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Stille Orte, laute Gedanken

Sich mit der Stille anlegen – freiwillig?

Eine Fahrt mit dem Gedankenkarussell?

Besonders die lang verdrängten Gedanken

fahren darauf voll ab:

endlich auf die Bewusstseins-Bühne! Yeah!

 

Stille, Ruhe als Einladung

für alles Verdrängte.

Sorgenpakete; aber auch unglaublich Banales.

Worte wären sich zu schade dafür.

 

Die Stille lockt mit Verheißungsvollem –

das ist so ihre Angewohnheit.

Endlich mal das Universum ergründen.

Abenteuerliche Mentalreisen ...

Gekonnt vom Hundertsten

ins Tausendste kommen.

Gelegentlich streift man die Weisheit.

 

Aber auf dem Gedankenkarussell

fahren alle Gedanken gleich schnell:

ob sie inhaltsarm oder aussichtsreich.

Gedanken können sehr laut sein.

Normalerweise übertönt man sie

mit viel Lärm um nichts.

 

Ist wohl ein Fehler,

auf den Lärm verzichten zu wollen.

Er bewahrt einen vor dem Abgrund der Stille.

Wer will Totenstille?

Dennoch ist es schön,

das Leben zeitweise

als Stillleben zu betrachten.

Emotional unbewegt sein;

sich Objektivität antrainieren.

Ins mentale Fitnessstudio gehen.

 

Man muss sich nicht immer

zu 100 Prozent einbringen.

Eine Pause vom Ich-Sein.

Gibt es keine App dafür?

"Man will sich dem Rade des Weltverhängnisses,

das unaufhaltsam in vollem Laufe rollt,

entgegenwerfen?

Mit Menschenarm in seine Speichen fallen?"

So fühlt sich der Wille,

wenn er die Stille sucht.

 

Gelingt einem die Sinndeutung des Seins

schon am Vormittag?

Die Welt wird nicht merklich sinniger

durchs Sinnieren.

Woran liegt's?

Man landet über kurz oder lang beim Grübeln.

Kann man das den Gedanken verübeln?

Ein Offenbarungserlebnis gibt es nicht alle Tage.

 

Beim Gedanken-Reisen kann man sich nicht

beim Reiseveranstalter beschweren.

Man wollte anständige Kontemplation.

Aber die Gedanken üben das Kreisen.

Hatten wir das schon?

 

Rückzug von der Sinnesfront, die Stille zu Gast;

aber wie führt die sich auf?

Die Seelenruhe kommt damit einfach nicht klar.

Sie will zurück in den Alltag.

Ein Langeweile-Sturm zieht auf,

rast durchs Gemüt,

richtet großes Unheil an.

 

"Freies Denken für alle?",

lautet eine Anfrage aus dem Langzeitgedächtnis.

Besonders kiebige Gedanken

betreten versuchsweise die mentale Bühne;

verjagt sie keiner?

Jeder will beim großen Gedanken-Monolog

mit dabei sein.

Auch ohne Einladung.

Man fühlt sich

wie in einer Talkshow ohne Moderator.

 

Die bedeutenden Fragen kommen regelmäßig zu kurz.

Man kämpft auf Nebenschauplätzen,

was die Erinnerung an Irrelevantem

so aufstöbern und beisteuern kann.

Highlights sind selten dabei.

Das liest sich wie die besten Passagen

aus dem Tagebuch eines Langweilers.

Man hatte eine Weltreise

quer durch die Psyche gebucht.

Aber es ist ein Betriebsausflug

in die Denkfabrik ganz ohne Lärmschutz.

Die rotierenden Gedanken machen einen Höllenlärm.

 

Wo bleibt der Alltag, irgendein Ablenkungsmanöver?!

Der Mensch ist nicht geschaffen für die Stille.

Sensorische Deprivation – kaum Außenreize.

Ohne Input geht man kaputt?

Einfach Zuschauer sein:

Sollen die Gedanken ihr Ding machen?

Mal nicht Hauptdarsteller sein,

man sitzt im Publikum.

Führen sie ein Musical auf?

 

Man lässt ihnen selten Freiraum.

Sie sollen gehorchen, haben zur Stelle zu sein.

Sie sollen nicht improvisieren.

Bis man auf das Problem mit der Kreativität stößt.

Man braucht diese ungebührlich auftretende Bande.

Es ist nicht immer meisterhafte Gedankenakrobatik;

oft wohl eher Slapstick.

 

Wie viel Disziplin mutet man seinen Gedanken zu?

Ab wann revoltieren sie?

Sie proben den Aufstand bei nächstbester Gelegenheit.

Stille Orte – da kommen sie zu Worte!

Faustregel: Je stiller der Ort,

desto wilder das Gedankenkarussell.

 

"Ziehst Du eine Karriere als Zen-Mönch in Betracht?",

will die Ratio von einem wissen.

Sie ist unterbeschäftigt.

Wieso überlässt man das Gedanken-Business

den Figuren aus der Tiefe?

Kennen wir nicht, wollen wir nicht!

 

"Ein Erinnerungsfeuerwerk am helllichten Tag!

Echt jetzt?"

Willkommen auf dem Karneval der Gedanken –

ganz ohne Masken!

 

Wir verbringen viel Zeit damit,

die Stille zu übertönen.

Die Musik anlassen,

weil man Angst hat vor der Stille?

Das Licht anlassen –

ob das die Dämonen beeindruckt?

Zwischenfragen des Unterbewusstseins zulassen?

Abblocken?

"Zwei Dumme, ein Gedanke",

pflichtet das Bewusstsein dem Unterbewusstsein

immer häufiger zu.

Das gibt zu denken.

 

ENDE

 

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 04.06.2025

Alle Rechte vorbehalten

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