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Der kleine Prinz gibt ein Interview


Babsi:
Bei uns zu Gast im Studio: der kleine Prinz.
Besond're Ehre und 'ne Challenge, denn er fragt
sehr viel, erfrischend wissbegierig, ignoriert
jedoch beharrlich meine Fragen; wie kann der
als Vorbild taugen? Kindlichkeit als Argument
lass ich nicht gelten, denn Jahrzehnte sind vergangen,
sein Geist, er hatte die Gelegenheit zum Wachsen.

Kleine Prinz:
Ich bin im Bilderbuch zu Hause, da ist man nicht
so angewiesen auf das Wachsen, kann's gemächlich,
behutsam angeh'n. Hast Du auch 'nen Asteroiden?
Ist praktisch, eig'ne Welt, Planet für Dich allein.
Wird gar nicht angeboten in den Shops und auch
nicht in dem Internet, was Ähnlichkeit hat mit
'nem Bilderbuch. Wahrscheinlich zieht die Menschheit dahin?
Denn sie verbringen jetzt schon sehr viel Zeit darin.

Babsi:
Wir zieh'n nicht um ins Internet. Tja, vorerst wohnen
die Avatare da, die fühlen sich da wohl.
Man sagt, Du bringst die großen Menschen dazu, dem Kind
in sich mal zuzuhören. Kindlich, kindisch, klein -
ach, ist das wirklich 'ne Option? Die Welt will Stärke,
Kontrollbewusstsein und kein Trollbewusstsein; das
Dämonische ad acta legen und sich ganz
Vernunft zuwenden. Kaum bekommt sie ihre Chance,
da heißt es schon, man hüte sich vor ihr! Die Rückkehr
ins Reich der Fantasie - ein alter Hut; wir wollen
was anderes aus dem Zylinder zaubern: Fortschritt.
Die ganze Welt will wachsen, Wirtschaftswachstum, Boom,
Big Bang - das macht doch Sinn, wir wollen expandieren.
Und da kommst Du mit Stagnation. Du fragst nach dem
Warum, doch besser müsst es heißen: Warum nicht?
Wir machen das Unmögliche und denken erst
hernach, was folgt, gibt's Konsequenzen? Denn was soll'n
wir uns begrenzen? Haben Besseres zu tun,
als Füchse Zähmen und mit Rosen zu parlieren.

Kleine Prinz:
Da kennst Du meine Rose schlecht, sie will nicht Plausch,
sie will das intensive, leidenschaftliche
Gespräch, den Austausch zweier Seelen. Ja, vielleicht
entfloh ich deshalb. Fühlte mich so halb, als ob
sie mich ergänzt. Und ich bereiste andere
Planeten - wollte die Entfernung, die Distanz
als Schutz, Barriere. Doch es distanzierte mich
von mir, sodass ich dann die Wüstenschlange bat
um Rückfahrticket. Das Gespräch mit dem Piloten -
berühmt hat's mich gemacht - und er erfuhr es nicht
einmal, wie sehr. Ist abgestürzt dann ein Jahr später.
Doch ich, ich pilgere durch Weltgeschichte, spreche
in Hunderten von Sprachen, sogar die Dialekte.
Reporterin, da siehst Du nun, wie vorteilhaft
es ist, in Bilderbüchern, in Erzählungen
zu wohnen?

Babsi:
                  Dort zu hausen käm mir niemals in
den Sinn; wobei, es hätte seinen Reiz und wär
apart: Appartement auf eigenem Planeten.
Ich blätt're schon in den Gedanken-Katalogen,
ganz eifrig, ungelogen, Urlaubsplanung; Reise-
Verführerin die Fantasie. Man zeichnet, malt,
und es entsteigt dem 2D-Reich - entfaltet sich,
welch ungeahnte Dimensionen; welche Chance,
wenn dies für uns auch gälte mit 'nem Zauberspruch:
Papiernes Dasein - nun gehab Dich wohl, adieu,
wir steigen aus. Gelingt dies nur mit kindlichem
Vertrauen? Ja, wenn Kindheit mehr ist als der Weg zum
Erwachsensein? Aus Kindheit selber da erwächst
Magie, die Kraft, es aufzunehmen mit Realem;
zu kontern Pflicht, Gesetz, gewohntem Gang. Nun setzt
man selber Einiges in Gang. Wie geht es dem
gemalten Schaf, war es auch brav? Besonders zu
der Rose. Denn man munkelt, dass das Schaf ganz scharf
auf solche Snacks.

Kleine Prinz:
                            Es ist 'ne Herde mittlerweile.
Und keins von ihnen tat der Rose was zuleide.

Babsi:
Ich seh, Du hast den Fuchs ins Studio mitgebracht,
den Du gezähmt, er hat Dir sehr viel beigebracht.
Gewöhnlich ist es so, dass man von Professoren
belehrt wird, und die muss man auch nicht zähmen.

Kleine Prinz:
                                                                     Tja,
das sollte man; die Wissenschaft ist unbezähmbar,
es sei denn, man betrachtet sie als Lebewesen.
Geduld - und ihren Launen mit Verständnis, Liebe
begegnen. Ich ging durch 'ne harte Schule: Rose
belehrte mich, da ich sie zähmte - dornenreicher
und mühevoller Weg. Verständnis füreinander -
auch wenn sie rumzickt.

Rose:
                                   Du, das habe ich gehört!

Kleine Prinz:
Ja, sie begleitet mich auf Reisen, schöner Kübel.
Wie schön, dass wir beisammen sind.

Rose:
                                 Von wegen, hier
im Kübel wird mir übel. Und es zieht gewaltig!

Fuchs:
Dann melde ich mich auch mal hier zu Wort. Komm vor,
Komfort! Ich will Champagner. Man versprach mir Luxus.
'ne Weißwein-Schorle - besser geht's nicht? Los, legt nach!
Da bad' ich höchstens meine Pfoten drin. Ich bin
ein Star, holt mich hier raus!

Babsi:
                                             Ihr beide seid ja arg
verwöhnt.

Rose:
                 Verföhnt. Ich sitze immer noch in dieser
verdammten Zugluft. Großes Studio. Hey, Leute,
die Scheinwerfer bitte mehr auf mich. Und könnte
der Maskenbildner noch mal kommen? Will mehr Rouge.

Babsi:
Du scheinst viel Stress zu haben mittlerweile auf
dem Asteroiden B 612?

Kleine Prinz:
                                     Korrekt.
Ich bitte um Asyl. Ein wenig Urlaub von
der Fantasie. Denn was man malt, das zeichnet einen.
Bei mir ist es zu malerisch.

(Babsi stellt eine Staffelei vor sich.)

Babsi:
                                           Wie schade,
ich wollte gerade loslegen mit Malerei.
Du flogst mit einem Vogelschwarm zu den Planeten.
Du bandest sie zusammen, nahmst sie an die Leine.
Könnt ich mir so was malen? Solch Szenarien,
die faszinieren mich; Prinz, tu mir den Gefallen,
beleb's für mich. Ich habe nicht die Majestät;
Reales widersetzt sich mir und kommt mir in
die Quere. Bin nicht Queen.

(Er gibt ihr einen Ritterschlag.)

Kleine Prinz:
                                    Mit einem Ritterschlag
wird die Reporterin zur Königin, auf, schlüpf
in jede Rolle, spiel als gälte es Dein Leben.

Rose:
Ach, wie dramatisch. Sie bezirzt Dich doch, die Babsi,
kokettes Ding. Wie viel Petalen hat sie denn?
Ich habe mehr. Na, komm nach Haus, Dir wird was blühen.
Du widmest ihr zu viel von unsrer Zeit. Hey, mach
'nen Abflug, Babsi-Queen, und meinetwegen mit
'nem Geierschwarm.

Fuchs:
                            Sie meint's nicht so, sie meint es noch
viel schlimmer. Sie ist fuchsiger als ich. Ich nenn
sie Fuchsie.

(Der Blumenkübel springt auf den Fuchs.)

Rose:
                  Der Vorteil der Magie, man ist
viel wendiger. Wo ich mich hinzupflanzen habe,
bestimme ich; mit meinem Super-Dünger bin
ich Fitness-Jünger.

(Sie jumpt auf dem Fuchs umher.)

Fuchs:
                             Kriege Beulen auf dem Schädel.
Sah ein Fuchs ein Röslein trampeln ... echt jetzt Mädel,
da ist ein Ros entsprungen.

(Der Fuchs rollt sich auf dem Boden des Studios.)

Babsi:
                                     High Life, ich wage gar nicht
an die Magie-Schafherde und Magie-Vulkane
zu denken.

Kleine Prinz:
               Ja, mir kommen auch Bedenken. Babsi,
wie wär's, wenn Du als Gouvernante für Ordnung sorgst,
derweil der Prinz auf Tour? Ich reise gerne, oft;
da wär so ein'ges zu betreuen.

Babsi:
                                         Das würde ich
bereu'n. Ich trau Vulkanen nicht; ich breche
ja selber gerne aus. Von Zeit zu Zeit vom Druck
entlasten, um genüsslich auszurasten.

Rose:
                                                        Leute,
jetzt rast' ich erst mal aus vom Ausrasten. Prinz,
hau in die Tasten, spiel für mich 'La vie en rose.'

(Sie schiebt den Prinzen zum Klavier.)

Babsi:
Die rosigen Zeiten, sie erkennt man erst im Rückblick.
Denn wie beschwerlich schienen sie, man nahm ja nur
die dunklen Flecken wahr - ach, die paar winz'gen Punkte,
was hat man sich gegrämt, statt alles zu umfangen
mit Freude, die gesamte Zeit war schön, verdient
Bezeichnung rosige Zeit. Wir sind am Mäkeln; zornig;
wir sehen rot - und schlag'n die arme Zeit dann nicht
nur grün und blau, ja, sondern auch noch tot. Wie seltsam:
Der Wert der Zeit - im Rückblick steigt ihr Kurs; man nennt
es Nostalgie. Du spielst sehr schön, wer hat es Dich
gelehrt? Der Fuchs versucht den Kanon. Das ist hier
zur Gänze kontraproduktiv. Auf, schnapp Dir Gänse!

(Babsi malt ganz schnell auf ein Papier 'ne Gans.
Der Fuchs beäugt ihr Ergebnis.)

Fuchs:
Sieht lecker aus. Du hast Talent, beleb sie nun,
dass ich sie futtern kann.

(Die Gans fängt tatsächlich an, mit den Flügeln zu schlagen.)

Babsi:
                                Das ist ja toller Voodoo.
Ist ja irre, das macht Eure Aura, gibt
mir Zuversicht.

(Die Gans quält sich aus dem Papier.)

Gans:
                          Ich hatte eigentlich damit
gerechnet, aus 'nem Ei zu schlüpfen, aber so
geht's auch. Ist das Gefuttert-Werden hier der Brauch?
Ansonsten lege ich Beschwerde ein. Mein Veto,
das will ich schmettern oder schnattern; muss erst testen,
was ist schon fähig zum Gebrauch, wo muss ich üben.

Fuchs:
Du könntest Fett ansetzen.

Babsi:
                                     Ist voll krass, ich mach
'ne Mal- und Zeichenorgie, erschaffe mit
dem Stift und Pinsel - wie's nur Männern vorbehalten.

Rose:
Ach, bitte, bleibe jugendfrei; entblättere
Dich nicht. Ich glaube auch, es ist nun Zeit für Heimflug.
'La vie en rose' verklingt - bewahr uns im Gedächtnis.

Kleine Prinz:
Wir kommen gerne wieder, das Interview war klasse.
Ein bisschen ließ ich Dich in meine Karten schauen.
Dabei, mein Herz, hab ich noch jede Menge Asse.

ENDE

 

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 26.04.2016

Alle Rechte vorbehalten

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