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Elijah

Still Standing/ Death Line
Langsam wurde sie in den OP-Saal geführt und ein letztes Mal drehte sie sich zu mir um und hauchte mir ein Kuss entgegen. Mit einem Lächeln auf dem Gesicht fing ich ihren Kuss auf und fuhr meine Hand zu meinem Mund, um ihren Kuss zu erwidern. Mein Kuss zieht durch den Flur und prallt an der Tür ab. Dann schlüpft es durch einen kleinen Spalt hindurch und fliegt ihr hinterher, bis er ihre korallfarbenen Lippen sanft berührt. Die Stunden vergehen nur sehr langsam und diese wenigen Stunden, die ich im Krankenhaus verbrachte kamen mir wie Tage vor. Jedes Mal starre ich auf meine schwarze Armbanduhr, die sie mir zu meinen 19. Geburtstag geschenkt hatte. Es waren kaum fünf Minuten vergangen, als ich das letzte Mal auf sie starrte. „ Derek setzt dich hin. Du machst mich noch ganz nervös mit deiner rum Rennerei. Damit machst du die Situation nämlich auch nicht besser, “ sagte mir Sam, der sichtlich genervt aber ziemlich gefasst, auf einem Stuhl, der sich im Flur befand, saß. Ich verdrehte die Augen und setzte mich zu ihm. „ Wie kannst du eigentlich nur so ruhig bleiben“, fragte ich ihn. „ Ich war schon immer die Ruhe vor dem Sturm. Außerdem wenn man eine Zeitlang im Krankenhaus arbeitet gewöhnt man sich ans warten.“ Dann herrschte Stille. Irgendwie war mir das unheimlich und ich fragte ihn wie sie sich kennengelernt hatten-aber auch nur um die Zeit totzuschlagen(dass das klar ist). Nach einer kurzen Pause erzählte er mir vom 11. November.19?? Meine Pupille weitete sich schlagartig und ich verzog mein Gesicht zu einem falschen und verbitterten Lächeln. „ Ich… ich geh mir ein Kaffe und etwas zu essen holen. Soll ich dir etwas mitbringen? “ Stumm und ganz ohne Worte antwortete ich ihm mit einem Ja- aber ehrlich gesagt hatte ich keinen Hunger, denn seine Geschichte raubte mir jeden Sinn für meinen Appetit.
„ Warum… warum hat sie mir nie etwas davon erzählt, “ dachte ich, als urplötzlich ein Kaffebecher vor mir schwebte. „Schwarz, ganz ohne Zucker, genauso schwarz wie das Leben, “ dachte ich „welche Ironie.“ „ Sie wollte dich nicht verletzen. Außerdem sollte das ein Geheimnis bleiben, weil ihre Eltern nicht direkt etwas davon wussten…. Und ja das war der Punkt in meinem Leben, in dem ich beschloss Arzt zu werden, “ sagte mir Sam, als hätte er meine Gedanken gelesen- doch in Wahrheit hatte ich diesen nur unbewusst laut ausgesprochen. „ Kommst du mit? Es gibt heute Schnitzel mit Pommes und Salat.“ „ Das war ihr Lieblingsessen, “ sagte ich resigniert. Dann folgte ich ihm in die Kantine. In der Kantine bestellte er zwei Schnitzel mit Pommes und Salat. „ Hier du musst was essen“, sagte er und schob es zu mir rüber. „ Das kann ich aber nicht oder soll ich dir dein Hemd neu einfärben?“
„ Sehr witzig Derek. Deine Witze waren schon mal besser. Dahinten sind ein paar Kollegen von mir, vielleicht können sie mir ja etwas über Alexs Zustand sagen. Ich werde dich jetzt alleine lassen und wenn ich wieder komme, ist das da leer. Haben wir uns verstanden.“

(...)
Something new

Das Leben schreibt Geschichte und manchmal schreibt sie sich von selbst. Man hat keinen Einfluss auf sie und so rinnt die Zeit einfach weiter während man sich selbst in einer Zeitschleife befindet. Man erinnert sich an überschüttete Erinnerungen wie das erste zusammen treffen. Ich hab dich kaum gekannt und doch war da dieses tiefe Gefühl. Dieses tiefe Gefühl des Glücks. Ich dachte ich könnte nicht mit dir klar kommen und doch waren wir so etwas wie Seelenverwandte. Doch dann sah ich dich weinen und ich wollte dich trösten und dein Lächeln beschützen. Ich wollte dich beschützen- vor allem was dich traurig machte und dir dein Lächeln raubte. Doch ich schaffte es nicht. Jede einzelne Sekunde die ich mit dir verbringen durfte war wie ein Geschenk, doch für mich war das nur zu selbstverständlich. Dein Lächeln, deine Augen… du warst mein Wind, der mich tief in meinem Herzen berührt hat. Nun stehe ich hier am Rande des Wahnsinns. Ich halte dein Leben in meinen Händen. Sehe dein Gesicht, das schmerzerfüllte, das lachende und immerzu fröhliche und das von trauererfüllte Gesicht, das mir deinen Tod voraussagte. Diese Welt wird niemals so sein wie es einmal war. Es mag sein dass ich auf ihr lebe, aber was ist ein Paradies ohne dich? Die Hölle auf Erden antwortete ich mir selbst. Jeden Tag werde ich dieselbe Straße entlang gehen, auf der du wandeltest. Jeden Tag wird mir etwas fehlen. Du fehlst mir jetzt schon so sehr, dass ich dir folgen mag. Allein bei dem Gedanken, dass du nicht mehr da sein wirst zieht sich mein Herz krampfhaft zusammen… Ich kann es mir nicht vorstellen- egal wie oft ich es mir sage, ich kann es nicht- will es nicht. Vielleicht kann ich irgendwann wieder lachen, doch heute streue ich meine Freude und mein Lachen mit dir in den Wind. Du wolltest dass doch so. Sicher würdest du mich gerne wieder lachen sehen, doch ohne dich will ich nicht lachen. So ist mein Leben nur ein Trauerspiel, auf einer schwarz- weißen Leinwand. Vielleicht wird es wieder jemanden geben, der Farbe in mein Leben bringt und mir mein Lächeln zurück schenkt. Doch bis dahin will ich an dich denken. Du darfst nichts Falsches von mir denken wenn ich das so sage. Ich werd dich nicht vergessen, denn vergessen werden ist wie sterben nur das man weiterlebt. Aber du kannst dir gewiss sein, dass dann alles anders sein wird. Ich werde nicht die gleichen Fehler machen. Das schwöre ich dir bei unserer Liebe und sollte ich diesen Schwur jemals brechen so nimm es als mein Verrat an dich an. Doch hoffe ich, dass das niemals eintreten wird. Denn ich werde dich niemals verraten./ niemals aufhören dich zu lieben.


Nachdem ich dein Leben in den Wind gehaucht hatte, ging ich vollkommen entleert und vom Leben gefickt durch die Straßen. Durch dein Verschwinden wurde ich zum einsamen Wolf in der Brandung, der wehleidig nach seinem Rudel heulte. Genauso fühlte ich mich. Einsam und verlassen, obschon ich nicht alleine war. Viele Menschen von denen ich glaubte sie zu kennen oder auch nicht, begleiteten mich auf meinem Trauermarsch, vor allem erwies Sam sich als der treuste und bester Freund den man sich wünschen konnte, obschon es ihm selbst nicht besser ging und er selbst viel zu tun hatte-auch weil er die Beerdigung organisierte und sich um mich kümmerte. Trotzdessen ging ich tagelang durch die Straßen ohne jegliches Gefühl für Zeit, Raum und Ort zu haben. Auch jeglicher Geruchssinn war fort- wozu brauchte ich ihn denn noch wenn du nicht da warst. Für mich roch alles gleich. Nämlich Scheiße. Genauso scheiße wie diese scheiß Welt. Ich war wie gelähmt, denn du nahmst alles mit dir. Wieso kommt kein Zug und überfährt mich einfach, dachte ich als ich einfach auf den Gleisen stehen blieb. Es passierte nichts. Eigentlich hätte ich froh sein können das mir nichts passierte. War ich aber nicht. Ich schrie die junge Frau, die mich rettete sogar an und verfluchte sie, fragte sie ob sie nichts Besseres zu tun hätte als Heldin zu spielen. „ Tut mir leid, aber das ist mein Job“, sagte sie einfach und ging zu eine Kollegin, die zu mir rüber kam und lallend auf mich einredete. „Mir geht es Bestens und jetzt lassen sie mich einfach in Ruhe “, sagte ich ihr und stieß sie unsanft zur Seite. „ Sie wollten sich das Leben nehmen. Sie brauchen wirklich psychologische Hilfe“ „ Ich bin müde, nicht krank. Außerdem was geht sie das an.“ „ Ich bin Polizistin …“ „ Freund und Helfer in Not. Schon klar verstanden. Ich werde keine Dummheiten mehr machen, brav studieren gehen und was weiß ich. Kann ich jetzt gehen.“ Entnervt gab sie sich geschlagen und drückte mir eine Visitenkarte in die Hand. „ Falls sie es sich anders überlegen.“ „ Nein. Danke“, dachte ich, steckte die Karte in meine Lederjacke und verschwand in der Masse.

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Tag der Veröffentlichung: 24.02.2011

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