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Future and other Problems

Schon vor Tagen hatten die Schreie und Klagen aufgehört. Eine unheimliche Stille hatte sich ausgebreitet und die wenigen Überlebenden hatten sich verschanzt wo sie nur konnten.

Alles hatte vor zwei Wochen begonnen. Plötzlich, wie aus dem Nichts, waren die Menschen verrückt geworden. Sie hatten sich geschnappt was immer sie greifen konnten und waren übereinander hergefallen. Baseballschläger, Küchenmesser, Nudehölzer oder auch nur Stifte und Scheren. Es hatte an Orten mit vielen Menschen begonnen; Schulen, Restaurants, Cafes, Sportstadien, Zügen und Bussen.

Niemand wusste was vor sich ging und Panik brach aus. Das machte die Situation nur noch schlimmer und noch mehr Menschen starben.

In einem gewaltigen Hochhaus, in einer kleinen Wohnung im 20ten Stockwerk herrschte noch Leben. Seit Tagen hatte Cassandra keine Menschenseele mehr gesehen. Ihre Eltern waren schon am ersten Abend nicht mehr zurückgekehrt und ihre Leichen lagen wahrscheinlich irgendwo in der Stadt und verwesten vor sich hin oder wurden von irgendwelchen Aasfressern zerfetzt. Zunächst war noch ihr Bruder bei ihr gewesen, aber vor etwa einer Woche war vom Vorräte sammeln zurückgekommen und Cassandra hatte sofort gespürt, dass etwas nicht stimmte. Es war gewesen, als hätte er sie nicht gesehen, nicht wirklich. Er hatte seinen Baseballschläger zur Verteidigung dabeigehabt. Wirr hatte er ihn angestarrt und war plötzlich, ohne jeden Grund auf sie losgegangen. Keinen Laut hatte er von sich gegeben, er war einfach mit dem erhobenen Baseballschläger auf sie zugestürzt. Sie war in die Küche gerannt, hatte das erste Messer gepackt, was sie gefunden hatte... Den Kampf hatte ihr Bruder nicht überlebt.

Danach hatte sie sich in ihrer Wohnung verschanzt. Sie aß, was sie an Vorräten in der Wohnung hatte. Kontakt nach Draußen hielt sie zunächst durch ihr Handy, doch schon bald antwortete niemand mehr. Kurz nachdem die letzten Stimmen und Programme im Radio und Fernsehen verstummten, fiel der Strom aus. Auch die Wasserversorgung war ausgefallen. Cassandra hatte viel Zeit zum Nachdenken gehabt. Warum? Wie? Sie war keine gläubige Frau, sie glaubte nicht an Gottes Rache, aber vielleicht Rache der Natur? Die Welt hatte sich verändert seit ihrer Kindheit. Die Weltbevölkerung war sprunghaft angestiegen, es gab kaum noch genug Wasser und Nahrung, alles musste rationiert werden und doch gab es von allem zu wenig. Um den gewaltigen Bedarf zu decken hatten die Länder keine andere Wahl gehabt, als ohne Rücksicht auf Verluste so schnell wie möglich, Häuser, Farmen und Kraftwerke zu bauen. Dann waren die ersten Kriege ausgebrochen. Millionen Menschen waren gestorben und noch viel mehr Heimatlos geworden. Nur eine handvoll Länder war übriggeblieben und deren Regierungen hatten mit eiserner Hand über ihre Bevölkerung geherrscht. Cassandra hatte von Anfang an geahnt, dass das nicht gut ausgehen würde. Vielleicht war es das. Vielleicht war es doch eine Strafe Gottes für die Rücksichtlosigkeit und Dummheit des Menschen. Ihnen war nur ein Planet gegeben und sie hatten es geschafft ihn an den Rand der Zerstörung zu bringen. Tja die Zukunft der Welt war eben nicht wichtig genug gewesen. Es hatte wichtigere Probleme gegeben.

Lange hatte sie nachgedacht, doch heute blieb ihr nichts anderes übrig als zu handeln. Ihre Vorräte waren ausgegangen und auch ihr Wasser ging zu neige. Morgens packte sie ihren letzten Rest Wasser und ein großes Küchenmesser in den Rucksack, griff nach dem Baseballschläger ihres toten Bruders neben der Tür und öffnete vorsichtig die Tür.

Schon die Zerstörung im Haus war schlimm, aber auf der Straße lag wirklich alles in Trümmern, Autos, Möbel, Stromleitungen und dann dieser unerträgliche Gestank nach verwesenden Leichen. Angewidert schlang sie sich den Schal über Nase und Mund, aber auch das verschaffte ihr kaum Erleichterung. Vorsichtig schlich sie sich von Ecke zu Ecke. Sie stieg über verwesende Kinderleichen mit Messern im Körper, alten Frauen die von hinten erschlagen worden waren und zahllose bis zur Unkenntlickeit von Kugeln durchsiebte Körper. All das rührte sie kaum noch. In den letzten Tagen hatte sie ihre Menschlichkeit verloren.

Der nächste Supermarkt, in dem sie nach Vorräten suchen wollte, lag nur noch um die nächste Ecke, als sie inne hielt. Etwas stimmte nicht. Ihr Griff um den Baseballschläger festigte sich. Möglichst gelassen, aber langsamer ging sie weiter. Sie spürte die Schritte näher gekommen. Sie zwang sich weiter gerade auszugehen, als wäre nichts. Immer näher kamen die Schritte. Schon konnte sie den Atem im Nacken spüren. Jetzt! Mit einem lauten Schrei fuhr sie herum und schlug zu. Der erste Schlag traf die andere Person an der Schläfe und sie ging zu Boden. Nur am Rande erkannte Cassandra, dass es eine junge Frau war, wie sie. Blonde Haare flogen. Blaue Augen starrten sie schockiert an, aber Cassandra schlug einfach weiter zu. Der zweite Schlag zerschmetterte das hübsche Gesicht der Anderen und Blut spritzte. Beim dritten Schlag war die Andere tot, doch Cassandra schlug immer weiter zu und immer weiter bis vom Kopf nichts mehr übrig war als eine unappetitliche Masse aus Blut, Gehirnmasse und Knochensplittern. Zitternd wich sie zurück. Der Schläger glitt ihr aus den Händen. Sie starrte auf ihre blutüberströmten Hände. Dann hörte das Zittern auf und sie war ganz ruhig. Es war vorbei. Sie wusste es jetzt. Sie war die letzte. Ruhig ließ sie sich neben der Leich auf den Gehsteig sinken. Öffnete ihren Rucksack und zog das große Küchenmesser heraus. Einen Moment betrachtete sie ihr Spiegelbild in der großen Klinge. Ohne weiter zu zögern setzte sie es an ihrer Kehle an und ...

 

In einem hochtechnisierten Raum voller blinkender Maschinen und Computern saß ein Mann ganz in weiß und betrachtete ein Diagramm. Ein zufriedenes Lächeln glitt über sein Gesicht. Er sprach in ein Mikrofon. "Gabriella verbinde mich mit Gott." Kurz klickte es in der Leitung dann hörte er die tiefe Stimme seines Herren. "Michael"

"Mylord, die Abschaltung des Experiments Erde wurde soeben abgeschlossen. Wie sollen wir weiter vorgehen?"

Ein kurzes nachdenkliches Schweigen. "Resete alles und lass uns von vorne anfangen. Verändere die Parameter Z und K. Mal sehen, ob so eine gesunde Kultur entsteht."

Michael lehnte sich lächelnd zurück und machte sich erneut an die Arbeit.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 31.08.2013

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