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Der englische König Heinrich der Achte empfängt Anna Boleyn in seinem Thronsaal. Es ist das Jahr 1522 und Anna ist gerade aus Frankreich zurückgekehrt. Sie war dort einige Jahre am französischen Hofe bei Franz dem Ersten. Im Laufe der Audienz kommen weitere Personen in den Thronsaal und beteiligen sich an den Gesprächen: Heinrichs Ehefrau Katharina, ihre 6-jährige Tochter Mary Tudor, Annas Schwester Mary Boleyn, ihr Bruder George Boleyn, der Kardinal und Kanzler Thomas Wolsey, der angehende Hofpoet Thomas Wyatt, Heinrichs Mätresse Elizabeth Blount, ihr 3-jähriger Sohn Henry Fitzroy (Heinrichs Sohn), Heinrichs Schwester Mary Brandon. Drei Jahre später – 1525 – nicht nur Henry Percy kommt Heinrichs Plänen mit Anna in die Quere.

 

1. Kapitel – 1522

 

Heinrich der Achte sitzt auf seinem Thron. Anna Boleyn steht neben ihm. Anna: „Mein guter König. Du wolltest mich sehen?“

Heinrich: „Es ist lange her, dass ich Dich gesehen habe. Du bist Du selbst, kein Zweifel. Aber interessanter als früher.“

„Das liegt gewiss an meinem Kleid. Ich habe es aus Frankreich mitgebracht. Ein Geschenk der Prinzessin.“

Anna dreht sich im Kreis. „Es schwingt elegant. Ideal für Tänze bei Hofe.“

Heinrich: „Deine Schwester Mary ist eine gute Tänzerin. Wirst Du sie übertreffen?“

„Es kommt auf den Tanzpartner an. Manche verleiden einem das Tanzen, man hat gar keine Lust sich zu bewegen. Bei anderen hingegen da schießt das feurige Tanzblut durch meine Beine und Arme und ich muss tanzen. Denn das ist die einzige Form der Bewegung, die in Gesellschaft in solchen Momenten statthaft ist. So folgt die Energie der erlaubten Bahn, wie ein Fluss, der brav seinem Flussbett folgt.“

Heinrich steht auf und geht einige Schritte auf und ab. Heinrich: „Jetzt brauche ich Bewegung. Man hat mich vor Dir gewarnt. Spitzzüngig seiest Du, und zu intelligent für eine Frau. Ich fürchte, es ist schlimmer, als mir berichtet wurde. Aus Deinen Augen blitzt mir ein hellwacher Verstand entgegen. Und nicht nur das.

Du schlägst die Augen gar nicht nieder,

siehst mich lange an,

in Deinen Augen spiegele ich mich wieder.

Was fang ich nur mit Dir an?“

„Verzeih, oh mein hoher König. Ich werde sogleich darauf achten, und regelmäßig nach jedem dritten Atemzug sorgsam meine Augen vor Dir bescheiden senken. Sie sind auch so unmodisch dunkel, beinahe schwarz. Es tut mir leid, dass Du schon zu lange in meine Augen blicken musstest.“

„Deine Augen haben Tiefe. Das bin ich gar nicht gewohnt hier an meinem Hofe. Die Menschen um mich herum sind flach, oder sie geben vor flach zu sein. Besser, man sagt das Vertraute, Althergebrachte, Konventionelle, statt sich mit neuen, eigenen, tiefen Gedanken zum Narren zu machen.“

Anna: „Es ist wohl eher die Furcht vor dem König, mein König, warum die Menschen sich lieber aufhalten in den seichten, flachen, sicheren Gewässern, als sich hinauszuwagen in das offene Meer. Denn der König ist für sie wie ein unberechenbares Unwetter, was jederzeit, unvorhersehbar über sie hereinbrechen kann; Regenfluten könnten sich vom Himmel stürzen, Donnerkeile niedersausen, denn der König hat die Macht von Zeus hier an seinem Königshof und in seinem Königreich. Das ist eine schwere Last, die der König ständig mit sich zu tragen hat. Eine Bürde. Auferlegt von dem Allerhöchsten. Aber Er hätte sie ihm nicht gegeben, wenn Er sich nicht ganz sicher gewesen wäre, dass der König diese Bürde bewältigen kann.“

Heinrich setzt sich wieder auf seinen Thron. Heinrich: „Die Last, die Verantwortung. Ich will nicht an sie denken. Jeder Tag besteht darin, sie beiseite zu drängen, meine Gedanken fern zu halten von dem Wesentlichen meines Königtums: dem Regieren.“

Heinrich beugt sich nach vorne zu Anna. Er spricht jetzt leiser: „Ich bin kein König. Ich bin Jäger, Turnierwettkämpfer mit beachtlichen Erfolgen, wohl auch wegen meiner immensen Körpergröße; ich bin Aufschneider, Despot, Tänzer – alles das, aber einen König siehst Du nicht vor Dir.“

Anna beugt sich ihm etwas entgegen und sagt: „Haben die Wände Ohren? Wir sind allein in diesem großen, herrlichen Thronsaal. Er ist passend zu Deiner hohen Statur. Groß bist Du und mächtig. Doch vor der Macht fliehst Du. In Jagdspiele, Turnierschaukämpfe; Hofbälle mit flachen Menschen, oder die sich bemühen flach zu erscheinen. Geh auf die Macht zu. Der Höchste hat Dich auserwählt, eingeplant, vorgesehen für diesen Platz. Nimm seine Einladung an. Willst Du so unhöflich sein und Gottes Willen ignorieren? Sei der König voll und ganz. Nimm die Macht, es ist eine Bürde. Doch wie ein Wanderer hinaufzieht in das Gebirge: Er trägt Proviant mit sich und Seile; Dinge, die ihm nützlich sein können, wenn er in die Höhen hinaufsteigt. Der Wanderer trägt seine Bürde und schmeißt sie nicht fort, weil er weiß, dass die Bürde zu ihm gehört auf diesem Weg. Und Du könntest in Höhen aufsteigen, die vor Dir noch nie ein Mensch betreten hat. So ein weiter Weg, so ein hoher Aufstieg – dafür hat Gott Dir in seiner Voraussicht eine schwere, große Bürde gegeben. Wirf sie nicht fort. Überlasse nicht anderen Deinen Proviant und Deine Ausrüstung. Sollen andere für Dich in diese höchsten Höhen gehen dürfen? Kanzler, Kardinäle ...“

Heinrich unterbricht sie: „Komiker, Chaoten, Klabautermänner. Die sind allesamt unfähig. Ich schaue ihrem Treiben mit immer größerem Unbehagen zu. Aber ich gestehe: Trotz all ihrer Unfähigkeit sind sie fähiger als ich. Ich mag auserwählt sein zum König, aber ich beherrsche nur den einen Part vom Königsein: das Repräsentieren, das Manövrieren, das Imponieren, Verzögerungstaktiken; auch in Diplomatie bin ich gut, aber das Reale, das liegt mir fern. Die Welt der Zahlen, der Finanzen; der Staatshaushalt, Steuergelder. Weiß ich woher die Gelder kommen? Ich gebe sie aus. Das war mein Beruf. Imposant Geld ausgeben. Andere Potentanten beeindrucken. Keine Schwäche, keine Blöße zeigen. Englands Stärke symbolisieren. Ich selber bin ganz zu einem Symbol verkommen. Ich sage bewusst: verkommen. Denn ich bin keine Flagge und kein Wappentier, ich bin ein Mensch, und habe mich selbst reduziert oder habe mich reduzieren lassen zu einem flachen Symbol. Ein Mensch hat Tiefe, das macht den Menschen aus. Die Tiefe in sich nicht zu leugnen und zu wissen, dass die Tiefe endlos ist. Meinst Du sie ist endlos? Was sagen sie in Frankreich zu diesem Thema?“

Anna geht einige Schritte auf und ab. Anna: „Wieso habt Ihr mich zurückkommandiert aus Frankreich? Meint Ihr im Ernst, ich würde James Butler heiraten? Nur weil mein Vater oder mein König es so will? So viele Heerscharen besitzt Du gar nicht, die meinen Willen besiegen könnten. Lege Dich nicht mit meinem Willen an. Es wäre einfacher für Dich Frankreich im Handstreich zu erobern.“

Heinrich lacht. „Endlich Widerstand. Du glaubst ja nicht, wie ich das bei Hofe vermisst habe. Um mich herum sind sie devot, servil, katzbucklerisch – man kommt sich vor, als sei man der einzige Mensch auf der Welt. Nur gebückte Kreaturen um einen herum. – Nein, es gibt noch einen weiteren Grund dafür, dass Dein Vater und ich Dich zurückkommandiert haben aus Frankreich. Es wird Krieg geben mit Frankreich. Eventuell. Ich überlege noch. Aber es ist besser, wenn Du aus dem Schussfeld raus bist. Hier bist Du sicher am englischen Hofe. Nicht sicher vor den englischen Männern und auch nicht vor dem englischen König, aber welche schöne Frau ist das schon.“

Anna: „Ich habe draußen eine Kammerzofe getroffen, die beklagte sich bitterlich, dass sie noch nicht Deine nächtliche Bekanntschaft machen durfte. Sie scheint die Einzige zu sein, die Du übersehen hast. Wie konntest Du nur. Das war sehr unhöflich.“

Heinrich klingelt mit einer Handglocke. Der Diener Edward betritt den Thronsaal. Heinrich: „Edward, eine Kammerzofe möge sich zu uns gesellen. Wie heißt sie?“

Anna: „Johanna. Sie ist brünett und ...“

Heinrich unterbricht sie. „Kenne ich. Also Johanna soll sich sofort hier melden. Ich habe etwas gutzumachen.“

Der Diener verneigt sich und geht wieder hinaus. Anna: „Ich hoffe nicht, dass Du es gleich hier und jetzt wiedergutzumachen gedenkst. Am französischen Hofe bin ich derlei gewohnt, aber hier in England hatte ich mich auf strengere Sitten gefreut.“

„Nein, ich werde mit Johanna nur einen Termin vereinbaren. – Anna, Du möchtest also nicht heiraten? James Butler ist Dein Cousin. Ein stattlicher Bursche, aus Irland, vermögend.“

„Nach Irland gehe ich nimmer. Ich brauche das Hofleben. Durch meine Erziehung bin ich abhängig geworden vom Hofe. Ich bin ein waschechter Höfling geworden durch und durch. Ich kann singen, musizieren, schauspielern, tanzen, alles Dinge die Firlefanz sind im unhöfischen Leben. Doch hier bei Hofe sind das unschätzbar wertvolle Güter, die ich besitze. Nur hier kann ich sie eintauschen gegen Aufmerksamkeit, königliches Wohlwollen, gesellschaftlichen Aufstieg. Ich denke doch, dass Du mir oft Gelegenheit geben wirst, meine Talente zu zeigen?“

„Du zeigst mir schon sehr viel. Viel mehr als gut für mich ist. Du bist so jung. Und Du bist schöner als Deine Schwester Mary. Aber nur wenn Du redest oder Dich bewegst. Wie machst Du das? Ich glaube, man nennt es Anmut. Die Schönheit kommt bei Dir aus Dir selbst. Du produzierst sie selber.“

Anna: „Du bist schön auch ohne Bewegung. Du kannst unbewegt auf Deinem Thron sitzen, schweigend – und ob Du dabei zornig, missbilligend, sanftmütig blickst – einerlei, die Schönheit haftet an Dir, sie ist Gottes Geschenk an Dich. Dass Du schlank bist und stark, das verdankst Du Dir selbst und Deinen Turnierwettkämpfen, den Jagdausflügen ...“

Heinrich unterbricht sie: „Und der Liebe. Ich trainiere – allerdings immer seltener mit meiner Frau Katharina. Als ihre Hofdame hast Du besseren Kontakt zu ihr, als ich es je wünschen würde. Aus den Augen, aus dem Sinn – das gilt leider nicht für meine Frau. Sie trägt härene Kleider. Raue, unbequeme, kratzende Kleider aus Demut vor dem Herrn. Wer so etwas trägt, der muss verdrießlich und sauertöpfisch dreinblicken. Wie soll da Lebensfreude aufkommen? Du bist so anders als sie. Du scheinst gerne auf Erden zu sein.“

Anna: „Ist Lebensfreude nicht auch ein Kompliment an den Herren? Zustimmung zu seinem Werk. Wenn ich mit den Sinnen genieße, dann genieße ich den Moment. Den einen Moment, der im nächsten schon wieder Vergangenheit ist. Doch ich habe ihn festgehalten in meinem Bewusstsein, ihn bewusst durch meine Sinne hereingelassen in mein Ich und mich an diesem einen Moment erfreut. Durch die Sinnenfreude bin ich an die Gegenwart geknüpft. Schweife nicht ab in die Vergangenheit oder Zukunft. Ich bin. In dem einen Moment bin ich nur dort: in der Gegenwart.“

Heinrich: „Jeden Tag lässt meine Frau mich spüren, dass ihr meine Gegenwart lästig ist. Sie gibt vor, ich vernachlässige sie, und beklagt sich darüber bei ihren Hofdamen und den Höflingen, auf dass ich es von allen Seiten zu hören bekomme, wie brav, keusch und vereinsamt meine Frau Katharina sei. Und ich, ihr verkommener Gemahl sie schändlichst vernachlässige und sie nicht gelten lasse als Königin. Sie versteht es, geschickt die Meinung zu wenden in die Richtung, die ihr genehm ist. Beliebt ist sie beim Volk. Will ich beliebt sein? Katharina muss nicht herrschen, sie kann Demut, Hilfsbereitschaft, Geduld zur Schau stellen so lange wie es ihr beliebt. Das ist ihre einzige Beschäftigung. Solche Tugenden, die gelten was beim Volke. So wären sie auch gerne. Damit könnten sie Punkte sammeln vor dem Herrn, und das große Himmelstor würde für sie weit aufschwingen zu ihrer Stunde. Narren. Der Weg in das Himmelreich ist eng. Mit den Standard-Tugenden gelangt man dort nicht hin. Tugend will erworben sein, erkämpft, herbeigedacht. Alles andere ist Heuchelei. Äffisches Imitieren von Heiligen. Sie müssen die Heiligen verstehen.“

Anna: „Aber ohne Bildung, wie soll das Volk das schaffen? Man imitiert den Erfolgreichen. Ahmt die Reichen nach mit ihrer Mode, ihren Gesten, der Sprechweise. So ahmen sie auch die Heiligen nach, halten sich an das äußerlich Erkennbare. Begreifen als Tugend: die Entbehrung, den Verzicht, Kasteiung, Selbstentsagung, Selbstverleugnung. Wer imitiert, ohne wirklich zu verstehen, der richtet den größten Schaden an, bei sich selbst und in der Welt.“

Heinrich: „Das ist ein Männergespräch. Frauen sind nicht zum Philosophieren auf dieser Welt.“

Anna: „Ich könnte meinen Mund halten und einfach kokett lächeln. Wäre Dir das angenehmer?“

Heinrich geht zum Waffenschrank und holt sich einen Degen heraus. Er macht damit einige Fechtbewegungen. Dann nimmt er eine Lanze und schleudert sie an das Saalende. „Wenn Ihr Frauen anfangt, Männergespräche zu führen, dann kommt bald der Tag, an dem wollen die englischen Frauen Männerkämpfe austragen. Was bleibt uns Männern dann noch? Womit sollen wir uns betätigen? Was der Welt geben, ihr schenken? Wir haben nur Geist und Kraft. Wir können der Welt keine Kinder geben. Vielleicht deshalb verteidigen wir so eifersüchtig unser eigenes Terrain, aus dem wir die Frauen ausgegrenzt haben. Jeder Grenzübertritt wird argwöhnisch registriert und überwacht. Störe nicht unsere Kreise. Immer höhere Schutzmauern haben wir errichtet um unser Terrain. Kannst Du die Schilder nicht lesen: Frauen verboten! Frauen haben keinen Zutritt!“

Anna: „Dann werde ich einfach Dir bewundernd zuhören, und Dich mit offenem Mund staunend betrachten, Du prächtiger Mann. Mit offenem Mund sehe ich auch törichter aus, das entspricht Deinem Frauenideal.“

Anna öffnet ihren Mund und himmelt Heinrich an. „Soll ich den Augenaufschlag noch etwas beschleunigen?“

Heinrich: „Perfekt. Wenn ich es recht bedenke, habe ich schon genug Frauen von diesem Kaliber bei mir am Hofe. Ich züchte diese Art durch mein Verhalten.“

Anna: „Hat der Hundezüchter etwas falsch gemacht? Sei versichert: ich bin kein Jagdhund, den Du einfach herbeipfeifen kannst. Du hast mich zurückkommandiert aus Frankreich. Die Gründe erscheinen mir alles andere als stichhaltig. Ich durchschaue noch nicht Deine Pläne. Aber Du bist listiger als Odysseus. Ich traue Dir alles zu. Jede Schändlichkeit, und jede noble Tat.“

Heinrich: „Kommen wir zum Schändlichen. Du könntest Katharina für mich bespitzeln, ihre Pläne ausspionieren. Dann bleibe ich auf dem Laufenden, was sie so treibt. Und mit wem.“

„Spionieren? Indiskret sein? Das habe ich in Frankreich gelernt. Du kannst Dich auf mich verlassen. Übrigens: Der französische König Franz der Erste – bei einem Vergleich mit Dir, ist er nur der Zweite. Du siehst zweimal besser aus.“

Heinrich: „Das sind ja gute Neuigkeiten. Wie schön, wenn man aus fremden Landen auch mal was Erfreuliches hört. Sonst kommen die Boten immer mit Schreckensmeldungen, und das tut mir nicht gut, und auch dem Boten nicht. Ah, da ist ja wider ein Bote. Was gibt es?“

Der Bote tritt in den Thronsaal und gibt König Heinrich einen Brief. Heinrich: „Ich öffne den Brief später. Bleibe in Reichweite, falls eine Schreckensmeldung darin steht. Dann lasse ich Dich rufen.“

Der Bote verneigt sich und sagt: „Draußen wartet die Johanna. Sie bittet um Einlass.“

Heinrich ruft: „Johanna erstürme diesen Thronsaal.“

Johanna kommt mit schnellen Schritten in den Thronsaal. Dann bleibt sie plötzlich stehen und wirft sich zu Boden und sagt: „Verzeiht mir mein König, dass ich ... Heinrich unterbricht sie: „Schon verziehen. Einem so schönen Engel verzeiht man alles. Außerdem bin ich in Verzeihungsstimmung heute, seit Anna Boleyns Anmut in meinem Thronsaal scheint. Anna, Sie haben Dich freiwillig gehen lassen in Frankreich? Ich hätte versucht, Dich in meiner Nähe zu halten. Oder gibt es bei Franz übergenug Anmut an seinem Hofe? Ich dachte, in Frankreich sei viel Blendwerk und falsche Schönheit. Ich habe ihn vor zwei Jahren zuletzt gesehen: Bei Calais im Jahr 1520.“

Anna: „Ich war auch bei Eurem Treffen. Große Friedensverhandlungen. Viel Gold und Pomp und Eitelkeit. Zwei Platzhirsche treffen aufeinander. Lassen es krachen. Extra einen Hügel habt Ihr abtragen lassen, nur damit kein König dem anderen von oben herab entgegen reiten könnte. Männer. Aber es war prunkvoll. Sie haben es genannt: Le Camp du Drap d’Or. Das Feld des Güldenen Tuches. Vor dieser Goldkulisse wirst Du mich gar nicht bemerkt haben. Ich war dort mit Königin Claudia – als Hofdame. Du hast gut geredet. Beinahe fließendes Französisch. Bravo, Monsieur.“

„Mein französischer Akzent ist grässlich, ich fühle mich im Französischen sehr unbehaglich, unbeholfen. Fern seiner Sprachheimat wird der Mensch dem göttlichen Bild immer unähnlicher, dem wir doch eigentlich gleichen sollten. Gut dass Gott sämtliche Sprachen beherrscht; wäre doch schlimm, wenn ich mit Ihm auf Französisch reden müsste. – Aber ich wollte erst mal mit Dir reden, Johanna. Du liegst ja immer noch auf dem Boden. Erhebe Dich, oder besser noch: bleibe am Boden. Siehst Du Anna, dort ist der rechte Platz der Frauen. Zu Füßen der Männer, zu denen sie es kaum wagen emporzublicken; nur selten wagen sie einen scheuen Blick auf den großen Potentaten, den Herrscher auf dem Kampffeld und Herrscher im Geistigen.“

Anna: „Wenn die Männer so oft der Bewunderung bedürfen, süchtig sind nach dem andächtig Bestaunt-Werden – wie groß ist ihre Meinung von sich selbst denn wirklich? Braucht Gott die tägliche Anbetung, Vergötterung, das Angehimmelt-Werden?“

Johanna: „Könnte ich ein Kissen haben, der Boden ist sehr hart. Und meine Knie sind empfindlich. Ich könnte Euch dann auch viel glaubwürdiger und ausdauernder anhimmeln, mein König.“

Heinrich: „Setze Dich auf meinen Thron. Ich werde Dir zeigen, wie man richtig anhimmelt.“

Heinrich reicht Johanna eine Hand und geleitet sie zum Thron. Johanna setzt sich auf Heinrichs Thron und schlägt die Beine übereinander. Heinrich kniet vor ihr nieder. Der Diener Edward betritt den Thronsaal und schaut Heinrich zu. Edward: „Gab es eine Revolution. Ist der König gestürzt? Ich werde das Personal darüber informieren.“

Johanna winkt Edward zu sich heran. Johanna: „Knie nieder, Edward. Ich werde Dich zum Ritter schlagen.“

Heinrich gibt ihr sein Schwert und Edward kniet sich neben Heinrich. Heinrich: „Das ist ungerecht. ich knie schon viel länger hier vor Dir. Mich solltest Du zum Ritter schlagen. Wieso werde ich bei der Beförderung umgangen? Das ist Protektionismus. Ich wittere Verrat. Wieso erhält Edward diese Gunstbezeugung?“

Johanna: „Tanz für mich. Wenn mein Auge dann mit Wohlwollen auf Dir ruht, werde ich Dein Ansinnen bei mir überdenken zu gegebener Zeit. Tanze. Und ich rate Dir, tanze gut. Denn nichts ist gefährlicher, als ein übelgelaunter Herrscher mit dem Schwert in der Hand.“

Johanna schwingt das Schwert über ihrem Kopf. Heinrich macht einige Tanzschritte, dann gesellt sich Anna zu ihm und sie tanzen gemeinsam. Heinrich zieht Anna beim Tanzen näher an sich heran. Anna: „Meine Nähe ist gefährlich. Ich bin eine Spionin. Ich plaudere alles aus. An den, der mir am meisten bietet.“

„Ich werde Dir am meisten bieten. Ich kann Dir alles bieten. Den Himmel auf Erden.“

Anna:“

Und die Hölle. Deine Frau Katharina hat sehr viel Geduld mit Dir. Sie ist nachsichtig. Ich würde ihr niemals gleichen. Meine Eifersucht wäre Deine Hölle.“

Heinrich presst Anna fester an sich. Sie entwindet sich ihm. Johanna legt Edward das Schwert auf die Schulter. Edward: „Geschafft. Ich bin ein Ritter. Als Ritter bin ich wahrhaft Mensch. Als Ritter kann ich Gott stolz und frei entgegenreiten.“

Heinrich: „Ich hoffe, das war keine Ironie. Als König bin ich darauf angewiesen, dass meine Untertanen sich danach sehnen, Orden zu erhaschen, einen anerkennenden Blick von mir, oder einen Ritterschlag zu erhalten vor versammeltem Hofe. Mit Ehrungen halte ich diesen Hofbetrieb aufrecht. Ehrungen sind preiswert.“

Edward: „Doch sind sie wirklich den Preis wert? Gehorsam sein, auch wenn das eigene Gewissen entsetzt aufschreit? Soll ich es überhören? – Ist nicht der treue Diener der, der auf Ehrung verzichtet, nur damit sein Herr nicht ins Verderben renne? Kann er Wahrheit ihm verschweigen, die er braucht, um zu erkennen? Der Herrscher wäre mächtiger als Gott, wenn Ritterehre alles ist. Denn Gott vermag mich nicht zum Ritter zu schlagen. Gottes Ehrungen sind anderer Art. Danach strebe ich.“

Heinrich hört auf zu tanzen. „Anna, seit Du bei mir bist, entdecke ich Tiefe bei den Menschen. Das habe ich gewünscht, aber es ist beunruhigend. Johanna, hast Du auch Tiefe in Dir? Oder bist Du flach?“

Johanna steht auf und holt tief Luft. „Sieht das flach aus, worauf Deine Augen gerichtet sind?“

„Es sind prächtige Hügel, doch doch. Ich hoffe, Deine Mutter hat noch weitere Töchter.“

Johanna: „Ich habe drei Brüder. Sie dienen treuen Herzens der Königin Katharina.“

„Meine Frau hat guten Geschmack. Das werde ich ändern müssen. Edward, besorge meiner Frau drei neue Diener. Suche Dir aus dem Kerker drei Burschen aus. Vielleicht begeht einer von denen sogar eine unüberlegte Tat. Wäre doch gut, wenn sich Katharina dann gerade in seiner Nähe befindet. – Man sollte nicht die Frau seines Bruders heiraten. Arthur warum bist Du nur gestorben? Und warum hast Du diese Frau geheiratet? Du hattest Auswahl. Hast Du denn dabei gar nicht an mich gedacht? Wir haben beide auf unseren Vater gehört. Ihm gehorcht. Ich glaube, er war enttäuscht, dass wir ihm so bereitwillig gehorcht haben. Deinen Widerspruchsgeist hätte ich haben müssen, Anna. Wo wäre ich damit heute. Glücklich verheiratet, und umgeben von Söhnen. – Ach Arthur, Du hast geglaubt, Du würdest König werden. Du warst geeignet dafür, ausgebildet. Der Erstgeborene. Der Götterliebling. Doch die Götter haben Dir Dein Leben gestohlen. Sie haben es mir gegeben. Mit allem Zubehör. Was soll ich damit? Was soll ich mit Katharina? Ich laufe in Schuhen herum, die mir nicht gehören. Es sind Deine Schuhe. Es ist Dein Königreich. Warum haben die Götter mir Dein Leben zugeschustert?“

Anna nimmt Heinrichs Hand und sagt: „Arthur ist gespannt darauf, was Du aus seinem Königreich machst. Er ist jetzt in einem anderen Königreich. Dort regiert der mächtigste Herrscher: Gott. Von ihm kannst Du lernen. Gestalte Dein Königreich nach seinem Vorbild. Dein Bruder Arthur könnte Dir Rat geben, berichten von dort oben, damit es heißt: wie im Himmel, also auch auf Erden.“

„Arthur spricht oft zu mir. Ich rede gerne mit ihm. Ich vermisse ihn. Aber seine Stimme zu hören, und sei es nur in Gedanken, ist tröstlich.“

Der Diener Edward räuspert sich. Heinrich sieht ihn an. „Sprich einfach munter drauflos. Immer dieses Räuspern vorher. Der ganze Hof räuspert sich. Es hallt von den Wänden wider, echot durch die Gänge, in Kellergewölbe hinein verfolgt mich dieses Räuspern. Meine ungeteilte Aufmerksamkeit erregt man damit sowieso nicht. Dafür bin ich zu wichtig. Gleichzeitig beschäftigen mich viele Dinge. Jeder braucht meinen Rat, oder tut so. Ich antworte, höre zu, gebe wichtigste Befehle, ein gigantischer Leerlauf. Ich gebärde mich, als sei ich wichtig. Will es sogar selber ernsthaft glauben. Manchmal falle ich beinahe auf mich herein. Anna, Du hast recht, ich sollte mehr auf meinen Bruder Arthur hören. Dort oben werden sie wissen, was Wesentlich ist. Diesen Leerlauf ertrage ich nicht länger. Keine Stunde. Höchstens noch bis zum nächsten Festgelage. Mein Wohlergehen. Daran ist mir gelegen. Ich befürchte, es wird mein Untergang. Mich selber überwinden, meine Trägheit den wesentlichen Dingen gegenüber, meine Scheu vor ihnen. Und Arthur sieht von oben auf mich herab. Er ist auf keinem Hügel, den ich einfach abtragen lassen könnte, damit er nicht höher, nicht über mir ist – er kommt mir nicht entgegengeritten vom Hügel herab, nie.“

Der Diener Edward räuspert sich erneut. Heinrich macht eine resignierte, auffordernde Armbewegung. Edward: „War das ernst gemeint? Ich soll drei der übelsten, finstersten Halunken aus dem Kerker holen und zur Königin bringen? Sind die drei Herrschaften vorher zu reinigen und angemessen zu kleiden, bevor sie dann ihren Dienst als Diener antreten? Oder ist die Kerker-Kluft obligatorisch? Wird das nun unser neuer Standard? Soll ich mir auch Kerker-Kluft zulegen? Ist der dazugehörige Duft auch Pflicht?“

Heinrich schmunzelt. „Das wäre was. Ausländischer Staatsbesuch im Palast. Und an jeder Ecke steht verkommene Dienerschaft in muffigen, abgerissen Kleidungsfetzen. Alles im Palast ist auf Pomp ausgerichtet – auf Eindruck schinden, einschüchtern; Macht, Reichtum vorführen als sei es das Läppischste auf der Welt. Jeder Palast auf der Welt funktioniert nach diesem Prinzip.“

Johanna: „Ich bin als Kammerzofe oft untätig. Habe viel freie Zeit. Hat mein König, denn gar keine sinnvolle Beschäftigung für mich? Ich weiß, Ihr habt einen schweren Stand.“

„Wer sagt das? Verleumdung!“

„Je höher der Stand, desto mehr Verantwortung. Das ist bekannt. Doch wer standhaft bleibt, auch wenn es eng wird, das ist der rechte Mann.“

„Johanna, ich sehe mich außerstande, Dir weiter zuhören zu können. Ich brauche eine Kammerzofe. Augenblicklich.“

Heinrich steht auf und will den Thronsaal verlassen. Johanna eilt hinter ihm her und sagt: „Meine Kenntnisse sind auf dem neuesten Stand. Ich würde gerne, dass Ihr mich prüft.“

Anna:„Darum prüfe, wer sich ewig bindet. Aber ewig wird es wohl nicht dauern. Ich warte hier.“

Heinrich und Johanna verlassen gemeinsam den Thronsaal. Anna setzt sich auf Heinrichs Thron. Ihre Schwester Mary Boleyn kommt durch eine andere Tür herein und geht zu Anna. „Ich bin seine Mätresse. Mit mir betrügt er seine Frau. Ich bin empört. Ich bin schon zum dritten Mal empört heute.“

Anna steht auf und umarmt ihre Schwester. „Wir sehen uns so selten. Dieser Palast ist zu groß.“

Mary: „Dieser Palast ist zu klein für uns beide. Du bist eine echte Konkurrenz. Die anderen nehme ich gar nicht ernst. Du hast Bildung. Kannst lesen. Ich bin hier von Analphabetinnen umgeben.“

Mary setzt sich auf Heinrichs Thron. „Ich habe gelauscht. Ja, die Wände haben Ohren. Und die Akustik ist hervorragend. Warum sieht Heinrich so blendend aus? Ich kann ihm nicht widerstehen.“

„Du konntest auch dem König Franz nicht widerstehen. Womit hat der Dich denn geblendet?“

„Ich habe bei ihm geübt. Mätresse sein, das will gelernt sein. Ich habe fleißig geübt.“

Der Bote und der Diener Edward hören aufmerksam zu. Anna: „Es sind noch zwei Herren anwesend. Eventuell wartest Du mit Deinen Geständnissen, bis wir alleine sind.“

Der Bote: „Wir sind gar nicht da. Stumme Diener, Kulisse im Welttheater. Etwas höher angesiedelt als Mobiliar, aber nicht immer. Der Thron ist wichtiger. Der große, edle Holztisch ist wichtiger. Und die schönen, gepolsterten, weichen Stühle. Wollen wir uns nicht dort gemeinsam hinsetzen, und dann können Sie Ihre Geständnisse weiter erzählen? Ich stehe schon den ganzen Tag, keiner bietet mir einen Stuhl an. Wie könnten sie? Ich bin gar nicht da. Ich habe mich daran gewöhnt unsichtbar zu sein. Ich erschrecke, wenn ein Spiegel mir das Gegenteil beweist. Aber auch Spiegel können sich irren.“

Anna: „Gewiss. Ich kenne einen Spiegel, der sieht mich traurig an, auch wenn ich lache. Mary, liebe Schwester, Du warst mir immer mein Spiegel. Aber Du warst ein merkwürdiger Spiegel. Du hast mein inneres Selbst erkannt und gespiegelt. Du hast Dich durch mein Lachen nicht täuschen lassen, und die Traurigkeit in mir gesehen. Wir haben uns gut verstanden. Über zwei Jahre hast Du mich alleine gelassen in dem frivolen Frankreich. Was hätte mir alles zustoßen können? Ich habe gehört, Du bist verheiratet. Mit William Carey. Nun Mary Carey, ist der Ehestand für eine erfolgreiche Mätresse karrierefördernd? Der Reiz der verbotenen Frucht.“

Mary: „Ich nenne mich weiterhin Mary Boleyn. Künstlerstolz. Eine Mätresse zu sein, ist schwieriger, als Du glaubst. Du bist unerfahren, unbedarft; nun ja, eine jede muss wissen, wo ihre Stärken sind und was sie besonders gut beherrscht. Sich spezialisieren, das ist wichtig. Ich bin Spezialistin für wankelmütige Herrscher; den Launen dieser Herren kann ich trotzen wie ein Karavellen-Schiff dem Sturm.“

Anna: „Du wirst nicht sinken und nicht untergehen; Dein Geschick König Franz zu manipulieren, ohne dass er es merkt – davon haben viele profitiert, vielen hast Du geholfen und beigestanden in Frankreich; der Zorn von Franz hat sie nicht getroffen wie ein Blitz, der in einen Baum hernieder saust; abgelenkt hast Du seine Aufmerksamkeit auf die schönen Dinge des Lebens: Wozu Du zweifelsohne gehörst. Nun ja, da bist Du mir im Vorteil; doch Schönheit kann von innen Unterstützung bekommen durch den Glauben an die eigene Ausstrahlung. Wie Sonnenstrahlen soll es leuchten aus mir heraus, dass ich bezaubern kann, wenn es Not tut. Denn hat nicht jedes Wesen etwas, worauf es sich besinnt und sich verlässt in der Not? Hasen schlagen Haken, Löwen zeigen die Pranken, und ich nutze meinen scharfen Verstand und bündle das mit nicht unerheblicher Schönheit. Nicht ganz so schön wie Du, aber es muss ausreichen. Denn wirken will ich, und will nicht die Männer für mich wirken lassen. Es ist mein Leben. Gott wäre empört, wenn ich die Verantwortung dafür von mir schöbe zu Höflingen. Bei mir verwahrt soll mein Leben bleiben; die Hoheit über meine Person gebe ich nicht freiwillig auf, nicht ohne Kampf.“

Mary nimmt Edward und den Boten bei der Hand und führt sie zum großen Holztisch. „Setzen wir uns. Wie heißt Du?“

„Harold. Ich bin der beste Bote im ganzen Thronsaal.“

Die vier setzen sich. Anna: „Ich wäre kein guter Bote. Zu unbotmäßig.“

Mary: „Deiner Aufsässigkeit verdankst Du Deine größten Erfolge. Deinen Widerspruch vermagst Du zu untermauern mit Argumenten, Zitaten, logischen Schlussfolgerungen. Diese Gehirnakrobatik, vorgeführt von einer Frau, verblüfft die Männer. Stachelt ihre Unterwerfungsbegierde an. Sie wollen Dich unterwerfen; wenn sie es im Gespräch nicht schaffen, dann im Bett. Du bist eine wandelnde Provokation. Ich hingegen laufe den Männern nach. Natürlich nur denen, die mir gefallen. Meinst Du, ich verkaufe mich zu billig?“

Edward: „Ich wäre ein besserer Bote. Ich kann unglaublich schnell rennen.“

Harold: „Nicht schneller als ich. Ich überhole die Pferde des Königs.“

Anna: „Ich überhole das geflügelte Pferd Pegasus. Zumindest in meinen Gedanken. Aber Gedanken sind es, mit denen wir sogar die Zeit überholen können, ihr vorauseilen können.“

Mary: „Ich liebe Wettkämpfe zwischen Männern. Besonders wenn ich der Preis bin. Edward und Harold – bereit für einen Wettlauf? Am Ende des Thronsaals steht eine Vase. Wer mir diese Vase als erster bringt, der ...“

Edward und Harold sprinten schon los. „Du kannst Männer motivieren.“

Mary: „Komm mir nicht in die Quere. Ich bin Heinrichs Mätresse. Sei gewarnt. Du hast Dich viel zu weit vorgewagt auf mein Gebiet.“

Harold kommt als erster bei der Vase an und greift nach der Vase. Edward prallt auf ihn auf und die Vase entgleitet Harold aus den Händen. Edward fängt die Vase und eilt zurück zum Holztisch. Harold rennt hinterher und stürzt sich auf Edwards Beine. Beide Männer gehen zu Boden und die Vase zerscheppert mit einem lauten Geräusch. Eine Tür vom Thronsaal öffnet sich, und Heinrich kommt wieder herein. Er sieht auf die beiden Männer, dann setzt er sich zu Anna und Mary an den Holztisch. „Wenn ich die kaputte Vase von ihrem Lohn abziehe, dann dauert es 94 Jahre, bis sie den Schaden bezahlt haben. Ich werde gnädig sein, und ihnen die Hälfte schenken. – Ich muss mich auf das Wesentliche konzentrieren. Wenn ich so weiter mache, werde ich nie ein guter König. Abschweifungen, Festgelage, ich bin mir selbst so überdrüssig. Komme ich denn niemals fort von meinen Lastern? Wirke ich so anziehend auf billige Mätressen, dass sie mir in Schwärmen folgen?“

Mary: „Ich bin nicht billig. Ich koste Dich ein Vermögen. Und die besten Könige hatten die besten Mätressen. Ich bin die Beste. Anna wollte sowieso gerade gehen. Sie hat wichtige Geschäfte in Kent, bei uns zu Hause.“

„Wie schade. Ich hatte gehofft, Anna könnte noch bei uns bleiben. Ich sehe Euch beide gerne nebeneinander. Ein reizender, stimulierender Anblick für einen einsamen König.“

Anna: „Deine Einsamkeit muss unerträglich sein. Konnte Johanna Deine Einsamkeit ein wenig lindern?“

„Sie bemüht sich nach besten Kräften. Johanna! Warte, ich komme gleich. Anna, wir machen mit der Audienz gleich weiter. Ich bin ein vielbeschäftigter Mann.“

Heinrich eilt wieder hinaus aus dem Thronsaal zu Johanna. Mary: „Wer bringt mir denn nun als Erster die Reste der Vase?“

Harold und Edward gehen zum Holztisch mit langsamen Schritten. Dann legen sie gemeinsam die Reste der Vase vor Mary. Harold: „Gleichzeitig. Uns gehört beiden die Belohnung.“

Anna: „Ich werde die Preisverleihung übernehmen.“

Anna gibt Edward und Harold einen Kuss

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Tag der Veröffentlichung: 13.05.2017
ISBN: 978-3-7438-1221-5

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