Die Zweifel abschaffen –
oder die Zweifler abschaffen?
Was ist im Zweifelsfall einfacher?
Sorgen und Nöte in Rekordzeit abschaffen.
Ein Zauberer darf kein Zauderer sein.
Warum hat man sich
so viele Probleme angeschafft?
Was verschaffte einem die Ehre?
Die schaffen einen;
sie geben es einem richtig –
und sie geben sogar noch bereitwillig
eine Zugabe ihres Könnens.
Kann man das ab?
Abfedern, abpuffern, abmahnen ...
Oder die Chance nutzen
und sich gekonnt abärgern?
Sich aufreiben – und sich selber abschaffen:
raffiniert!
Das Radiergummi als Vorbild?
Immer diese Reibereien.
Wer etwas abschaffen kann,
hat Macht über diese Dinge.
Natur lässt sich einen Tornado oder Tsunami
nicht so leicht ausreden oder verbieten.
Sie erwägt bereits, ob sie uns abschaffen sollte.
Nichts als Scherereien,
die treiben nur Unfug.
Was hat die Evolution da bloß angeschleppt?
Erst Affen, jetzt Laffen.
Die Menschen sehen sich als Verwandlungskünstler.
Nichts ist ihnen mehr zuwider,
als dem Ich vom Vortag oder Vorjahr zu gleichen.
Man will Fortschritt.
Man will vorankommen.
Man vergleicht, zieht Bilanz, misst den Abstand.
Schaffensdrang: klare Fronten schaffen,
vollendete Tatsachen schaffen,
Gegner aus dem Weg schaffen.
Manches ist nicht gleich zu beschaffen,
man muss einfallreich sein.
Sich selbst neu erschaffen – als digitalen Klon?
Wir belehren die KIs –
und schaffen uns selber damit ab.
Der Überflüssigkeits-Pegel steigt.
Privatsphäre hat sich verflüchtigt.
Sie wurde deaktiviert.
Wir waren besessen vom Besitz.
Der Minimalismus befreit uns davon.
Wir sind im Flow – wir streamen ...
Up- und Download wie Ausatmen und Einatmen.
Wir sind nur noch Client –
Verzicht auf kognitiven Ballast.
Der Server versorgt Dich mit allem –
außer bei Serverausfall
oder wenn Du Deine Abos kündigst.
Toll: Die Langeweile wurde abgeschafft.
Scrollen, swipen, liken.
Montage abschaffen?
Alles Unangenehme ganzjährig ausmerzen.
Stornieren, streichen, entsorgen, weggeben.
Dünne Bretter bohren.
Den Algorithmus entscheiden lassen,
was relevant ist.
Alles andere wird weggeschafft.
Nur was trendet, existiert.
Alles andere: depriorisiert.
"Wir optimieren Ihr Nutzererlebnis."
Dein Feedback entscheidet über Deinen Feed.
Die Welt wurde in einen Beta-Zustand versetzt:
Wir dürfen Beta-User sein.
Mit Updates sich der Perfektion annähern.
Soweit die Theorie.
Aber durch Updates verschwinden auch Dinge.
Ohne Ankündigung. Ohne Begründung.
Die Geräte haben ein eingebautes Verfallsdatum.
Sie altern in Rekordzeit.
Der gesunde Menschenverstand wurde abgeschafft.
Begründung: "Subjektives Konstrukt
ohne empirische Validierung."
Keine Sorge – im Appstore gibt es eine passende App.
Manches widersetzt sich erfolgreich
allen Abschaffungs-Bemühungen:
Schlechte Angewohnheiten, Bürokratie,
das schlechte Gewissen.
Zwischenmenschliche Kommunikation
hat sich nicht bewährt.
Entweder ist es Smalltalk oder Gezänk.
Chatbots sind da ein echtes Upgrade.
Ein Upgrade für das schlechte Gewissen?
Ein realistisches Anspruchsmanagement
und gelegentlich ein Stück Kuchen –
das klingt nach einem vernünftigen Vorschlag.
Der digitale Klon singt:
"Ich wünsch mir eine kleine Serverfarm ..."
ENDE
Tag der Veröffentlichung: 11.05.2025
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