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Als Gregor am Samstagmorgen erwachte, stellte er fest, dass er sich nicht bewegen konnte. Er schob dies zunächst auf die ungewöhnliche Kälte im Raum und vermutete, ihm seien die Glieder steif gefroren. Da er selbst den Kopf nicht zur Seite drehen konnte, war es ihm unmöglich festzustellen, wie es seiner Frau erging. Doch dann hörte er sie im Flur telefonieren:
„Bitte kommen Sie schnell! Mein Mann ist heute Nacht verstorben.“

Gregor fuhr es eiskalt in die Glieder. Zumindest wäre es so gewesen, hätten diese noch mehr Kälte zugelassen. So blieb dem armen Mann nur eine Ahnung davon.
Doch nun endlich verstand er auch seinen regungslosen Zustand.
Nur für einen Moment vergaß er seine jammernde Frau am Telefon. Aber schon erinnerte er sich, wie sie sich noch am Vorabend, seinem vierzigsten Geburtstag, rührend um ihn gekümmert und ihn mit Sekt und seinem Lieblingsgericht, Kalbsrücken, verwöhnt hatte. Musste er sie jetzt schon allein lassen, nachdem sie sich die letzten zehn Jahre gemeinsam durch Höhen und Tiefen gekämpft hatten? Immer waren sie füreinander da gewesen. Gern hätte er ihr auch weiterhin jeden Wunsch von den bezaubernden Augen abgelesen und dafür hart gearbeitet. Wie würde es ihr ohne ihn ergehen? Ein wenig Erspartes war noch da, das Haus abbezahlt. Sie müsste nicht sofort wieder arbeiten. Doch Einschränkungen schienen unausweichlich. Sein Tod kam zu früh, konnte er ihr nun doch nichts mehr bieten.

Da kam sein Ein und Alles, immer noch wunderschön, ein Glas Sekt in der zarten Hand und ein Lächeln auf den sinnlichen Lippen.

„Dies war dein letzter Geburtstag“, sagte sie und Gregor starb ein zweites, endgültiges Mal.


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Texte: Cover: © Anyka
Tag der Veröffentlichung: 04.11.2008

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