sie nahm sich vor allem Bücher vor, die etwas über die Geschichte berichteten. Bilder oder andere Gegenstände waren nicht so ihre Spezialität.
Meine Mutter wuchs damals in der Paladingilde auf und wechselte im 5. Schuljahr zu den Schurken wo sie meinen Vater kennenlernte.
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Als wir den großen Saal betraten, waren bereits die andere Klasse anwesend, denn heute mussten nicht nur wir uns entscheiden, sondern auch die 5. Wir waren insgesamt vielleicht an die 60 Kinder zusammen mit unseren Lehrern.
Die Leiterin der Paladine, Frau Kiras Suman stand bereits am Rednerpullt und wartete auf unsere Ankunft. Sie war eine sehr große schlanke Frau mit hellblonden kurzen Haaren. Mit ihrem perfekt sitzenden Anzug sah sie von weitem aus wie ein Mann.
Nachdem wir uns setzten und auch die Lehrer ihre Plätze vor uns einnahmen, wurde es schlagartig still im Saal.
„Ich wollte ihnen für euren weiteren Entscheidungsweg alles Gute und viel Erfolg wünschen. Bleibt gewissenhaft und haltet euch an die Regeln der Gilde. Werdet Glücklich mit dem was ihr tut, schenkt euch selbst Freude und damit auch anderen." Die stille wurde erdrückend und bemerkte meine langsam werdenden schwitzenden Hände. „Da ich nun zu einer Paladin Prüfung muss, werde ich die heutige Auswahl leider nicht mitverfolgen können. Deshalb übergebe ich nun an die derzeitige Klassenleitung der 5. Herrn Leonard. Vielleicht sehe ich einige in ein paar Jahren wieder, zur nächsten Prüfungsabnahme." Sie schenkte uns ein mildes aber angsteinflößendes lächeln und stöckelte mit ihren Schuhen davon. Mir lief ein Schauer über den Rücken und stellten sich die Haare an meinen Armen auf. Diese Frau flößte jedem schon vom weiten Respekt ein. Kein Wunder, sie war ein geborener Paladin, bereits in 4. Generation ihrer Familie, was bereits mehr als 120 Jahre unserer derzeitigen Weltgeschichte sind.
„Danke Frau Suman für die freundlichen Worte. Nun meine lieben, wir machen das jetzt wie besprochen. Ich rufe zuerst die 5. Klasse einzeln mit Namen auf. Ihr Schickt per Linkauswahl eure Entscheidung und danach geht es weiter an die 10. Klasse."
Dies alles ging wirklich sehr schnell. Der Reihe nach rief er einzelne Jungen und Mädchen auf und vor ihnen erschien ein Bildschirm. Sie tippten ihre Wahl an und der nächste war dran. Als unsere 10. Klasse an der Reihe war, wurde ich immer nervöser und meine Hände fingen an zu zittern, deshalb nahm ich schnell die letzten 2 Tropfen ein, die ich noch in der Tasche stecken hatte.
Als er meinen Namen aufrief und der Bildschirm vor mir erschien, tippte ich ohne zu wanken und zielsicher in Richtung Jäger. Das wars. Fertig. Ich war ab heute ein Jäger und lernte diese Gilde für die nächsten 10 Jahre kennen, bis zu meiner Abschlussprüfung.
Zum Schluss gab Herr Leonard noch ein paar Worte von sich, die ich aber dank der vielen Gespräche auf den erhöhten Rängen nicht mehr hörte. Ein kurzer Jubel brauch aus und alle gingen Richtung Ausgang.
Ich lief danach Zielsicher zu einer Lehrerin am Ausgang des Saals, sie war für die Gildenwechsler zuständig. Vor ihr stand ein Personengroßer – Bildschirm, dort befanden sich die jeweiligen Namen der Wechsler darauf. Es war überschaubar, weniger als 15 Namen befanden sich darauf, ich fand meinen sofort. Nach einem Klick darauf erschienen eine Adresse und eine Uhrzeit. „Ihr werden um diese jeweilige Uhrzeit abgeholt und werdet dorthin gefahren. Eure Eltern werden ebenfalls in Kürze per Link darüber informiert. Eine gute fahr und viel Spaß wünsche ich, in eurer neuen Gilde." Ich bedankte mich bei ihr, auch wenn mir ihr Name nicht mehr einfiel und lief nach Hause, um meine Sachen fertig zusammen zu packen.
Dort angekommen war noch keiner da, sie waren bestimmt noch in der Prüfung. Aber ich machte mir keine Sorgen mein Bruder war für diese Gilde geboren, er liebte diese Arbeit. Danach sah ich zum ersten Mal seit dem Morgen wieder auf meine Uhr, es waren nicht einmal zwei Stunden vergangen. Die Aufregung am Morgen und der Ablauf in der Schule, alles sehr routiniert gewesen und ohne Zwischenfälle passiert. So wie immer. Es war ein kurzer Schultag und somit genügend Zeit um fertig zu packen, sich erst einmal von der Wohnung zu verabschieden und später von der Familie. Meine Mahlzeit lag noch so in der Brotdose wie meine Mutter sie verpackt hatte, sie würde jetzt meine kleine Entspannungsphase sein.
Lecker!
Zwei Wochen waren seit meiner Aufnahme in die neue Gilde vergangen. Zwei Wochen, in der ich kurz mit meiner Mutter und meinem Vater gelinkt hatte. Mein Bruder ließ ich Gute wünsche für seine neue Aufgabe über meine Eltern überbringen, er wollte nicht mit mir sprechen. Er war sauer auf meinen Wechsel, doch das war mir egal.
Natürlich hatte er seine Prüfung mit Auszeichnung abgeschlossen und darf sich nun First-Master Informationselektronikerschurke nennen. Nun arbeitete er im Regierungsgebäude, im Bereich des Zentralcomputers unseres Bezirkes. Meine Eltern waren so stolz auf ihn, ich dagegen war jetzt das schwarze Schaf der Familie. Doch jetzt werde ich es meiner Familie beweisen und mein Bestes geben.
Der erste Tag in der neuen Gilde, war für mich etwas schockierend. Keiner aus meinem Bezirk hatte aus der 10. Klasse mit mir gewechselt, deshalb musste ich zusammen mit den anderen in die 5. Klasse gehen. Da ich ja noch keine Erfahrung in dieser Gilde hatte, musste ich nun mit den Kleinen lernen. Es war ungewöhnlich, auch wenn alle sehr nett zu mir waren und mich nicht verschmähten oder gar hänselten. Mein neuer Gildenmeister schlug mir sogar vor, in einen anderen Bezirk zu wechseln, falls es mich stören sollte mit jüngeren zu arbeiten. Doch ich lehnt es ab. Es gab wohl andere Bezirke mit mehr Gildenwechslern zu Jägern, doch noch weiter weg von meiner Familie wollte ich nun auch nicht. Zum anderen packte mich der Ehrgeiz, ich würde es auch so schaffen. Es gab ja schließlich noch die Möglichkeit aufzusteigen und so seinen Abschluss schneller zu schaffen.
Bei meiner Gastfamilie blieb ich übrigens nur die ersten 3 Tage. Ich äußerte, dass ich ins Wohnheim zu den anderen gehen wollte, da die Jägerklassen meistens in kleineren Gruppen im Wohnheim lebten. Das lehrte sie besser in Gemeinschaften zusammen zu arbeiten und da sie alle sehr verteilt auf dem Land wohnten. Das Wohnheim selbst sah so ähnlich aus, wie unser Regierungsgebäude und erinnerte mich sehr an zu Hause. Eigentlich sahen alle unsere Gebäude aus wie ein großes weißes Ei, nur ohne blaues Licht.
Schnell bemerkte ich, dass diese Entscheidung die beste war. Ich lerne mich zu integrieren und hatte viel Zeit zu lernen, dadurch bemerkte ich in kürzester Zeit Fortschritte. Kurz vor Ende der zweiten Woche kam mein Klassenleiter auf mich zu und sagte mir, dass ich gegenüber den anderen sehr schnell lernen würde und er den Antrag auf eine höhere Klasse gestellt habe. Ab nächster Woche, also in 2 Tagen, bin ich Klasse 6 und werde weiter lernen, wie eine verrückte.
Nicht nur das Lernen viel mir zu, auch meine zukünftige Bestimmung lernte ich kennen. In meiner ersten Woche statteten wir in den Betrieben für Backkunst und der Fleischverarbeitung einen Besuch ab, was ja schon immer mein Traum war, doch irgendwie funkte es nicht so wie ich gedacht hatte. Anfang der zweiten Woche zeigte uns mein neuer Klassenlehrer die Gebiete der Waldjäger und Tierzüchter im Bezirk, ich war hin und weg. Diese Jäger lernten zusätzlich zu ihren Kenntnissen der Tiere, ein Wissen über die Natur und arbeiteten mit den Schamanen sehr stark zusammen. Sie achteten auf Veränderungen des Waldes, der Gräser und der Gewässer. Ebenso hörte ich heraus, dass sie ein Training abschließen mussten, im Wald zu überleben, falls sie im Winter zum Beispiel von einem Schneesturm überrascht würden oder im Sommer von zu starker Hitze. Ich hatte meine Berufung entdeckt. Sofort hatte ich dabei ein gutes Gefühl und versuchte alles darüber zu erfahren und löcherte die dortigen Anwesenden.
Für morgen hatte ich mir einen Termin bei meinem Klassenlehrer beziehungsweise Klassenlehrerin geben lassen. Ich wollte ihr meinen Wunsch äußern, mein Studium in diese Richtung lenken zu dürfen und somit erneut umzuziehen in die Waldjägergruppe. Natürlich musste ich weiterhin in die Schule gehen, aber konnte so schneller meine Spezialisierung erweitern. Ich war so aufgeregt und konnte deshalb kaum die Nacht schlafen.
Vorsichtig klopfte ich an die Türe des Büros. Lieber ein persönliches Gespräch dachte ich und nicht über Link, es geht hier schließlich um meine Zukunft. „Herein“, rief es von drinnen und ich trat ein. „Du wolltest mich sprechen Agnes?“ Frau Steinmüller saß am Tisch ihres Büros im Bezirk der Jäger. Ihr roten Haare und ihre gelblich – braunen Augen passten perfekt zu ihrem ovalen Gesicht mit den Sommersprossen auf der Nase. „Ja Frau Steinmüller.“ Sie zeigte mit der Hand auf den Stuhl, der auf der anderen Seite ihres Tisches stand und in meiner Reichweite. „Setz dich doch und erzähle, was dich zu mir führt.“ Ich tat es und fing an meine Finger zu kneten, sie waren kalt und leicht feucht vor Aufregung. „Wir waren doch Anfang dieser Woche im Waldjägergebiet…“ Sie lächelte mich breit an. „Ich verstehe.“ Sie zog rechts an ihrem Ohr, jedenfalls sah es so aus und vor mir erschien ein Bildschirmlink. Ich wusste sie hatte ihren Datenlink am Ohrring benutzte. Ab meiner Meisterqualifikation erhielt ich auch die Freigabe, einen Link zu öffnen, ohne ihn laut aussprechen zu müssen. Kinder konnten dies nicht und Erwachsenen diente es zum Schutz privater Daten, die sie miteinander tauschen mussten.
Ich sah mir den Link genauer an, der vor mir erschienen war, darauf stand „Formular“. Beim Anwählen öffnete es sich und ich lass die Überschrift leise vor. „Aufnahmeberechtigung in die Waldjägergruppe“, ich war erstarrt. Wie konnte das sein? „Woher wussten sie das?“ Aus ihrem Lächeln wurde ein lachen. „Du hast diese Woche Brace“, sie räusperte sich, um ein weiteres Lachen zu unterdrücken. „Ich meine Herrn Sothar, mehr als gelöchert über seinen Beruf. Ich hatte mit ihm vor ein paar Tagen noch gelinkt und ihm nach seiner Einschätzung von dir gefragt. Er meinte, er würde so eine begnadete Schülerin gerne in seiner Gruppe sehen. Du sollst dich in zwei Tagen bei ihm am Gruppenhaus zur Aufnahme auffinden.“ Ich schluckte, das war direkt nach meiner Aufnahme in die 6. Klasse.
Sie beugte sich am Schreibtisch nach vorne und ihr Blick wurde ernst. „Stell dich aber bitte auf ein hartes Training ein. Herr Sothar ist ein strenger Meister, aber auch einer der dir viel beibringen kann. Er wohnt seit seiner Kindheit in diesem Gebiet, er kennt den Wald in und auswendig.“ Ihre ernste Miene glitt zurück zu einem Lächeln und sie sah fast aus wie meine Mutter in ihrer liebevollen Art. „Er wird dir viel beibringen. Lebe deinen Traum. Werde Glücklich mit dem was du tust, schenk dir selbst Freude und damit auch anderen.“ Das waren die Worte, die immer zum Ende einer Gildenwechsler Veranstaltung gesagt wurden und mir kamen die Tränen. Ich war wirklich gerade glücklich. So glücklich, dass ich aufsprang und ihr um den Hals viel. Sie lachte weiter und tätschelte mir den Kopf. Leise flüsterte sie mir ins Ohr. „Ich erwarte großes von dir. Du wirst übrigens erst nach der 6. Klasse zurückkommen.“ Ich trat einen Schritt von ihr zurück. Ich verstand nicht. „Ich habe das mit der Schulleitung im Regierungsgebäude besprochen. Da du dieses Schuljahr der einzige 10. Klasse Wechsler bist, kannst du in diesem Jahr intensiv auf dein Studium konzentrieren.“ In Gedanken dachte ich daran, ein Jahr meine Familie nicht offiziell zu sehen, sondern nur über link, doch ich träumte davon. Sie sprach weiter: „Wir können dir weniger und viel langsamer hier etwas beibringen, als Herr Sothar. Da du sämtliche Fächer weiterhin mit durchführen müsstest. Da du diese bereits aber schon hattest, war die Schulleitugn damit einverstanden. Herr Sothar ist übrigens ein First Master und der Erfahrenste von uns allen, nutzte deshalb diese Chance. Vielleicht kannst du schneller deinen Abschluss machen, als du möchtest. Vielleicht brauchst du nur 5 Jahre, statt die vollen 10.“ Ihre Hand strich über mein Gesicht, sie hatte raue doch angenehm warme Hände. „Du bist für diesen Beruf geboren, auch wenn du etwas an dir hast, dass deine Herkunft nicht verbergen lässt.“ Ich verstand nicht. „Wie meinen sie das?“ Sie nahm die Hand runter, lief zu ihrem Schreibtisch zurück, setzte sich und sah mich erneut an. „Du planst, du hast eine innere Zeichnung in deinem Kopf, das machen nur Schurken. Jäger nehmen den Tag wie sie sind und lassen sich von der Natur überraschen. Pass auf das du dadurch nicht etwas Schönes verpasst.“
Ich nickte dankbar für diese Worte, drehte mich um verließ das Zimmer und danach das Gebäude. Nun stand ich da und sah in den strahlend blauen Himmel des beginnenden Herbstmorgens. Mein Ziel… mein Traum… mein Wunsch... waren in einem enormen Tempo vorangeschritten. Mein Herz schlug mit bis zum Hals. Unglaublich. Ich freute mich so sehr.
Die Tage vergingen wie im Fluge.
Die Aufnahme in das Gruppenhaus war herzlich und ohne große Probleme.
Ich schlief im Gruppenhaus, dort gab es einen großen Schlafraum mit Doppelstockbetten. Jeder der zu Besuch war oder so wie ich von außen stammte konnte hier übernachten, es war wie eine große Familie.
Jeden Morgen traf ich mich mit den jeweiligen Tagesarbeitern am Frühstückstisch und lief mit ihnen zusammen in den Wald oder auf die Farm. Mein eigentliches Training mit Herrn Sothar hatte ich bis jetzt noch nicht gehabt, ich hatte ihn noch nicht einmal kennen gelernt. Es war für mich enttäuschend, doch die anderen Jäger gaben mir Mut. Sie fanden es bewundernswert, so auch ich, dass ich dieses Einzeltraining für dieses Schuljahr angenommen hatte. Es war schwer mit nichts anzufangen und alles zu lernen. Doch ich hatte das unbegründete Gefühl, dass irgendetwas nicht stimmte.
Am schwersten viel mir das zerteilen der Tiere, also die Schlachtung. Irgendwie fühlte ich mich mit diesen Tieren verbunden, da ich sie Tage vorher noch gestreichelt und gefüttert hatte, doch nun sollte ich sie töten und zerstückeln. Ich sagte mir immer wieder, dass dies der Kreislauf des Lebens sei und führte auch diese Aufgaben durch. Zum Glück lernte ich dabei doch sehr viel, was es mir etwas erleichterte. Statt auf einem Bildschirm im Digital die Tiere zu sehen oder anzufassen, hatte ich sie hier leiblich vor mir. Spürte das Gewicht, die Sehnen und Muskeln jedes Unterschiedlichen Tieres vor mir. Es war bedeutend etwas anderes, als wenn sie alle gleich wären, wie im Digitalen. Ich lernte unsere Welt von einer ganz anderen Seite kennen und dachte oft an meine Oma zurück, die mir aus der Zeit vor dem 3. Weltkrieg erzählt hatte. Digital war nicht immer gleichzusetzen mit der Realität.
Das Töten selbst lief hier sehr human ab. Wir tötenden keine Tiere auf eine qualvolle Art und Weise, mit einer Waffe oder ähnlichem. Nein. Die Jäger zeigten mir wie man ein Digitalfenster öffnete, um danach ins Innere zu sehen, zum Beispiel vor einer Kuh. Danach konnte man mit drücken auf das Herz zum Stillstand bringen und tatsächlich das Herz blieb stehen, als wäre es einfach an Ort und Stelle eingeschlafen. Als wäre ein Mensch im hohen Alter an einem Herzstillstand gestorben. Die Tiere litten keine Schmerzen und schliefen einfach ein, es war bewundernswert.
Was mich auch etwas beängstigte. Konnte dies nicht auch für Menschen verwendet werden? Ich sparte mir dir Frage auf und behielt sie im Hinterkopf.
Aber nicht nur Kühe lernte ich in der Zeit kennen. Schafe, Schweine, Katzen, Hunde, Hühner, Enten und viele andere Tiere die auf dieser riesigen Farm lebten. Jeder mit seinem eigenen digitalen gemütlichen Umfeld und jeder erhielt Hilfe durch einen Menschen oder einem digital eingestellten Vorgang. Auf die Frage hin, ob dies nicht auch alles digital gesteuert werden konnte, lachten die Jäger. Einer der jüngeren fragte mich danach: „Ob es noch Spaß machen würde, ein Jäger zu bleiben?" Daraufhin lachte ich ebenfalls und verneinte. Was hätten wir davon? Es war unsere Berufung und unseren Wunsch es selbst zu tun.
Ebenfalls fragte ich an einem Morgen einen Jäger, der die Nacht über bei einer Kranken Pferd verbracht hatte, ob es nicht viel Arbeit wäre und er nicht müde davon würde? Er meinte nur: „Der richtige Ausgleich im Wald, im Betrieb der Backstube oder Fleischerei würde dies alles gut machen." So versuchte ich mich auch an anderen Sachen und lernte.
Der Tag hatte fortan für mich nicht mehr genügend Stunden und nicht genügend Minuten um alles zu sehen und zu lernen. Zusätzlich zu dies allem nutzte ich unser digitales Netzwerk und schaute biologische Handlungen nach. Meist lass ich bis spät in die Nacht und versuchte alles in meinen Kopf zu bekommen.
Immer wieder bemerkte ich, dass wir nicht die Technik für uns Arbeiten Liesen, sondern wir arbeiten mit der Technik. Sie war überall. Es fing bereit mit kleinen Handgriffen am Morgen an. Meine Frühstücksmahlzeiten wurden nach meinem biologischen Rhythmus zubereitet, beziehungsweise erwärmt. Meine Frühstücksmilch kam frisch von einer Kuh, die 10 Minuten vorher noch auf einer Wiese stand. Die Kuh gab ein Signal an die Melkstelle das sie gemolken werden möchte, indem sie auf eine Platte trat. Das taten sie wohl alle aus Gewohnheit, sagte man mir. Irgendwann wurden sie so trainiert und dann gaben sie es an ihre Kinder weiter, die es mittlerweile von alleine taten.
Jedenfalls aktiviert sich danach die Melkstation und sammelt diese Sachen in einem dafür vorher gesehenen Behälter, bis einer den Modus für Milch aktivierte.
Durch unser riesigen Röhrensystem unter der Erde, kann man innerhalb kürzester Zeit, frisch an etwas kommen, ohne das es lange irgendwo liegen muss. Du wünschst dir Milch, sie wird über ein Röhrensystem 50km zu dir geliefert und das innerhalb der nächsten 30 Minuten, je nachdem wie weit man weg war. Da ich ja genau im Jägerteil gerade lebte, war es sehr schnell da.
Ein etwas anderes System dagegen herrschte in der Fleischerei und bei den Schamanen. Es wurde so produziert, dass zwar ein gewisser Vorrat da war, aber nie Überproduziert wurde.
Tag der Veröffentlichung: 30.01.2021
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