Burg Hammershus, wie bist Du ruiniert -
das sieht kariös aus - und der Zahn der Zeit,
er kaut noch immer. Ach, so wegradiert ...
Du hast 'nen guten Stand und blickst sehr weit
bis Schweden - aber nur bei gutem Wetter.
Ja, Bornholms Klima tut Dir gut, es schont
den Rest, der Dir noch blieb - und Deine Retter,
das sind womöglich die Touristen; lohnt
sich der Besuch, bist Du erhaltenswert?
Erst schleift man Dich - ja, unnütz seist Du nun;
Das ist, was die Artillerie uns lehrt.
Man ließ Dich schnöde ganz links liegen; kühn
und wacker warst Du einst. Jetzt Burgruine,
die älteste und größte Nordeuropas -
Du standst schon auf der Mittelalter-Bühne;
wir haben nicht so viele solcher Opas.
Ein Blick zurück ins dreizehnte Jahrhundert ...
Was sind da sechsunddreißig Jahre, die
verstrichen, seit ich bei Dir war? Verwundert
mich dennoch, wie die Zeit enteilt. Perdu ...
Nur festgehalten durch Erinnerungen.
Und Fotos ein Beleg, dass man vor Urzeiten
im Urlaub dort gewesen. Ausgeklungen
ist jede Ära; nur, dass Deine Weiten
beachtlicher. Dein Vorwurf: ephemer,
Vorüberhuschende - das sind die Menschen.
Erzählst Histörchen, prahlst zuweilen sehr.
Hey, Burg, wir könnten uns so gut ergänzen:
Ich schreibe auf, was Du erzählst, sei Bürge
für die vergangenen Zeiten; wie sie um
Dich stritten; warst Gefängnis; Deine Würde
in dem Gerangel, bei Gefechten - stumm
ertrugst Du törichte Aktionen, die
den Menschen damals wichtig waren. Dies
Gezanke, wer nun herrschen darf. Perdu ...
Verloren ist die Menschheit - im Verlies.
Die Zeit kann auch Gefängnis sein, doch die
Erinnerungen und die Fantasie,
sie heben uns über Mauern; c'est la vie:
Mentale Bilder - Gast und Visavis.
So unterhält man sich mit einer Burg,
sie spricht und sagt mir, dass es vollauf Sinn macht,
Zeit festzuhalten, ein Beschwörungs-Werk:
Hat Zeitgeist der Vergangenheit gebracht.
Familien-Urlaub war's - und Omi sehr
besorgt, dass ihre Enkel balancieren
am Klippenrand, auf Mauerresten; schwer
war's nicht, man selber fühlt sich sicher; spüren,
ob andere in Gefahr, man ist besorgt,
schon seltsam diese Empathie, man sorgt
sich mehr um andere, als um sich. So birgt
Erinnerung noch dies und das - verbirgt
sich, wird zu Schätzen mit der Zeit;
wie Wein, der lagert. Ach, man sollte sich
von Zeit zu Zeit ein Schlückchen gönnen; seid
in meiner Runde, Ihr Vertrauten, sprich,
Du Burg, mit Deiner Wucht von Hunderten
von Jahren, Kompliment, hast Stehvermögen.
Gehörst mit Recht zu den Bewunderten.
Doch dass es mich beruhigt - ich müsste lügen -
der Satz: 'ne feste Burg ist unser Gott -
doch hoffentlich robuster als die hier
Besprochene. Die Zeit geht flott, im Trott -
und fragt wie Kasperl: Seid Ihr alle hier?
Man muss die Frage leider dann verneinen,
auf Fotos sind sie noch, im Leben nicht mehr,
man will ja tapfer sein, und nur nicht weinen,
doch manche Plätze bleiben künftig leer.
ENDE
Es folgen noch einige Fotos auf den nächsten Seiten.
Bildmaterialien: Fotos im Innenteil von mir - Sommer 1980
Tag der Veröffentlichung: 07.09.2016
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