Was erwartet man vom Sport? Gute Unterhaltung, Fitness? Wie sehr will man involviert sein? Man lässt turnen? Das Leben als Sportereignis, Sportevent – man nimmt alles sportlich. Wie passt der Ehrgeiz da hinein? "Dabei sein ist alles" – das klingt verhältnismäßig lahm. Mit Hängen und Würgen durchs Ziel – das muss genügen? Auf den Ärger verzichten? Er treibt einen an, er motiviert. Wut als kostbares Gut. Fanatismus, sich voll einbringen.
An die Kraft der Disziplin glauben – dass, das Training einen weiterbringt. Rekorde als Ziel. Auch wenn man mehrfache Anläufe braucht. Sport fordert einen. Was macht der Körper mit? An sich ist Sport sinnlos. Sport gehört zum Fun-Bereich: Die Gesellschaft braucht keine Turmspringer, Bobfahrer, Radprofis, Golfer ...
Was wäre, wenn Ärzte sagen: "Nimm es sportlich"? Man wäre entsetzt. Man will hundertprozentige Genauigkeit, man will keine Ausreden; man will nicht hören, wie schön es doch war, dabei gewesen zu sein im Krankenhaus, im Spital, im Rettungswagen.
Sport ist Mord? "Der große Sport fängt da an, wo er längst aufgehört hat, gesund zu sein", meint Bertolt Brecht. Fitness alleine ist nicht das Ziel bei Olympia & Co. Man will es weit bringen. "Schneller, höher, weiter." Da ist nicht die Rede von "entschleunigen" und "runterkommen". Aber Meditation passt recht gut zum Sport. Visualisieren, vorab schon mal siegen in Gedanken, das richtige Mindset heraussuchen. Wettkampfkultur verinnerlichen. Leistung erbringen – auch wenn es an sich völlig sinnlos und zweckfrei ist. Keiner muss paddeln, es gibt Außenbordmotoren. Man muss den Berg nicht bezwingen, es gibt Gondeln. Leider geht das so weiter: Man muss nicht denken, es gibt KI. Wir verkümmern zu Prompt-Lieferanten. Zwar nicht prompt, aber so peu à peu.
Früher war es vielfältiger: Man musste kämpfen, kraxeln, jagen, fischen, auch mal fechten ... Jetzt hängen wir überall ein "Sport" davor oder dahinter: Sportschießen, Sportklettern, Bergsport, Wandersport, Pferdesport, Schlittenhundesport ... Man ist aktiv ohne wirkliche Notwendigkeit. Es sind Pseudogründe. Man steigert sich da rein, man misst sich mit anderen, man fordert sich gegenseitig heraus, man ist außerordentlich tüchtig.
Aber ganz ohne Wettkampfgeist macht das alles keinen Spaß. Man ist sogar bereit, gegen sich selbst anzutreten – gegen die Version vom Vortag: Man will sich selbst übertreffen, man will nicht zurückfallen. Macht Sport etwa süchtig? Verdächtig viele Glückshormone werden da ausgeschüttet: Die gibt es als Lohn für die Strapazen. Körperliche Reserven aufbauen – gewappnet sein, Extra-Power. Die Evolution hält das für eine gute Idee, das ist genau ihr Ding. Ein Like von ihr für körperliche Ertüchtigung.
Zugucken, wie andere fighten, das ist ein uraltes Primaten-Unterhaltungsprogramm. Mittlerweile ist Sport ein echtes Kulturgut. Wir sind stolz darauf. Oder ist der Kultur das nicht recht: In einen Topf geworfen zu werden mit etwas so Tierischem und Rabiatem wie Sport? Sport verbindet: Mannschaftsgeist, Teamgeist. Teil von etwas Größerem sein, eine Funktion haben, die anderen verlassen sich auf einen. Die Kunst vereinzelt die Menschen, den Künstler. Auch Philosophie ist kein wirklicher Mannschaftssport. Mehr Vorturner braucht das Land?
Dem Körper Zeit zukommen lassen – ihn ertüchtigen, ihn zumindest nicht verkommen lassen. Die Muskeln spielen lassen – mal sehen, wen man beeindrucken kann. Stählerne Muskeln – oder gleich ein Cyborg? Schöner Nebeneffekt des Trainings: Man ist nicht beschränkt auf rhetorische Kraftmeierei. Dank Schnellkraft hat man schlagkräftige Argumente. Schlagfertigkeit allein imponiert nicht in dem Maße.
"Übelnehmen" motiviert mehr als "Es sportlich zu nehmen". Kommt alles dem Ehrgeiz zugute. Ohne Ehrgeiz bricht man keine Rekorde. Muss ja nicht immer um Weltrekorde gehen – seine eigenen Bestleistungen übertreffen, das Ich vom vorigen Monat in den Schatten stellen. Jeden Tag was Rekordverdächtiges anstellen.
Welche Sportart passt zu einem? Wie wäre es statt Speerwurf und Hammerwurf mit: Handy-Weitwurf, Baumstammwerfen, Gummistiefelweitwurf? Irgendwas zum Werfen findet sich immer. Die Hausarbeit etwas aufpeppen: Extrembügeln. Aus allem eine Challenge machen. Rugby in der Obst- und Gemüseabteilung. Melone als Rugbyball.
Oder es ruhig angehen lassen? Kein "citius, altius, fortius" – das "Schneller-Höher-Stärker" anderen überlassen? Sich begnügen mit gedanklicher Flexibilität? Womöglich Chill-Weltmeister werden? Der Leistungsgedanke lässt sich nicht so schnell abhängen. Das Leben ist interessanter, wenn da Herausforderungen sind. Selbst bei einer Patience will man Erfolge sehen; man erntet eigenes Lob. Selbst daran ist einem gelegen. Wir sind wohl durch und durch auf Sport eingestellt – das ist unsere Welt.
Zeit und Energie zu haben für Sport – das ist ein Privileg. Die Menschen waren meist beschäftigt mit ihrem Beruf oder mit Kriegen: Da bleibt dem Sport oder dem Sportgedanken nicht viel Raum. Ein friedlicher Wettkampf: Die Kombination von Ehrgeiz, Freude und Spaß gelingt dem Sport.
Okay, wozu sind Rekorde gut? Was ist damit gewonnen? Gibt es nicht schönere und edlere Ziele, wie beispielsweise die Weltherrschaft?
ENDE
Tag der Veröffentlichung: 09.03.2025
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