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Schach

Schach spielen gegen den Computer,

man kann sich den Schwierigkeitsgrad aussuchen;

netter Gegner.

Er steckt die Niederlagen ein,

man kehrt siegreich heim aus jeder Schlacht.

Hat was Entspannendes

und ebnet dem Größenwahn wunderbar den Weg.

 

Könnte man im Leben nicht immer

den Schwierigkeitsgrad etwas senken?

Man käme wunderbar zurecht.

Hätte was von Niveau-Limbo.

Schieberegler für den heutigen Level.

 

Aber meist türmen sich die Schwierigkeiten

völlig unkoordiniert –

die kennen gar keine Rücksichtnahme.

Man ist morgens meist schon schachmatt.

Unentwegt auf Weltmeister-Niveau spielen –

und die Schach-Uhr nervt auch.

Ein Spiel gegen die Zeit,

der König könnte ruhig ein bisschen behänder sein,

steht da lässig rum,

derweil die Bauern auf Verwandlung hoffen,

Aufstieg ... Illusionisten.

 

Der Turm beneidet den Läufer

wegen seiner diagonalen Fähigkeiten.

"Was für eine geistige Wendigkeit!"

Der Springer hopst da rum, gibt fürchterlich an,

findet aber plötzlich keinen Platz mehr,

wo er landen könnte –

erinnert ein bisschen an Pegasus,

der ein wenig das Reale aus den Augen verliert

und über dem Spielgeschehen dahingleitet.

 

Die Bauern wollen gerne zusammen vorrücken,

dann fühlen sie sich stärker.

Einzelbauern sind sehr verunsichert.

Sie sind eben Teamplayer.

Es genügt, wenn einer den Touchdown macht;

der tanzt aber meist danach nicht –

er darf sich aussuchen, was er fortan sein will.

Ambitionen ...

Und wahnsinnige Angst, dass sie geopfert werden.

Verzichtbar, entbehrlich, vom Platz gestellt.

Das Spiel will es so.

 

Es hat etwas Bequemes,

wenn man sich das anpassen kann:

Programm zeigt nicht volle Leistung,

es nimmt sich zurück.

Im Schongang.

 

Ist das Schachern?

Dem Leben Erholsames aus den Rippen leiern.

Das Universum tut ja gerne so,

als sei es ein besonders schwieriges Schachproblem.

Es hat schon Milliarden aus dem Rennen geworfen.

Eine Sphinx, die Rätsel liebt –

und die es vor allem liebt,

dass man sie nicht durchschaut.

Sie ermattet nicht, setzt jeden schachmatt.

 

Den inneren König trainieren –

und die übrige Truppe,

dass sie es aufnehmen können

mit einem sehr gewieften Universum.

Ungeschlagen, unbesiegt, nie wirklich herausgefordert.

Schachbrett Welt ...

Aber vermutlich sind wir nicht die Spieler –

lediglich Schachfiguren.

Zumindest ist man mit von der Partie.

 

Die Sphinx könnte ja zumindest

einen Telefonjoker anbieten –

so rätselt man rum, kommt nicht wirklich weiter.

Wir werden in Schach gehalten

von Furcht und Ehrfurcht.

 

Nirgends einen Schieberegler entdeckt,

um den Schwierigkeitsgrad anzupassen.

Das Universum verlangt einem alles ab ...

Vermutlich geht es im Jenseits unvermindert weiter –

dasselbe in Grün.

 

Man steht im Schach –

und der König hat absolut keine Lust, wegzulaufen.

Vielleicht ist man ja ein umgewandelter Bauer –

hat mehr Möglichkeiten, weiß gar nicht,

was alles in einem steckt?

Man rettet die Partie, eilt dem König zu Hilfe ...

Wie gesagt, man ist

Illusionist.

 

ENDE

 

Impressum

Cover: https://pixabay.com/de/photos/schach-schachfiguren-schachbrett-1878003/
Tag der Veröffentlichung: 18.12.2019

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