Einige Beiträge aus dem monatlichen Anthologie-Wettbewerb bei BookRix.
https://www.bookrix.de/_group-de-anthologie-wettbewerb-1/
Die beteiligten Autoren:
Phil Humor
https://www.bookrix.de/-philhumor
Petra Peuleke
https://www.bookrix.de/-rce8cde1e38fe85
Bert Rieser
https://www.bookrix.de/-garlin
Mike Vulthar
https://www.bookrix.de/-yf47849f3a98795
Michaela
https://www.bookrix.de/-ep21c26d98ba7b5
Elke Immanuel
https://www.bookrix.de/-af3d1dcd46ea065
Marcel Porta
https://www.bookrix.de/-oberon2013/
Die Texte:
Verliebt in einen Weihnachtsbaum * Taxidrohne * Midlife * Aus Liebe * Sternzeichen: Tod * Dunkle Ketten * Die Brücke * Die Bewerbung * Begegnung an der Bar * Unter der Oberfläche * Hass * Mein Gefängnis, die Sehnsucht * Ort des Vergessens * Konferenz der Werbe-Tiere und Maskottchen * Gesines Urlaub * Das Ungeheuer * Der Schiffbrüchige * Neuanfang * Das Weihnachtswunder * Das Haus der Liebe * Die Quote * Influencer und Follower
Phil Humor
https://www.bookrix.de/-philhumor
Ich habe mich in einen Weihnachtsbaum verliebt. Seit drei Tagen stehe ich vor einer Drogerie im Einkaufszentrum und verteile Warenproben - verkleidet als Weihnachtsmann. An meiner Seite: der bezauberndste Tannenbaum. Man könnte glauben, diesen Weihnachtsbaum hat der Himmel geschickt, aber es war meine PR-Agentur. Verstärkung für den Weihnachtsmann. Als Duo erregen wir mehr Aufmerksamkeit. Tanja steckt in dem Kostüm.
"Die Zweige piksen." Sie sieht unzufrieden aus. Die Christbaumkugeln fallen immer herab und das Lametta hängt ihr schon im Haar. Ein Hund bleibt neugierig vor ihr stehen und macht Anstalten, sein Bein zu heben. Er scheint noch etwas unschlüssig.
"Ist das nun ein Kompliment, dass er mich für echt hält?"
Ich kann ihr leider nicht die volle Aufmerksamkeit schenken, denn mich umlagern Kinder, die etwas von PlayStations, iPads und iPhones erzählen.
"Da müsst Ihr Euch an den Elektronik-Weihnachtsmann wenden; wir haben unsere Kompetenzen aufgeteilt, die Wichtel, die für mich arbeiten, stellen ausschließlich Kosmetikartikel und so 'n Zeugs her."
Ich lasse sie Shampoo, Rasierwasser und Zahncreme ausprobieren. Sie essen das wie Eis. Sind aber auch leckere Zutaten.
"Ich habe Schaum vorm Mund", meint ein Junge.
"Tu so, als seist Du ein Werwolf, kommt bei den Mädels gut an."
Plötzlich wollen alle Schaum vorm Mund haben. Na bitte, läuft doch. Ich werde die Warenproben rasant los, so dass ich etwas Zeit habe für Tanja, den lächelnden Weihnachtsbaum.
"Nicht so ein gequältes Lächeln. Du verscheuchst uns ja die ganzen Kunden."
"Ich will zurück in den Wald."
Sie scheint Rolle und Realität zu verwechseln. Kein Wunder, denn der Akkordeon-Spieler neben uns singt zum 400. Mal 'O Tannenbaum'.
"'O Tannenbaum, o Tannenbaum, Dein Kleid will mich was lehren!' - Dieses Kleid will mich in der Tat darüber belehren, dass Menschen nicht das Zeug dazu haben einen stattlichen Baum abzugeben."
"Ist aber schon praktisch, im Geäst Marzipan und Nikolausfiguren zu haben. Du siehst zum Anknabbern aus. Vom Baum der Erkenntnis essen - es hätte ein Weihnachtsbaum sein sollen, da wäre uns viel Ärger erspart geblieben."
Ich stecke ihr den Strohstern wieder ins Haar. "Du siehst entzückend aus, ich hatte noch nie so viel Spaß daran, den Weihnachtsbaum zu schmücken. Ich sollte das Studienfach wechseln: Dendrologie - Bäume erforschen. Ich könnte mit Dir anfangen."
Der Akkordeon-Spieler singt jetzt 'Am Weihnachtsbaum die Lichter brennen' - ich schalte Tanjas Beleuchtung ein. "You light up my life."
Einige Kinder machen es mir nach und stibitzen Süßigkeiten von diesem wunderbaren Tannenbaum.
"Ich werde gerupft." Aber es ist Nachschub da. Ich behänge sie erneut.
"Eigentlich ganz schön, ein Christbaum zu sein - man wird geschmückt, man ist ein Sinnbild der Treue."
Unheimlich wird es, als der Akkordeon-Spieler singt:
"Zwei Engel sind hereingetreten,
kein Auge hat sie kommen sehn,
sie gehn zum Weihnachtstisch und beten
und wenden wieder sich und gehn."
In der Tat erscheinen zwei Engel und sprechen uns an. "Können wir auch Warenproben haben?"
"Ätherische Öle?", frage ich.
"Wir dürfen eigentlich gar nicht in Erscheinung treten, aber wenn Menschen zu Bäumen werden ... die Drogerie ist aufgetan ... das Himmelstor ist aufgetan ... das kann man doch nutzen für einen Einkaufsbummel."
Sie sehen sehr schuldbewusst aus.
"Ausgerückt?"
"Eigentlich ist das ja die Zeit, wo wir schenken sollen, aber wir würden auch gerne mal beschenkt werden."
"Kein Problem. Dies Parfum ist exzellent. Blumig-fruchtig wie der junge Morgen."
"Ich hätt's lieber orientalisch-würzig."
Tanja zieht mich beiseite. "Du, ich glaube, die sind echt. Ist Dir aufgefallen, dass sie ein wenig über dem Boden schweben - und sie spiegeln sich nicht im Schaufenster."
"Du nadelst."
"Was beunruhigt Dich mehr: dass mein bescheuertes Kostüm nicht hält, was es verspricht, oder dass zwei waschechte Engel hier Warenproben abstauben wollen?"
"Ich bin der Weihnachtsmann. Ich habe die Lizenz zum Verschenken."
Sie schüttelt mich.
"Der Akkordeon-Spieler mit seinen Weihnachtsliedern hat uns in den Weihnachtswahn getrieben. Das musste ja so enden. Kein Wunder, dass ich nicht mehr alle Nadeln an der Tanne habe!"
Wir bitten die beiden Engel, den Akkordeon-Spieler mitzunehmen. "Seine Musik ist himmlisch." Wir verschweigen, dass wir ihn am liebsten zum Mond schießen würden - Wolke sieben scheint eine gute Alternative.
Mit Armen voller Warenproben und dem Akkordeon-Spieler im Schlepptau düsen sie ab - im wahrsten Sinne: Sie schießen steil gen Himmel, die Tatsache völlig ausblendend, dass da mehrere Stockwerke über ihnen sind.
"Ab durch die die Decke. Die müssen eine Beam-Vorrichtung haben", überlege ich laut.
"Die technische Seite interessiert mich nicht so sehr wie die Außergewöhnlichkeit dieses Ereignisses. Das war spektakulär. Es gibt Engel!"
Sie schüttelt mich schon wieder.
"Jetzt wissen wir ja auch, was man als Köder benutzen kann: Warenproben", resümiere ich.
Sogleich beginnt sie, Warenproben auf dem Boden zu verteilen. Dem Inhaber der Drogerie kommt das seltsam vor. Sie erläutert ihm, dass man so am besten Engel anlocken kann. Er blickt fragend zu mir; kann ich ihm bestätigen, dass sie eine Meise hat?
Ich singe die Zeilen aus dem Lied:
"Sind sie gegangen, wie gekommen,
doch Gottes Segen blieb zurück!"
Ich spüre in der Tat so etwas wie göttliche Präsenz, kann aber auch daran liegen, dass ich seit drei Tagen im Weihnachtsmann-Kostüm stecke, von einem Date mit einem Weihnachtsbaum träume und mich Weihnachtslieder wie ein Rudel Ohrwürmer verfolgen. Das muss Konditionierung sein - ich finde Weihnachtsbäume plötzlich unglaublich sexy. "Das ist Deine Schuld", sage ich zu der am Boden hockenden Tanja.
"Puff! Die haben sich einfach in Luft aufgelöst. Das heißt, es war mehr ein so allmähliches Verschwinden, ein Ausblenden aus dieser Realität, ein Hinübergleiten in das nächste Reich. Übergeordnet, darüber liegend." Sie deutet auf das darüberliegende Stockwerk.
"Muss ich mir jetzt Sorgen machen?", will der Drogist wissen. Da bin ich überfragt. Sorgen sind ja immer gut, sie bereiten einen auf die Eskapaden des Lebens vor.
"Weihnachtswunder finden wohl öfter statt, als man gemeinhin vermutet", sage ich aufs Geratewohl. Ich hätte mir ein Autogramm geben lassen sollen.
"Ein Weihnachtsengel bleibt mir ja noch", sage ich zu Tanja. "Die drei Tage mit Dir haben mich verzaubert, haben es wahrscheinlich möglich gemacht, dass die Trennung zwischen den Sphären aufgehoben wurde. Liebe und Verliebtheit gewähren uns Zugang in ansonsten abgeschottete Bereiche. Mit einem himmlischen Wesen an der Seite ist das Himmelreich in Griffnähe."
Im Grunde war ihre Aktion sehr erfolgreich: Die Passanten strömen zu uns, man will wissen, was da los ist, die Drogerie füllt sich - so ist auch das Wunder letzten Endes nur Kommerz.
"Fühle mich wie ein gefällter Baum." Ich helfe ihr hoch. "Und ja - Du hast Dein Date: Ich hoffe, es ist nicht nur das Kostüm, was einen solchen Eindruck bei Dir hinterlassen hat … Wobei sich Dein Weihnachtsmann-Kostüm auch wunderbar im Bett machen würde - kuscheln mit dem Weihnachtsmann. Trag ich in meiner Termin-App ein."
Ich singe:
"O Tannenbaum, o Tannenbaum,
Du kannst mir sehr gefallen!
Wie oft hat nicht zur Weihnachtszeit
ein Baum von Dir mich hoch erfreut!"
ENDE
Phil Humor
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So, die ersten Taxidrohnen sind zugelassen, die Eroberung der dritten Dimension, auf nach oben, dem Verkehrschaos entkommen; mal sehen, welches Chaos der Luftraum für einen so bereithält. Ich bin leider ein Pionier, einer, der es genau wissen will – und so wird erst mal ausgiebig getestet. Angeblich fliegen die Taxidrohnen völlig losgelöst – nicht nötig, dass man ihnen kontinuierlich Anweisungen gibt – entspannt zurücklehnen und die Fahrt über dem Häusermeer genießen. Wobei es schon witzig wäre, wenn man sich jederzeit wie ein Adler herabstürzen könnte – in die Häuserschluchten, dazwischen durch … wie Spiderman – ich merke, wie ich an dem Joystick spiele. Ist eigentlich nur für Notfälle gedacht, doch ich bin ein Macher, mir liegt es nicht, mit gekreuzten Armen mich chauffieren zu lassen von der Technik. Technik soll Spaß machen. Jedes Ding hat drei Seiten, eine positive, eine negative und eine komische. Ich bin hier nicht als Redakteur, der das System bewerten will – aber wie ist es, wenn ich mich bereitmache für die komische Seite – öffne ich damit die Büchse der Pandora? Als geborener Autodidakt reizt es mich übermächtig, die Kontrolle an mich zu reißen – das ist mein Batmobil, ich bin im Inneren eines Adlers ... Im Handbuch steht, die Drohne lasse sich intuitiv steuern, was für mich gleichbedeutend ist mit: Trial and Error. Da es ein Zweisitzer ist, könnte ich bei meiner Freundin Alina vorbeifliegen. Sie behauptet ja immer, sie vertraue mir. Mal sehen, ob das auch als dilettierender Pilot gilt. Ich lande mit Ach und Krach vor ihrem Haus. Ich lade sie ein, sie zögert verdächtig lange, erkundigt sich erst nach meinen Flug-Erfahrungen.
"Es geht um Intuition, das ist eine ganz neue Generation von Fluggeräten; der Joystick bringt Dich überall hin; voll easy." Sie will mich nicht enttäuschen und springt zu mir hinein. Ganz im Stil von Doctor Who frage ich angeberisch: "Na, wo soll's denn hingehen? Zukunft, Vergangenheit ...?" Vielleicht hat man zu viel Serien-Helden, denen man nacheifern will; man traut sich Sachen zu. Alina meint: "Ich will zum Bäcker." Wie profan. Der ist zwei Häuserblocks weiter. Wir schießen steil nach oben – weil ich im Angeber-Modus bin. "Wie kommt es, dass Du die Drohne steuern kannst? Ist doch nur für den Notfall gedacht." "Das war ein Notfall: akuter Anfall von Pionierlust." "Damit rechtfertigst Du alles. Wobei ich das auf sexuellem Gebiet ja ganz reizvoll finde. – Lass mich auch mal."
Wir tauschen die Plätze – und sie macht mit der Drohne mehrere Loopings. Ist das beabsichtigt? Sollte ich eingreifen? Aber dann heißt es wieder, dass ich ein Macho sei. "Das Trudeln hast Du schon gut drauf", lobe ich sie. Immer positiv. Sie nicht unnötig beunruhigen. Wobei der Boden schon in beachtlichem Tempo näherkommt. "Automodus an! Automodus an!", schreit sie, als ob die Drohne auf Sprachbefehl reagieren würde. Sie scheint technisch doch nicht so versiert. Ich sage ihr: "Jedes Ding hat drei Seiten, eine positive, eine negative und eine komische." "Und was soll ich mit dieser Information anfangen?" Ich hau auf den Automatik-Button. "Die Komik kommt bei uns immer kürzer; wir sollten alberner sein; Du bist so beschäftigt mit Zukunftsplänen, Du wägst ab, dabei ist das Leben wie diese Drohne: Es liegt alles in Deiner Hand. Wir können fliegen, wohin wir wollen; na ja, im Radius von 300 Kilometern."
Sie macht Anstalten, auszusteigen. Die 200 Meter unter ihr scheinen sie nicht zu beunruhigen. Ich komme mir immer weniger wie Doctor Who vor. Was kann ich ihr bieten? Eine neue Sicht? Was, wenn ihre Sichtweise die richtige ist: Analytisch, das Positive und das Negative fein säuberlich trennen, diagnostizieren, wie es um die Realität steht, ihre Beschaffenheit? Vielleicht ist kein Platz für die Komik – und sie ist nicht mal als Notfall-Programm vorgesehen? Kann der User immer weniger in die Abläufe eingreifen? Wird er absichtlich vom System ferngehalten, dass er keinen Zugriff darauf erhält? Ich gebe ins Display Landestation Bäcker ein, wir werden chauffiert, als ob eine Droschke uns ganz romantisch und stilvoll dahin brächte. Keine Eskapaden – es ist so verlockend, sich der Technik zu überlassen, sie machen zu lassen. Im Widerstreit mit den Automatismen – was, wenn ich es gar nicht so perfekt haben möchte, wenn die Komik dabei auf der Strecke bleibt? Sie hat das Nachsehen – als ob ich sie an einer Autobahnraststätte vergessen oder hinausgeworfen hätte; fahre weiter ohne sie. Rational, ökonomisch, zielgenau – nichts Außerfahrplanmäßiges. Die Komik liebt das Chaotische, dort findet sie ihre Stichworte.
"Du siehst betrübt aus", meint meine Freundin. Sie hat ein schlechtes Gewissen, weil ihr die beiden anderen Seiten mehr liegen: Sie ist Buchhalterin. Das Positive und das Negative im Blick zu behalten.
"Die Taxidrohnen sind der Hit. Man sollte sich damit begnügen, kutschiert zu werden; kürzester Weg von A nach B. Die Rationalität wird triumphieren, sie ist auf dem Vormarsch, die Truppen des Chaos ziehen sich zurück. Aber ich bin nun mal ein Chaot; ich experimentiere gern und erzeuge in 9 von 10 Fällen ein Desaster. Das bin ich so gewohnt."
"Willst Du mit mir jetzt ernsthaft darüber diskutieren, ob Dein Chaos mit meiner Rationalität kompatibel ist?" Sie haut mir mit dem Meterbrot aus der Bäckerei auf den Kopf. Ich kann sie noch mal überreden, mit in die Taxidrohne zu kommen. "Ich muss lebensmüde sein."
Ich habe von ihr die Erlaubnis, den Spiderman-Modus zu aktivieren: Ab durch die Häuserschluchten in affenartigem Tempo. "Näher am Geschehen dran; die Panik der Passanten; ist das nicht schön?"
Ich weiß nicht, ob es ein zustimmendes Grinsen ist oder ob die Panik dahintersteckt. "Kennst Du den Film 'Quax, der Bruchpilot'? Oder das Buch 'Die Möwe Jonathan'? Perfektion des Fliegens."
"Aber Du bist keine Möwe! Wenn der liebe Gott gewollt hätte, dass wir uns durch Häuserschluchten hangeln, dann hätte er irgendeine Turbo-Einrichtung vorgesehen."
"Der Mensch ist doch nicht beschränkt auf 2 Dimensionen; er liebt Meta-Ebenen – man muss sich erkühnen und darüberstehen – und sei es mit Hilfe einer Taxidrohne."
"Mir ist schlecht." Sie übergibt sich. Der Innenraum sieht besudelt aus und riecht eigenartig. "Kann sein, dass wir einen Aufpreis bezahlen müssen." "Ich werde mir jetzt zweimal überlegen, ob ich zu jemandem sage: Ich flieg auf Dich." "Na, siehst Du, da hast Du Deinen Humor doch wieder."
Als ich anfange, 'Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein' zu singen und zielstrebig in die Kumulus-Wolken hineinfliege, drückt sie in Panik den Automatik-Button. "Ich will die Automatik. Ich liebe die Automatik. Ich bin der Automatik-Typ!", schreit sie, als ob es hierbei um eine öffentliche Beichte ginge. Allerdings scheint die Taxidrohne uns das Hin und Her ein wenig übelzunehmen, denn sie ruckelt.
"Wieso ruckelt die?! Aussetzer?" "Es ist unausgereifte Technik", beruhige ich sie, "da gibt es schon mal hin und wieder das eine oder andere Malheur." Sie fällt wie ein Stein herab. Tolle Beschleunigungskräfte. Faszinierend. Meine Freundin und ich retten uns mit zwei Fallschirmen.
Seitdem besteht sie darauf, beim Autofahren am Steuer zu sitzen und auch bei sonstigen Gelegenheiten ist sie bestrebt, die Kontrolle zu behalten. Irgendwie eine Überreaktion.
ENDE
Petra Peuleke
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Der Raum war freundlich eingerichtet. Ein bunter Sommerblumenstrauß stand auf dem ovalen Holztisch und die Stühle waren sehr bequem. Dennoch verspürte ich nicht den Drang, mich zu setzen.
Tobias hatte sich eine Zeitschrift genommen und blätterte unentschlossen darin herum: „Setz dich doch“, bat er: „Du machst mich nervös.“
„Ich mache dich nervös? Seit wann kann ich dich noch nervös machen! Ist doch lange her, oder nicht? Deine ganzen Frauen, Eskapaden! Alles habe ich erduldet und ertragen! Nun mache ich dich nervös?“
„Mensch Karen! Das haben wir doch wohl längst hinter uns, oder? Ich bin dir treu ergeben, mindestens seit einem halben Jahr. Du wolltest diese Paartherapie. Wir sitzen ausschließlich deinetwegen hier, also setz dich.“
Tobias hatte recht. Ich wollte diesen Termin unbedingt. Ich hatte die Hoffnung, unsere Ehe noch zu retten. Trotz seiner ständigen Ausflüchte in andere Betten liebte ich ihn – und er mich auch – zumindest sagte er das immer wieder. „Nach 15 Jahren ist eine Ehe doch ziemlich eingefahren. Man braucht Anreiz, Input, damit es spannend bleibt.“
Natürlich war ich nicht seiner Ansicht! Wer teilt schon gerne seinen Ehemann? Ich war ihm treu von der ersten bis zur letzten Stunde, aber Tobias dachte nicht daran.
Wir warteten geduldig, bis wir endlich an der Reihe waren.
Frau Sommer, eine Dame mittleren Alters mit himmelsblauen Augen gab uns beiden freundlich die Hand. Ihr Blick ruhte meiner Meinung nach einen Moment zu lange auf Tobias, der auch mit seinen 53 Jahren noch bestens aussah.
Mit strahlendem Lächeln streckte er ihr seine Hand entgegen und dann stellte er uns beide vor: „Karen und Tobias Kaufmann.“
Frau Sommer bat uns in ihr Besprechungszimmer und bot uns beiden einen Kaffee an, den wir dankend annahmen. Sie war eine Meisterin des Smalltalks und kam erst nach einer Weile auf unser Problem zu sprechen.
„Karen, darf ich Sie so nennen? Vielleicht schildern Sie mir doch einmal, was Sie zu diesem Schritt bewogen hat.“
„Seine ständige Untreue! Jeder Mensch möchte irgendjemanden oder irgendetwas sein Eigen nennen!“
„Seit wann betrügt Ihr Mann Sie denn, Karen?“
„Vor zwei Jahren fing es an. Dabei habe ich alles getan, um ihm zu gefallen. Aber Tobias ist ein Bastard, ein Gigolo! Es hat keinen Sinn mehr, ich will die Scheidung. Soll er glücklich werden mit den ganzen Models!“
„Aber Karen!“ Frau Sommer legte beruhigend ihre Hand auf meinen Arm: „Wir sind doch hier um Missverständnisse aufzuklären. Tobias, vielleicht ist es an der Zeit, dass Sie uns Ihr Verhalten näherbringen.“
„Ich? Na gut. Allerdings habe ich das schon 100x versucht. Karen will mich nicht verstehen. Wenn ich nach Hause komme, dann habe ich Feierabend und habe keine Lust mehr, mir diese Visage anzusehen.“
„Sehen Sie!“ Wieder liefen mir die Tränen aus den Augen: „Ich wusste ja, dass er mich nicht mehr liebt, aber dass das so schlimm ist, habe ich im Entferntesten nicht geahnt.“
„Tobias“, mahnte Frau Sommer milde:
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Texte: Phil Humor, Petra Peuleke, Bert Rieser, Mike Vulthar, Michaela, Elke Immanuel, Marcel Porta
Tag der Veröffentlichung: 06.01.2019
ISBN: 978-3-7487-2238-0
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