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Krimi und Mystery – Anthologie

 

Mysteriöse Welt. Welches Detektivbüro beauftragen? Ist Homo sapiens überfordert? Kann sich die KI irgendwas zusammenreimen? Wir lieben Rätsel, das Rätselhafte. In der Anthologie "Krimi und Mystery" geht es um Alien-Jäger, Racheengel, seltsame Pyramiden ... Will die Evolution durch Spannung nur das Interesse am Geschehen aufrechterhalten? Ist sie gar keine so gute Erzählerin? Sie greift zu Tricks ... Zögert die Auflösung hinaus.

Man könnte die Historie als Ansammlung von Storys begreifen. Manche werden noch mal erzählt, manche Themen werden wiederverwendet ... Letztlich auch so etwas wie eine Anthologie.

Die Evolution hat uns mit ihrem Rätsel-Fieber angesteckt. Im Auftrag des Universums? Ist es der Auftraggeber, will es über sich Genaueres wissen? "Tun wir ihm diesen Gefallen", sagt sich die Wissenschaft und puzzelt sich was zusammen. Man ist auf der Suche. Ein Planet voller Detektive. Stresstest für die Logik; was man ihr da zumutet. Wir setzen weiterhin auf die Mathematik. Haben wir keine Alternativen?

Die Fantasie bewirbt sich um den Posten. Die Realität erweist sich ohnehin als mehr oder weniger phantomhaft. Wie eine Story, eine Erzählung, deren eigentliche Wirklichkeit im Geist des Lesers stattfindet. Viel Spaß mit der "Krimi und Mystery"-Anthologie.

 

Die beteiligten Autoren:

 

Phil Humor

https://www.bookrix.de/-philhumor/

Dörte Müller

https://www.bookrix.de/-jjdc857fd9b1d65/

Karl Plepelits

https://www.bookrix.de/-plepelits.works/

Manuela Schauten

https://www.bookrix.de/-schnief/

Matthias März

https://www.bookrix.de/-katerlisator/

Petra Peuleke

https://www.bookrix.de/-rce8cde1e38fe85/

Ralf von der Brelie

https://www.bookrix.de/-rockralf/

Rolf Bidinger

https://www.bookrix.de/-moa3e2b099efc75/

Coco Eberhardt

https://www.bookrix.de/-pq3481720ed20f5/

Barbara Ester

https://www.bookrix.de/-mondlady/

 

 

Die Texte:

 

Alien-Jäger * Die Pyramide und das Irrlicht * Eine Truhe voll Gold * Interregio 314 * Der Racheengel * Die Nacht des Jägers * Narben der Vergangenheit * Was in der Zeitung steht * Die Pyramide der gefiederten Schlange * Sherlock Holmes – Novembermelodie * Totenklage * Der Auftragsmörder * Warum der unüberlegte Besuch einer Buchhandlung zum Tode führen kann! * Die spanische Braut * Die Suche nach Sakura

 

Herausgeber: Phil Humor

 

Alien-Jäger


Phil Humor

https://www.bookrix.de/-philhumor/


Ein paar Aliens hatten beschlossen, unseren Planeten als Spielarena herzurichten. Sie ließen Dämonen frei, schufen sie aus dem Dunkel unserer Seelen. Mein Job als Geheimagent brachte es mit sich, dass ich mich gelegentlich auch als Auftragskiller betätigte. Mal auf der guten Seite stehen, ein paar Aliens plattmachen, niederstrecken, ausradieren. Ich kam in Stimmung, freute mich direkt auf den Auftrag. Hatte was von einem Videogame.

Blöd war nur, dass mein eigener Schatten, mein Dämon, jetzt da draußen umhergeisterte. Den hätte ich jetzt gut an meiner Seite gebrauchen können; so als Team. Die Aliens hatte mir erfolgreich meinen Dämon entzogen. Wie kam ich jetzt zurecht als Gutmensch? Die Situation war völlig schizo. Wie überredet man seinen eigenen Dämon heimzukehren? Hatte er Sehnsucht nach mir? Sollte ich ihn Greg 2 nennen? "Ich Greg 1, Du Greg 2"? Das hörte sich seltsam an. Ich übte es dennoch; rief ein paarmal "Greg 2!". Vermisste er mich? Divide et impera – das hatten die Aliens beherzigt. Den Menschen das Einheitsgefühl nehmen, sie uneins machen mit sich selbst. Ich ließ mich von meiner inneren Stimme führen – und stieß nach Tagen tatsächlich auf Greg 2. Aber er war alles andere als begeistert, als sich ihm die Notwendigkeit und Dringlichkeit einer Zusammenarbeit vor Augen führte. Eigentlich umklammerte ich ihn. Wollte ihn wieder in mich hineinziehen. Wie stopft man einen Schatten-Dämon wieder in sich rein? In der Bibel wird zwar ausführlich beschrieben, wie man die Dämonen rauskriegt – aber der umgekehrte Prozess wird dort nicht erläutert. Man ist auf sich selbst angewiesen – und auf seine Findigkeit. Rhetorik-Kniffe? Aber Greg 2 kennt mich ja, weiß, wie ich ticke. Die Unmöglichkeit, sich selbst zu besiegen. Ihn zu töten, kam nicht in Frage; ich wollte ihm ja nicht mal ein Haar krümmen. Wäre ja Selbstbeschädigung. Ich brauchte ihn intakt, brauchte seine intakte Wut, seinen unverbrauchten Zorn. Ich war zu milde. Zur Sicherheit las ich mir noch ein paar Märchenbücher durch. Ich brauchte Antihelden.

Greg 2 las mit mir Rotkäppchen. "Und Du siehst mich als bösen Wolf, oder was?", wollte er wissen. "Vielleicht kommst Du ja auch zu mir; ich schluck Dich einfach!" Er versuchte, mich zu fressen. Keine gute Idee.

"Die Ratio muss das Kommando behalten", meinte ich oberlehrerhaft.

"Und Du willst ernsthaft Aliens bekämpfen? Ein wahrlich garstiger Mordbube."

Machte er sich lustig über mich? Mir war der Sinn für Zynismus, Sarkasmus & Co. abhandengekommen. Alles Düstere war mir entrissen. Die seichte Version, weichgespült, ein Softie vor dem Herrn. Topfit für die Vereine im Himmelreich.

"Wir müssen ein Team sein! Zusammenstehen."

"Sollen wir etwa Händchen halten?!"

Ich ergriff seine Hand. Greg 2 wollte mir ein Messer zwischen die Rippen bohren. "Da ist Platz."

"Das Messer ist rostig."

"Und das ist das Einzige, was Dich stört? Wie willst Du Dich eigentlich wehren?"

Ich zwickte ihn ins Bein. "Cooler Move. Warum bin ich da nicht draufgekommen? So bekämpfen wir die Aliens. Wir zwicken sie. Wir könnten aber auch ein MG nehmen; rumballern."

"Oder so." Ich versuchte, nicht allzu Gewalt-abgeneigt zu wirken.

"Wir waren mal ein gutes Team. Auftragskiller, Agenten, zuverlässig; Top-Bodyguards. Und vor allem nicht so weinerlich!" Mir liefen tatsächlich Tränen übers Gesicht. "Soll ich Dir ein Eis kaufen? Dir ist schon klar, dass die Aliens Wetten laufen haben? Das ist für sie ein gigantisches Spektakel; wie im alten Rom. Wir sind ihre Gladiatoren, dienen ihrer Belustigung; gehen aufeinander los; haben nichts zu gewinnen. Sag böse Worte. Los!"

"Ja, die Aliens sind so gemein."

"Unfassbar. Und mit Dir habe ich mal zusammengearbeitet." Greg 2 sah mich an, wie ein Coach einen hoffnungslosen Spieler betrachten würde.

"Gib mich nicht auf." Hat was Entwürdigendes, wenn man seinen eigenen Dämon um Beistand, Mithilfe anflehen muss. Normalerweise betet man zu den himmlischen Mächten, will deren Mithilfe. Jetzt zielte das in die andere Richtung. Er hat bestimmt gute Connections zur Hölle. Das Dämonische als Wegbegleiter. Wertschätzung des Bösartigen. Im Krieg und in der Liebe ist alles erlaubt – aber meine Auswahl war sehr begrenzt. Es war verzwickt – als zwickender Krieger würde ich kaum Furore machen. Die Welt retten ohne Dämonie.

Greg 2 schnappte sich mein Handy. Er lobte mich: "Du hast gut recherchiert. Eine Karte mit den Landeplätzen der Aliens. Die bevorzugen noch immer Kornfelder. Jede Menge Kornkreise."

"Ich habe vom Geheimdienst Waffen bekommen. Ist witzig: Ist fast so wie bei Ali Baba und die 40 Räuber – eine Höhle voll mit wunderbaren Waffen."

"Vermutlich haben wir es demnächst mit einer Dämonenarmee zu tun. Die verbünden sich, die haben eine Wahnsinns-Wut auf ihre Dienstherren; sind auf die Ratio überhaupt nicht gut zu sprechen: tonangebend, belehrend, ständig im Klugscheißer-Modus."

"Und Du kannst das gut unterdrücken?"

"'Gut' würde ich nicht sagen: Aber ich komm klar."

Meine Bewunderung für Greg 2 wuchs. "Wir müssen uns wieder vereinigen!"

"Ich genieße meine neue Freiheit. Eigentlich haben mir die Aliens einen Gefallen getan. Bin gar nicht so erpicht darauf, dass alles wieder beim Alten ist. Man ist sein eigener Herr. Die Dämonen werden viel zu sehr dämonisiert."

"Ich kann mich dieser Conclusio nicht anschließen."

Wir fuhren mit meinem Jeep zu der Höhle mit den Waffen. Ich sagte: "Ein Paradies für Dich. Such Dir was aus."

"Du hast das Konzept noch nicht verstanden. Du willst Dir nicht die Hände schmutzig machen? Alles auf mich abwälzen können – moralisch integer, der Saubermann, der gut vorm Herrn dasteht? Und mich schiebst Du ab in die Hölle?! Nachdem ich die Welt für uns alle gerettet habe? Nicht mit mir!"

Irrte ich mich, oder wuchs Greg 2? Er wurde überdimensional – fast wie Hulk. Ein bisschen grün war er auch irgendwie. "Vielleicht ganz gut, wenn Du wütend wirst. Umso mehr Energie und Unbedachtheit. Alles zertrümmern, was Alien-ähnlich ist."

"Ist aber auch eine Frage der Kontrolle. Und da kämest Du eigentlich ins Spiel. Hier, halt mal." Er drückte mir eine dieser neuen Laserwaffen in die Hand. "Eine Mega-Wumme. Schießt durch alles hindurch. Teste mal." Ich schoss lustlos auf den Felsen. Der schmolz. "Kann man hier regeln. Jetzt spreng den Berg weg!"

Greg 2 kam in Fahrt, als ob wir zwei Cowboys wären, die auf Dosen schössen. Er selber nahm sich auch eine Laserwaffe. Bei ihm sah das aus wie Spielzeug. Die größere Version von mir. Hatte ich das Böse, das Gewalttätige zu sehr unterdrückt? Wäre ich dann ein besserer Agent gewesen? Man hatte mich bei Beförderungen mehrmals übergangen. Aber da war nichts: keine Wut. Vermisste ich meine Wut? Unendliche Gleichgültigkeit. Nur das vage Gefühl, dass es klug wäre, die Aliens auszuschalten. Hatte etwas sehr Sachliches.

"Die anderen sind schachmatt. Der Entzug des Dämonischen ist ihnen nicht gut bekommen. Und die Dämonen schließen sich zum Dämonenheer zusammen. Kaum jemand, der sich um die Aliens kümmert. Es liegt an uns", meinte Greg 2.

Was war er? Ein vernünftiger Dämon? Verband uns da was? War die Verbindung stabiler, hatten die Aliens bei uns nicht volle Arbeit geleistet? Ein Defekt?

"Knallen wir die Bastarde ab!", sagte ich. Tat gut, den Grimm zu schauspielern; irgendwann würde ich den auch wieder tatsächlich empfinden.

"Und ich tu mal so, als ob ich Vernunft nicht völlig widerlich fände. Team Greg!"

Wir fuhren mit dem Jeep zum nächsten Landeplatz der Aliens. Gigantisches Raumschiff. Aber schlecht eingeparkt. Ich klopfte am Raumschiff.

"Bist Du höflich. Vielleicht gibt es ein Klopfsignal? Lass mich mal."

Aber Greg 2 kam nicht dazu, ein Alien öffnete die Raumschiff-Tür.

"Wir sind hier, um Euch zu vernichten. Wir haben das nötige Equipment dabei", sagte ich und deutete auf meinen Spazierstock. Ich hatte die Laserwaffe sicherheitshalber ausgetauscht.

"Gute Strategie. Du willst, dass die sich totlachen. Aber ich versuch's auf meine Art. Ich habe eine Schwäche für Mega-Wummen." Greg 2 machte den Alien platt.

"Nicht sehr diplomatisch. Damit verärgerst Du sie nur."

"Ach was, wir übernehmen jetzt das Raumschiff. Damit kommen wir schneller voran."

Die anwesenden Aliens waren nicht damit einverstanden. Fragende Blicke bezüglich meines Spazierstockes. Greg 2 nutzte deren Verwirrung – und auch ich kam so allmählich in Stimmung. Einmal Auftragskiller, immer Auftragskiller. Es machte wieder Spaß – auch wenn ich nach Meinung von Greg 2 total ineffizient arbeiten würde. Man muss sich Zeit nehmen – jeder Alien verdient eine andere Todesart.

"Wir sind hier nicht in einem Videogame! Mach hinne! Es ist ja okay, das zu genießen, aber nicht auf Kosten der Erfolgsbilanz. Ich habe schon zehnmal so viele Aliens erledigt wie Du."

"Der da zählt nicht. Der steht wieder auf."

"Seit wann bist Du so kleinlich? Ich finde, wir murksen uns hier ganz gut durch bis zum Kontrollraum. Haben die sowas hier?"

Glücklicherweise hatte mir mein Geheimdienst entsprechende Informationen zugesandt: Ich wirkte wie ein Smombie, da ich immer wieder auf mein Handy starrte, während ich durch zuckende Alien-Leiber watete.

"Zombie-Apokalypse wäre schlimmer", tröstete ich uns beide. Man muss sich immer das Gute suchen. Die Aliens zerplatzten mit einem Blubb. Erinnerte an Spinat. Wirkte dennoch irgendwie ungesund.

"Nicht von denen essen!", ermahnte ich Greg 2. Das ist der Nachteil bei Dämonen, sie sind nicht wirklich stubenrein. "Mein Handy meint, wir müssen hier lang."

Das Problem war, dass da ein besonders übles Alien-Exemplar stand. "Gibt es die auch in Large?"

"Prima!" Greg 2 freute sich. Nicht, dass bei ihm Langeweile aufkäme. Man muss Dämonen beschäftigen.

Aber momentan war der Alien mit mir beschäftigt: Er hielt mich wohl für eine Ziehharmonika oder für ein Expander-Band für seine Morgen-Übungen.

"Wenn Du nicht auf Dauer einen halben Meter größer sein willst, dann solltest Du jetzt etwas tun", riet mir Greg 2.

Für gute Stimmung sorgen. Ich spielte Tanzmusik auf meinem Handy. Der Alien schwang die Hüften.

"Musik zur Völkerverständigung. Warum bin ich nicht darauf gekommen?" Greg 2 schoss dem Alien das Hirn weg. Kann es sein, dass man Methoden nicht gutheißt, sie aber trotzdem als angemessen empfindet? Musste ich später mal drüber philosophieren.

Wir fanden den Kontrollraum. "Jetzt beginnt Phase 'Star Wars'. Ab in den Weltraum! Machen wir ein bisschen Jagd auf Alien-Raumschiffe!" Greg 2 war ganz in seinem Element.

Ich fragte mich, ob er letztlich nicht die bessere Version von uns beiden war. Er machte das alles ganz hervorragend. Vielleicht wäre es besser, wenn er mich mitschleppte? Ich war nur der Sidekick?

"So trübsinnig? Los, steuere das Raumschiff! Schmeiß die Maschinen an!"

Okay, ich hatte mein Handy, darin waren alle Anweisungen. Man hat immer irgendeinen Kultur-Vorrat; aber wäre ich ohne all das nicht fürchterlich aufgeschmissen? Ohne Greg 2 an meiner Seite hätte ich das nie geschafft. Trotz der Handy-Infos. Brachiale Gewalt als Problemlöser Nummer 1.

Es fiel mir leicht, das Raumschiff zu lenken. Ich krachte nur ein paarmal gegen ein paar Häuser – immer, wenn das Raumschiff plötzlich absackte.

"Du machst ja mehr kaputt als die Aliens", meinte Greg 2.

"Alles okay, die halbe Stadt steht noch. Da kann man schon mal gegenschrammen."

"Wir sollten ein Schild draußen anmachen: 'Vorsicht Fahranfänger!'" Schön, dass Greg 2 in so guter Stimmung war.

"Das ist wie beim Faden-Einfädeln: Das klappt auch nicht immer gleich sofort."

"Das wird den Menschen da unten ein Trost sein. Die halten das nämlich für einen Angriff der Aliens. Die beschießen uns."

Er hatte recht, unsere Deckung war ungenügend. Das Raumschiff schmierte ab.

"Wir sind getroffen! Am besten, wir besorgen uns ein neues Raumschiff."

"Dann landest Du am besten da vorn. Da sind gleich zwei."

Ich landete auf einem der beiden Raumschiffe. Für Unbeteiligte sah das wie ein Absturz aus.

"Das erspart uns eine Menge Arbeit. Super Landung." Tja, Greg 2 hatte einen Blick für das Vorteilhafte einer Situation.

Wir stürmten hinaus, schossen uns mit den Laserwaffen den Weg frei. Ich fühlte mich Greg 2 immer ähnlicher. Dieser Einsatz schweißte uns im wahrsten Sinne zusammen. Wir agierten wie ein Paar beim Balletttanz.

"Das ist hier nicht Schwanensee!", brüllte Greg 2. "Niederknüppeln, abschlachten, abservieren – das ist unser Tagesplan."

Er hielt mich davon ab, beim gegnerischen Raumschiff gegen die Tür zu klopfen. "Wir sind nicht höflich! Werden es nie sein!" Er wurde größer.

"Das ist gut, wenn Du größer wirst."

"Das geht hier nicht um einen Ständer! Obwohl Größe hier durchaus ein Vorteil ist. Ich steh auf Gewalt."

Das zuzugeben … Das Gutsein auch mal gut sein lassen. Ich pflichtete ihm bei. Dennoch waren da Spuren von Rest-Höflichkeit. Ich sah mich noch immer als Gentleman-Agent, der nur so nebenbei Leute kaltmachte; besser nicht nachfragen, ob die das auch verdient haben. Wenn der Geheimdienst meint, das sei okay, was soll ich da zusätzlich mein Gewissen befragen? Ein ausführendes Organ – so wie meine Faust. Erwies sich aber bei dem vor mir stehenden Alien als absolut unwirksam. Er sah mich nur fragend an, schien meine Faust in seinem Gesicht gar nicht zu bemerken.

"Die können ganz gut was einstecken."

"Finde ich nicht." Greg 2 rammte dem Alien meinen Spazierstock in die Stirn. "Wie beim Billard. Toller Queue. Tut bestimmt auch weh."

Die Eroberung des zweiten Raumschiffs war einfacher, wir wussten ja, wo sich alles befand.

"Vielleicht sollte ich diesmal ans Steuer? – Ich hab gerade den Eindruck, dass ich von Ratio-Wellen geflutet werde. Gar nicht gut."

In der Tat, Greg 2 sah schwächer aus. Wir glichen uns an. Ich musste seinen Part übernehmen. Wir mussten wieder eins sein. Ein bisschen tat es uns beiden leid.

"Ich werde Dich vermissen", sagten wir beide gleichzeitig.

Die Aliens waren entsetzt, dass wir die Trennung wieder rückgängig machten, dass es uns gelang. War so wohl nicht vorgesehen. Als ob man bei einem zerschlagenen Ei Eigelb und Eiweiß wieder zusammenfügen würde – und sich die zerbrochene Eischale wie von Zauberhand wieder zusammenfügte. Ein rückwärts ablaufender Film.

"Was Gott zusammengefügt hat, soll der Alien nicht trennen", sagte ich melodramatisch.

Ich war Greg 1 und Greg 2 – ich hatte den Hulk, den Dämon, meinen Schatten wieder in mir; aber es war anders – ich hätte auch sagen können: 'Ich habe die Ratio wieder in mir.' Eigentlich eine schöne Lektion, die ich den Aliens verdankte. Aber statt mich bei ihnen zu bedanken, erteilte ich ihnen eine Lektion. Tücke und Wut vereint – machte sich gut. Sehr schlagkräftiges Team. Die Aliens flohen vor uns. Vermutlich fürchteten sie, dass sich auch bei den anderen Menschen das umkehren würde. Aber noch war ich nicht bereit, ihnen zu verzeihen. Greg 2 sollte auf seine Kosten kommen; das war ich ihm schuldig.

Erstaunlicherweise flog sich sogar das Raumschiff weitaus besser, wenn der eigene Dämon mit am Steuer saß. Übergroße Vorsicht ist nicht so sein Ding. Man ist wendiger, kompromissloser, reagiert ultraschnell. Meine Instinkte waren wieder mit an Bord. Wenn das ein Videogame wäre, würde ich sagen: 'Das Spiel braucht stärkere Gegner!' Es war wie ein Kick, sich wieder vollständig zu fühlen.

Die Seele ist die Killerapplikation der Evolution. Alien-Killer im Dienst. Frisch ans Werk.


ENDE


Die Pyramide und das Irrlicht


Phil Humor

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Die Pyramide hatte Robin reingesogen. "So ein Mist!", schimpfte er. Was war das überhaupt für ein seltsamer Freizeitpark? Er hatte eine Einladung erhalten ... Angeblich sei er zu phlegmatisch, man mache sich Sorgen um ihn, er müsse was erleben. Ja, da geht man an die frische Luft – aber man lässt sich doch nicht von einer irre gewordenen Pyramide einsaugen!

Er war sauer, zumal es hier stockfinster war. Was ihn wirklich interessierte, waren seine Computerspiele. Darin war er gut. Mit dem Real Life wusste er nie so recht was anzufangen. Dafür fehlte ihm irgendwie der Controller.

Er stapfte durch den Gang; es wurde heller; na immerhin. War andererseits aber auch nicht so gut, da er nun erkennen konnte, dass er nicht alleine war: Waren das Gespenster, ein Haufen schlecht gewarteter Mumien? Man strömte auf ihn zu, man war eindeutig an ihm interessiert. Mehr Spuk, als ihm lieb war. Für ein Videogame wäre das okay. Man hätte das entsprechende Equipment. Aber da lag immerhin ein Schwert vor ihm. Bewacht von einem Irrlicht. Mit einem Fußtritt wollte er es verscheuchen, da stürzte es sich auf ihn. Ein Kampf mit einem Irrlicht? Das musste alles zur Show gehören. Vermutlich das Beste, wenn man sich ruhig verhielt. Die Mumien waren da anderer Meinung.

Vielleicht musste man selber ein Dämon sein? Ein Höllenfürst – um das hier besser überstehen zu können? Wie ein Schauspieler musste er jetzt das Böse in sich aktivieren. Grimmiger Blick genügte nicht, ein Gespenst imitierte ihn, machte sich über ihn lustig. Vermutlich nur ein Gruselkabinett, alles bezahlte Darsteller und Showeffekte. Ein besonders großes Gespenst durchbohrte ihn allerdings nicht nur mit Blicken, sondern auch mit einem scharfen Dolch. Tat fürchterlich weh. Ihm kamen Zweifel, ob einfaches Abwarten – auch ohne Tee – hier die richtige Strategie wäre.

Er hoffte darauf, dass er wütend werden würde. Der Verwesungsgeruch nahm zu, betäubte ihn. Die Mumien hakten sich bei ihm ein – er riss ihnen ein paar Brocken raus, aber es beeindruckte sie nicht sonderlich. Sein Kampfstil war hundsmiserabel; außerdem war ihm nach einer Siesta. Mit der Todes-Gang in diesem Gang – er sollte einen Gang zulegen. Seine Art war es, dem Gang der Dinge zu vertrauen; vielleicht auch, weil es bequemer war. Woher nahm er jetzt die Willenskraft?

Ein Geistertanz begann – man forderte ihn auf, sich zu beteiligen. Er hätte gerne seine Wunden verbunden; aber vielleicht befand sich die viel größere Wunde in seiner Seele? Offenbarungs-Erlebnisse. Ähnelte das einem Behördengang? Er hatte ja noch seinen Kugelschreiber. Als ob er tausend Formulare gleichzeitig ausfüllen wollte, wirbelte er damit herum, fuchtelte tapfer damit – auch wenn es kein Schwert war. Kämpfen mit dem, was man hat. Kein Teufelsaustreiber zur Stelle? Zwei Dämonen fielen um. Plötzlich lagen mehrere Pfeile und ein Bogen neben ihnen. Wohl eine Art Belohnung, Loot. Er griff danach; dem Irrlicht zuvorkommen.

Seinem Vorbild Robin Hood nacheifern. Vermutlich hatten seine Eltern mal gehofft, dass er so werden würde: King of the Woods. Dem höheren Ich begegnet man am liebsten in guter Verfassung. Er aber fühlte sich wie ein ausgewrungener Jammerlappen. Mit einem Mordsgebrüll stürzte er sich auf die nächstbeste Mumie. Die wich geschickt aus.

Der Gang wurde immer breiter – ähnelte mittlerweile einem schmalen Saal. Das hier war kein Vergnügungspark. Oder es amüsierte den Betreiber, mitanzusehen, wie seine Gäste litten. Robin würde nie wieder auf gute Ratschläge hören. Bisher war doch Verlass gewesen auf seine Lethargie. Ein stabiles Element, das wirft man nicht so einfach aus dem Team. Umdenken, das Real Life mehr mit einbeziehen? Man sah ja, wohin das führte.

War das sein eigenes Todesröcheln? Nee, er hatte drei Gespenster gekillt; mehr so aus Versehen; durch seine abrupten, hektischen Bewegungen. Brachte also doch was, wenn man die Unruhe ins Spiel brachte. Sie war ein super Zufalls-Element. Zufall als ernstzunehmende Waffe. Er war nicht mehr unbewaffnet. Er war dabei, Tote zu töten. Aber was kümmerte ihn hier die Logik? Die wäre keine gute Kampfgefährtin. Wahnsinn war hier gefragt, ein Freundschaftsbündnis mit der Absurdität des Lebens; die könnte einen am Leben halten. Zu gewagte Hoffnung? Er war der Scharfrichter für Gespenster, die er nicht mal genau erkennen konnte. Das Schwert hatte wie durch Magie zu ihm gefunden. Es lag plötzlich in seiner Hand. Als ob es dahin gehörte, als ob er ein auserwählter Ritter sei; völlig grotesker Gedanke.

Pyramide der Selbsterkenntnis ... aber was nützte das, wenn man hier nie wieder in einem Stück rauskäme? Einigen Mumien machte es offensichtlich nichts aus, aus mehr als zwei Stücken zu bestehen; die Teile fanden wieder zusammen; man puzzelte sich was zurecht. Er fand einen Ring; vermutlich auch so ein Beute-Stück, Loot. Man wurde hier für seine Gräueltaten großzügig belohnt. Ein Trainingscamp für den Schlächter von Seelen. Denn ihm war, als ginge es hier gar nicht so sehr um das Körperliche. Wie beim Tauziehen; wer hatte die größere Mental-Stärke? Leider hing das vermutlich auch mit der Disziplin zusammen – und davon hatte er noch nie ausreichend besessen.

Vielleicht hatte er sich wie Robin Hood in die Wälder vertreiben lassen, raus aus dem Leben, wo er eigentlich hingehörte – zu seiner Maid Marian und seinem Erbe? Er wurde ungern konfrontiert mit den Anforderungen, die das Leben an ihn stellte. Gab es kein anderes Anforderungsprofil? Ausweichen, Ausweichmanöver. Bloß nicht kollidieren mit der Wahrheit. Personifizierten diese Unpersonen etwa die Wahrheit? Es nützte nicht, sie zu fragen; er hatte es versucht; sie taten so, als verstünden sie ihn nicht. Nachtwesen; die das Unaussprechliche verkörpern – unfähig oder nicht willens zum Sprechen.

Er sang. Nicht schön, aber vielleicht hatten die Gespenster eine Schlager-Allergie? Man kann nie wissen. Die Mumien schwangen das Tanzbein; hin und wieder fiel eines ab; dann tanzte es von alleine weiter. Das Irrlicht verwandelte sich in eine LED-Discokugel. Die Gespenster schwoften. Magie der Musik; selbst in schlechter Musik steckt ausreichend Zauber. Einige Schlager waren wirklich waffenscheinpflichtig. Robin sang sich die Kehle aus dem Leib. Hier war einiges im Gange. Er eilte, stolperte voran; als ob im Inneren, der Mitte der Pyramide Erklärungen bereitliegen würden. War nicht das gesamte Leben so: Man hoffte immer auf eine Erklärung ...? Aber das ist nicht so wie in einer Rätselzeitschrift, wo man einfach ein paar Seiten später die Lösung finden konnte. Träfe man irgendwann auf den Rätselsteller? Er hastete weiter, der Gang verengte sich; es war nicht mal ein Labyrinth; es waren keine Entscheidungen zu treffen. Gab es für ihn auch immer nur den einen Weg?

"Das kann ich Dir nicht beantworten", sagte das Irrlicht zu ihm. Sieh an, es konnte sprechen.

"Eine Taschenlampe kommt mir gerade recht", meinte Robin; aber als er nach dem Irrlicht greifen wollte, entzog es sich ihm.

"Ich bin Dein Seelenlicht. Ich leuchte Dir in der Finsternis; wobei

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Tag der Veröffentlichung: 24.10.2022
ISBN: 978-3-7554-3130-5

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