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Nähe

Nähe suchen – aber keinem zu nahe treten.

Geistig wendig – ein Versteher.

Aber dann geht einem alles so nahe.

Gegenwartsferne hat ihre Vorteile;

man rückt dem Zeitgeist nicht so auf die Pelle.

 

Kontrastprogramm zum Avantgardisten:

der Stillsteher.

Sorgen mögen sich entfernen –

sie haben die Erlaubnis, sich zurückzuziehen.

Fernab vom Schuss, bleibt man gut in Schuss.

Eine Fernbeziehung mit den Scherereien.

 

Wenn man reserviert bleibt,

schont man seine Gedulds-Reserven.

Engelsgeduld bringt einen ganz schnell

in Teufels Küche.

Ferne Länder rücken leider näher.

Abstand wird zum raren Gut.

 

Das Universum ist recht groß –

aber uns wird keiner

die Planeten näher bringen.

Sich dem Selbst anzunähern,

ist bereits eine Kunst.

Nur Fernstraßen,

die ins Zentrum der Seele führen.

 

Das Naheliegende liegt einem fern,

es liegt einem nicht?

Das Naheliegende links liegen lassen?

Gedenkt die Zukunft

ihre Schatten vorauszuwerfen?

Täte den Plänen gut.

Richtigliegen mit seinen Vermutungen ...

 

Der Verzweiflung öfters nah –

das wird zur schönen Gewohnheit.

Selbst die nahe Zukunft

hüllt sich in Schweigen;

sie meidet das Gespräch

mit ihrer Kollegin, der Gegenwart.

Können die beiden miteinander nicht so gut?

 

Zukunft: das Reich der Optionen.

Aus Gunst der Stunde wird meist Gunst der Minute ...

Glück knausert zurzeit.

Pech scheut nicht die übergroße Nähe –

nähert sich fest entschlossen.

Fällt es darauf herein,

wenn man abweisend wirkt,

oder findet es das besonders attraktiv?

Das Pech ist frech.

"Braucht hier jemand ein Gebrechen?

Bredouillen im Angebot!"

 

Sich von Gefühlen fernhalten?

Fällt das Schicksal auf gespielten Gleichmut rein?

Lässt es ab von einem, da man so stoisch ist?

Einen Tag ein Stoiker,

am nächsten dann ein Komiker?

 

Was soll das Fernziel sein?

Die Zukunft hat auf ihrem Bauchladen beides:

reichlich Utopien und Dystopien.

Mit Wut im Bauch hat man kein gutes Bauchgefühl.

Verdingt sich die Ratio als Bauchredner?

Will sie uns so besser überzeugen?

 

Wieder keine Schmetterlinge im Bauch –

nur Nachtfalter?

Welchem Orakel kann man

ein Loch in den Bauch fragen?

Die Nähe suchen zur Weisheit –

aber die ist nicht in Rufweite ...

Nähere Beziehungen unterhalten zum höheren Selbst.

Der Stein der Weisen –

immer nur einen Steinwurf entfernt?

Erschreckend, wem man geistig nah ist?

 

Ist Wahrheit so wie die Sonne:

ihr allzu nah zu kommen,

ist für Menschen nicht ratsam?

Als Hellseher muss man helle sein ...

Aber es bleibt schwierig,

die eigenen delphischen Sprüche zu verstehen.

 

Im Traum tritt das Unterbewusstsein auf als Orakel.

Wieso hat man nichts zum Schreiben dabei?

Wie soll man sich Notizen machen?

Es klingt alles so überzeugend,

wenn es das präsentiert.

Fantastische Präsentation.

So realistisch.

 

Der Morgen zerstört es –

als ob es ein Sand-Mandala wäre.

Man hofft, dass der Sandmann bald Nachschub bringt.

 

Die Wissenschaft will Näheres erfahren;

mit rüden Methoden die Welt befragen.

Alle Menschen werden rüder ...

 

ENDE

 

Impressum

Cover: https://pixabay.com/de/photos/planeten-steigen-sonnenuntergang-4725820/
Tag der Veröffentlichung: 23.11.2024

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