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Wende

Wendig oder beständig? Wem zuliebe ändert man sich? Die Zeit ändert sich, aber man will nicht beidrehen, nicht dem neuen Kurs folgen? "For the times they are a-changin'." Unerwartete Wendungen sind im Thriller erwünscht – aber doch bitte nicht im Real Life! Was man in Romanen, Filmen oder Serien schätzt, stört und verstört einen im realen Kontext. Jede Menge Plot-Twists statt Beschaulichkeit? Der deutsche Michel hat es gerne gemächlich. Im Gemach kein Ungemach! Michelle, ma belle, ist auch dieser Ansicht.

Das Nervenkostüm müsste mal in die Änderungsschneiderei? Praktisch ist eine Persönlichkeit nach dem Vorbild einer Wendejacke. Rau, grob die eine Seite – fluffig, soft die andere. Glattzüngig, doppelzüngig – seine Zunge im Zaume halten oder sein Herz auf der Zunge tragen? Wahlweise auch mit tausend Zungen reden oder predigen. Das Leben verlangt eine gewisse Wendigkeit.

Man selber würde gerne alles so belassen, dem Gesetz der Trägheit folgt man willig. Wendemanöver sind anstrengend. Das gute Gewissen redet mit Engelszungen auf einen ein. Ausstellen lässt sich das wohl nicht? Alles muss postwendend geschehen.

Man möchte sich gerne Bedeutsamen zuwenden; dennoch ist man unentwegt mit Banalem beschäftigt. Auf den Herbst warten, das Blatt hat sich dann gewendet? Sich fallen lassen ...? Seine Strategie überdenken? Ist es Treue zu sich selbst oder schlichtweg Trägheit, wenn man jede Kehrtwende verweigert?

Geistige Drehung um 180 Grad – wie schwer kann das sein? Die Krise macht es einem in dieser Hinsicht leicht: Man ist wendewilliger. Verzweiflung ist ein starkes Argument. Woher die Energie für eine Neugestaltung, Erneuerung beziehen? Neuausrichtung – sagt einem der neue Weg zumindest etwas zu? Man fürchtet den Point of no Return – man will das Gewohnte gar nicht so sehr hinter sich lassen. Es bei kleineren Anpassungen bewenden lassen? Keine Drehung um 180 Grad – 10 Grad könnten ja genügen? Was interessiert einen die Kehrseite der Medaille – warum sollte man sie umdrehen? "Always Look on the Bright Side of Life."

Umgehend etwas umgehen – das klingt doch viel vernünftiger; dem Stress aus dem Weg gehen. Die Probleme bloß nicht aufscheuchen; warum Ausschau halten nach Problemen? Die laufen einem meist ohnehin von alleine nach. Lots Frau war das Umdrehen nicht gut bekommen; da war nicht mehr alles im Lot. A lot of trouble – wenn man in der Vergangenheit verharrt, ihr nicht Adieu sagt. Sich der Zukunft zuwenden, so tun, als käme einem das alles sehr zupass.

Noch eine Zeitenwende? Kein Problem! Nur her damit! Man lässt sich transformieren – einmal Gehirnwäsche, bitte! Man kann auch selber Brainwashing-Workshops anbieten. Ziel jeder Therapie ist ja die gelungene Verwandlung. Magie wäre die Abkürzung. In Märchen und Mythen finden laufend Verwandlungen, Metamorphosen statt. So fix geht das mit der Freud'schen Therapie nicht. Mit Essen gelingt der Gestaltwandel recht flott. Breit gefächertes Angebot, um in die Breite zu gehen.

Einem fallen jede Menge Einwände ein, wenn es darum geht, den Veränderungen zu entkommen. Man geruht, zu ruhen. Immer diese Beschwernisse. Lieber Labsal als Mühsal. Den Moment verwandeln in seine bestmögliche Version – so ließe sich doch Glück step by step verwirklichen? Aber ist das nicht zu aufwändig?

Mit einer phänomenalen Wende würde man zur Legende. Die kopernikanische Wende als Muster und Modell – der Mut, die bisherige Sichtweise völlig in Frage zu stellen. Denkt man ungern? Sich nicht in mentale Unkosten stürzen wollen ... Schon wieder geistige Klimmzüge? Lediglich ein Kopernikus des Bullshits sein?

Man will wissen, welche Bewandtnis es mit der Welt hat; Menschheit will nicht in Unwissenheit verweilen. Das Universum lässt uns gegen die Wand laufen, egal welchen Aufwand wir betreiben. Desinteresse heucheln – das Universum nicht weiter bedrängen mit Fragen? Ist es verschwiegen – oder ist seine Sprache nicht die Mathematik, sondern die Musik?

Filmhelden kommen wunderbar zurecht mit den fiesen Wendungen. Wir bevorzugen Redewendungen – da weiß man, was man hat. Andererseits watet man alsbald in einem Morast aus Klischees, leerem Stroh und Binsenweisheiten.

Das Wetter als großes Vorbild: auch so wetterwendisch sein? Von Donnerwetter zu Sonnenschein in unter einer Minute. Berechenbarkeit ist Schwäche – sagt sich auch das Universum. Wer vorhersehbare Spielzüge macht, ist ein Loser. Die Gesellschaft übt auf dem Gedanken-Trampolin immer gewagtere Sprünge. Man will hoch hinaus. Jetzt noch sprunghafter. Sich vom Saulus zum Paulus wandeln – und zurück.

KI als neue Wunderquelle. Wir berappen für sie – auch wenn sie uns einen vom Pferd erzählt. Wendig und windig zugleich. Ein Vorbild für uns alle. Sie ist ein Gamechanger. Sie ändert die Spielregeln – vermutlich alle paar Monate. Wird das Universum der KI antworten? Oder ist das Universum selber eine KI? Wäre eine witzige Wendung.

 

ENDE

 

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Tag der Veröffentlichung: 02.04.2025

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