Und draußen blühen die Schneeglöckchen, weit draußen, viel zu weit draußen. Wenn ich aus meinem Fenster schaue, dessen Scheiben schon vor dem Winter eine gründliche Behandlung mit diversen Mittelchen, Wasser und Lappen vertragen hätten, bleiben sie mir verborgen. Würde ich mich aufraffen, einen Eimer vorbereiten und mich an den Frühlingsputz machen, änderte das wenig. Selbst wenn ich meinen Platz an meinem Schreibtisch vor dem dann geputzten Fenster verließe, um mich anzukleiden, festen Schritts zur Wohnungstür zu marschieren, diese zu öffnen, ebenso die Haustür eine Treppe weiter unten, und dann auf die Straße zu treten, bekäme ich sie nicht zu Gesicht. Denn sie blühen nicht hier auf dem Asphalt vor meinem Fenster, sondern irgendwo, wo ich sie nicht sehen kann. Also bleibe ich sitzen.
Doch weiß ich, dass sie blühn. Und ich weiß, ich könnte dorthin gelangen, wo sie blühen. Schön wäre es dort, wenn sie mir vom kommenden Frühling läuteten. Vielleicht käme ich nicht allein. Denn es gibt noch andere Glöckchen, die vom Frühling singen. So stehe ich auf, vergesse das Fenster, vergesse den Schreibtisch und schwebe in eine erquickende Vorfrühlingsnacht.
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Texte: Cover: © friederikchen / PIXELIO
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Tag der Veröffentlichung: 27.10.2008
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