Mit Volldampf zurück? Retro ist in. Steampunk verheißt Alternativen zum Elektro- Zeitalter. Man steht ständig unter Strom. Was haben Potentialis und Irrealis zu bieten? Die Welt der Möglichkeiten und des Unerfüllbaren. Hans Dampf in allen Gassen sein: nicht nur im Realen unterwegs; schöne Nebenpfade – eine Spur märchenhafter. Sehnsucht nach Idylle, nicht so hektisch-elektrisch.
Ein Dämpfer für den Fortschrittsgeist? Dampfkraft als Gegenzauber, als Abwehrmaßnahme. Man will Verwandlung, Magie. Die Zeit der Mythen und Märchen soll noch nicht vorbei sein. Hightech sollte die Magie nicht verdrängen; die sollen sich vertragen. Steampunk ermöglicht uns das. Anachronismen zulassen; Zeitebenen verschmelzen. Reparieren, recyceln – das Vorhandene wiederverwenden; es hat Wert. Warum das Gestern entsorgen, wegschmeißen? Man kann von ihm lernen, Teile davon wiederverwenden. Alles noch gut in Schuss.
Mit der KI beschleunigt sich das nochmals: Wohin sind wir unterwegs? Auf zur nächsten Dystopie, die sich vorläufig als Utopie tarnt? So wie ein Baum seine Wurzeln braucht, so brauchen, benötigen wir unsere Vergangenheit. Manchmal geht uns das alles viel zu schnell, zu rasant. Im Eiltempo. Die Seele kommt schon seit Generationen nicht mehr so richtig mit? So verklärt man sich das Menschheits-Gestern.
In Gedanken nimmt man andere Abzweigungen, überlegt sich Alternativ-Realitäten, Geschwister des Jetzt. Steampunk stellt sich frech vor seinen Elektro-Bruder. Er habe viel mehr zu bieten. "Bei Dir ist der Dampf raus!" "Dampfplauderer!", lautet der Gegenvorwurf. Vergangenheit ist ein Dämon, der überwunden wurde? Ist das die Ansicht des Fortschrittsgläubigen? Von der Zukunft erwartet er sich das Heil, den Segen. Wer sich umdreht, erstarrt. Ganz anders der Steampunk. Seine Energie bezieht er direkt aus der Vergangenheit. Rückwärtsgewandtheit ist für ihn eine Orientierungshilfe.
KI fasziniert uns – und sie schüchtert ein. Der Mensch durfte sich bislang als Geistesriese fühlen in einem gigantischen Universum. Jetzt also auch ein Winzling im geistigen Universum. Wird ja immer besser. Steampunk soll es richten? Da gilt Kreativität etwas, man muss sich was einfallen lassen. Der Mensch als Erfinder, Tüftler, Bastler. Es weckt den verrückten Professor in Dir. In Gegenwart der KI verlernt man so nach und nach das Denken. "Lass mal, ich mach das schon." Unsere Technik-Bemühungen wirken plötzlich wie Kindergarten-Basteleien. Wir wirken unfähig – und das geht nicht nur den Top-Schachspielern so. Elektronik ersetzt Körperkraft, das haben wir hingenommen. KI ist der nächste Schritt – wir werden vermutlich zu Denk-Krüppeln. Hans Dampf in keinen Gassen. Man ruht, man chillt.
Selbst Dampf-Ablassen wird zum Problem, man darf nicht bissig sein. Verdammter Wokeness-Maulkorb! Keine guten Zeiten für Dampfplauderer. Man will Alternativen vermutlich nur so lange, bis sie selber Bestandteil der Realität sind. Plötzlich wirken sie gar nicht mehr so attraktiv. Wie beim Partnerwechsel. Das Unerreichbare erhöht den Reiz. Schrecklich, wenn der Minnegesang von Erfolg gekrönt wäre! Das Nicht-Gelebte, die Fantasie-Gestalten sollen bloß nicht daran denken, hinüberzumachen in die Realität! Steampunk als Fiktion. Was sollte man mit einer Dampflokomotive und einem Dampfschiff?
Man wird bequemer. Man lässt die Elektronen für sich arbeiten. E-Geist, E-Seele sind wohl das nächste große Ding? E-Pegasus für den Autor. KI als E-Muse. E-gal? Der Mensch ist ein Macher. Seine Kreativität kommt ihm abhanden, sie ist nicht mehr Teil von ihm. Abrufbar von der Cloud – wenn man Glück hat. Wolke 7 und 7b – die Ideen wohnen dort nicht schlecht. Kommt ja letztlich alles der KI zugute: gutes Futter für sie. Sie nährt sich von unserem Gedankengut. Sind es Gedanken-Vampire? Kohldampf auf geistreiche Kost.
Okay, die Moderne elektrisiert uns – sie hat einiges zu bieten. Aber sie hat Mythen, Magie, Märchen gnadenlos eingesackt. Die Vorherrschaft der Ratio hat was Tyrannisches. Das Unlogische, Umständliche, das Selbst-Gebastelte, das Unperferkte, das Angedachte: Sie alle tragen zum Spaß bei, man hat unmittelbar Anteil am Weltgeschehen, man daddelt mit – wenn auch unbeholfen oder stümperhaft. Steampunk befriedigt diesen Ehrgeiz. Man ist Spieler, man ist wieder Mitspieler. Effizienz ist nicht das oberste Gebot. Aber zumindest wird die Lebensfreude nicht ausgetilgt.
Man kommt sich zunehmend vor wie eine Dumpfbacke: tragische Nebenwirkung bei übermäßiger Verwendung der KI? Kreativität und Neugier versiegen – wird die KI uns bereits dadurch besiegen? Wie soll man etwas mit Dampf betreiben, wenn der Dampf raus ist? Steampunk verspricht, zu liefern. Ein schnaufendes Dampfross als Pegasus?
Die Verwandlung von Hans Dampf in Hans Dumpf: Die KI hilft uns dabei. Begnügt sie sich mit dem Posten als Co-Trainer, Co-Autor, Co-Pilot? Friedliche Koexistenz?
ENDE
Tag der Veröffentlichung: 03.03.2025
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