Babsi: „Heute zu Gast bei uns, der allseits beliebte und hochgeschätzte Osterhase. Hast Du einen Ausweis dabei, irgendetwas, was mir bestätigt, dass vor mir der leibhaftige und einzigartige Osterhase sitzt? Immerhin gibt es Dich in unzähligen Varianten - aus Schokolade ...“
Osterhase: „Ja ja, ich weiß doch, wie der Hase läuft. So etwas wie einen FBI-Ausweis habe ich natürlich nicht; ich will ja auch nicht ermitteln - aber frag Dich doch mal ernsthaft: Welcher Hase aus Deiner Bekanntschaft könnte Dir in so gepflegtem Deutsch antworten?“
Babsi: „Sprache als Ausweis - wie bei My Fair Lady. Wo wir schon bei einer Zuschauer-Frage wären: Gibt es eine Osterhäsin - und wenn ja, wie viele?“
Osterhase: „Mich gleich mit meinem Harem zu konfrontieren - recht dreist; unverschämt; gefällt mir; die Show hat Stil. Viele stellen sich mich ja vor als eine Mischung von Bugs Bunny und Hop, dem Kinohasen; ich pass mich da ganz Euren Erwartungen an. Ich halte es da so wie mein Kollege, der Weihnachtsmann, er beschäftigt Horden an Subunternehmern, er selber bleibt seltsam undefiniert trotz aller Präsenz. Immer den Erwartungen entsprechen, der sein, den man erwartet; das führt zu keinen Überraschungen - und das ist es ja, was die Leute von einem alljährlichen Fest wie Ostern erwarten: Kontinuität, Bestätigung, dass sich in 2000 Jahren nichts geändert hat; man wartet - und wartet - Parusie - Wiederkehr des Herrn; und wer kommt stattdessen? Der Osterhase hoppelt mit schöner Regelmäßigkeit in Eure Vorgärten. Wenn Ihr Euch damit zufriedengebt. Aber wie könnte man es beschleunigen - was feiert Ihr denn da? Auferstehung - nun gut, dem Jahr fällt das leicht, es startet seinen Frühling - Mutter Natur schmückt wie besessen, Deko an die Bäume; aber Ihr liegt darnieder - gebt Unsummen aus für österliches Naschen, statt Euch mal eine Karotte reinzuziehen. Ich habe es mal versucht mit veganem Ostern - kam gar nicht gut an. Ach, dann mümmelt Eure Schoko-Osterhasen, obwohl - ich muss es gestehen - es mir immer einen Stich ins Herz versetzt, wenn ich das mitansehen muss - die fröhlichen Gesellen gehen brockenweise vor die Hunde. Sehr lustig.“
Babsi: „Nun mach uns bitte keine Vorwürfe, wie wir das Osterfest feiern. Mein bevorzugtes Getränk zu dieser Zeit ist Eierlikör. Willst Du auch nen Schluck? Wir haben auch Cognac-Ostereier - und einen ganz besonderen Gast: Als Zulieferer der Eier begrüße ich im Studio die Chefin der Hühner-Gewerkschaft Henne Henriette! Applaus, Applaus!“
Henne Henriette: „Sind wir hier in der Muppet Show? Dann kann ich ja gleich ein bisschen Werbung machen für unser Bühnenprogramm: Als Chickendales bereisen wir die Länder und reißen uns die Klamotten vom Leib.“
Babsi: „Gibt es denn Bedarf an so was?“
Henne Henriette: „Der eine oder andere Hahn ist bei meinem Anblick schon schwach geworden - und wir reden hier nicht von Wasserhähnen. Der Osterhase läuft ja auch mit Jeanshemd und Springerstiefeln rum.“
Babsi: „Vielleicht mit Federn darunter? Federn - immer auf dem Sprung - muss ich mir das so vorstellen?“
Osterhase: „Du machst Dir ja keine Vorstellung, wie oft ich beim Orthopäden bin. Ah, das ist gut, danke, dass Du meine Füße massierst. Dann kann ich Dir auch was anvertrauen: Ich arbeite eigentlich für Ostara - holde Frühlingsgöttin. Dem Frühlingsfest wurde das Christliche übergestülpt. Was hab ich am Hut mit Kreuzigung und nachfolgender Erholung davon? Es ist ein Kreuz mit dem Glauben - man möchte Wunder frei Haus - aber es sind nie die bestellten Wunder, sie passen einem nicht. Man sollte sich darauf verlegen, die Wunder selber zu fertigen. So als ob man Ostereier bemalt - selber etwas machen, lautet die Devise.“
Henne Henriette: „Du hast gut reden; ich könnte Dich hier und jetzt als Eierdieb anklagen; von wegen, reibungslose Zusammenarbeit zwischen Hühnern und Hasen; da stiebt es gewaltig.“
Babsi: „Henriette, vielleicht hast Du Lust, ins Hasenkostüm zu steigen - eine neue Sichtweise, sich in den anderen hineinfühlen, hilft außerordentlich beim Krisen-Management.“
Osterhase: „Mir vorwerfen, ich schmücke mich mit fremden Federn? Wir sind schon längst nicht mehr auf Eure Legebatterien angewiesen. Wir sind im Schokoladen-Zeitalter angekommen - mit köstlichen Füllungen. Ich selber kreiere raffinierte Mischungen und steigere den Alkohol-Gehalt.“
Babsi: „Apropos, von wem bekommst Du Dein Gehalt?“
Osterhase: „Schecks von Ostara. Aber der Gehalt meines Tuns erschließt sich bei der Freude, die ich Euch bereiten kann. Ostereier suchen - Erinnerungen daran, ein paar Pünktchen Buntes, Farbenfrohes in doch sehr grauem Erdenleben. Das Suchen und das Finden - wann ist es einem vergönnt, das, was man sein Leben lang sucht, tatsächlich zu finden? Man gibt sich zufrieden mit Surrogaten, alles Ersatz, der wahre Schatz - man findet den Code nicht, hat sich vermutlich selber ausgesperrt.“
Henne Henriette: „Er hat Kot gesagt! Kötel-Produzent.“
Babsi: „Möchtest Du der Henne auch was Beleidigendes sagen? Ich hätte zur Not ein Schimpf-Wörterbuch als App. Hier, schau mal.“
Osterhase: „Ja ja, die Smartphones. Ich werde wohl auch alles umstellen müssen - Digitalisierung von Ostern; gibt ja bereits Easter Eggs - was Programmierer in den Games verstecken. Aber ich muss vorsichtig sein mit Neuerungen - soll ich mal erzählen, wie wir vorhatten, Hunde als Osterhasen auszubilden? Die sind an sich ideal, kennen sich vor Ort aus, apportieren recht brav - aber viele Ostereier sind des Hundes Tod. Die haben sich einfach überfressen. Der Rechenschaftsbericht vor Ostara gestaltete sich schwierig. Die fühlten sich hundeelend - und ich auch, nachdem sie mir die Ohren langgezogen hat.“
Henne Henriette: „Schlappohr erlitt ne Schlappe!“
Osterhase: „Schön, wenn Du was zum Gackern hast.“
Babsi: „Ich sehe, dass einige der Schoko-Osterhasen Firmenlogos tragen. Wie weit geht die Kommerzialisierung?“
Osterhase: „Sind wir nicht alle Werbemittel - laufen Werbung für unsere Lebensansichten? Was man für Weisheit hält, bis einen die nächste Krise herrlich widerlegt. Ich hatte Zeit, darüber nachzudenken - als Institution ist man nicht so verhaftet auf der Zeit, man klebt nicht so auf ihr wie Fliegen auf Fliegenleim.“
Henne Henriette: „Ich geh Dir nicht mehr auf den Leim. Du und Deine Osterhasen-Armee erntet den ganzen Ruhm. Wir Hühner gehen leer aus. Fristen unser Leben in Legebatterien - es sei denn, man schwingt sich auf, ein Chickendale zu sein - ein fideles Huhn.“
Osterhase: „Strippende Hühner - soll das Performance-Kunst sein? Gibt aber auch ziemlich viele unziemliche Kontakte zwischen Hühnern und Hasen. Kommt immer wieder vor. Heiße Hühner - ich weiß auch nicht, wie es zu dieser darwinistischen Verwirrung kommen konnte.“
Babsi: „Ein neuer Trend: Bodybuilding-Osterhasen. Tolle Muckis.“
Osterhase: „Ja, ich selbst habe Modell gestanden - und Photoshop tat das seinige.“
Henne Henriette: „Wenn ich die Bilder so betrachte - da lass ich doch den Hahn links liegen; schnuckelig. Ich würde Dir ja High five geben - aber mit Federn ist das so eine Sache.“
Osterhase: „Wir haben noch was Heißes im Angebot: Vampir-Osterhasen. Cape, rote Augen, gezackte Ohren, grimmiger Gesichtsausdruck - kommt bei den Ladys ungemein an. Auch der Werhase.“
Henne Henriette: „Du machst mich ganz wuschig.“
Osterhase: „Tja, das Schnäbeln stößt hier an sein Grenzen. Aber ich bin sehr flauschig.“
Babsi: „Ich überhöre einfach mal das widernatürliche Knistern ... Wovon träumt der Osterhase, was wäre ein Traum von Dir? Eine brünette Moderatorin, die gerne knuddelt? Ich demonstrier das mal.“
Osterhase: „Ich habe immer diesen Effekt: Man will mich umarmen - ja, das ist mein Schicksal, dieser enorm hohe Knuddel-Faktor. Mein eigentlicher Traum wäre: eine Statue von da Vinci - aus Alabaster, möglichst aber aus Marmor - was Dauerhaftes, nicht diese Schokoladen-Goldfolie-Kombination. Nicht gegossen, sondern gehauen, gemeißelt - wobei Rücksicht zu nehmen wäre auf meine feine Fell-Konturierung.“
Henne Henriette: „Könnte mal jemand den Osterhasen von der Moderatorin befreien? Sie klammert - ich will auch Arme.“
Babsi: „Das Huhn hat ja recht, ich sollte das professioneller angehen.“
Henne Henriette: „Willst Du jetzt etwa Geld dafür verlangen? Könntest Du. Komm mit auf unsere Chickendales-Tour.“
Osterhase: „Da keine weiteren Fragen kommen, befrage ich mich jetzt selbst. Man muss ja nicht jedem Trend hinterherhoppeln - aber wo sehe ich Innovations-Möglichkeiten?“
Henne Henriette: „Das kann ich beantworten: Hör auf, den Hühnern die Eier zu klauen. Reicht doch, wenn die Menschen das machen; Du machst Dich zu ihrem Komplizen.“
Osterhase: „Und zauber ich die Eier aus dem Hut, oder was? Heikles Thema - die Hasen und der Zauberhut, eine leidige Geschichte. Wie viele Hasen und Kaninchen sind in den Untiefen des Zauberhutes verschwunden? Schwamm drüber ... Könnte ich Euch Hennen begeistern, etwas Hochwertigeres zu produzieren, so in der Art von Fabergé-Eiern?“
Henne Henriette: „Da müsste ich mir einige Ausgänge mit Gold verkleiden lassen, das täte sonst verdammt weh.“
Babsi: „Auf den letzten Drücker noch einige Fragen: Der Frühling hat nicht nur die Dichter, Komponisten und Maler inspiriert, er durchzieht das Osterfest, prägt ihm seinen Stempel auf: Die Hoffnung, zur vollen Bewusstheit zu erwachen ... Es grünt so grün, wenn Spaniens Blüten blühen - höchste Kompetenz über sich erlangen - das will mir das Osterfest sagen. Man bleibt nicht in der Unterwelt - der erfüllt ist vom Geist Gottes, der entsteigt der Finsternis, der legt die Leinentücher ab und marschiert an dem Felsen vorbei. Auferstehung geschieht jeden Tag - man kämpft jeden Tag gegen die Widrigkeiten.“
Osterhase: „Meine Rede - das Leben als Osterhase gleicht einem Frondienst - trotz aller Widrigkeiten liefern wir pünktlich. Aber im Grunde bin ich ein Möhren-Enthusiast. Ich würde am liebsten eine ganze Kollektion im Möhren-Design anbieten - Geschirr, Mode, Design-Artikel - so als Abwechslung zu den Ostereiern die mit verstecken. Aber ich befürchte, ich stoße da auf wenig Gegenliebe ... Hier, ein Möhren-Gemälde und ein Möhren-Gedicht. Könnte man umschreiben auf Dich: Oh, holde Moderatorin, Du bist zum Anbeißen. So knackig ...“
Babsi: „Das ist sehr schmeichelhaft, dieser Karotten-Vergleich. Da ich eine pathologische Bäckerin bin, habe ich Dir einen Karottenkuchen gebacken.“
Henne Henriette: „Willst Du mich ausstechen?“
Babsi: „Bist ja kein Plätzchen, Schätzchen. Damit beenden wir dies Interview - ich bedanke mich bei meinen beiden Gästen, Osterhase und Henne Henriette, für die Einblicke in das österliche Treiben.“
Osterhase: „Und ich mich für Einblicke in Dein Dekolletee - das lässt tief blicken. Ein Jobangebot als Bunny würdest Du nicht ablehnen?“
Henne Henriette: „Da lachen ja die Hühner - ich wäre das bessere Bunny - mit dem richtigen Kostüm hau ich Dich um.“
Babsi: „Boxhandschuhe für Geflügel sind noch nicht erfunden. Regie, es war ein Fehler, das Huhn einzuladen. Dafür gibt es in der Kantine morgen Hühnerfrikassee.“
Henne Henriette: „Osterhase, Du solltest ausgeschlafen sein und mit den Hühnern zu Bett gehen.“
Babsi: „Ach, halt den Schnabel!“
Henne Henriette: „Ich spreche so, wie mir der Schnabel gewachsen ist - wundere mich allerdings, dass mir Lautäußerungen dieser Art möglich sind: Einer Moderatorin Paroli bieten, ohne das Gack-Gack zu bemühen - das hat was erfreulich Mündiges. Ach, Tiere sollten öfters zu Interviews eingeladen werden - auch unter Zuhilfenahme des Fiktiven. Das Beredte macht mich zum Anwalt unserer Sache. Wie wäre es statt Hühnerfrikassee mit falschem Hasen?“
Osterhase: „Veto. An mir ist nichts falsch. Ich bin eine wahre Legende.“
Henne Henriette: „Und ich bin eine legende Henne. Na und?“
ENDE
Tag der Veröffentlichung: 06.01.2019
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