Man möchte stilvoll wohnen; aber ein Baumhaus hat auch seinen Reiz. Der normale Nachteil einer Residenz: Der Standort bleibt. Neue Nachbarn ziehen hinzu – man hat da nicht viel Einfluss. Man wohnt … und das Gewohnte – auch wenn es noch so prächtig ist – wird nach und nach gewöhnlich. Veränderungen, Variationen – ein einfacher Tapetenwechsel – ist es damit getan? Umherziehen mit einer Jurte – oder biwakieren? Auf Dauer wohl etwas zu umständlich, zu anstrengend.
Gegensätzliche Bestrebungen: Man will es kuschelig und aufregend – vornehm-edel und rustikal-verwegen. Wer schafft den Ausgleich? Gleich in eine Pommesbude einziehen? Die olfaktorischen Gründe überzeugen? Als Kind liebt man das Höhlenbauen. Ein Überbleibsel aus der Nomaden- und Steinzeitära? Hereinspaziert in die Stoffvilla! Ob sich das Burgfräulein mit einer Klapperburg zufriedengibt? Der Prinz verfügt heutigentags über keinen Schimmel – allenfalls Schimmel im Keller.
Einen Maulwurf konsultieren? Er rät zu Gangsystemen – mit direkter Anbindung an die Unterwelt. Vögel raten zum Äste-Domizil. Eine Astresidenz auf einem absteigenden Ast – das passt doch zur resignativen Grundstimmung. Tiere als Berater ... Sich eine Bärenhöhle aufschwatzen lassen? Die Bären haben wohl was dagegen, wenn man da Gardinen anbringen will – heikle Mitbewohner.
Doch lieber ein Château? Kriegt man mittlerweile ja hinterhergeworfen: Galoppierende Unterhaltskosten – die laufenden Kosten stellen immer neue Geschwindigkeitsrekorde auf. Wozu rät der Makler? Zu allem! Bei ihm gibt es keine miese Wohngegend, keine abrisswilligen Behausungen. Ist er ein Immobilien-Flüsterer? In seiner Gegenwart leben die Häuser und Wohnungen auf. Konsequent das negative Vokabular streichen. Von den Woken lernen. Sich sprachlich aufwerten.
Zeitweise im Wolkenschloss unterkommen – soll ausgezeichnet helfen gegen Stimmungstiefs. Den inneren Illusionisten machen lassen – er weiß, was er tut, Und wenn nicht, umso besser! Alles kann eine Traumresidenz sein – wenn man die Tipps der Deko-Gurus und Interior-Influencer brav befolgt. Keeping Up with the Neighborhood. My home is my castle. Wobei das Schloss der Erinnerungen auch einige unschöne Räume und unheimliche Suiten hat.
In einer Höhle kann man beliebig mit Steinen werfen – im Glashaus verbietet einem das die Hausordnung. Wer ohne Fenster ist, der werfe den ersten Stein. Immer mehr Rücksichtnahme – der Garten braucht Pflege, sonst wird er wild. Die Gartenzwerge sind meist untätig, die Eichhörnchen sind unwillens, mit anzupacken. Sie zweigen sich dennoch vom Vogelfutter was ab.
Das Unterbewusstsein beklagt sich von Zeit zu Zeit: Ob es mittlerweile ein Schattenhof, ein Dämonendomizil sei? Seelischer Frühjahrsputz. Sehr viel Vernachlässigung. Das bringt das Lässige so mit sich. Das Haus der Seele mittlerweile eine Spelunke? Aber man ist da gerne – es passt zu einem. In einem Designer-Etablissement würde man sich wohl gar nicht wohlfühlen. Es hätte nichts Organisches. Anbau auf eigenem Mist. Zur Auswahl stehen auch Bockmist und Bullshit – man hat davon reichlich.
Sammelt man Antiquitäten, sieht es zuweilen wie in einer Räuberhöhle aus. Die Sammelleidenschaft fordert ihre Tribute. Horten. Aussehen wie bei Hempels unterm Sofa – warum soll nur das Sofa alleine davon profitieren? Das Sammelsurium schwappt in alle Räume.
Man verändert sich durch das Wohnumfeld. Tarzan in einer Großwohnsiedlung? Manchmal würde man gerne in einem Zeitreisebüro ein anderes Zeitalter buchen, in einer gänzlich anderen Ära einchecken. Oder hinter dem Mond wohnen? Ein Habitat mit genügend Abstand zum übervölkerten Planeten Erde. Ein eigenes Raumschiff statt Campingbus? Blitzschnell – oder rollendes Schneckenhaus? Was sagt einem mehr zu? Manche wohnen auf Dauer auf 'nem Kreuzfahrtschiff oder in den ICEs. Man kommt rum. Mobilität oder Immobilie? So ein Wohnmobil ist praktisch – ein Verwandlungsmobil, fast so wie die Transformers. Man selber wäre auch gerne derart flexibel – aber dafür extra mit Yoga anfangen?
Man geht erstaunlich schlecht mit Hotelzimmern um, man verwohnt sie geradezu. Man ist eine Zumutung für die Räume. Fremdes Eigentum zu achten, ist kein Standard-Programm unserer Spezies – das wohnt uns nicht inne.
Die Welt als Heimstatt – das wäre schön. Man fühlt sich unbehaust – trotz des riesigen, kolossalen Sternenzelts. Welche Bewertung würde man der Welt als Pension und günstige Unterkunft geben? Eine Absteige? Gibt es in dem Parallel-Universum was Höherwertiges? Wo kann man sich beschweren? Das Leben als Pauschalreise – alles ist bereits gebucht, geplant? Wir haben den Planeten ziemlich verwohnt. Die nach uns einchecken, dürfen sich auf was gefasst machen. Ach ja: und ein riesiges Schuldenpaket. Man lebt auf Kosten der Ururenkel – ganz neuer Enkeltrick.
Ist die eigene Wohnung zumindest wohnlich? Minimalausstattung genügt? Hauptsache, man kann in Ruhe streamen und gamen? Wenn die Wohnung zum Verweilen einlädt, bleiben die Gäste zu lange? Einen Rausschmeißer für die Schwiegereltern. Zack! und schon ist alles paletti. Paletten machen sich gut als Möbel-Ersatz – urig; und man hat immer Nachschub für den Kamin. Schöner hausen.
Für die Couchpotato ist die Wohnlandschaft ein gefährliches Terrain. Man findet da gar nicht wieder raus – es kommt zu Muldenbildung, Senken. Verstärkung der Lethargie ins Unermessliche. Chillen wie ein Toter.
Wohnkulturbanause – Kollision der Stile. Oder: Wozu Flohmarkt-Schätze alles gut sind. Spannender Mix. Biedermeierliches trifft auf Naturmaterialien; Glamour trifft auf Öko; Minimalismus trifft auf Rokoko – und geht nicht k. o.! Senfgelb muss sich die Nähe von Drama-Queen-Rot gefallen lassen. Auch Wutanfall-De-Luxe-Rot ist dabei und Liebesapfel-Rot. Wenn man schon rotsieht – dann die ganze Bandbreite.
Oder Shabby Chic – die Möbel sehen so fertig aus wie man selbst? Es heißt, Hund und Herrchen ähneln sich mit der Zeit immer mehr; ist das bei Möbeln auch der Fall? Eine Transformer-Kommode: multifunktional, aber für nichts wirklich zu gebrauchen? Form folgt keiner Funktion.
Accessoires und Deko: die Sidekicks – sie perfektionieren den Auftritt des Mobiliars. Wobei die Möbel sich keineswegs als totes Inventar sehen. Der Drehstuhl dreht eine Extrarunde; es gilt, die Tüchtigkeit unter Beweis zu stellen. Man will nicht auf den Sperrmüll; ihnen von Zeit zu Zeit damit drohen – das hilft Wunder. Das Sofa wagt es fortan nicht mehr, zu ächzen, wenn man sich hinfläzt.
Alles eine Nummer schlichter? Die Bude auf den Kopf stellen – das kann man auch im Luftschloss. Sturmfreie Bude im Luftschloss? Das gibt zu denken, wenn man Leute dorthin einladen kann. Ohne die Mitwirkung von Zauberpilzen oder Nose Candy wird das schwierig.
Sich beschränken … eine Hütte, ein Tiny House am richtigen Ort können ein glücklicher machen als eine Villa an einem unbehaglichen Ort – beispielsweise auf dem Mars. Lage ist wichtig – Leitspruch der Makler. Platz ist in der kleinsten Hütte – manchmal sogar für ein ganzes Volk oder zwei … zumindest in Bienen- oder Ameisengröße.
Fantasie-Begabte verfügen über ein Rittergut, mehrere Elfenbeintürme, eine Sommerresidenz in Arkadien, ein prächtiges Baumhaus im Fabelwald – aber auch ein Kastell im Schattenreich.
ENDE
Tag der Veröffentlichung: 14.04.2025
Alle Rechte vorbehalten