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Strand Symphonie - Erster Teil

"Cut", schrie der Regisseur Ed van der Waals, und raufte sich die Haare, "wo bleiben die Emotionen bei dieser Szene - wir wollen damit zu den Filmfestspielen von Venedig - doch das fällt wohl ins Wasser!"

"Ich kann mich nicht auf meinen Text konzentrieren, wenn es mir untersagt ist, so zu improvisieren, wie es meiner Veranlagung entspricht", sagte Marianna und setzte sich auf den Regisseur-Hocker. War sie schnippisch genug? Ihr war danach, sich heute die Diva-Attitüde aufzutragen, so wie Puder. Der Regisseur knurrte sie an, so wie Clint Eastwood einen Halunken. Verdammt! Auch er schauspielerte. Er ließ sich jedes Mal wieder von der Aura des Filmdrehens in Parallelwelten versetzen. Konzentriere dich, dachte er. Das Budget ist fast verbraucht und wir haben noch nicht mal die halbe Strecke zurückgelegt; das wird ein Desaster; Ed van der Waals verzockt das Geld - oder investiere ich es in Kunst? Aussage, als ob das Filmmaterial auf der Zeugenbank säße; wovon sollte es zeugen? Von seiner Bemühtheit? Er blickte sich um, herrliches Strandpanorama; andere machten hier Urlaub; er machte den Animateur für seine Schauspieler. Sein Name ist der Kassenmagnet - sie hangeln an mir hoch, als sei ich eine von diesen Palmen. Er machte eine abwehrende Bewegung, als würde er Mücken verjagen. Blutsauger, elende. Sie hatten es abgesehen auf seine Vitalität, sie zehrten an ihm; er fühlte sich schon ganz verschrumpelt. Kein Wunder, wenn er so viel Zeit im Meer verbrachte. Waren viele Strandszenen im Film - und auf Luxus-Yachten. Mondän soll es sein - und dann den Kontrast: die Verzweiflung und Armut der Seele, inmitten des Paradieses. Ich muss aufpassen, dachte er. Ich fühle mich hinein in die Lebendigkeit des Drehbuches, will es pulsieren lassen mit der angesammelten Vitalität meiner Erfahrung, meines Esprits. Geht denn das? Ich mache mir etwas vor; es war Zelluloid, ist jetzt digitalisiert, aber es hat keine Mehrdimensionalität, keine Ebenen - es sei denn, ich zwinge sie da hinein! Wille! Er fuhr sich durch die Haare. - Was machte die Schauspielerin dort? Hier drängte sich jeder zu ihm - und sie wandte sich immer ab, wenn sein prüfender Blick das Terrain scannen wollte. Er hatte sich anfänglich für sie kaum interessiert, doch dieses Widerspenstige, dieses Ablehnende forderte ihn heraus.

"Verena?", fragte er; so tun, als ob er nur sehr vage sich auf ihren Namen besönne. Marianna wertete das als Desinteresse an ihr und drängte

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Bildmaterialien: Bigstockphoto
Tag der Veröffentlichung: 19.01.2015
ISBN: 978-3-7368-7216-5

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